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Die Einkommensteuerbescheide der Jahre 2010 bis 2012 vom 10.02.2017, 2013 vom 17.07.2015, 2014 vom 13.05.2016 und 2015 vom 16.03.2017, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.05.2017 und teilweise zuletzt geändert mit Bescheiden vom 03.08.2017 (2011, 2012, 2013) und vom 21.11.2019 (2014, 2015), werden dahingehend geändert, dass darin Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von xxx € (2010), xxx € (2011), xxx € (2012), xxx € (2013), xxx € (2014) und xxx € (2015) berücksichtigt werden, die jeweils hälftig auf die Kläger zu verteilen sind.
Die Berechnung der sich danach ergebenden Einkommensteuer wird dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leisten.
Tatbestand
2Streitig ist, ob die Verluste der Kläger aus dem Betrieb einer Alpaka-Farm in den Streitjahren 2010 bis 2015 steuerlich zu berücksichtigende Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft darstellen oder als Liebhaberei zu beurteilen sind.
3Seit dem Jahr 2002/2003 betreiben die Kläger eine Alpaka-Zucht unter der Firma „X“. Die ersten Alpakas schafften sie am 05.10.2002 an. Die Kläger waren seinerzeit auf der Suche nach Tieren, die sie zu ihren bereits vorhandenen Pferden mit auf die Weide stellen konnten. Sie entschieden sich für die Haltung von Alpakas, da sie davon ausgingen, dass durch den Verkauf der Alpaka-Wolle die anfallenden Kosten der Alpakas gedeckt werden könnten. Aufgrund des Berufs ihrer Mutter als xxx hatte die Klägerin bereits zuvor Berührungspunkte zu Wolle und Stoffen. Die Klägerin ist zudem auf einem landwirtschaftlichen Hof aufgewachsen.
4Für die Verwertung der selbst erzeugten Alpaka-Faser betreibt die Klägerin seit 2009 einen gesonderten Gewerbebetrieb als Einzelunternehmerin unter der Firma Y, im Jahr 2014 umbenannt in Z (im Folgenden: Z). Die hier streitgegenständliche Alpaka-Farm veräußert die erzeugte Faser an die Z, welche die weiteren Verarbeitungs- und Vermarktungsschritte übernimmt. Im Jahr 2015 stellte die Alpaka-Farm der Z die Faser je nach Qualitätsstufe zu Preisen von brutto 200,00 € (Qualität „a“), 50,00 € (Qualität „b“) und 10,00 € (Qualität „c“) je Kilogramm in Rechnung. Dabei orientierten sich die Kläger an den auf dem Weltmarkt existierenden üblichen Preisen für den Aufkauf dieser Fasern. Aus den Fasern werden je nach Qualität unterschiedliche Produkte hergestellt, wobei die Kläger im Laufe der Streitjahre und der folgenden Jahre diverse Versuche mit verschiedenen Spinnereien zur Verarbeitung der Rohfasern unternommen haben. Die besten Fasern werden zur Erstellung hochwertigen Kammgarns verwendet, aus dem Kleidungsstücke und Schals im höheren bis Luxus-Preissegment erstellt werden. Hierfür beschäftigt die Klägerin im Rahmen der Z seit dem Jahr 2018 eine Designerin, die die Kleidungsstücke entwirft. Zur Vorstellung und Vermarktung dieser Produkte führten die Kläger (….) eine eigene Modenschau durch. Die weniger hochwertigen Fasern werden zur Erstellung von Bettwaren wie Bettdecken und Kissen verwendet, aus den übrigen Fasern werden insbesondere Teppichwaren, Dünger und Gartenvliese hergestellt. Diese Produkte verkauft die Z zum Teil selbst über den Direktvertrieb, die Bettwaren werden auch über diverse Betten-Fachgeschäfte vertrieben.
5Der Kläger ist hauptberuflich als (….) tätig. Die Klägerin arbeitet ebenfalls etwa 25 bis 30 Stunden pro Woche in dem mit einer dritten Person gemeinsam betriebenen Wirtschaftsunternehmen. Hieraus erzielten sie in den Streitjahren gemeinsame Einkünfte in Höhe von xxx € (2010), xxx € (2011), xxx € (2012), xxx € (2013), xxx € (2014) und xxx € (2015). Daneben verbringt die Klägerin - nach eigener Aussage - täglich, in der Regel an sieben Tagen pro Woche, weitere sechs bis acht Stunden auf dem Alpaka-Hof bzw. mit dazugehörigen Tätigkeiten wie Büroarbeit und ähnlichem. Die Tochter der Kläger, Frau F G , arbeitete von Beginn an auf der Alpaka-Farm mit. Nach ihrem abgeschlossenen Studium ist sie (….) als Vollzeitkraft in dem streitgegenständlichen Betrieb tätig. Die Kläger und die Tochter beabsichtigen, dass die Tochter in das Unternehmen einsteigt und dieses letztlich vollständig übernehmen soll, wenn die Kläger sich daraus zurückziehen wollen.
6Vor der Aufnahme der Alpaka-Zucht informierte sich die Klägerin über diese Tiere durch das Studium zahlreicher Fachbücher und Zeitschriften aus dem In- und Ausland. Die Kläger stellten auf dieser Grundlage im Jahr 2002 drei unterschiedliche Konzepte auf, wie sie mit der Alpaka-Zucht Gewinne erzielen wollten. Diese sahen sämtlich den Verkauf aller Hengst-Jährlinge vor und variierten insbesondere darin, wie viele Stutjährlinge zusätzlich zu verkaufen waren. Insoweit wird auf die Aufstellungen der Kläger Bezug genommen (Bl. 319 ff. GA). Erst im Laufe der folgenden Jahre erkannten die Kläger, dass sich die Qualität der Tiere nicht bereits in den ersten Lebensjahren zeigt und ein Verkauf der Jährlinge aus diesem Grund nicht sinnvoll ist, sondern dass zur Erreichung bestmöglicher Zuchtergebnisse ein längerer Beobachtungszeitraum erforderlich ist. Die im Jahr 2002 aufgestellten Konzepte verwarfen die Kläger daher. In der Folgezeit, spätestens ab dem Jahr 2006, stellten sie ihr Zuchtziel dahingehend um, dass Tiere mit einer besonders langanhaltend hochwertigen Faser gezüchtet werden sollten. Die Tiere sollten auch nach bis zu fünfzehn Jahren noch eine möglichst gute Faserqualität aufweisen.
7Seit dem Jahr 2004 engagierte sich die Klägerin in einem der in Deutschland existierenden Vereine von Alpaka-Züchtern und -Haltern, dem (Jahr) gegründeten A e.V. (im Folgenden: AeV). Die Klägerin war in diesem Verein im Vorstand tätig und entwickelte für den Verein (…), anhand dessen die Qualität der Tiere insbesondere unter Beachtung der Faserqualität beurteilt werden sollte. Über die Tätigkeit in dem AeV erhielten die Kläger auch die Kontakte zu den ersten Käufern ihrer Tiere.
8Im Jahr 2012/2013 ergaben sich Streitigkeiten zwischen der Klägerin und zwei weiteren Vorstandsmitgliedern des AeV über (…). Diese beiden Vorstandsmitglieder hatten (…). Darüber bestanden im Folgenden diverse Meinungsverschiedenheiten. Die Klägerin wurde dabei von dem Vorstandsvorsitzenden auch gegenüber den anderen Vorstandsmitgliedern offen kritisiert und angefeindet. Insoweit wird insbesondere auf die klägerseitig vorgelegten Auszüge aus dem Mail-Verkehr innerhalb des AeV Bezug genommen (Bl. 294 ff. GA). Die Klägerin sollte nach dem Wunsch dieser beiden Vorstandsmitglieder im Zuge dieser Meinungsverschiedenheiten nicht mehr als (…) eingesetzt werden. Sie trat Ende (…) aus dem AeV aus.
9Im Folgenden organisierten die Kläger eigene Alpaka-Shows, während sie zuvor stets an derartigen Shows des AeV teilgenommen hatten.
10Im Jahr xxx veröffentlichte die Klägerin ein eigenes Buch über […] unter dem Titel „…“. Das Buch wurde inzwischen etwa … mal verkauft, insbesondere an […]. Die Erträge daraus wurden im Rahmen der Z erfasst. Zu Werbezwecken erstellten die Kläger diverse unterschiedliche Flyer und Broschüren über ihre Zuchttätigkeit und die hergestellten Produkte.
11Die Kläger betrieben und betreiben ihre Alpaka-Zucht im Wesentlichen auf gepachteten Flächen. Hierzu haben sie insbesondere diverse, an unterschiedlichen Standorten belegene Weideflächen und Stallgebäude für die Tiere gepachtet. Die aktuellen Pachtverträge laufen zum 01.03.2024 aus. Teilweise können diese Verträge noch verlängert werden. Die Kläger befinden sich derzeit in Verhandlungen über den Erwerb eines größeren Hofes in O, wozu bereits ein Entwurf für einen Notarvertrag vorliegt. Zur Sicherung dieses aktuell noch gültigen Angebots zahlten die Kläger im Jahr 2021 eine Summe von xxx € an die potenziellen Verkäufer dieses Hofes. Da der Hof in O allerdings nicht vollständig den Vorstellungen der Kläger entspricht, verhandeln diese derzeit zusätzlich mit der Stadt M über den Erwerb oder die Erbpacht eines Gutes („Gut T“) in M. Die Kläger planen einen vollständigen Umzug des Betriebs von den derzeit gepachteten Flächen auf die neu zu erwerbenden Flächen. In M soll zukünftig insbesondere eine Zusammenarbeit im Therapiebereich mit der […] erfolgen.
12Die Kläger ermittelten die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft jeweils bezogen auf ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 01.07. bis 30.06 und erzielten ausweislich der vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnungen die folgenden Verluste:
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WJ |
Gewinn/Verlust |
Summe der Verluste |
2001/2002 |
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2002/2003 |
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2003/2004 |
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2004/2005 |
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2005/2006 |
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2006/2007 |
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2007/2008 |
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2008/2009 |
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2009/2010 |
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2010/2011 |
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2011/2012 |
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2012/2013 |
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2013/2014 |
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2014/2015 |
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2015/2016 |
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2016/2017 |
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2017/2018 |
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2018/2019 |
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2019/2020 |
Die in den Jahren von 2001/2002 bis 2009/2010 in den Gewinnermittlungen enthaltenen Verluste enthielten noch Einnahmen und Ausgaben, die auf die ebenfalls gezüchteten Pferde entfielen. Im Rahmen einer Betriebsprüfung für diese Jahre wurden die Einkünfte aufgeteilt und entsprechend der Beträge in der vorstehenden Tabelle der Alpaka-Farm zugeordnet.
15Nach einer vorläufigen Gewinnermittlung für das Wirtschaftsjahr 2020/2021 erzielten die Kläger in diesem Jahr erstmalig einen Gewinn von etwa … €. Für die Wirtschaftsjahre 2021/2022 und 2022/2023 erwarten die Kläger ihrer eigenen Prognose nach Gewinne von etwa … € und … €.
16Die wesentlichen Einnahmen aus der Alpaka-Farm haben sich dabei über die Jahre wie folgt entwickelt:
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WJ |
Tier-verkäufe |
Faser-verkäufe |
Deck-taxen |
Zuschreibung Aufzucht |
Sonstige Erträge |
Andere Nebenerlöse |
2001/2002 |
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2002/2003 |
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2003/2004 |
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2004/2005 |
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2005/2006 |
||||||
2006/2007 |
||||||
2007/2008 |
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2008/2009 |
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2009/2010 |
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2010/2011 |
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2011/2012 |
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2012/2013 |
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2013/2014 |
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2014/2015 |
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2015/2016 |
||||||
2016/2017 |
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2017/2018 |
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2018/2019 |
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2019/2020 |
Im bereits abgeschlossenen Wirtschaftsjahr 2020/2021 betrugen die Einnahmen aus Tierverkäufen etwa … €, im Wirtschaftsjahr 2021/2022 erzielten die Kläger aus Tierverkäufen bis Mitte März 2022 Einnahmen von etwa … €.
