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Der Bescheid über Erbschaftsteuer vom 13.11.2017 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 15.03.2022 wird nach Maßgabe der Urteilsgründe geändert.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu 1/4 und der Beklagte zu ¾.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten darüber, ob im Zusammenhang mit abgetretenen Lebensversicherungsansprüchen ein zutreffender Wertansatz als Nachlassvermögen erfolgt ist, und darüber, ob der Wert mehrerer wirtschaftlicher Einheiten des Betriebsvermögens für Zwecke der Optionsverschonung zu saldieren ist.
3Der Erblasser, Herr D., geboren am 00.00.1950, verstorben am 00.00.2012, wurde von seiner Ehefrau A. zu 2/3 als Vorerbin und zu 1/3 als Vollerbin beerbt. Zu Nacherben waren die hiesigen Kläger bestimmt, wobei die Nacherbfolge mit der Wiederverheiratung bzw. dem Tod der Vorerbin eintreten sollte. Frau A. verstarb am 00.00.2020; die Kläger beerbten sie zu gleichen Teilen.
4Herr D. war Gesellschafter der W. GbR (im Folgenden auch „GbR“) mit einem Anteil von ½. Weiterer Gesellschafter der GbR, die ihren Gewinn durch Bestandsvergleich ermittelte, war Herr V.. Die GbR betrieb vormals einen gewerblichen Grundstückshandel und vermietete bzw. verpachtete eigene Immobilien. Ertragsteuerlich wurde die W. GbR unter der Steuernummer […] geführt. In der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für das Jahr 2012, die am 00.00.2013 beim Finanzamt I. einging, sowie in der entsprechenden Erklärung für das Jahr 2011, welche am 00.00.2011 eintraf, waren die Art der Tätigkeit der Gesellschaft mit „vermögensverwaltende Gesellschaft“ bzw. „Vermögensverwaltung“ angegeben (jeweils Zeile 10). Erklärt wurden jeweils laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Anlagen FE1, Zeile 5).
5Die GbR finanzierte die Anschaffung ihres Betriebsvermögens mit Bankdarlehen, welche durch anzusparende Lebensversicherungsverträge ihrer Gesellschafter abgesichert und nach Fälligkeit der Lebensversicherungen durch die Versicherungssummen getilgt werden sollten. Bis zum Fälligkeitszeitpunkt der Versicherungsansprüche war die Tilgung der Darlehen grundsätzlich ausgesetzt; die jeweilige kreditgebende Bank war verpflichtet, ihre Rückzahlungsansprüche vorrangig aus der Lebensversicherungssumme zu befriedigen.
6Im Einzelnen schloss der Erblasser als Versicherungsnehmer nach diesem Modell folgende Lebensversicherungsverträge ab:
71. R. AG: Lebensversicherung Nr. N01
Diese Lebensversicherung vom 00.00.1993 versicherte die Person des Herrn H., den Kläger zu 1.). Sie begann am 00.00.1993 und sollte am 00.00.2013 ablaufen.
10Die Ansprüche aus dieser Lebensversicherung wurden am 00.00.1994 in voller Höhe an die K. zur Sicherung von Forderungen gegen die W. GbR und/oder den Erblasser und/oder Herrn V. abgetreten, insbesondere für den Erlebensfall zur Sicherung des Rückzahlungsanspruchs der Landesbank aus dem Darlehen N02 vom 00./00.00.1993. Ausweislich eines Schreibens der K. an die GbR vom 00.00.2003 war die fortlaufende Darlehenstilgung ausgesetzt. Die Tilgung des Darlehens, dessen Nominalbetrag die Bank in diesem Schreiben auf 3.834.689,11 EUR bezifferte, sollte vielmehr aus der abgetretenen Kapitallebensversicherung Nr. N01, nach Fälligkeit der Versicherungssumme, erfolgen. Nach dem Ablaufdatum der Lebensversicherung zeigte die Versicherungsgesellschaft am 00.00.2013 an, dass eine Abtretung in voller Höhe an die K. bestanden habe und sie den Auszahlungsbetrag (Ablaufleistung zum 00.00.2013) von 1.543.624,19 EUR in voller Höhe wie von der K. gewünscht angewiesen habe.
11Im Klageverfahren hat die R.-AG auf Anfrage des Gerichts mit Schriftsatz vom 00.00.2024 die Rückkaufswerte zum 00.00.2012 und zum 00.00.2012 mit 1.362.850,10 EUR bzw. 1.385.269,79 EUR beziffert.
122. U.: Versicherung Nr. N03
Versicherte Person dieser am 00.00.1994 abgeschlossenen Kapitallebensversicherung war der Erblasser. Versicherungsbeginn war der 00.00.1994; als Ablaufdatum war der 00.00.2017 vorgesehen.
