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Die Umsatzsteuerbescheide der Jahre 2011 bis 2014 vom 8.6.2017, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.7.2018, werden dahingehend geändert, dass die Umsatzsteuer 2011 bis 2013 jeweils um einen Betrag i.H. von 2.689,13 € und die Umsatzsteuer 2014 um einen Betrag i.H. von 2.684,00 € herabgesetzt wird.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin ein Vorsteuerabzug aus berichtigten Rechnungen über Leistungen der Haus- und Wohnungsverwaltung zu gewähren ist.
3Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft, die zum 30.6.2016 aus der KL. Vermögensverwaltung GbR hervorgegangen ist. Die Klägerin verwaltet selbständig und in größerem Umfang Vermögen, unter anderem durch die teilweise umsatzsteuerpflichtige Vermietung von Grundbesitz. In den Streitjahren 2011 bis 2014 waren an der Klägerin Frau C. T. und B. T. als Gesellschafter beteiligt.
4Am 6.5.1998 schloss Frau C. T. mit der Haus- und Wohnungsverwaltung O. einen Verwaltervertrag. Gemäß § 1 des Vertrages, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, beauftragte Frau C. T. als geschäftsführende Gesellschafterin u.a. der Klägerin die Haus- und Wohnungsverwaltung O., sie bei der Geschäftsführung u.a. der Klägerin leitend zu unterstützen. Die Haus- und Wohnungsverwaltung O. verpflichtete sich, gegen ein pauschales Leistungsentgelt i.H. von 4.000,00 DM zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer die Organisation des Bürobetriebes und insbesondere die Verwaltung des Grundbesitzes zu übernehmen. Herr O. sollte durch geeignete Maßnahmen und Vorschläge gegenüber der Geschäftsleitung eine optimale Bewirtschaftung des Grundbesitzes sicherstellen. Zudem war Herr O. berechtigt, Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen und Materialbestellungen zur Aufrechterhaltung des Bürobetriebes bis zu einem Betrag i.H. von 3.000,00 DM je Rechnung ohne Rücksprache mit der Geschäftsleitung vorzunehmen, die Geschäftsführerin zu vertreten und gegenüber den Mitarbeitern der Klägerin Weisungen zu erteilen. Mit Vereinbarung vom 26.11.1999, auf die Bezug genommen wird, sprach Frau C. T., dort bezeichnet als Geschäftsführerin u.a. der Klägerin, eine Kompetenzerweiterung aus. Angesichts dessen, dass Herr O. Frau T. in der Geschäftsführung u.a. der Klägerin vertrete, er allein ihr gegenüber verantwortlich sei und es einer besseren Koordinierung bedürfe, wurde Herrn O. die Gesamtverantwortlichkeit für das Personal der Klägerin zugebilligt.
5In den Streitjahren 2011 bis 2014 machte die Klägerin aus den ihr gegenüber monatlich gestellten Rechnungen der Hausverwaltung O. i.H. von brutto 2.433,74 € einen anteiligen Vorsteuerabzug geltend. Die seitens der Hausverwaltung O. gestellten Rechnungen, auf die Bezug genommen wird, wiesen zunächst im Drucktext als Datum den „18. Dezember 2006“, als Betreff „Dauerrechnung Nr. 01 – gültig ab 01. Januar 2007“, den Fließtext „Sehr geehrte Damen und Herren, für meine Tätigkeiten berechne ich Ihnen ab 01.01.2007 vereinbarungsgemäß monatlich wie folgt: […] Ich bitte um Überweisung auf mein o.a. Konto.“ und den Rechnungsbetrag unter gesondertem Ausweis des Netto-, Mehrwertsteuer- und Bruttobetrages aus. Handschriftlich wurden diese Rechnungen um die Angabe eines Monats und des zugehörigen Jahres, einer Paginierung und einen Kontierungsvermerk ergänzt. Mit Erstellungsdatum vom 20.12.2013 wurde sodann eine neue Dauerrechnung, die im Übrigen dem vorstehenden Muster entspricht, erstellt.