19Wegen der weiteren Einzelheiten der Gewinnermittlungen wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
20Die „anderen Nebenerlöse“ ab dem Wirtschaftsjahr 2019/2020 beruhen insbesondere darauf, dass die Kläger ab dem Jahr 2019 intensiv mit der Durchführung von Veranstaltungen mit den gezüchteten Alpakas begonnen haben. So bieten sie seitdem beispielsweise xxx, xxx, xxx und ähnliches an. Hierfür werden in erster Linie die eigenen Zuchttiere eingesetzt.
21Die Anzahl der jährlich verkauften Alpakas entwickelte sich wie folgt, wobei erstmalig im Wirtschaftsjahr 2008/2009 ein Verkauf erfolgte:
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WJ |
Anzahl der verkauften Tiere |
Summe der verkauften Tiere |
Tierbestand am Ende des WJ |
2008/2009 |
|||
2009/2010 |
|||
2010/2011 |
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2011/2012 |
|||
2012/2013 |
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2013/2014 |
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2014/2015 |
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2015/2016 |
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2016/2017 |
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2017/2018 |
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2018/2019 |
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2019/2020 |
|||
2020/2021 |
Bezüglich des Tierbestandes wird auf die den jeweiligen Bilanzen der Wirtschaftsjahre beigefügten Aufstellungen und Anlagenverzeichnisse der Kläger Bezug genommen.
24Der Beklagte erkannte die Verluste aus dem Betrieb der Alpaka-Farm bis einschließlich 30.06.2010 als Anlaufverluste bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft an. Dabei setzte er die Verluste im Rahmen der Einkommensteuerbescheide jeweils zur Hälfte bei der Klägerin und dem Kläger an. Von der Durchführung einer einheitlichen und gesonderten Feststellung sah der Beklagte ab, da eine solche im vorliegenden Fall keine steuerliche Bedeutung habe. Die Veranlagungen der Streitjahre erfolgten zunächst vorläufig nach § 165 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO). Die Kläger gaben in den Streitjahren jeweils gegenüber dem Beklagten an, in den Folgejahren etwa … bis … Tiere jährlich verkaufen zu wollen und die Einnahmen dadurch zu erhöhen. Diese Verkaufszahlen wurden jedoch lediglich im Wirtschaftsjahr 2012/2013 mit … Verkäufen nahezu erreicht, ab dem Wirtschaftsjahr 2013/2014 allerdings nicht mehr. Entgegen der klägerseitigen Prognosen stieg stattdessen aufgrund der zahlreichen Fohlengeburten die Größe der Herde in den Folgejahren von etwa … Tieren im Jahr 2010 auf zwischenzeitlich bis zu … Tiere im Jahr 2021 an. Derzeit hat die Herde eine Größe von etwa … Tieren.
25Mit Einkommensteuerbescheiden vom 17.07.2015 (2013), 13.05.2016 (2014), 10.02.2017 (2010, 2011, 2012) und 16.03.2017 (2015) setzte der Beklagte die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in den Streitjahren mit 0 € an, da die Tätigkeit ab dem 01.07.2010 als Liebhaberei einzuordnen sei. Die stillen Reserven auf den 30.06.2010 für die … vorhandenen Alpakas stellte der Beklagte mit Bescheid vom 02.06.2017 auf insgesamt xxx € fest. Mit Bescheiden vom 03.08.2017 änderte der Beklagte die Einkommensteuerbescheide 2011 bis 2015 dahingehend, dass die festgesetzten und in den jeweiligen Jahren durch Verkäufe einzelner, bereits am 30.06.2010 vorhandener Alpakas realisierten stillen Reserven als nachträgliche Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft angesetzt wurden. Die Bescheide für die Jahre 2014 und 2015 wurden am 21.11.2019 aus nicht streitgegenständlichen Gründen erneut geändert.
26Die Einkünfte der Ehefrau aus der Z, die in den Streitjahren ebenfalls ausschließlich aus Verlusten bestanden, sind in den Einkommensteuerbescheiden 2010 bis 2015 nach wie vor wie erklärt enthalten. Sie beruhen auf Bescheiden des Beklagten über die gesonderte Feststellung der Einkünfte aus dem Betrieb Z. Die Einkommensteuerbescheide 2013 bis 2015 sind diesbezüglich vorläufig nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO.
27Die gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2010 bis 2015 gerichteten Einsprüche wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 11.05.2017 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er an, dass sich aus der Art der Tätigkeit, der Art der Betriebsführung, der vorliegenden persönlichen Gründe und Neigungen zur Führung des Betriebes und der Totalgewinnprognose keine Gewinnerzielungsabsicht ergebe. Der Betrieb sei grundsätzlich geeignet, aus im Bereich der Lebensführung liegenden persönlichen Gründen ausgeübt zu werden. Die Tätigkeit werde schließlich auch nur nebenberuflich ausgeübt. Es sei davon auszugehen, dass die Kläger den Alpakabetrieb aus persönlichen Motiven, unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg, führten. Dies beruhe darauf, dass die Kläger keine geeigneten Maßnahmen getroffen hätten, um die Betriebsführung zu optimieren, obwohl die erzielten Ergebnisse von den klägerseitig aufgestellten Prognosen stark abwichen. Die Tätigkeit sei für die Kläger zudem nicht existenznotwendig, die übrigen hohen Einkünfte der Kläger ermöglichten es diesen, die durch den Alpakabetrieb angefallenen Verluste zu tragen und ihre Einkommensteuerschuld dadurch zu mindern. Der enorme zeitliche Einsatz der Kläger unter Inkaufnahme von dauerhaften Verlusten lege den Schluss nahe, dass die Tätigkeit auch persönliche Neigungen befriedige und auch der Erholung diene. So sei auch die Gründung des Betriebs bereits aus persönlichen Gründen erfolgt, da die Tätigkeit eher aus Zufall entstanden sei, als man geeignete Beistelltiere für die bereits existierende Pferdehaltung gesucht habe.
28Zwar werde nicht infrage gestellt, dass die Kläger die eigenen abgegebenen Prognosen tatsächlich für möglich oder sogar wahrscheinlich gehalten haben, es mangele jedoch an der entsprechenden Reaktion auf die nicht erwarteten Verluste.
29Es sei nicht ersichtlich, wie sich die Ertragssituation mittelfristig verbessern solle. Die Umstellung auf sogenannte Faseralpakas, die Vergrößerung der Zuchtbasis, die Werbung für den Betrieb durch Teilnahme an Show-Veranstaltungen, der Verkauf von eigenem Futter, die Veranstaltung von Seminaren und der Verkauf eines Buches seien keine Umstrukturierungsmaßnahmen. Jedenfalls seien diese Maßnahmen nicht geeignet, die Rentabilität des Betriebes zu steigern.
30Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Größe der Herde entgegen jährlicher klägerseitiger Prognosen stetig angewachsen ist. Insbesondere seien zahlreiche Hengste im Bestand, die älter als ein Jahr seien, obwohl deren Wert mit zunehmendem Alter stark abnehme. Betriebswirtschaftlich gesehen sei zudem eine Reduzierung der Hengst-Anzahl geboten, da bei einer Stutenanzahl von … Tieren bereits … bis … Hengste für ein artgerechtes Paarungsverhalten ausreichten. Die übrigen Hengste hätten daher schon längst verkauft werden müssen. Dass dies nicht geschehen ist, hänge allein damit zusammen, dass die Tiere nicht am Markt untergebracht werden könnten.
31Aufgrund einer Auswertung der tatsächlichen Verkäufe seitens der Kläger ergebe sich, dass die Hengste idealerweise im zweiten Lebensjahr verkauft werden sollten, die Stuten im vierten oder fünften Lebensjahr. Zu diesen Zeitpunkten sei der höchste Preis zu erzielen. Da die Tiere der Kläger über diesen Verkaufszeitpunkt hinaus gehalten würden, erhöhe dies stetig die Aufzuchtkosten bei gleichzeitig sinkendem Marktwert der Tiere. Durch den erhöhten Tierbestand sei die Beschäftigung von Mitarbeitern erforderlich, die die Gewinnerzielungsmöglichkeit zusätzlich beeinträchtigten.
32Bei der Ermittlung der Totalgewinnprognose sei der Beurteilungszeitraum auf die Dauer des Pachtverhältnisses beschränkt und ende damit im Jahr 2024. Aufgrund der in der Vergangenheit angefallenen Verluste und der in jedem Jahr eingetretenen Abweichung von den Prognosen der Kläger seien auch künftig keine laufenden Gewinne zu erwarten. Zwar seien auch die stillen Reserven in die Ermittlung des Totalgewinns einzubeziehen, unter Annahme idealer Bedingungen für die Veräußerung der gesamten Herde ergäben sich aber für das lebende und tote Inventar allenfalls stille Reserven von xxx €. Dabei ging der Beklagte von einem Tierbestand von … Tieren und Durchschnittspreisen für Hengste i.H.v. xxx € und für Stuten i.H.v. xxx € aus. Diese stillen Reserven könnten den bis zum Wirtschaftsjahr 2023/2024 zu erwartenden Gesamtverlust von xxx € nicht ausgleichen.
33Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen.
34Dagegen haben die Kläger am 02.06.2017 Klage erhoben.
35Sie tragen vor, der Beklagte gehe von falschen Tatsachen aus. Sie hätten zu jeder Zeit mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt. Die beabsichtigten Gewinne seien auch für ihre Altersvorsorge und Vermögensplanung erforderlich, da sowohl xxx als auch die von ihnen vermieteten Objekte noch hoch verschuldet seien.
36Aufgrund der erheblichen stillen Reserven des Betriebs ergebe sich zudem jederzeit ein Totalgewinn. Bei der Ermittlung dieser stillen Reserven sei der ihrerseits angesetzte Wert von etwa xxx € für sämtliche Tiere im Bestand noch zu niedrig, dieser sei vielmehr auf über xxx € zu erhöhen. Dies beruhe darauf, dass bei den getätigten Verkäufen im Schnitt pro Tier mehr als xxx € mehr an Einnahmen erzielt worden seien, als sie, die Kläger, zuvor für das jeweilige Tier in ihrer eigenen Wertermittlung angesetzt hätten. Es seien zu keinem Zeitpunkt Verluste in Kauf genommen worden, sondern den laufenden Verlusten habe stets ein Ausgleich in Form einer Wertsteigerung des Tierbestandes gegenübergestanden.
37Die von dem Beklagten für die Wertermittlung angeführten Durchschnittspreise für Stuten und Hengste seien unzutreffend. Aufgrund der tatsächlichen Verkäufe durch die X ergebe sich für Stuten ein erzielter Durchschnittspreis von xxx €, der Durchschnittspreis für Hengste liege bei xxx €.
38Für die seitens des Beklagten unterstellten privaten Neigungen gebe es keinerlei Anhaltspunkte. Dagegen spreche allein schon die inzwischen beträchtliche Größe des Unternehmens. Davon, dass der Betrieb der Erholung der Kläger diene, könne nicht die Rede sein. Dem stehe der hohe Zeitaufwand entgegen, den insbesondere die Klägerin in den Betrieb investiere. So arbeite sie zwar insgesamt auch noch 25 bis 30 Stunden pro Woche als (…), wobei sich die Arbeitszeit auf vier Nachmittage verteile. Täglich verbringe sie aber – jeweils vormittags und abends – insgesamt sechs bis acht Stunden auf der Alpaka-Farm.
39Das von dem Beklagten angeführte Mengenverhältnis zwischen Stuten und Hengsten sei für den Betrieb einer Zucht nicht korrekt, da für eine Zucht im Sinne einer Veredelung und Verbesserung deutlich mehr Tiere erforderlich seien. Die Faserqualität eines Hengstes sei zuverlässig erst mit etwa acht Jahren zu beurteilen, da sich die Qualität der Faser bis dahin noch verschlechtern könne. Aus diesem Grund sei es notwendig, die potentiellen Deckhengste ausreichend lange zu beobachten, um ihre Eignung zur Zeugung qualitativ hochwertiger Nachfahren beurteilen zu können. Erst anschließend sei auch ihr tatsächlicher Wert erkennbar.
