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Der geänderte Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2015 vom 09.06.2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.12.2021 in Form des Änderungsbescheides vom 22.11.2024 wird dahingehend geändert, dass die in den Einkünften aus Gewerbebetrieb enthaltenen laufenden Einkünfte, die unter § 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG fallen, auf ‑11.055.806,11€ festgesellt werden.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der in den Einkünften aus Gewerbebetrieb enthaltenen laufenden Einkünfte, die unter § 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) fallen, in dem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Feststellungsbescheid) 2015 (Streitjahr) und dabei über die Anwendung von § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG auf eine Teilwertabschreibung einer Darlehensforderung.
2Die Klägerin besitzt die Rechtsform einer SE & Co. KG. Kommanditistinnen der Klägerin waren im Streitjahr die T SE & Co. KG und die M GmbH & Co. KG mit einer kapitalmäßigen Beteiligung der T SE & Co. KG i.H.v. 90% und einer kapitalmäßigen Beteiligung der M GmbH & Co. KG i.H.v. 10%. Komplementärin der Klägerin war die S Verwaltungs SE mit einer kapitalmäßigen Beteiligung i.H.v. 0%. An der T SE & Co. KG waren im Streitjahr Herr L T, Herr N T, Herr H T und Herr O T als Kommanditisten zu jeweils 25% vermögensmäßig beteiligt; an der M GmbH & Co. KG waren im Streitjahr Frau K M und Frau P M als Kommanditisten zu jeweils 50% vermögensmäßig beteiligt.
3Die Klägerin war im Streitjahr gewerblich tätig, erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb und ermittelte ihren steuerlichen Gewinn durch einen Betriebsvermögensvergleich nach §§ 4, 5 EStG. Sie hielt im Streitjahr in ihrem Betriebsvermögen verschiedene 100%ige Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, u.a. der in Frankreich ansässigen SG SAS und der im Inland ansässigen V GmbH. Die Klägerin gewährte der SG SAS und der V GmbH Darlehen.
4Im Streitjahr nahm die Klägerin hinsichtlich der Darlehen Teilwertabschreibungen vor; hinsichtlich der SG SAS i.H.v. 3.411.000€ und hinsichtlich der V GmbH i.H.v. 1.894.585,51€, mithin insgesamt 5.305.585,51€.
5In der Feststellungserklärung 2015 vom 17.02.2017 machte die Klägerin u.a. die vorgenannten Teilwertabschreibungen geltend, wandte insoweit das Teileinkünfteverfahren nach § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG an und erklärte u.a. in den Einkünften aus Gewerbebetrieb enthaltene laufende Einkünfte, die unter § 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG fallen, i.H.v. ‑12.954.143,25€.
6Mit Feststellungsbescheid 2015 vom 22.02.2018 stellte der Beklagte erklärungsgemäß die in den Einkünften aus Gewerbebetrieb enthaltenen laufenden Einkünfte, die unter § 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG fallen, i.H.v. ‑12.954.143,25€ fest; der Bescheid stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO).
7Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 16.03.2018 Einspruch ein und begehrte, die in den Einkünften aus Gewerbebetrieb enthaltenen laufenden Einkünfte, die unter § 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG fallen, um den Betrag der Teilwertabschreibungen auf die Darlehensforderungen i.H.v. insgesamt 5.305.585,51€ (SG SAS i.H.v. 3.411.000€ und V GmbH i.H.v. 1.894.585,51€) zu mindern, d.h. nunmehr i.H.v. -7.648.557,74€ festzustellen. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die Voraussetzungen des § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG lägen nicht vor. Diese Norm sei nur anwendbar, wenn das Darlehen von einem Steuerpflichtigen gewährt werde, der zu mehr als 25% unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital der Körperschaft, der das Darlehen gewährt worden sei, beteiligt sei. Das mittelbare bzw. unmittelbare Beteiligungserfordernis in § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG knüpfe an den Steuerpflichtigen und nicht an den Darlehensgeber an. Für die Frage, ob eine schädliche Beteiligung i.S.d. § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG vor liege, sei folglich nicht auf die Personengesellschaft, d.h. die Klägerin, abzustellen, sondern auf die mittelbar beteiligten natürlichen Personen. § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG sei folglich nur anwendbar, soweit die natürlichen Personen, die mittelbar an der Klägerin beteiligt seien, durchgerechnet zu mehr als einem Viertel an den betroffenen Konzerngesellschaften (Darlehensnehmer) beteiligt seien. Da keiner der mittelbar über die Klägerin beteiligten Gesellschafter bzw. Gesellschafterinnen zu mehr als 25% an den darlehensnehmenden Körperschaften beteiligt sei, komme eine Anwendung des § 3c Abs. 2 Satz 1, 2 EStG nicht in Betracht.
