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Der Umsatzsteuerbescheid 2013 vom 10.07.2017 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.04.2018 wird dahingehend geändert, dass die Umsatzsteuer 2013 auf … € festgesetzt wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 46 % und der Beklagte zu 54 %.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Streitig ist im zweiten Rechtsgang, wann der Kläger seine Vermittlungsleistungen erbracht hat und wann und in welcher Höhe er die für die Vermittlungsleistungen erhaltenen Entgelte zu versteuern hat.
2Der Kläger, der in den Streitjahren seine Umsätze nach vereinbarten Entgelten versteuerte, betrieb seit 2008 ein Internetportal (…). Auf diesem präsentierte er verschiedene Freizeiterlebnisse, die gebucht und in Anspruch genommen werden konnten. Dies setzte jeweils den Erwerb eines Gutscheins voraus (vgl. … der vom Kläger in den Streitjahren verwendeten AGB, Bl. 15 der Gerichtsakte). Der Gutschein berechtigt den Erwerber oder eine beliebige andere Person zur Durchführung des entsprechenden Erlebnisses beim jeweiligen Veranstalter (vgl. … der AGB). Die Gutscheine wurden vom Kläger im eigenen Namen und für eigene Rechnung über sein Internetportal verkauft. Es konnten zum einen Gutscheine für ein konkret ausgewähltes Erlebnis (sog. Erlebnisgutscheine, vgl. … der vom Kläger in den Streitjahren ausgegebenen Hilfshinweise, Bl. 18 der Gerichtsakte) erworben werden. In diesem Fall reichte bereits der für den Gutschein gezahlte Preis zur Inanspruchnahme des ausgewählten Erlebnisses. Weitere Zahlungen waren für die Inanspruchnahme des Erlebnisses grundsätzlich nicht zu leisten. Zum anderen konnten Gutscheine über einen zu bestimmenden Geldbetrag mit der Möglichkeit, das konkrete Erlebnis später auszuwählen (sog. Wertgutscheine, vgl. … und … der Hilfshinweise, Bl. 18R f. der Gerichtsakte), erworben werden. Dem Erwerber eines Erlebnisgutscheins wurden nach Nr. … der in den Streitjahren ausgegebenen Hilfshinweise (Bl. 18 R der Gerichtsakte) mit Übersendung des Gutscheins alle erforderlichen Informationen zur Verfügung gestellt, um in weiteren Schritten einen Termin für die Inanspruchnahme des ausgewählten Erlebnisses zu vereinbaren. Im Fall des Erwerbs eines sog. Wertgutscheins erhielt der Gutscheininhaber diese Informationen vom Kläger, nachdem er unter Einlösung des Gutscheins ein konkretes Erlebnis ausgewählt hatte. Soweit das gewählte Erlebnis günstiger als der Betrag des verwendeten Gutscheins war, wurde dem Gutscheininhaber der Restbetrag gutgeschrieben. Soweit der Wert des Gutscheins nicht ausreichte, hatte er den Differenzbetrag zu begleichen (vgl. … der Hilfshinweise, Bl. 18R der Gerichtsakte). Es bestand darüber hinaus die Möglichkeit, erworbene Erlebnisgutscheine in einen Gutschein für ein anderes Erlebnis umzutauschen (vgl. … der AGB, Bl. 17 der Gerichtsakte). Überstieg der Preis für den neuen Erlebnisgutschein den Erwerbspreis des eingetauschten Erlebnisgutscheins, so war die Differenz zusätzlich an den Kläger zu entrichten. War der neue Gutschein günstiger als der umgetauschte Gutschein, so stellte der Kläger dem eintauschenden Gutscheininhaber einen Wertgutschein über den Differenzbetrag aus. Eine Barauszahlung war ausgeschlossen (vgl. … der AGB, Bl. 17 der Gerichtsakte). Es konnten ferner mehrere Wertgutscheine für ein Erlebnis eingelöst werden (vgl. … der Hilfshinweise, Bl. 18R der Gerichtsakte). Die Gutscheine konnten innerhalb einer Frist von 12 Monaten eingelöst werden. Die Frist für die Einlösung konnte insgesamt zweimal, jeweils um eine Frist von weiteren 12 Monaten, gegen Zahlung einer Bearbeitungsgebühr von 15 € an den Kläger verlängert werden (vgl. hierzu … der AGB, Bl. 17 der Gerichtsakte). In 2013 waren für nicht eingelöste Gutscheine im Wert von … € (brutto), die in 2012 verkauft worden waren, die Einlösefrist abgelaufen. In 2014 war die Einlösefrist für in 2013 ausgegebene Gutscheine im Wert von … € (brutto) abgelaufen.
3Den auf seiner Homepage präsentierten Erlebnissen lagen Vereinbarungen mit den jeweiligen Veranstaltern („…partner“) zugrunde. Danach stellten diese die vom Kläger zur Präsentation auf seinem Internetportal benötigten Informationen und vorhandenes Film- und/oder Bildmaterial zur Verfügung. Sie gaben u.a. die zu vermittelnden konkreten Erlebnisse sowie den Preis für das Erlebnis an (vgl. z.B. jeweils … der exemplarisch eingereichten Vereinbarungen, Bl. 21, 23 der Gerichtsakte). Der Kläger verpflichtete sich dazu, das Erlebnis zu vermarkten und zu vertreiben (vgl. z.B. … bzw. … der exemplarisch eingereichten Vereinbarungen, Bl. 21R, 23R der Gerichtsakte). Der Vertrieb der Erlebnisse erfolgte in Form von Gutscheinen, welche vom Kläger ausgestellt wurden und gegenüber den Veranstaltern der Erlebnisse Gültigkeit besaßen (vgl. z.B. … und … der exemplarisch eingereichten Vereinbarungen, Bl. 21R, Bl. 24 der Gerichtsakte) bzw. zur Inanspruchnahme der Erlebnisleistungen berechtigten (vgl. z.B. … der exemplarisch eingereichten Vereinbarung, Bl. 21R, 23R der Gerichtsakte). Die Veranstalter der Erlebnisleistungen waren verpflichtet, dem Kläger Kontaktdaten zur Verfügung zu stellen. Für den Fall der Inanspruchnahme der Erlebnisleistung durch einen Gutscheininhaber vereinbarten der Kläger und der jeweilige Veranstalter, dass der Kläger dem Veranstalter über den für einen Erlebnisgutschein gezahlten Preis oder aber im Fall von verwendeten sog. Wertgutscheinen den für ein Erlebnis veranschlagten Preis abzgl. einer vereinbarten Vermittlungsprovision, in der Regel um die 30% (vgl. … bzw. … der exemplarisch eingereichten Vereinbarungen, Bl. 21R, 24R der Gerichtsakte), eine Gutschrift als Abrechnungsnachweis ausstellt und den Betrag auszahlt. Die „Vermittlungsprovision“ rechnete der Kläger dabei gegenüber den Veranstaltern unter Ausweis von Umsatzsteuer mit einer Gutschrift ab. Der jeweilige Veranstalter konnte die Abrechnung samt Ausstellung der Gutschrift und die Auszahlung des Betrages über ein vom Kläger hierfür zur Verfügung gestelltes Online-Abrechnungssystem veranlassen. Dabei hatte der Veranstalter u.a. eine auf dem Gutschein vermerkte Referenznummer unter seinem Account einzutragen (vgl. … bzw. … der exemplarisch eingereichten Vereinbarungen, Bl. 21R, 24R der Gerichtsakte).
4Wegen der weiteren Einzelheiten zum Abrechnungsprozess zwischen dem Kläger und den Veranstaltern wird auf die im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 24.09.2020 vom Kläger eingereichten Ausdrucke Bezug genommen. Darüber hinaus wird wegen der weiteren Einzelheiten zu den Abläufen und Vereinbarungen auf die vom Kläger eingereichten und in den Streitjahren verwendeten AGB, die ausgegebenen Hilfshinweise sowie die exemplarischen Vereinbarungen mit den Veranstaltern Bezug genommen (Bl. 15 ff. der Gerichtsakte).