40Die von ihnen, den Klägern, aufgestellten Modelle aus dem Jahr 2002, die der Beklagte immer wieder anführe, seien veraltet und könnten nicht mehr herangezogen werden. Diese beruhten auf fehlerhaften Informationen aus der damals zur Verfügung stehenden Literatur. Erst mit der Veröffentlichung einer australischen Studie im Jahr 2004, von der sie im Jahr 2005 erfahren hätten, sei ihnen bekannt geworden, wie die Faserqualität der Tiere tatsächlich zu beurteilen sei und dass die Qualität eines Tieres – im Sinne einer möglichst lange produzierten hochwertigen Faser – erst nach vielen Jahren ersichtlich sei. Daraufhin habe man das Zuchtziel umgestellt. Ziel sei es seitdem gewesen, Tiere mit einer Faser zu züchten, die nicht nur in den ersten zwei Lebensjahren der höchsten Qualität entspreche, sondern viele Jahre darüber hinaus konstant auf hohem Niveau blieben. Entscheidend sei, dass die Tiere der X eine besonders feine Faser hätten, die möglichst nahe an die beste Faser eines Vicunja, des südamerikanischen Artgenossen der Alpakas, heranreiche. Nur mit dieser Faser könne das für die vertriebenen Luxusprodukte der Kläger benötigte hochwertige Kammgarn hergestellt werden.
41Eine Umstellung der Zucht auf Showtiere sei entgegen der Annahme des Beklagten betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll. Zwar seien diese derzeit noch sehr hoch bezahlt, könnten aber nicht wirtschaftlich gehalten werden, da ihre Faser kaum hochwertiger sei und verarbeitet werden könne als die Faser von reinen Hobbytieren. Aus diesem Grund werde der Markt für Showtiere auf lange Sicht einbrechen. Im Gegensatz dazu nehme die Anerkennung der Fasertiere – auch wegen der eigenen jahrelangen Aufklärungsarbeit – zu. Aufgrund der Möglichkeit der Verwertung der hochwertigen Faser sei davon auszugehen, dass diese Tiere auch unabhängig von ihrem Verkauf Erträge einbringen könnten. Abgesehen davon hätten sie, die Kläger, bereits im Jahr (…) begonnen, die nicht für die Faserzucht geeigneten Tiere als therapiegeeignete Tiere zu schulen und diese an Einrichtungen zur Begleitung von Menschen im Rahmen einer Therapie zu verkaufen. Dies ergänze die Zucht der Fasertiere.
42Die Abweichung der tatsächlichen Erträge in den Streitjahren von den von ihnen erstellten Prognosen ergebe sich im Wesentlichen daraus, dass bei Aufstellung dieser Prognosen die Probleme rund um die „Rufmordkampagne“ der Vorstandsmitglieder des AeV gegenüber den Klägern nicht abzusehen gewesen seien. Die Einbrüche in den Verkaufszahlen seien eine Folge der in diesem Zuge gegen die Kläger ausgesprochenen Verleumdungen. Da die Verkäufe von Alpakas im Wesentlichen über Kontakte in den Vereinen erfolgten, hätten die Verleumdungen durch die einzelnen Vorstandsmitglieder des AeV dazu geführt, dass sie, die Kläger, das Vertrauen der Käufer erst wieder hätten aufbauen müssen. Darüber hinaus habe man sich auch unter diesen Umständen entschieden, die Herde zur Erhöhung der erzeugten Fasermenge zu vergrößern. In den Verhandlungen mit verschiedenen Spinnereien sei im Laufe der Zeit deutlich geworden, dass eine gewisse Mindestmenge an hochqualitativer Faser für die Verarbeitung erforderlich sei. Aufgrund der begrenzten Weideflächen habe man dann nicht noch zusätzlich weitere Fohlen für den Verkauf erzeugen können. Inzwischen seien die Verkäufe allerdings wieder stark angestiegen. Dazu habe insbesondere auch das Buch der Klägerin beigetragen. Dieses sei auch unter Fachleuten anerkannt.
43Der hohe Wert des Unternehmens ergebe sich nicht zuletzt aus den derzeit laufenden Verhandlungen mit einem Investor, der ein hohes Interesse an einer Beteiligung an der Alpaka-Farm habe und mit dem sie diesbezüglich bereits einen sogenannten „Letter of intent“ abgeschlossen hätten. Dieser wolle sich mit einem Betrag von bis zu xxx € in das Unternehmen einbringen und dafür voraussichtlich die Hälfte der Unternehmensanteile erwerben. Damit solle auch der geplante Erwerb eines Hofes finanziert werden. Da der Investor, ein Herr L, viele Kontakte in den arabischen Raum habe, wo die Alpaka-Produkte besonders begehrt seien, erhoffe man sich dadurch eine weitere Vergrößerung des Abnehmerkreises. So sei man beispielsweise bereits in Verhandlungen mit einer großen Hotel-Kette über die Ausstattung der Hotels mit den Bettwaren der Kläger.
44Schließlich sei bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten noch die weitere Planung zu berücksichtigen. So sei beabsichtigt, die angebotenen Veranstaltungen und den Therapie-Bereich weiter auszubauen, einen eigenen Hofladen sowie ein Hofcafé zu errichten und zu betreiben. Ferner solle beispielsweise „Urlaub auf der Alpaka-Farm“ angeboten werden. Die X solle zu einem landwirtschaftlichen Erlebnishof rund um Alpakas werden.
45Die Kläger beantragen,
46die Einkommensteuerbescheide der Jahre 2010 bis 2012 vom 10.02.2017, 2013 vom 17.07.2015, 2014 vom 13.05.2016 und 2015 vom 16.03.2017, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.05.2017 und teilweise zuletzt geändert mit Bescheiden vom 03.08.2017 (2011, 2012, 2013) und vom 21.11.2019 (2014, 2015), werden dahingehend geändert, dass darin Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von xxx € (2010), xxx € (2011), xxx € (2012), xxx € (2013), xxx € (2014) sowie xxx € (2015) berücksichtigt werden, die jeweils hälftig auf die Kläger zu verteilen sind.
47Der Beklagte beantragt,
48die Klage abzuweisen,
49hilfsweise, die Revision zuzulassen.
50Der Beklagte wiederholt zur Begründung insbesondere die Ausführungen aus der Einspruchsentscheidung. Er ist der Ansicht, den Klägern fehle ab dem 01.07.2010 die Absicht, mit der Alpaka-Zucht und den dazugehörigen Tätigkeiten Gewinne zu erzielen. Dies ergebe sich zum einen daraus, dass die Totalgewinnprognose negativ sei. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Prognose auf die Dauer der Pachtverträge zu beschränken sei und dass in diesem Zeitraum kein Totalgewinn mehr erzielt werden könne. Mit dem geplanten Umzug auf eigene Flächen entstehe ein neuer Betrieb, der mit dem bisherigen nicht identisch sei. Aus diesem Grund könne auch die Generationen-Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht angewandt werden.
51Der vorhandene Bestand an lebendem und totem Inventar könne den Totalverlust auch nicht ausgleichen. Bei der Wertermittlung könne nicht auf die Wertangaben der Kläger zurückgegriffen werden, da nicht davon auszugehen sei, dass sämtliche Tiere zu den angegebenen – oder gar noch höheren – Preisen zu verkaufen seien. Die geringe Anzahl an Tierverkäufen in den Streitjahren deute vielmehr darauf hin, dass gar kein Markt für eine so große Anzahl an Tieren existiere. Zudem dürften die erzielten Verkaufspreise nach Ansicht des Beklagten darauf beruhen, dass die Kläger im Rahmen der Bestenauslese ihre wertvollsten Tiere veräußert hätten und nur so die tatsächlichen Preise erzielen konnten. Selbst bei optimistischer Prognose ergäben sich daher für das lebende Inventar – unter Zugrundelegung eines Tierbestandes von … Hengsten und … Stuten – allenfalls stille Reserven von xxx €. Bei realistischer Betrachtung betrage dieser Wert allerdings lediglich xxx €. Wegen der Berechnungsgrundlagen wird auf den entsprechenden Schriftsatz des Beklagten Bezug genommen (Bl. 392 GA).
52Darüber hinaus sei die Alpaka-Farm in der Vergangenheit auch trotz der andauernden Verluste ohne die notwendigen Umstrukturierungen und somit aufgrund persönlicher Neigungen fortgeführt worden. Die Kläger hätten die jährlich getroffenen eigenen Prognosen nicht eingehalten und die dauerhaften Verluste ohne angemessene Reaktion lediglich hingenommen. Dies sei ihnen nur wegen ihrer anderweitigen hohen Einkünfte aus (…) möglich. Ein Landwirt, der nicht über derartige anderweitige Einkünfte verfügt, hätte den Betrieb nach Ansicht des Beklagten längst eingestellt. Daraus ergebe sich nach der Rechtsprechung des BFH regelmäßig eine persönliche Passion. Der Beklagte verweist diesbezüglich auf das Urteil des BFH vom 24.08.2000 (IV R 46/99, BFHE 192, 542, BStBl II 2000, 674).
53Es sei zudem nicht erkennbar, dass für die von den Klägern gezüchteten, besonders hochwertigen Tiere überhaupt ein ausreichender Markt vorhanden sei, auf dem die Tiere ihrem Wert entsprechend verkauft werden könnten. Dies ergebe sich bereits aus dem erheblichen Anstieg des Tierbestandes entgegen der klägerischen jährlichen Prognosen. Auch bei den aus den Fasern hergestellten Produkten handele es sich um Nischen-Produkte, für die kein größerer Käuferkreis erkennbar sei. Dies würden die Kläger ignorieren und die verlustbringende Tätigkeit dennoch fortführen. Statt weiterhin auf die Zucht von Fasertieren zu setzen, hätten die Kläger bei betriebswirtschaftlich sinnvollem Vorgehen eher auf die Zucht von Show- oder Hobbytieren umstellen müssen, da die Käufer den Wert von Faseralpakas gar nicht erkennen könnten.
54Die ab dem Jahr 2019 zusätzlich aufgenommenen Tätigkeiten sowie die Planungen für weitere Erweiterungen seien in die Prüfung der Liebhaberei nicht einzubeziehen, da es sich dabei zum einen voraussichtlich um gewerbliche Einkünfte handele, die von den Einkünften aus der Zucht zu trennen seien, und zum anderen ansonsten jedenfalls eine Segmentierung vorgenommen werden müsse. Es handele sich dabei vielmehr um einen gänzlich anderen Betrieb als die vorliegend zu beurteilende Alpaka-Farm, deren Hauptzweck die Zucht und Haltung von Alpakas sei. Für die Durchführung der Veranstaltungen mit den Tieren sei die Zucht nicht erforderlich, vielmehr könne dies auch durch den Ankauf einiger weniger Tiere erfolgen, die für (…) eingesetzt werden könnten. Die möglicherweise positivere Entwicklung ab dem Wirtschaftsjahr 2020/2021, für das die endgültige Bilanz noch nicht vorliege, könne daher keinen Einfluss auf die Beurteilung der Liebhaberei haben.
55Zu berücksichtigen sei bei der Totalgewinnprognose zudem, dass die Einnahmen aus den Faserverkäufen sämtlich von der ebenfalls von der Klägerin betriebenen Z gezahlt wurden. Dort sei ein Großteil der verkauften Fasern noch vorrätig. Es habe also nur eine Verschiebung von dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb in den ausgelagerten Faser-Betrieb stattgefunden, eine tatsächliche Realisierung von Einnahmen am Markt sei nicht erfolgt.
56In Zukunft seien zudem weiter steigende Personalkosten in die Prognose einzubeziehen, da die Kläger die Einstellung weiteren Personals für die auszubauenden Tätigkeiten planen würden. Auch seien Personalaufwendungen für die in Vollzeit tätige Tochter F G noch nicht in den Prognosen enthalten.
57Dass die Kläger den Betrieb aufgrund persönlicher Neigungen betreiben, ergebe sich aus zahlreichen objektiven Anhaltspunkten. Die Klägerin habe aufgrund der Berufe ihrer Eltern einen persönlichen Bezug sowohl zur Landwirtschaft als auch zur Herstellung feiner Alpaka-Faser zur Weiterverarbeitung im modischen Bereich. Ihre Tätigkeit als (…) zeige zudem eine gewisse Affinität zur Wissenschaft und Forschung. Es gehe insbesondere der Klägerin daher wohl eher um die Forschung auf dem Gebiet der Züchtung qualitativ hochwertiger Tiere denn um die Erzielung eines Gewinns. Dies werde auch aus der Art der Betriebsführung deutlich. So habe sich die Klägerin potentiellen Geschäftskunden gegenüber abweisend verhalten und dadurch potentielle Geschäftsabschlüsse aus persönlichen Beweggründen verhindert.