6Beginnend im April 2016 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Außenprüfung durch. Im Zuge der Außenprüfung übersandte die Klägerin dem Beklagten für den Streitzeitraum einen Belegordner mit berichtigten Rechnungen. Sämtliche Rechnungen, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird, wiesen im Drucktext als Datum den „20. Dezember 2010“, als Betreff „Dauerrechnung Nr. 01 – gültig ab 01. Januar 2011“, den Fließtext „Sehr geehrte Damen und Herren, für meine Tätigkeiten gemäß beigefügten Tagesberichten berechne ich Ihnen wie folgt: […] Ich bitte um Überweisung auf mein o.a. Konto.“ und den Rechnungsbetrag unter gesondertem Ausweis des Netto-, Mehrwertsteuer- und Bruttobetrages aus. Handschriftlich wurden diese Rechnungen grundsätzlich um die Angabe eines Monats und des zugehörigen Jahres, einer Aufteilung des Bruttobetrages auf eine gewerbliche und eine private Tätigkeit und einen farblich abgesetzten Kontierungsvermerk ergänzt. Den Rechnungen beigefügt waren jeweils Rechnungen des Architekten Herrn Dipl. Ing. C. an die Klägerin für den Zeitraum, der dem handschriftlichen Vermerk auf der Rechnung der Hausverwaltung O. entsprach, nebst der dort beigefügten Stundennachweise und der seitens des Herrn C. gefertigten Tätigkeitsberichte über seine in diesem Zeitraum für die Klägerin erbrachten Einzeltätigkeiten. Bei den Rechnungen mit der handschriftlichen Ergänzung „Juli 2011“ bzw. „August 2011“ wurde hiervon abweichend auf einen Aufteilungsschlüssel verzichtet und durch einen Notizzettel vermerkt, dass keine Berichte beigefügt seien, da Herr C. krank gewesen sei bzw. eine Herz-Operation gehabt habe. Auf den Rechnungen mit der handschriftlichen Ergänzung „Juni 2012“ und „Juli 2012“ wurde statt eines Aufteilungsschlüssels „nur gewerblich“ vermerkt. Die Rechnung mit der handschriftlichen Ergänzung „August 2012“ vermerkt neben dem Kontierungsvermerk den Hinweis „keine Belege“.
7Die Außenprüfung kam ausweislich des Berichts über die Betriebsprüfung vom 31.1.2016 – gemeint ist wohl 2017 – unter anderem zu dem Ergebnis, dass der Klägerin der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Hausverwaltung O. insgesamt zu versagen sei. Die Rechnungsstellung weise auch unter Berücksichtigung der Berichtigungen erhebliche Mängel auf und berechtige mangels hinreichender Leistungsbeschreibung nicht zum Vorsteuerabzug. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bericht der Betriebsprüfung verwiesen.
8Der Beklagte schloss sich den Feststellungen der Betriebsprüfung an und erließ am 8.6.2017 für die Streitjahre 2011 bis 2014 entsprechend geänderte Umsatzsteuerfestsetzungen. Hiergegen legte die Klägerin am 5.7.2017 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 17.7.2018 als unbegründet zurückwies.
9Die Klägerin hat am 15.8.2018 Klage erhoben. Sie trägt vor, dass Herr O. zwingend an den Projekten beteiligt gewesen sei, die Herr C. als Architekt betreut habe. Sowohl Herr O. als auch Herr C. seien regelmäßig am Mittwoch in der Verwaltung zusammengekommen, um die anstehenden Projekte gemeinsam aufzuarbeiten. Sie hätten zwar nicht exakt zu denselben Stunden dieselben Tätigkeiten verrichtet, allerdings erfolgten die Tätigkeiten an denselben Projekten. Eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Leistungsbeschreibung ergebe sich unter Berücksichtigung der Tätigkeitsberichte des Architekten Herrn C. und der mündlichen Auskunft, dass man sich diese zu Eigen mache, aus der Anlage zur Dauerrechnung Nr.01 vom 20.12.2010 und den bereits im Zuge der Außenprüfung vorgelegten Verwaltervertrag. Bereits der Verwaltervertrag enthalte eine Tätigkeitsbeschreibung. Diese werde konkretisiert durch die Anlage zur Dauerrechnung, die den Tätigkeitskatalog näher bezeichne. Die Tätigkeitsberichte des Architekten, die in der Verwaltung niedergeschrieben worden seien, lieferten weitere Details zu den Tätigkeiten von O.. All dies zeige sich auch in der Rechnung für den Monat Dezember 2014 nebst der zugehörigen Anlagen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die mit Schriftsatz vom 12.11.2018 vorgelegte Rechnung für den Monat Dezember 2014 und die zugehörigen Anlagen Bezug genommen.