8Am 07.03.2018 änderte der Beklagte aus hier nicht streitigen Gründen, gestützt auf § 164 Abs. 2 AO und insoweit dem Antrag der Klägerin vom 12.02.2018 folgend, den Feststellungsbescheid 2015; die in den Einkünften aus Gewerbebetrieb enthaltenen laufenden Einkünfte, die unter § 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG fallen, blieben unverändert.
9Am 23.09.2019 änderte der Beklagte aus hier nicht streitigen Gründen, gestützt auf § 164 Abs. 2 AO und insoweit dem Antrag der Klägerin vom 27.02.2019 folgend, den Feststellungsbescheid 2015; die in den Einkünften aus Gewerbebetrieb enthaltenden laufenden Einkünfte, die unter § 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG fallen, blieben unverändert.
10In den Jahren 2018 bis 2021 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung ... bei der Klägerin eine Betriebsprüfung (Bp) hinsichtlich der Umsatzsteuer, gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und Gewerbesteuer jeweils 2015 bis 2016 durch. Für weitere Einzelheiten wird auf den Bp-Bericht vom 24.02.2021 Bezug genommen.
11Am 09.06.2021 änderte der Beklagte, gestützt auf § 164 Abs. 2 AO und in Umsetzung der hier nicht streitigen Feststellungen der durchgeführten Bp, den Feststellungsbescheid 2015 und stellte die in den Einkünften aus Gewerbebetrieb enthaltenen laufenden Einkünfte, die unter § 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG fallen, i.H.v. ‑12.950.391,62€ fest (Änderung 3.751,63€).
12Mit Teil-Einspruchsentscheidung vom 02.12.2021 entschied der Beklagte über den Einspruch der Klägerin hinsichtlich der Anwendung von § 3c Abs. 2 EStG und wies diesen als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG sei anzuwenden. Die nach § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG notwendigen Beteiligungsverhältnisse von mehr als 25% lägen vor. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei auf das Beteiligungsverhältnis zwischen der Darlehensgeberin, d.h. der Klägerin, und den Kapitalbeteiligungen abzustellen, sodass aufgrund der 100%igen Quote das geforderte Beteiligungsverhältnis von mehr als 25% erfüllt sei. Die Mitunternehmerschaft selbst sei Darlehensgeberin und somit sei für die Bestimmung der qualifizierten Beteiligungsquote auch nur auf die unmittelbare (und ggf. mittelbare) Beteiligung der Personengesellschaft an dem Darlehensnehmer abzustellen. Eine quotenbezogene Umrechnung auf die an der Personengesellschaft beteiligten natürlichen Personen erfolge daher nicht. Dafür sei ausschlaggebend, dass nach der zivilrechtlichen Betrachtungsweise die Personengesellschaft selbst Darlehensgeberin sowie selbst Anteilseignerin einer Kapitalgesellschaft sein könne. Auch die Gesetzesbegründung spreche lediglich vom „Darlehensgeber“ ohne eine Einschränkung auf bestimmte Rechtsformen vorzunehmen bzw. auf die hinter einer Personalgesellschaft stehenden Gesellschafter abzustellen. Überdies würde es anderenfalls, im Vergleich zur korrespondierenden Regelung im § 8b Abs. 3 Satz 4 Körperschaftsteuergesetz (KStG) für Körperschaften, zu einer sinnwidrigen Besteuerung kommen. Denn wäre in dem vorliegenden Fall eine Körperschaft anstatt einer natürlichen Person an der Mitunternehmerschaft beteiligt, die den Tochterkapitalgesellschaften ein Darlehen gewährt, so sei hinsichtlich der Anwendung des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG allein auf Beteiligungsquote des Darlehensgebers, mithin der Mitunternehmerschaft abzustellen. Nicht maßgebend sei die durchgerechnete Beteiligung der nur mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft. Dies müsse korrespondierend auch für den § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG gelten.
13Die Klägerin hat am 20.12.2021 Klage erhoben, mit der sie sich gegen die Anwendung des § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG auf die Teilwertabschreibung hinsichtlich der Darlehensforderung gegenüber der V GmbH i.H.v. 1.894.585,51€ wendet und begehrt, die in den Einkünften aus Gewerbebetrieb enthaltenen laufenden Einkünfte, die unter § 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG fallen, entsprechend gemindert festzustellen.
14Die Klägerin ist im Wesentlichen der Auffassung, § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG sei nicht anzuwenden. Dies folge aus dem Gesetzeswortlaut, der Systematik und der Gesetzesbegründung.