58Die Berichterstatterin hat mit den Beteiligten am 02.02.2022 die Sach- und Rechtslage erörtert. Auf das Terminsprotokoll wird Bezug genommen.
59Der Senat hat in der Sache am 18.03.2022 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.
60Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die zum Verfahren beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
61Entscheidungsgründe
62I. Die Klage ist begründet.
63Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2010 bis 2015 sind rechtswidrig, soweit darin die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft anstatt mit den tatsächlich erzielten Verlusten lediglich mit 0 € angesetzt wurden. Insoweit sind die Kläger durch die Bescheide in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
64II. Die Kläger haben die streitgegenständliche Alpaka-Farm mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben und daraus steuerlich relevante Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gemäß § 13 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erzielt.
651. Gewinne und Verluste, die einem Steuerpflichtigen aus einer Betätigung erwachsen, sind nur dann bei der Bemessung seiner Einkommensteuer zu berücksichtigen, wenn sie sich einer der in § 2 Abs. 1 EStG genannten Einkunftsarten zurechnen lassen. Deshalb setzt die Berücksichtigung der Verluste aus dem Betrieb einer Alpaka-Farm – wie der klägerischen – voraus, dass sie aus der Unterhaltung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs i.S. von § 13 Abs. 1 EStG entstanden sind.
66a) Ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb erfordert eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird. Das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht als Voraussetzung für eine einkommensteuerrelevante betriebliche Tätigkeit ergibt sich aus § 15 Abs. 2 EStG, der auch auf die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i.S. des § 13 EStG anzuwenden ist (BFH-Urteil vom 09.03.2017 VI R 86/14, BFHE 257, 561, BStBl II 2017, 981, Rn. 10, m. w. N.).
67b) Gewinnerzielungsabsicht ist das Bestreben, das Betriebsvermögen zu mehren und auf Dauer einen Totalgewinn zu erzielen. Angestrebt werden muss ein positives Ergebnis in der Regel zwischen Betriebsgründung und Betriebsbeendigung, und zwar aufgrund einer Betätigung, die, über eine größere Zahl von Jahren gesehen, auf die Erzielung positiver Ergebnisse hin angelegt ist. Die Gewinnerzielungsabsicht bestimmt sich dabei nach den Besonderheiten der jeweiligen Einkunftsart (z.B. BFH-Urteil vom 09.03.2017 VI R 86/14, BFHE 257, 561, BStBl II 2017, 981, Rn. 12).
68c) An der Absicht Gewinn zu erzielen fehlt es, wenn die Prognose des zu erwirtschaftenden Totalgewinns negativ ist und der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausübt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 23.08.2017 X R 27/16, BFH/NV 2018, 36, Rn. 16). Als innere Tatsache lässt sich die Gewinnerzielungsabsicht nur anhand äußerer Umstände feststellen. Einzelne Umstände können dabei einen Anscheinsbeweis liefern (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.06.1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C.IV.3.c bb). Für die Beurteilung ist insbesondere von Bedeutung, ob der Betrieb bei objektiver Betrachtung nach seiner Art, der Gestaltung der Betriebsführung und den gegebenen Ertragsaussichten einen "Totalgewinn" erwarten lässt. Für diese Prognose können die Verhältnisse der bereits abgelaufenen Zeiträume wichtige Anhaltspunkte bieten. Ist danach bei objektiver Betrachtung ein positives Ergebnis nicht zu erwarten, kann der Steuerpflichtige gleichwohl nachweisen, dass er die objektiven Gegebenheiten verkannt und erwartet habe, dass zunächst angefallene Verluste im Laufe der weiteren Entwicklung des Betriebs durch Gewinne ausgeglichen würden und insgesamt ein positives Gesamtergebnis erzielt werden könne. Der Beweis, dass ein über Jahre hin mit Verlusten arbeitender Betrieb nicht mit der Absicht der Gewinnerzielung geführt wird, der Steuerpflichtige vielmehr aus nicht wirtschaftlichen, persönlichen Gründen diese ständige finanzielle Belastung trägt, kann aber in der Regel dann als erbracht gelten, wenn feststeht, dass der Betrieb nicht nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt wird und nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen nicht nachhaltig mit Gewinnen arbeiten kann (BFH-Urteil vom 25.11.2004 IV R 8/03, BFH/NV 2005, 854).
69d) Der für die Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht maßgebliche Totalgewinn setzt sich aus den in der Vergangenheit erzielten und künftig zu erwartenden laufenden Gewinnen/Verlusten und dem sich bei Betriebsbeendigung voraussichtlich ergebenden Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn/-verlust zusammen. Kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Betrieb veräußert wird, so ist der Schätzung des Totalgewinns ein (fiktiver) Aufgabegewinn/-verlust gemäß § 16 Abs. 3 EStG zugrunde zu legen (BFH-Urteil vom 11.10.2007 IV R 15/05, BFHE 219, 508, BStBl II 2008, 465).
70e) Der zeitliche Maßstab für die Beurteilung des Totalgewinns ergibt sich im Regelfall aus der Gesamtdauer der Betätigung. Feste zeitliche Vorgaben gibt es dabei nicht. Der Zeitraum, innerhalb dessen ein positives Ergebnis erzielbar sein muss, ist stets einzelfallbezogen zu beurteilen (BFH-Urteil vom 11.10.2007 IV R 15/05, BFHE 219, 508, BStBl II 2008, 465).
71f) Für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Totalgewinnperiode objektbezogen ist und deshalb mehr als eine Generation umfassen muss (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 09.03.2017 VI R 86/14, BFHE 257, 561, BStBl II 2017, 981, Rn. 12). Die Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht bleibt gleichwohl notwendigerweise auf den einzelnen Steuerpflichtigen und damit primär auch auf dessen Betrieb bezogen (zuletzt BFH-Urteile vom 23.10.2018 VI R 5/17, BFHE 262, 425, BStBl II 2019, 601; vom 07.04.2016 IV R 38/13, BFHE 253, 390, BStBl II 2016, 765). Ausgangspunkt dieser Rechtsprechung ist eine auf den konkreten Einzelfall bezogene wirtschaftliche Betrachtung, wenn bereits der aktuell zu beurteilende Steuerpflichtige die wirtschaftliche Grundlage des späteren Erfolgs in Form von positiven Einkünften bei seinem unentgeltlichen Rechtsnachfolger gelegt hat (BFH-Urteil vom 07.04.2016 IV R 38/13, BFHE 253, 390, BStBl II 2016, 765, Rn. 24).
722. Nach diesen Grundsätzen ist für die Streitjahre von einem einkommensteuerrelevanten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb auszugehen. Die Kläger haben zur Überzeugung des Senats in den Streitjahren mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt.
73a) Dies ergibt sich bereits daraus, dass sich die Kläger in den Streitjahren noch in der Anlaufphase befanden und die Verluste als Anlaufverluste zu berücksichtigen sind.
74aa) Bei der Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebs ist, was die Dauer der Anlaufzeit betrifft, regelmäßig von einem Zeitraum von acht bis zehn Jahren auszugehen. Nach den Umständen des Einzelfalls kann dieser Zeitraum jedoch zu verlängern sein. Insbesondere sind unvorhergesehene Ereignisse während der Anlaufphase bei der Bemessung des Anlaufzeitraums angemessen zu berücksichtigen (vgl. BFH-Beschluss vom 31.08.1993 I B 135/92, BFH/NV 1994, 464). Gerade bei einem Tierzuchtbetrieb kann eine längere Anlaufphase erforderlich sein (vgl. FG Saarbrücken, Urteil vom 22.05.1997 1 K 58/96, EFG 1998, 92; Krumm in: Leingärtner, Besteuerung der Landwirte, Kapitel 4 Rn. 18).
75bb) Der Anlaufzeitraum ist dabei vorliegend nicht bereits mit der erstmaligen Anschaffung von Alpakas im Wirtschaftsjahr 2002/2003, sondern erst im Wirtschaftsjahr 2006/2007 zu beginnen. Der Betrieb in seiner in den Streitjahren betriebenen Form bestand erst ab dem Wirtschaftsjahr 2006/2007. Erst in diesem Zeitraum haben die Kläger ihr Zuchtziel dahingehend konkretisiert und umgestellt, dass Alpakas mit langanhaltend hoher Faserqualität gezüchtet und verwertet werden sollten. In den Vorjahren erfolgte die Zucht hingegen aufgrund der fehlenden Fachkenntnisse mehr versuchsweise und – ausgehend von der ursprünglichen Funktion der Alpakas als „Beistelltiere“ – ins Blaue hinein. Die Kläger haben überzeugend dargelegt, dass das Wissen um die Faserqualität erst im Jahr 2005 durch eine Studie bekannt wurde und die Zucht erst zu diesem Zeitpunkt darauf ausgerichtet werden konnte. In den Streitjahren 2010 bis 2015, die noch anteilig das Wirtschaftsjahr 2015/2016 umfassen, ist der für landwirtschaftliche Betriebe anerkannte reguläre Anlaufzeitraum von acht bis zehn Jahren folglich noch nicht abgelaufen.
76Dabei ist es angemessen, sich bei der Bemessung dieses Zeitraums eher an der oberen Grenze von zehn Jahren zu orientieren, da es sich im Streitfall um einen Tierzuchtbetrieb handelt, der zudem die Besonderheit aufweist, dass das Wissen um die Alpakas, insbesondere die unterschiedliche Qualität der Alpaka-Fasern und die daraus resultierenden Wertunterschiede bei den Tieren und den aus den Fasern herstellbaren Produkten in Deutschland in den Streitjahren noch nicht weit verbreitet war. Die Kläger haben überzeugend vorgetragen, dass sie auf diesem Gebiet zunächst zeitaufwändige Pionier- und Aufklärungsarbeit leisten mussten. Dies betrifft insbesondere auch die Verarbeitung der von ihnen hergestellten hochwertigen Fasern. So mussten die Kläger in den Streitjahren und in den Jahren zuvor und danach zunächst Vertriebs- und Verarbeitungswege für diese Fasern aufbauen, da wegen der geringen Masse solcher Tierfasern eine wirtschaftliche Verarbeitung durch externe Spinnereien zunächst nicht möglich war.
77Der Senat hat aus den Gesamtumständen des Verfahrens insgesamt den Eindruck gewonnen, dass sich vor allem die Klägerin erst im Laufe der Zeit (bei der Unterhaltung des Zuchtbetriebes) von einer eher privat motivierten Züchterin (Anschaffung der Alpakas als Beistelltiere zu der ursprünglich betriebenen Pferdezucht) zu einer „echten“ (…) Spezialistin auf dem Gebiet der Alpaka-Zucht entwickelt hat. Dieser Umstand, der auch darin zum Ausdruck kommt, dass signifikante Tierverkäufe erst ab dem Jahr 2009/2010 stattfanden, muss sich auch in der Bemessung des Anlaufzeitraums widerspiegeln.
78cc) Selbst wenn der Anlaufzeitraum bereits ab dem Wirtschaftsjahr 2002/2003 bemessen würde – so wie auch der Beklagte die Verluste bereits seit Beginn der Alpaka-Haltung anerkannt hat – befänden sich die Kläger in den Streitjahren nach wie vor innerhalb der Anlaufphase. Nach Auffassung des Senats weist der Streitfall einige Besonderheiten auf, die eine Verlängerung des regulären Anlaufzeitraums von acht bis zehn Jahren rechtfertigen.
