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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
2Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob die vom Kläger im Rahmen einer Pferdepension zu Zuchtzwecken erbrachten Leistungen der Durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 24 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) unterliegen.
3Der Kläger unterhielt im Besteuerungszeitraum 2018 eine „Pferdepension zu Zuchtzwecken“. In seinem Betrieb wurden im Streitjahr 7 eigene und 73 fremde Pferde von rund 40 Einstallern gehalten. Unter den 73 fremden Pferden befanden sich 30 Zuchtstuten. Im Streitjahr standen dem Kläger 19,68 ha Grünland und 7,77 ha Feldgras für die Grundfutterversorgung zur Verfügung. Auf 5,29 ha baute der Kläger Hafer an. Stroh für die Boxen und Laufställe wurden vom Kläger in der Nachbarschaft zugekauft.
4Der Betrieb wurde zu Beginn des Jahres 2010 von einer herkömmlichen Pferdepension nach und nach in einen spezialisierten Zucht- und Aufzuchtbetrieb umgestellt. Der Kläger errichtete Laufställe, in denen die Aufzuchtpferde und Zuchtstuten in Gruppen gehalten werden konnten. Mit der vollzogenen Umstellung auf die Zucht und Aufzucht von Pferden ist der Reitbetrieb vollständig eingestellt worden. Der Kläger erteilte im Streitjahr weder Reitunterricht noch erbrachte er andere Dienstleistungen für Hobby-Pferdehalter, mit Ausnahme der in Bezug zur Pferdezucht stehenden Leistungen. Die Reithalle nutzte der Kläger zu 2/3 als Strohlager und zu 1/3 als Bewegungsfläche für die Zuchtpferde.
5Der Betrieb ist – nach den unbestrittenen Angaben des Klägers – derart abgelaufen, dass zuchtbereite Pferdebesitzer zunächst vom Kläger züchterisch beraten wurden. Im Anschluss war zu entscheiden gewesen, welcher Hengst für die Belegung geeignet ist. Manche Pferdebesitzer wählten den Hengst selbstständig aus, andere hingegen erteilten ihm einen entsprechenden Auftrag zur Auswahl. Im Optimalfall wurde die Stute auf Anhieb trächtig. Die Tragezeit dauerte ca. 11 Monate. Die eingestellten Stuten wurden in dieser Zeit vom Kläger bzw. seinen Mitarbeitern versorgt, d.h. sie wurden getränkt, gefüttert, die Pferdboxen ausgemistet und mit Stroh eingedeckt. Während der Trächtigkeit wurden die Stuten besonders überwacht. Ein Tierarzt suchte täglich den Betrieb auf. Bei der Geburt war vornehmlich der Kläger zugegen. Der Pferdeeinsteller wurde regelmäßig erst nach der erfolgten Geburt von ihm verständigt. Die Geburt und die Aufzucht des Fohlens gehörten ebenfalls zum Auftrag, in der Regel bis zu einem Alter des Jungpferdes von maximal 3 Jahren. Nach Abschluss der Aufzuchtphase entschied der Pferdebesitzer über die zukünftige Verwendung des Pferdes. Pferde in diesem Alter, die zu Reitzwecken ausgebildet werden sollten, verließen dann den klägerischen Betrieb.
6Die Besamung erfolgte durch den Tierarzt. Die Kosten für das Sperma bzw. die Decktaxe und die Behandlungen und Untersuchungen durch den Tierarzt wurden jeweils direkt mit den Pferdebesitzern abgerechnet. Die Stute wurde in eine Pferdegruppe integriert. Kurz vor der Geburt des Fohlens nahm der Kläger die Stute dann aus der Gruppe wieder heraus. Sie kam für eine kurze Zeit in eine Einzelbox, in der der Kläger die Geburt besser überwachen und begleiten konnte. Nach der Geburt stand eine intensive Betreuung von Stute und Fohlen auf dem Programm. Die Pferdebesitzer kümmerten sich in der Regel nicht um ihre Tiere, sondern gaben diese vollumfänglich in die Obhut des Klägers. Wenn die Fohlen abgesetzt waren, begann die Aufzuchtphase wieder in Gruppen. Eine „andere Nutzung" der Pferde – so der Vortrag des Klägers – findet nicht statt, weil sich Reitpferde regelmäßig nicht für die Zucht eignen.