5Bis zum 31.03.2013 erteilte der Kläger den Erwerbern der Gutscheine Rechnungen mit gesonderten Umsatzsteuerausweis. Die entsprechenden Rechnungsbeträge erklärte der Kläger in seiner Umsatzsteuererklärung für das 2013 als steuerpflichtige Ausgangsumsätze. Seit dem 01.04.2013 erteilte der Kläger den Erwerbern der Gutscheine Rechnungen ohne gesonderten Umsatzsteuerausweis (vgl. Bericht vom 16.08.2017 über die Umsatzsteuer-Nachschau, Bl. 23 der Betriebsprüfungsakte). Der Kläger behandelte die Zahlungen der Gutscheinerwerber ab dem 01.04.2013 in den Streitjahren insgesamt nicht als Entgelte für einen steuerbaren Umsatz, sondern nur die den Veranstaltern in Rechnung gestellten Beträge (Vermittlungsprovisionen) sowie den von den Gutscheinerwerbern gesondert vergüteten Versand der Gutscheine. Der Betrieb des Internetportals wird seit dem 01.07.2014 von der neu gegründeten F GmbH fortgeführt.
6Mit Beginn am 21.03.2017 führte der Beklagte bei dem Kläger für die Jahre 2013 bis 2015 eine Betriebsprüfung durch. Dabei traf die Prüferin folgende Feststellungen: Der Kläger habe mit dem Verkauf der Gutscheine gegenüber den Erwerbern eine sonstige Leistung erbracht. Der Kunde erhalte die Möglichkeit, mithilfe des Gutscheins und der Veranstalterdaten die Erlebnisse zu nutzen. Für diese Leistung erhalte der Kläger die Zahlungen der Gutscheinerwerber als Gegenleistung. Diese unterlägen der Umsatzbesteuerung. Die Zahlung des Klägers an den jeweiligen Veranstalter im Fall eines eingelösten Gutscheins führe dann zu einer Minderung des mit dem Verkauf erzielten Umsatzes nach § 17 Umsatzsteuergesetz (UStG). Ca. 40% der Gutscheine seien endgültig nicht eingelöst worden. Der Kläger habe in 2013 Erlöse aus dem Verkauf der Gutscheine i.H.v. brutto … € (netto … €) und in 2014 i.H.v. brutto … € (netto … €) erzielt. Diese Umsätze seien jeweils um die geleisteten Zahlungen an die Veranstalter zu mindern (2013: … €; 2014: … €). Danach sei die Umsatzsteuer 2013 um … € und die Umsatzsteuer 2014 um … € zu erhöhen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 16.05.2017 (Bl. 26 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.
7Der Beklagte folgte den Feststellungen der Prüferin und setzte jeweils mit nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderten Umsatzsteuerbescheiden vom 10.07.2017 die Umsatzsteuer 2013 auf … € und die Umsatzsteuer 2014 auf ... € fest. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde jeweils aufgehoben. Gegen beide Bescheide legte der Kläger Einspruch ein und begehrte, die aus dem Verkauf der Gutscheine erzielten Erlöse als nicht umsatzsteuerbar zu behandeln. Das Einspruchsverfahren ruhte zunächst wegen eines beim Finanzgericht Münster unter dem Az. 5 K 359/16 zwischen den Beteiligten in der gleichen Rechtsfrage die Umsatzsteuer 2012 betreffend geführten Klageverfahrens. Die Klage wurde mit Urteil vom 09.01.2018 abgewiesen, ohne dass über die Frage der Steuerbarkeit der Erlöse aus dem Gutscheinverkauf vom Gericht zu entscheiden war. Nach der Entscheidung habe der Kläger die festgesetzte Umsatzsteuer zumindest nach § 14c UStG geschuldet, denn er habe die jeweilige Umsatzsteuer in den Rechnungen an die Gutscheinerwerber offen ausgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil vom 09.01.2018 (Az. 5 K 359/16) Bezug genommen.
8Der Beklagte wies den Einspruch des Klägers mit seiner Entscheidung vom 03.04.2018 als unbegründet zurück. Der EuGH habe in der Rechtssache Astra Zeneca entschieden, dass die Ausgabe von Gutscheinen stets eine umsatzsteuerbare Dienstleistung sei. Der Kläger habe danach mit dem Verkauf der Gutscheine eine umsatzsteuerbare Leistung in Gestalt einer Erlebnisleistung an die Gutscheinerwerber erbracht. Durch diese habe der Gutscheinerwerber die Möglichkeit erhalten, im Zeitpunkt der Zahlung des Gutscheins mithilfe der vom Kläger übermittelten Veranstalterdaten die angebotenen Erlebnisse zu nutzen. Auf die Frage, ob und um welche Art eines Gutscheins es sich handele, komme es daher nicht weiter an. Der Kläger habe keine klassische Vermittlungstätigkeit erbracht, denn das Entgelt sei vom Gutscheinerwerber auch dann geleistet worden, wenn keine Erlebnisleistung in Anspruch genommen worden sei. Ort der Leistung sei der Unternehmenssitz des Klägers. Die Nichteinlösung führe zu keiner nachträglichen Minderung des mit dem Verkauf ausgeführten Umsatzes. Jedoch seien die Zahlungen an die Veranstalter für den Kläger eine nachträgliche Entgeltminderung. Hinsichtlich der bis zum 31.03.2013 ausgeführten Umsätze schulde der Kläger die Umsatzsteuer schon wegen des gesonderten Ausweises der Umsatzsteuer, wie das Finanzgericht Münster in seiner Entscheidung vom 09.01.2018 zu Recht festgestellt habe.
9Hiergegen hat der Kläger am 07.05.2018 Klage erhobenen. Das FG Münster wies die Klage mit Urteil vom 17.09.2020 ab. Der Kläger habe mit dem Betrieb eines Internetportals zum Erwerb von Erlebnisgutscheinen unter Bereitstellung einer Infrastruktur zur Buchung und Inanspruchnahme der angebotenen Erlebnisse eine steuerbare Leistung an die Gutscheinerwerber erbracht. Er sei zudem hinsichtlich der angebotenen und ausgeführten Erlebnisleistungen nach außen hin als leistender Unternehmer aufgetreten. Im anschließenden Revisionsverfahren (Az. V R 35/20) hob der Bundesfinanzhof (BFH) mit Gerichtsbescheid vom 15.03.2022 das finanzgerichtliche Urteil auf und wies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG Münster zurück. Der Kläger habe mit dem Betrieb des Internetportals keine Leistung erbracht, sondern sei entweder hinsichtlich der durch die Gutscheine versprochenen bestimmten Freizeiterlebnisse selbst als leistender Unternehmer aufgetreten oder sei hinsichtlich dieser Leistungen als Vermittler tätig gewesen. Die für diese Entscheidung erforderlichen Feststellungen seien vom FG im zweiten Rechtsgang zu treffen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des FG Münster vom 17.09.2020 und des BFH vom 15.03.2022 Bezug genommen.
10Der Kläger trägt im zweiten Rechtsgang vor, dass er nur als Vermittler für seine …partner aufgetreten sei. Allerdings habe er nicht bereits mit der Ausgabe der Gutscheine eine Vermittlungsleistung erbracht. Dabei sei der Ablauf für die Inanspruchnahme der Leistungen der …partner durch die Gutscheinerwerber bzw. -inhaber zu berücksichtigen. Für den Gutscheinerwerber und -inhaber sei der …partner im Zeitpunkt des Erwerbs des Gutscheins nicht erkennbar gewesen. Die für die Inanspruchnahme erforderlichen Kontaktdaten seien nicht bereits mit dem Gutschein übersandt worden; sie seien auch noch nicht auf der Internetseite verfügbar gewesen. Der Gutscheininhaber habe die Kontaktdaten bei ihm, dem Kläger, telefonisch erfragen müssen. Erst im Zeitpunkt der Kontaktaufnahme zwecks Einlösung des Gutscheins und der Verwendung des Gutscheins als Zahlungsmitteläquivalent sei der …partner identifizierbar gewesen. Erst nach Mitteilung der Kontaktdaten sei dann auch der Gutschein in seinem System freigeschaltet worden. Vor diesem Hintergrund habe er frühestens mit der Übermittlung der Kontaktdaten eines …partners eine Vermittlungsleistung ausgeführt, eher jedoch erst zu dem Zeitpunkt, zu dem die Erlebnisleistung ausgeführt worden sei.
11Schließlich sei es nicht zutreffend, von Erlebnisgutscheinen zu sprechen, da ein Gutscheinerwerber bzw. -inhaber nach den von ihm, dem Kläger, in den Streitjahren verwendeten AGB die Möglichkeit besessen habe, einen ausgestellten sog. Erlebnisgutschein für ein anderes Erlebnis zu verwenden (vgl. … der AGB). Die sog. Erlebnisgutscheine seien daher vielmehr auch Wertgutscheine.
12Hinter jedem genannten Erlebnis stünden grundsätzlich auch mehrere …partner, die nachträglich von dem Gutscheinerwerber ausgewählt werden könnten. Es habe in den Streitjahren Verträge mit mehreren …partnern für gleichartige Erlebnisse gegeben, jedoch könnten aus heutiger Sicht keine entsprechende Dokumentation und Nachweise mehr erbracht werden.
13Die Erlöse aus dem Verkauf von Gutscheinen, die nicht innerhalb der Einlösefrist verwendet worden und damit verfallen seien, seien kein Entgelt für seine Vermittlungsleistung. Dabei sei zu beachten, dass die Frage, wem die Einnahmen aus den verkauften und dann verfallenen Gutscheinen zustehe, also ihm, dem Kläger, oder dem Anbieter der jeweiligen Erlebnisleistung, dem …partner, in den Verträgen mit den …partnern nicht geregelt sei. Eine solche Vereinbarung sei jedoch nach dem BFH-Urteil vom 15.03.2022 V R 35/20 Voraussetzung für die Behandlung der Einnahmen aus den nicht eingelösten bzw. verfallenen Gutscheinen als Entgelt für eine Vermittlungsleistung.
14Wenn es sich aber um Erlebnisgutscheine gehandelt haben sollte, so könne die Zahlung für den Erwerb des Gutscheins nicht im Nachhinein als Entgelt für eine von ihm an den …partner erbrachte Vermittlungsleistung behandelt werden. Der Gutscheinerwerber zahle gerade nicht für seine Vermittlungsleistung. Die Provisionen habe er für seine Vermittlungsleistungen erhalten im Rahmen seiner Vertragsleistungsbeziehung zu den …partnern.
15Er habe den Wert der Gutscheine, die im Vorjahr ausgestellt und bis zum Ende des Folgejahres nicht eingelöst worden seien, ertragsteuerlich als „Erlös ohne Umsatzsteuer“ verbucht. Die in seinen AGB eingeräumte Möglichkeit zur Verlängerung der einjährigen Einlösefrist sei praktisch nicht genutzt worden.
16Eine Vorsteuerkürzung sei nicht vorzunehmen. Soweit der Senat in der gerichtlichen Verfügung vom 10.08.2023 und in der mündlichen Verhandlung vom 14.08.2023 geäußert habe, dass ihrer Auffassung nach die Vorsteuerabzugsbeträge anteilig zu kürzen sein dürften, soweit sie auf verfallene Wertgutscheine entfielen, trägt die Klägerin, u.a. mit Schreiben vom 26.09.2023, vor, dass sie dies systematisch nicht nachvollziehen könne, denn die bezogenen Eingangsleistungen müssten dann mit einem konkret bestimmbaren Ausgangsumsatz in Zusammenhang zu bringen sein. Dies sei hier nicht der Fall. Soweit auf die Gesamttätigkeit abzustellen sei, sei eine steuerpflichtige Tätigkeit, nämlich die Erbringung einer Vermittlungsleistung an seine …partner, anzunehmen. Ob und inwieweit er nichtsteuerbare Einnahmen aus dem Verkauf von verfallenen Gutscheinen erziele, entziehe sich seinem Einflussbereich. Es sei der Gutscheinerwerber bzw. -inhaber, der über die Einlösung des Gutscheins bewirke, ob es zu einem steuerbaren und steuerpflichtigen Vermittlungsumsatz komme oder nicht.
17Der Kläger beantragt,
18die Umsatzsteuerbescheide 2013 und 2014, jeweils vom 10.07.2017 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.04.2018, dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer 2013 auf … € und die Umsatzsteuer 2014 auf … € festgesetzt wird,
19hilfsweise, die Revision zuzulassen.
20Der Beklagte beantragt,
21den Umsatzsteuerbescheid für 2013 vom 10.07.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.04.2018 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer 2013 auf … € festgesetzt und die Klage im Übrigen abgewiesen wird,
22hilfsweise, die Revision zuzulassen.
23Er trägt im zweiten Rechtsgang vor, dass er mit dem Kläger übereinstimmend davon ausgehe, dass dieser hinsichtlich der Erlebnisleistungen nicht als leistender Unternehmer, sondern nur als Vermittler tätig geworden sei. Entgegen der Ansicht des Klägers handele es sich jedoch bei den Zahlungen für den Erwerb von Erlebnisgutscheinen nach Ablauf der Einlösefrist um ein nachträgliches Entgelt für eben diese Vermittlungsleistung.
24Er teile die Rechtsauffassung des Senats, dass eine Vorsteuerkürzung analog § 15 Abs. 4 UStG vorzunehmen sei, soweit die Eingangsleistungen mit einer nichtsteuerbaren Tätigkeit im Zusammenhang stünden.
25Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Gerichtsakte und die von dem Beklagten übersandten Verwaltungsvorgänge verwiesen. Der Senat hat die Gerichtsakte zu dem Verfahren 5 K 359/16 beigezogen.
26Die Sache ist am 14.08.2023 und am 28.09.2023 vor dem Senat mündlich verhandelt worden. Es wird auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
Die Klage hat teilweise Erfolg.
28Der Umsatzsteuerbescheid 2013 vom 10.07.2017 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.04.2018 ist teilweise rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO), soweit darin eine höhere Umsatzsteuer als … € festgesetzt ist. Der Umsatzsteuerbescheid 2014 vom 10.07.2017 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.04.2018 ist zwar rechtswidrig, verletzt den Kläger aber nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
291. Der Kläger trat gegenüber den Gutscheinerwerbern hinsichtlich der Erbringung der Erlebnisleistungen in fremden Namen, mithin als Vermittler der Erlebnisleistungen und nicht als leistender Unternehmer, auf.
30a) Eine Vermittlungsleistung liegt vor, wenn eine Mittelsperson, die nicht den Platz einer der Parteien des zu vermittelnden Vertrages einnimmt und deren Tätigkeit sich von den vertraglichen Leistungen, die von den Parteien dieses Vertrages erbracht werden, unterscheidet, das Erforderliche tut, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen. Die Mittlertätigkeit kann darin bestehen, einer Vertragspartei Gelegenheiten zum Abschluss eines Vertrages nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln. Unerheblich für die Beurteilung als Vermittlungstätigkeit ist, dass der Kunde des Vermittlers, wenn er sich für einen der nachgewiesenen Vertragspartner entscheidet, den Vertragsabschluss selbst bewirken muss (BFH, Urteile vom 15.03.2022 V R 35/20, BStBl II 2023, 150, Rn. 18; vom 08.09.2011 V R 42/10, BStBl II 2012, 248, Rz 19).
31Für die Bestimmung der Leistungen und der Leistungsbeziehungen kommt es auf das der Leistung zugrunde liegende Rechtsverhältnis an (hierzu und zum Folgenden BFH, Urteil vom 15. März 2022 V R 35/20, BStBl II 2023, 150, Rn. 19). Hierbei folgt das Umsatzsteuerrecht grundsätzlich dem Zivilrecht. Danach kommt es für die Abgrenzung zwischen Eigengeschäft und Vermittlungsleistung, die ein Handeln in fremdem Namen erfordert, maßgeblich darauf an, wie der Unternehmer nach außen (hier: gegenüber den Gutscheinerwerbern) auftritt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Wille, in fremdem Namen zu handeln, dann unbeachtlich bleibt, wenn er sich nicht aus einer Erklärung des Handelnden oder aus den Umständen ergibt (vgl. § 164 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs –BGB–: Offenkundigkeitsgrundsatz; BFH vom 22.08.2019 V R 12/19 (V R 9/16), BStBl II 2021, 498, Rz 25 f.). Ein Handeln in fremdem Namen setzt indes nicht voraus, dass der Name des Vertretenen bei Vertragsschluss genannt wird (BFH vom 10.08.2016 V R 4/16, BStBl II 2017, 135, Rz 12; vgl. auch die sog. „Ladenrechtsprechung“, z.B. BFH, Urteil vom 15.05.2012 XI R 16/10, BStBl II 2013, 49, Rz 25). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Unternehmer („Hauptunternehmer“) die Leistung unter Einschaltung eines anderen Unternehmers („Subunternehmer“) erbringt, der wiederum seine Tätigkeit im Außenverhältnis zum Kunden des „Hauptunternehmers“ als dessen Erfüllungsgehilfe ausübt (Senatsbeschluss vom 26.11.2019 - V B 70/18, BFH/NV 2020, 388, Rz 7).
32b) Nach Maßgabe der vorgenannten Grundsätze und unter Berücksichtigung der Gesamtumstände geht der Senat übereinstimmend mit den Beteiligten davon aus, dass der Kläger gegenüber den Gutscheinerwerbern hinsichtlich der auf seiner Internetplattform präsentierten Freizeiterlebnisse in fremden Namen für die Veranstalter dieser Erlebnisse, die sog. …partner des Klägers, auftrat. Der Kläger wies insbesondere in seinen von ihm in den Streitjahren verwendeten AGB darauf hin, dass die Organisation und Durchführung der Erlebnisse allein dem jeweiligen Veranstalter obliege. Es seien hierfür daher auch die Vertrags- und Geschäftsbedingungen des jeweiligen Veranstalters maßgeblich. Er selbst hingegen fungiere nur als Vermittler hinsichtlich der Erlebnisleistung (vgl. … der AGB, Gerichtsakte Bl. 15). Da die Beteiligten im zweiten Rechtsgang übereinstimmend von einer Vermittlertätigkeit des Klägers ausgehen, wird von einer weiteren Begründung abgesehen.
332. Der Kläger erzielte aus seiner Tätigkeit, dem Vertrieb von Gutscheinen für Erlebnisleistungen fremder Dritter, zum Zeitpunkt des Verkaufs und der Ausgabe der sog. Erlebnisgutscheine und zum Zeitpunkt der Einlösung der sog. Wertgutscheine bei einem …partner, jeweils in Höhe der mit dem …partner vereinbarten Marge, steuerbare und steuerpflichtige Umsätze aus den Vermittlungsleistungen (vgl. zu Erlebnisgutscheinen Ausführungen unter a) und zu Wertgutscheinen Ausführungen unter c)). Im Zeitpunkt des Verfalls der sog. Erlebnisgutscheine erhöhte sich nachträglich das Entgelt für seine insoweit erbrachten Vermittlungsleistungen (vgl. Ausführungen unter b)).
34a) Der Kläger erzielte bereits bei Verkauf und Ausgabe von Erlebnisgutscheinen ein Entgelt für eine von ihm erbrachte Leistung.
35aa) Der Umsatz wird gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG bei Lieferungen und sonstigen Leistungen nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist nach § 10 Abs. 1 Sätze 2 und 3 UStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung (UStG a.F.) alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer. Zum Entgelt gehört auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt.
36Diese Vorschriften beruhen auf Art. 73 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Danach ist Besteuerungsgrundlage bei Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen „alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen” (so auch seit dem 01.01.2019 in § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG).
37Trotz der zwischen § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG a.F. und Art. 73 MwStSystRL bestehenden Formulierungsunterschiede führen beide Regelungen zum selben Ergebnis, da weder § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG a.F. die Berücksichtigung der Sicht des Leistenden verbietet noch Art. 73 MwStSystRL eine Berücksichtigung der Aufwendungen des Leistungsempfängers ausschließt (BFH, Urteil vom 06.05.2010 V R 15/09, BStBl II 2011, 142 m.w.N.).
38Dementsprechend richtet sich die Höhe des Entgelts nach dem zwischen Leistendem und Leistungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnis, aus dem sich der für die Steuerbarkeit der Leistung maßgebliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der Leistung und dem erhaltenen Gegenwert ergibt (BFH, Urteil vom 06.05.2010 V R 15/09, BStBl II 2011, 142 m.w.N.).
39bb) Die Steuer entsteht gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG für Lieferungen und sonstige Leistungen bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten, wie im vorliegenden Fall beim Kläger, mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Wird das Entgelt oder ein Teil des Entgelts jedoch vereinnahmt, bevor die Leistung oder die Teilleistung ausgeführt worden ist, so entsteht insoweit die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder das Teilentgelt vereinnahmt worden ist (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG). Dies ist der Fall, wenn der Unternehmer über die Gegenleistung (als den zu vereinnahmenden Betrag) wirtschaftlich verfügen kann (BFH, Urteil vom 22.06.2021 V R 16/20, BFHE 272, 563).
40Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geändert, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 UStG). Die Berichtigung ist für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist (§ 17 Abs. 1 Satz 8 UStG).
41cc) Nach den gem. § 126 Abs. 5 FGO ohne Bindungswirkung erteilten Hinweisen des BFH (vgl. BFH, Urteil vom 15.03.2022 V R 35/20, BStBl II 2023, 150, Rn. 28) kann Entgelt für die Vermittlung der von den …partnern erbrachten Freizeiterlebnissen alles sein, was der Kläger hierfür erhält und damit auch das, was der Kläger nach der mit dem Vertretenen getroffenen Vereinbarung beim Verfall von Gutscheinen behalten darf. Mit dem Verfall des Gutscheins kann es dann zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage für die Vermittlungsleistung nach § 17 Abs. 1 UStG kommen (ähnlich Abschn. 3.17 Abs. 7 Beispiel 2 Satz 12 und Abs. 13 Satz 2 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses zu § 3 UStG i.d.F. des Art. 9 Nr. 2 Buchst. b des Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11.12.2018, BGBl I 2018, 2338).
42dd) Nach Maßgabe der vorgenannten Grundsätze erhielt der Kläger bei Verkauf und Ausgabe eines Erlebnisgutscheins ein Entgelt für seine Vermittlungsleistung in Höhe der ihm hinsichtlich des verkauften Gutscheins nach der mit dem jeweiligen …partner getroffenen Vereinbarung mit Sicherheit verbleibenden Vermittlungsprovision (Marge). Aus dem Verkauf und der Ausgabe von Wertgutscheinen, bei denen im Zeitpunkt der Ausgabe der Veranstalter (…partner) der bei Einlösung des Wertgutscheins in Anspruch genommenen Erlebnisleistung nicht bestimmbar war, erzielte der Kläger hingegen kein Entgelt.
43(1) Der Kläger erbrachte mit der Präsentation des Erlebnisses auf seiner Internetseite und dem Verkauf der Erlebnisgutscheine seine Vermittlungsleistungen an die jeweiligen …partner. Denn nach den für die Streitjahre exemplarisch vorgelegten Vereinbarungen mit den …partnern verpflichtete sich der Kläger diesen gegenüber, die jeweils von einem …partner angebotenen Erlebnisse zu vermarkten und zu vertreiben. Er sagte zu, die Erlebnisse in sein Angebot mit aufzunehmen, zu bewerben und die notwendigen Informationen zu veröffentlichen (vgl. … des Vertrages vom 19.12.2012, Bl. 21R; … des Vertrages vom 24.03.2016). Der Vertrieb sollte vereinbarungsgemäß in Form von Gutscheinen erfolgen … des Vertrages vom 19.12.2012, Bl. 21R) bzw. zur Vermittlung der Erlebnisleistungen sollten Gutscheine/Erlebnistickets erstellt und an die Kunden versendet werden (… des Vertrages vom 24.03.2016). Entgegen der Auffassung des Klägers kam es für seine Leistungserbringung nicht darauf an, ob der Gutscheinerwerber den Gutschein auch einlöste oder nicht. Denn der Kläger schuldete nach den vertraglichen Vereinbarungen mit den …partnern nur die Vermarktung und den Vertrieb der Erlebnisse durch den Verkauf von Erlebnisgutscheinen, nicht aber, dass die Gutscheine auch eingelöst werden.
44Dass die Erlebnisgutscheine – wie der Kläger vorträgt – ganz oder teilweise nicht zuordenbar waren und daher als bzw. wie Wertgutscheine zu behandeln seien, kann der Senat nicht zu seiner Überzeugung feststellen. Der Kläger führt insoweit selbst aus, dass er keine entsprechende Dokumentation bzw. keine entsprechenden Nachweise dafür, dass in den Streitjahren die Erlebnisgutscheine bei der Ausgabe noch nicht einem konkreten …partner zuordenbar waren, mehr erbringen könne. Dies geht zu Lasten des Klägers, da er insoweit steuermindernde Umstände geltend macht, denn die Erlöse aus Wertgutscheinen – soweit sie nicht eingelöst werden – sind nicht steuerbar.
45Darüber hinaus spricht auch für eine Zuordenbarkeit, dass nach den vom Kläger vorgelegten AGB der Gutschein den Erwerber oder eine beliebige andere Person zur Durchführung des entsprechenden Erlebnisses beim jeweiligen Veranstalter berechtigte (… der AGB des Klägers). Der Anspruch auf Durchführung der Erlebnisleistung richtete sich danach gegen einen einzelnen Veranstalter. Dies setzt jedoch voraus, dass dieser bereits bei Ausgabe des Erlebnisgutscheins feststand. Ferner wies der Kläger in seinen AGB darauf hin, dass für die Teilnahme an einzelnen Erlebnissen bestimmte Anforderungen an z.B. Alter, Größe, Gewicht oder Gesundheitszustand seitens des Veranstalters bestanden (… der AGB des Klägers). Da diese aber abhängig vom Veranstalter waren, musste bei der Ausgabe eines Gutscheins, der zur Inanspruchnahme einer Erlebnisleistung berechtigte, bereits festgestanden haben, wer der konkrete Veranstalter der mit dem Gutschein versprochenen Leistung war. In seinen AGB wies der Kläger weiter darauf hin, dass sich nach dem Vertragsschluss, also nach dem Kauf eines (Erlebnis-)Gutscheins, Änderungen bei der Durchführung des Erlebnisses seitens des Veranstalters ergeben könnten (… der AGB des Klägers). Im Fall der Änderung des Ablaufs der Durchführung einer Erlebnisleistung durch den Veranstalter nach dem erfolgtem Vertragsschluss, der nach … der AGB zu Stande kam, sobald ein Artikel im Online-Shop in den Warenkorb gelegt und bestellt und dieses Angebot auf Vertragsabschluss durch den Kläger mit Übersendung einer Bestellbestätigung angenommen wurde, wurde der Gutscheinerwerber nach … der AGB vom Kläger unmittelbar darüber unterrichtet, sobald er, der Kläger, selbst davon Kenntnis erlangt hatte. Aber auch das setzt voraus, dass bereits bei Ausgabe des Gutscheins feststand, wer Veranstalter der im Erlebnisgutschein versprochenen Leistung war. Hinzu kommt, dass der Kläger im Fall der Änderung des Ablaufs auch Kenntnis darüber haben musste, wer über diese Leistung dieses Veranstalters einen Gutschein erworben hatte. Denn anders wäre die nach … der AGB zugesagte Unterrichtung nicht möglich gewesen. Die Zuordenbarkeit eines erworbenen Erlebnisgutscheins und des darin versprochenen Erlebnisses zu einem einzelnen Veranstalter musste auch schon deswegen möglich gewesen sein, da nach … der AGB des Klägers der Gutscheinerwerber einen Anspruch auf Rücktritt vom Erwerb des Gutscheins hatte, wenn sich hinsichtlich des Ablaufs oder auch Inhalts der in dem Gutschein versprochenen Erlebnisleistung erhebliche Abweichungen oder Änderungen durch den Veranstalter ergaben. Dass bereits bei Erwerb eines Erlebnisgutscheins der Veranstalter der darin versprochenen Erlebnisleistung feststand, ergibt sich auch aus … der AGB des Klägers. Danach war der Kläger bis zur Buchung bzw. Terminierung des Erlebnisses beim Veranstalter gegenüber dem Gutscheinerwerber berechtigt, den Rücktritt zu erklären, wenn der Veranstalter nicht mehr mit dem Kläger zusammenarbeitetet oder sein Gewerbe eingestellt hatte (… der AGB des Klägers). Daraus ergibt sich jedoch, dass bereits vor Buchung oder Terminierung der Erlebnisleistung, für die ein Gutschein erworben wurde, feststand, wer der Veranstalter dieser Leistung war.
46Der Ablauf zur Einlösung von Erlebnisgutscheinen, wie dieser in den Hinweisen des Klägers beschrieben war (vgl. …der FAQ des Klägers), spricht ebenfalls dafür, dass bereits bei Erwerb des Erlebnisgutscheins der Veranstalter der darin versprochenen Erlebnisleistung feststand. Danach musste der Gutscheininhaber zur Inanspruchnahme der Erlebnisleistung nur noch einen Termin zur Durchführung abstimmen. Im Umkehrschluss ist danach davon auszugehen, dass der Veranstalter, mit dem der Termin abzustimmen war, ebenfalls bereits feststand. Schließlich hatte der Kläger selbst vorgetragen, dass der Gutscheinerwerber bzw. -inhaber die Kontaktdaten des Veranstalters beim Kläger telefonisch erfragen musste und dann auch erst der Gutschein im System des Klägers freigegeben wurde. Dies setzt aber wiederum voraus, dass im Hinblick auf den jeweiligen Erlebnisgutschein bereits feststand, wer der Veranstalter der mit der Ausgabe des Erlebnisgutscheins versprochenen Leistung war.
