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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
2Zu entscheiden ist, ob Pflegegelder für die Betreuung von Kindern und Jugendlichen steuerfreie Beihilfen zur unmittelbaren Förderung der Erziehung gemäß § 3 Nr. 11 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr 2017 maßgebenden Fassung (EStG) sind.
3Der Kläger ist Dipl.-Sozialarbeiter, Heilpädagoge, Traumatherapeut und Supervisor. Er betrieb von 2010 bis 2021 eine heilpädagogische Jugendhilfeeinrichtung, die nach der Betriebserlaubnis gemäß § 45 Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) vom 20.03.2014 (gültig ab dem 01.12.2010) fünf Betreuungsplätze umfasste und als andere Einrichtung i. S. des § 34 SGB VIII einzuordnen war, in der der Kläger Hilfen zur Erziehung in Form von Heimerziehung und sonstigen betreuten Wohnformen anbieten durfte. Die für das Streitjahr maßgebende Betriebserlaubnis umfasste vier Betreuungsplätze mit einem Regelangebot für Kinder ab sechs Jahren in der Wohngruppe „T“ in der A-Straße 1 in L und einen Betreuungsplatz mit einer Sondervereinbarung in einer Pflegestelle in der B-Straße 2 in G (Betreuungsstelle D), die an die am 20.03.2014 bestehende Belegung gebunden und dahingehend befristet war. Aufgrund des Wegfalls der Pflegestelle in G am 01.02.2018 wurde die Betriebserlaubnis des Klägers am 02.05.2018 (gültig ab dem 01.02.2018) verändert und auf die vier Betreuungsplätze in der Wohngruppe im A-Straße 1 in L begrenzt. Für die seit dem 02.07.2010 bestehende Einrichtung des Klägers im A-Straße 1 in L war nach der Betriebserlaubnis vom 20.03.2014 ein Betreuungsschlüssel von 1:2 festgelegt worden, sodass die vier Betreuungsplätze mit zwei Vollzeitfachkräften betrieben werden mussten.
4Das Haus des Klägers in L, das er mit bis zu vier Kindern bewohnte, hat eine Nutzfläche von 290 qm und befindet sich auf einem 2.400 qm großen Grundstück. Jedem Kind stand ein Einzelzimmer zur Verfügung. Zudem teilten sich die maximal vier Kinder zwei Badezimmer. Das Wohnzimmer, die Küche und das Esszimmer wurden gemeinsam genutzt. Der Kläger nutzte einen 43 qm großen, nicht vom restlichen Wohnbereich abgetrennten Bereich mit einem Schlafzimmer, einem Badezimmer und einem Flur. Auf dem Grundstück befinden sich zudem ein Nutzgarten und ein Außenschwimmbad. Im Anbau des Hauses stehen eine Sauna, ein Partyraum und Abstellmöglichkeiten zur Verfügung. Einkäufe, Mahlzeiten, Freizeitaktivitäten und Wäschewaschen fanden gemeinschaftlich statt. Einmal im Jahr bot der Kläger für die von ihm betreuten Kinder und Jugendlichen ferner einen gemeinsamen Urlaub an.
5Bereits seit der Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit hatte der Kläger eine Sozialpädagogin, Frau N, in Vollzeit als Fachkraft angestellt, die ihn tagsüber täglich in seiner Einrichtung im A-Straße 1 in L unterstützte. Nachts betreute der Kläger die Kinder allein. Der Kläger beschäftigte in der Einrichtung im A-Straße 1 in L zudem eine Reinigungskraft, Frau E.
6Darüber hinaus hatte er Frau K als Integrationskraft angestellt, deren ausschließliche Aufgabe in der schulischen Betreuung und Begleitung eines vom Kläger aufgenommenen Kindes, und zwar O, lag. Im Übrigen war Frau K in die Erziehung der Kinder und Jugendlichen nicht involviert.
7Während des Streitzeitraums betreute der Kläger drei Kinder, und zwar vom 02.07.2010 bis zum 14.07.2019 V (geboren im Jahr 2000), vom 12.10.2010 bis zum 06.02.2020 U (geboren im Jahr 2002) und vom 03.04.2014 bis zum 22.01.2018 M (geboren im Jahr 2003), dauerhaft bei sich in der Wohngruppe im A-Straße 1 in L. Ferner lebte vom 15.05.2012 bis zum 31.05.2017 O (geboren im Jahr 2006) in der Einrichtung des Klägers.
8Für die vom Kläger erbrachte Hilfe nach § 34 SGB VIII (Heimerziehung, sonstige betreute Wohnform) erteilte die Stadt P am 01.07.2010 eine Kostenzusage für V. Danach wurden die entstandenen Kosten für V seit dem 02.07.2010 aus Jugendhilfemitteln getragen.
9Am 20.10.2010 sprach die Stadt D als örtlich zuständiger Jugendhilfeträger für die vom Kläger erbrachte Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 34 SGB VIII eine Kostenübernahmezusage für U ab dem 12.10.2010 gemäß der Entgeltvereinbarung aus, die das Pflegesatz-Regelentgelt, ein altersentsprechendes Taschengeld sowie Bekleidungsgeld umfasste. Sonderleistungen waren gesondert zu beantragen.