7Im Sommer standen – mit Ausnahme von kranken Pferden – grundsätzlich alle Tiere auf der Weide. Dabei trennte er die Pferde alters- und geschlechtsmäßig. So waren bis zu acht unterschiedliche Gruppen in dem Betrieb untergebracht; davon eine Herde mit Stuten einschließlich Fohlen. Die Fohlen verblieben sechs Monate bei der Mutter. Danach teilte er die Fohlen der Gruppe der bis einjährigen Jungpferde zu, getrennt nach Hengst- und Stutenfohlen. In den unterschiedlichen Gruppen waren die Pferde auch auf den Koppeln getrennt. Im Winter wurden die Pferde dann in Laufställen verschiedener Größe, acht an der Zahl, gehalten. Im Rahmen der Umstellung vom Reitbetrieb auf den spezialisierten Zucht- und Aufzuchtbetrieb wurden die Einzelboxen zu Gruppenboxen umgebaut. Die Zuchtstuten wurden täglich in der ehemaligen Reithalle bewegt oder zusammen auf den Paddocks laufen. Ansonsten waren sie in den Einzelboxen untergebracht.
8Der Beklagte führte beginnend im April 2019 eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durch. In dem Bericht über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom 19.8.2019, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, führte die Prüferin im Wesentlichen aus, dass der Kläger bis Mitte September 2018 Einnahmen aus der Pensionstierhaltung als steuerpflichtige Erlöse zu 19 % in den Voranmeldungen erklärt habe. Ab Oktober 2018 seien die Voranmeldungen mit jeweils 0,00 € eingereicht worden. Nach der klägerischen Auffassung seien die Einnahmen dem landwirtschaftlichen Betrieb zuzurechnen und unterlägen somit gemäß § 24 UStG der Durchschnittssatzbesteuerung. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung habe ein Landwirt aber keinen Anspruch auf die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung für im Rahmen einer Pensionstierhaltung zu Zuchtzwecken erbrachte Dienstleistungen, wenn die Tiere nicht zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt würden. Bei den Besitzern der eingestellten Pferde handele es sich nur bei dem Gestüt O KG um einen landwirtschaftlichen Betrieb. Die übrigen Pferde seien von Nichtlandwirten eingestellt worden und dienten Freizeitzwecken. Die Einnahmen und Ausgaben seien auf die regelbesteuerte Pensionstierhaltung und auf der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegende Umsätze aufzuteilen.
9Der Kläger reichte am 11.9.2019 eine eine Erstattung ausweisende Umsatzsteuer-Erklärung für 2018 bei dem Beklagten ein, in der er eine Umsatzsteuer i. H. von 26.499,46 € bei Umsätzen zu 19 % i. H. von 184.486 €, Umsätze land- und forstwirtschaftlicher Betriebe nach § 24 UStG i. H. von 49.750 € und Vorsteuerbeträgen i. H. von 8.552,90 € erklärte. Der Beklagte stimmte der Umsatzsteuer-Erklärung durch Mitteilung vom 24.9.2019 zu.
10Der Kläger legte gegen die Umsatzsteuer-Festsetzung für 2018 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 28.5.2020 als unbegründet zurück. In seiner Begründung führte der Beklagte aus, dass die streitbefangenen Umsätze nicht unter die Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG fallen würden. Die im Streitfall zu beurteilenden sonstigen Leistungen der Zucht würden beim Leistungsempfänger nicht landwirtschaftlich genutzt. Die Leistungsempfänger hielten die betreuten Pferde zu Freizeitzwecken. Für die Beurteilung sei es, anders als vom Kläger dargestellt, nicht maßgeblich, dass die Pferde zu Zuchtzwecken bei ihm, dem Kläger, eingestellt gewesen seien, sondern dass die empfangene Dienstleistung vom Leistungsempfänger auch wieder zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt werde. Nachweise darüber, dass die Leistungsempfänger die Pferde zu landwirtschaftlichen Zwecken insbesondere selbst zur Zucht nutzen würden, seien nicht erbracht worden. Die Leistungsempfänger der strittigen Umsätze hätten die Zucht lediglich zu Freizeitzwecken in Anspruch genommen. Dementsprechend seien die ausgeführten Leistungen nach den Leistungsempfängern aufgeteilt und einzeln geprüft worden. So seien die an das Gestüt O ausgeführten Umsätze der Durchschnittssatzbesteuerung unterworfen worden. Für die übrigen – in diesem Verfahren strittigen – Umsätze könne die Durchschnittssatzbesteuerung jedoch keine Anwendung finden.