15Die Abtretung der Ansprüche aus dieser Lebensversicherung erfolgte am 00.00.2009 an die Bank Y.. Sicherungszweck waren die Forderungen gegen die „Herren D. und V. – in GbR“, wobei sich die Sicherung sowohl für den Erlebens- als auch für den Todesfall auf das Darlehen Nr. N04 bezog. Für den Erlebensfall war der Umfang der Abtretung auf einen erstrangigen Teilbetrag von 3.250.000 EUR beziffert. Dieser Betrag entsprach gemäß der Abtretungsvereinbarung dem Nettokreditbetrag. In ihrer Anzeige gemäß § 29 EStDV vom 00.00.2009 gab die Bank Y. an, die abgetretenen Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag dienten sowohl der Darlehenssicherung als auch der Darlehenstilgung.
16Laut Mitteilung der U. vom 00.00.2012 an den Beklagten (Meldung nach § 33 ErbStG und § 3 ErbStDV) wurde am 00.00.2012 aus dieser Versicherung ein Betrag von 2.325.351,40 EUR an die Bank Y. als Abtretungsgläubigerin ausgezahlt. Bei dieser Summe handelte es sich um die Todesfallleistung.
173. L. AG (später […]): Versicherung Nr. N05
Diese Kapitallebensversicherung vom 00.00.1999, die Herrn D. versicherte, begann am 00.00.1999 und lief am 00.00.2014 ab. Eine Leistung im Todesfall war nicht vorgesehen, vielmehr sollte die Versicherung nach dem Tod der versicherten Person ohne Beitragszahlung weiterbestehen, sofern zu dem Zeitpunkt noch Beiträge gezahlt würden.
20Die Ansprüche aus dieser Versicherung wurden am 00.00.2009 an die Bank Y. abgetreten. Sicherungszweck waren die Forderungen gegen die „Herren D. und V. – in GbR“, wobei sich die Sicherung auf das Darlehen Nr. N06 bezog. Für den Todesfall war eine Abtretung der Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag in voller Höhe, für den Erlebensfall in Höhe eines erstrangigen Teilbetrages von 2.650.000 EUR vereinbart. Dieser Betrag entsprach gemäß der Abtretungsvereinbarung dem Nettokreditbetrag. Die Anlage 1 zum Darlehensvertrag enthielt zudem eine Tilgungsvereinbarung, nach der die Forderung des Darlehensgebers aus jenem Vertrag vorrangig u. a. durch die am 00.00.2014 fällig werdende Lebensversicherung Nr. N05 getilgt werden sollte. Ausweislich eines Beiblatts zum Finanzierungsmodell „Darlehen mit Tilgungsaussetzung bei einer Kapitallebensversicherung“ sollte das Darlehen nicht durch laufende Tilgungsleistungen zurückgeführt werden. Die Tilgung war ausgesetzt und sollte durch die Ablaufleistung aus der Kapitallebensversicherung erfolgen.
21Mit Datum vom 29.04.2014 informierte der Versicherer das Finanzamt Y.-Innenstadt darüber, dass die Versicherungsleistung von 2.127.574,60 EUR an die „W. GbR“ als Zahlungsempfänger ausgezahlt worden sei.
22Die L. Versicherung teilte dem Beklagten am 24.09.2016 Rückkaufswerte auf den Stichtag 00.00.2012 von 1.845.563,20 EUR und auf den Stichtag 00.00.2012 von 1.945.644,80 EUR mit.
23In der Erbschaftsteuererklärung vom 00.00.2013 war in Zeile 40 des Mantelbogens zur Frage, ob zum Nachlass Betriebsvermögen im Inland oder in EU-/EWR-Staaten gehöre, die Antwort „Ja“ angekreuzt. Bei der Anzahl der Betriebe wurde die Zahl „3“ und der Gesamtwert des Betriebsvermögens mit 5.761.312 EUR angegeben. Diese Angaben waren mit dem Hinweis „siehe Ergänzungsliste Betriebsvermögen“ versehen. In Zeile 8 der Anlage Steuerentlastung für Unternehmensvermögen (§§ 13a, 13b ErbStG) zur Erbschaftsteuererklärung war der Wert des begünstigten Betriebsvermögens mit 5.761.312 EUR angegeben. Die dabei in Bezug genommene Ergänzungsliste Unternehmensvermögen verwies auf die Ergänzungsliste zur Erbschaftsteuererklärung betreffend die Zeilen 39 bis 42 („Betriebsvermögen“). Diese enthielt mit der N. GmbH & Co. KG und dem Anteil an W. GbR2 zwei wirtschaftliche Einheiten, deren gemeiner Wert mit 5.871.037 EUR bzw. ./. 109.725 EUR, insgesamt 5.761.312 EUR, beziffert wurde.
24In Zeile 27 der Anlage Steuerentlastung für Unternehmensvermögen (§§ 13a, 13b ErbStG) zur Erbschaftsteuererklärung war unter der Überschrift Optionsverschonung zu der Frage, ob zu einer vollständigen Steuerbefreiung (§ 13a Abs. 8 ErbStG) optiert werde, die Antwort „Ja“ angekreuzt. Mit Schreiben vom 00.00.2013 übersandte die Steuerberatung der Ehefrau des Erblassers die von Frau A. unterschriebene Erklärung zur Optionsverschonung nach § 13a ErbStG. Darin erklärte sie unwiderruflich, dass für den gesamten Erwerb des begünstigten Vermögens die Optionsverschonung nach § 13a Abs. 8 ErbStG in Anspruch genommen werde.
25In Zeile 81 des Mantelbogens waren „Verträge zugunsten Dritter lt. Ergänzungsliste Übriges Vermögen S. 3“ mit einem gesamten Wert von 5.061.645 EUR angegeben. Diese Summe war auch in Zeile 34 der Anlage „Erwerber zur Erbschaftsteuererklärung“ als Erwerb aufgrund eines Vertrages zugunsten Dritter aufgeführt. Es handelte sich dabei u.a. um zwei der o.g. drei Lebensversicherungsverträge. Erfasst waren die Lebensversicherungen bei der L. (Nr. N05) mit 1.831.205 EUR und bei der U. (Nr. N03) mit 2.313.885 EUR. Als „Dritter“ in diesem Sinne war Frau A. genannt (Ergänzungsliste Erbschaftsteuererklärung, Zeilen 65-83: Übriges Vermögen Seite 3, Zeilen 68-71: Versicherungen, Sterbegelder, Abfindungen, Zeilen 80-83: Von Dritten außerhalb des Nachlasses unmittelbar erworbene Vermögensgegenstände).
26In den Zeilen 35 ff. der Erbschaftsteuererklärung und einer dazu gehörigen Ergänzungsliste war Grundvermögen aufgeführt. In Summe beliefen sich die angegebenen Werte auf 18.249.143 EUR, von denen 9.987.200 EUR als „begünstigt nach § 13c ErbStG“ bezeichnet waren. U.a. beinhaltete diese Liste die Immobilien G01 in […] P. mit dem Zusatz: „begünstigt nach § 13c ErbStG“ (hälftiger Anteil des Erblassers: 3.965.000 EUR), eine als „Ackerland“ beschriebene Fläche in P. (hälftiger Anteil des Erblassers: 5.450 EUR) und die Immobilie G02 in […] E. (hälftiger Anteil des Erblassers 5.850.000 EUR). In der Anlage Steuerbefreiung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke (§ 13c ErbStG) zur Erbschaftsteuererklärung war der Grundbesitzwert des begünstigten Teils des Grundvermögens in Zeile 6 auf 9.987.200 EUR beziffert. Die dazugehörige Ergänzungsliste nahm ausdrücklich Bezug auf die Ergänzungsliste Grundvermögen zur Erbschaftsteuererklärung/Zeilen 35-36.
27In einer Ergänzungsliste zu den Zeilen 84-97 der Erbschaftsteuererklärung, Schulden des Erblassers, Zeilen 85-89 Darlehensschulden, waren u.a. folgende Darlehen aufgeführt: K. #2012 mit einem Wert von 1.917.344 EUR, mit dem Zusatz „Schuld steht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit nach § 13c ErbStG begünstigtem Vermögen (Vermietung zu Wohnzwecken)“; Bank Y., N04 mit einem Wert von 3.250.000 EUR; Bank Y., N06 mit einem Wert von 2.650.000 EUR.
28Die W. GbR wurde zum Zeitpunkt der Abgabe der Erbschaftsteuererklärung für Zwecke der Erbschaftsteuer sowohl von Seiten der Steuerpflichtigen als auch von Seiten der Erbschaft- und Schenkungsteuerstelle des Finanzamts als vermögensverwaltende Gesellschaft und nicht als Betriebsvermögen eingestuft.
29In der ersten Erbschaftsteuerfestsetzung vom 25.11.2013, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand, berücksichtigte der Beklagte sowohl das Grundvermögen in P. […] und in E. (G02) als auch Ansprüche aus Lebensversicherungen als Nachlassgegenstände und gewährte die Steuerbefreiung nach § 13a ErbStG a.F. für eine Bemessungsgrundlage von 5.761.312 EUR. Dieser Wert entspricht der Summe der Werte für die N. GmbH & Co. KG und die W. GbR2. Gegen diesen Bescheid erhob die Ehefrau des Erblassers Einspruch. Im Änderungsbescheid vom 17.04.2014 waren die vorgenannten Grundstücke weiterhin als Nachlassgegenstände erfasst; die Ansprüche aus Lebensversicherungen waren mit teils geänderten Werten berücksichtigt, insgesamt mit 5.688.714 EUR. Die Steuerbefreiung nach § 13a ErbStG blieb unverändert. Der Bescheid erging weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
30In der Folgezeit kam es während des laufenden Einspruchsverfahrens am 26.06.2014 zu einer Bescheidänderung, in welcher die Höhe der Versicherungsansprüche unverändert blieb. Die vorgenannten Grundstücke wurden dabei nicht mehr als Nachlassgegenstände des Privatvermögens erfasst, sondern fanden als Betriebsvermögen der W.-GbR laut Feststellungsbescheid vom 05.06.2014 Eingang in den Erbschaftsteuerbescheid. Diesen per gesonderter Feststellung des Werts des Anteils am Betriebsvermögen nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG auf ./. 4.053.136 EUR festgestellten Wert brachte der Beklagte bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Steuerbefreiung des § 13a ErbStG a. F. von den für KG und die W. GbR2 festgestellten Werten in Abzug, so dass er die Optionsverschonung für 1.708.176 EUR gewährte.