10Im Weiteren erteilte die Stadt F für M am 08.05.2014 eine Kostenübernahmezusicherung bezogen auf das Normal-/Regelangebot. Hiernach war der Kläger berechtigt, die entstehenden Kosten und, soweit nicht im Leistungsentgelt enthalten, Taschengeld und Bekleidungspauschale der Stadt F in Rechnung zu stellen. Anerkannt wurden die täglichen Kosten, das Taschengeld und die Bekleidungspauschale, die gemäß den Bestimmungen der §§ 78b ff. SGB VIII mit dem jeweiligen zuständigen örtlichen Träger der Jugendhilfe oder im Einzelfall mit der Stadt F vereinbart wurden. Die Kostengarantie galt längstens bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs.
11Für O erhielt der Kläger von der Stadt S – neben weiteren nicht vorliegenden Kostenübernahmezusagen – für die Zeit vom 01.09.2016 bis zum 31.08.2017 am 14.07.2016 eine Kostenzusage. Hiernach wurden die Unterbringungs- und Betreuungskosten zum Tagessatz von seinerzeit 142,58 € zuzüglich Zusatzkraft von 75,88 € übernommen.
12Weitere gesonderte Verträge schloss der Kläger für die von ihm angebotenen Maßnahmen nach § 34 SGB VIII mit den Jugendämtern nicht ab.
13Seine Betreuungsleistungen rechnete der Kläger monatlich mit den Jugendämtern ab. Für Januar 2017 und Dezember 2017 legte er im Verwaltungsverfahren beispielhaft die Rechnungen für die betreuten Kinder M, V und U vor und stellte hierin die Tagessätze für die Regelbetreuung, das Taschengeld sowie das Bekleidungsgeld mit Verweis auf § 34 SGB VIII insgesamt in folgender Höhe in Rechnung:
14Januar 2017 - Tagessätze - Bekleidungsgeld - Taschengeld Gesamt |
Dezember 2017 - Tagessätze - Bekleidungsgeld Taschengeld Gesamt |
|
M (geboren 2003) |
- X € - X € - X € X € |
- X € - X € - X € X € |
V (geboren 2000) |
- X € - X € - X € X € |
- X € - X € - X € X € |
U (geboren 2002) |
- X € - X € - X € X € |
- X € - X € - X € X € |
Des Weiteren legte der Kläger im Verwaltungsverfahren auszugsweise Rechnungen des Jahres 2017 für O vor.
16Während des Klageverfahrens reichte der Kläger für die von ihm betreuten Kinder U, V und M sämtliche Monatsabrechnungen des Streitjahres sowie für O Monatsrechnungen für Januar 2017 bis Mai 2017 ein, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.
17Die monatlichen Pauschalbeträge bei Vollzeitpflege, die den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten der Erziehung umfassten, betrugen im Streitjahr vom vollendeten 7. Lebensjahr bis zum vollendeten 14. Lebensjahr 844,00 € (materielle Aufwendungen i. H. von 596,00 €, Kosten der Erziehung i. H. von 248,00 €) und ab dem vollendeten 14. Lebensjahr bis zum vollendeten 18. Lebensjahr 974,00 € (materielle Aufwendungen i. H. von 726,00 €, Kosten der Erziehung i. H. von 248,00 €). Insoweit wird auf den Runderlass des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport -313 – 3.6008.02.01 – vom 23.12.2016 (Ministerialblatt [MBl.] NRW, Ausgabe 2016 Nr. 35 vom 30.12.2016, Seiten 867 bis 878) für „Pauschalbeträge bei Vollzeitpflege und Barbeträge gemäß § 39 SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe“ verwiesen.
18Das monatliche Taschengeld, das die Jugendlichen zur persönlichen Verfügung vom Kläger erhielten, stellte er den Jugendämtern in den vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) mit Rundschreiben vom 22.12.2016 (Rundschreiben Nr. 38/2016) für 2017 festgelegten Beträgen, und zwar im 14. Lebensjahr mit 40,90 €, im 15. Lebensjahr mit 47,90 €, im 16. Lebensjahr mit 52,40 €, im 17. Lebensjahr mit 62,30 € sowie im 18. Lebensjahr mit 66,80 € in Rechnung.
19Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung 2017 erklärte der Kläger einen Gewinn aus seiner selbständigen Tätigkeit i. H. von X €, der sich nach der eingereichten Gewinnermittlung wie folgt verteilt:
202017 |
Beratung Pflege-familien |
Pflegestelle G |
Integra-tionskraft |
Wohngruppe L |
Gesamt |
Ein-nahmen |
X € |
X € |
X € |
X € (darin enthalten: Erlöse aus Betreuung X €) |
X € |
Gewinn |
X € |
X € |
X € |
X € |
X € |
Den Gewinn aus seiner selbständigen Tätigkeit deklarierte der Kläger unter Verweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 05.11.2014 (VIII R 29/11, Bundessteuerblatt [BStBl] II 2017, 432) als gemäß § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei.
22Mit Einkommensteuerbescheid vom 24.10.2018 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2017 auf X € fest. Den erklärten Gewinn aus der selbständigen Tätigkeit des Klägers behandelte er in voller Höhe als steuerpflichtig. Das BFH-Urteil vom 05.11.2014 (VIII R 29/11, BStBl II 2017, 432) sei im Streitfall nicht anwendbar.
23Den hiergegen am 13.11.2018 erhobenen Einspruch, mit dem der Kläger – einschränkend zu seiner Einkommensteuererklärung – nur noch die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 11 EStG der Einnahmen aus dem Betrieb der Wohngruppe in L begehrte, wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 31.05.2019 als unbegründet zurück. Die Anwendung des § 3 Nr. 11 EStG orientiere sich an den tatsächlichen Verhältnissen der konkreten Unterbringung. Die sozialrechtliche Einordnung entfalte keine Tatbestandswirkung. Privathaushalte der Betreuungspersonen seien zwar in der Regel keine Einrichtungen i. S. des § 34 SGB VIII. Im Einzelfall könnten sie jedoch sogenannte familienangelehnte Wohngruppen darstellen. Dies gelte insbesondere, wenn zusätzlich pädagogisch ausgebildete Fachkräfte beschäftigt werden. Obwohl der Kläger in dem Haus in L selbst lebe, stelle die Wohngruppe eine Einrichtung i. S. des § 34 SGB VIII dar, weil der Kläger eine Sozialpädagogin angestellt habe. Der Kläger könne die Kinder ohne die Anstellung einer Fachkraft aufgrund des Betreuungsschlüssels von 1:2 nicht betreuen. Die vom Kläger erzielten Einnahmen aus der Wohngruppe in L umfassten und ersetzten auch die Personal- und Sachkosten. Der Kläger erhalte von den Jugendämtern mehr als das 4,5-fache der Pauschalbeträge für eine Vollzeitpflege in einer Pflegefamilie i. S. des § 33 SGB VIII. Unerheblich sei, dass nicht mehr als sechs Kinder betreut werden, denn die Regelung, dass bei einer Betreuung von bis zu sechs Kindern in der Regel ohne weitere Prüfung davon auszugehen ist, dass die Pflege nicht erwerbsmäßig betrieben wird, gelte nur bei einer Vollzeitpflegestelle i. S. des § 33 SGB VIII. Dies sei hier zu verneinen.
24Mit seiner am 02.07.2019 erhobenen Klage macht der Kläger geltend, die ihm gewährten Gelder unterlägen der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG. Sie hätten keinen Vergütungscharakter und dienten unmittelbar der Förderung der Erziehung.
25Die Abgrenzung zwischen der Kindervollzeitpflege und der Einrichtung eines betreuten Wohnens im Privathaushalt des Erziehers habe nach den tatsächlichen Verhältnissen zu erfolgen.
26Steuerlich betreibe er, auch wenn es sich sozialrechtlich um eine Einrichtung nach § 34 SGB VIII handele, eine Vollzeitpflegestelle i. S. des § 33 SGB VIII. Der BFH habe in seiner Entscheidung vom 05.11.2014 (VIII R 29/11, BStBl II 2017, 432) zur Überlassung eines Zimmers im Privathaushalt befunden, es liege kein institutionalisierter Rahmen i. S. einer stationären Betreuung über Tag und Nacht vor.
27Die Bezüge hätten Beihilfecharakter, da in seinem Falle der sachliche und zeitliche Aufwand der Pflegeperson ersetzt werde. Die Erziehung werde auch dann unmittelbar gefördert, wenn der Erzieher der Notwendigkeit enthoben werde, für seinen Lebensunterhalt zu sorgen. Durch die Zahlung der Jugendämter werde er, der Kläger, in die Lage versetzt, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten und sich in vollem Umfang der Erziehung zu widmen. Eine Erwerbstätigkeit werde nur vermutet, wenn mehr als sechs Kinder betreut würden.
28Er, der Kläger, betreue die Kinder im Wesentlichen persönlich. Die betreuten Kinder seien in seinen Haushalt aufgenommen und es liege eine familienähnliche Wohnsituation vor. Die Mahlzeiten erfolgten in der Gemeinschaft, es gebe gemeinsame Freizeitaktivitäten und auch Urlaube würden im „Familienverbund“ durchgeführt.
29Er, der Kläger, habe zwar eine Mitarbeiterin, Frau N. Gegen das Vorliegen einer Heim- oder anderen vergleichbaren Einrichtung spreche jedoch, dass die Mitarbeiterin seit dem Beginn seiner selbständigen Tätigkeit im Jahr 2010 ununterbrochen bei ihm angestellt sei und es keinen ständigen Wechsel bei den Erziehern gebe.
30Die speziell für O von ihm persönlich angestellte Integrationskraft, Frau K, sei nicht mit erzieherischen Aufgaben betraut gewesen. Sie habe O lediglich schulisch begleitet. Das zwischen ihm, dem Kläger, und Frau K begründete Arbeitsverhältnis beruhe auf der Vermeidung von Abstimmungsproblemen. Da die Schulträger selbst keine Integrationskräfte beschäftigten, komme es vielfach zu Schwierigkeiten, die er habe vermeiden wollen. Die Stadt S habe – wie sich aus der Kostenzusage und den Rechnungen ergebe – auch Leistungen für die Integrationskraft als Zusatzkraft bewilligt.
