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Unter Änderung des Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 00.00.2016 für Zwecke der Erbschaftsteuer vom 26.10.2021 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.08.2022 wird der Grundbesitzwert für die wirtschaftliche Einheit G01 in D. auf 1.137.871 Euro festgestellt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der Ermittlung der Brutto-Grundfläche im Rahmen des Sachwertverfahrens gemäß §§ 189 ff. Bewertungsgesetz (BewG) bei einer Hochgarage die nicht überdachte Fläche des Parkdecks einzubeziehen ist.
3Die Klägerin beerbte ihren am 00.00.2016 verstorbenen Vater. Zum Nachlass gehörte dessen Anteil an der R. GmbH & Co. KG (Beigeladene), die zum 00.00.2016 Eigentümerin des Grundbesitzes G01 in D. war. Die Veranlagungsstelle des Beklagten forderte die dafür beim Beklagten zuständige Stelle auf, den Grundbesitzwert für diesen Grundbesitz für Erbschaftsteuerzwecke festzustellen.
4Das Grundstück G01, D., bestehend aus dem Grundbuchblatt N01, Flur N02, Flurstück N03, Größe 5.641 m², Grundbuchblatt N04, Flur N05, Flurstück N06, Größe 12 m² und Grundbuchblatt N04, Flur N05, Flurstück N07, Größe 1.666 m², insgesamt 7.319 qm, ist seit dem Jahr 2001 mit einem eingeschossigen Parkhaus bebaut. In dem ersten Geschoss auf Erdbodenhöhe befindet sich die erste Parkebene. Diese Ebene ist vollständig mit einer Betonkonstruktion umbaut sowie komplett überdacht. Es sind keine Fenster verbaut. Die Belüftung und Tageslichtbeleuchtung erfolgt durch Öffnungen in den Wänden zwischen den Betonsäulen. Die zweite Parkebene auf dem Dach des Parkhauses ist über eine gesonderte Zufahrt aufgrund der abschüssigen Lage des Grundstücks ebenfalls ohne eine Zufahrtsrampe ebenerdig befahrbar. Die zweite Parkebene ist nicht überdacht. Eine Absturzsicherung zur Straßenseite erfolgt mittels angebrachter Geländer. Zur weiteren Baubeschreibung wird auf die Anlage zur Klageschrift (Blatt 17 ff d. A.) verwiesen.
5In ihrer Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts ermittelte die Beigeladene einen Grundbesitzwert in Höhe von 1.101.731,- EUR. Die Bauteile Außenwände, Fußböden, sonstige technische Ausstattung und Konstruktion ordnete sie dem Gebäudestandard „Basis“ 480,- EUR/m² zu. Für die Bauteile Dach und Fenster erfolgt kein Ansatz. Als Regelherstellungskosten ermittelte die R. GmbH & Co. KG bei einer Anzahl von üblichen sechs Bauteilen einen Betrag von 356,- EUR/m². Die Brutto-Grundfläche gab sie mit 4.650 m² an.
6Im Rahmen einer Außenprüfung bei der Beigeladenen griff der Beklagte die Ermittlung des Grundbesitzwertes für das streitgegenständliche Grundstück auf. Die Außenprüfung vertrat die Auffassung, dass Anlage 24 in Fußnote 4 zur Gebäudeklasse 14.2 (Hochgaragen) eine typisierte Berechnung der Brutto-Grundfläche vorschreibe. Diese sei das Ergebnis aus der tatsächlichen Stellplatzfläche multipliziert mit einem Faktor von 1,55. Nach Ausmessung der Stellplatzfläche betrage diese für jede Parkebene jeweils 2.369 m². Multipliziert mit dem Faktor von 1,55 ergebe sich für jede Ebene eine Brutto-Grundfläche von 3.671,95 m², insgesamt also von 7.343,9 m². Auch sei das befahrbare Dach ein aufwendiges Bauteil im Rahmen der Standardstufenermittlung für die Regelherstellungskosten.