79(1) Zum einen ist dabei zu berücksichtigen, dass sich die tatsächliche Qualität der gezüchteten Tiere erst nach mehreren Jahren zeigt und dass die Kläger diesen Umstand bei Gründung des Betriebs noch nicht kannten. Aus diesem Grund konnten sie die Zucht nicht von vornherein auf dieses Merkmal – besonders langfristige hohe Faserqualität – ausrichten. Dieses Zuchtziel erfordert es nach den überzeugenden – und von dem Beklagten nicht widersprochenen – Darlegungen der Kläger, die jeweiligen gezüchteten Tiere über einen Zeitraum von bis zu acht Jahren dahingehend zu beobachten, ob die Faserqualität des jeweiligen Tieres im Laufe der Zeit abnimmt und sich – wie bei der Mehrzahl der in Deutschland gängigen Alpakas – stark verschlechtert, oder ob das Zuchtziel erreicht wurde und die Faserqualität langanhaltend hoch bleibt. Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass dieses Zuchtziel in der Regel nicht innerhalb einer Tier-Generation zu erreichen ist, sondern erst nach mehreren Generationen – jedenfalls in der Breite – möglich ist. Nach Ablauf des regulären Anlaufzeitraums von acht bis zehn Jahren können der Erfolg der klägerischen Zucht und damit die Gewinnerzielungsmöglichkeit daher noch nicht abschließend beurteilt werden.
80(2) Zum anderen hat sich die Alpaka-Farm bis zum Jahr 2012/2013 – jedenfalls was den Zuchterfolg und die Höhe der Verkaufszahlen betrifft – annähernd planmäßig entwickelt. Die Verkaufszahlen der Tiere sind bis zu diesem Zeitpunkt beinahe bis auf das von den Klägern prognostizierte Maß angestiegen. Erst im Folgejahr 2013/2014 und insbesondere im Jahr 2014/2015 sind die Verkäufe deutlich eingebrochen. Dies konnten die Kläger zur Überzeugung des Senats mit den Schwierigkeiten rund um den AeV und deren Vorstandsmitglieder, mithin durch einen externen Effekt, erklären. Aufgrund der seitens des Senats nicht bezweifelten Tatsache, dass Alpaka-Verkäufe – jedenfalls in den Streitjahren – in Deutschland noch im Wesentlichen über die Kontakte in den aktiven Vereinen durchgeführt wurden, ist es nachvollziehbar, dass die Verkäufe durch diese Umstände massiv eingebrochen sind. Aufgrund dieser externen Umstände war es den Klägern jedenfalls zuzugestehen, sich in den Folgejahren – den hiesigen Streitjahren – um eine Rückführung des Betriebes auf die zuvor erfolgversprechende Spur zu bemühen. Die tatsächlichen Verkaufserlöse der nachfolgenden Jahre zeigen, dass die entsprechenden Bemühungen der Kläger auch erfolgreich waren. Es kann daher - entgegen der Ansicht des Beklagten - gerade nicht die Rede davon sein, dass die Kläger betrieblichen Schwierigkeiten nicht entgegengetreten wären.
81b) Unbeschadet der vorstehenden Ausführungen kann den Klägern die Gewinnerzielungsabsicht nach Auffassung des Senats zudem auch deshalb nicht abgesprochen werden, weil sie die (bislang) verlustbringende Tätigkeit nicht aus im Bereich ihrer Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausgeübt haben. Entsprechende persönliche (private) Motive sind für den Senat bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Streitfalls nicht erkennbar. Die Tatsache, dass es sich bei dem Betriebsgegenstand um die Zucht von Tieren handelt, die bislang in der Öffentlichkeit weniger als Nutztiere denn als Freizeittiere bekannt sind, ist zwar grundsätzlich geeignet, eine persönliche Beziehung zu dem Betrieb zu begründen. Vorliegend bestehen nach Auffassung des Senats jedoch zahlreiche Anhaltspunkte, die dafür sprechen, dass der Betrieb gerade nicht nur aufgrund dieser „Tierliebe“ weiter betrieben wurde, sondern um damit Gewinne zu erzielen. Hiervon ist der Senat aufgrund der folgenden Erwägungen überzeugt:
82aa) Gegen eine Ausübung aus persönlichen Gründen und Neigungen sprechen nach Auffassung des Senats bereits die Größe des Unternehmens, die Vielfalt der ausgeübten Tätigkeiten sowie die Professionalität der Betriebsausübung. Angesichts der Größe der Tierherde, des zeitlichen Einsatzes der Klägerin in dem Unternehmen, der Beschäftigung mehrerer Hilfsarbeiter sowie der Tochter als Vollzeitkraft, der umfangreichen Bemühungen um eine Verwertung der Tierfasern und den Ertrag bringenden Verkauf gezüchteter Tiere, der Veranstaltung von (…) und nicht zuletzt der Veröffentlichung eines Fachbuches über (…) kann – ab dem Wirtschaftsjahr 2006/2007 – nicht von einem Hobbybetrieb ausgegangen werden. Ab diesem Zeitraum haben sich die Zuchtpläne der Kläger derart konkretisiert und fortentwickelt, dass der (möglicherweise) zu Beginn im Jahr 2002 noch im Vordergrund stehende Anlass – Begleitung bereits vorhandener Pferde – überlagert wurde. Die Tiere wurden ab 2006/2007 als Nutztiere gehalten und gezüchtet. Die Erlöse aus dem Verkauf gezüchteter Tieren sind zudem – bis auf den Einbruch aufgrund der Verwerfungen mit dem AeV – permanent ausgebaut worden. Schließlich – auch das zeigt eine langfristige Betrachtung der Verhältnisse des Streitfalls – haben sich die Kläger immer wieder darum bemüht, neue Einnahmequellen mit den gezüchteten Alpakas zu generieren und damit die Betriebsführung an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen (vgl. etwa die Steigerung der sonstigen Erträge und der Nebenerlöse).
83Gegen die Unterstellung persönlicher Neigungen spricht auch die Ernsthaftigkeit und Gewissenhaftigkeit, mit der die Kläger die Zucht seitdem betrieben haben bzw. betreiben und ihre Tiere und deren Qualität kontrollieren. Die Kläger haben überzeugend dargelegt, dass sie die Tiere und ihre jeweilige Faser jährlich einer intensiven Begutachtung unterziehen. Dies belegt bereits die klägerseitig vorgelegte umfangreiche Tabelle, in der die Kläger ihre Tiere der Qualität und dem Wert nach auflisten und im Rahmen eines Punktesystems bewerten. Auf Grundlage dieser jährlich erstellten Tabellen beurteilen die Kläger, welche Tiere verkauft und welche Tiere weiterhin für die Zucht eingesetzt werden können. Dabei werden insbesondere gerade nicht – entgegen der Unterstellung des Beklagten – lediglich die hochwertigsten Tiere im Sinne einer Bestenauslese verkauft, sondern besonders die für die Zucht oder die anderweitigen Aktivitäten und Veranstaltungen der Kläger nicht geeigneten oder benötigten Tiere.
84bb) Entgegen der Auffassung des Beklagten haben die Kläger die Verluste nicht lediglich hingenommen. Insbesondere kann ihnen nicht vorgeworfen werden, dass sie die in den Streitjahren erzielten Verluste nicht zum Anlass genommen haben, den Betrieb einzustellen.
85Die Kläger haben zahlreiche Versuche unternommen, der negativen Entwicklung entgegenzuwirken. So haben sie zum einen durch die Organisation eigener Show-Veranstaltungen und durch die Veröffentlichung eines eigenen Buches darauf hingearbeitet, die Bekanntheit der Alpaka-Farm zu steigern und insbesondere das Wissen um die Bedeutung und Hintergründe der Faserqualität zu verbreiten. Dies sollte letztlich dazu dienen, die eigenen, hochwertigen Tiere für potenzielle Käufer interessant zu machen, und diese gleichzeitig dazu anzuhalten, die Zucht ebenfalls auf das Ziel einer hochwertigen Faser einzustellen. Dies ist nach dem Vortrag der Kläger erforderlich, um die in Deutschland verfügbare Gesamtmenge an hochqualitativer Faser zu steigern und somit eine Verarbeitung dieser Faser wirtschaftlicher gestalten zu können.
86Im Laufe des Verfahrens haben die Kläger auch wiederholt glaubhaft vorgetragen, dass sie in den Streitjahren und den darauf folgenden Jahren Verhandlungen über Verkäufe in teilweise hoher Größenordnung geführt haben, die aus unterschiedlichen, nachvollziehbaren Gründen nicht zum Abschluss gekommen sind.
87Die seitens des Beklagten angeführte Tatsache, dass die Größe der Herde entgegen der klägerischen Prognosen stetig angewachsen ist, steht dem ebenfalls nicht entgegen. Die Kläger haben überzeugend dargelegt, weshalb gerade in den Streitjahren eine Aufstockung der Größe der Herde erfolgt ist. Es ist nachvollziehbar, dass für eine wirtschaftlich sinnvolle Weiterverarbeitung der in Deutschland bislang nicht in ausreichendem Maße vorhandenen hochwertigen Faser eine größere Fasermenge erforderlich ist und dass eine größere Herde zu einer Erhöhung dieses Faseraufkommens beiträgt. Die Entscheidung zur vorläufigen Vergrößerung der Herde ist auch vor dem Hintergrund verständlich, dass in diesem Zeitraum die Verkaufsprobleme aufgrund der persönlichen Schwierigkeiten mit dem AeV bestanden. Sie steht zudem in engem Zusammenhang mit den intensiven Bemühungen der Kläger in den Streitjahren und den Folgejahren, Geschäftspartner für die Verarbeitung der mit der Alpaka-Farm erzeugten Faser zu finden und entsprechende Vertriebs- und Verarbeitungswege in Deutschland aufzubauen.
88Gegen eine bloße Hinnahme der Verluste sprechen insbesondere auch die nach dem Streitzeitraum ergriffenen Maßnahmen und Aktivitäten. So wurde zum einen – zunächst erfolglos über externe Firmen, später erfolgreich mit Hilfe der Tochter – das Marketing der X, insbesondere der eigene Internetauftritt mit eigenem Online-Shop sowie die Aktivitäten auf sozialen Netzwerken, neu aufgestellt und ausgebaut. Zudem wurden mit der Durchführung von Seminaren und Veranstaltungen neue Angebote entwickelt und erfolgreich eingeführt. Dies ist bereits ein aussagekräftiges Indiz dafür, dass die Kläger in der Vergangenheit immer wieder bemüht waren und es aktuell auch noch sind, neue Einnahmequellen zu erschließen und mit der Alpaka-Farm letztlich einen Gewinn zu erzielen (vgl. etwa den durchaus lukrativen Einsatz eines Teils des Tierbestandes für …).
89Entgegen der Auffassung des Beklagten kann den Klägern insbesondere nicht vorgehalten werden, sie hätten eine Umstellung von sogenannten Fasertieren auf Showtiere vornehmen müssen. Die Kläger haben überzeugend vorgetragen und durch die tatsächlich erzielten hohen Verkaufserlöse der einzelnen Tiere nachgewiesen, dass es den Käufern auf eine hohe Qualität der Tiere ankommt und dass die hochwertigen Tiere auch zu hohen Preisen verkauft werden können. Inwieweit eine Umstellung auf Showtiere zu einem besseren wirtschaftlichen Ergebnis geführt hätte, ist für den Senat nicht ersichtlich. Die Umstellung hätte vielmehr die negative Folge gehabt, dass das Vorhaben der Kläger auf Verarbeitung und Vermarktung der hochwertigen Fasern nicht weiter hätte betrieben werden können. Es steht weder dem Beklagten noch dem Gericht zu, einzelne unternehmerische Entscheidungen in Frage zu stellen. Maßgeblich ist alleine, ob den Klägern im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ein unternehmerisches Handeln abgesprochen werden kann. Dazu sieht der Senat keine Anhaltspunkte.
90Aus denselben Gründen ist es auch nicht entscheidungserheblich, dass die Klägerin – wie der Beklagte vorträgt – möglicherweise durch abweisendes Verhalten in Einzelfällen potentielle Geschäftsabschlüsse verhindert hat. Abgesehen davon, dass der Beklagte damit lediglich eine – gänzlich unbelegte – Vermutung aufstellt, steht es weder dem Beklagten noch dem Gericht zu, die persönliche Verhaltensweise eines Unternehmers im Umgang mit seinen Geschäftspartnern zu beurteilen und diesbezüglich Vorschriften über – vermeintlich – korrekte Verhaltensweisen aufzustellen. Davon abgesehen haben die Kläger ausgeführt, dass gerade mit dem beklagtenseitig angeführten Geschäftspartner im Nachhinein noch Geschäfte getätigt wurden.