47Der Kläger vereinnahmte die mit dem jeweiligen …partner vereinbarte Vermittlungsprovision bereits beim Verkauf eines Erlebnisgutscheins. Er konnte bereits mit Erhalt der Zahlung des Gutscheinerwerbers über diesen Teil des Kaufpreises frei verfügen. Der Kläger musste die für den ausgestellten Gutschein erhaltene Zahlung in Höhe der vereinbarten Vermittlungsprovision nicht an den jeweiligen …partner weiterleiten. Löste der Gutscheininhaber den Gutschein ein, war der Kläger nur zur Weiterleitung der für den Gutschein erhaltenen Zahlung nach Abzug der Vermittlungsprovision verpflichtet. Ließ der Gutscheininhaber den Erlebnisgutschein verfallen, so war der Kläger nicht einmal zur Weiterleitung eines Anteils des erhaltenen Kaufpreises für den Gutschein verpflichtet. Selbst im Fall einer Rückabwicklung ausgestellter Gutscheine, z.B. bei Kündigung des Vertrages zwischen dem Kläger und einem …partner, war der Kläger zur Einbehaltung seiner Vermittlungsprovision berechtigt (vgl. … bzw. … der exemplarisch eingereichten Vereinbarungen, Bl. 22, 25 der Gerichtsakte).
48(2) Entgegen der Auffassung des Klägers handelte es sich bei den von ihm verkauften und ausgegebenen Erlebnisgutscheinen nicht um „verkappte“ Wertgutscheine, sondern um ein aliud. Gegenstand der Erlebnisgutscheine war jeweils eine konkrete Erlebnisleistung, die von einem einzelnen …partner angeboten wurde. Mit dem Kauf des Gutscheins erwarb der Gutscheininhaber – wie ausgeführt – einen Anspruch gegen den …partner auf Durchführung des angegebenen Erlebnisses. Dem Gutscheinkäufer kam es auch gerade auf das von ihm ausgewählte Erlebnis an. Dafür spricht, dass er sich für einen Erlebnisgutschein und nicht für einen vom Kläger ebenfalls angebotenen Wertgutschein entschied. Die ausgewählte Erlebnisleistung war nicht nur ein Verwendungsvorschlag seitens des Klägers. Die Einräumung der Möglichkeit, den Erlebnisgutschein auch für eine andere Erlebnisleistung eines anderen …partners zu verwenden (umzutauschen), steht dem nicht entgegen. Der erworbene Erlebnisgutschein verbriefte gerade nicht den Anspruch auf die Durchführung einer anderen Erlebnisleistung. Hierfür musste der Gutscheinerwerber vielmehr zunächst ein anderes Erlebnis auswählen. Sollte der Inhaber eines Erlebnisgutscheins eine andere Erlebnisleistung auswählen und hierfür den Gutschein verwenden, so erlischt erst in diesem Zeitpunkt sein Anspruch auf Durchführung der Erlebnisleistung, für die der Gutschein ausgestellt worden war. Die sich daraus ergebenden Folgen bestimmen sich nach § 17 UStG.
49(3) Keine der Umsatzsteuer unterliegenden Einnahmen erzielte der Kläger hingegen bei Verkauf und Ausgabe von Wertgutscheinen. Denn in diesen Fällen war weder die Person des Leistungsempfängers einer mit dem Verkauf und der Ausgabe des Gutscheins erbrachten Vermittlungs- bzw. Vertriebsleistung noch die Höhe der dem Kläger bei Einlösung mit Sicherheit verbleibenden Marge bestimmbar. Anders als im Fall von Erlebnisgutscheinen, bei denen der Veranstalter der Erlebnisleistung von vornherein bestimmbar war, wurden die Leistungen eines einzelnen Veranstalters bzw. …partners durch den Verkauf der Wertgutscheine weder vermarktet noch vertrieben. Es handelte sich bei den Wertgutscheinen vielmehr um ein Zahlungsmittel, das von allen teilnehmenden …partnern akzeptiert wurde. Der Verkauf eines Wertgutscheins ließ sich jedoch nicht einem einzelnen …partner als Leistungsempfänger einer vom Kläger damit ausgeführten Vermittlungsleistung zuordnen (anders hingegen der Sachverhalt im Beispielsfall zur Vermittlung von sog. Mehrzweckgutscheinen in Abschn. 3.17 Abs. 13 Satz 2 UStAE).
50(4) Der Kläger erzielte in den Streitjahren aus dem Verkauf von Gutscheinen (Erlebnis- und Wertgutscheine) Erlöse (brutto) i.H.v. … € (2013, netto .. €) und …. € (2014, netto … €). Davon entfielen nach den Angaben des Klägers (Schreiben vom 22.02.2023, Gerichtsakte Bl. 174) auf verkaufte Wertgutscheine Erlöse (brutto) i.H.v. … € (2013 – netto … €) und … € (2014 – netto … €).
51b) Der bei Verfall der nicht eingelösten Erlebnisgutscheine beim Kläger verbleibende Verkaufserlös führte zu einer Erhöhung des Entgelts für die vom Kläger an seine …partner erbrachten Leistungen. Bei Wertgutscheinen führte auch der Ablauf der Einlösefrist weiterhin zu keinem steuerbarem Entgelt.
52aa) Nach den mit seinen …partnern geschlossenen Verträgen war der Kläger nur dann zur Weiterleitung des um die Vermittlungsprovision geminderten erhaltenen Kaufpreises für den Erlebnisgutschein verpflichtet, wenn der Gutscheinerwerber bzw. ‑inhaber den Gutschein tatsächlich einlöste. In den anderen Fällen sahen die Verträge in den Streitjahren keine Pflicht des Klägers zur Weiterleitung der erhaltenen Kaufpreise für die Gutscheine vor.
53Soweit der Kläger meint, dass es an einer ausdrücklichen Regelung, nach welcher der Kläger berechtigt war, den Erlös aus verfallenen Erlebnisgutscheinen zu behalten, fehlte, so war die zwischen dem Kläger und dem jeweiligen …partner getroffene Vereinbarung gleichwohl eindeutig. Es war vereinbart, dass der Kläger den Kaufpreis für den Erlebnisgutschein vereinnahmte und in voller Höhe behalten durfte, bis der Gutscheinerwerber bzw. -inhaber den Erlebnisgutschein beim …partner einlöste. Der Kläger selbst ging auch davon aus, dass er nach den getroffenen Vereinbarungen nicht zur Weiterleitung der Erlöse aus verfallenen Gutscheinen verpflichtet war. Denn er behandelte jeweils nach Ablauf der Einlösefrist den bereits zuvor vereinnahmten Erlös in voller Höhe als Betriebseinnahme in seiner Buchführung.
54Der Verfall eines Erlebnisgutscheins führte danach zu einer (nachträglichen) Erhöhung der zuvor nur aus der mit dem entsprechenden …partner vereinbarten Vermittlungsprovision bestehenden Bemessungsgrundlage i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG. Die Umsatzsteuer entsteht gem. § 17 Abs. 1 Satz 8 UStG grundsätzlich in dem Voranmeldungszeitraum, in dem für den einzelnen Erlebnisgutschein die Frist zur Einlösung abgelaufen ist.
55Es ist zwar zutreffend, wenn der Kläger meint, dass die Erwerber von Erlebnisgutscheinen ihre Zahlung nicht für seine Vermittlungstätigkeit, sondern im Hinblick auf die Erlebnisleistung, welche der jeweilige …partner versprach und bei Einlösung erbrachte, leisteten. Die Grundlage, dass der Kläger bei Verfall des Erlebnisgutscheins gleichwohl als bloßer Vermittler über die gesamte Zahlung, die von dem Gutscheinerwerber im Hinblick auf die Leistung des Veranstalters erbrachte, verfügen konnte, war die jeweilige vertragliche Vereinbarung, die der Kläger mit den …partnern abgeschlossen hatte. Damit stand der Erlös aus den verfallenen Erlebnisgutscheinen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit seiner Vermittlungstätigkeit für seine …partner.
56Die Höhe der in den Streitjahren verfallenen Erlebnisgutscheine ist zu schätzen, da die Beträge im Einzelnen nicht mehr zu ermitteln sind (§ 162 Abs. 1 AO). Ausgehend von den vom Kläger erklärten Einnahmen (brutto) aus verfallenen Gutscheinen i.H.v. … € (2013) und … € (2014) geht der Senat in Übereinstimmung mit den Beteiligten davon aus, dass 2% davon auf Wertgutscheine (2013: … €; 2014: … €) und 98% auf Erlebnisgutscheine (2013: … €; 2014: … €) entfielen.
57bb) Der Verfall von Wertgutscheinen führte hingegen nicht zu einer nachträglichen Erhöhung des Entgelts. Der Kläger erbrachte, anders als im Fall von Erlebnisgutscheinen, mit dem Verkauf und der Ausgabe von Wertgutscheinen – wie oben unter 2. a) dd) (3) ausgeführt – bereits keine steuerbare Leistung; weder an die Gutscheinerwerber noch an einen konkreten …partner. Daher führt der Verfall dieser Gutscheine nicht zu einem (nachträglich erhöhten) Entgelt für eine zuvor erbrachte umsatzsteuerliche Leistung.
58c) Im Fall der Einlösung von Wertgutscheinen erbrachte der Kläger hingegen eine steuerbare Leistung an den …partner, bei dem der Gutschein eingelöst und dessen Erlebnisleistung vom Gutscheininhaber in Anspruch genommen wurde. Denn der Kläger hatte die ausgewählte Erlebnisleistung, wie mit dem …partner vertraglich vereinbart, auf seiner Homepage zur Auswahl präsentiert. Anders als im Fall von Erlebnisgutscheinen ließ sich die Leistung des Klägers bei Wertgutscheinen erst bei Einlösung des Gutscheins einem konkreten Leistungsempfänger und damit einer konkreten Leistung zuordnen. Für seine Vermittlungs- bzw. Vertriebsleistung war der Kläger nur zur Weiterleitung des Preises des eingelösten Gutscheins nach Abzug der mit dem jeweiligen Veranstalter vertraglich vereinbarten Vermittlungsprovision verpflichtet.
59Die Höhe der erzielten steuerpflichtigen Vermittlungsprovisionen aufgrund der Einlösung von Wertgutscheinen ist zu schätzen, da diese nicht mehr ermittelt werden können. Ausgehend von den vom Kläger in den Streitjahren erklärten Vermittlungsprovisionen (jeweils netto 2013: … EUR abzüglich der erklärten Umsätze bis zum 31.03.2013, für die der Kläger die Steuer unstreitig nach § 14c UStG schuldet – … € = … €; 2014: … €) entfielen davon 2 % (2013: … €; 2014: … €) auf eingelöste Wertgutscheine.
60Die Einlösung von Erlebnisgutscheinen führte hingegen nicht zu einem (weiteren) Entgelt für eine Vermittlungsleistung des Klägers, da der Kläger – wie ausgeführt – insoweit bereits mit dem Verkauf des Erlebnisgutscheins seine Vermittlungsleistung erbrachte und das Entgelt in Höhe der vereinbarten Vermittlungsprovision bereits vereinnahmte.
613. Der vom Kläger geltend gemachte Vorsteuerabzug ist in den Streitjahren anteilig zu kürzen.
62a) Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Diese Vorschrift beruht auf Art. 168 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem – MwStSystRL –, wonach der Steuerpflichtige berechtigt ist, die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen, soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden (vgl. BFH-Urteile vom 12.02.2020 XI R 24/18, BStBl II 2022, 191; vom 15.02.2023 – XI R 24/22 (XI R 22/18), BFH/NV 2023, 1152).
63Im Hinblick auf den danach erforderlichen direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsumsatz ist dabei wie folgt zu differenzieren (vgl. EuGH-Urteil vom 29.10.2009 C-29/08, SKF, UR 2010, 107; BFH, Urteile vom 13.01.2011 V R 12/08, BStBl II 2012, 61; vom 06.05.2010 V R 29/09, BStBl II 2010, 885).
64 Besteht der direkte und unmittelbare Zusammenhang zu einzelnen Ausgangsumsätzen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit, die steuerpflichtig sind, kann der Unternehmer den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen. Die für den Leistungsbezug getätigten Aufwendungen gehören dann zu den Kostenelementen seiner zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätze.
65 Bei einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang zu einem Ausgangsumsatz, der mangels wirtschaftlicher Tätigkeit nicht dem Anwendungsbereich der Steuer unterliegt oder –ohne Anwendung von § 15 Abs. 3 UStG – steuerfrei ist, besteht keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug.
66 Fehlt ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, kann der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt sein, wenn die Kosten für die fraglichen Dienstleistungen zu den allgemeinen Aufwendungen des Steuerpflichtigen gehören und – als solche – Kostenelemente der von ihm gelieferten Gegenstände oder erbrachten Dienstleistungen sind. Derartige Kosten hängen nämlich direkt und unmittelbar mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen zusammen (ständige Rechtsprechung, vgl. jeweils m.w.N. z.B. EuGH, Urteil vom 12.11.2020 C-42/19, Sonaecom, UR 2020, 967; vom 15.02.2023 – XI R 24/22 (XI R 22/18), BFH/NV 2023, 1152).
67Soweit Eingangsumsätze vom Unternehmer sowohl für Zwecke seiner besteuerten als auch seiner nichtsteuerbaren Ausgangsumsätze (seiner nichtwirtschaftlichen Tätigkeit) verwendet werden, ist eine Vorsteueraufteilung in analoger Anwendung des § 15 Abs. 4 UStG vorzunehmen (vgl. BFH, Urteile vom 13.01.2011 V R 12/08, BStBl II 2012, 61; vom 15.04.2015 V R 44/14, BStBl II 2015, 679). Beabsichtigt der Unternehmer danach eine von ihm bezogene Leistung zugleich für seine besteuerten Ausgangsumsätze und seine nichtsteuerbaren Ausgangsumsätze zu verwenden, kann er den Vorsteuerabzug grundsätzlich nur insoweit in Anspruch nehmen, als die Aufwendungen hierfür seiner besteuerten Ausgangsumsätze und damit seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen sind. Beabsichtigt der Unternehmer daher eine teilweise Verwendung für nichtsteuerbare Ausgangsumsätze, ist er insoweit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, wie die Eingangsleistung diesen Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist (vgl. § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG). Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln (vgl. § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG). Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist (vgl. § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG).
68b) Der Vorsteuerabzug des Klägers ist im Streitfall zu versagen, soweit seine Eingangsleistungen auf seine nichtsteuerbaren Ausgangsumsätze durch den Verkauf und die Ausgabe von später verfallenen Wertgutscheinen entfielen, da es sich insoweit um nichtbesteuerte Ausgangsleistungen des Klägers handelt (vgl. oben unter 2. a) dd) (3), b) bb)).
69Die Eingangsleistungen, für welche der Kläger den Vorsteuerabzug beansprucht, standen sowohl mit seinen besteuerten als auch mit seinen nichtsteuerbaren Ausgangsumsätzen in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang. Sowohl Erlebnisgutscheine als auch Wertgutscheine wurden über die Internetseite des Klägers vertrieben. Die Aufwendungen, insbesondere für die Erstellung, den Betrieb und die Bewerbung seiner Internetseite, dienten und bezweckten damit direkt und unmittelbar den Vertrieb aller vom Kläger angebotenen und ausgegebenen Gutscheine.
70Der Vertrieb von Wertgutscheinen bezweckte zumindest auch die Erzielung nichtbesteuerter Ausgangsumsätze. Sie dienten nicht, wie der Kläger meint, nur als Mittel zum Zweck der Erzielung von besteuerten Vermittlungsprovisionen bei ihrer Einlösung. Dafür spricht bereits, dass die Nichteinlösung dieser Gutscheine für den Kläger den monetären Vorteil hatte, dass er den vollständigen Verkaufserlös aus den nichteingelösten Gutscheinen für sich behalten konnte. Im Fall der Einlösung war der Kläger hingegen gegenüber dem Veranstalter der vom Gutscheininhaber ausgewählten Erlebnisleistung zur Weiterleitung des erhaltenen Gutscheinpreises i.H.v. durchschnittlich 70 % verpflichtet. Für das grundsätzliche Interesse des Klägers daran, dass ein großer Teil der von ihm verkauften und ausgegebenen Gutscheine nicht eingelöst wurden, spricht bereits, dass der Kläger einschränkend eine Frist von einem Jahr zur Einlösung bestimmte. Diese allein von ihm gesetzte Frist konterkariert seine Behauptung, sein Unternehmenszweck sei allein die Erzielung von Vermittlungsprovisionen aus eingelösten Gutscheinen gewesen. Dies spiegelt im Übrigen auch nicht die wirtschaftliche Realität wieder. So wurden nach den eigenen Angaben des Klägers regelmäßig 40% bis 50 % der von ihm verkauften Gutscheine nicht eingelöst. In den Streitjahren erzielte der Kläger Einnahmen aus eingelösten Gutscheinen i.H.v. … € (2013) und i.H.v. … €, während er (ihm verbleibende) Einnahmen aus verfallenen Gutscheinen als außerordentliche Erträge i.H.v. … € (2013) und … € verbuchte.
71Aus Sicht des Senates sind die Eingangsleistungen den nichtsteuerbaren Ausgangsumsätzen des Klägers wirtschaftlich i.S.d. § 15 Abs. 4 UStG nach dem Verhältnis der in dem Kalenderjahr erzielten besteuerten Vermittlungsumsätze des Klägers zu den nichtsteuerbaren Ausgangsumsätzen zuzurechnen.
724. Nach den Ausführungen zu 2. und 3. ergibt sich eine Umsatzsteuer 2013 i.H.v. … € und eine Umsatzsteuer 2014 i.H.v. … €. Die Umsatzsteuer ermittelt sich dabei wie folgt:
73a) Der Kläger hat zu Unrecht die mit den jeweiligen …partnern vereinbarten Vermittlungsprovisionen erst bei Einlösung der Erlebnisgutscheine durch die Gutscheininhaber als Umsätze erfasst. Nur im Fall der Einlösung von Wertgutscheinen war diese Vorgehensweise zutreffend.
74Danach sind zunächst die vom Kläger in den Streitjahren erklärten Umsätze um die darin enthaltenen Umsätze aus Vermittlungsprovisionen für eingelöste Erlebnisgutscheine zu mindern (Schritt 1).
75Schritt 1) |
2013 |
2014 |
||
Bemessungs-grundlage (netto) |
Umsatzsteuer |
Bemessungs-grundlage (netto) |
Umsatzsteuer |
|
Umsatzsteuer lt. Erklärung des Klägers |
… € |
… € |
||
zzgl. der unstreitigen Feststellungen zu Tz. 2.2 des Prüfungsberichts vom 16.05.2017 |
… € |
… € |
||
abzgl. erklärte Umsätze aus Vermittlungsprovisionen bei Einlösung von Erlebnisgutscheinen |
… € |
… € |
… € |
… € |
Zwischensumme |
… € |
… € |
b) Es sind die beim Verkauf der Erlebnisgutscheine vereinnahmten Entgelte für seine Vermittlungsleistungen i.H.d. der jeweils vereinbarten Vermittlungsprovision als steuerbare und steuerpflichtige Umsätze zu erfassen. Danach sind die vorgenannten Umsätze um die Umsätze aus dem Verkauf von Erlebnisgutscheinen i.H.d. mit den jeweiligen …partnern vereinbarten Vermittlungsprovisionen (netto) zu erhöhen. Im Schätzwege ist in Übereinstimmung mit den Beteiligen von einer durchschnittlichen Vermittlungsprovision von 30 % auszugehen (Schritt 2).
77Schritt 2) |
2013 |
2014 |
||
Bemessungs-grundlage (netto) |
Umsatzsteuer |
Bemessungs-grundlage (netto) |
Umsatzsteuer |
|
Vortrag Schritt 1) |
… € |
… € |
||
Zzgl. 30 % der verkauften Erlebnisgutscheine |
… € x 30% |
… € |
... € x 30% |
… € |
Zwischensumme |
… € |
… € |
c) Es sind darüber hinaus die über die vereinbarte Vermittlungsprovision (brutto) hinausgehenden verbliebenen Anteile des Kaufpreises bei nicht eingelösten und in den Streitjahren jeweils verfallenen Erlebnisgutscheinen, abzgl. der darin enthaltenen Umsatzsteuer, als steuerbare Umsätze (netto) anzusetzen. Danach sind die vorgenannten Umsätze um die über die vereinbarte Vermittlungsprovision (brutto) hinausgehenden verbliebenen Anteile des Kaufpreises (geschätzt mit 70 %) der nicht eingelösten und in den Streitjahren jeweils verfallenen Erlebnisgutscheine, abzgl. der darin enthaltenen Umsatzsteuer, zu erhöhen (Schritt 3).
79Schritt 3) |
2013 |
2014 |
||
Bemessungs-grundlage (netto) |
Umsatzsteuer |
Bemessungs-grundlage (netto) |
Umsatzsteuer |
|
Vortrag Schritt 2) |
… € |
… € |
||
Zzgl. 70 % der verfallenen Erlebnisgutscheine |
… € / 1,19 x 70% |
… € |
… € / 1,19 x 70% |
… € |
Zwischensumme |
… € |
… € |
d) Der Kläger hat zu Unrecht den Vorsteuerabzug in Anspruch genommen, soweit die Eingangsleistungen auf seine in den Streitjahren erzielten nichtsteuerbaren Ausgangsumsätze entfielen. Danach sind die vom Kläger geltend gemachten Vorsteuern (2013: … €; 2014: … €) im Verhältnis der besteuerten Ausgangsumsätze zu den nichtbesteuerten Ausgangsumsätzen (2013: … €; 2014: … €) zu kürzen (Schritt 4).
81Schritt 4) |
2013 |
2014 |
Besteuerte Ausgangsumsätze (brutto) |
||
Umsätze lt. Erklärung (netto) |
… € |
… € |
Abzgl. erklärte § 14c-Umsätze (netto) |
… € |
|
Abzgl. Umsätze lt. Schritt 1 (netto) |
… € |
… € |
Zzgl. Umsätze lt. Schritt 2 (netto) |
… € |
… € |
Zzgl. Umsätze lt. Schritt 3 (netto) |
… € |
… € |
zzgl. USt 19% |
… € |
… € |
Summe |
… € |
… |
Nicht besteuerte Ausgangsumsätze (brutto) |
… € |
… € |
Gesamtsumme |
… € |
… € |
Anteil nichtbesteuerter Ausgangsumsätze |
1,26% |
1,93% |
Schritt 4) |
2013 |
2014 |
||
Bemessungs-grundlage (netto) |
Umsatzsteuer |
Bemessungs-grundlage (netto) |
Umsatzsteuer |
|
Vortrag Schritt 3) |
… € |
… € |
||
Kürzung Vorsteuerabzug |
… € |
… € |
||
Umsatzsteuer |
… € |
… € |
5. Die Umsatzsteuer 2014 bleibt unverändert, da eine Verböserung der bisher festgesetzten Umsatzsteuer von … € durch das Gericht wegen der Rechtsschutzfunktion des finanzgerichtlichen Verfahrens nicht möglich ist (sog. Verböserungsverbot, § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO).
846. Die Kostentenscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO.
857. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
868. Die Revision wird zugelassen, da zur Frage der steuerlichen Behandlung der Vermittlung von Leistungen durch den Vertrieb von Gutscheinen bisher, soweit ersichtlich, keine höchstrichterliche Rechtsprechung ergangen ist.