15Die Norm sei nach ihrem Wortlaut im Streitfall nicht anwendbar. Im Streitfall sei das Darlehen an die V GmbH nicht von einem Steuerpflichtigen gewährt worden. Steuerpflichtiger i.S.d. EStG sei diejenige natürliche Person, die während ihrer Einkommensteuersteuerpflicht inländische Einkünfte i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG erziele. Einkünfte aus gewerblicher Mitunternehmerschaft würden die Mitunternehmer erzielen, d.h. die natürlichen Personen als Gesellschafter der Personengesellschaft. „Gewährt“ sei das Darlehen immer nur bei einer unmittelbaren, also direkten Hingabe durch den Steuerpflichtigen, nicht aber dann, wenn eine oder mehrere zwischengeschaltete Personengesellschaften das Darlehen gewähren würden. Das Gewähren i.S.d. Norm sei beim Wort zu nehmen und rechtlich zu verstehen. Im Streitfall sei die darlehensgewährende Klägerin als KG nicht Steuerpflichtiger i.S.d. EStG. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei dem Wortlaut des § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG die Einschränkung zu entnehmen, dass das Darlehen von einem Steuerpflichtigen gewährt sein müsse. Es bestehe kein Grund den Begriff des Steuerpflichtigen in § 3c EStG anders auszulegen, als er in den §§ 1 und 2 EStG für das EStG definiert sei. Dies zeige auch ein systematischer Vergleich mit der Regelung des § 5a Abs. 4a Satz 1 EStG, die zwischen den Begriffen des Steuerpflichtigen und der Gesellschaft unterscheide. Der Gesetzgeber unterscheide im EStG sehr bewusst zwischen den Begriffen des Steuerpflichtigen i.S.d. §§ 1, 2 EStG und Gesellschaften i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.
16Die Auffassung der Beklagten sei systemwidrig, da sie dem Transparenzprinzip widerspreche. Das Teileinkünfteverfahren gelte für alle steuerpflichtigen natürlichen Personen, unabhängig davon, ob sie ihre Einkünfte allein oder im Rahmen einer Personengesellschaft erzielen würden. Bei Anwendung des Teileinkünfteverfahrens bzw. des bei Personengesellschaften angewendeten Transparenzprinzips sei immer auf den an der Personengesellschaft beteiligten Steuerpflichtigen abzustellen. Für die Frage, ob eine schädliche Beteiligung i.S.d. § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG vorliege, sei folglich nicht auf die zwischengeschaltete Personengesellschaft, d.h. die Klägerin, abzustellen, sondern auf die mittelbar beteiligten natürlichen Personen. Selbst wenn man § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG entgegen dem Gesetzeswortlaut bei zwischengeschalteten Personengesellschaften als Darlehensgeber grundsätzlich für anwendbar hielte, würde die Regelung nur insoweit greifen, als die natürlichen Personen, die mittelbar an der Klägerin beteiligt seien, durchgerechnet zu mehr als 25% an der jeweiligen Darlehensnehmerin beteiligt seien. Da keiner der mittelbar über die Klägerin beteiligten Gesellschafter bzw. Gesellschafterinnen zu mehr als 25% an der darlehensnehmenden Körperschaft beteiligt sei, komme eine Anwendung des § 3c Abs. 2 Satz 2 nicht in Betracht. Dem Beteiligungsverhältnis zwischen Personengesellschaft und Tochterkapitalgesellschaft sei in isolierter Betrachtung keine Bedeutung beizumessen. Zudem würde bei dieser Annahme der unter 25% mittelbar über eine Personengesellschaft an einer Kapitalgesellschaft beteiligte Gesellschafter steuerlich anders behandelt werden als ein Einzelunternehmer, der direkt zu unter 25% an der Kapitalgesellschaft beteiligt wäre. Auch dies sei systemwidrig.
17Auch die Gesetzesbegründung spreche gegen die Auffassung der Beklagten. Die Bezugnahme auf den „Darlehensgeber“ zeige, dass der Gesetzgeber ganz andere Konstellationen mit der Gesetzesänderung im Blick gehabt habe. Deutlich werde dies durch die Ausführungen in der Gesetzesbegründung, dass die Neuregelung „insbesondere in Betriebsaufspaltungsfällen“ eingreifen solle. Bei dem Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung sei die natürliche Person (als Darlehensgeber) regelmäßig direkt an der darlehensnehmenden Betriebskapitalgesellschaft beteiligt. Eine Vergleichbarkeit zu dem Streitfall (mittelbare Beteiligung über eine Personengesellschaft) sei nicht gegeben.
18Soweit der Beklagte auf § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG bei Körperschaften als darlehnsgewährende Anteilseigner der darlehnsnehmenden Körperschaft hinweise, bestätige diese die klägerische Rechtsauffassung. Nach dieser Regelung müsse die Körperschaft als mittelbarer oder unmittelbarer Gesellschafter und Darlehensgeber identisch sein. Diese Voraussetzungen seien im Beispiel des Beklagten nicht erfüllt. Nur über die erweiternde Regelung des § 8b Abs. 3 Satz 5 KStG sei im Beispiel des Beklagten auf die Beteiligungshöhe der darlehnsgewährenden Mitunternehmerschaft abzustellen. Eine vergleichbare Regelung fehle in § 3c Abs. 2 EStG hingegen.