91Nach diesen Ausführungen war den Klägern der Weiterbetrieb insbesondere in den Streitjahren noch zuzugestehen. Dass die Kläger jederzeit davon ausgegangen sind, die von ihnen abgegebenen Prognosen tatsächlich verwirklichen zu können, hat im Übrigen auch der Beklagte selbst in seiner angefochtenen Einspruchsentscheidung angenommen (vgl. Bl. 57 GA).
92Ob es sich letztlich bei den Entscheidungen der Kläger um wirtschaftlich sinnvolle oder um riskante Entscheidungen handelte, ist nicht maßgeblich. Es ist die freie Entscheidung des Steuerpflichtigen, ob er das mit einer Unternehmung verbundene Risiko eingeht oder nicht (vgl. insoweit auch Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 27.10.2010, 1 K 46/09, juris; bestätigt durch BFH-Beschluss vom 10.01.2012 IV B 137/10, BFH/NV 2012, 732).
93cc) Aus den zunächst geringen Verkaufszahlen – sowohl hinsichtlich der Tierverkäufe als auch hinsichtlich der Faser-Verkäufe – kann entgegen der Auffassung des Beklagten nicht geschlossen werden, dass für die von den Klägern gezüchteten Tiere und hergestellten Produkte kein Markt vorhanden sei. Es stellt sich vielmehr so dar, dass dieser Markt zunächst eröffnet werden musste, weil die Haltung und Zucht von Alpakas in Deutschland bislang kaum verbreitet war und es kaum Mitbewerber in dieser Nische gab. Gerade für nachhaltige Produkte aus nachhaltiger Landwirtschaft ist derzeit auf dem Markt eine stark gestiegene Nachfrage zu beobachten. Kunden legen vermehrt Wert auf die Qualität der Ware und sind auch bereit, dafür entsprechende Preise zu bezahlen. Dass die Produkte eher dem Luxussegment zuzuordnen sind, steht dem nicht entgegen. Es steht dem Unternehmer frei, sein Angebot auf bestimmte Kundenkreise auszurichten. Es liegt auf der Hand, dass sich die Produkte der Kläger nicht an den Massenmarkt richten, sondern ein Luxus- / Qualitätsprodukt darstellen sollen. Dem entspricht im Übrigen auch die hierfür betriebene Werbung. So zeichnen sich auch die dem Gericht vorgelegten Flyer, Broschüren und das von der Klägerin verfasste Buch durch hochwertige Materialien und Gestaltungen aus. Die Kläger haben zudem glaubhaft und unwidersprochen dargelegt, dass die hergestellten Produkte – sowohl die Kleidung als auch die Bettwaren – über die Z inzwischen tatsächlich zu den angesetzten hohen Preisen verkauft werden.
94dd) Die Kläger haben auch zur Überzeugung des Senats nachgewiesen, dass die Klägerin zwar zunächst keine Ausbildung und besonderen Kenntnisse auf dem Gebiet der Alpaka-Haltung und -Zucht besaß, dass sie sich diese jedoch zu Beginn des Betriebes und im weiteren Verlauf angeeignet hat und nunmehr über tiefgreifende Fachkenntnisse auf diesem Gebiet verfügt. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Klägerin lange Zeit als Herdbuchprüferin in dem Alpakaverein AeV tätig war, dass sie fachliche Beiträge verfasst und veröffentlicht hat, die letztlich auch in der Veröffentlichung eines eigenen Buches gemündet sind, dass sie Seminare zu Fachthemen anbietet und durchführt und in zahlreichen Artikeln über sie als Expertin berichtet wird. Davon abgesehen hat die Klägerin diesen Eindruck auch persönlich gegenüber dem Senat vermittelt. Aufgrund der Herkunft der Klägerin von einem elterlichen landwirtschaftlichen Hof hatte sie zudem bereits Kenntnisse auf dem Gebiet der Landwirtschaft und aufgrund der beruflichen Tätigkeit ihrer Mutter als xxx waren ihr Grundlagen über die Verarbeitung von Wolle und Garn bekannt.
95Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt sich aus diesem Hintergrund jedoch nicht ableiten, dass die Klägerin die Tätigkeit nur aus persönlichem Interesse ausübe. Auch der Verweis auf die einem (…) nach Ansicht des Beklagten zuzuordnende Affinität zu Wissenschaft und Forschung vermag nach Ansicht des Senats keinen Schluss darauf zuzulassen. Dass ein Unternehmer (so wie auch ein Arbeitnehmer) grundsätzlich ein Interesse an seiner Tätigkeit hat, ist vielmehr der Regelfall und für das Gelingen eine wesentliche Voraussetzung. Unternehmerische (berufliche) Aktivitäten entwickeln sich häufig aus persönlichen Interessen heraus. Dabei handelt es sich mithin nicht um einen ungewöhnlichen Umstand, der zu einer Verneinung der Gewinnerzielungsabsicht führen kann. Auch das Bestreben, das eigene Produkt stetig zu verbessern, ist gerade essentieller Bestandteil unternehmerischen Wirkens.
96Wenn der Beklagte den hohen Zeiteinsatz, den die Klägerin in den Alpakabetrieb investiert, als Indiz für persönliche Neigungen ansieht, dann ist dem zu entgegnen, dass gerade dieser hohe Zeiteinsatz nach Auffassung des Senats vielmehr für ein Handeln mit Gewinnerzielungsabsicht spricht. Die Tätigkeit von wochentäglich sechs bis acht Stunden überschreitet gar die für eine Vollzeittätigkeit übliche Wochenstundenzahl. Dass die Klägerin ein derartiges Arbeitspensum auf sich nimmt, nur um ihre persönlichen Neigungen hinsichtlich der Alpakas zu bedienen, erscheint dem Senat nicht überzeugend. Einer etwaigen privaten Neigung könnte die Klägerin stattdessen wesentlich einfacher bereits durch den Betrieb einer deutlich kleineren Alpaka-Farm nachkommen.
97ee) Entgegen der Auffassung des Beklagten führt auch nicht die Tatsache, dass die Kläger über anderweitige hohe Einkünfte verfügen, mit denen sie die angefallenen Verluste auffangen können, zur Annahme einer Tätigkeit aufgrund persönlicher Neigungen. Der Beklagte verweist in seiner Argumentation auf das Urteil des BFH vom 24.08.2000 (IV R 46/99, BFHE 192, 542, BStBl II 2000, 674). Darin führte der BFH aus, der Umstand, dass ein Landwirt, dem keine laufenden Geldzuflüsse von außen für den Betrieb zur Verfügung stehen, diesen wegen andauernder hoher Verluste nicht über einen längeren Zeitraum geführt hätte und hätte führen können, während dies einem Steuerpflichtigen möglich ist, der über andere Geldmittel verfügt, bringe regelmäßig eine vom wirtschaftlichen Erfolg unabhängige persönliche Passion einer gehobenen Lebenshaltung zum Ausdruck. Eine solche persönliche Passion ist nach Auffassung des Beklagten auch bei den Klägern ersichtlich. Dem kann der Senat sich jedoch nicht anschließen.
98Der dem angeführten Urteil des BFH vom 24.08.2000 zugrunde liegende Fall zeichnete sich dadurch aus, dass es sich zum einen um einen Weinbaubetrieb handelte, der seit Jahrzehnten in Familienbesitz war und dementsprechend in Familienbesitz verbleiben sollte, und dass trotz jahrzehntelanger Verluste keinerlei Reaktionen auf die Verluste erfolgt waren. In dieser Konstellation hat der BFH der Tatsache, dass die Betriebsinhaberin erhebliche anderweitige Einkünfte aufwies, eine Indizwirkung hinsichtlich des Vorliegens einer privaten Veranlassung für den Weiterbetrieb des Weinguts beigemessen. So führte er aus, dass dies „regelmäßig“ eine persönliche Passion zum Ausdruck bringe.
99Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt sich daraus jedoch nicht entnehmen, dass das Vorliegen anderweitiger Einnahmequellen und Geldmittel stets den sicheren Schluss auf eine Fortführung eines verlustbringenden Betriebes aus persönlichen Gründen zulässt. Es kann allenfalls – unter Berücksichtigung der jeweiligen besonderen Umstände des Einzelfalls – ein Indiz dafür darstellen.
100Vorliegend bestehen nach Ansicht des Senats aber – wie zuvor ausgeführt und im Gegensatz zu dem Weinbaubetrieb-Fall – zahlreiche Anhaltspunkte, die dieses Indiz widerlegen. So befand sich der Betrieb zum einen jedenfalls in den Streitjahren noch immer in der Aufbauphase und die Kläger haben – wie aufgezeigt – zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um den Betrieb weiterzuentwickeln und laufende Gewinne zu erzielen. Ein Stillstand ist entgegen der Auffassung des Beklagten gerade nicht ersichtlich. Auch ist nicht ersichtlich, dass die ergriffenen Maßnahmen von vornherein ungeeignet gewesen sein sollen, den Betrieb aus der Verlusterzielung herauszuführen. Dass aus heutiger Perspektive betrachtet nicht alle Maßnahmen zu einer Verbesserung der Situation geführt haben, steht dem nicht entgegen.
101Bei einer Gesamtabwägung der für und gegen das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht sprechenden Indizien tritt die Tatsache der anderweitigen hohen Einkünfte nach Auffassung des Senats daher in den Hintergrund.
102Die Annahme des Beklagten, ein Landwirt, dem derlei Geldmittel aus einer anderen Tätigkeit nicht zur Verfügung stünden, hätte diesen Betrieb nicht so lange aufrecht erhalten können, hält der Senat schon nicht für erheblich. Sie ist im Übrigen auch nicht zwingend. Vielmehr lässt der Beklagte dabei außer Acht, dass auch über Kreditmittel ein verlustbringender Betrieb finanziert werden kann, solange für die Kreditgeber insbesondere eine entsprechende Sicherheit gestellt wird. Angesichts der erheblichen stillen Reserven, die insbesondere in dem Tierbestand ruhen, erscheint dies jedoch nicht abwegig. Darüber hinaus haben die Kläger durch Vorlage eines „Letter of intent“ dargelegt, dass sie sich durchaus in Verhandlungen mit einem potenziellen Geldgeber befinden. Allein derlei Verhandlungen mit Investoren zeigen, dass eine Finanzierung auch über Fremdmittel nicht ausgeschlossen ist.
103Nach alledem verbleibt darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeit der Verrechnung mit echten Verlusten, um möglicherweise Steuern zu sparen, grundsätzlich für sich genommen nicht als privates Motiv angesehen werden kann, das zur Verneinung der Gewinnerzielungsabsicht führt (BFH-Urteil vom 23.08.2017 X R 27/16, BFH/NV 2018, 36).
104c) Über die vorstehenden Erwägungen hinaus, die nach Auffassung des Senats bereits jeweils für sich zur Bejahung der Gewinnerzielungsabsicht genügen, ist der Senat zudem zu der Überzeugung gelangt, dass der Betrieb grundsätzlich seiner Art nach und nach der Art seiner Bewirtschaftung dazu geeignet ist, einen Totalgewinn zu erzielen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Totalgewinnprognose ausgehend von den in den Streitjahren, insbesondere im Wirtschaftsjahr 2012/2013 erzielten Einkünften (dazu unter bb)) oder unter Einbeziehung der Einkünfte nach derzeitigem Stand (dazu unter cc)) erfolgt.
105aa) Bei der Ermittlung der Totalgewinnprognose ist nach Auffassung des Senats für den streitgegenständlichen Betrieb ein Prognosezeitraum von 30 Jahren beginnend ab dem Wirtschaftsjahr 2006/2007 anzusetzen.