11Dagegen hat der Kläger Klage erhoben. Seine Tätigkeit beschränke sich auf die Zucht und Aufzucht von Pferden. Zucht und Aufzucht seien Tätigkeiten, die gemäß § 24 UStG pauschal zu versteuern seien. Für die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung sei es nicht Voraussetzung, dass der Leistungsempfänger eine Erzeugertätigkeit im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausübe. Er verweise auf Abschnitt 24.3 Abs. 5 Satz 3 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) und auf das Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen (BMF-Schreiben) vom 27.8.2015 (Bundessteuerblatt – BStBl – I 2015, 656). Insofern sei nicht die Person des Leistungsempfängers entscheidend. Es komme vielmehr darauf an, ob die von ihm in seiner Pferdepension betreuten Pferde von ihren Haltern aus privaten Gründen zu Freizeitzwecken, z.B. als private Reit- und Sportpferde, oder aber ausnahmsweise zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt würden. Vorliegend seien die gegenüber den Einstallern erbrachten Zucht- und Pensionsleistungen als einheitliche Dienstleistung im Sinne des § 3 Abs. 9 UStG zu qualifizieren. Die von ihm betriebene Pensionspferdehaltung zu Zuchtzwecken werde mit Hilfe von Wirtschaftsgütern erbracht, die seinem normalen Ausrüstungsbestand zuzurechnen seien. Die Umsatzsteuer-Sonderprüfung habe keinen schädlichen Überbestand an Ausrüstungsgegenständen festgestellt. Zudem hätten die Einstaller ihre Pferde bei ihm nicht zu Freizeitzwecken untergestellt, sondern zu Zuchtzwecken. Der Zuchtzweck sei eine landwirtschaftliche Dienstleistung im Sinne von Anhang VIII zur Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung (Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 24.1.2015 XI R 13/13, Sammlung amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFHE – 248, 462, BStBl II 2015, 730) seien die von ihm erbrachten Pensionsleistungen zu Zuchtzwecken daher vom Anwendungsbereich der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG erfasst.
12Der entscheidende Unterschied im vorliegenden Rechtsstreit sei derjenige, dass er die eingestallten Pferde eben nicht zu Freizeitsportzwecken, sondern ausschließlich zu Zuchtzwecken nutze.
13Der Kläger beantragt,
14die Umsatzsteuer-Festsetzung für 2018 vom 16.9.2019 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 28.5.2020 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer um 22.124,42 € niedriger festgesetzt wird,
15hilfsweise, die Revision zuzulassen.
16Der Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen der Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus: Für die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 Abs. 1 Satz 1 UStG sei allein maßgeblich, dass die Umsätze im Rahmen einer land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit ausgeführt würden. Die Nutzung der Pferde durch die Eigentümer zu privaten Freizeitsportzwecken sei für die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung schädlich. Insoweit sei der Vortrag der Klägerseite, dass es sich bei dem Betrieb des Klägers um einen spezialisierten Aufzuchtbetrieb handele, für die Besteuerung der Umsätze unmaßgeblich. Dies sei auch nicht der zitierten Fundstelle (Abschnitt 24.3 Abs. 12 1. Spiegelstrich UStAE) zu entnehmen.
19Der Kläger ist mit Verfügung vom 30.10.2023 gemäß § 79b Abs. 2 FGO aufgefordert worden, bis zum 30.11.2023 substantiiert zu jedem einzelnen im Streitzeitraum getätigten, in diesem Verfahren strittigen Umsatz vorzutragen und durch geeignete Unterlagen nachzuweisen, dass der jeweilige Leistungsempfänger die jeweiligen eingestellten Pferde zu land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt habe. In der Verfügung ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass Erklärungen oder Beweismittel, die nach Ablauf der Frist eingehen, gemäß § 79b Abs. 3 FGO zurückgewiesen werden können, wenn deren Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und der Kläger die Verspätung nicht genügend entschuldige. Der Kläger ist der Aufforderung nicht nachgekommen.
20Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.
21Entscheidungsgründe
22I. Die Klage ist unbegründet.
231. Die – nach Zustimmung durch den Beklagten – einer Umsatzsteuer-Festsetzung für 2018 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Umsatzsteuererklärung vom 11.9.2019 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 28.5.2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –). Der Beklagte hat die vom Kläger erbrachten Leistungen im Rahmen der „Pferdepension zu Zuchtzwecken“ zu Recht der Regelbesteuerung unterworfen.
242. Die Umsätze im Rahmen der Pferdepension zu Zuchtzwecken fallen weder unter die Durchschnittssatzbesteuerung i. S. des § 24 UStG in der im Streitzeitraum geltenden Fassung (3.) noch sind sie steuerfrei im Sinne des § 4 Nr. 12 Buchst. a) UStG (4.). Auch liegen die Voraussetzungen der Besteuerung mit dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 3 UStG nicht vor (5.).
253. Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG wird für „die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze“ vorbehaltlich der Sätze 2 bis 4 die Steuer für die nicht näher bezeichneten „übrigen Umsätze“ auf 10,7 % der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Die Vorsteuerbeträge werden, soweit sie den „übrigen Umsätzen“ zuzurechnen sind, auf 10,7 % der Bemessungsgrundlage für diese Umsätze festgesetzt; ein weiterer Vorsteuerabzug entfällt (§ 24 Abs. 1 Sätze 3 und 4 UStG). Durch diese Regelungen gleichen sich Steuer und Vorsteuer aus, sodass der Landwirt im Ergebnis für diese Umsätze keine Umsatzsteuer zu entrichten hat.
26a) Als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gelten nach § 24 Abs. 2 Satz 1 UStG
27„1. die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft, der Wein-, Garten-, Obst- und Gemüsebau, die Baumschulen, alle Betriebe, die Pflanzen und Pflanzenteile mit Hilfe der Naturkräfte gewinnen, die Binnenfischerei, die Teichwirtschaft, die Fischzucht für die Binnenfischerei und Teichwirtschaft, die Imkerei, die Wanderschäferei sowie die Saatzucht;
282. Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe, soweit ihre Tierbestände nach den §§ 51 und 51a des Bewertungsgesetzes zur landwirtschaftlichen Nutzung gehören.“
29Zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehören nach § 24 Abs. 2 Satz 2 UStG auch die Nebenbetriebe, die dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu dienen bestimmt sind.
30b) § 24 UStG ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, die vom erkennenden Senat geteilt wird, richtlinienkonform entsprechend Art. 295 ff. der MwStSystRL auszulegen (vgl. BFH-Urteil vom 21.1.2015 XI R 13/13, BFHE 248, 462, BStBl II 2015, 730 m. w. N.). Danach finden die sogenannten Pauschalausgleichs-Prozentsätze gemäß Art. 300 f. MwStSystRL auf landwirtschaftliche Erzeugnisse und landwirtschaftliche Dienstleistungen Anwendung.
31Nach Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 MwStSystRL gehören zu den „landwirtschaftliche Dienstleistungen“ nur solche Dienstleistungen,
32„die von einem landwirtschaftlichen Erzeuger mit Hilfe seiner Arbeitskräfte oder der normalen Ausrüstung seines land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betriebs erbracht werden und die normalerweise zur landwirtschaftlichen Erzeugung beitragen, und zwar insbesondere die in Anhang VIII aufgeführten Dienstleistungen“.
33c) Nach der Rechtsprechung des EuGH gilt die Pauschalbesteuerung gemäß Art. 296 Abs. 1 der MwStSystRL nur für die Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und die Erbringung landwirtschaftlicher Dienstleistungen. Dagegen unterliegen die sonstigen Umsätze der Pauschallandwirte der allgemeinen Besteuerungsregelung (vgl. zur inhaltsgleichen Richtlinie 77/388/EWG: EuGH-Urteil vom 15.7.2004 C-321/02, Harbs, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung – HFR – 2004, 935, Rn. 31 und 36).
34Dabei ist die Sonderregelung des Art. 296 der MwStSystRL eng auszulegen und darüber hinaus nur insoweit anzuwenden, als dies zur Erreichung ihres Zieles erforderlich ist (EuGH-Urteil vom 15.7.2004 C-321/02, Harbs, HFR 2004, 935, Rn. 31 und 36). Dieses Ziel besteht darin, die Belastung durch die Steuer auf von den Landwirten bezogene Gegenstände und Dienstleistungen dadurch auszugleichen, dass den landwirtschaftlichen Erzeugern, die ihre Tätigkeit im Rahmen eines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder Fischereibetriebs ausüben, ein Pauschalausgleich gezahlt wird, wenn sie landwirtschaftliche Erzeugnisse liefern oder landwirtschaftliche Dienstleistungen erbringen.
35Als „landwirtschaftliche Dienstleistungen“ sind daher nicht Leistungen anzusehen, die keinen landwirtschaftlichen Zwecken dienen und sich nicht auf normalerweise in land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betrieben verwendete Mittel beziehen.
36d) Dieser Auslegung folgt die höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 13.8.2008 XI R 8/08, BFHE 221, 569, BStBl II 2009, 216 und vom 21.1.2015 XI R 13/13 , BFHE 248, 462, BStBl II 2015, 730 m. w. N.), die vom erkennenden Senat in ständiger Rechtsprechung geteilt wird (vgl. z.B. Finanzgericht (FG) Münster, Beschluss vom 31.10.2005 15 V 3498/05 U, Sammlung der Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2006, 459 und FG Münster, Urteil vom 20.2.2018 15 K 3117/17 U, EFG 2018, 693). Danach unterliegen insbesondere die Umsätze eines Landwirts aus dem Einstellen, Füttern und Betreuen von Reitpferden (sog. Pensionspferdehaltung) nicht der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG (BFH-Urteil vom 21.1.2015 XI R 13/13, BFHE 248, 462, BStBl II 2015, 730 m. w. N.). Dies gilt auch für die Pensionspferdehaltung von Freizeitpferden (BFH-Urteil vom 10.9.2014 XI R 33/13, BFHE 247, 360, BStBl II 2015, 720).
37e) Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei den vom Kläger erbrachten Leistungen im Rahmen der „Pferdepension zu Zuchtzwecken“ nicht um die Erbringung landwirtschaftlicher Dienstleistungen. Der Umstand, dass der Kläger Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Zucht der bei ihm eingestellten Pferde erbringt, ist nach Auffassung des Senats zunächst ein indifferenter Umstand. Erst die Betrachtung der Verwendung des Zuchtergebnisses, also der neu gezüchteten Pferde, gibt den Ausschlag, ob es sich um eine landwirtschaftliche Dienstleistung handelt. Würde also das gezüchtete Pferd z.B. für forstwirtschaftliche Tätigkeiten eingesetzt oder unmittelbar in die Nahrungsmittelproduktion eingehen, läge mit den mit der Zucht zusammenhängenden Leistungen begünstigte Dienstleistungen vor. Dient das Zuchtergebnis aber lediglich Freizeitzwecken (Reitpferd, Springpferd), so liegt keine begünstigte land- oder forstwirtschaftliche Dienstleitung vor (so auch BFH-Urteil vom 21.1.2015 XI R 13/13, BFHE 248, 462, BStBl II 2015, 730, mit Anm. Grube in HFR 2015, 513). Der erkennende Senat sieht diese Auslegung dadurch gerechtfertigt, dass mit der Regelung letztlich nur die landwirtschaftliche Erzeugung – vor allem die Nahrungsmittelproduktion – begünstigt werden soll, wie es für die Dienstleistungen auch ausdrücklich in Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 MwStSystRL normiert ist („[…] und die normalerweise zur landwirtschaftlichen Erzeugung beitragen […]“) sei es auf einer Produktionsstufe oder unmittelbar gegenüber einem Endverbraucher.
38Der erkennende Senat hat den Kläger mit Verfügung gemäß § 79b Abs. 2 FGO vom 30.10.2023 aufgefordert, vorzutragen und durch geeignete Unterlagen nachzuweisen, dass der jeweilige Leistungsempfänger die jeweiligen eingestellten Pferde zu land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt hat. Dieser Aufforderung ist der Kläger nicht nachgekommen. Seitens des Klägers ist daher die Verwendung der gezüchteten Pferde zu land- oder forstwirtschaftlichen Zwecke nicht nachgewiesen. Letzteres ist für den Senat aus dem Akteninhalt und auch sonst nicht ersichtlich.