7Die Klägerin nahm bereits während der Außenprüfung Stellung zu der Bewertung des streitgegenständlichen Objekts und führte an, dass zwar zwei Parkebenen vorhanden seien, jedoch nur eine dieser Parkebenen in die Brutto-Grundflächenberechnung miteinzubeziehen sei. Die zweite Ebene sei nicht überdeckt und umschlossen, was nach Anlage 24 Teil I. zu § 190 BewG aber notwendig sei. Bei getrennter Betrachtung der Ebenen falle auf, dass das Parkdeck keine Hochgarage sei. Auch ein etwaiger Ansatz des Parkdecks als aufwendiges Bauteil bei der Regelherstellungskostenberechnung widerspreche einem zeitgleichen Ansatz im Rahmen der Brutto-Grundflächenberechnung.
8Mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 00.00.2016 für Zwecke der Erbschaftsteuer vom 26.10.2021 stellte der Beklagte für das streitgegenständliche Objekt den Grundbesitzwert i. H. v. 1.803.961,- EUR fest. Dabei legte er einen Bodenwert i. H. v. 475.735,- EUR zugrunde. Den Gebäudesachwert für die Gebäudeart 14.2 (Hochgarage) der Anlage 24 Teil II zu § 190 BewG setzte der Beklagte wie folgt an:
9Wohn-/ Nutzfläche: 7.344 m²
10Baujahr: 2001
11Gebäudestandard
12Außenwände: Basis
13Dach: aufwendig
14Fußböden: Basis
15Sonstige technische Ausstattung: Basis
16Konstruktion: Basis
17Fenster: nicht vorhanden
18Für die vier Bauteile der Standardstufe „Basis“ setzte der Beklagte jeweils 480,- EUR/m², für das eine Bauteil der Standardstufe „aufwendig“ setzte er 780,- EUR/m² an. Die Summe der Bauteile ergab 2.700,- EUR/m². Diese Summe teilte der Beklagte durch die sechs üblicherweise vorgesehenen Bauteile laut Anlage 24 Teil III. zu § 190 BewG, sodass er Regelherstellungskosten i. H. v. 450,- EUR/m² berücksichtigte. Diese Regelherstellungskosten multiplizierte er mit dem Baupreisindex für das Jahr 2016 von 111,4 %. Dies ergab Regelherstellungskosten des Gebäudes in abgerundeter Höhe von 501,- EUR/m². Multipliziert mit der Bruttogrundfläche von gerundet 7.344 m² ergab sich ein Gebäuderegelherstellungswert von 3.679.344,- EUR. Abzüglich der Alterswertminderung von 1.379.754,- EUR errechnete der Beklagte einen Gebäudesachwert von 2.299.590,- EUR. Unter Einbeziehung des Bodenwerts und der Wertzahl von 0,65 setzte der Beklagte einen Grundstückswert von 1.803.961,- EUR an.
19In der Erläuterung zu dem Bescheid führte der Beklagte an, das Flachdach sei als Parkdeck dem Ausstattungsmerkmal „aufwendig“ zuzuordnen.
20Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin als Feststellungsbeteiligte mit Schreiben vom 25.11.2021 Einspruch ein.
21Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 19.08.2022 als unbegründet zurück. Zwar bestehe Einigkeit darüber, dass nicht überdeckte Flächen grundsätzlich nicht bei Ermittlung der Brutto-Grundfläche zu berücksichtigen seien, dies sei bei dem Umrechnungsfaktor aus der Fußnote 4 in der Anlage 24 bei der Gebäudeart 14.2 (Hochgaragen) jedoch nicht der Fall. Es sei Ausfluss der typisierenden Berechnung, das Parkdeck sowohl als aufwendiges Bauteil, als auch im Wege der Berechnung der Brutto-Grundfläche zu erfassen. Es bestehe die Möglichkeit, einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen.
22Mit ihrer Klage vom 20.09.2022 verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Berücksichtigung einer geringeren Bruttogrundfläche weiter. Sie ist der Ansicht, dass die Fußnote 4 zur Anlage 24 Teil II. nur dann zur Anwendung komme, wenn es sich um ein Gebäude im Sinne der dort genannten Definition handle. Dies sei bei dem Parkdeck nicht der Fall. Es fehle die Umschließung dieser Ebene. Das Parkdeck sei bereits bei der Standardstufe des Daches ausreichend erfasst. Abseits der Decke der ersten Parkebene sei die zweite Parkebene baulich vielmehr mit einem einfachen Parkplatz vergleichbar.
