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Die Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2015 und 2016 sowie die Gewerbesteuermessbetragsbescheide 2015 und 2016, alle vom 06.05.2019, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.11.2019, werden nach Maßgabe der Urteilsgründe geändert. Die Berechnung der festgestellten und festgesetzten Beträge wird dem Beklagten übertragen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
Tatbestand
2Streitig ist, ob die unentgeltliche Übernahme von Leasingverträgen im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zur rückwirkenden Korrektur des Betriebsausgabenabzugs angefallener Leasingsonderzahlungen führt.
3Der Kläger betrieb vom 15.04.2015 bis zum 31.08.2017 ein Transportunternehmen. Gegenstand des Unternehmens war die Güterbeförderung von Arzneimitteln […]. Die Transporte wurden mit eigenen als auch geleasten Fahrzeugen sowie durch Subunternehmer durchgeführt. Seinen Gewinn aus gewerblicher Tätigkeit ermittelte der Kläger bis zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe im Jahr 2017 durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG.
4Zudem ist der Kläger seit deren Gründung mit notariellem Vertrag vom 20.10.2016 zu 50 % an der B-GmbH mit Sitz in B-Stadt beteiligt und hält diese Beteiligung in seinem Privatvermögen. Laut Gesellschaftsvertrag sind Gegenstand der B-GmbH Transporte aller Art im genehmigungsfreien Bereich. Die anderen 50 % werden von Herrn C, dem Bruder des Klägers, gehalten, der zugleich alleiniger Geschäftsführer ist.
5In dem Zeitraum Dezember 2015 bis Dezember 2016 schloss der Kläger bei der D (Geschäftsbereich Auto Leasing – nachfolgend „Leasinggeberin“) mehrere Leasingverträge über Auslieferungsfahrzeuge unter anderem vom Typ 1 über vereinbarte Laufzeiten von ein bzw. zwei Jahren ab. Für die Leasingfahrzeuge leistete der Kläger Leasingsonderzahlungen, die er entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen zu Beginn des Leasingzeitraums in einer Summe entrichtete. Die Sonderzahlungen stellten einen Teil der Gegenleistung für die Gebrauchsüberlassung dar und führten wirtschaftlich zur Kürzung der monatlichen Leasingrate. Ein Erwerb des Fahrzeugs durch den Leasingnehmer nach Vertragsablauf sowie ein Anspruch auf Verlängerung des Leasingvertrags waren vertraglich ausgeschlossen. Ebenso war das ordentliche Kündigungsrecht während der vereinbarten Laufzeit ausgeschlossen, eine Kündigung durch jeden Vertragspartner aus wichtigem Grund hingegen möglich. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Vertragsunterlagen verwiesen.
6Ende Februar sowie Anfang März 2017 und damit vor Ablauf der jeweiligen Vertragslaufzeit traf der Kläger mit der B-GmbH und der Leasinggeberin Nachfolgevereinbarungen, wodurch die Rechte und Pflichten aus den Leasingverträgen inhaltlich unverändert auf die B-GmbH übergingen und auf Seiten des Klägers erloschen.
7Die B-GmbH übernahm die Zahlung der monatlichen Leasingraten, leistete aber keine Zahlungen – auch nicht eine (anteilige) Erstattung der Leasingsonderzahlungen – an den Kläger. Auch seitens der Leasinggeberin erfolgte keine (anteilige) Rückzahlung der Leasingsonderzahlungen.