106(1) Einen Zeitraum von 30 Jahren hat der BFH für einen Pferdepensionsbetrieb für angemessen erachtet (vgl. BFH-Urteil vom 23.10.2018 VI R 5/17, BFHE 262, 425, BStBl II 2019, 601, Rn. 37). Entsprechend der zuvor genannten Generationen-Rechtsprechung des BFH ist vorliegend bei der Aufstellung einer Totalgewinnprognose zu berücksichtigen, dass der Betrieb weitergeführt und letztlich auf die bereits in Vollzeit in dem Betrieb mitarbeitende Tochter der Kläger unentgeltlich übertragen werden soll. Daran, dass dies tatsächlich geplant ist und umgesetzt werden soll, bestehen für den Senat nach dem tatsächlichen Geschehensablauf und den Ausführungen der Kläger in der mündlichen Verhandlung keine Zweifel.
107Eine mögliche Beteiligung eines externen Investors an dem Betrieb – nach dem Streitzeitraum und nach Abschluss des hiesigen Verfahrens – hat auf die Beurteilung keinen Einfluss. Im Übrigen wäre, selbst wenn dadurch die Identität des jetzigen Betriebs nicht gewahrt bliebe – wofür keine Anhaltspunkte bestehen – und dadurch der Prognosezeitraum zu begrenzen wäre, allein aufgrund des in Rede stehenden Beteiligungsbetrages / Kaufpreises von einem Totalgewinn auszugehen.
108(2) Das Auslaufen der aktuellen Pachtverträge im Jahr 2024 steht dem ebenfalls nicht entgegen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass nichts dafür ersichtlich ist, dass die Pachtverträge nicht verlängert werden könnten; worauf zu Recht auch die Kläger hinweisen. Davon abgesehen haben die Kläger aber auch zur Überzeugung des Senats nachgewiesen, dass zeitnah ein Umzug des Betriebs auf eigene Flächen geplant ist und der Betrieb auf diesen Flächen in identischer Form weitergeführt und durch weitere Aktivitäten erweitert werden soll. Dies ergibt sich insbesondere aus dem vorgelegten Entwurf eines Notarvertrages über den Kauf eines Hofes in O (Bl. 268 ff. GA), für den die Kläger zur Sicherung dieses Angebots bereits eine Zahlung von xxx € geleistet haben, sowie aus dem vorgelegten Schriftverkehr über erfolgversprechende Verhandlungen mit der Stadt M über das Gut T (Bl. 343 ff. GA). Bei dem sodann auf eigenen Flächen fortgeführten Betrieb wird es sich nach dem jetzigen Kenntnisstand auch nach wie vor um denselben Betrieb handeln. Es ist aus Sicht des Senats kein Grund erkennbar, zwischen dem Betrieb auf gepachteten und dem auf eigenen Flächen differenzieren zu müssen. Hierfür ist entscheidend, dass die ausgeübte Tätigkeit – Zucht von Alpakas und daran anknüpfende Tätigkeiten – nicht durch die Fläche, auf der sie ausgeübt wird, bestimmt wird. Die gesamte Tätigkeit kann in identischer Form auch auf anderen Flächen ausgeübt werden. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von den der Rechtsprechung des BFH zur Begrenzung auf die Pachtdauer zugrundeliegenden Fällen, in denen ein bestehender gesamter Betrieb verpachtet wurde (vgl. BFH-Urteil vom 11.10.2007 IV R 15/05, BFHE 219, 508, BStBl II 2008, 465). Vorliegend handelt es sich nicht um die Verpachtung eines ganzen landwirtschaftlichen Betriebes, sondern die Kläger haben lediglich die Flächen für den Betrieb des von ihnen selbst gegründeten Betriebes Alpaka-Zucht gepachtet.
109bb) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Vorgaben ist für die streitgegenständliche Alpaka-Farm aus der Sicht der Streitjahre ein Totalgewinn möglich.
110Bei der Erstellung der Totalgewinnprognose sind die Ergebnisse um derlei Umstände zu bereinigen, die für die Steuerpflichtigen unvorhersehbar und außergewöhnlich waren. Für die Gewinnerzielungsabsicht ist entscheidend, ob der Betrieb unter gewöhnlichen Bedingungen bestimmt und geeignet ist, einen Totalgewinn zu erzielen (vgl. auch Krumm in: Leingärtner, Besteuerung der Landwirte, Kapitel 4 Rn. 16).
111Bei Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die Prognose um die Auswirkungen der rufschädigenden Streitigkeiten mit dem AeV zu bereinigen. Nach Auffassung des Senats kann davon ausgegangen werden, dass sich die Verkaufszahlen der Tiere ohne diese Rufschädigung in den Jahren nach dem Wirtschaftsjahr 2012/2013 entsprechend positiv weiter entwickelt hätten. Dies ergibt sich daraus, dass die Verkäufe letztlich ab dem Wirtschaftsjahr 2019/2020 tatsächlich wieder stark angestiegen sind und das im Jahr 2012/2013 erzielte Einnahme-Niveau wieder erreicht wurde. Für die Prognose ist daher davon auszugehen, dass die im Wirtschaftsjahr 2012/2013 erzielten Einnahmen aus Tierverkäufen in ähnlicher Höhe auch in den Folgejahren angefallen sind. Da mit einer höheren Zahl an Tierverkäufen auch ein niedrigerer Tierbestand einhergeht, sind im Rahmen der Prognose die von der Tiermenge abhängigen übrigen Einnahmen und Ausgaben entsprechend anzupassen.
112Danach ergibt sich die folgende Berechnung:
113(1) Ab dem Wirtschaftsjahr 2013/2014 bis zum Wirtschaftsjahr 2021/2022 können die Einnahmen aus Tierverkäufen zunächst mit jährlich xxx € angesetzt werden. Da im Laufe der Jahrzehnte mit einem weiteren Anstieg zu rechnen sein dürfte – was sich im Übrigen auch aus den tatsächlichen, höheren Verkaufszahlen der Wirtschaftsjahre 2020/2021 und 2021/2022 ergibt –, werden die Einnahmen nach jeweils zehn Jahren (2022/2023, 2032/2033) im Schätzungswege geringfügig auf zunächst xxx € und später xxx € angehoben.
114Die Einnahmen aus Faserverkäufen werden – wegen des niedrigeren Tierbestandes und der folglich niedrigeren Fasermenge – bis zum Wirtschaftsjahr 2015/2016 mit den tatsächlichen Einnahmen angesetzt und anschließend zunächst mit xxx € fortgeschrieben. Ab dem Wirtschaftsjahr 2022/2023 erfolgt analog zu den Tierverkäufen eine Erhöhung auf xxx €, ab 2023/2024 auf xxx €.
115Aufgrund des trotz der höheren Verkaufszahlen voraussichtlich weiterhin leicht ansteigenden Tierbestandes – die jährlich erzeugten Fohlen übersteigen bei der X selbst in den starken Verkaufsjahren zahlenmäßig die Verkäufe – werden auch die auf der Einnahmeseite erfassten Beträge für die Zuschreibung der Aufzuchtkosten fortentwickelt. Diese werden ebenfalls bis zum Wirtschaftsjahr 2015/2016 mit den tatsächlichen Beträgen, anschließend mit xxx € und ab dem Wirtschaftsjahr 2022/2023 mit xxx € jährlich angesetzt.
116Die übrigen Einnahmen werden im Wesentlichen nach dem Stand 2015/2016 fortgeschrieben und mit jährlich xxx € für Einnahmen aus Decktaxen, xxx € für sonstige Erträge Landwirtschaft und xxx € für übrige Einnahmen angesetzt. Die sonstigen Erträge werden dabei wegen des erheblichen Anstiegs nach der tatsächlichen Entwicklung bis zum Wirtschaftsjahr 2018/2019 (xxx €) bemessen und nicht nach dem Stand des Wirtschaftsjahres 2015/2016 (xxx €).
117Die ab dem Wirtschaftsjahr 2019/2020 erzielten Einnahmen aus Veranstaltungen bleiben in dieser, von den Streitjahren ausgehenden Prognose zunächst außer Betracht.
118Dies stellt sich in der Übersicht wie folgt dar:
119
WJ |
Tier-verkäufe |
Faser-verkäufe |
Deck-taxen |
Zuschreibung Aufzucht |
Sonstige Erträge |
Übrige Einnahmen |
2016/2017 |
||||||
2022/2023 |
||||||
2032/2033 |
(2) Auch auf der Ausgabenseite werden die tatsächlichen Ausgaben im Wesentlichen bis zum Wirtschaftsjahr 2015/2016 angesetzt und anschließend fortgeschrieben. So werden die Aufwendungen für die Pachtzahlungen mit jährlich xxx €, für Abschreibungen mit xxx €, für die Tierproduktion mit xxx €, für Werbekosten mit xxx € und für die übrigen Aufwendungen mit jährlich insgesamt xxx € angesetzt.
121Die Aufwendungen für Futtermittel und Personal sowie die als Aufwand erfassten Abgänge Viehvermögen werden – da sie von dem Umfang des Tierbestandes abhängig sind – ab dem Wirtschaftsjahr 2013/2014 ausgehend von dem Wert des Wirtschaftsjahres 2012/2013 mit xxx € (Futterkosten), xxx € (Personal) und xxx € (Abgänge Viehvermögen) fortgeschrieben. Analog zu dem Vorgehen auf der Einnahmenseite erfolgt jeweils ab den Wirtschaftsjahren 2022/2023 und 2032/2033 eine Erhöhung dieser Beträge. Dies gilt auch für die Werbekosten.
122Dies stellt sich in der Übersicht wie folgt dar:
123
WJ |
Futtermittel |
Personal-aufwand |
Werbe-kosten |
Abgänge Viehvermögen |
Übrige Ausgaben |
2016/2017 |
|||||
2022/2023 |
|||||
2032/2033 |
(3) Ausgehend von dieser Prognose ergibt sich zum Ende des Prognosezeitraums – am Ende des Wirtschaftsjahres 2035/2036 – ein laufender Gesamtverlust von etwa xxx €. Dieser kann allerdings vollständig durch die dann vorhandenen stillen Reserven getilgt werden.
125Bereits nach der Ermittlung des Beklagten bei der Feststellung der stillen Reserven auf den 30.06.2010 ergaben sich für alle damals vorhandenen … Tiere stille Reserven von insgesamt xxx €. Dies entspricht stillen Reserven pro Tier von durchschnittlich xxx €, wobei zu berücksichtigen ist, dass die seitens des Beklagten angesetzten Werte deutlich unterhalb der tatsächlich von den Klägern erzielten Verkaufspreise lagen. So waren die Stuten darin nur mit durchschnittlich xxx € bzw. xxx € erfasst, die Hengste nur mit xxx € bzw. xxx €. Den Wert beeinflussende Besonderheiten einzelner Tiere wurden dabei gänzlich außen vor gelassen.
126Am 30.06.2013 – mithin am Ende des ersten Wirtschaftsjahres mit erfolgreichen Verkaufszahlen – betrug der Tierbestand … Tiere. Aufgrund der in dieser Prognose unterstellten höheren Verkaufszahlen in den Folgejahren können die tatsächlichen Tierbestände der Folgejahre nicht für die Ermittlung der stillen Reserven herangezogen werden. Dennoch ist davon auszugehen, dass sich der Tierbestand – wegen der geschätzten im Wesentlichen gleich bleibenden Verkaufszahlen bei gleichzeitig erhöhter Fohlenproduktion – geringfügig erhöht. Aus diesem Grund erscheint ein Tierbestand von etwa … Tieren am 30.06.2036 als möglich.
127Bei Schätzung eines Tierbestandes von … Tieren am Ende des Prognosezeitraums ergäben sich aber – selbst unter Heranziehung der niedrigen, durch den Beklagten angesetzten Werte – stille Reserven aus lebendem Inventar von etwa xxx € (… Tiere x xxx €). Hinzu kommen weitere stille Reserven aus sonstigem Inventar. Der zuvor genannte angelaufene Gesamtverlust von xxx € ist dadurch gedeckt.
128cc) Legt man hingegen auch die neueren Erkenntnisse aus den zuletzt von den Klägern für die Wirtschaftsjahre 2019/2020 und 2020/2021 vorgelegten Gewinnermittlungen sowie die vorgelegten voraussichtlichen Gewinnermittlungen des ebenfalls zu einem großen Teil bereits abgelaufenen Wirtschaftsjahres 2021/2022 und des Wirtschaftsjahres 2022/2023 zu Grunde, so ist ebenfalls ein Totalgewinn möglich.