23Die Klägerin beantragt,
24den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 00.00.2016 für Zwecke der Erbschaftsteuer vom 26.10.2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.08.2022 dahingehend zu ändern, dass ein Grundbesitzwert in Höhe von 1.137.871,- EUR festgestellt wird,
25hilfsweise, für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.
26Der Beklagte beantragt,
27die Klage abzuweisen,
28hilfsweise, für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.
29Er vertritt die Auffassung, dass das Parkhaus als einheitliches Gebäude im bewertungsrechtlichen Sinne zu bewerten sei. Die besondere Gestaltung von Tief- und Hochgaragen rechtfertige durch die Fußnote 4 zu Anlage 24 Teil II. bei dem Gebäudetyp 14.2 (Hochgaragen) eine andere Berechnung, als dies Anlage 24 Teil I. hinsichtlich des Bereichs c „nicht überdeckt“ vorsehe.
30Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten den Sach- und Streitstand erörtert. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll des Erörterungstermins vom 12.12.2023 Bezug genommen.
31Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung erklärt.
32Entscheidungsgründe
33I. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung.
34II. Die Klage ist begründet.
35Der angefochtene Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 00.00.2016 für Zwecke der Erbschaftsteuer vom 26.10.2021 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.08.2022 ist rechtwidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
36Der Bedarfswert für das streitgegenständliche Objekt G01, D. nach dem Sachwertverfahren für Zwecke der Erbschaftsteuer beträgt 1.137.871,00 EUR. Die maßgebliche Brutto-Grundfläche beläuft sich auf 3.672 m².
371. Grundbesitzwerte sind gem. § 151 Abs. 1 Nr. 1 Bewertungsgesetz (BewG) gesondert festzustellen (§ 179 Abgabenordnung – AO), wenn die Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung im Sinne dieser Vorschrift von Bedeutung sind.
382. Nach § 182 Abs. 4 Nr. 3 BewG sind sonstige bebaute Grundstücke im Sachwertverfahren zu bewerten. Sonstige bebaute Grundstücke sind gem. § 181 Abs. 8 BewG solche, die nicht unter § 181 Abs. 2 bis Abs. 7 BewG fallen. Garagengrundstücke, Parkhäuser sowie Hoch- und Tiefgaragen stellen sonstige bebaute Grundstücke dar, wenn sie nicht betrieblich genutzt werden oder in eine andere wirtschaftliche Einheit einzubeziehen sind (Krause in: Stenger/Loose, Bewertungsrecht - BewG/ErbStG/GrStG, 167. Lieferung, 11/2023, § 181, Rn. 159; Mannek in: Stenger/Loose, Bewertungsrecht - BewG/ErbStG/GrStG, 167. Lieferung, 11/2023, § 182, Rn. 40).
39Der Sachwert eines bebauten Grundstücks setzt sich aus dem Bodenwert des Grundstücks, § 189 Abs. 2 BewG i. V. m. § 179 BewG, und dem Gebäudesachwert, § 190 BewG, unter Multiplikation mit der Wertzahl nach § 191 BewG zusammen, § 189 Abs. 3 Satz 1 und 2 BewG.
403. Zur Ermittlung des Gebäudesachwerts sind nach § 189 Abs. 1 i. V. m. § 190 Abs. 1 BewG die jeweiligen Regelherstellungskosten (a) mit der Brutto-Grundfläche des Gebäudes (b) zu multiplizieren (Gebäuderegelherstellungswert).
41a) An der vom Beklagten vorgenommenen Berechnung der Regelherstellungskosten bestehen keine rechtlichen oder tatsächlichen Bedenken.
42aa) Regelherstellungskosten sind die durchschnittlichen Herstellungskosten je Flächeneinheit, § 190 Abs. 1 Satz 2 BewG. Sie sind in Anlage 24 zu § 190 Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 BewG enthalten und basieren auf Grundlage der Normalherstellungskosten 2010 (NHK 2010) in EUR/m² Brutto-Grundfläche einschließlich Baunebenkosten und Umsatzsteuer für die jeweilige Gebäudeart.