19Die Auffassung der Klägerin werde durch das Urteil des FG Münster vom 06.04.2022, 13 K 3550/19, Revision anhängig unter BFH I R 21/22, gestützt. Die Entscheidung sei zu § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG ergangen, der in Wortlaut und Systematik mit § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG zu vergleichen sei, so dass die Entscheidungsgründe für den Streitfall relevant seien. Auf § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG bezogen sei daher erforderlich, dass das Darlehen von einem Steuerpflichtigen i.S.d. § 1 Abs. 1 EStG, d.h. einer natürlichen Person, gewährt werden müsse, die qualifiziert an der darlehensnehmenden Körperschaft beteiligt sein müsse. Die Beteiligung der Klägerin an der darlehensnehmenden Körperschaft sei danach nicht entscheidend. Es sei auf die Beteiligung der unmittelbar bzw., wie im Streitfall, der mittelbar beteiligten natürlichen Personen abzustellen. Diese würde jedoch weder die erforderliche Beteiligungsquote erfüllen noch hätten sie das Darlehen gewährt.
20Am 22.11.2024 hat der Beklagte, gestützt auf § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO, den Feststellungsbescheid 2015 aus hier nicht streitigen Gründen (Auswertung ESt 4B Mitteilung; Summe Gewerbesteuermessbetrag; Summe der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer) geändert und die in den Einkünften aus Gewerbebetrieb enthaltenen laufenden Einkünfte weiterhin i.H.v. ‑12.950.391,62€ festgestellt.
21Die Klägerin beantragt,
22den geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2015 vom 09.06.2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.12.2021 in Form des Änderungsbescheides vom 22.11.2024 dahingehend zu ändern, dass die in den Einkünften aus Gewerbebetrieb enthaltenen laufenden Einkünfte, die unter § 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG fallen, um 1.894.585,51€ zu mindern und auf einen Betrag i.H.v. auf ‑11.055.806,11€ (bisher -12.950.391,62€) festzustellen;
23hilfsweise, die Revision zuzulassen.
24Der Beklagte beantragt,
25die Klage abzuweisen.
26Der Beklagte ist im Wesentlichen der Auffassung, § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG sei im Streitfall anzuwenden. Die Anwendung dieser Norm sei nicht systemwidrig und entspreche dem Sinne und Zweck der Norm sowie der Gesetzesbegründung.
27Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers bei der Gesetzesänderung zu § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG solle eine Gewinnminderung im Zusammenhang mit einem Darlehen nur teilweise abzugsfähig sein, wenn der „Darlehensgeber maßgeblich beteiligt“ sei und deren Anteile „im Betriebsvermögen“ gehalten würden. Die Klägerin als Darlehensgeberin sei maßgeblich an der Darlehensnehmerin beteiligt und halte diese Anteile in ihrem Betriebsvermögen (Gesamthandsvermögen).
28Überdies sei zu beachten, dass nach den Vorstellungen des Gesetzgebers zur Parallelvorschrift des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG bei Körperschaften Gesellschafterfinanzierungen durch Eigenkapital oder durch nicht fremdübliche Gesellschafterdarlehen hinsichtlich eventueller Gewinnminderungen gleichzubehandeln seien. Wenn die Klägerin als -zivilrechtliche- Anteilseignerin der Tochter-Körperschaft diese mit einem höheren Eigenkapital ausgestattet hätte, wäre ein etwaiger Veräußerungsverlust, und mithin die zusätzliche Kapitalausstattung als Anschaffungskosten, unstreitig nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nur zu 60% abzugsfähig gewesen. Aus diesem Grund müsse nach den Vorstellungen des Gesetzgebers auch die Hingabe von Fremdkapital durch die Klägerin als -zivilrechtliche- Anteilseignerin und ‑zivilrechtliche- Darlehensgeberin im Fall einer Gewinnminderung im Zusammenhang mit dem Darlehen nur anteilig nach § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG abzugsfähig sein. Hieraus folge ebenfalls, dass hinsichtlich der maßgebenden Beteiligungsquote nicht auf die einzelnen Gesellschafter abzustellen sei. Gleiches würde gelten, wenn die Klägerin vermögensmäßig beteiligte Körperschaften als Anteilseignerin besitzen würde und insoweit § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG anwendbar wäre. Auch in diesem Fall sei ausschließlich die Beteiligungshöhe der darlehensgewährenden Mitunternehmerschaft maßgebend. Eine durchgerechnete Beteiligung der nur mittelbar beteiligten natürlichen Personen würde im vorliegenden Fall zu einem unsachgemäßen Ergebnis führen. Eine quotale Berücksichtigung der Beteiligungshöhe eines Gesellschafters der Personengesellschaft sei lediglich in der Fallkonstellation von Bedeutung, in dem dieser unmittelbar ein Darlehen an eine Tochter-Körperschaft der Personengesellschaft gewähren würde.
29Der Gesetzesbegründung zu § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG sei auch keine Einschränkung auf Steuerpflichtige zu entnehmen. Vielmehr werde an dieser Stelle von „Darlehensgeber“ gesprochen, sodass aus diesem Wortlaut keine Beschränkung der Rechtsform bzw. ein Ausschluss von Mitunternehmerschaften abgeleitet werden könne. Würde man hinsichtlich des Begriffs „gewährt“ der Definition der Klägerin folgen, würde bei einer Darlehensgewährung durch eine Personengesellschaft die Regelung des § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG per se ausgeschlossen, was zu einer unsachgerechten Besteuerung führen würde. Bei ihrer pauschalen Reduzierung des Begriffs Steuerpflichtiger auf natürliche Personen, die während ihrer Einkommensteuerpflicht Einkünfte i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG erzielen, lasse die Klägerin außer Acht, dass „Steuerpflichtige“ an anderer Stelle im Einkommensteuergesetz ebenfalls Tatbestandsmerkmal seien, ohne dass die Regelung auf natürliche Personen beschränkt werde. Der Begriff Steuerpflichtiger sei vielmehr im konkreten Gesetzeskontext zu sehen und im Fall des § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG als „Darlehensgeber“ zu verstehen.
30Auch der Hinweis, dass die Neuregelung „insbesondere in Betriebsaufspaltungsfällen“ eingreifen solle, führe zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen sei „insbesondere“ nicht mit „ausschließlich“ gleichzusetzen, zum anderen verkenne die Klägerin, dass Einzelunternehmen nicht die einzigen Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung sein können.
31Entgegen der Auffassung der Klägerin stütze das Urteil des FG Münster vom 06.04.2022, 13 K 3550/19, Revision anhängig unter BFH I R 21/22, nicht deren Auffassung. Die Klägerin verkenne, dass der entschiedene Fall nicht mit dem hiesigen Streitfall zu vergleichen sei. Zwar sei es im entschiedenen Fall um die Anwendung des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG gegangen, jedoch sei die zwischengeschaltete Personengesellschaft im Gegensatz zur hiesigen Klägerin ausschließlich vermögensverwaltend tätig gewesen.
32Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
33Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung erklärt.
Die Klage, über die aufgrund der Einverständnisse der Beteiligten ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) entschieden werden konnte, hat Erfolg. Der geänderte Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2015 vom 09.06.2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.12.2021 in Form des Änderungsbescheides vom 22.11.2024 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO), soweit die in den Einkünften aus Gewerbebetrieb enthaltenen laufenden Einkünfte, die unter § 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) fallen, auf einen Betrag i.H.v. -12.950.391,62 festgestellt worden sind; dieser Betrag ist auf ‑11.055.806,11€ zu reduzieren.
35I. Gegenstand des Verfahrens ist die selbständig anfechtbare Feststellung der in den Einkünften aus Gewerbebetrieb enthaltenen laufenden Einkünfte, die unter § 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG fallen, die sich nach Berücksichtigung des Abzugsverbotes des § 3c Abs. 2 EStG „netto" ergeben.
36Diese Feststellung, die sich nach Berücksichtigung des Abzugsverbots „netto“ ergeben, ist verfahrensrechtlich zulässig (dazu und zum Folgenden BFH, Urteil vom 16.11.2023 IV R 26/20 juris). Nach § 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a) AO werden die steuerpflichtigen Einkünfte und mit ihnen im Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlagen gesondert und einheitlich festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Zu diesen Besteuerungsgrundlagen gehört auch die Feststellung, ob und in welcher Höhe in den festgestellten Besteuerungsgrundlagen, wie etwa dem gemeinschaftlich erzielten laufenden Gewinn, Einkünfte enthalten sind, die unter § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG fallen. Werden diese Einkünfte mit dem nach Anwendung dieser Vorschriften ermittelten steuerpflichtigen Betrag angegeben (sogenannte Nettomethode), entspricht eine solche Feststellung der Verpflichtung des § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a) AO, die „einkommensteuerpflichtigen“ Einkünfte festzustellen.
37II. Im Streitfall ist § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG entgegen der Auffassung des Beklagten nicht hinsichtlich der Teilwertabschreibung der Klägerin auf die Darlehensforderung gegenüber der V GmbH i.H.v. 1.894.585,51€ anzuwenden.
381. Gemäß § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG in der Fassung des Streitjahres dürfen Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrundeliegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zu 60% abgezogen werden. Gemäß § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG ist § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG auch für Betriebsvermögensminderungen oder Betriebsausgaben im Zusammenhang mit einer Darlehensforderung anzuwenden, wenn das Darlehen von einem Steuerpflichtigen gewährt wird, der zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital der Körperschaft, der das Darlehen gewährt wurde, beteiligt ist oder war.
39Gemäß § 3 Nr. 40 Buchstabe a) Satz 1 EStG sind steuerfrei 40 Prozent der Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus der Veräußerung oder der Entnahme von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 9 EStG gehören, oder an einer Organgesellschaft im Sinne des § 14 oder § 17 KStG, oder aus deren Auflösung oder Herabsetzung von deren Nennkapital oder aus dem Ansatz eines solchen Wirtschaftsguts mit dem Wert, der sich nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG ergibt, soweit sie zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit gehören.
40Das anteilige Abzugsverbot aus § 3c Abs. 2 EStG ist eine Komplementärregelung zu § 3 Nr. 40 EStG. Da § 3 Nr. 40 EStG Einnahmen zu 40% steuerfrei stellt, führt die korrespondierende Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG auf Ausgaben, die mit steuerfreien Einnahmen i.S.d. § 3 Nr. 40 EStG im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, grds. zu einer konsequenten Umsetzung des Halb-/Teileinkünfteverfahrens, also zur anteiligen Steuerfreistellung von Einkunftsteilen (BFH, Urteile vom 06.02.2020 IV R 5/18, juris; vom 25.06.2009 IX R 42/08, juris; Desens in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, Desens in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 327. Lieferung, 8/2024, § 3c EStG Rn. 9). § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG erstreckt das Teilabzugsverbot auf Substanzverluste an Gesellschafterdarlehen.
41Ausgaben i.S.d. § 3c EStG sind alle Aufwendungen, die bei der Ermittlung der Einkünfte abziehbar wären, lägen nicht die Voraussetzungen des Abs. 1 vor; Abs. 1 erfasst daher nicht nur Aufwendungen, bei denen durch Leistung Geld- oder Geldeswert abgeflossen sind, sondern auch buchmäßigen Aufwand, wie beispielsweise Teilwertabschreibungen (BFH, Urteile vom 20.10.2004 I R 11/03, juris; vom 28.04.1983 IV R 122/79, juris; Desens, a.a.O., § 3c EStG Rn. 30). Die grundsätzliche Erfassung von Teilwertabschreibungen auch auf Darlehensforderungen, wie im Streitfall, durch § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG folgt bereits aus der Regelung des § 3c Abs. 2 Satz 5 EStG. Diese Norm ordnet spiegelbildlich die anteilige Steuerfreistellung von nachfolgenden Teilwertzuschreibungen auf Darlehensforderungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Nr. 1 Satz 4 EStG an, bei denen zuvor eine Teilwertabschreibung nach § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG nur anteilig steuerwirksam war.
42Einnahmen i.S.d. § 3c EStG sind alle Wirtschaftsgüter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Stpfl. im Rahmen einer Einkunftsart des § 2 Abs. 1 EStG zufließen (BFH, Urteile vom 20.10.2004 I R 11/03, juris; Desens, a.a.O., § 3c EStG Rn. 31). Dabei greift § 3c Abs. 1 EStG bereits ein, wenn steuerfreie Einnahmen zwar gegenwärtig noch nicht vorliegen, sondern erst zukünftig erwartet werden (BFH, Urteile vom 01.12.1987 IX R 104/83, juris; vom 28.04.1983 IV R 122/79, juris). Die Anwendung des Teilabzugsverbots setzt nicht voraus, dass tatsächlich nach § 3 Nr. 40 EStG anteilig steuerfrei gestellte Einnahmen erzielt worden sind; vielmehr ist die Absicht zur Erzielung solcher Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen ausreichend (BFH, Urteile vom 25.07.2019 IV R 47/16, juris; vom 14.07.2009 IX R 8/09, juris; vom 25.06.2009 IX R 42/08, juris).
432. Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Grundsätze liegen im Streitfall die Voraussetzungen des § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG nicht vor.
44a. Zutreffend streiten die Beteiligten allein darüber, ob im Streitfall die Voraussetzung des § 3c Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Satz 1 EStG vorliegt, dass „das Darlehen von einem Steuerpflichtigen gewährt wird, der zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital der Körperschaft, der das Darlehen gewährt wurde, beteiligt ist oder war“.
45Das für die Anwendung des § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG erforderliche Darlehen i.S.d. § 488 Bürgerliches Gesetzbuch an eine Körperschaft liegt vor. Der V GmbH als Körperschaft i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG ist ein Darlehen gewährt worden.
46Im Zusammenhang mit der Darlehensforderung ist es zu einer Betriebsvermögensminderung bei der Klägerin als Darlehensgeberin gekommen. Die Klägerin hat im Streitjahr auf die Darlehensforderung eine Teilwertabschreibung i.H.v. 1.894.585,51€ vorgenommen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG.
47Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig, so dass der Senat insoweit von weitergehenden Ausführungen absieht.
48b. Jedoch ist im Streitfall das Darlehen der V GmbH nicht von einem Steuerpflichtigen gewährt worden, der zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital der V GmbH beteiligt ist oder war.
49aa. Steuerpflichtiger i.S.d. § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG ist im Streitfall nicht die Klägerin, sondern die natürlichen Personen, die im Streitjahr als Kommanditisten allein vermögensmäßig an der T SE & Co. KG und M GmbH & Co. KG beteiligt waren, d.h. Herr L T, Herr N T, Herr H T und Herr O T als Kommanditisten der der T SE & Co. KG sowie Frau K M und Frau P M als Kommanditisten der M GmbH & Co. KG, wobei diese beiden Kommanditgesellschaften wiederum als Kommanditisten allein vermögensmäßig an der Klägerin beteiligt sind.
50Adressat von § 3c Abs. 2 Sätze 2 bis 5 EStG ist ein „Steuerpflichtiger“, während § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG auf den „Gesellschafter“ abstellt und ergänzend in § 8b Abs. 3 Satz 5 Alt. 1 KStG auch „eine dem Gesellschafter nahestehende Person i.S.d. § 1 Abs.2 AStG“ ausreichen lässt.
51Wie aus einem Umkehrschluss zu § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG folgt, kann Steuerpflichtiger i.S.d. § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG allein eine natürliche Person sein, der die Einkünfte im Zusammenhang mit der Darlehensforderung zugerechnet werden. Das ist nicht die Klägerin selbst als mitunternehmerische Personengesellschaft, da sie „nur“ sog. Gewinnermittlungssubjekt ist, sondern allein deren Mitunternehmer über § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 1 EStG bzw. die Mitunternehmer der an ihr wiederum beteiligten Mitunternehmerschaft. Auch insoweit besteht ein Unterschied zum Wortlaut der Parallelvorschrift des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG, bei dem eine Personengesellschaft durchaus als „Gesellschafter“ angesehen werden kann.
52Mithin ist entgegen der Auffassung des Beklagten insoweit nicht auf die Klägerin als Steuerpflichtige abzustellen. Aufgrund des eindeutigen Normwortlautes unterscheidet der Gesetzgeber bewusst zwischen dem Begriff des Steuerpflichtigen, so in § 3c Abs. 2 EStG, und dem Begriff des Gesellschafters, so in § 8b Abs. 3 KStG. Mithin hat sich der Gesetzgeber bewusst für die Wortwahl des „Steuerpflichtigen“ in § 3c Abs. 2 EStG entschieden. Dem steht nicht entgegen, dass die Gesetzesbegründung wie folgt formuliert: „Werden Darlehen an eine Körperschaft, an der der Darlehensgeber maßgeblich beteiligt ist und deren Anteile er im Betriebsvermögen hält, …“ (BT-Drs. 18/3017, S. 38). Unter Berücksichtigung des Gesetzeswortlautes, der in § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG das Wort „Steuerpflichtige“ verwendet, ist davon auszugehen, dass insoweit ein gleiches Begriffsverständnis besteht. Dabei ist jedoch aufgrund der dem Steuerrecht originären steuerrechtlichen Beurteilung insoweit, entgegen der Auffassung des Beklagten, kein zivilrechtliches Verständnis des Begriffs „Darlehensgeber“ zugrundezulegen.
53Dafür, dass auf die natürliche Person als Steuerpflichtigen i.S.d. § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG abzustellen ist, spricht auch die innere Normsystematik des § 3c Abs. 2 EStG. Neben dem Begriff „Steuerpflichtiger“ verwendet die Norm in § 3c Abs. 2 Satz 6 EStG auch den Begriff des „Gesellschafters“, wovon auch eine Personengesellschaft erfasst sein kann.
54Dem steht entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/3017, insb. S. 38) entgegen, insbesondere nicht die dort verwendete Formulierung, dass der „Darlehensgeber maßgeblich beteiligt ist“ an der das Darlehen erhaltenden Körperschaft. Aus dieser Formulierung ist nicht zu schlussfolgern, dass der Darlehensgeber stets der Steuerpflichtige i.S.d. § 3c Abs. 2 EStG ist. Vielmehr geht der, insoweit nach den vorstehenden Ausführungen deutliche, Gesetzeswortlaut dieser Formulierung vor. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Formulierung der Gesetzesbegründung nicht unzutreffend ist für den Fall, dass eine natürliche Person an der darlehenserhaltenden Körperschaft (maßgeblich) beteiligt ist und dieser (aus gesellschaftsrechtlichen Gründen) das Darlehen gewährt.
55Entgegen der Auffassung der Beklagten sind auch Konstellationen denkbar, in denen eine Personengesellschaft, wie die Klägerin, einer Körperschaft ein Darlehen gewährt und § 3c Abs. 2 EStG (im Hinblick auf die Gesellschafter der Personengesellschaft) anwendbar ist; die Norm läuft insoweit nicht (partiell) leer.
56Aufgrund der vorstehend dargelegten Unterschiede zwischen § 3c Abs. 2 EStG und § 8b Abs. 3 KStG im Hinblick auf das (im Streitfall entscheidungserhebliche) Verständnis des Normwortlautes, insb. des Begriffes des „Steuerpflichtigen“, sind die Ausführungen in dem Urteil des FG Münster vom 06.04.2022, 13 K 3550/19, im Streitfall nicht zu berücksichtigen; ebenso wenig ist im Hinblick auf das gegen dieses Urteil laufende Revisionsverfahren vor dem BFH I R 21/22 das hiesige Verfahren auszusetzen.
57bb. Im Streitfall kann dahinstehen, ob das Darlehen an die V GmbH auch gerade durch die vorstehend benannten natürlichen Personen als Steuerpflichtige i.S.d. § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG gewährt worden ist (so Desens, a.a.O., § 3c EStG Rn. 68), d.h. ob trotz der zivilrechtlichen Darlehensvereinbarung zwischen der Klägerin als Personengesellschaft bzw. Mitunternehmerschaft und der V GmbH als Parteien des Darlehensvertrages für steuerliche Zwecke des § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG eine Darlehensgewährung durch die natürlichen Personen, d.h. die allein vermögensmäßig beteiligten Kommanditisten der Kommanditistinnen-KGs der Klägerin an die V GmbH , anzunehmen ist, d.h. die Darlehensgewährung durch die Klägerin den vorstehend beschriebenen natürlichen Personen (anteilig) zugerechnet wird.
58cc. Selbst bei Annahme, dass hinsichtlich der Darlehensgewährung auf die vorstehend benannten natürlichen Personen abzustellen wäre, wäre im Streitfall nicht die zudem erforderliche qualifizierte Beteiligung dieser Steuerpflichtigen an der V GmbH gegeben.
59Bei einer mittelbaren Beteiligung über eine mitunternehmerische Personengesellschaft, wie im Streitfall über die Klägerin, wird dem Gesellschafter die von der Personengesellschaft gehaltene Beteiligung gemäß seiner vermögensmäßigen Beteiligung (anteilig) zugerechnet (ebenso so Desens, a.a.O., § 3c EStG Rn. 71 und Levedag in Schmidt, 43. Auflage 2024 EStG § 3c Rn. 17). Eine von der Personengesellschaft unmittelbar gehaltene Beteiligung an der Kapitalgesellschaft i.S.d. § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG kann danach
60nur dann dem mittelbar beteiligten Steuerpflichtigen zugerechnet werden, wenn sich durchgerechnet eine Beteiligung von mehr als 25 % ergibt. Dagegen erfolgt keine Zurechnung, wenn lediglich die Personengesellschaft zu mehr als 25 % an der Kapitalgesellschaft, nicht aber der Gesellschafter an der Personengesellschaft zu mehr als 25 % beteiligt ist (vgl. Ott, DStZ 2016, 14; Levedag, GmbHR 2016, 261 m.w.N.).
61Unter Berücksichtigung der Beteiligungsverhältnisse der Klägerin sowie der an dieser als Kommanditisten beteiligten KGs ist kein Steuerpflichtiger, d.h. keine natürliche Person, unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 25% an der V GmbH beteiligt.
62Keine der natürlichen Personen war im Streitjahr (überhaupt) unmittelbar an der V GmbH beteiligt. Allein die Klägerin war im Streitjahr zu 100% an der V GmbH beteiligt.
63Die natürlichen Personen waren im Streitjahr allesamt (lediglich) mittelbar, nämlich vermittelt durch die Klägerin und deren Kommanditisten-KGs T SE & Co. KG bzw. die M GmbH & Co. KG an der V GmbH beteiligt.
64Herr L T, Herr N T, Herr H T und Herr OT, die im Streitjahr als Kommanditisten zu jeweils 25% vermögensmäßig an der T SE & Co. KG beteiligt waren, die wiederum als Kommanditistin zu 90% vermögensmäßig an der Klägerin beteiligt war, waren mithin mittelbar jeweils zu 22,5% an der V GmbH beteiligt.
65Frau K M und Frau P M, die im Streitjahr als Kommanditisten zu jeweils 50% vermögensmäßig an der M GmbH & Co. KG beteiligt waren, die wiederum als Kommanditistin zu 10% vermögensmäßig an der Klägerin beteiligt war, waren mithin mittelbar jeweils zu 5% an der V GmbH beteiligt.
663. Im Streitfall scheidet auch eine Anwendung von § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG auf die Teilwertabschreibung der Klägerin auf die Darlehensforderung gegenüber der V GmbH i.H.v. 1.894.585,51€ aus. Diese Teilwertabschreibung steht in keinem Zusammenhang mit von § 3 Nr. 40 EStG erfassten Betriebsvermögensmehrungen, insbesondere ist sie nicht von § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d) i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 9 EStG erfasst. Da dies zudem zwischen den Beteiligten unstreitig ist, sieht der Senat von vertiefenden Ausführungen ab.
67III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
68IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
69V. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen. Die streitentscheidende Rechtsfrage ist bislang höchstrichterlich nicht entschieden worden.
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