129(1) Auf der Einnahmenseite sind bis einschließlich des Wirtschaftsjahres 2021/2022 die tatsächlichen beziehungsweise von den Klägern prognostizierten Einnahmen anzusetzen. Ab dem Wirtschaftsjahr 2022/2023 bis zum Wirtschaftsjahr 2035/2036 werden sämtliche Beträge ausgehend von diesen Werten geschätzt, wobei die Einnahmen aus Verkäufen, der Zuschreibung Aufzuchtkosten und der Veranstaltungen nach der Hälfte der verbleibenden Jahre (ab 2029/2030) im Schätzungswege geringfügig angehoben werden.
130Die Tierverkäufe werden zunächst vorsichtig auf xxx € geschätzt. Auch die Veranstaltungen werden – da dieser Einnahmezweig noch neu und daher weniger abschätzbar ist – vorsichtig mit xxx € geschätzt.
131Bei den Einnahmen aus Faserverkäufen wird berücksichtigt, dass die Verkäufe ausschließlich an die Z erfolgen und damit eine Abnahme in der Zukunft nicht zweifelsfrei angenommen werden kann. Aufgrund des in der erzeugten Faser enthaltenen Wertes müssen dennoch Einnahmen aus einem entsprechenden Verkauf – allerdings wertmäßig reduziert – in die Prognose einbezogen werden. Hierfür hält der Senat Einnahmen von jährlich schätzungsweise xxx € für angemessen. Dabei wurde berücksichtigt, dass nach den Angaben der Kläger etwa 60 % ihrer Tiere derzeit für die Erzeugung der hochwertigsten Faser geeignet sind und davon etwa 1 kg Faser pro Jahr und pro Tier geerntet werden kann. Hierfür setzt der Senat im Schätzungswege einen durchschnittlichen Verkaufspreis von xxx € je kg an. Für die schlechtere Faser, von der die hochwertigen Tiere zusätzlich 1 kg abwerfen und die übrigen Tiere im Durchschnitt etwa 3 kg, wird ein Durchschnittspreis von xxx € je kg angesetzt. Unter der Annahme, dass der Tierbestand durchschnittlich bei … Tieren liegt, ergibt sich die folgende Berechnung:
132… Tiere x 60 % x 1 kg x xxx € = xxx €
133… Tiere x 60 % x 1 kg x xxx € = xxx €
134… Tiere x 40 % x 3 kg x xxx € = xxx €
135Ertrag insgesamt: = xxx €
136Die Einnahmen stellen sich danach in der Übersicht wie folgt dar:
137
WJ |
Tier-verkäufe |
Faser-verkäufe |
Deck-taxen |
Zuschreibung Aufzucht |
Sonstige Erträge |
Veranstal-tungen |
Übrige Einnahmen |
2022/2023 |
|||||||
2029/2030 |
Anzumerken ist noch, dass bezüglich der Wirtschaftsjahre 2006/2007 bis 2008/2009 keine Bereinigung hinsichtlich der Einnahmen aus Tierverkäufen erfolgen muss, nachdem die damalige Betriebsprüfung die Einkünfte auf die Pferde- und die Alpaka-Zucht aufgeteilt und der – endgültigen – Besteuerung zugrunde gelegt hatte. Im Übrigen würden aber in den Verkäufen enthaltene Anteile an Einnahmen aus Pferdeverkäufen auf der Ausgabenseite durch Kosten kompensiert, die die Pferde betrafen, sodass sich per Saldo ohnehin keine nennenswerten Auswirkungen auf das Gesamtergebnis ergäben.
139(2) Auf der Betriebsausgabenseite werden die Werte im Schätzungswege fortgeschrieben, die bereits in der Gewinnermittlung 2019/2020 angesetzt wurden.
140So werden die Aufwendungen für Futtermittel mit jährlich xxx €, für die Tierproduktion mit xxx €, für Abschreibungen mit xxx €, für die Pachtzahlungen mit jährlich xxx €, für Werbekosten mit xxx €, für Abgänge Viehvermögen mit xxx € und für die übrigen Aufwendungen mit jährlich insgesamt xxx € angesetzt.
141Die Pachtzahlungen werden dabei unverändert fortgeschrieben, da nach derzeitigem Stand noch nicht abzusehen ist, ob der Betrieb zukünftig weiterhin auf gepachtetenoder auf eigenen Flächen betrieben werden wird.
142Die Personalkosten werden vorsichtshalber mit einem erhöhten Wert von jährlich xxx € berücksichtigt, da die Personalsituation nicht absehbar ist und diese Kosten bei steigendem Tierbestand ebenfalls ansteigen dürften. Eine weitere Erhöhung ist allerdings nicht angezeigt, da in dieser Prognose auch die Einnahmen aus Tierverkäufen im Wesentlichen gleichbleibend und vorsichtig angesetzt werden.
143Die Ausgaben stellen sich in der Übersicht wie folgt dar:
144
WJ |
Futter-mittel |
Personal-aufwand |
Werbe-kosten |
Abschrei-bungen |
Abgänge Viehvermögen |
Übrige Ausgaben |
2022/2023 |
(3) Bei dieser Schätzung ergibt sich zum Ende des 30-jährigen Prognosezeitraums am Ende des Wirtschaftsjahres 2035/2036 noch ein laufender Gesamtverlust von etwa xxx €.
146Dieser laufende Gesamtverlust von xxx € kann jedoch ebenfalls vollständig durch die dann vorhandenen stillen Reserven getilgt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Prognose auf im Wesentlichen gleichbleibenden Verkaufs- und Zuchtzahlen beruht, so dass in dieser Prognose davon auszugehen ist, dass die Größe der Herde aufgrund des jährlichen Zuwachses zum Ende des Betrachtungszeitraums bei etwa … Tieren – leicht oberhalb des aktuellen Bestandes von … Tieren – liegt. Selbst unter Zugrundelegung der seitens des Beklagten auf den 30.06.2010 festgestellten stillen Reserven von durchschnittlich xxx € je Tier ergäben sich danach stille Reserven für das lebende Inventar von xxx €.
147Auch unter Zugrundelegung der seitens des Beklagten zuletzt vorgetragenen „realistischen“ Berechnung der stillen Reserven wäre der genannte Gesamtverlust nahezu ausgeglichen. Danach betragen die stillen Reserven aus lebendem und totem Inventar nach Auffassung des Beklagten bei „realistischer Prognose“ xxx € (Bl. 392 GA).
148(4) Entgegen der Auffassung des Beklagten sind bei der Erstellung dieser Prognose auch die Einnahmen aus den ab dem Jahr 2019 durchgeführten Veranstaltungen wie (…) etc. in die Totalgewinnprognose einzubeziehen. Zwar ist die Gewinnerzielungsabsicht bei verschiedenen, wirtschaftlich eigenständigen Betätigungen im Wege der Segmentierung gesondert für die jeweilige Betätigung zu prüfen (BFH-Urteil vom 23.08.2017 X R 27/16, BFH/NV 2018, 36). Bedingen sich die Tätigkeiten allerdings dergestalt, dass die verlustbringende Tätigkeit die andere (gewinnbringende) Tätigkeit maßgeblich fördert, hat eine Segmentierung zu unterbleiben (vgl. BFH-Urteil vom 25.06.1996 VIII R 28/94, BFHE 181, 133, BStBl II 1997, 202, Rn. 34; für den Fall einer Pferdezucht siehe auch FG Düsseldorf, Urteil vom 26.05.201510 K 420/13 E, juris). Das ist vorliegend der Fall. Die Einbeziehung ist jedenfalls aus dem Grund geboten, dass die Haltung, Zucht und der Verkauf der Tiere derart eng mit der Durchführung der Veranstaltungen verbunden ist, dass eine Trennung zwischen den beiden Tätigkeiten nicht möglich ist. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Tiere ohne den Zuchtbetrieb nicht für derartige Veranstaltungen zur Verfügung stünden. Dies gilt umso mehr, als dass für die (…) nach den unbestrittenen Angaben der Kläger gerade die eigenen Zuchttiere eingesetzt werden. Eine Einstellung der Zucht würde somit auch die Grundlage für diese Events entziehen.
149Selbst wenn eine Einbeziehung aus dem Grund ausscheiden sollte, dass die Einnahmen aus den Veranstaltungen als gewerbliche Einkünfte zu beurteilen sein sollten – was mangels Vorliegen dieser Einkünfte in den Streitjahren nicht durch den Senat zu entscheiden war –, ergäbe sich keine davon wesentlich abweichende Prognose. Würden die Veranstaltungen in einen gesonderten Gewerbebetrieb ausgelagert, so müssten die dafür benötigten Tiere von der Alpaka-Farm entweder erworben oder aber angemietet werden. Auch in diesem Fall würde ein Großteil der mit den Veranstaltungen realisierten Erlöse letztlich der Alpaka-Farm zugutekommen. Einnahmen aus diesem Tätigkeitsfeld daher vollständig außen vor zu lassen, würde die tatsächlichen Ertragsmöglichkeiten der Alpaka-Farm nicht sachgerecht abbilden. Es kann im Übrigen auch keine Rede davon sein, dass diese, wenngleich ertragreichen, so doch gleichwohl lediglich ergänzenden „Randnutzungen“ der Tiere sich auf das Gepräge des Betriebs auswirken würden.
150Ob auch die weiteren geplanten Aktivitäten wie der Betrieb eines Hofladens und Hofcafés oder das Angebot von Urlaub auf der Alpaka-Farm in die Prognose einzubeziehen sind, kann dahinstehen. Diese Aktivitäten befinden sich noch in der Planungsphase und haben selbst in der Prognose der Kläger für die Wirtschaftsjahre bis 2022/2023 noch keinen Niederschlag gefunden.
151III. Die in den Streitjahren anzusetzenden Einkünfte ermitteln sich wegen des abweichenden Wirtschaftsjahres, unter Ansatz jeweils des hälftigen Verlustes des jeweiligen Wirtschaftsjahres, wie folgt:
152
WJ |
Gewinn/Verlust |
Steuerjahr |
Einkünfte |
2009/2010 |
|||
2010/2011 |
2010 |
||
2011/2012 |
2011 |
||
2012/2013 |
2012 |
||
2013/2014 |
2013 |
||
2014/2015 |
2014 |
||
2015/2016 |
2015 |
IV. Der Entscheidung steht nicht entgegen, dass die streitgegenständlichen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nicht gesondert und einheitlich festgestellt wurden, obwohl sie den Klägern jeweils zur Hälfte zuzurechnen sind; das Verfahren war insofern auch mangels vorgreiflichen Verfahrens nicht nach § 74 FGO auszusetzen.
154Zwar sind einkommensteuerpflichtige Einkünfte grundsätzlich nach § 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO gesondert und einheitlich festzustellen, wenn an den Einkünften – wie hier – mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Eine solche Feststellung kann nach § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO allerdings dann unterbleiben, wenn es sich um einen Fall von geringer Bedeutung handelt, insbesondere weil die Höhe des festgestellten Betrags und die Aufteilung feststehen.
155So liegt es im Streitfall. Streitig ist allein die – vom Senat bejahte – Gewinnerzielungsabsicht. Demgegenüber rufen die Feststellung der Höhe und die Aufteilung der Einkünfte und Besteuerungsgrundlagen unter keinen Gesichtspunkten Zweifel hervor und es sind für die Streitjahre auch keine späteren Änderungen zu erwarten (vgl. BFH-Urteil vom 12.11.1985 IX R 85/82, BFHE 145, 308, BStBl II 1986, 239). Angesichts dessen bedurfte es hier auch keines „Negativbescheides“ (vgl. BFH-Urteil vom 24.03.2011 IV R 13/09, BFH/NV 2011, 1826). Da all das auch ausdrücklich der einvernehmlichen Einschätzung der Beteiligten entspricht (vgl. ergänzend Betriebsprüfungsbericht vom 14.02.2011), sieht der Senat von weiteren Ausführungen ab.
156V. Die Übertragung der Berechnung der sich ergebenden Steuer beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.
157VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
158VII. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
159VIII. Die Revision war nicht zuzulassen, Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Insbesondere beruht die Entscheidung im Wesentlichen auf einer Würdigung der im Streitfall gegebenen Tatsachen und weicht nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab.