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Der Beklagte wird unter Aufhebung der Gebührenbescheide vom 29.05.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 03.04.2020 verpflichtet einen gemeinsamen Gebührenbescheid gegenüber allen Klägerinnen und Klägern als Gesamtschuldner in Höhe von X € zu erlassen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerinnen und Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Streitig ist die Frage, ob wegen der Erteilung acht inhaltsgleicher verbindlicher Auskünfte in Bezug auf eine mehrstufige Umstrukturierungsmaßnahme acht Gebührenbescheide oder ein gemeinsamer Gebührenbescheid zu erlassen sind, bzw. ob die festgesetzten Gebühren betragsmäßig zu reduzieren sind.
3Die Klägerinnen und Kläger beantragten erstmals mit Schreiben vom 20.09.2018 (u.a. ohne Angabe der Wohnanschriften der Klägerinnen und Kläger) und final mit Schreiben vom 12.04.2019 (mit Angabe u.a. der Wohnanschriften der Klägerinnen und Kläger) gemeinsam die Erteilung einer verbindlichen Auskunft beim Beklagten. Der Antrag enthielt die Angabe, dass der Sachverhalt von mehreren Personen gleichermaßen verwirklicht werde. Daher werde die Auskunft von mehreren Beteiligten gemeinsam beantragt. Gegenstand des Antrags war eine geplante mehrstufige Umstrukturierungsmaßnahme.
4Die Klägerinnen und Kläger waren teils unmittelbar (H 7, H 8, H 4, H 5, H 6, und H 2) und teils mittelbar (H 1, H 3 und H 2) über die N-GmbH & Co. KG an einer Holdinggeselschaft beteiligt. Die Beteiligungen waren teilweise mit einem Ertragsnießbrauch belastet.
5Um eine Veräußerung der Gesellschaftsanteile an fremde Dritte zu verhindern, wollten die Klägerinnen und Kläger, ohne Aufdeckung stiller Reserven, eine neue GmbH errichten, in der die Gesellschaftsanteile der Klägerinnen und Kläger an der Holdinggesellschaft gebündelt und vinkuliert werden sollten. Hierzu wollten die Klägerinnen und Kläger ihre Anteile an der Holdinggesellschaft zunächst in eine neu zu gründende GmbH & Co. KG einlegen. Anschließend sollte ein Formwechsel der GmbH & Co. KG zur GmbH vollzogen werden.
6Im Antragsschreiben vom 12.04.2019 waren als Antragsteller die Klägerinnen und Kläger namentlich bezeichnet. Der Sachverhalt enthielt Angaben zu den einzelnen Beteiligungsverhältnissen der Klägerinnen und Kläger sowie zu einem Ertragsnießbrauch, mit dem die Beteiligungen teilweise belastet waren. Gegenstand des Auskunftsersuchens waren sechs Rechtsfragen zum geplanten mehrstufigen Umstrukturierungsvorgang. Als Gegenstandswert der verbindlichen Auskunft wurde der maximale Wert von X € angegeben.
7Ziel der Auskunft war die Klärung der Frage, ob die geplante Umstrukturierung ohne Aufdeckung stiller Reserven vollzogen werden konnte.
8Die verbindliche Auskunft wurde im September 2018 vom Beklagten intern dem für die Bearbeitung zuständigen Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung (GKBP) vorgelegt. Die GKBP übersandte mit E-Mail vom 25.10.2018 eine Stellungnahme an den Beklagten, in deren Rahmen sie keine Bedenken gegen die von den Klägerinnen und Klägern vertretene Rechtsauffassung äußerte. Das der E-Mail vom 25.10.2018 beigefügte Schreiben der GKBP, auf das wegen seines Inhalts Bezug genommen wird, enthielt einen einheitlichen Entwurf zur Bescheidung der verbindlich Auskunft und Beantwortung der sechs steuerrechtlichen Rechtsfragen. Auf die individuellen Situationen der Klägerinnen und Kläger sowie ihre abweichenden Beteiligungsverhältnisse ging das Schreiben der GKBP nicht ein.
9Im Anschluss an einen zwischen dem Beklagten und dem Prozessbevollmächtigten geführten Briefwechsel sowie geführten Telefonaten teilte der Beklagte mit Schreiben vom 03.12.2018 mit, dass beabsichtigt sei, für jede gesondert zu erteilende Auskunft der insgesamt acht Anträge jeweils eine Gebühr gegenüber den einzelnen Antragstellerinnen und Antragsteller festzusetzen, wobei sich die Höhe nach dem Gegenstandswert berechne.
10Nach Eingang des finalen Antrags auf verbindliche Auskunft vom 12.04.2019 erklärte die GKBP mit E-Mail vom 06.05.2019, dass die verbindliche Auskunft in der beabsichtigen Form (E-Mail vom 25.10.2018) erteilt werden könne.
11Der Beklagte erteilte mit Schreiben jeweils vom am 29.05.2019 zunächst acht inhaltsgleiche verbindliche Auskünfte gegenüber den Klägerinnen und Klägern, die vom Wortlaut her jeweils dem Schreiben der GKBP vom 25.10.2018 entsprechen. Aufgrund eines Formfehlers erteilte der Beklagte am 28.06.2019 erneut acht identische, korrigierte verbindliche Auskünfte gegenüber den Klägerinnen und Klägern.
12Mit Gebührenbescheiden jeweils vom 29.05.2019 setzte der Beklagte gegenüber den Klägerinnen und Klägern ausgehend von dem Höchstwert (X €) jeweils Gebühren in Höhe von X € fest. Erwägungen zur Möglichkeit der Reduktion der Gebühren gem. § 89 Abs. 7 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) enthielten die Gebührenbescheide nicht.
13Hiergegen wandten sich die Klägerinnen und Kläger mit Einsprüchen vom 26.06.2019. Im Rahmen der Einsprüche begehrten die Klägerinnen und Kläger den Erlass eines gemeinsamen Gebührenbescheids über X €, hilfsweise unter Berufung auf § 89 Abs. 7 Satz 1 AO die Herabsetzung der festgesetzten Gebühr auf jeweils X €.
14Mit Schreiben vom 26.08.2019 teilte der Beklagte mit, dass er den Einsprüchen nicht entsprechen könne. Dabei wies der er darauf hin, dass eine Minderung des Gebührenwertes nicht in Betracht komme, da das Interesse an der Rechtssicherheit wegen der Höhe der stillen Reserven so sehr überwiege, dass dem Zeitaufwand keine Bedeutung bei der Gebührenfestsetzung beizumessen sei. In diesem Zusammenhang erinnerte der Beklagte daran, dass dem Vorschlag des Finanzamtes, die Zahl der Anträge zu beschränken, mit der Begründung nicht gefolgt worden sei, dass wegen der außerordentlichen Höhe der übertragenen Werte der Rechtssicherheit für jede einzelne Antragstellerin und jeden Antragsteller der absolute Vorrang vor den niedrigeren Gebührenbeträgen einzuräumen sei.
15Nach weiterer Erörterung der Einsprüche mit Schreiben vom 13.02.2010 wies der Beklagte die Einsprüche mit Einspruchsentscheidungen vom 03.04.2020 als unbegründet zurück. Im Rahmen der Einspruchsentscheidungen führte der Beklagte unter anderem aus, dass die Aufnahme von Ermessenserwägungen in die Gebührenbescheide nicht erforderlich gewesen sei, da im Vorfeld ausführliche Erörterungen über die Gebührenfestsetzung stattgefunden hätten. Das Erlangen der besonderen Bindungswirkung des § 89 Abs. 2 AO sei nur im Zusammenhang mit einer Gebührenfestsetzung gegenüber jedem einzelnen Antragsteller möglich. Da das Interesse an der Rechtssicherheit wegen der Höhe der stillen Reserven so sehr überwiege, dass dem Zeitaufwand des Finanzamtes keine Bedeutung bei der Gebührenfestsetzung beizumessen sei, sei eine Minderung der Gebührenfestsetzung vorliegend nicht möglich. Auch die Voraussetzungen des § 89 Abs. 7 Satz 1 AO seien nicht erfüllt. Die Festsetzung von acht Gebühren sei weder sachlich noch persönlich unbillig.
16Gegen die Gebührenbescheide vom 29.05.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 03.04.2020 wenden sich die Klägerinnen und Kläger mit ihrer am 06.05.2020 erhobenen gemeinsamen Klage. Zur Begründung der Klage tragen sie vor, dass vorliegend ein einheitlicher Sachverhalt i. S. des § 89 Abs. 3 Satz 2 AO gegeben sei. § 1 Abs. 2 der Steuerauskunftsverordnung (StAuskVO) definiere schon seinem Wortlaut nach nicht, was ein „einheitlicher Sachverhalt" ist, sondern zähle nur unterschiedliche Konstellationen einer „gemeinsamen Beantragung“ auf, die die Kriterien des „einheitlichen Sachverhalts" erfüllen sollen. Darüber hinaus sei eine mehrfache maximale Gebührenerhebung unabhängig von der Frage, ob ein einheitlicher Sachverhalt vorliege, nach Lage der Dinge unbillig (§ 89 Abs. 7 Satz 1 AO).
17Im Einzelnen führen die Klägerinnen und Kläger hierzu aus, dass der im Auskunftsantrag gestellten Rechtsfrage 2 zentrale Bedeutung zukomme, da sie die eigentliche Kernfrage des Auskunftsantrags bilde. Durch ihre Beantwortung werde geklärt, ob der für die Umsetzung der Umstrukturierung notwendige Formwechsel der KG in eine GmbH nach §§ 190, 191 UmwG zum gemeinen Wert oder zu Buchwerten erfolgen könne.
18Da ein gemeinsames Umstrukturierungsvorhaben vorliege, habe der Beklagte die gestellten Rechtsfragen identisch gegenüber allen Antragstellern beantwortet. Vorliegend seien die Voraussetzungen für eine einheitliche Erteilung i. S. von § 89 Abs. 3 Satz 2 Hs. 1 AO der von den Klägerinnen und Klägern gemeinsam beantragten verbindlichen Auskunft erfüllt.
19Die Auskunft habe nur gemeinsam beantragt werden können, da es sich bei dem Umstrukturierungssachverhalt um einen Sachverhalt i. S. von § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StAuskVO gehandelt habe, der gemäß § 179 Abs. 2 Satz 2 AO sämtlichen Klägerinnen und Klägern steuerlich zuzurechnen sei. Sofern der Formwechsel von der KG zur GmbH (Rechtsfrage 2) zur Aufdeckung der stillen Reserven geführt hätte, wäre dieser auf Ebene der KG gesondert und einheitlich festzustellen gewesen.
20Der Anwendungserlass zur AO (AEAO Nr. 4.1.2. Abs. 2 Satz 2 zu § 89 AO) stehe dem nicht entgegen. Denn die Regelung betreffe nur Fälle, in denen die umwandlungsbeteiligten Rechtsträger mehrere Auskunftsanträge bei verschiedenen Finanzämtern stellen (müssten), weil es an einer Zuständigkeitskonzentration i. S. des § 1 Abs. 3 StAuskVO fehle. Dies sei vorliegend aber nicht der Fall. Der Beklagte sei für alle Klägerinnen und Kläger zuständig.
21Weiterhin konterkariere die Regelung der AEAO den Normzweck des neu eingefügten§ 89 Abs. 3 Satz 2 AO, der dazu diene Gebührenkumulationen zu vermeiden.
22Unerheblich seien auch die verschiedenen Beteiligungsverhältnisse der Klägerinnen und Kläger sowie die nicht identisch bestehenden Nießbrauchsrechte. Einheitlichkeit i. S. des § 89 Abs. 3 Satz 2 AO setze nicht voraus, dass die tatsächlichen Verhältnisse der Antragsteller in jeglicher Hinsicht identisch seien. Der Gesetzgeber verstehe unter Einheitlichkeit, „[...] dass die Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft gegenüber allen Antragstellern gleichermaßen besteht oder gleichermaßen nicht besteht oder wegfällt." (vgl. BT-Drs. 18/8434, S. 109),
23Selbst wenn kein Fall des § 179 Abs. 2 Satz 2 AO vorliege, würde dies die Anwendung des § 1 Abs. 2 StAuskVO nicht ausschließen, da die Norm nicht abschließend sei. Es müssten auch solche Konstellationen unter die StAuskVO fallen, die den in § 1 Abs. 2 StAuskVO genannten Fallgruppen vergleichbar sind und die Voraussetzungen des § 89 Abs. 3 Satz 2 AO (einheitlich erteilt) erfüllen. Die StAuskVO verenge den Anwendungsbereich des § 89 Abs. 3 Satz 2 AO in unzulässiger Weise. Hierfür spreche die Historie des § 89 AO. Zudem verstoße die Mehrfacherhebung der Gebühren gegen das Übermaßverbot und führe zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung zu den in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1-4 StAuskVO geregelten Fällen. Auch bei Klage mehrerer Antragsteller auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft wäre bei Gericht nur ein Streitwert zu ermitteln und es falle nur eine Gebühr an. Die mehrfache Gebührenerhebung stehe außer Verhältnis zu der nur einmal angefallenen Verwaltungsleistung. Die mehrfache Gebührenerhebung sei auch nicht durch den Gedanken des Vorteilsausgleichs zu rechtfertigen. Denn wenn die von mehreren Antragstellern mit der verbindlichen Auskunft erstrebte Rechtssicherheit -- wie hier -- durch eine einheitliche Erteilung der verbindlichen Auskunft gem. § 89 Abs. 3 Satz 2 AO erreicht werden könne, habe die Erteilung separater verbindlicher Auskünfte gegenüber jedem einzelnen Antragsteller, wie dies im Streitfall geschehen ist, keinen eigenständigen Nutzen, der durch Erhebung einer Gebühr abgeschöpft werden könne.
24Weiterhin tragen die Klägerinnen und Kläger zum Hilfsantrag vor, es liege jedenfalls ein Fall des § 89 Abs. 7 Satz 1 AO vor. Die mehrfache Erhebung der Gebühr sei sachlich unbillig. Gerade in Umwandlungs- und Übertragungsfällen, in denen, wie im Streitfall, Anträge zum gleichen Sachverhalt und zur selben Rechtsfrage gestellt werden, verfehle eine mehrfache volle Gebührenerhebung die Kostenausgleichsfunktion der Gebührenpflicht.
25Sowohl die Gebührenbescheide als auch die Einspruchsentscheidungen seien rechtswidrig, da es an einer hinreichenden Begründung der Ermessensausübung fehle. Zudem sei das Ermessen vorliegend auf die Erhebung einer Höchstgebühr reduziert. Die Erhebung von acht vollen Gebühren verstoße gegen die Kostenausgleichsfunktion, da sich für den Beklagten ein von der Anzahl der Antragsteller unabhängiger Arbeitsaufwand ergeben habe. Auch liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vor, da die Erhebung von acht Maximalgebühren in einem groben Missverhältnis zu dem konkret entstandenen Arbeits- und Verwaltungsaufwands stehe.
26Mit Schreiben vom 28.07.2020 ergänzen die Klägerinnen und Kläger ihren Vortag dahingehend, dass die Erteilung unterschiedlicher Auskünfte bei gleichen und einheitlichen Sachverhaltselementen zu widersprüchlichen rechtlichen Bewertungen führen würde und sich denklogisch ausschlössen. Demnach seien auch acht inhaltsgleiche Auskünfte erteilt worden.
27Soweit der Beklagte vortrage, dass die eingebrachten Mitunternehmeranteile im Rahmen der Umstrukturierung nicht zwingend mit dem gleichen Wert hätten angesetzt werden müssen, werde dem entgegengehalten, dass grundsätzlich zwar abweichende Beurteilungen möglich seien. Im Streitfall sei dies aufgrund gleichlautender Anträge und identischen Sachverhalten aber praktisch ausgeschlossen gewesen.
28Vorliegend habe eine individuelle Prüfung der einzelnen Klägerinnen und Kläger weder stattfinden müssen noch habe diese stattgefunden. AIle Klägerinnen und Kläger hätten die gleichen steuerlichen Qualifikationen geteilt.
29Etwas anderes folge auch nicht aus § 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG. Sofern im vorliegenden Fall aufgrund einer Einbringung ein Veräußerungsgewinn entstanden wäre, wären gemeinschaftlich erzielte Einkünfte der Klägerinnen und Kläger aus Mitunternehmerschaft angefallen, die auf Ebene des formwechselnden Rechtsträgers (KG) einheitlich und gesondert festzustellen gewesen wären. Für eben diesen Fall sehe § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StAuskVO die gemeinsame Beantragung der verbindlichen Auskunft vor.
30Den vom Beklagten angeführten „verschiedenen Ausgangssituationen" der Klägerinnen und Kläger sei bei der Beantwortung der Rechtsfragen keinerlei Bedeutung zugekommen.
31Die Klägerinnen und Kläger beantragen,
32die Gebührenbescheide vom 29.05.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 03.04.2020 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, einen gemeinsamen Gebührenbescheid gegenüber allen Klägerinnen und Klägern in Höhe von X € zu erlassen,
33hilfsweise
34die in den angefochtenen Gebührenbescheiden jeweils festgesetzte Gebühr auf € herabzusetzen,
35hilfsweise für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.
36Der Beklagte beantragt,
37die Klage abzuweisen,
38hilfsweise für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.
39Zur Begründung verweist der Beklagte auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, dass Gegenstand der verbindlichen Auskunft weder ein Sachverhalt der einheitlichen und gesonderten Feststellung i. S. des § 179 Abs. 2 Satz 2 AO gewesen sei, noch ein einheitlicher Vorgang i. S. des § 89 AO. Der im Rahmen des Umwandlungsvorgangs der KG in die GmbH möglicherweise entstehende Veräußerungsgewinn erfülle nicht den Tatbestand der gemeinschaftlichen Einkunftserzielung nach § 180 Abs.1 Satz1 Nr. 2a AO. Der Formwechsel sei anhand der Regelungen über die Sacheinbringung gem. § 20 UmwStG zu beurteilen. Hinsichtlich der Klägerinnen und Kläger lägen acht einzeln zu beurteilende Einbringungsvorgänge vor. Folglich hätte die verbindliche Auskunft auch nicht nur von den Klägerinnen und Klägern gemeinsam beantragt werden können, sondern von jedem Gesellschafter. Die vom Gesetzgeber geforderte Einheitlichkeit sei hier gerade nicht gegeben.
40Die Regelung in Nr. 4.1.2 Abs. 2 5.2 AEAO zu § 89 AO konterkariere den Normzweck des § 89 Abs. 3 Satz 2 AO nicht, da in Umwandlungsfällen eben kein einheitlicher Sachverhalt vorliege. Es handele sich jeweils um getrennte Rechtssubjekte, die einzeln zu beurteilen seien. Demnach gelte die Regelung auch unabhängig von der Zuständigkeit verschiedener Finanzämter.
41Die von den Klägerinnen und Klägern erstrebte Rechtssicherheit habe nicht durch eine einheitliche Erteilung der verbindlichen Auskunft erreicht werden können. Daher seien acht Anträge gestellt worden. Die Höhe der einzelnen Gebührenfestsetzungen sei durch den erlangten Vorteilsausgleich gerechtfertigt. Das Interesse an der Rechtssicherheit überwiege wegen der Höhe der stillen Reserven so sehr, dass dem Zeitaufwand des Finanzamtes keine Bedeutung beizumessen sei.
42Der Beklagte führt mit Schreiben vom 12.11.2020 weiter aus, dass die verbindlichen Auskünfte, auch wenn der Wortlaut identisch sei, dennoch nicht einheitlich erteilt worden seien. Vorliegend sei kein gleicher und einheitlicher Sachverhalt gegeben. Bei Beantwortung der Frage 1 sei zu berücksichtigen gewesen, dass für jede Klägerin und für jeden Kläger ein eigener Einbringungsvorgang vorliege, der für jeden einzelnen habe geprüft werden müssen. Gleiches gelte in Bezug auf Frage 2. Die Rahmen des Formwechsels der KG in die GmbH eingebrachten Mitunternehmeranteile hätten nicht zwingend mit dem gleichen Wert angesetzt werden müssen. Frage 4 habe nur einen Teilsachverhalt betroffen, der lediglich H 2 und H 3 berühre. Ebenso sei Frage 5, die sich mit der Einräumung und dem Verzicht auf den Ertragsnießbrauch beschäftige, nur auf einzelne Klägerinnen und Kläger beschränkt gewesen.
43Der Gesetzgeber habe die Frage, wann eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Antragsstellern einheitlich zu erteilen ist, nicht selbst geregelt, sondern dies gem. § 89 Abs. 2 Satz 6 AO dem Verordnungsgeber überlassen. Dieser Aufforderung sei der Verordnungsgeber in § 1 Abs. 2 StAuskVO nachgekommen. In § 1 Abs. 2 StAuskVO werde dargelegt, wann eine verbindliche Auskunft von allen Beteiligten nur gemeinsam beantragt werden könne, mit der Folge, dass gem. § 89 Abs. 3 Satz 2 AO nur eine Gebühr festgesetzt werde. Der vorliegende Fall sei jedoch unter keine der vier in § 1 Abs. 2 StAuskVO aufgeführten Nummern zu subsummieren. Insbesondere liege kein Sachverhalt i. S. des § 179 Abs. 2 Satz 2 AO vor, da Frage 1 acht einzelne Einbringungsvorgänge betreffe. Beim Formwechsel der KG in die GmbH werde jedem Mitunternehmer das Ergebnis seiner Einbringung direkt zugerechnet. Eine Zurechnung des Einbringungsgewinns entsprechend der Gewinnverteilung im Gesellschaftsvertrag erfolge nicht. Dies erfolge nur dann, wenn eine gewerbliche Mitunternehmerschaft ihren Betrieb/ Teilbetrieb einbringt und somit selbst als Einbringende zu beurteilen sei. § 1 Abs. 2 StAuskVO sei abschließend. Dies ergebe sich aus dem Willen des Verordnungsgebers sowie aus der historischen Entwicklung der Norm.
44Die Rechtsprechung teile die Ansicht, wonach es sich jeweils um einen eigenständigen Antrag handele, soweit sich die rechtliche Beurteilung eines Sachverhalts auf einen Steuerpflichtigen beziehe. Der Beklagte verweist insoweit auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27.11.2019 - II R 24/17, BFHE 267, 292, BStBl II 2020, 528. Aus diesem Urteil ergebe sich auch, dass sich die Anzahl der Gebühren an der Anzahl der Steuerpflichtigen, für sich aus den verbindlichen Auskünften eine Bindungswirkung resultiere, orientiere.
45Zum Hilfsantrag lässt sich der Beklagte dahingehend ein, dass sein Ermessen nicht auf Null reduziert gewesen sei. Eine sachliche Unbilligkeit läge bereits deshalb nicht vor, da der tatsächliche Gegenstandswert den maximalen Gegenstandswert erheblich übersteige. Hierdurch sei ein solcher Überhang entstanden, sodass eine mehrfache Gebührenerhebung nicht übermäßig sei. Zudem sei in Bezug auf den angefallenen Verwaltungsaufwand zu berücksichtigen, dass keine acht identischen Sachverhalte vorlägen. In diesem Zusammenhang betont der Beklagte noch einmal die Bedeutung der erteilten Auskünfte für die Klägerinnen und Kläger und verweist auf das Urteil des BFH vom 30.03.2011 - I R 61/10, BFHE 232, 406, BStBl II 2011, 536).
46Der Senat hat am 08.02.2023 in der Sache mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.
47Im Übrigen wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakten Bezug genommen.
48E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
49A. Die von den Klägerinnen und Klägern als Streitgenossen i. S. des § 59 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 59 der Zivilprozessordnung (ZPO) im Wege der subjektiven Klagehäufung gemeinschaftlich erhobene Klage ist zulässig und begründet.
50Die angefochtenen Gebührenbescheide vom 29.05.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 03.04.2020 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerinnen und Kläger in ihren Rechten. Der Beklagte ist vielmehr verpflichtet, einen einheitlichen Gebührenbescheid gegenüber allen Klägerinnen und Klägern zu erlassen, die Gesamtschuldner der festgesetzten Gebühr sind (§ 101 Satz 1 FGO).
51Entgegen der Auffassung des Beklagten kann im vorliegenden Fall gem. § 89 Abs. 3 Satz 2 AO nur eine Auskunftsgebühr nach dem Höchstbetrag gegenüber allen Antragstellern und Antragstellerinnen als Gesamtschuldner angesetzt werden. Der Erlass mehrerer Gebührenbescheide, in deren Rahmen jeweils die Höchstgebühr festgesetzt wird, ist rechtswidrig.
52I. Gem. § 89 Abs. 2 Satz 1 AO können die Finanzämter und das Bundeszentralamt für Steuern auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen zu Form, Inhalt und Voraussetzungen des Antrages auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft und zur Reichweite der Bindungswirkung zu treffen (§ 89 Abs. 2 Satz 5 AO). In der Rechtsverordnung kann auch bestimmt werden, unter welchen Voraussetzungen eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Beteiligten einheitlich zu erteilen ist und welche Finanzbehörde in diesem Fall für die Erteilung der verbindlichen Auskunft zuständig ist (§ 89 Abs. 2 Satz 6 AO).
53§ 89 Abs. 3 Satz 1 und 2 AO regelt weiter, dass für die Bearbeitung eines Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft nach Absatz 2 eine Gebühr erhoben wird. Wird eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Antragstellern einheitlich erteilt, ist nur eine Gebühr zu erheben; in diesem Fall sind alle Antragsteller Gesamtschuldner der Gebühr (§ 89 Abs. 3 Satz 2 AO).
54Für die Frage, wie viele einzelne Gebühren im Rahmen eines Auskunftsverfahrens ausgelöst werden, kommt es grundlegend auf die Zahl der gestellten Anträge an. Gem. § 89 Abs. 3 Satz 1 AO wird für die Bearbeitung „eines Antrags“ auf Auskunftserteilung „eine Gebühr“ erhoben.
55Die Zahl der Anträge hängt dabei zum einen von der Zahl der zum Gegenstand der Auskunft gemachten „Sachverhalte“ ab. Im gebührenrechtlichen Sinn handelt es sich jeweils um einen Antrag, soweit sich die rechtliche Beurteilung eines Sachverhalts auf einen Steuerpflichtigen bezieht. Dieser Sachverhalt kann sich auf mehrere Steuerarten auswirken. Werden mehrere sachlogisch zusammenhängende Rechtsfragen gestellt, so führt allein dies gebührenrechtlich nicht zu einer Aufteilung des Auskunftsantrags in Teilanträge (vgl. Roser, in Gosch, AO, § 89 Rn. 81.1). Enthält eine Antragsschrift hingegen mehrere voneinander abgrenzbare Sachverhalte und werden zu jedem Sachverhalt konkrete Rechtsfragen gestellt, handelt es sich um mehrere Anträge auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft, die lediglich in einem Schriftsatz zusammengefasst sind (vgl. FG München, Urteil vom 05.04.2017 – 4 K 2058/14, EFG 2017, 967). Demgemäß werden hierdurch grundsätzlich mehrere Gebühren ausgelöst (vgl. FG Berlin-Brandenburg - Urteil vom 09.06.2022 - 9 K 9084/21, juris, Rev. anhängig unter II R 39/22).
56Zum anderen hängt die Zahl der Anträge gegebenenfalls auch von der Zahl der antragstellenden Steuerpflichtigen ab. Ein einheitlicher (einziger) Sachverhalt kann somit gleichwohl eine Mehrzahl von Gebühren zur Folge haben, weil mehrere Antragsteller die Auskunft beantragt haben. Nach der Rechtsprechung des BFH enthält eine auf Auskunft gerichtete Eingabe (mindestens) so viele Anträge, wie nach dem Inhalt der Eingabe Steuerpflichtige von der Bindungswirkung der Auskunft erfasst sein sollen (vgl. BFH-Urteil vom 27.11.2019 – II R 24/17, BFHE 267, 292, BStBl II 2020, 528). Dabei nimmt der Gebührentatbestand die verfahrensrechtliche Selbständigkeit der Besteuerung verschiedener Steuerpflichtiger im Hinblick auf die Steuerfestsetzung und das hieraus für jeden Adressaten einer solchen Festsetzung resultierende Erfordernis, für sich eine Auskunft zu erwirken, um eine Bindungswirkung herbeizuführen, auf, indem gegenüber jedem Antragsteller eine Gebühr festzusetzen ist, die sich in erster Linie nach dem Wert der Auskunft für den individuellen Antragsteller bemisst (vgl. BFH-Urteil vom 09.03.2016 – I R 66/14, BFHE 253, 199, BStBl II 2016, 706; FG Berlin-Brandenburg - Urteil vom 09.06.2022 - 9 K 9084/21, juris).
57In Bezug auf die Zahl der Antragsteller ist jedoch zu berücksichtigen, dass gem. § 89 Abs. 3 Satz 2 AO in der für den Streitfall maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens (ModBestVerfG) vom 18.07.2016 (BStBl I 2016, 694) nur eine Gebühr zu erheben ist, wenn eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Antragstellern einheitlich erteilt wird; in diesem Fall sind alle Antragsteller Gesamtschuldner der Gebühr. Die vorgenannten Urteile des BFH, die zu einer früheren Fassung der Norm ergangen sind, sind für die hier maßgebliche Rechtslage folglich mit einer entsprechenden Einschränkung zu lesen.
58Die Bestimmungen des § 89 Abs. 2 Satz 6 und Abs. 3 Satz 2 AO wurden durch das ModBestVerfG vom 18.07.2016 (BGBl. I 2016, 1679) in die AO eingefügt; sie sind gem. Art. 97 § 25 Abs. 2 Satz 2 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (EGAO) auf nach dem 22.07.2016 bei der zuständigen Finanzbehörde eingegangene Anträge auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft und damit auch auf den vorliegenden Antrag anzuwenden. Ausgehend von den dokumentierten und veröffentlichten Materialen des Gesetzgebungsvorgangs war Ausgang der Gesetzesänderung zunächst der Umstand, dass die AO und die auf der Ermächtigung in § 89 Abs. 2 Satz 4 AO beruhende Steuerauskunftsverordnung (StAuskV) mit Ausnahme der Regelung in § 1 Abs. 2 StAuskV über die gemeinsame Antragstellung aller Beteiligten in Fällen einer einheitlich vorzunehmenden gesonderten Feststellung (§ 179 Abs. 2 Satz 2 AO) keine ausdrücklichen normativen Vorgaben für die Erteilung von verbindlichen Auskünften in Fällen, in denen die zugrundeliegenden Sachverhalte die steuerlichen Verhältnisse mehrerer Personen betreffen (z. B. Organschaftsfälle), enthielten. Daraus resultierte nach Angaben des Gesetzgebers insbesondere Konfliktpotential unter den Gesichtspunkten „Zuständigkeit“, „Reichweite der Bindungswirkung“, „Zahl der Gebührenfestsetzungen“, „Aufhebung oder Änderung einer verbindlichen Auskunft“ und „Vertrauensschutz“ (BT-Drs. 18/7457 S. 125). Die Bundesregierung befürwortete insoweit im Interesse der Rechtssicherheit und der einheitlichen Rechtsanwendung für Antragsteller die Anpassung der Steuerauskunftsverordnung an die Besonderheiten in „Mehrpersonenverhältnissen“ (BT-Drs. 18/7457 S. 125).
59Im Rahmen der Beschlussempfehlung sprach sich der Gesetzgeber zunächst dafür aus, die Verordnungsermächtigung für die StAuskVO auf eine Regelungsbefugnis für solche Fälle auszudehnen, in denen eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Antragstellern einheitlich ergeht. In Betracht kämen dabei nach Angaben des Gesetzgebers neben gesonderten und einheitlichen Feststellungen insbesondere auch Organschaftsfälle. Einheitlichkeit bedeute dabei, dass die Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft gegenüber allen Antragstellern gleichermaßen besteht oder gleichermaßen nicht besteht oder wegfällt (BT-Drs. 18/8434, S. 109).
60Darüber hinaus begründete der Gesetzgeber im Rahmen der Beschlussempfehlung erstmals die Neuregelung des § 89 Abs. 3 Satz 2 AO. Durch diese werde bestimmt, dass für eine einheitlich erteilte verbindliche Auskunft auch nur noch eine Gebühr zu erheben sei. In diesem Fall seien alle Antragsteller Gesamtschuldner der Gebühr. Nach § 44 AO schulde dann zwar jeder Gesamtschuldner die gesamte Leistung, die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner wirke allerdings auch für die übrigen Schuldner (BT-Drs. 18/8434, S. 110).
61Ursächlich für das vom Gesetzgeber gesehene Bedürfnis einer Gesetzesänderung war die bereits erwähnte Rechtsprechung des BFH (vgl. etwa BFH-Urteil vom 09.03.2016 – I R 66/14, BFHE 253, 199, BStBl II 2016, 706; BFH-Urteil vom 27.11.2019 – II R 24/17, BFHE 267, 292; BStBl II 2020, 528), wonach in sog. Mehrpersonenverhältnissen, wie dem vorliegenden, gegenüber jedem Antragsteller eine separate Gebühr festzusetzen war.
62Letztlich änderte der Verordnungsgeber die auf Grundlage von § 89 Abs. 2 Satz 5 und 6 ergangene StAuskVO durch die Vierte Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen (BGBl 2017, 2360) und erweiterte § 1 Abs. 2 StAuskV um Organschaftsfälle. Eine Regelung zu Umwandlungsfällen wurde zunächst nicht aufgenommen.
63Dies geschah erst zum 31.12.2022 durch die auf den vorliegenden Fall nicht anwendbare Sechste Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen vom 19.12.2022 (BGBl. 2022, 2432). Nunmehr kann eine verbindliche Auskunft gem. § 1 Abs. 2 Nr. 5 StAuskV von allen Beteiligten nur gemeinsam beantragt werden, wenn sie sich auf einen Sachverhalt bezieht, der sich nach den §§ 20, 21, 24 oder 25 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) bei verschiedenen Rechtsträgern steuerlich auswirkt und der steuerliche Wertansatz beim einbringenden oder übertragenden Rechtsträger vom steuerlichen Wertansatz beim übernehmenden Rechtsträger abhängt.
64Zur Begründung dieser Änderung hat der Verordnungsgeber angegeben, dass nach derzeit geltender Rechtslage in Umwandlungsfällen jeder abgebende, übernehmende oder entstehende Rechtsträger bei der Erteilung einer verbindlichen Auskunft eigenständig zu behandeln sei (vgl. Nr. 4.1.2 AEAO zu § 89 AO). Sofern zwei (oder mehr) Finanzämter unabhängig voneinander für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft zu einem geplanten Umwandlungsvorgang zuständig seien, sollten sie sich fachlich abstimmen und unterrichten. Aufgrund der wechselseitigen Verknüpfungen im UmwStG sei eine Zuständigkeitsvereinbarung nach § 27 AO oftmals sinnvoll.
65In Fällen, in denen die steuerliche Behandlung in Bezug auf den Wertansatz bei dem abgebenden Rechtsträgers von der steuerlichen Behandlung beim übernehmenden Rechtsträger abhänge, solle künftig eine für alle beteiligten Rechtsträger einheitliche Antragstellung vorgesehen werden. Die daraufhin einheitlich erteilte verbindliche Auskunft sei dann nach § 2 Absatz 2 StAuskVO für alle beteiligten Rechtsträger gleichermaßen verbindlich (BR Drs. 563/22, S. 13 f.).
66II. Die hier dargestellten rechtlichen Grundsätze und Entwicklungen führen für den vorliegenden Fall zu der Frage, ob eine einheitliche Auskunftserteilung mit der Folge einer einfachen Gebührenfestsetzung gem. § 89 Abs. 3 Satz 2 AO nur in den zum Zeitpunkt der Antragstellung in § 1 Abs. 2 StAuskVO geregelten Fällen zu erfolgen hat, oder auch darüber hinaus.
671. Vorliegend hat der Senat bereits Zweifel daran, ob die streitgegenständliche verbindliche Auskunft, wie die Klägerinnen und Kläger meinen, unter die im Streitfall anwendbare Fassung des § 1 Abs. 2 StAuskVO fällt. Denn der der Auskunft zugrundeliegende Sachverhalt betraf verschiedene Stufen der Umwandlung, wobei nicht auf jeder Ebene des Umwandlungsvorgangs eine Zurechnung i.S. des § 179 Abs. 2 Satz 2 AO zu erfolgen hatte. Dies gilt insbesondere für die auf der ersten Stufe vorgesehen Einlage der Gesellschaftsanteile in die KG.
682. Nach Auffassung des Senats kann aber letztlich dahinstehen, ob § 1 Abs. 2 StAuskVO einschlägig ist, denn der Senat kommt zu dem Ergebnis, dass der Anwendungsbereich des § 89 Abs. 3 Satz 2 AO nicht auf die in § 1 Abs. 2 StAuskV geregelten Fälle beschränkt ist. Denn zum einen ergibt sich aus der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 89 Abs. 2 Sätze 5 und 6 AO nicht, dass in der Rechtsverordnung abschließend zu bestimmen ist, unter welchen ausschließlichen Voraussetzungen eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Beteiligten einheitlich zu erteilen ist. Zum anderen werden in § 1 Abs. 2 Satz 1 StAuskV lediglich diejenigen Fälle aufgezählt, in denen eine verbindliche Auskunft von allen Beteiligten nur gemeinsam beantragt werden kann mit der Folge, dass das Finanzamt spiegelbildlich in diesen Fällen zur Erteilung einer einheitlichen verbindlichen Auskunft verpflichtet ist. Das Finanzamt ist jedoch nicht daran gehindert, auch in anderen Fällen, in denen dies sachgerecht erscheint, nach pflichtgemäßem Ermessen eine einheitliche verbindliche Auskunft zu erteilen. In einem solchen Fall ist für die Anwendung des § 89 Abs. 3 Satz 2 AO nach dem Wortlaut der Regelung allein entscheidend, ob das Finanzamt über einen Auskunftsantrag tatsächlich einheitlich entschieden hat, nicht jedoch, ob es zu einer solchen einheitlichen Entscheidung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 StAuskVO rechtlich verpflichtet war (so auch FG Münster - Gerichtsbescheid vom 26.07.2022 - 13 K 1563/20 AO, EFG 2022, 1729, Rev. anhängig unter I R 30/22).
693. Auch wenn der Antrag auf verbindliche Auskunft im vorliegenden Fall durch alle acht Klägerinnen und Kläger gestellt worden ist und damit nach der Rechtsprechung des BFH zur alten Rechtslage mindestens acht Anträge vorliegen (vgl. BFH-Urteil vom 27.11.2019 – II R 24/17, BFHE 267, 292; BStBl II 2020, 528), durfte der Beklagte gem. § 89 Abs. 3 Satz 2 AO nur eine Auskunftsgebühr festsetzen. Denn der Beklagte hat die beantragte verbindliche Auskunft mit Bescheiden vom 28.06.2019 gegenüber allen Klägerinnen und Klägern einheitlich i. S. des § 89 Abs. 3 Satz 2 AO erteilt.
70a. Das Gesetz enthält, wie oben dargestellt, auch nach der Neufassung des § 89 AO durch das ModBestVerfG keine Definition, wann eine einheitliche Erteilung einer verbindlichen Auskunft vorliegt. Der Gesetzgeber hat jedoch im Rahmen der Begründung der Einführung des § 89 Absatz 2 Satz 6 AO ausgeführt, dass Einheitlichkeit bedeute, dass die Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft gegenüber allen Antragstellern gleichermaßen besteht oder gleichermaßen nicht besteht oder wegfällt (vgl. BT-Drs. 18/8434, S. 109). Dies ist nach Auffassung des Senats vorliegend der Fall. Denn der Beklagte hat sich mit ein und derselben verbindlichen Feststellung in gleicher Art und Weise übereinstimmend gegenüber allen Antragstellern und Antragstellerinnen selbst gebunden (vgl. hierzu auch FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.06.2022 - 9 K 9084/21, juris, Rev. anhängig unter II R 39/22). Zwar hat der Beklagte, was der Senat nicht übersieht, formell acht verbindliche Auskünfte erteilt und damit auch acht Bescheide erlassen. Diese Bescheide sind jedoch inhaltsgleich. Die vom Beklagten hervorgehobenen unterschiedlichen Beteiligungsverhältnisse der Klägerinnen und Kläger haben im Rahmen der Bescheidung der verbindlichen Auskünfte keinen Niederschlag gefunden. Vielmehr sind die Anträge trotz der unterschiedlichen Verhältnisse der Klägerinnen und Kläger wortgleich und damit auch inhaltsgleich gegenüber jedem einzelnen Kläger und jeder Klägerin beschieden worden. Im Umfang dieser inhaltsgleichen Bescheidung hat sich der Beklagte gegenüber jedem Antragsteller gleichermaßen selbst gebunden. Nach Auffassung des Senats kann sich vor diesem Hintergrund die Beurteilung, ob die verbindliche Auskunft einheitlich i. S. des § 89 Abs. 3 Satz 2 AO erteilt wurde, nicht danach richten, dass der Beklagte formal gegenüber jeder Klägerin und jedem Kläger einen Verwaltungsakt erlassen hat, zumal eine solche rein formale Betrachtungsweise nach dem Gesetzeswortlaut nicht zwingend ist.
71b. Auch lässt sich die mehrfache Gebührenerhebung nicht mit dem Umstand rechtfertigen, dass einzelne gestellte Rechtsfragen nur einzelne Klägerinnen und Kläger betrafen. Denn es lag bezogen auf jeden Antragsteller nur ein auf ein mehrstufiges Umwandlungsvorhaben gerichteter Antrag (und nicht sechs Anträge) auf verbindliche Auskunft vor (so etwa im Fall des FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.06.2022 - 9 K 9084/21, juris, Rev. anhängig unter II R 39/22). Auch der Beklagte scheint insoweit von einem einheitlichen Antrag ausgegangen zu sein, da im Rahmen der Gebührenfestsetzung nicht in Bezug auf die einzelnen Rechtsfragen, sondern lediglich in Bezug auf die Antragsteller, separat abgerechnet wurde. Auch wurde bei der Bescheidung der verbindlichen Auskünfte nicht danach differenziert, welche Rechtsfrage welchen Kläger oder welche Klägerin betraf, bzw. ob eine Rechtsfrage alle Klägerinnen und Kläger oder nur ausgewählte betraf.
72c. Weiterhin steht der Annahme der einheitlichen Erteilung der verbindlichen Auskunft mit der Folge der einheitlichen Kostenfestsetzung die auf Grundlage des § 89 Abs. 2 Satz 6 AO ergangene StAuskVO nicht entgegen. Zwar hat der Gesetzgeber, wie oben dargestellt, im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses zunächst die Erweiterung der Verordnungsermächtigung angestrebt und sich nachfolgend entschlossen auch die Gebührenregelung des § 89 Abs. 2 AO zu ändern. Dem Gesetzgebungsverfahren ist aber nicht zu entnehmen, dass eine einheitliche Gebührenfestsetzung nur dann in Betracht kommen sollte, wenn die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 StAuskVO erfüllt sind.
73Denn in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StAuskVO werden, wie bereits ausgeführt, lediglich diejenigen Fälle aufgezählt, in denen lediglich eine gemeinsame Antragstellung möglich ist; das Finanzamt ist jedoch nicht daran gehindert, auch in anderen Fällen, in denen dies sachgerecht erscheint, nach pflichtgemäßem Ermessen eine einheitliche verbindliche Auskunft zu erteilen. In einem solchen Fall ist für die Anwendung des § 89 Abs. 3 Satz 2 AO nach dem Wortlaut der Regelung allein entscheidend, ob das Finanzamt über einen Auskunftsantrag tatsächlich einheitlich entschieden hat, nicht jedoch, ob es zu einer solchen einheitlichen Entscheidung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 StAuskVO -- also Kehrseite zur einheitlichen Antragstellung -- rechtlich verpflichtet war. Denn auch wenn das Finanzamt eine verbindliche Auskunft allein aus Zweckmäßigkeitserwägungen -- ohne ausdrückliche Verpflichtung nach Gesetz oder Rechtsverordnung -- einheitlich i.S. des § 89 Abs. 3 Satz 2 AO erteilt, führt diese einheitliche Entscheidung zu einer Minderung des Verwaltungsaufwands, welche die Gebührenreduktion nach § 89 Abs. 3 Satz 2 AO rechtfertigt.
74Dieses Verständnis entspricht auch der Rechtsprechung des BFH zur alten Fassung der StAuskVO. Hierzu hat der BFH entschieden, dass diese weder inhaltlich eine Aussage zur Gebührenpflicht treffe noch Derartiges von ihrer Ermächtigungsgrundlage gedeckt sei (vgl. BFH-Urteil vom 09.03.2016 – I R 66/14, BFHE 253, 199, BStBl II 2016, 706).
75Der Gesetzgeber, der § 89 Abs. 2 AO in Kenntnis des BFH-Urteils vom 09.03.2016 – I R 66/14 geändert hat, hat jedoch keinerlei Veranlassung gesehen, die Verordnungsermächtigung auch auf den Fall der Gebührenerhebung auszudehnen. Vielmehr hat er die Verordnungsermächtigung lediglich insoweit erweitert, als dass in der Rechtsverordnung auch bestimmt werden kann, unter welchen Voraussetzungen eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Beteiligten einheitlich zu erteilen ist und welche Finanzbehörde in diesem Fall für die Erteilung der verbindlichen Auskunft zuständig ist.
76d. Letztlich vermag auch der von den Beteiligten ausführlich diskutierte Zweck der Gebührenfestsetzung (Kostenausgleichsfunktion und Vorteilsausgleichsfunktion) keine andere Entscheidung zu rechtfertigen. Diese beiden Funktionen sind zwar die verfassungsrechtlich legitimierenden Sachgründe für den gesetzlichen Gebührentatbestand (vgl. BFH-Urteil vom 30.03.2011 – I R 61/10, BFHE 232, 406, BStBl II 2011, 536). Ohne derartige Gründe dürfen Gebühren neben Steuern grundsätzlich nicht erhoben werden (vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19.03.2003 - 2 BvL 9-12/98, BVerfGE 108, 1). Das bedeutet aber nicht, dass die Rechtmäßigkeit der Gebührenerhebung davon abhängig ist, inwieweit im Einzelfall die Funktionen jeweils einschlägig sind und ausgeschöpft werden. Vielmehr hat der Gesetzgeber im Gebührenrecht wie im Steuerrecht einen erheblichen Typisierungsspielraum, von dem er im Hinblick auf die Auskunftsgebühr Gebrauch machen durfte und Gebrauch gemacht hat. Daher ist für die Rechtmäßigkeit der Gebührenerhebung im Streitfall auch ohne Belang, inwiefern die mehrfache Antragstellung im Streitfall zur Erreichung der von den Antragstellern erhofften Rechtssicherheit erforderlich gewesen ist oder wieviel Prüfungsaufwand der Beklagte tatsächlich in die Bearbeitung der verbindlichen Auskunft investiert hat (vgl. BFH-Urteil vom 09.03.2016 – I R 66/14, BFHE 253, 199, BStBl II 2016, 706).
77III. Da der Hauptantrag bereits in vollem Umfang Erfolg hat, kommt es auf die Entscheidung über den Hilfsantrag nicht mehr an.
78B. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
79C. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der ZPO.
80D. Die Revision wird zugelassen. Die Frage, wann eine einheitliche Auskunftserteilung i.S. des § 89 Abs. 3 Satz 2 AO vorliegt, ist bisher höchstrichterlich nicht geklärt. Revisionsverfahren hierzu sind unter den Aktenzeichen I R 30/22 sowie II R 37/22, II R 39/22 und II R 40/22 beim BFH anhängig.