8Beim Kläger fand für die Jahre 2015 bis 2017 eine Betriebsprüfung durch den Beklagten statt. Mit Prüfungsbericht vom 13.03.2019 stellte dieser fest, dass die geleisteten Leasingsonderzahlungen von dem Kläger im Abflusszeitpunkt in voller Höhe als Betriebsausgaben berücksichtigt worden seien. Dies sei grundsätzlich zutreffend. Nach der Kurzinformation ESt Nr. 17/2016 vom 01.09.2016 der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen (OFD NRW) sei für den Betriebsausgabenabzug jedoch sowohl die Nutzung des Fahrzeugs im Jahr des Abflusses der Sonderzahlung als auch die zukünftige Nutzung innerhalb des gesamten Leasingzeitraums maßgeblich. Entsprechend führe eine spätere Nutzungsänderung innerhalb des gesamten Leasingzeitraums, für den die Leasingsonderzahlungen geleistet worden seien, zu einer Korrektur der Betriebsausgaben. Da die Leasing-Bedingungen bei vorzeitiger Beendigung des Vertrages eine zeitanteilige Erstattung vorgesehen hätten, hätte eine betriebliche Forderung des Klägers gegenüber der Leasinggeberin bestanden. Der Kläger hätte daher eine entsprechende Vergütung von der B-GmbH verlangen können, denn diese profitiere von den vorausgezahlten Nutzungsentgelten in Form geringerer monatlicher Leasingraten. Ein fremder Dritter hätte auf die Geltendmachung dieser Vergütung nicht verzichtet, der Verzicht sei daher durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Die im Privatvermögen gehaltene GmbH-Beteiligung sei ursächlich für die unterlassene Vergütung. Der privat veranlasste Vergütungsverzicht führe zu einer Nutzungsänderung – die Kraftfahrzeuge würden nicht mehr für betriebliche, sondern für private Zwecke in Form der GmbH-Beteiligung genutzt. Soweit die Leasingsonderzahlungen auf die Restlaufzeit nach der Übertragung entfallen, seien sie nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig. Entsprechend sei der Gewinn für das Jahr 2015 um insgesamt 3.718,49 EUR und für das Jahr 2016 um insgesamt 32.930,67 EUR zu erhöhen. Für den Betrag der jeweiligen Leasingsonderzahlung, die jeweilige Vertragslaufzeit und die konkrete Berechnung der vorgenommenen Gewinnkorrektur wird auf Anlage 2 zum Betriebsprüfungsbericht verwiesen.
9Mit Datum vom 06.05.2019 erließ der Beklagte geänderte Steuerbescheide, in denen er die Feststellungen der Betriebsprüfung – mithin auch die Gewinnkorrektur betreffend die Leasingsonderzahlungen – umsetzte.
10Hiergegen legte der Kläger am 23.05.2019 Einspruch ein. Zur Begründung führte er an, dass die Kurzinformation der OFD NRW nicht auf den Streitfall übertragbar sei. Die Verwaltungsanweisung berücksichtige Nutzungsänderungen im laufenden Betrieb, nicht jedoch Nutzfahrzeuge im Kurierdienst sowie eine Änderung im Rahmen einer Betriebsaufgabe. Eine Privatnutzung sei realitätsfern und ausgeschlossen, da es sich um zehn Nutzfahrzeuge („Kastenwagen“) für Kurierzwecke handele. Die zeitlich lineare Betrachtung der OFD NRW berücksichtige nicht, inwieweit die Leasingsonderzahlungen überhaupt die tatsächlichen Kosten am Ende der Leasinglaufzeit deckten und dass weitere Variablen wie Zustand und Laufleistung entscheidend seien.
11Im Übrigen sei es auch nicht zutreffend, dass bei vorzeitiger Beendigung des Leasingvertrags eine Forderung des Klägers gegenüber der Leasinggeberin bestanden hätte. Sofern der Beklagte aus den Leasing-Bedingungen einen Vergütungsanspruch für die Leasingsonderzahlungen herleite, übersehe er, dass dort zugleich eine Belastung der Sonderzahlungen bis zum Ende der Leasingzeit vorgesehen sei. Es habe kein Rückzahlungsanspruch bestanden. Doch selbst wenn man dies anders sehe, sei zu berücksichtigen, dass er bei einer außerordentlichen Kündigung mit den noch nicht fälligen Leasingraten belastet worden wäre. Diese hätten einen vermeintlichen Vergütungsanspruch überstiegen. Wegen der konkreten Berechnung wird auf die Einspruchsbegründung des Klägers vom 23.05.2019 verwiesen. Außerdem hätte er, der Kläger, bei Rückgabe der Fahrzeuge die bestehenden Beschädigungen ausgleichen müssen. Auf diese Zahlungen habe die Leasinggeberin im Falle einer Kündigung nicht verzichten wollen, sodass wirtschaftlich nur eine Übertragung der Leasingverträge in Betracht gekommen sei.
12Eine Vertragsübernehme sei jedoch mit finanziellen Risiken behaftet. Denn erst mit Beendigung der Leasinglaufzeit rechne die Leasinggeberin den Fahrzeugzustand sowie die Laufleistung ab, sodass es im Rahmen der Vertragsbeendigung zu erheblichen Nachforderungen kommen könne. Man sei gegenüber dem Vertragsübernehmer daher in einer schwachen Verhandlungsposition gewesen. Zudem habe man – da kein Vergütungsanspruch gegenüber der Leasinggeberin bestanden habe – hierfür keine Entschädigung verlangen können. Ein fremder Dritte hätte ebenso versucht, den Schadensersatzanspruch der Leasinggeberin zu vermeiden, sodass die gewählte Vertragsübernahme nicht gesellschaftlich veranlasst gewesen sei. Auch wäre kein fremder Dritter bereit gewesen, die Leasingverträge inklusive der Risiken zu übernehmen und zusätzlich noch Sonderzahlungen zu erstatten. Zum Nachweis hierfür benannte der Kläger zwei Unternehmen, denen eine Übernahme angeboten worden sei, die hierzu aber selbst ohne Vergütung der Sonderzahlungen nicht bereit gewesen seien, und legte eine entsprechende Bestätigung von der Firma D aus C-Stadt vom 10.10.2019 vor.
13Darüber hinaus führte der Kläger im Einspruchsverfahren im Hinblick auf hier nicht streitgegenständliche umsatzsteuerliche Fragen (Geschäftsveräußerung im Ganzen im Jahr 2017) aus, dass die B-GmbH von den 14 Mitarbeitern, die zuvor beim Kläger beschäftigt gewesen seien, 13 Mitarbeiter sowie das frühere Hauptauftragsverhältnis des Klägers übernommen habe.
14Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 22.11.2019 als unbegründet zurück. Die Leasinggegenstände seien vor Ablauf des Leasingzeitraums in das Privatvermögen überführt worden. Die private Nutzung erfolge nicht unmittelbar durch den Kläger selbst, sondern durch die Zuwendung an die B-GmbH. In seiner Eigenschaft als Gesellschafter setze der Kläger die Leasinggegenstände für seine Beteiligung ein und nutze sie durch die unentgeltliche Vertragsübernahme privat. Die B-GmbH und damit seine im Privatvermögen gehaltene Beteiligung würden von den geleisteten Leasingsonderzahlungen profitieren. Eine andere als die lineare Korrekturmöglichkeit, z.B. nach dem jeweiligen Abnutzungsgrad der Fahrzeuge, komme nicht in Betracht. Auch müsse die Korrektur des Betriebsausgabenabzugs ohne Berücksichtigung eines eventuellen Schadensersatzanspruchs der Leasinggeberin erfolgen, da hierfür weder eine Verbindlichkeit noch eine Rückstellung zu passivieren gewesen wären.
15Zur Begründung seiner hiergegen erhobenen Klage macht der Kläger ergänzend zu seinen Ausführungen im Einspruchsverfahren geltend, dass für den Fall einer Betriebsaufgabe weder eine vertragliche noch eine gesetzliche Kündigungsmöglichkeit bestanden habe. Im Zusammenhang mit den Nachfolgevereinbarungen habe er auch nicht auf einen Erstattungsanspruch verzichtet. Gegenüber der Leasinggeberin sei eine etwaige Erstattung der Leasingsonderzahlungen nur für den Fall der Vertragsbeendigung, nicht jedoch für den Fall der Fortsetzung mit einem neuen Leasingnehmer vorgesehen. Auch gegenüber der B-GmbH fehle es an einem Erstattungsanspruch, da betreffend die Leasingfahrzeuge keine schuldrechtliche Beziehung zwischen ihm, dem Kläger, und der B-GmbH bestehe. Er habe lediglich die Zustimmung zur Vertragsübernahme gegenüber der Leasinggeberin erklärt.
16Des Weiteren fehle es an einer Rechtsgrundlage für die vorgenommene Kürzung der Betriebsausgaben. Die Kurzinformation der OFD NRW betreffe Fälle, in denen ein Fahrzeug weiterhin vom Steuerpflichtigen genutzt werde, die Nutzungsart jedoch nicht mehr zum Betriebsausgabenabzug berechtige. Der hiesige Sachverhalt entspreche dem nicht. Insbesondere liege keine Nutzungsänderung in eine Nutzung für private Zwecke vor. Vielmehr bestehe durch die Nachfolgevereinbarung ein eigenes vertragliches Nutzungsrecht der B-GmbH gegenüber der Leasinggeberin. Auch im Rahmen der Beteiligung nutze er, der Kläger, die Fahrzeuge nicht mehr. Die Überlassung an die B-GmbH erfolge direkt von der Leasinggeberin und nicht durch ein von ihm, dem Kläger, abgeleitetes Nutzungsrecht.
17Selbst wenn man der wirtschaftlichen Betrachtung folge und die Leasingsonderzahlungen zeitanteilig betrachte, würde es sich bei dem Anteil, der auf die Zeiträume nach der Betriebsaufgabe entfalle, um nachträgliche Betriebsausgaben handeln. Insoweit sei die Sachlage vergleichbar mit nach Einstellung der gewerblichen Tätigkeit anfallenden Mietzahlungen.
18Im Übrigen könne der Betriebsausgabenabzug auch nicht aufgrund eines Missbrauchs steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten versagt werden. Die B-GmbH sei für den Geschäftsbereich Blutproben- und Organtransport und zu einem Zeitpunkt, als die Beendigung seiner, des Klägers, gewerblichen Tätigkeit sowie die Loslösung von den Leasingverträgen noch nicht absehbar gewesen sei, gegründet worden. Auch sei er bei der B-GmbH nicht operativ tätig. Seine finanzielle Beteiligung sei notwendig gewesen, da sein Bruder das Stammkapital nicht alleine habe aufbringen können. Das Geschäftsfeld des Blutproben- und Organtransports sei sehr risikobehaftet, sodass eine Kapitalgesellschaftsgründung zweckdienlich gewesen sei. Die Einbringung seines Einzelunternehmens in die B-GmbH sei nie beabsichtigt gewesen. Im Jahr 2017 habe er, der Kläger, jedoch festgestellt, dass er seine unternehmerische Tätigkeit nicht mehr mit seinem Studium in Einklang bringen könne und sich deshalb zur Betriebsaufgabe entschieden. Erst nachdem Verhandlungen zur Abwicklung der Leasingverträge gescheitert seien und sich auch auf dem freien Markt keine Interessenten zur Vertragsübernahme gefunden hätten, habe er dies der B-GmbH angeboten. Der Abschluss der Leasingverträge sei mit dem Ziel erfolgt, die Fahrzeuge unternehmerisch zu nutzen; die spätere Vertragsübernahme zur Vermeidung weiterer Leasingraten. Beides sei wirtschaftlich sinnvoll gewesen.
19Der Kläger beantragt,
20die Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2015 und 2016 vom 06.05.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.11.2019 abzuändern und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um 3.718,49 EUR (2015) und 32.930,67 EUR (2016) zu mindern,
21die Gewerbesteuermessbescheide für 2015 und 2016 vom 06.05.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.11.2019 abzuändern und den Gewinn aus Gewerbebetrieb um 3.718,49 EUR (2015) und 32.930,67 EUR (2016) zu mindern.
22Der Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Ergänzend zu seinen früheren Ausführungen trägt er vor, dass für den Betriebsausgabenabzug der Leasingsonderzahlungen die Nutzung des Fahrzeugs im Jahr der Zahlung und die zukünftige Nutzung innerhalb des gesamten Leasingzeitraums maßgeblich seien. Die Übertragung der Leasingverträge auf die B-GmbH stelle eine hierfür schädliche Nutzungsänderung dar. Dies gelte insbesondere für die im November und Dezember 2016 angeschafften Transporter, die nur bis März 2017 und damit für lediglich drei Monate im Einzelunternehmen genutzt worden seien. Die Nutzungsänderung beruhe darauf, dass die Leasinggegenstände für private Zwecke – den Einsatz der zuvor betrieblich genutzten Fahrzeuge für die Beteiligung an der B-GmbH im Privatvermögen und für die Beteiligtenstellung – verwendet würden.
25Am 10.01.2022 ist ein Erörterungstermin vor dem ehemaligen Berichterstatter durchgeführt worden; am 24.03.2022 hat der Senat die Sache mündlich verhandelt. Auf das Protokoll des Erörterungstermins sowie auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
26Entscheidungsgründe
27Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtenen Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2015 und 2016 sowie die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide 2015 und 2016 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –), soweit die Leasingsonderzahlungen in Höhe von 3.718,49 EUR (2015) und 32.930,67 EUR (2016) nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt wurden. Denn die Sonderzahlungen stellen Betriebsausgaben dar, die in den Streitjahren in voller Höhe steuermindernd zu berücksichtigen sind.
28Die Leasingsonderzahlungen stellen Betriebsausgaben i. S. des § 4 Abs. 4 EStG dar, da die geleasten Fahrzeuge objektiv im Zusammenhang mit dem Transportunternehmen des Klägers stehen und subjektiv diesem zu dienen bestimmt sind.
29Die Sonderzahlungen sind in den Streitjahren auch in voller Höhe steuermindernd zu berücksichtigen.
30Der Kläger ermittelt seinen Gewinn durch Ermittlung des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, § 4 Abs. 3 EStG. Im Rahmen der Einnahmenüberschussrechnung ist für die Berücksichtigung von Betriebsausgaben das Abflussprinzip maßgeblich, sodass die Ausgaben grundsätzlich für das Kalenderjahr anzusetzen sind, in dem sie geleistet worden sind (§ 11 Abs. 2 Satz 1 EStG). Dies gilt auch für Leasingsonderzahlungen als vorausgezahlte Nutzungsentgelte (vgl. BFH, Urt. v. 05.05.1994, VI R 100/93, BFHE 174, 359, BStBl. II 1994, 643). Eine davon abweichende Verteilung sieht das Gesetz für den Streitfall nicht vor.
31So kommt keine gleichmäßige Verteilung über den jeweiligen Vorauszahlungszeitraum nach § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG in Betracht, da die Nutzungsüberlassung weniger als fünf Jahre beträgt.
32Auch ist keine Verteilung der Aufwendungen über die Absetzung für Abnutzung nach § 4 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. § 7 EStG vorzunehmen.
33Denn zum einen sind dem Kläger die Leasingfahrzeuge nicht als Wirtschaftsgüter zuzurechnen. Durch den Abschluss des Leasingvertrags ist dieser – was zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig ist – weder zivilrechtlicher Eigentümer geworden, noch kommt eine Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums über § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 der Abgabenordung (AO) in Betracht.
34Darüber hinaus handelt es sich bei den Leasingsonderzahlungen auch nicht um im Wege der Abschreibung für Abnutzung zu berücksichtigende Anschaffungskosten eines gesonderten Nutzungsrechts an den Fahrzeugen. Denn ausweislich der Leasingverträge stellt die Leasingsonderzahlung ausdrücklich eine Gegenleistung für die Nutzungsüberlassung dar und führt dadurch zur Senkung der monatlichen Leasingrate. Die Zahlungen sind daher nicht den Anschaffungskosten des Nutzungsrechts zuzurechnen, da sie weder im Zusammenhang mit dem Vertragsabschluss noch für das Zustandekommen des Vertrags geleistet worden sind. Als vorausgezahlte Nutzungsentgelte sind Leasingsonderzahlungen vielmehr wie Miet- oder Pachtvorauszahlungen zu behandeln (ausführlich dazu BFH, Urt. v. 05.05.1994, VI R 100/93, BFHE 174, 359, BStBl. II 1994, 643).
35Auch über § 11 Abs. 2 Satz 5 EStG i. V. m. § 42 AO kommt keine zeitanteilige Verteilung der Leasingsonderzahlungen über die vereinbarte Vertragslaufzeit und damit eine rückwirkende Korrektur des Betriebsausgabenabzugs in Betracht. Denn es liegt kein Missbrauch von steuerrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten vor.
36Nach § 42 Abs. 2 Satz 1 liegt ein Missbrauch steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehen Steuervorteil führt. Dies gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind, § 42 Abs. 2 Satz 2 AO.
37Die beachtlichen, außersteuerlichen Gründe können dabei in der Person des Steuerpflichtigen oder in den wirtschaftlichen Umständen begründet sein (Koenig in Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 42 Rn. 26). Sofern der Steuerpflichtige wirtschaftliche Ziele mit seinem gewählten Verhalten verfolgt, darf dieses nach der ständigen Rechtsprechung des BFH – der der Senat sich anschließt – nicht auf seine Angemessenheit beurteilt werden (u.a. BFH, Urt. v. 30.11.1989, IV R 97/86, BFH/NV 1991, 432; Urt. v. 16.09.2004, IV R 11/03, BFHE 207, 274, BStBl. II 2004, 1068). Die Prüfung bezieht sich vielmehr auf rechtliche Zwischenakte, die nach einem Gesamtplan ablaufen und – im Falle der Tatbestandserfüllung – in den Anwendungsbereich einer steuersenkenden Norm hereinführen (ähnlich Fischer in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 266. Lfg., Stand 11/2021, § 42 AO Rn. 288). Ob beachtliche Gründe vorliegen, ist dabei vom Senat im Rahmen einer Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen.
38Ausgehend von diesen Grundsätzen vermag der Senat beachtliche wirtschaftliche Gründe des Klägers für die gewählte Konstellation zu erkennen. Demgegenüber sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger bereits bei Abschluss der Leasingverträge die spätere Nutzung der Leasinggegenstände in der B-GmbH beabsichtigte. Dies gilt auch für die Leasingfahrzeuge, die erst nach Abschluss der GmbH-Gründung geleast wurden.
39Der Kläger hat aus Sicht des Senats überzeugend dargelegt, dass der Abschluss der Leasingverträge mit dem Ziel erfolgte, die Fahrzeuge unternehmerisch zu nutzen. Der Vortrag des Beklagten, dass insbesondere die im November und Dezember 2016 geleasten Fahrzeuge nur kurzfristig, nämlich für lediglich drei Monate, im Einzelunternehmen genutzt worden sind, ist zwar zutreffend. Dennoch bestand zum Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge ein aktiver Betrieb, sodass der Kläger zur Erfüllung der bestehenden Lieferverpflichtungen auf die Nutzung der Leasingfahrzeuge angewiesen war. Im Übrigen ist es auch nicht unangemessen und rechtsmissbräuchlich, dass der Kläger bei Abschluss der Leasingverträge die Leistung von Sonderzahlungen vereinbarte. Denn solche Sonderzahlungen sind nicht unüblich. Auch wurden die Sonderzahlungen gerade nicht in einen Zeitraum mit vorübergehend hoher beruflicher Nutzung verlagert (vgl. dazu BFH, Urt. v. 05.05.1994, VI R 100/93, BFHE 174, 359, BStBl. II 1994, 643).
40Demgegenüber hat der Kläger in Bezug auf die spätere Vertragsübernahme durch die B-GmbH dargelegt, dass dies aus Gründen der wirtschaftlichen Schadloshaltung erfolgte. Insoweit kann es dahinstehen, ob die Betriebsaufgabe des Klägers einen wichtigen Grund darstellte, der eine außerordentliche Kündigung der Leasingverträge gerechtfertigt hätte. Denn selbst wenn eine solche Kündigung erfolgt wäre, hätte der Kläger ausweislich der Leasingbedingungen die noch offenen Leasingraten begleichen müssen. Ebenso kann dahinstehen, ob die Leasingsonderzahlung im Falle einer Kündigung zeitanteilig für den Zeitraum von der Fahrzeugrückgabe bis zum Ende der vorgesehenen Leasingzeit zurückerstattet worden wäre. Denn jedenfalls hätten die noch offenen Leasingraten einen etwaigen Erstattungsanspruch überstiegen, sodass insgesamt mit einer wirtschaftlichen Belastung des Klägers im Falle der Kündigung zu rechnen gewesen wäre.
41Isoliert betrachtet sind sowohl der Abschluss der Leasingverträge als auch die spätere Vertragsübernahme zu wirtschaftlichen Zwecken erfolgt. Auch wenn man die gewählte Gestaltung insgesamt betrachtet, führt dies nicht zur Unangemessenheit des klägerischen Verhaltens. So ist aus Sicht des Senats bereits kein Gesamtplan ersichtlich, wonach der Kläger die Leasingsonderzahlungen zunächst in voller Höhe im Einzelunternehmen als Betriebsausgaben geltend machen und die Fahrzeuge sodann – von Anfang an geplant – durch die B-GmbH nutzen wollte.
42Denn zum einen hat der Kläger vorgetragen, dass die B-GmbH in B-Stadt und somit an einem anderen Ort als der klägerische Betrieb in A-Stadt sowie mit dem Bereich der Blutproben- und Organtransporte auf einem anderen Geschäftsfeld tätig werden sollte und die eigene Betriebsaufgabe durch sein Studium veranlasst gewesen sei. Dem steht auch nicht entgegen, dass die B-GmbH in tatsächlicher Hinsicht später Mitarbeiter als auch Auftragsverhältnisse des klägerischen Betriebs übernahm und der Kläger zuvor selbst bereits in B-Stadt Lieferfahrten anbot. Gegen einen Gesamtplan spricht, dass der Kläger Dritten gegenüber eine (unentgeltliche) Vertragsübernahme der Leasingverträge anbot. Sofern der Kläger von Anfang an die spätere Nutzung der Leasingfahrzeuge in der B-GmbH beabsichtigt hätte, wäre ein solches Angebot nicht erfolgt.
43Und zum anderen beruht die Auffassung des Senats, dass nicht von einem Gesamtplan des Klägers zum Zwecke der Steuerersparnis ausgegangen werden kann, auf folgendem Gesichtspunkt: Sofern die GmbH die Fahrzeuge direkt – also ohne vorherige Vertragsübernahme – geleast hätte, hätte sie die Leasingsonderzahlungen leisten müssen und entsprechend in ihrer Gewinnermittlung als Betriebsausgaben geltend machen können. Der Vorteil, der aus der hiesigen Konstellation resultiert, beschränkt sich demnach auf die Zuordnung von Aufwendungen in das klägerische Einzelunternehmen statt zu seiner Kapitalgesellschaft.
44Da bereits keine Anhaltspunkte für eine bereits im Zeitpunkt des Abschlusses der Leasingverträge geplante Betriebsaufgabe vorliegen, kann auch dahinstehen, ob die Vereinbarung von Leasingsonderzahlungen bei einer nahenden Betriebsaufgabe rechtsmissbräuchlich ist oder jeder marktübliche Leasingvertrag die Verpflichtung zu einer Sonderzahlung enthält. Ebenso kann dahinstehen, ob sich die Vertragsübernahme der Leasingverträge aus wirtschaftlicher Sicht schwierig gestaltete und sich daher auch ein Fremder Dritter dazu bereit erklärt hätte, auf eine Vergütung der geleisteten Leasingsonderzahlungen bei Vereinbarung einer Vertragsübernahme zu verzichten. Denn der Missbrauch, der zu einer Korrektur des Betriebsausgabenabzugs in den Streitjahren führen würde, kann nur in dem Abschluss der Leasingverträge selbst und nicht in der späteren Zustimmung zur Vertragsübernahme ohne Entschädigungsvereinbarung im Jahr 2017 liegen. Sofern der Beklagte der Ansicht ist, dass ein fremder Dritter nicht auf eine Vergütung der geleisteten Leasingsonderzahlungen verzichtet hätte, ist dieser Verzicht nach Auffassung des Senats allenfalls für den Veranlagungszeitraum 2017 von Bedeutung.
45Dass der Kläger insgesamt von der gewählten Konstellation aufgrund der Sofortabzugsfähigkeit der Leasingsonderzahlungen gegenüber einer Leasingvereinbarung mit höheren monatlichen Raten im Streitfall steuerlich profitiert, begründet ebenso wenig eine gesetzlich nicht verankerte Korrekturmöglichkeit. Denn durch die Normierung des Zu- und Abflussprinzips in § 11 EStG hat der Gesetzgeber in Kauf genommen, dass es durch die Zusammenballung von Einnahmen und Ausgaben in einem Veranlagungszeitraum - bei der Anwendung des Einkommensteuersatzes als Folge der Steuerprogression oder wegen der fehlenden tatsächlichen Ausgleichsmöglichkeit negativer Einkünfte in einem späteren Veranlagungszeitraum – zu steuerlichen Zufallsergebnissen kommen kann, die ggf. zu einer erheblichen steuerlichen Be- oder Entlastung führen (BFH, Urt. v. 26.01.2000, IX R 87/95, BFHE 191, 274, BStBl. II 2000, 396 m.w.N.). Dies gilt nach Ansicht des Senats auch dann, wenn die fehlende Ausgleichsmöglichkeit von Betriebsausgaben auf einer Betriebsaufgabe beruht, es sich im Ergebnis also um eine „verlorene Vorauszahlung“ handelt.
46Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, ob eine Korrektur des Betriebsausgabenabzugs entsprechend der Auffassung der OFD NRW in der Kurzinformation ESt Nr. 17/2016 vom 01.09.2016 auch ohne spezielle Rechtsgrundlage in Betracht kommt. Zwar ist es insofern zutreffend, dass nach der Rechtsprechung betreffend die steuerliche Behandlung von Leasingsonderzahlungen für die Qualifizierung der Aufwendungen dem Grunde und der Höhe nach und damit für die Abziehbarkeit der Leasingsonderzahlungen im Abflusszeitpunkt die beabsichtigte zukünftige Nutzung maßgeblich ist (vgl. BFH, Urt. v. 15.04.2010, VI R 20/08, BFHE 229, 203, BStBl. II 2010, 805; FG Schleswig-Holstein, Urt. v. 23.11.2020, 3 K 1/20, EFG 2021, 740; dazu auch Rehr/Riehm, FR 2021, 880). Im Streitfall liegt jedoch keine Nutzungsänderung von einer betrieblich zu einer privat veranlassten Nutzung, sondern eine endgültige Nutzungsaufgabe vor. Indem der Kläger die Leasingverträge auf die B-GmbH übertrug, endete sein eigenes Nutzungsrecht. Entgegen der Auffassung des Beklagten konnte das Nutzungsrecht somit auch nicht dem steuerrechtlichen Privatvermögen zugeordnet werden, die Nutzung der Leasingfahrzeuge durch die B-GmbH erfolgte vielmehr aufgrund eines eigenen, originären Nutzungsrechts gegenüber der Leasinggeberin. Im Übrigen berührt auch die spätere Aufgabe des Nutzungsrechts nicht die ursprüngliche Absicht des Steuerpflichtigen im Abflusszeitpunkt und ist damit im Hinblick auf den ursprünglichen Betriebsausgabenabzug unbeachtlich.
47Die Berechnung der festgestellten und festgesetzten Beträge wird nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Beklagten übertragen.
48Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.