43Die Regelherstellungskosten werden unterteilt nach Grundstücksarten, Gebäudearten und Standardstufen. Zur Feststellung des Gebäudestandards eines Gebäudes oder eines Gebäudeteils ist die Beschreibung der Gebäudestandards in Anlage 24, Teil III. zum BewG heranzuziehen Die Anlage 24 Teil II. sieht jeweils fünf Standardstufen für die einzelnen Gebäudeteile vor. Fehlt ein Bauteil, bleiben die Regelherstellungskosten dieses Bauteils unberücksichtigt. Bei den Nichtwohngebäuden wird die Summe der Regelherstellungskosten der vorhandenen Bauteile durch die Anzahl der für die Gebäudeart nach Anlage 24, Teil III. zum BewG typischerweise vorhandenen Bauteile dividiert.
44Für Hochgaragen i. S. d. Gebäudeart 14.2 der Anlage 24 zum BewG betragen die Regelherstellungskosten für Bauteile mit der Standardstufe 1 – 3 (Basis) jeweils 480,- EUR, für Bauteile mit der Standardstufe 4 (gehoben) jeweils 655,- EUR und für Bauteile mit der Standardstufe 5 (aufwendig) jeweils 780,- EUR. Die jeweiligen Gebäudeteile verwirklichen die Standardstufen nach Maßgabe der Anlage 24 Teil III. zu 14.2 – 14.4. Insbesondere besteht danach hinsichtlich des Bauteils „Dach“ ein aufwendiger Standard (Stufe 5) bei einem befahrbaren Flachdach (Parkdeck).
45bb) Der Beklagte hat die Regelherstellungskosten zutreffend i. H. v. 450,- EUR/m² ermittelt, indem er für die Bauteile Außenwände, Fußböden, sonstige technische Ausstattung und Konstruktion den Standard „Basis“ und für das Dach den Standard „aufwendig“ wegen des befahrbaren Parkdecks gewählt hat. Das Bauteil Fenster hat er zu Recht nicht einbezogen.
46b) Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Brutto-Grundfläche nicht mit 7.344 qm anzusetzen. Nach Anlage 24 Teil I. i. V. m. Anlage 24 Teil II., Fußnote 4 zu Nr. 14.2 zum BewG beträgt die Brutto-Grundfläche des streitgegenständlichen Objekts 3.672 m².
47aa) Der Begriff der Brutto-Grundfläche des Gebäudes ist in Anlage 24 Teil I. zum BewG in der im Streitfall geltenden Fassung definiert. Die Brutto-Grundfläche ist danach die Summe der bezogen auf die jeweilige Gebäudeart marktüblich nutzbaren Grundflächen aller Grundrissebenen eines Bauwerks. In Anlehnung an die DIN 277-1:2005-02 sind bei den Grundflächen folgende Bereiche zu unterscheiden:
48Bereich a: überdeckt und allseitig in voller Höhe umschlossen,
49Bereich b: überdeckt, jedoch nicht allseitig in voller Höhe umschlossen,
50Bereich c: nicht überdeckt.
51Für die Anwendung der Regelherstellungskosten (RHK) sind im Rahmen der Ermittlung der Brutto-Grundfläche nur die Grundflächen der Bereiche „a“ und „b“ zugrunde zu legen. Balkone, auch wenn sie überdeckt sind, sind dem Bereich „c“ zuzuordnen.
52Damit ist die Brutto-Grundfläche eines Gebäudes die Summe der Grundflächen aller Grundrissebenen eines Bauwerks mit Nutzungen nach DIN 277-2:2005-02 und deren konstruktive Umschließungen (Mannek/Krause in: Stenger/Loose, Bewertungsrecht - BewG/ErbStG/GrStG, 167. Lieferung, 11/2023, § 190, Rn. 88).
53Aufgrund der Legaldefinition der Brutto-Grundfläche aus Anlage 24 Teil I. zum BewG ergibt sich für das streitgegenständliche Objekt, dass nur die erste Parkebene in die Brutto-Grundflächenberechnung als „Bereich b“ i. S. d. Anlage 24 Teil I. zum BewG einzubeziehen ist. Die erste Parkebene ist überdeckt, jedoch aufgrund der Säulenkonstruktion nicht allseitig in voller Höhe umschlossen. Der zweiten Parkebene fehlt es dagegen sowohl an einer seitlichen Umschließung als auch an einer Überdachung.
54bb) Dem steht die Regelung in Anlage 24 Teil II. Fußnote 4 zu 14.2 nicht entgegen.
55Danach beträgt die Brutto-Grundfläche des streitgegenständlichen Parkhauses 3.672 m². Dies ergibt die Auslegung der benannten Fußnote, die nicht – abweichend von Anlage 24 Teil I. – den Begriff der Bruttogrundfläche für Hochgaragen anders definiert, sondern nach der sich im Wege einer Berechnungsanordnung vereinfacht ermitteln lässt, wie groß die gemäß der Definition laut Anlage 24 Teil I. als Bruttogrundfläche einzuordnenden Flächen sind.
56Für Hoch- und Tiefgaragen ist laut Anlage 24 Teil II. Fußnote 4 zu 14.2 und 14.3 die Brutto-Grundfläche das Produkt aus der tatsächlichen Stellplatzfläche (Länge x Breite) in m² multipliziert mit 1,55.
57(1) Die Anlage 24 Teil II. Fußnote 4 zu 14.2 und 14.3 ist ihrem Wortlaut nach nicht eindeutig und bedarf der Auslegung.
58Maßgebend für die Auslegung eines Gesetzes ist der in ihm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers (vgl. BVerfG Beschluss vom 09.11.1988, 1 BvR 243/N02, BVerfGE N05, 106, m.w.N.; BFH Urteile vom 04.12.2014, IV R 53/11, BStBl II 2015, 483; u. vom 21.10.2010, IV R 23/08, BStBl II 2011, 277). Der Feststellung dieses Willens des Gesetzgebers dienen die Auslegung aus dem Wortlaut der Norm (grammatikalisch/sprachliche Auslegung), aus dem Zusammenhang (systematische Auslegung), aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte (historische Auslegung) sowie aus ihrem Zweck (teleologische Auslegung). Zur Erfassung des Inhalts einer Norm können Auslegungsmethoden gleichzeitig und nebeneinander zur Anwendung kommen (BFH Urteil vom 04.12.2014, IV R 53/11, BStBl II 2015, 483, m.w.N.). Insbesondere bei der Auslegung einer Norm aus ihrem Wortlaut ist zu berücksichtigen, dass dies nur eine von mehreren anerkannten Auslegungsmethoden ist.
59(2) Nach der Auffassung des Senats spricht die Auslegung des Wortlauts der Norm dafür, dass die Parkfläche auf dem Parkdeck nicht in die Brutto-Grundflächenberechnung miteinzubeziehen ist.
60Zwar kann der Wortlaut („tatsächliche Stellplatzfläche“) dahingehend verstanden werden, dass in die Brutto-Grundflächenberechnung sämtliche Parkflächen einfließen. Damit wäre auch die Parkfläche eines Parkdecks zu berücksichtigen.
61Schon aus dem Wortlaut der Norm ist jedoch eine andere Auslegung geboten. Die Berechnungsformel gilt wörtlich für Hoch- und Tiefgaragen. Damit sind nur solche tatsächlichen Stellplatzflächen zu erfassen, die als Garage verstanden werden können. Dies ist bei den Stellplätzen auf dem Parkdeck nicht der Fall. Sie haben nicht die Eigenschaften, die im Allgemeinen vorausgesetzt werden, wenn von einer Garage gesprochen wird.
62Eine Garage ist ein Raum zum Einstellen von Kraftfahrzeugen (https://www.duden.de/rechtschreibung/Garage). Für eine solche Räumlichkeit bedarf es der Überdachung. Fehlt eine Überdachung, kann lediglich von einem Parkplatz, nicht aber von einer Garage gesprochen werden.
63(3) Dieses sprachliche Auslegungsergebnis wird durch systematische Erwägungen gestützt.
