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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Auswirkungen eines unterjährigen Wechsels der Gesellschafter auf Seiten der Organträgerin (Klägerin) auf die Ermittlung und die Höhe des maßgebenden Gewerbeertrages nach §§ 10, 10 a Gewerbesteuergesetz (GewStG).
3Die Klägerin ist gewerbesteuerliche Organträgerin i.S. von § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG im Verhältnis zur B. GmbH sowie zur C. GmbH als jeweilige Organgesellschaften. Komplementärin der Klägerin ist die D. GmbH, die zu 3 % an der Gesellschaft beteiligt ist. Vom 01.01.2014 bis zum 31.10.2014 waren Kommanditisten der Klägerin E., F. und G..
4Mit notariellem Abtretungs- und Einbringungsvertrag vom xx.xx.2014 brachten die genannten Kommanditisten ihre Anteile an der Klägerin (insgesamt 97 %) gegen Gewährung von neuen Gesellschaftsrechten zum 01.11.2014 in die Firma H. GmbH & Co. KG (H.-KG) ein. Die 3 %-ige Komplementärbeteiligung der weiteren Gesellschafterin D. GmbH an der Klägerin blieb unverändert bestehen. Wegen der Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag vom xx.xx.2014 Bezug genommen.
5Bei der Klägerin bestand zum 31.12.2013 kein vortragsfähiger Gewerbeverlust i.S. des § 10a GewStG. lm Erhebungszeitraum 2014 erlitt die Klägerin vor Berücksichtigung der gewerbesteuerlichen Organschaftsfolgen nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG einen laufenden Verlust in Höhe von 271.400 €. Die laufenden Gewinne der beiden Organgesellschaften betrugen im Erhebungszeitraum 2014 insgesamt 737.800 €.
6Aufgrund einer Prüfungsanordnung vom xx.xx.2016 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Außenprüfung durch. Der Betriebsprüfer vertrat - neben weiteren, hier nicht mehr streitigen Punkten - zur Gewerbesteuer die Auffassung, dass die von der Klägerin für 2014 erlittenen Verluste i.H.v. 271.440 € zu 97 % von 10/12 dieses Betrages, also i.H.v. 219.414 €, gemäß § 10a GewStG nicht berücksichtigungsfähig seien, da es aufgrund des Gesellschafterwechsels insoweit an einer Unternehmeridentität fehle. Mithin könne nur ein Restbetrag von 52.026 € mit den Organergebnissen verrechnet werden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Ausführungen im Betriebsprüfungsbericht vom xx.xx.2018.
7Mit Bescheid für 2014 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 13.01.2020, der einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid vom 20.05.2016 änderte, setzte der Beklagte den Gewerbesteuermessbetrag auf ... € fest. Dabei legte er die Ergebnisse der Betriebsprüfung zugrunde. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin durch ihren seinerzeitigen Bevollmächtigten am 29.01.2020 Einspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass der Gesellschafterwechsel auf der Ebene der Organträgerin die Verlustberücksichtigung nicht ausschließe. Wegen der Einzelheiten wird auf das Einspruchsschreiben vom 28.01.2020 und die ergänzende Begründung vom 23.12.2020 Bezug genommen.
8Mit Einspruchsentscheidung vom 07.09.2021 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus: Die Organschaft sei ein eigenständiges steuerliches Rechtsinstitut. Schuldner der Gewerbesteuer sei nur der Organträger, die Organgesellschaften blieben trotz der Fiktion des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG selbstständig. Die Ermittlung des Gewerbeertrages des Organkreises erfolge zweistufig. Auf der ersten Stufe sei zunächst der Gewerbeertrag für jeden Gewerbebetrieb des Organkreises zu ermitteln und auf der zweiten Stufe müssten sämtliche Gewerbeerträge zusammengerechnet, gegenüber dem Organträger festgesetzt und bei ihm der Gewerbesteuer unterworfen werden. Auf beiden Stufen sei eine Unternehmens- und Unternehmeridentität erforderlich.
9Im Streitfall sei durch die Einbringungsvorgänge und den Gesellschafterwechsel zum 01.11.2014 im Umfang von 97 % die Unternehmeridentität der Klägerin nicht mehr gewahrt, weshalb der laufende Gewerbeverlust nach § 10a GewStG insoweit anteilig untergehe. Der positive Gewerbeertrag der Organgesellschaften könne unterjährig nicht dem Organträger zugerechnet werden und dessen laufenden Gewerbeverlust ausgleichen, da das Organeinkommen erst zum 31.12.2014 und damit nach dem Gesellschafterwechsel dem Organträger zufließe und hierbei ausnahmslos nur den Gesellschaftern der organtragenden Personengesellschaft zuzurechnen sei, die im Zeitpunkt der Einkommenszurechnung an der Organträgerin beteiligt seien. Denn dem Organträger würden nicht etwa negative Einkünfte, sondern das negative Einkommen der Organgesellschaft zugerechnet. Diese Hinzurechnung erfolge erst zum Ende des Veranlagungszeitraums und zwar auf der Stufe nach Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte. Eine vorherige Hinzurechnung des Organeinkommens sei damit ausgeschlossen. Den natürlichen Personen, die bis Ende Oktober 2014 Mitunternehmer der Klägerin gewesen seien, sei das Organeinkommen aus 2014 folglich nicht zuzurechnen und könne mithin auch nicht im Rahmen des Gewerbeertrags zum Verlustausgleich verwendet werden. Die Organeinkommen seien vielmehr anteilig der neuen Mitunternehmerin (der H.-KG) zuzurechnen und von dieser zu versteuern.
10Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin fristgerecht am 06.10.2021 Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus: Der auf ihrer Ebene erfolgte partielle Gesellschafterwechsel habe keine gewerbesteuerlichen Folgen, weil bei ihr aufgrund der Organschaftswirkungen weder im gesamten Streitjahr 2014 noch unterjährig zum Zeitpunkt des Gesellschafterwechsels ein laufender Gewerbeverlust entstanden sei. Der Gewerbesteuermessbetrag 2014 sei daher wie folgt unter voller Berücksichtigung des Betriebsergebnisses der Klägerin zu ermitteln:
11Klägerin ./. 271.440 €
12Organgesellschaften 737.800 €
13Gewerbeertrag 466.300 €
14abzgl. Freibetrag ./. 24.500 €
15Gewerbeertrag 441.800 €
16Der GewSt-Messbetrag (3,5% des Gewerbeertrages) betrage daher ... €.
17Dies ergebe sich daraus, dass eine Beschränkung der Verrechenbarkeit des laufenden Verlustes der Klägerin nicht vorzunehmen sei, weil dieser aufgrund der Wirkungen der gewerbesteuerlichen Organschaft nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG keiner eigenständigen Verlustkürzung infolge partiellen Unternehmerwechsels zugänglich sei. Im Kontext der gewerbesteuerlichen Organschaft gelte nicht das förmliche Zurechnungsprinzip des § 14 Abs. 1 Satz 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG), sondern die eigenständige Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG. Danach gelte die Organgesellschaft als Betriebsstätte des Organträgers. Bereits aus der abweichenden Terminologie der körperschaftsteuerrechtlich erforderlichen Zurechnung und der bloßen gewerbesteuerlichen Betriebsstätteneigenschaft der Organgesellschaft folge, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der gewerbesteuerlichen Organschaft einen anderen Weg als im Körperschaftsteuerrecht eingeschlagen habe. Eine Betriebsstätte sei im Gegensatz zur Organgesellschaft stets ein unselbstständiger Bestandteil des Trägerunternehmens. Einer gesonderten Zurechnung des gewerbesteuerlichen Ergebnisses der Organgesellschaft zum Organträger bedürfe es daher nicht. Dieser grundlegende dogmatische Unterschied führe im Streitfall dazu, dass die laufenden Ergebnisse der Klägerin entweder am Ende des Erhebungszeitraums oder anlassbezogen zum Zeitpunkt des Gesellschafterwechsels zusammenzurechnen und die gewerbesteuerlichen Rechtsfolgen an dieses saldierte Zwischenergebnis anknüpfen müssten.
18Für den Streitfall müsse daher dieses „Betriebsstättenkonzept“ fortentwickelt werden. Letztlich sei lediglich zu prüfen, ob sich bei der Saldierung der Betriebsergebnisse zum Zeitpunkt des Gesellschafterwechsels oder zum Ende des Erhebungszeitraums beim Organträger ein laufender Verlust ergebe. Da sich im Fall der Klägerin nach Zusammenrechnung ihres laufenden Verlustes mit den laufenden Gewinnen der Organgesellschaften stets ein positiver Gewerbeertrag ergeben habe, komme es nicht zum Wegfall des negativen Ergebnisses. Denn die gemäß §§ 7 ff. GewStG zunächst getrennt ermittelten Gewerbeerträge der Organgesellschaften seien in einem zweiten Schritt ohne förmliche Zurechnung zu einem - stets von Beginn an originären - einheitlichen Gewerbeertrag des Organträgers zusammenzurechnen. Hierbei handelt es sich letztlich nur um einen Rechenvorgang, da sämtliche mit dem gewerbesteuerlichen Organschaftsverhältnis verbundenen Rechtsfolgen von Anfang an allein beim Organträger einträten.
19Nach diesen Grundsätzen habe der zum 01.11.2014 erfolgte Gesellschafterwechsel zwar zu einem partiellen Wegfall der Unternehmeridentität geführt. Dieser Umstand habe aber keine gewerbesteuerrechtlichen Folgen, weil bei der Klägerin zu keinem denkbar maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt ein laufender Verlust vorgelegen habe. Dieser Sichtweise habe sich auch der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 04.05.2017 (lV R 2/14, BStBl. II 2017, 1138) angeschlossen.
20Die Klägerin beantragt,
21den Bescheid für 2014 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 13.01.2020 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 07.09.2021 in der Weise zu ändern, dass der Gewerbesteuermessbetrag auf ... € herabgesetzt wird;
22hilfsweise die Revision zuzulassen.
23Der Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Zur Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidung vom 07.09.2021 und führt ergänzend aus: Die Fiktion des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG bei einer steuerlichen Organschaft stehe hinsichtlich der nicht gewahrten Unternehmeridentität dem anteiligen Untergang des laufenden Gewerbesteuerverlustes bei der Organträgerin nicht entgegen. Das Organeinkommen werde - auch im Falle einer gewerbesteuerlichen Organschaft - erst am Ende des Wirtschaftsjahres dem Organträger zugerechnet und stehe mithin für einen unterjährigen Verlustausgleich nicht zur Verfügung. Folglich führe ein unterjähriger Gesellschafterwechsel bei einer Personengesellschaft als Organträger zum Wegfall der Unternehmeridentität und damit zu einem anteiligen Untergang des Gewerbeverlustes. Die Betriebsstättenfiktion des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG diene dem Zweck, die beteiligten Kommunen bei einem einheitlich gesteuerten Unternehmen vor willkürlichen Gewinnverlagerungen zu schützen und ihren Anteil am einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag zu erhalten. Sie führe gerade nicht dazu, dass Organgesellschaft und Organträger als einheitliches Unternehmen zu qualifizieren seien. Diese behielten als eigenständige Gewerbebetriebe ihre Selbstständigkeit. Die Ermittlung des jeweiligen Gewerbeertrags erfolge getrennt voneinander und erst anschließend, in einem zweiten Schritt, seien die einzelnen gewerbesteuerlichen Ergebnisse - am Ende des Wirtschaftsjahres - zusammenzurechnen.
26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Steuerakten des Beklagten Bezug genommen.
27Die Streitsache ist am 21.03.2023 vor dem Senat mündlich verhandelt worden. Auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung wird verwiesen.
28E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
29Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid für 2014 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 13.01.2020 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 07.09.2021 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO-).
30Der Beklagte hat den Gewerbesteuermessbetrag für das Jahr 2014 in formeller und materieller Hinsicht zu Recht ohne Berücksichtigung der auf die ausgeschiedenen Gesellschafter entfallenden Verluste ermittelt. Denn diese sind aufgrund des zum 01.11.2014 erfolgten Gesellschafterwechsels bei der Klägerin untergegangen und stehen somit nicht mehr zur Verrechnung mit den Betriebsergebnissen der Organgesellschaften zur Verfügung.
31In verfahrensrechtlicher Hinsicht durfte der Beklagte den Gewerbeertrag ohne Erlass eines vorherigen Feststellungbescheides nach § 10a Satz 6 GewStG festsetzen. Nach dieser Vorschrift ist die Höhe der vortragsfähigen Fehlbeträge gesondert festzustellen. Vortragsfähige Fehlbeträge sind gemäß § 10a Satz 7 GewStG solche, die nach der Kürzung des maßgebenden Gewerbeertrags nach § 10a Satz 1 und 2 GewStG zum Schluss des Erhebungszeitraums verbleiben. Ein Feststellungsbescheid ist daher zu erlassen, wenn im Erhebungszeitraum ein negativer Gewerbeertrag ermittelt wird oder wenn für vorangegangene Erhebungszeiträume ein Fehlbetrag ermittelt wurde, der noch nicht vollständig vom Gewerbeertrag nachfolgender Erhebungszeiträume gekürzt worden ist. Die Fehlbeträge sind für jeden Erhebungszeitraums festzustellen, so dass es zu einer lückenlosen Fortschreibung des Gewerbeverlusts kommt. Der Feststellungsbescheid ist Grundlagenbescheid für den Gewerbesteuermessbescheid des Folgejahres (BFH-Urteil vom 09.06.1999 I R 92/98, BStBl. II 1999, 733) sowie für einen etwaigen Verlustfeststellungsbescheid des Folgejahres (BFH-Urteile vom 28.02.2001 I R 77/00, BFH/NV 2001, 1293 und vom 30.10.2019 IV R 59/16, BStBl. II 2020, 147) und entfaltet insoweit gem. § 182 Abgabenordnung (AO) Bindungswirkung. Vorliegend war in den Vorjahren ein feststellungsfähiger Verlust bei der Klägerin jedoch nicht vorhanden. Die Klägerin erstrebt auch nicht die Anerkennung eines vortragsfähigen Verlusts, sondern die Berücksichtigung eines laufenden Verlusts auf der Ebene des Organträgers in dessen Entstehungsjahr. Dementsprechend war die Verlustfeststellung für das Streitjahr keine Voraussetzung für den Erlass des hier streitigen Gewerbesteuermessbescheids. Eine unterjährige Verlustfeststellung ist in § 10a Satz 6 GewStG nicht vorgesehen.
32Auch materiell-rechtlich hat der Beklagte den Gewerbesteuermessbetrag im Sinne des § 11 GewStG korrekt festgesetzt. Insbesondere ist er dabei zutreffend davon ausgegangen, dass der Gewerbeertrag der Klägerin nach §§ 7 ff. GewStG ohne Berücksichtigung der auf die ausgeschiedenen Gesellschafter entfallenden Verluste zu ermitteln ist.
33Die Klägerin ist weiterhin Schuldnerin der Gewerbesteuer gemäß § 5 Abs. 1 GewStG. Daran hat sich auch durch den partiellen Gesellschafterwechsel auf der Ebene der Klägerin im Erhebungszeitraum nichts geändert. Denn allein ein unterjähriger partieller Gesellschafterwechsel führt nicht zur Einstellung des Unternehmens nach § 2 Abs. 5 GewStG (vgl. BFH-Urteil vom 14.01.2016 IV R 5/14, BStBl. II 2016, 875). Aufgrund der fortbestehenden Unternehmensidentität ist auch kein abweichender Erhebungszeitraum auf den Zeitpunkt bis zu dem Gesellschafterwechsel zu bilden.
34Der für sie unstreitig rechnerisch zutreffend ermittelte Gewerbeertrag ist auch nicht gemäß § 10a GewStG um die Verluste, die auf die ausgeschiedenen Gesellschafter entfallen, zu kürzen. Nach § 10a Satz 1 GewStG wird der maßgebende Gewerbeertrag bis zu einem Betrag in Höhe von 1 Million Euro um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 GewStG ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. Die Kürzung des Gewerbeertrags nach § 10a GewStG setzt nach ständiger Rechtsprechung des BFH die Unternehmens- und Unternehmeridentität voraus (BFH-Urteil vom 24.04.2014 IV R 34/10, BStBl. II 2017, 233, Rz 22, m.w.N.). An Letzterer fehlt es hier.
35Die Unternehmeridentität folgt nicht bereits aus dem gewerbesteuerrechtlich anzunehmenden Fortbestand des Steuersubjekts. Vielmehr setzt die Unternehmeridentität voraus, dass der Steuerpflichtige, der den Verlustabzug in Anspruch nimmt, den Gewerbeverlust zuvor in eigener Person erlitten haben muss. Der Steuerpflichtige muss danach sowohl zur Zeit der Verlustentstehung als auch im Jahr der Entstehung des positiven Gewerbeertrags Unternehmensinhaber gewesen sein (vgl. dazu BFH-Urteil vom 11.10.2012 IV R 3/09, BStBl. II 2013, 176, Rz 15; BFH-Beschluss vom 03.05.1993 GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616, unter C.II.1., m.w.N.).
36Bei einer Personengesellschaft sind die Gesellschafter, die unternehmerisches Risiko tragen und unternehmerische Initiative ausüben können, die (Mit-)Unternehmer des Betriebs (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz(EStG)). Als Mitunternehmer einer gewerblichen Personengesellschaft erzielen sie auf der Grundlage ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbindung nicht nur - strukturell gleich einem Einzelunternehmer - in eigener Person gewerbliche Einkünfte, sondern sind auch gewerbesteuerrechtlich Träger des Verlustabzugs und deshalb sachlich gewerbesteuerpflichtig (vgl. BFH-Beschluss vom 03.05.1993 GrS 3/92, a.a.O. unter C.III.6.a und b und C.III.9.). Dementsprechend geht beim Ausscheiden von Gesellschaftern aus einer Personengesellschaft der Verlustabzug im Rahmen des § 10a GewStG verloren, soweit der Fehlbetrag anteilig auf die ausgeschiedenen Gesellschafter entfällt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 03.02.2010 IV R 59/07, BFH/NV 2010, 1492 und vom 22.01.2009 IV R 90/05, BFHE 224, 364). Die Inanspruchnahme des Verlustabzugs setzt die ununterbrochene Unternehmeridentität voraus, so dass auch kurzfristige Unterbrechungen zum Wegfall des Verlustabzugs führen. Das Gleiche gilt, wenn Gesellschafter – wie im Streitfall die Kommanditisten der Klägerin E., F. und G. – ihre Gesellschaftsanteile an eine andere Personengesellschaft veräußern, an welcher sie wiederum mit gleichen Anteilen beteiligt sind und dadurch eine doppelstöckige Personengesellschaft bilden. Auch in einem solchen Fall der Bildung einer doppelstöckigen Personengesellschaft liegt keine Unternehmeridentität vor (vgl. BFH-Urteil vom 29.08.2000 VIII R 1/00, BStBl. II 2001, 114). Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Die Klägerin selbst ging bereits im Rahmen der von ihr vorgelegten Einspruchsbegründung von einem anteiligen Wegfall der Unternehmeridentität aus.
37Ein Anspruch auf Feststellung eines vortragsfähigen Gewerbeverlusts nach § 10a GewStG wäre mithin durch den Gesellschafterwechsel – zumindest soweit er auf die ausgeschiedenen Gesellschafter entfiele – untergegangen. Die Vorschrift regelt vom Wortlaut her zwar allein die Verlustverrechnung mit festgestellten Verlusten eines Erhebungszeitraums mit dem Betriebsergebnis des Folgejahres. Sie gilt aber auch im Fall des unterjährigen Ausscheidens eines Gesellschafters für den bis dahin entstandenen laufenden Verlust, dessen Berücksichtigung die Klägerin hier erstrebt.
38Denn die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bezüglich des Wegfalls des Verlustabzugs gemäß § 10a GewStG beim Ausscheiden von Gesellschaftern aus einer Personengesellschaft beruht auf der grundlegenden Annahme, dass der partielle Unternehmerwechsel im Grundsatz dem Wechsel des Alleinunternehmers auch bei der Anwendung des § 10a GewStG gleichgeachtet werden muss (BFH-Beschluss vom 03.05.1993 GrS 3/92, a.a.O.). Diese Gleichstellung muss dann aber konsequenterweise auch insoweit erfolgen als der partielle Unternehmerwechsel unterjährig stattfindet (vgl. BFH-Urteile vom 22.01. 2009 IV R 90/05, BFHE 224, 364 und vom 26.06.1996 VIII R 41/95, BStBl. II 1997, 179). Der Übergang des Gewerbebetriebs auf einen anderen Unternehmer wäre beim Alleinunternehmer gemäß § 2 Abs. 5 GewStG als Betriebseinstellung und beim Übernehmer als Neugründung zu beurteilen. Bis zur unterjährigen Betriebseinstellung erzielte positive Gewerbeerträge könnten daher mit früheren Verlusten des übertragenden Unternehmers verrechnet werden. Ein evtl. positiver Gewerbeertrag, der bis zum Ausscheiden des Mitunternehmers entstanden ist, kann daher ebenfalls um Verluste früherer Jahre gekürzt werden (vgl. BFH-Urteil v. 22.01. 2009 IV R 90/05, BFHE 224, 364). Da der Gewerbebetrieb bei partiellem (Mit-) Unternehmerwechsel jedoch nicht als eingestellt gilt, sind diese positiven Gewerbeerträge zunächst mit etwaigen Verlusten, die nach dem Ausscheiden des Mitunternehmers entstanden sind, zu verrechnen (vgl. BFH-Urteil vom 26.06.1996 VIII R 41/95, BStBl. II 1997, 179 mit Anm. Kempermann, Finanz-Rundschau 1996, 641).
39Vorliegend ist im streitigen Erhebungszeitraum auf der Ebene der Klägerin in der Zeit bis zum Ausscheiden der Kommanditisten ein Verlust entstanden. Dieser wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Klägerin, wie sie meint, die Gewinne der Unternehmen im Organkreis im Erhebungszeitraum fortlaufend zugeflossen sind, denn Organträger und Organgesellschaft bilden nach der vom BFH vertretenen sog. eingeschränkten Einheitstheorie, der sich der Senat anschließt, trotz der Betriebsstättenfiktion des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG kein einheitliches Unternehmen. Nach der letztgenannten Vorschrift gelten Kapitalgesellschaften, die Organgesellschaften i.S. der §§ 14, 17 oder 18 KStG sind, als Betriebsstätte des Organträgers (sog. gewerbesteuerrechtliche Organschaft). Trotz dieser Fiktion bleiben die Organgesellschaft und der Organträger aber selbständige Gewerbebetriebe, die einzeln für sich bilanzieren und deren Gewerbeerträge getrennt zu ermitteln sind. Der Gewerbeertrag der Organgesellschaft ist so zu ermitteln, als wäre diese Gesellschaft ein selbständiges Steuersubjekt. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrages jedes der Unternehmen sind auf dieser ersten Stufe die Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften (§§ 8, 9 GewStG) zu beachten (sog. gebrochene oder eingeschränkte Einheitstheorie). Erst der selbständig ermittelte Gewerbeertrag der Organgesellschaft ist sodann - auf einer zweiten Stufe - mit dem für den Organträger selbst ermittelten Gewerbeertrag zusammenzurechnen. Ergeben sich dabei unberechtigte doppelte steuerrechtliche Be- oder Entlastungen, so sind diese auszuscheiden (vgl. auch BFH-Urteile vom 25.07.1995 VIII R 54/93, BStBl. II 1995, 794; vom 18.09.1996 I R 44/95, BStBl. II 1997, 181; vom 22.04.1998 I R 109/97, BStBl. II 1998, 748; vom 18.05.2011 X R 4/10, BStBl. II 2011, 887; vom 17.12.2014 I R 39/14, BStBl. II 2015, 1052 und vom 07.09.2016 I R 9/15, BFH/NV 2017, 485). Der gebrochenen Einheitstheorie hat sich auch der Gesetzgeber ausdrücklich angeschlossen. Er hat sie im Rahmen der Begründung des Entwurfs des Gesetzes zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen - unter Betonung der Zweistufigkeit der Ermittlung des Gewerbeertrages nach dem GewStG - zur Basis der Begründung zur Einführung des § 7a GewStG gemacht (vgl. BT-Drs 18/9536, S. 60 unter „Zu Nummer 3“ Abs. 2).
40Nach diesen Grundsätzen scheidet eine fortlaufende Gewinnverrechnung innerhalb des Wirtschaftsjahres zwischen Organträger und Organgesellschaft aus. Der damit auf der Ebene der Klägerin im Rahmen der ersten Stufe der Ermittlung des Gewerbeertrages entstandene Verlust ist, soweit er auf die ausgeschiedenen Gesellschafter entfällt, aufgrund der auch unterjährig geltenden Wirkung des § 10a GewStG bei der Bildung des einheitlichen Gewerbeertrags für den Organkreis nicht berücksichtigungsfähig.
41Dem steht nicht entgegen, dass nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteile vom 22.01.2009 IV R 90/05, BFHE 224, 364 und vom 26.06.1996 VIII R 41/95, BStBl. II 1997, 179) bei einem partiellen Gesellschafterwechsel, der keinen Unternehmerwechsel i.S.d. § 2 Abs. 5 GewStG darstellt, der maßgebliche Gewerbeertrag für die Personengesellschaft und nicht für die einzelnen Gesellschafter mit ihren ideellen Anteilen an der Gesellschaft zu ermitteln ist, denn der Gewerbeertrag für den Organträger (erste Stufe der Ermittlung) wird durch die Anwendung des § 10a GewStG bei der Bildung des einheitlichen Gewerbeertrages auf der zweiten Stufe nicht tangiert.
42Nur diese Sichtweise wird dem Prinzip der Gewerbesteuer gerecht, nach dem das Recht auf die Geltendmachung des Gewerbeverlustes an die Person des Gewerbetreibenden geknüpft ist, die den Verlust auch tatsächlich erlitten hat. Dieser Grundsatz galt im Gewerbesteuerrecht bereits vor Kodifizierung des § 10a GewStG und des § 8c KStG (vgl. Darstellung in BFH-Beschluss vom 03.05.1993 GrS 3/92, a.a.O. unter C.I und C II.1., m.w.N). Auch wenn dieser Grundsatz erstmalig mit Einfügen der Sätze 4 und 5 in § 10a GewStG durch das Jahressteuergesetz 2007 vom 13.12.2006 – BGBl. I 2006, S. 2878 mittelbar kodifiziert wurde, kann dem nicht entnommen werden, dass dieses Prinzip vorher nicht galt. Vielmehr wurden die Vorschriften im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens eingefügt, weil der BFH mit Urteil vom 17.01.2006 VIII R 96/04 (BFHE 213, 12) entschieden hatte, dass die Zurechnung der Verluste nicht nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel, sondern strikt unternehmerbezogen zu erfolgen habe. Aus Gründen der Praktikabilität hat daher der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, weiterhin nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zu verfahren, damit aber gleichzeitig den bestehenden Grundsatz der Unternehmensidentität und der Unternehmeridentität bekräftigt (vgl. Bericht des Finanzausschusses zu dem Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2007, BT-Drs 16/3368, S. 22 unter „Zu Nummer 3a“). Die Bedeutung der Vorschrift liegt daher gerade nicht in der Kodifizierung der Unternehmer- identität, sondern stellt eine Einschränkung ihrer strikten Anwendung durch Berücksichtigung des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels dar.
43Dem kann für die vorliegende Fallgestaltung nicht entgegengehalten werden, dass nach § 10a Satz 10 GewStG § 8c KStG nur für die Fehlbeträge, d.h. die zum Ende des vorangegangenen Erhebungszeitraums gesondert festgestellten Gewerbeverluste gelte (vgl. Kleinheisterkamp in: Lenski/Steinberg, GewStG, § 10a Rdn. 372; Suchanek in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 8c Verlustabzug bei Körperschaften, jeweils mit umfangreichen weiteren Nachweisen).
44Dieses Argument wird dem Sinn der Regelung des § 10a Satz 10 GewStG nicht gerecht. Die Regelung wurde eingeführt mit dem Jahressteuergesetz 2009. In dem ursprünglichen Entwurf war sie nicht enthalten. Sie ist vielmehr auf Wunsch des Bundesrates zur Vermeidung von Steuergestaltungen, die es dem neuen Gesellschafter der Kapitalgesellschaft ermöglichen könnte, den gewerbesteuerlichen Fehlbetrag durch Ausgliederung des Verlustbetriebs auf eine Tochterpersonengesellschaft zu "retten“, eingeführt worden. Den Wunsch hat der Finanzausschuss in seinem Bericht zum Entwurf des Jahressteuergesetzes 2009 berücksichtigt (vgl. BR-Drs 545/1/08, S. 66; BT-Drs 16/1108, S. 30). Regelungsgehalt des § 10a Satz 10 GewStG ist daher die Verhinderung der „Konservierung“ von gewerbesteuerlichem Verlustpotenzial durch Ausgliederung eines Verlustbetriebes auf eine Personengesellschaft in der Form, dass die ausgegliederte Kapitalgesellschaft Gesellschafterin der Personengesellschaft wird. Ohne die Anknüpfung an § 8c KStG wäre, da sich die Identität der Kapitalgesellschaft durch einen Gesellschafterwechsel nicht ändert, gewerbesteuerrechtlich ein beliebiger Austausch der vom Verlustpotenzial profitierenden Mitglieder der Kapitalgesellschaft möglich gewesen. Der vorliegende Fall des Austauschs von Gesellschaftern einer Personengesellschaft war nicht Ziel der Regelung. Denn bereits ohne diesen Verweis führt ein derartiger Gesellschafterwechsel nach den oben aufgezeigten Grundsätzen seit jeher zum Untergang des Verlustvortrags. Auf die Frage der Reichweite des Verweises in § 10a Satz 10 GewStG kommt es mithin für den vorliegenden Fall nicht an.
45Etwas Gegenteiliges folgt auch nicht aus dem von der Klägerin in Bezug genommenen Urteil des BFH vom 04.05.2017 IV R 2/14 (BStBl. II 2017, 1138). Soweit dort ausgeführt ist, dass „Verluste der Organgesellschaft, die während der Dauer der Organschaft entstanden sind, auch nach deren Beendigung nur von dem maßgebenden Gewerbeertrag des Organträgers abgesetzt werden können“ folgt daraus nicht, dass im Rahmen der zweistufigen Gewinnermittlung nicht zunächst der Gewerbeertrag der Organträgergesellschaft zu ermitteln wäre.
46Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 1 FGO.
47Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts, insbesondere wegen der Frage zugelassen, ob und wie im Fall von unterjährigem (teilweisen) Wegfall der Unternehmeridentität bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Organträgerin auf der ersten Stufe die Rechtsfolgen des § 10a GewStG Anwendung finden.
48... ... ...