31Im nochmals geänderten Bescheid vom 25.10.2016 wurden die Versicherungen wie folgt angesetzt:
32R., VS-Nr. N07 1.543.624 EUR
U., VS-Nr. N03 2.325.351 EUR
L., VS-Nr. N05 1.895.604 EUR,
insgesamt 5.764.579 EUR. Infolge geänderter Wertfeststellungen für das Betriebsvermögen, u.a. betr. die W. GbR, deren Wert laut geändertem Feststellungsbescheid vom 22.12.2014 mit ./. 3.822.820 EUR berücksichtigt wurde, gewährte der Beklagte die Steuerbefreiung nach § 13a ErbStG a.F. sodann für einen Betrag von 2.041.174 EUR.
37Bei diesem Ansatz betr. die Lebensversicherungen und die Steuerbefreiung gemäß § 13a ErbStG a.F. verblieb es im nächsten Änderungsbescheid vom 13.11.2017, der weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand.
38Die Ehefrau des Erblassers vertrat im Einspruchsverfahren die Ansicht, dass die Ansprüche aus den Lebensversicherungsverträgen im Todeszeitpunkt nicht mehr zum Vermögen des Erblassers gehört hätten. Inhaber der Auszahlungsansprüche seien wegen der erfolgten Abtretungen die die W. GbR finanzierenden Banken gewesen.
39Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 15.03.2022 als unbegründet zurück und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Zur Begründung führte er aus, die Lebensversicherungsansprüche seien im übrigen Vermögen steuerpflichtig zu erfassen. Habe der Versicherungsnehmer wie im Streitfall keinen Bezugsberechtigten bestimmt, zähle die Lebensversicherungssumme beim Tode des Versicherten zur Erbmasse. Die Ehefrau des Erblassers sei auch bereichert durch die auf den Todestag fällig werdenden Versicherungen. Im Zeitpunkt des Todes sei die Gesamtrechtsnachfolge eingetreten; erst danach greife die Abtretung und die Folge, dass die Ehefrau des Erblassers über die Versicherungssummen nicht frei habe verfügen können, weil der Erblasser zu seinen Lebzeiten die Abtretung veranlasst habe. Indem die Versicherungssumme Darlehen einer GbR tilgten, an der der Erblasser beteiligt gewesen sei, sei die Bereicherung eingetreten. Der Nachlass sei insoweit bereits für die Darlehenstilgung verwendet gewesen. Das Nettoprinzip bleibe dabei auch gewahrt, da die Verbindlichkeiten der W. GbR sich in dem für sie ermittelten Wert über die gesonderte Feststellung wiederfänden. Dieser Würdigung stehe das Urteil des BGH vom 27.10.2010 IV ZR 22/09, BGHZ 187, 220, nicht entgegen. Es treffe zu, dass die Kreditinstitute als Sicherungsnehmer allein befugt seien, die Zahlung der Todesfallleistung an sich zu verlangen. Jedoch seien die Versicherungssummen mit dem Tod entstanden. In diesem Moment greife die Erbschaftsteuer als Stichtagssteuer. Erst danach trete die Verpflichtung ein, die Versicherungssummen gemäß der Abtretung den Kreditinstituten zukommen zu lassen.
40Am 14.04.2022 hat die Ehefrau des Erblassers Klage erhoben. Nach ihrem Tod haben die jetzigen Kläger ihr Begehren weiterverfolgt. Sie haben zunächst vorgetragen, die Lebensversicherungsansprüche seien in Gänze nicht dem erbschaftsteuerpflichtigen Vermögen zuzurechnen, weil sie zur Tilgung der Rückzahlungsansprüche an Darlehensgeber der W. GbR abgetreten worden seien. Diesbezüglich vertreten sie nunmehr die Auffassung, dass im Zusammenhang mit den Lebensversicherungen grundsätzlich ein steuerpflichtiger Erwerb stattgefunden habe. Betreffend die Lebensversicherung bei der R. sei jedoch lediglich ein um ./. 169.564 EUR niedrigerer Wert von 1.374.059 EUR anzusetzen.
41Mit dem ursprünglich als Hilfsantrag angekündigtem weiterem Begehren richtet sich die Klage ferner gegen die Saldierung verschiedener wirtschaftlicher Einheiten des Betriebsvermögens vor Gewährung der Optionsverschonung gemäß §§ 13a,13b ErbStG a. F. Der Beklagte habe den für die W. GbR auf einen negativen Wert von ./. 3.822.820 EUR festgestellten Anteil am Betriebsvermögen, welches nicht begünstigungsfähig sei, und den für die W. GbR2 auf ./. 109.725 EUR festgestellten Anteil am Betriebsvermögen von dem begünstigungsfähigen Betriebsvermögen der N. GmbH & Co. KG, dessen Anteil auf 5.973.719 EUR festgestellt worden sei, subtrahiert. Im Ergebnis sei die Optionsverschonung lediglich für die Residualgröße, d. h. für Betriebsvermögen im Wert von 2.041.174 EUR, gewährt worden. Die Kläger vertreten hierzu die Auffassung, dass für Zwecke der Optionsverschonung nur die wirtschaftlichen Einheiten mit begünstigungsfähigem Betriebsvermögen zu betrachten seien. Die Einbeziehung nicht begünstigten Vermögens würde ansonsten zu einer ungerechtfertigten Steuerbelastung von eigentlich verschontem – begünstigten – Betriebsvermögen führen.
42Die Kläger beantragen,
43den Bescheid über Erbschaftsteuer vom 13.11.2017 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 15.03.2022 dahingehend zu ändern, dass die Ansprüche aus der R. Lebensversicherung mit einem Wert von 1.374.059 EUR angesetzt werden und dass der für die W. GbR festgestellte Anteil am Betriebsvermögen von ./. 3.822.820 EUR und der für die W. GbR2 festgestellte Anteil am Betriebsvermögen von ./. 109.725 EUR bei der Ermittlung des insgesamt begünstigten Vermögens im Sinne des §13a ErbStG ausgenommen werden.
44Der Beklagte beantragt,
45den Bescheid über Erbschaftsteuer vom 13.11.2017 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 15.03.2022 dahingehend zu ändern, dass der Anspruch aus der R. Lebensversicherung mit 1.374.059 EUR angesetzt wird, und die Klage im Übrigen abzuweisen,
46hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
47Der Beklagte verweist zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung. Er vertritt unter Bezugnahme auf die gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 22.12.2023 – 3812a, BStBl. I 2024, Seite 69, dort insbesondere Abschnitt 12 („Nachträgliche Antragstellung auf Optionsverschonung“), die Auffassung, dass die mit Schreiben vom 00.00.2013 übersandte Erklärung zur Optionsverschonung alle wirtschaftlichen Einheiten des begünstigungsfähigen Unternehmensvermögens umfasse und damit auch den Anteil an der W. GbR. Daraus folgert der Beklagte, dass die drei betreffenden wirtschaftlichen Einheiten des Betriebsvermögens zusammenfassend zu betrachten seien. Insbesondere sei der für die W. GbR festgestellte Anteil am Betriebsvermögen von ./. 3.822.820 EUR von dem für die N. GmbH & Co. KG festgestellten Wert in Abzug zu bringen, bevor die Optionsverschonung zur Anwendung komme.
48Der Senat hat am 11.04.2024 mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.
49Entscheidungsgründe
50Die Klage ist begründet.
51Der Bescheid über Erbschaftsteuer vom 13.11.2017 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 15.03.2022 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
52Erstens sind von Todes wegen erworbene Ansprüche im Zusammenhang mit den drei Lebensversicherungen im Ergebnis mit einem um 169.564 EUR niedrigeren Wert anzusetzen. Zweitens sind die Werte der verschiedenen wirtschaftlichen Einheiten des betrieblichen Vermögens vor Anwendung der Steuerbefreiungsvorschriften der §§ 13a, 13b ErbStG a. F. nicht zu saldieren.
531. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unterliegt der Erwerb durch Erbanfall als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer. Erbanfall ist der Übergang der Erbschaft auf den oder die Erben (§ 1942 BGB). Nach § 1922 i. V. m. § 1942 BGB geht das vererbbare Vermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge als Ganzes auf den oder die Erben über, d.h. der Erbe oder die Erben (Erbengemeinschaft) treten umfassend in die Rechtsposition des Erblassers ein (Fischer in Fischer/Jüptner/ Pahlke/Wachter, ErbStG, 5. Aufl., § 3 Rz 100).
54Als steuerpflichtiger Erwerb gilt gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG die Bereicherung des Erwerbers, soweit sie nicht steuerfrei ist (§§ 5, 13, 13a, 13c, 16, 17 und 18 ErbStG). Die Ermittlung der Bereicherung und die Bewertung erfolgen nach Maßgabe von §§ 10, 12 Abs. 1 ErbStG auf den Stichtag der Steuerentstehung (§§ 11 und 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), d.h. gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bei Erwerben von Todes wegen mit dem Tod des Erblassers. Maßgebend für die Bestimmung, welche Vermögensgegenstände am Stichtag dem Vermögen des Erblassers zuzuordnen sind und als Nachlassvermögen auf den oder die Erben im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergehen, ist allein das Zivilrecht. Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ist insoweit ausgeschlossen. Dies folgt bereits aus der ausdrücklichen Verweisung in § 3 Abs. 1 Nr. 1 1. Alternative ErbStG auf § 1922 BGB (vgl. BFH-Urteil vom 07.12.2016 II R 21/14, BStBl. II 2018, 196 m. w. N.).
55a. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall gehörten die an die Kreditgeber der W. GbR abgetretenen Ansprüche auf die jeweilige Lebensversicherungssumme zwar nicht zum Nachlass des verstorbenen Herrn D.. Eine zur Sicherheit eines dem Versicherungsnehmer gewährten Darlehens abgetretene Forderung fällt dinglich nicht mehr in den Nachlass, jedenfalls soweit dem Sicherungsnehmer gesicherte Forderungen gegen den Versicherungsnehmer zustehen (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 27.06.2000 3 U 5/99, ErbBstg 2001, 162). Vorliegend valutierten die mit den sicherungshalber abgetretenen Ansprüchen aus den Lebensversicherungen gesicherten Darlehen am Todestag des Erblassers in einem mindestens deren Wert entsprechendem Umfang. Das ergibt sich schon aus dem Sinn und Zweck des gesamten Finanzierungsmodells. Denn die Zahlungsansprüche dienten nicht nur der Sicherung der Darlehensrückzahlungsansprüche, sondern sollten nach den vertraglichen Abreden mit den kreditgebenden Banken vorrangig zur Tilgung der Darlehen eingesetzt werden. Dementsprechend waren die Darlehenstilgungen bis zur Fälligkeit der Lebensversicherungsansprüche ausgesetzt. Die Zahlungsansprüche aus den Lebensversicherungsverträgen wurden im Streitfall auch tatsächlich für die Tilgung des jeweiligen Darlehens eingesetzt. Im Einzelnen wurde die am 00.00.2013 fällige Ablaufleistung des Versicherungsvertrages bei der R. von 1.543.624,19 EUR vollständig zur Rückzahlung des von der K. gewährten Darlehens Nr. N02 über einen Nominalbetrag von rund 3,8 Mio. EUR verwendet. Die gesamte Todesfallleistung aus dem Versicherungsvertrag bei der U. von 2.325.351,40 EUR tilgte bestimmungsgemäß einen Teil des Darlehens bei der Bank Y. Nr. N04 (Nettokreditbetrag lt. Abtretungsvereinbarung 3.25 Mio. EUR). Mit der am 00.00.2014 fälligen Ablaufleistung aus dem Versicherungsvertrag mit der L. von 2.127.574,60 wurde das Darlehen der Bank Y. Nr. N06 (Nettokreditbetrag lt. Abtretungsvereinbarung 2.65 Mio. EUR) teilweise zurückgeführt. Lediglich klarstellend sei erwähnt, dass der Senat bei den genannten Nettokreditbeträgen nach Aktenlage davon ausgeht, dass es sich dabei lediglich um die Hälfte des jeweiligen an die W. GbR ausgereichten Darlehensbetrages handelte. Bezweckt war wohl, dass rechnerisch jeder der beiden Gesellschafter für die Hälfte der jeweiligen Darlehensverbindlichkeiten einstehen sollte.
56Jedoch ergibt sich aus dem Umstand, dass die Abtretung der Lebensversicherungsansprüche an die darlehensgewährenden Banken erfüllungshalber erfolgte, jeweils ein werthaltiger Anspruch des Erblassers gegenüber den finanzierenden Banken, welcher als steuerpflichtiger Erwerb in den Nachlass fiel. Dass eine Forderung zugleich sicherungs- und erfüllungshalber abgetreten werden kann, ist in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 06.10.2005 3 U 191/04, juris, Rz. 26 unter Bezugnahme auf BGH, Urteil vom 03.05.1972 VIII ZR 170/71, BGHZ 58, 364). Soll bei endfälligen Krediten mit Tilgungsaussetzung die Tilgung aus einer Kapitallebensversicherung erfolgen, so geschieht dies regelmäßig entsprechend § 364 Abs. 2 BGB erfüllungshalber und nicht an Erfüllungs statt. D.h. die Tilgung erfolgt nur in Höhe der tatsächlich ausgezahlten Lebensversicherungsleistungen. Das Risiko, dass die Lebensversicherungsleistungen zur vollständigen Tilgung des Darlehens nicht ausreichen, trägt grundsätzlich der Darlehensnehmer. Das entspricht nicht nur der üblichen Bankpraxis (BGH, Beschluss vom 20.11.2007 XI ZR 259/06, WM 2008, 121; OLG Celle, Beschluss vom 13.10.2010 3 U 159/10, juris), sondern war auch – wovon die Beteiligten übereinstimmend ausgehen - im vorliegenden Fall so gewollt und vereinbart.
57Die Abtretung der Ansprüche aus der jeweiligen Lebensversicherung an die kreditgewährende Bank war mit der Abrede verbunden, dass die jeweilige Bank sich bei Fälligkeit ihres Rückzahlungsanspruchs in erster Linie aus dem abgetretenen Anspruch aus der Lebensversicherung zu befriedigen hatte, bevor sie den Erblasser als Darlehensschuldner auf Rückzahlung in Anspruch nehmen durfte. Dementsprechend hatte der Erblasser während der Laufzeit des Darlehens einen vertraglichen Anspruch i. S. des § 194 Abs. 1 BGB gegenüber der jeweiligen Bank, dass diese sich zuvorderst aus dem abgetretenen Anspruch aus der Lebensversicherung befriedigen sollte. Der erbschaftsteuerliche Wert dieses Anspruchs entsprach dem jeweiligen Wert des Anspruchs aus der Lebensversicherung.
58Die Bewertung dieser Ansprüche des Erblassers gegenüber der jeweiligen Bank richtet sich dementsprechend nach § 12 Abs. 1 ErbStG i. V. m. § 12 BewG. Für den Anspruch im Zusammenhang mit der abgetretenen Lebensversicherung der U., für die mit dem Tod des Erblassers als versicherter Person der Versicherungsfall eingetreten war, bedeutet das, dass gemäß § 12 Abs. 1 ErbStG i. V. m. § 12 Abs. 1 Satz 1BewG der Nennwert der Todesfallleistung (2.325.351 EUR) der zutreffende Wert ist. Für die Ansprüche im Zusammenhang mit den abgetretenen Versicherungen bei der R. und der L., welche im Todeszeitpunkt noch nicht fällig waren, ist der Rückkaufswert der jeweiligen Lebensversicherung maßgeblich (§ 12 Abs. 4 Satz 1 BewG). Dieser belief sich zum Todestag des Erblassers für die Versicherung bei der R. entsprechend der Mitteilung des Versicherungsunternehmens vom 00.00.2024 auf einen interpolierten Wert von 1.374.060 EUR und für die Versicherung bei der L. entsprechend deren Mitteilung vom 24.09.2016 auf einen interpolierten Wert von 1.895.604 EUR. Diese Werte unterschritten, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, die bei Fälligkeit des jeweiligen Darlehens an die Banken zurückzuzahlenden Summen.
59Bei einem Vergleich zwischen den Werten der vom Beklagten unzutreffend als Nachlassbestandteile angesetzten Lebensversicherungsansprüchen mit den stattdessen zu berücksichtigenden vorgenannten Ansprüchen des Erblassers gegenüber den finanzierenden Banken ergibt sich eine Differenz von ./. 169.564 EUR.
60b. Die Steuerbefreiung für den Erwerb von Betriebsvermögen gemäß §§ 13a,13b ErbStG a. F. ist für den Anteil am Betriebsvermögen der N. GmbH & Co. KG in vollem Umfang, ohne Saldierung mit den mit negativen Werten festgestellten Anteilen am Betriebsvermögen der W. GbR und der W. GbR2, zu gewähren.
61Die im Streitfall anwendbaren Vorschriften der §§ 13a, 13b ErbStG a.F. sind nach dem Urteil des BVerfG vom 17.12.2014 1 BvL 21/12 (BStBl. II 2015, 50) zwar mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes unvereinbar. Das BVerfG hatte jedoch ihre Anwendbarkeit bis zu einer Neuregelung angeordnet, die spätestens bis zum 30.06.2016 zu treffen war. Eine solche wurde durch Art. 1 Nrn. 3 und 4 des Gesetzes zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 00.00.2016 (BGBl. I 2016, 2464) mit Wirkung ab dem 00.00.2016 geschaffen.
62Nach § 13a Abs. 1 Satz 1, Abs. 8 i. V. m. § 13b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 ErbStG a.F. bleibt vorbehaltlich des § 13b Abs. 2 ErbStG a.F. unter verschiedenen Voraussetzungen u.a. der Erwerb eines Anteils an einer Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG zu 100 v. H. außer Ansatz. Eine solche Gesellschaft ist auch die N. GmbH & Co. KG, für die mit Schreiben vom 00.00.2013 zur vollständigen Steuerbefreiung gemäß § 13a Abs. 8 ErbStG a. F. optiert wurde und die für sich betrachtet – das ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig – die weiteren Voraussetzungen der Vollverschonung erfüllt. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist für Zwecke der Steuerbegünstigung i. S. der §§ 13a, 13b ErbStG a. F. bei einer einheitlichen Schenkung von mehreren wirtschaftlichen Einheiten jeder schenkweise übertragene Betrieb einzeln zu betrachten (BFH-Urteil vom 26.07.2022 II R 25/20, BStBl. II 2024, 1). Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat auch für Erwerbe von Todes wegen an. Wegen der vorzunehmenden getrennten Betrachtung ist die Vollverschonung für den gesamten Wert der Anteile an der N. GmbH & Co. KG zu gewähren, unabhängig davon, dass weitere wirtschaftliche Einheiten des Betriebsvermögens von Todes wegen erworben wurden.
63Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass sich die Erklärung zur Optionsverschonung nach ihrem Wortlaut auf den „gesamten Erwerb des begünstigten Vermögens“ bezog. In welchem Umfang eine Erklärung zur optionalen Vollverschonung gemäß § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. abgegeben wurde, ist durch Auslegung dieser Willenserklärung nach Maßgabe der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln (BFH-Urteil vom 26.07.2022 II R 25/20, BStBl. II 2024, 1). Da die zur W. GbR gehörigen Vermögensgegenstände im Zeitpunkt der Optionserklärung sowohl von Seiten der die Erklärung abgebenden Ehefrau des Erblassers als auch von Seiten des Finanzamts für Erbschaftsteuerzwecke noch nicht als Betriebsvermögen erkannt waren, betraf die abgegebene Optionserklärung die Anteile am Betriebsvermögen an der W. GbR nicht. Hinzu kommt, dass es insbesondere wegen der strengen Voraussetzungen für die Gewährung der Vollverschonung nicht der Interessenlage der Erklärenden entsprach, dass die einmal abgegebene Optionserklärung, die sich auch betragsmäßig nur auf die beiden wirtschaftlichen Einheiten N. GmbH & Co. KG und W. GbR2 bezog, ohne Weiteres auch zukünftig als Betriebsvermögen erkannte Einheiten umfassen sollte. Und selbst wenn die im Streitfall abgegebene Optionserklärung – entgegen der Auffassung des erkennenden Senates – die Anteile am Betriebsvermögen der W. GbR erfasst hätte, könnte sich daraus nicht die Rechtsfolge ergeben, dass die Werte der drei wirtschaftlichen Einheiten des Betriebsvermögens vor Gewährung der Optionsverschonung zu saldieren wären. Eine für mehrere wirtschaftliche Einheiten abgegebene Optionserklärung verklammert diese Einheiten nicht miteinander in dem Sinne, dass sie vor Anwendung der Steuerbefreiung zusammenzufassen wären. Eine solche Schlussfolgerung sehen auch die gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 22.12.2023 – 3812a, BStBl. I 2024, Seite 69, nicht vor, welche als Verwaltungsinnenrecht ohnehin keine Bindungswirkung für die Rechtsprechung entfalten könnten. Vielmehr bleibt es dabei, dass nach dem System der Steuerbegünstigung i. S. der §§ 13a, 13b ErbStG a. F. aus den im zitierten Urteil des BFH vom 26.07.2022 genannten Gründen jeder übertragene Betrieb einzeln zu betrachten ist.
64Für die erworbenen Anteile an der W. GbR und an der W. GbR2 kommen die Steuerbegünstigungen der §§ 13a, 13b ErbStG a. F. schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich um negativ bewertete wirtschaftliche Einheiten handelt, die sich nicht steuererhöhend auswirken können. Vielmehr mindern sie als Gegenstände des Nachlassvermögens im Ergebnis den steuerpflichtigen Erwerb i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG.
652. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Klägerseite hatte im Schriftsatz vom 23.12.2022 zunächst angekündigt, in der Hauptsache zu beantragen, dass die an Dritte abgetretenen Ansprüche aus den Lebensversicherungsverträgen mit einem Gesamtwert von 5.764.579 EUR bei der Berechnung des Gesamtwerts der Nachlassgegenstände ausgenommen werden sollten. In der mündlichen Verhandlung ist dieser Antrag im Ergebnis betragsmäßig eingeschränkt worden, indem bzgl. der R. Versicherung eine wertmäßige Reduktion um ./. 169.564 EUR auf 1.373.059 EUR und bzgl. der Optionsverschonung der Abzug von ./. 3.822.820 EUR (W. GbR) und von ./. 109.725 EUR (W. GbR2) begehrt worden ist. Mit diesem Antrag, der zu einer um insgesamt ./. 4.102.109 EUR geringeren Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer führte, erreichen die Kläger eine Reduzierung der Erbschaftsteuer im Umfang von 75 v. H., bezogen auf den Betrag, um den sich die Erbschaftsteuer reduziert hätte, wenn der ursprünglich angekündigte Antrag Erfolg gehabt hätte.
663. Die Revision war nicht zuzulassen, da es sich um Rechtsanwendung im konkreten Einzelfall handelt. Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.
674. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
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