64Nach der systematischen Auslegung ist darauf abzustellen, dass einzelne Rechtssätze, die der Gesetzgeber in einen sachlichen Zusammenhang gebracht hat, grundsätzlich so zu interpretieren sind, dass sie logisch miteinander vereinbar sind (BFH Urteil vom 09.04.2008, II R 39/06, BFH/NV 2008, 1529, m. w. N.).
65Das Parkdeck wird gesetzessystematisch bereits als eigenes Bauteil im Rahmen der Ermittlung der Standardstufe für das Bauteil „Dach“ der Hochgarage berücksichtigt, vgl. Anlage 24 Teil III. zu 14.2. Wenn es sich bei dem Parkdeck um ein Bauteil handelt, ist die gleichzeitige Berücksichtigung im Rahmen der Brutto-Grundfläche als Gebäudefläche widersprüchlich und würde im Rahmen der Bewertung zu einer doppelten Erfassung dieses Aspekts führen.
66Daneben spricht der binnensystematische Vergleich der Anwendung der Fußnote bei Hoch- und bei Tiefgaragen gegen eine Berücksichtigung der Stellplatzfläche des Parkdecks. Die identische Berechnung der Brutto-Grundfläche bei Hoch- und Tiefgaragen legt nahe, dass der Gesetzgeber bei Schaffung der typisierten Berechnungsanordnung von vergleichbarem (üblichem) Herstellungsaufwand ausging, der sich lediglich über die höheren Regelherstellungskosten einer Tiefgarage unterscheidet. Insofern ist zu berücksichtigen, dass Stellplätze auf einem Parkdeck ohne großen Aufwand geschaffen werden können. Eine statische Verstärkung der Decke sowie eine Absturzsicherung genügen. Eine vergleichbare Möglichkeit, ohne großen Aufwand bei einer Tiefgarage Stellplatzfläche zu schaffen, erkennt der Senat nicht.
67Auch der Vergleich zu den einführenden Aussagen der Anlage 24 zum Begriff der Brutto-Grundfläche (Teil I.) stützt das Ergebnis der systematischen Auslegung. Danach sind ebenso nur überdachte Flächen der Berechnung der Brutto-Grundfläche zugrunde zu legen, das Parkdeck folglich nicht. Darüber hinaus ergibt die systematische Betrachtung der Anlage 24, dass in Teil I. die Brutto-Grundfläche definiert wird und durch die nachstehenden Absätze die Definition nicht modifiziert, sondern lediglich eine vereinfachte Berechnung der definierten Brutto-Grundfläche unter Anderem unter Teil II. 4. (Wohnungseigentum und vergleichbares Teileigentum in Mehrfamilienhäusern (ohne Tiefgaragenplatz) / Mehrfamilienhäuser) sowie unter der hier einschlägigen Fußnote 4 angeordnet wird.
68Letztlich führt auch der systematische Vergleich zu anderen Gebäudearten, bei denen hinsichtlich des Dachs ein aufwendiger Standard aufgrund eines befahrbaren Flachdachs von der Anlage 24 vorgesehen wird, zu keinem anderen Ergebnis. Für die Gebäudearten 5.2–6.1 Banken und ähnliche Geschäftshäuser, Bürogebäude/Verwaltungsgebäude, 7.1–8.3 Gemeindezentren/Vereinsheime, Saalbauten/Veranstaltungsgebäude, Kindergärten, Schulen und 9.1–11.1 Wohnheime, Alten-/Pflegeheime, Krankenhäuser, Tageskliniken, Beherbergungsstätten, Hotels, Verpflegungseinrichtungen ist ebenfalls ein Parkdeck einzig über den Gebäudestandard des Bauteils „Dach“, „befahrbares Flachdach“, zu erfassen. Die Brutto-Grundfläche wird hinsichtlich des unter dem befahrbaren Flachdach gelegenen Gebäudekörpers nach Maßgabe der Anlage 24 Teil I. Nr. 1 ermittelt. Das Dach als solches bleibt als „nicht überdeckter Bereich c)“ bei der Brutto-Grundflächenberechnung bei anderen Gebäudearten unberücksichtigt.
69(4) Auch die historische Betrachtung der Norm bestätigt das gefundene Auslegungsergebnis. So hieß es noch in der vom 01.01.2012 bis zum 05.11.2015 geltenden Fassung der Anlage 24 Teil I. Abs. 2, dass nicht nutzbare Dachflächen nicht zur Brutto-Grundfläche gehören. Nach dem damaligen Wortlaut hätte man zu dem Auslegungsergebnis kommen müssen, dass eine mit einem Parkdeck nutzbare Dachfläche der Brutto-Grundfläche hinzuzurechnen ist. Durch die Streichung dieses Absatzes zum 06.11.2015 (Steueränderungsgesetz 2015, Bundesgesetzblatt 2015 Teil I Nr.43) und der Normierung, dass nicht überdachte Flächen als „Bereich c)“ grundsätzlich nicht erfasst werden, hat der Gesetzgeber nach Einschätzung des Senats die Einbeziehung benutzbarer Dachflächen in die Ermittlung der Brutto-Grundfläche aufgegeben. Dies gilt folgerichtigerweise auch für Hochgaragen mit einem Parkdeck. Die erstmalig eingefügte Fußnote zur typisierten Brutto-Grundflächenberechnung galt nach der damaligen Rechtslage nur für Tiefgaragen, nicht jedoch für Parkhäuser in geschlossener oder offener Ausführung.
70(5) Schließlich gebietet auch die teleologische Auslegung der Fußnote 4 zu Anlage 24 nicht, die Stellplatzfläche auf dem Parkdeck in die Brutto-Grundflächenberechnung mit einzubeziehen.
71Zwar ist der Sinn und Zweck der Fußnote 4 zu Anlage 24 die Berechnung der Brutto-Grundfläche typisierend zu vereinfachen. Dazu wird die tatsächliche Stellplatzfläche mit dem Faktor 1,55 multipliziert um damit Verkehrsflächen (Außenmaße, Fahrspuren, Ausgänge, Notwege, Wartungsräume, Auffahrten, Treppenhäuser u. V. m.) bei der Brutto-Grundflächenberechnung zu berücksichtigen. Eine entsprechende, der Vereinfachung der Flächenermittlung dienende Berechnungsregelung darf jedoch nicht das Maß der Folgerichtigkeit verlassen. Dies wäre indes der Fall, würde man typisiert für das Parkdeck ebenfalls die Regelherstellungskosten eines Vollgeschosses ansetzen. Das Parkdeck bedarf keiner weiteren Bauteile. Es kommt mit Ausnahme der Absturzsicherung, welche nicht die Mindestanforderungen an das Bauteil „Wand“ erfüllt, und des Bodens, welcher zugleich auch bereits über das Bauteil „Dach“ abgebildet wird, ohne Bauteile und Bauprodukte aus.
724. Bei Anlegung dieser Maßstäbe ergibt sich ein Grundbesitzwert von 1.137.871,- EUR.
73Die Regelherstellungskosten von 450,- EUR/m² sind mit dem Baupreisindex für das Jahr 2016 von 111,4 % zu multiplizierten, sodass die abgerundeten Regelherstellungskosten 501,- EUR/m² betragen. Multipliziert mit der Bruttogrundfläche von 3.672 m² ergibt sich ein Gebäuderegelherstellungswert von 1.839.672,- EUR. Abzüglich der Alterswertminderung für 15 von 40 Jahren (37,5%) i. H. v. 689.877,- EUR beträgt der Gebäudesachwert 1.149.795,- EUR. Unter Einbeziehung des Bodenwerts von 475.735,- EUR und der Wertzahl, gem. Anlage 25 zum BewG in der zum Stichtag geltenden Fassung, von 0,7 beträgt der Grundbesitzwert 1.137.871,- EUR.
74III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1, Abs. 3 i. V. m. § 139 Abs. 4 FGO. Die Beigeladene hat keine eigenen Anträge gestellt.
75IV. Gründe für die Zulassung der Revision i. S. d. § 115 Abs. FGO liegen nicht vor.
76V. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
77[…] […] […]