39Können keine Feststellungen zur Nutzung zu land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken beim Einsteller – wie in diesem Streitfall – getroffen werden, so kommt die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG nicht zur Anwendung (so auch ausdrücklich BFH-Urteil vom 13.12.2017 XI R 12/16, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2018, 448, Rn. 24 und 26).
404. Die Umsätze im Rahmen der Pferdepension sind zudem keine nach § 4 Nr. 12 Buchst. a) UStG steuerfreien Umsätze. § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a) UStG befreit die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken. Unionsrechtlich beruht diese Vorschrift auf dem gleichlautenden Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL.
41Die Leistung des Klägers stellt sich als eine einheitliche Leistung in Form einer sonstigen Leistung im Sinne des § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG dar, wobei weder die Überlassung eines Boxenplatzes noch die Überlassung einer Weide oder der Paddocks der Leistung des Klägers das Gepräge geben (zur Unionsrechtskonformität dieser Auslegung vgl. BFH-Urteil vom 10.8.2016 V R 14/15, BFH/NV 2017, 63).
42Bei der Pensionspferdehaltung stellen die vom Unternehmer gegenüber den Einstallern erbrachten Leistungen, die neben der Unterbringung der Pferde weitere Leistungen der Versorgung der Tiere wie die Lieferung von Futter, die Fütterung und das Tränken und die sonstige Betreuung der Pferde, umfassen, aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers ein Leistungsbündel dar, die den einzelnen Leistungselementen das Gepräge einer einheitlichen sonstigen Leistung vermitteln. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH (zuletzt Urteil vom 10.8.2016 V R 14/15, BFH/NV 2017, 63) geht der Senat wie bereits in seinen Urteilen vom 18.8.2009 15 K 3176/05 U (EFG 2009, 1979), bestätigt durch BFH-Urteil vom 30.3.2011 XI R 26/09 (BFH/NV 2011, 1540) und vom 4.6.2013 15 K 2799/12 U, bestätigt durch BFH, Beschluss vom 11.2.2014 V B 70/13, davon aus, dass mit der „Pensionspferdehaltung“ eine einheitliche sonstige Leistung sui generis ausgeführt wird, deren Schwerpunkt nicht in der Vermietung eines Grundstücks liegt.
435. Die vom Kläger erzielten Umsätze unterliegen gemäß § 12 Abs. 1 UStG dem allgemeinen Steuersatz. Die Vorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG („Aufzucht und Halten von Vieh“) ist im Streitfall nicht einschlägig (vgl. eingehend BFH-Urteil vom 22.1.2004 V R 41/02, BFHE 204, 371, BStBl II 2004, 757). Nach Art. 98 i. V. mit Anhang III Nr. 11 der MwStSystRL können die Mitgliedstaaten auf die „Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen, die in der Regel für den Einsatz in der landwirtschaftlichen Erzeugung bestimmt sind, mit Ausnahme von Investitionsgütern wie Maschinen oder Gebäuden“ einen ermäßigten Umsatzsteuersatz anwenden. Denn unter den Begriff der "Viehzucht und -haltung" fällt nur dann eine landwirtschaftliche Dienstleistung, wenn diese "normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion" beiträgt. Hieran fehlt es im Streitfall, wie bereits unter I. 3. ausgeführt.
44Auch die Einnahmen aus der Bereitstellung der Futtermittel sind nicht mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 % zu versteuern. Aufgrund der Einheitlichkeit der Leistung der gesamten „Pensionspferdehaltungsleistung zu Zuchtwecken“, für die ein einheitlicher Steuersatz von 19 % gilt, ist auch für alle darin aufgehenden einzelnen Leistungsaspekte dieser einheitlichen Leistung und damit auch für die Futtermittelgestellung der Regelsteuersatz von 19 % anzuwenden. Für die Futtermittelgestellung kann daher nicht der ermäßigte Steuersatz gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG in Anspruch genommen werden.
45II. Die Kostentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
46III. Die Revision war nicht zuzulassen, da keine Zulassungsgründe im Sinne des § 115 Abs. 2 FGO vorliegen.