31Bezogen auf die Einrichtung A-Straße 1 in L sei er, der Kläger, sowohl Träger als auch Leiter der Einrichtung. Als Träger der Einrichtung hätte er, der Kläger, nach der Betriebserlaubnis zwar eine andere Person als Leiter der Einrichtung anstellen können. Sein Betreuungskonzept sei jedoch darauf ausgerichtet gewesen, dass er die Kinder und Jugendlichen persönlich betreue und daher auch als Leiter der Einrichtung fungiere.
32Dass seine Pflegestelle als Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII zu qualifizieren sei, zeige sich unter anderem an der engen Beziehung, die er, der Kläger, zu den von ihm betreuten Kindern und Jugendlichen habe aufbauen können. Er habe die Betreuung von O im Jahr 2017 auf Anraten der Jugendpsychiater abbrechen müssen. O habe aber bis heute noch Kontakt zu ihm. Auch zu V und U habe er noch Kontakt.
33Ihm, dem Kläger, seien die Kinder und Jugendlichen zugewiesen worden, weil er durch seine vor der Selbstständigkeit X Jahre lang ausgeübte Tätigkeit in einem Kinderheim [ ] bei den verschiedenen Jugendämtern bekannt gewesen sei und dort zum Teil sehr gute Kontakte gehabt habe. Der allgemeine soziale Dienst der Jugendämter sei auf ihn, den Kläger, zugekommen, wenn er ein Kind haben vermitteln wollen. Zuerst habe er ein Vorgespräch mit den Sachbearbeitern des allgemeinen Sozialdienstes des Jugendamts geführt. Im Anschluss habe ein erstes Kontaktgespräch zwischen ihm, dem Kläger, den Vertretern des Jugendamts, dem aufzunehmenden Kind und dessen Sorgeberechtigen stattgefunden, um herauszufinden, ob eine Aufnahme in der Wohngruppe in L für das Kind in Betracht komme. Für die Aufnahme in seiner Wohngruppe habe dann der Sachbearbeiter des Jugendamts den Vertrag vorbereitet. Die Kostenzusage sei dann von der wirtschaftlichen Jugendhilfe, einer anderen Abteilung innerhalb des Jugendamts, erteilt worden. Die Kostenzusage der wirtschaftlichen Jugendhilfe sei letztlich der Vertrag, der die Aufnahme des Kindes bei ihm legitimiert habe.
34Er, der Kläger, habe die Kinder und Jugendlichen bis zu deren Volljährigkeit aufnehmen wollen. Dies sei auch das Ziel der Vertreter des Jugendamts gewesen, die die Kinder an ihn vermittelt hätten. Bereits im Rahmen des Erstgesprächs sei das Verbleiben bis zum Eintritt der Volljährigkeit auch gegenüber dem Kind und dessen Sorgeberechtigten kommuniziert worden. Demgegenüber seien die Kostenzusagen der wirtschaftlichen Jugendhilfe immer zeitlich befristet gewesen. Dies beruhe darauf, dass die Kostenzusagen immer an einen Hilfeplan gekoppelt seien, der in der Regel ein Jahr Gültigkeit habe. Mit Blick auf die Kostenzusagen als Vertragsgrundlage für die Aufnahme der Kinder habe es daher stets nur die an den Hilfeplänen orientierten Abschnitte der Aufnahme der Kinder gegeben.
35Im Rahmen einer Heimerziehung, d. h. der Aufnahme in ein größeres Kinderheim, sei die Dauer der Aufnahme von vornherein auf Vorläufigkeit angelegt. Das Ziel dort sei, die Kinder möglichst schnell wieder in die Herkunftsfamilie zu integrieren.
36In seiner Einrichtung sei es zwar das Ziel gewesen, die Kinder bis zur Volljährigkeit zu betreuen. Dennoch habe er, der Kläger, bezogen auf die in L von ihm betreuten Kinder Elternarbeit betrieben. Er habe den Kontakt zu den leiblichen Eltern wiederherstellen bzw. beibehalten wollen und es habe sich ein intaktes Eltern-Kind-Verhältnis entwickeln sollen.
37Zu den Kostensätzen, die der Kläger den belegenden Jugendämtern monatlich in Rechnung gestellt hat, trägt der Kläger vor, er habe die Kostensätze mit dem örtlichen Jugendamt, dem Jugendamt L, ausgehandelt. Die Kostensätze würden grundsätzlich durch das örtliche Jugendamt in Zusammenarbeit mit dem Träger der Einrichtung ermittelt und festgelegt. In dem Tagessatz seien Personalkosten, angelehnt an den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst, sowie Sachkosten enthalten. Die Tagessätze würden auf der Grundlage von bis zu 25 verschiedenen Kostenbausteinen festgelegt. Die Berechnung sei sehr detailliert.
38Bei Pflegefamilien mit einer Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII würden die Pflegesätze ebenfalls gesondert zusammen mit den örtlichen Jugendämtern ermittelt. Hierbei werde auch die Schwere des Falles berücksichtigt. In diesen Familien seien die Kinder aber oft nur zwischen einem halben und drei Jahren alt, so dass es kaum besonders schwierige Fälle gebe. Darüber hinaus würde im Rahmen der Festlegung der Kostensätze mehr mit Pauschalen gearbeitet, sodass die Ermittlung der Kostensätze wesentlich weniger aufwendig sei, als bei einer Pflegestelle nach § 34 SGB VIII.
39In Pflegefamilien mit einer Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII würden in der Regel jüngere Kinder bis maximal zum Vorschulalter untergebracht. Für ältere Kinder sei es kaum möglich, diese in Pflegefamilien unterzubringen. Diese Kinder würden daher überwiegend in Pflegestellen nach § 34 SGB VIII aufgenommen.
40Hervorzuheben sei aus der Sicht des Klägers ferner der Unterschied von Einrichtungen, wie er sie betreibe, und größeren Kinderheimen. In größeren Kinderheimen bestehe immer eine gewisse Unverbindlichkeit. Diese ergebe sich bereits aus dem ständigen Personalwechsel.
41Soweit der allgemeine Sozialdienst der Jugendämter der Auffassung sei, ein älteres Kind sei besser in einer familienähnlichen Situation aufgehoben, als in einem großen Kinderheim, suchten die Mitarbeiter nach Einrichtungen, wie er sie betreibe.
42Er, der Kläger, habe sich bewusst entschieden, nicht mehr als vier Kinder aufzunehmen, da er ein familienähnliches Umfeld habe schaffen wollen. Seine Einrichtung solle sich bewusst von einem großen Kinderheim abgrenzen.
43Der allgemeine Sozialdienst des Jugendamts habe ein Kind an ihn vermittelt, weil er dort bekannt gewesen sei und die Mitarbeiter der Ansicht gewesen seien, er, der Kläger, könne ein bestimmtes Kind gut betreuen. Die Sachbearbeiter des Jugendamts seien an ihn als Person herangetreten und hätten ihn für ein bestimmtes Kind ausgesucht. Nach der Betriebserlaubnis habe es demgegenüber keine direkte Verbindung zu ihm als Person gegeben. Er hätte als Träger der Einrichtung auch einen anderen Leiter der Einrichtung einstellen können.
44Der Kläger beantragt,
45den Einkommensteuerbescheid 2017 vom 24.10.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.05.2019 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus seiner selbständiger Tätigkeit teilweise, und zwar i. H. von X €, d. h. die vom Kläger betriebene Wohngruppe in L betreffend, gemäß § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei gestellt werden,
46hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
47Der Beklagte beantragt,
48die Klage abzuweisen.
49Zur Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, bei der vom Kläger geführten Wohngruppe in L handele es sich um eine sonstige betreute Wohnform i. S. des § 34 SGB VIII. Die Einrichtung biete einen institutionalisierten Rahmen für die stationäre Betreuung über Tag und Nacht. Da die Wohngruppe bereits seit dem Jahr 2010 bestehe, sei diese auch auf eine gewisse Dauer angelegt.
50Der Beklagte hebt weiter hervor, der Kläger werde von einer Fachkraft in Vollzeit sowie einer Haushaltshilfe unterstützt.
51Aufgrund der Anstellung der weiteren Fachkraft sei die Wohngruppe in L nicht mit einer Pflegefamilie vergleichbar.
52Zudem seien weder der Kläger noch die weitere Fachkraft namentlich in der Betriebserlaubnis erwähnt, sodass die Betreuung der Kinder und Jugendlichen nicht zwingend durch den Kläger erfolgen müsse. Die Wohngruppe bestehe unabhängig von der Person des konkret betreuten Kindes und unabhängig von der Person der konkret betreuenden Fachkraft.
53Im Streitfall liege eine erzieherische Tätigkeit auf der Basis eines entgeltlichen Austauschgeschäfts vor.
54Die Kinder und Jugendlichen seien dem Kläger nicht unmittelbar persönlich zugewiesen worden. Sie seien an die Einrichtung, dessen Träger der Kläger gewesen sei, vermittelt worden. Eine konkrete Zuordnung zum Kläger oder der von ihm angestellten Fachkraft sei nicht erfolgt.
55Die Berichterstatterin hat am 17.09.2024 einen Erörterungstermin durchgeführt. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen. Im Anschluss haben die Beteiligten übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
56Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie die Verfahrensakte Bezug genommen.
57Entscheidungsgründe
58Der Senat entscheidet im Einvernehmen der Beteiligten nach § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung.
59Die Klage ist unbegründet.
60Der Einkommensteuerbescheid 2017 vom 24.10.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.05.2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
61Die im Streitjahr an den Kläger gezahlten Pflegegelder i. H. von X € sind nicht gemäß § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei.
621. Gemäß § 3 Nr. 11 EStG sind u. a. Bezüge aus öffentlichen Mitteln steuerfrei, die als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung unmittelbar zu fördern. Ersetzen die Pflegegeldzahlungen den sachlichen und zeitlichen Aufwand der Pflegeeltern nicht und ist dies auch nicht beabsichtigt, sind sie als steuerfreie Beihilfe i. S. des § 3 Nr. 11 EStG anzusehen. Am Charakter einer Beihilfe i. S. des § 3 Nr. 11 EStG fehlt es hingegen, wenn die Pflegegelder für Erziehungsleistungen gezahlt werden, die im Rahmen eines entgeltlichen Austauschgeschäfts erbracht werden (BFH-Urteile vom 14.07.2020 VIII R 27/18 und vom 30.11.2022 VIII R 13/19, BStBl II 2024, 13).
63Pflegegelder, die an die Betreiber von Einrichtungen und sonstigen Formen betreuten Wohnens i. S. des § 34 SGB VIII gezahlt werden, sind i. d. Regel keine steuerfreien Beihilfen, weil typisierend davon auszugehen ist, dass sie die Sachkosten in angemessenem Umfang ersetzen und die Erziehungsleistungen vergüten (BFH-Urteile vom 23.09.1998 XI R 9/98 und vom 30.11.2022 VIII R 13/19, BStBl II 2024, 13). Die sozialrechtliche Einordnung entfaltet für die Anwendung des § 3 Nr. 11 EStG keine Tatbestandswirkung (dazu BFH, Urteil vom 05.11.2014 VIII R 29/11, BStBl II 2017, 432).
64Eine steuerfreie Beihilfe kann hingegen vorliegen, wenn ein oder auch mehrere Kinder und Jugendliche in den Haushalt der Betreuungsperson aufgenommen und dort betreut werden. Zwar sind Privathaushalte der Erzieher, in denen den Kindern bzw. Jugendlichen ein Zimmer überlassen wird, grundsätzlich keine Einrichtungen i. S. des § 34 SGB VIII. In diesen so genannten Mischfällen kann unter Umständen jedoch – trotz einer familienähnlichen Betreuung – auch von der Betreuung von Kindern und Jugendlichen in einer Einrichtung i. S. des § 34 SGB VIII auszugehen sein (vgl. BFH-Urteil vom 05.11.2014 VIII R 29/11, BStBl II 2017, 432). Insoweit ist nach den Umständen des Einzelfalles zu prüfen, ob die Anzahl der durch die Pflegeperson betreuten Kinder und Jugendlichen oder andere Umstände für eine erwerbsmäßige Betreuung und den Vergütungscharakter der gezahlten Pflegegelder sprechen (BFH-Urteil vom 30.11.2022 VIII R 13/19, BStBl II 2024, 13).
65Im Rahmen der Einzelfallprüfung sind auch die räumlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen zu betrachten. Umstände, die für eine stationäre Betreuung der Kinder bzw. Jugendlichen in einer Einrichtung (Kleinstheim) oder in einer Form des sonstigen betreuten Wohnens i. S. des § 34 SGB VIII sprechen, sind u. a. abgetrennte Wohnbereiche, Gemeinschaftsräume und der Einsatz von Personal. Die Zuweisung der Kinder und Jugendlichen zur persönlichen Betreuung durch einen Erzieher und ihre Unterbringung bei der Pflegeperson können hingegen auf eine Betreuung wie im Rahmen einer Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII hindeuten (BFH-Urteil vom 30.11.2022 VIII R 13/19, BStBl II 2024, 13).
66Bei der Würdigung der Umstände des Einzelfalles kommt ferner auch der Frage Gewicht zu, ob das zu betreuende Kind an die betreuende Person selbst vermittelt wurde, die deshalb umfassend allein persönlich verantwortlich ist – dann ist von einer Vollzeitpflege im Sinne von § 33 SGB VIII auszugehen – oder ob das Kind nicht unmittelbar an die die betreuende Person vermittelt wurde und ob Verantwortung daher in einem formalen Zusammenhang wahrgenommen bzw. mit anderen geteilt wird und angesichts des organisatorischen Hintergrundes gegebenenfalls unabhängig von der betreuenden Person weiterbestehen würde – dann ist vom Bestehen einer Einrichtung oder einer sonstigen betreuten Wohnform im Sinne von § 34 SGB VIII auszugehen (vgl. Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.10.2008 7 A 10444/08 in Bezug genommen durch BFH-Urteil vom 30.11.2022 VIII R 13/19, BStBl II 2024, 13).
672. Unter Würdigung der gesamten Umstände des vorliegenden Streitfalles hat der Kläger im Jahr 2017 die Betreuung der vier Jugendlichen in seinem Privathaushalt im Rahmen eines entgeltlichen Austauschvertrages durchgeführt, sodass die an ihn von den Städten D, P, F und S geleisteten Pflegegelder i. H. von insgesamt X € nicht als steuerfreie Beihilfen i. S. des § 3 Nr. 11 EStG zu qualifizieren sind.
68Dabei verkennt der Senat nicht das – auch vom Beklagten anerkannte – hohe persönliche Engagement des Klägers, u.a. in Gestalt seiner täglichen, 24-stündigen Ansprechbarkeit und das Bestreben, das Zusammenleben im gemeinsamen bewohnten Haus möglichst familiennah auszugestalten, das zu einer engen persönlichen Beziehung und Bindung zwischen dem Kläger und den Kindern geführt hat. Allerdings genügt das Zusammenleben von betreuender Person und betreutem Kind in einem Haushalt allein nicht, um von einer Vollzeitpflege-Konstellation ausgehen zu können, und im Streitfall überwiegen für den Senat zweifelsfrei die Sachverhaltselemente, die gegen eine der Vollzeitpflege vergleichbare Erziehung sprechen.
69Hierfür spricht mit durchgreifendem Gewicht bereits die Vergütungsstruktur. Die an den Kläger gezahlten Pflegegelder, die er mit dem örtlichen Jugendamt L ausgehandelt und den jeweils zuweisenden Jugendämtern in Rechnung gestellt hat, umfassten sowohl Personal- als auch Sachkosten. Die Kosten- bzw. Tagessätze sind mit dem Kläger in seiner Funktion als Träger der Einrichtung ausgehandelt und ermittelt worden. Dies bedeutet, der Kläger ist in diesem Zusammenhang gegenüber dem örtlichen Jugendamt L nicht als Leiter der Einrichtung, sondern als Träger dieser Einrichtung aufgetreten. Die Festlegung der Kostensätze ist demnach auf einer abstrakten Ebene – der Trägerschaft – erfolgt und nicht mit dem Kläger als konkret in der Einrichtung tätiger Erzieher bzw. Leiter der Einrichtung.
70Zudem haben sich die im Kostensatz bzw. Tagessatz enthaltenen Personalkosten am Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst orientiert und sind ggf. bei Änderungen auf der Tarifebene angepasst worden. Die Arbeit des Klägers ist folglich durch einen Kostenanteil abgegolten bzw. entlohnt worden. Insofern liegt hier ein „fiktives Gehalt“ vor; sodass von einem Berechnungsmodus auszugehen ist, der für eine unentgeltliche familiäre Pflege untypisch ist (vgl. schon BFH, Urteil vom 23.09.1998 XI R 9/98, Rn. 21, in Bezug genommen von BFH, Urteil vom 30.11.2022 VIII R 13/19, BStBl II 2024, 13, Rn. 19).
71Ferner ist insoweit zu berücksichtigen, dass in die zusammen mit dem örtlichen Jugendamt für die in der Trägerschaft des Klägers stehende Einrichtung vorgenommene Ermittlung der Kostensätze viele – nach den Angaben des Klägers mehr als 25 – Einzelpositionen eingeflossen sind, und dass die Ermittlung deutlich aufwendiger und detaillierter gewesen ist, als bei der Berechnung der Kostensätze für eine Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII. Bei einer Vollzeitpflegestelle i. S. des § 33 SGB VIII werden nach dem Vortrag des Klägers lediglich vier Positionen und neben den Sachkosten u. a. auch die Fallschwere einbezogen. Die letztgenannte Kostensatzberechnung wird wesentlich pauschaler durchgeführt, während sich die vom Kläger als Träger seiner Einrichtung mit dem örtlichen Jugendamt ausgehandelten Tagesätze sehr detailliert unter Einbeziehung verschiedenster Positionen nach einer rechnerischen Formel ergeben haben. Auch die Höhe der Pauschalen richtete sich im Streitfall nach § 34 i. V. m. §§ 78a ff. SGB VIII und überstiegt die in den Fällen des § 33 SGB VIII gezahlten Pflegegeldpauschalen bei weitem; was – ebenso wie der vom Kläger hierdurch aus der Wohngruppe erzielte erhebliche Gewinn (vgl. dazu BFH, Urteil vom 30.11.2022 VIII R 13/19, BStBl II 2024, 13, Rn. 26) – für einen Vergütungs- bzw. Entgeltcharakter und gerade nicht für eine Beihilfe spricht.
72Hieran wird bereits deutlich, dass es bei den Tagessätzen für die Einrichtung des Klägers vielmehr auf die Abgeltung der entstandenen Personal- und Sachkosten ankam, als bei einer Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass die im Zusammenhang mit einer Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII angewandte Vermutungsregel, dass eine erwerbsmäßige Betreuung nicht vorliegt, wenn nicht mehr als sechs Kinder gleichzeitig in den Haushalt der Pflegeperson aufgenommen und betreut werden (BFH, Urteil vom 30.11.2022 VIII R 13/19, BStBl II 2024, 13 m.w.N.), im Streitfall nicht einschlägig ist.
73Darüber hinaus ist zu bemerken, dass nach der Betriebserlaubnis des Klägers keine konkrete Zuweisung eines Kindes zu ihm als Person erfolgt ist. Er fungierte laut der Betriebserlaubnis lediglich als Träger der Einrichtung. Die Person des Leiters der Einrichtung und der angestellten Fachkräfte war nach der Betriebserlaubnis nicht konkret benannt, sodass der Kläger auf der Grundlage der Betriebserlaubnis einen anderen Leiter für seine Einrichtung (und auch eine andere Fachkraft) hätte anstellen können, ohne dass dies die Zuweisung eines der Kinder bzw. Jugendlichen nach der geltenden Betriebserlaubnis tangiert hätte.
74Der Kläger führt zwar an, die zuweisenden Jugendämter seien immer direkt an ihn als Person herangetreten, wenn sie ein Kind bzw. einen Jugendlichen vermitteln wollten, weil die Sachbearbeiter des Sozialdienstes der Jugendämter ihn persönlich gut kannten. Dem steht jedoch gegenüber, dass es nach der für die Einrichtung des Klägers gültigen Betriebserlaubnis keinen Bezug zu einem konkreten Leiter der Einrichtung gab und die Jugendämter die Kinder bzw. Jugendlichen formal ohne einen Bezug zu einer konkreten Person (Leiter oder angestellte Fachkraft) in die in seiner Trägerschaft stehende Einrichtung vermittelt haben. Dass die Jugendlichen bei einem Wechsel in der Funktion des Leiters seiner Einrichtung von den zuweisenden Jugendämtern aus seiner Einrichtung herausgenommen und anderweitig untergebracht worden wären, ist lediglich eine Vermutung des Klägers, die sich aus der rechtlichen Zuweisungssituation zur Einrichtung nicht ableiten lässt.
75Im Übrigen hat der Kläger hervorgehoben, in Vollzeitpflegestellen nach § 33 SGB VIII könnten überwiegend Kinder im Vorschulalter vermittelt werden und es gebe zudem Kinder und Jugendliche, die das Vorschulalter bereits überschritten haben, für die aus Sicht der Jugendämter eine Unterbringung in einem großen Kinderheim mit Schichtdiensten, häufig wechselndem Personal und einer gewissen Unverbindlichkeit nicht in Betracht komme. Vor diesem Hintergrund ist es aus Sicht des Senats nachvollziehbar, dass der Sozialdienst eines Jugendamtes für ein zu vermittelndes älteres Kind, das nicht in einem großen Kinderheim untergebracht werden soll und das zugleich aufgrund des Alters kaum noch in eine Vollzeitpflege i. S. des § 33 SGB VIII vermittelt werden kann, nach einer alternativen, kleineren Einrichtung i. S. des § 34 SGB VIII sucht und daher auf den Kläger zugekommen ist. Dies liegt nach Auffassung des erkennenden Gerichts im Wesentlichen an dem vom Kläger angebotenen Betreuungsrahmen und Betreuungsumfeld, als an der Person des Klägers selbst.
76Auch die Tatsache, dass der Kläger sich bewusst dafür entschieden hat, die Betreuung der Kinder und Jugendlichen in seinem Privathaushalt durchzuführen und eine familienähnliche Situation zu schaffen, spricht nicht zwangsläufig dafür, dass die Pflegegeldzahlungen im Streitfall als steuerfrei nach § 3 Nr. 11 EStG einzustufen sind. Denn der Kläger selbst hat in seinem Haus einen eigenen, ihm allein vorbehaltenen Rückzugsbereich in einem Flur mit Schlafzimmer und Badezimmer, auch wenn dieser nicht vom übrigen Teil des Hauses abgetrennt ist. Im Übrigen stehen den Kindern bzw. Jugendlichen im Haus des Klägers aber vielfältige Möglichkeiten in Gemeinschaftsräumen zur Verfügung, wie dies auch in größeren Kinderheimen der Fall ist.
77Ferner hat der Kläger sein Angebot zwar auf bis zu vier Plätze begrenzt und sein Wohnhaus nicht so umgebaut, dass mehr Kinder bzw. Jugendliche hätten betreut werden können. Dies hat der Kläger zudem nachvollziehbar damit begründet, ein familienähnliches Umfeld zu schaffen und zu erhalten. Dennoch führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis, da der Kläger bei der Aufnahme von mehr als vier Kindern bzw. Jugendlichen eine weitere Fachkraft hätte anstellen müssen, um den nach der Betriebserlaubnis zulässigen Betreuungsschlüssel einzuhalten. Dies zeigt, dass die Begrenzung auf vier Kinder bzw. Jugendliche nicht allein auf die Schaffung einer familienähnlichen Situation, sondern auch auf der gültigen Betriebserlaubnis beruhte.
78Letztlich spricht auch die Anstellung der Vollzeitkraft – auch wenn diese während der gesamten Zeit nicht gewechselt hat – gegen das Vorliegen einer Vollzeitpflegestelle i. S. des § 33 SGB VIII. Denn die angestellte Vollzeitkraft hätte – wie auch die Person des Leiters der Einrichtung – wechseln können, ohne dass dies einen unmittelbaren sofortigen Einfluss auf die Zuweisung der Jugendlichen gehabt hätte. Ein Wechsel bei den Bezugspersonen wäre erlaubt gewesen. Hinzu kommt, dass der Kläger von der Anstellung einer vollzeitigen Fachkraft Gebrauch gemacht hat, um die durch den Betreuungsschlüssel begrenzte Kapazität – familienuntypisch – zu erweitern.
793. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision ist nicht zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO), da die Entscheidung auf der Grundlage der gefestigten BFH-Rechtsprechung ergeht, der zufolge die Abgrenzung in Mischfällen aufgrund der vorgefundenen Hilfstatsachen nach den Umständen des Einzelfalls zu erfolgen hat. Eine zulassungsrelevante Abweichung vom Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 27.02.2019 2 K 8/19 liegt überdies aufgrund der Unterschiede im Sachverhalt nicht vor.