10Sie, die Klägerin, ist der Ansicht, ihr sei der Vorsteuerabzug aus den berichtigten Rechnungen zu gewähren. Die vorliegenden Angaben genügten unter Berücksichtigung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH – Urteil vom 15.9.2016 C-516/14, Barlis 06 - Investimentos Imobiliarios e Turisticos, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung – HFR – 2016, 1031) für die erforderliche Leistungsbeschreibung. Hiernach seien die vorgenannten Angaben zu berücksichtigen, weil es sich um spezifisch und eindeutig auf die Rechnung bezogene Annexe handele. Darüber hinaus sei widersinnig, bei einer pauschalen Abgeltung der Tätigkeiten jede einzelne Tätigkeit bezeichnen zu müssen. Die Leistungsbeschreibung sei demgemäß nicht so rudimentär, dass sie einer fehlenden Leistungsbeschreibung gleichstehe.
11Die Klägerin beantragt,
12die Umsatzsteuerbescheide der Jahre 2011 bis 2014 vom 8.6.2017 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.7.2018 dahingehend abzuändern, dass die Umsatzsteuer der Jahre 2011 bis 2013 um einen Betrag i.H. von 2.689,13 € und die Umsatzsteuer des Jahres 2014 um einen Betrag i.H. von 2.684,00 € herabgesetzt wird.
13Der Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen,
15hilfsweise, die Revision zuzulassen.
16Der Beklagte meint, eine hinreichende Leistungsbeschreibung liege nicht vor. Die Angaben seien pauschal gehalten, tatsächlich ausgeführte Leistungen würden nicht dargelegt. Auch der Verwaltervertrag, der erst im Klageverfahren vorgelegt worden sei, enthalte nur die vereinbarten Leistungen. Eine derart rudimentäre Leistungsbeschreibung sei mit einer fehlenden Leistungsbeschreibung gleichzusetzen, die Rechnungen seien nicht berichtigungsfähig. Die im Zuge der Betriebsprüfung erfolgte Rechnungsberichtigungen führten zu keiner anderen Einschätzung. Die vorgelegten Tätigkeitsberichte, auf die O. Bezug genommen habe, stellten allein dar, welche Leistungen Herr C. an die Klägerin erbracht habe. Ein Bezug zu den Tätigkeiten des Herrn O. sei diesen nicht zu entnehmen. Für die Monate Juli und August 2011 sowie August 2012 lägen auch keine Tätigkeitsberichte des Herrn C. vor. Soweit die Klägerin im Klageverfahren eine Dauerrechnung eingereicht habe, weiche diese (im Hinblick darauf, dass sie zusätzlich über ein Datum, eine Nummerierung und den Ausweis eines Zeitanteils verfügt) von denjenigen Rechnungen ab, die im Rahmen der Betriebsprüfung vorgelegt worden seien. Schließlich fehle es auch an einer fortlaufenden Rechnungsnummer.
17Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 19.6.2020 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Die Klägerin hat ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung mit Schriftsatz vom 21.8.2020 erteilt.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die seitens des Beklagten übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe:
20Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
21I. Die zulässige Klage ist begründet. Die Umsatzsteuerbescheide 2011 bis 2014 vom 8.6.2017, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.7.2018, sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin insoweit in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Der Klägerin kommt nämlich in den Streitjahren ein weitergehender Vorsteuerabzug i.H. von jeweils 2.689,13 € (2011 bis 2013) bzw. i.H. von 2.684,00 € (2014) aus dem Bezug von Leistungen der Haus- und Wohnungsverwaltung von O. zu.
221. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Die Rechnung muss nach § 14 Abs. 4 UStG unter anderem eine fortlaufende Rechnungsnummer und eine Leistungsbeschreibung enthalten.
23Die nationale Regelung beruht auf Artt. 167, 168 Abs. 1 Buchst. a), 178 Buchst. a), 179 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Um das Recht auf Vorsteuerabzug ausüben zu können, muss der Unternehmer nach Art. 178 Buchst. a) MwStSystRL eine gemäß Titel XI Abschnitt 3 Kapitel 3 bis 6 MwStSystRL ausgestellte Rechnung besitzen. Diese muss nach Art. 226 MwStSystRL unter anderem eine fortlaufende Nummer und Angaben zur Menge und Art der gelieferten Gegenstände bzw. zum Umfang und zur Art der erbrachten Dienstleistungen enthalten.
242. a) Zutreffend gehen die Beteiligten grundsätzlich (siehe im Übrigen unter b) übereinstimmend davon aus, dass die Klägerin in den Streitjahren sonstige Leistungen der Haus- und Wohnungsverwaltung für Zwecke ihres Unternehmens von O. bezogen hat und es sich bei den Beträgen, für die der Vorsteuerabzug begehrt wird, um eine gesetzlich geschuldete Steuer handelt. Dem steht auch aus Sicht des erkennenden Senats nicht entgegen, dass im Rubrum des am 6.5.1998 geschlossenen Verwaltervertrages C. T. als Auftraggeberin bezeichnet und in der Kompetenzerweiterung vom 26.11.1999 ausgeführt wird, dass O. Frau C. T. in der Geschäftsführung der Gesellschaften vertrete. Denn gemäß § 1 des Vertrages beauftragte C. T. Herrn O. „als geschäftsführende Gesellschafterin“ u.a. der Klägerin mit den hier gegenständlichen Leistungen der Haus- und Wohnungsverwaltung, die gerade in der leitenden Unterstützung bei der Geschäftsführung u.a. der Klägerin bestanden. Demgemäß dient die gewählte Formulierung aus Sicht des Senats allein der darstellerischen Vereinfachung bei der Errichtung der Vertragsurkunde über den Verwaltervertrag und bei Abschluss der Kompetenzerweiterung. Diesem Verständnis entspricht es auch, dass die Beteiligten des seit dem 6.5.1998 bestehenden Vertragsverhältnisses fortwährend davon ausgingen, dass der Verwaltervertrag mit den jeweiligen Gesellschaften besteht. Entsprechend erfolgte die Rechnungserteilung auch an die Klägerin als Leistungsempfängerin.
25b) Soweit der Beklagte Zweifel an einer tatsächlichen Leistungserbringung gegenüber der Klägerin in den Monaten Juli 2011, August 2011 sowie August 2012 äußert, weil insoweit Leistungsberichte des Architekten fehlten, auf die in den übrigen Monaten Bezug genommen wird, vermag sich der erkennende Senat dieser Schlussfolgerung nicht anzuschließen. Zum einen schuldet O. nach dem Verwaltervertrag nämlich nicht bestimmte Einzeltätigkeiten, auf deren Erbringung es sodann jeweils ankäme. Vielmehr wird O. im Wege eines Dauerschuldverhältnisses verpflichtet, den Bürobetrieb und die Verwaltung des Grundbesitzes entsprechend den betrieblichen Gegebenheiten und damit anknüpfend an den im Einzelnen bestehenden Bedarf zu organisieren. Diese Verpflichtung prägt das Vertragsverhältnis, auf das Vorliegen eines entsprechenden Bedarfs in einzelnen Monaten kommt es demgegenüber nicht an. Fehlt es an einem konkreten Bedarf, so wird die Leistung ohne konkretisierende Einzeltätigkeiten allein durch die vertragsgemäße Bereitschaft zur Übernahme solcher Tätigkeiten erbracht, die sich jedoch naturgemäß einer näheren Dokumentation in Tätigkeitsberichten entzieht. Zum anderen erlaubt das Fehlen von Tätigkeitsberichten des Architekten auch keinen Rückschluss auf das Fehlen einer tatsächlichen Leistungserbringung. Denn O. schuldete eine Vielzahl von Tätigkeiten, wie sich aus der seitens der Klägerin vorgelegten Anlage zur Dauerrechnung ergibt. Die gemeinsamen Tätigkeiten mit dem Architekten bildeten danach nur einen Teil der tatsächlichen Einzeltätigkeiten.
263. Die Klägerin ist unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben auch im Besitz den Vorsteuerabzug eröffnender Rechnungen im Sinne des §§ 14, 14a UStG. Aus Sicht des erkennenden Senats ist unter den Umständen des Streitfalls der Klägerin der Vorsteuerabzug bereits auf Grund der ursprünglich erteilten Dauerrechnungen und unabhängig einer mit Rückwirkung erfolgten Rechnungsberichtigung zu gewähren; die vom Beklagten bemängelte Leistungsbeschreibung und das Fehlen einer Rechnungsnummer stehen dem nicht entgegen (a). Darüber hinaus ist die Leistungsbeschreibung auch mit Rückwirkung für die Streitjahre berichtigt worden und genügt jedenfalls in ihrer berichtigten Fassung den Anforderungen des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG (b).
27a) Nach Ansicht des erkennenden Senats eröffnen bereits die ursprünglich erteilten Rechnungen unabhängig vom Vorliegen einer wirksamen Rechnungskorrektur den Vorsteuerabzug.
28aa) (1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, der der erkennende Senat folgt, bildet das Recht auf Vorsteuerabzug die Grundlage für die vollständige Entlastung der Unternehmer von der im Rahmen seiner gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer und die Gewährleistung der Neutralität hinsichtlich der steuerlichen Belastung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten (EuGH, Urteile vom 21.10.2021 – C-80/20 – Wilo Salmson –,HFR 2022, 383; vom 12.4.2018 C-8/17 – Biosafe –, HFR 2018, 502; vom 21.3.2018 C-533/16 – Volkswagen –, HFR 2018, 421; vom 15.9.2016 C-518/14 – Senatex –, HFR 2016, 1029; vom 22.10.2015 C-277/14 – PPUH Stehcemp – HFR 2015, 1182; vom 1.3.2012 C-280/10 – Polski Trawertyn –, HFR 2012, 461). Das Grundprinzip der Neutralität der Mehrwertsteuer erfordert es daher, dass der Vorsteuerabzug selbst dann gewährt wird, wenn die ausgestellte Rechnung bestimmten formellen Anforderungen nicht genügt. Lediglich dann, wenn der Verstoß gegen die formellen Anforderungen den sicheren Nachweis hindert, dass die materiellen Anforderungen erfüllt wurden, qualifiziert die erteilte Rechnung nicht als Rechnung im Sinne des Art. 178 Buchst. a) MwStSystRL und steht dieser Umstand – das Fehlen einer Rechnung im Sinne des Mehrwertsteuerrechts – der Ausübung des Vorsteuerabtzugsrechts entgegen (EuGH, Urteile vom 21.10.2021 – C-80/20 – Wilo Salmson –, HFR 2022, 383; vom 18.11.2020 C-371/19 – Kommission/Deutschland –, HFR 2021, 112; vom 17.12.2020 C-346/19 – Bundeszentralamt für Steuern –, HFR 2021, 122; vom 19.10.2017 C-101/16 – Paper Consult –, HFR 2017, 1177, mit weiteren Nachweisen). Infolgedessen kann der Vorsteuerabzug u.a. nicht allein wegen des Fehlens der Steuernummer oder Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Leistenden, einem fehlenden Leistungsdatum oder einer unzureichenden Leistungsbeschreibung versagt werden, wenn die Steuerbehörde über alle notwendigen Informationen verfügt, um zu prüfen, ob die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Rechts zum Vorsteuerabzug vorliegen. Dabei darf sich die Steuerverwaltung nicht auf die Prüfung der Rechnung selbst beschränken, sondern hat auch die vom Steuerpflichtigen beigebrachten zusätzlichen Informationen zu berücksichtigen (EuGH, Urteile vom 21.10.2021 – C-80/20 – Wilo Salmson –, HFR 2022, 383; vom 18.11.2020 C-371/19 – Kommission/Deutschland –, HFR 2021, 112; vom 17.12.2020 C-346/19 – Bundeszentralamt für Steuern –, HFR 2021, 122; vom 15.9.2016 C-518/14 – Senatex –, HFR 2016, 1029; vom 15.9.2016 C-516/14 – Barlis 06 –, HFR 2016, 1031; Bundesfinanzhof – BFH – Urteil vom 12.3.2020 V R 48/17, Sammlung amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFHE – BFHE 268, 443, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2020, 604; ebenso zum österreichischen Recht Österreichischer Verwaltungsgerichtshof – VwGH –, Erkenntnis vom 19.5.2020 Ro 2019/13/0030, ECLI:AT:VWGH:2020:RO2019130030.J00; VwGH, Erkenntnis vom 29.5.2018 Ra 2016/15/0068, ECLI:AT:VWGH:2018:RA2016150068.L00; noch offen gelassen von BFH, Urteil vom 20.10.2016 V R 26/15, BFHE 255, 348, BStBl II 2020, 593).
29(2) Aus Sicht des erkennenden Senats erfordert eine Rechnung, soll sie nicht den sicheren Nachweis hindern, dass die Voraussetzungen für die Gewährung des Vorsteuerabzugsrechts erfüllt wurden, diejenigen Mindestangaben, die für die Berichtigungsfähigkeit einer Rechnung nach § 31 Abs. 5 Satz 1 der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) vorausgesetzt sind. Denn eine Rechnungsberichtigung mit Rückwirkung kommt ebenso nur in Betracht, wenn ursprünglich bereits eine berichtigungsfähige Rechnung vorlag, mithin ein Dokument ausgestellt wurde, dass auf Grund der enthaltenen Angaben trotz der formellen Mängel als Rechnung qualifiziert werden kann (EUGH – Urteil vom 21.10.2021 C-80/20 – Wilo Salmson –, HFR 2022, 383). Nach der im Zusammenhang mit der Rechnungsberichtigung ergangenen Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, muss ein Dokument in der Folge zumindest Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthalten, um als Rechnung angesehen werden zu können. Etwaige enthaltene Angaben dürfen zudem nicht in so hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend sein, dass sie fehlenden Angaben gleichzustellen sind (BFH, Urteile vom 12.3.2020 V R 48/17, BFHE 268, 443, BStBl II 2020, 604; vom 22.1.2020 XI R 10/17, BFHE 268, 331, BStBl II 2020, 601; vom 15.10.2019 V R 19/18, BFHE 265, 572, BStBl II 2020, 600; vom 20.10.2016, V R 26/15, BFHE 255, 348, BStBl II 2020, 593; BFH-Beschluss vom 20.7.2012 V B 82/11, BFHE 237, 545, BStBl II 2012, 809; vgl. auch EuGH, Urteil vom 21.10.2021 C-80/20 – Wilo Salmson –, HFR 2022, 383).
30(3) Die in einer Rechnung enthaltenen Angaben zur Leistungsbeschreibung müssen es erlauben, die abgerechnete Leistung zu identifizieren, damit die Rechnung als Rechnung im umsatzsteuerlichen Sinne angesehen werden kann. Das erfordert zwar keine erschöpfende Beschreibung der konkret erbrachten Leistung; die Rechnung muss es aber ermöglichen, die Leistung, über die abgerechnet worden ist, eindeutig und leicht nachprüfbar festzustellen. Was hierzu notwendig ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Infolgedessen fehlt es nur dann an einer Leistungsbeschreibung, wenn die Angaben in hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend sind, sich mithin aus der Abrechnung keinerlei Anhaltspunkte für die Art des gelieferten Gegenstandes oder der sonstigen Leistung ergeben (BFH, Urteil vom 12.3.2020 V R 48/17, BFHE 268, 443, BStBl II 2020, 604; BFH, Urteil vom 10.7.2019 XI R 28/18, BFHE 266, 387, BStBl II 2021, 961; BFH, Urteil vom 1.3.2018 V R 18/17, BFHE 261, 187, BStBl II 2021, 644; BFH, Urteil vom 20.10.2016 V R 26/15, BFHE 255, 348, BStBl II 2020, 593). In diesem Sinne hat die höchstrichterliche Rechtsprechung es für ausreichend erachtet, wenn ein Rechtsanwalt unter seinem Briefkopf eine Rechnung erteilt, die auf einen nicht näher bezeichneten Beratervertrag Bezug nimmt oder über allgemeine wirtschaftliche Beratung oder betriebswirtschaftliche Beratung abrechnet (BFH, Urteil vom 20.10.2016 V R 26/15, BFHE 255, 348, BStBl II 2020, 593). Nicht ausreichend ist demgegenüber die Angabe „Sales Products“ (BFH, Urteil vom 12.3.2020 V R 48/17, BFHE 268, 443, BStBl II 2020, 604) oder der alleinige Verweis auf die Erbringung juristischer Dienstleistungen in einem näher bezeichneten Zeitraum (EuGH, Urteil vom 15.9.2016 C-516/14, Barlis 06 - Investimentos Imobiliarios e Turisticos, HFR 2016, 1031).
31bb) Im Streitfall hindern die vom Beklagten bemängelte Leistungsbeschreibung und die gänzlich fehlende Angabe einer Rechnungsnummer den sicheren Nachweis der für den Vorsteuerabzug erforderlichen Voraussetzungen nicht. Es bestehen nämlich unter Berücksichtigung sämtlicher von der Klägerin zur Verfügung gestellten Informationen keinerlei Zweifel daran, dass die Klägerin in den Streitjahren die in den Rechnungen ausgewiesenen Leistungen von O. für Zwecke ihres Unternehmens bezogen hat und es sich bei den dort ausgewiesenen Steuerbeträgen um eine gesetzlich geschuldete Steuer handelt (dazu bereits unter 2.). Zwar enthalten die Ursprungsrechnungen, wie der Beklagte hervorhebt, keinerlei Angaben zu den von O. in den einzelnen Monaten konkret erbrachten Tätigkeiten. Allerdings rechnet O. für seine „Tätigkeiten […] vereinbarungsgemäß monatlich“ unter dem Briefkopf „Hausverwaltung O.“ ab. Die der Rechnungsstellung zugrunde liegende Leistung wird hiermit – vergleichbar der Rechnung eines Rechtsanwalts unter Bezugnahme auf einen nicht näher bezeichneten Beratervertrag – in groben Zügen als Leistung der Hausverwaltung entsprechend einer zwischen den Beteiligten des Leistungsverhältnisses bestehenden Vereinbarung beschrieben. Diese Leistungsbezeichnung ist im vorliegenden Zusammenhang und mit Blick auf die von der Klägerin zur Verfügung gestellten Informationen, die diese Vereinbarung umfassen, für Zwecke der Gewährung des Vorsteuerabzugs hinreichend. Diese Vereinbarung musste nicht in der Rechnung eindeutig für Dritte erkennbar bezeichnet werden. Forderte man eine solche Bezeichnung, so liefe dies aus Sicht des Senats darauf hinaus, den sicheren Nachweis unabhängig der dem Senat sonst zur Verfügung stehenden Informationen an das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Leistungsbeschreibung zu knüpfen.
32b) Unabhängig von der Frage, ob die ursprüngliche Leistungsbeschreibung den sicheren Nachweis der für den Vorsteuerabzug erforderlichen Voraussetzungen hindert, ist die Leistungsbeschreibung auch mit Rückwirkung für die Streitjahre berichtigt worden und erweist sich jedenfalls insoweit als formell ordnungsgemäß.
33aa) Nach § 31 Abs. 5 Satz 1 UStDV kann eine Rechnung, die nicht alle Angaben nach §§ 14, 14a UStG enthält oder die unzutreffende Angaben enthält, berichtigt werden. Eine Rechnungsberichtigung setzt zunächst in Abgrenzung zur erstmaligen Rechnungserteilung ein bereits als Rechnung qualifizierendes Dokument im umsatzsteuerlichen Sinne – eine berichtigungsfähige Rechnung – voraus, das Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthalten muss (zu diesem Erfordernis bereits unter a) aa) (1)). Sodann müssen nach § 31 Abs. 5 Satz 2 UStDV die fehlenden oder unzutreffenden Angaben durch ein Dokument, das spezifisch und eindeutig auf die Rechnung bezogen ist, übermittelt werden. Hinsichtlich der Erfordernisse an Form und Inhalt der Berichtigung verweist § 31 Abs. 5 Satz 3 UStDV auf § 14 UStG. Einer solchen Rechnungsberichtigung kommt nach der Rechtsprechung in unionsrechtskonformer Anwendung des nationalen Rechts Rückwirkung mit Wirkung auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungserteilung zu (BFH, Urteile vom 12.03.2020, V R 48/17, Deutsches Steuerrecht – DStR –2020, 1846; vom 22.1.2020 XI R 10/17, BFHE 268, 331, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2020, 601; vom 15.10.2019, V R 19/18, DStR 2019, 2698; vom 20.10.2016 V R 26/15, BFHE 255, 348, BStBl II 2020, 593; vom 20.10.2016 V R 64/14, Sammlung nicht amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2017, 490).
34bb) Die ursprünglich erteilten, berichtigungsfähigen Rechnungen (siehe insoweit bereits unter a) bb)) sind durch den im Rahmen der Außenprüfung vorgelegten Belegordner und die Anlage zur Dauerrechnung Nr.01 vom 20.12.2010 im Sinne des § 31 Abs. 5 UStDV berichtigt worden. Unerheblich ist insoweit, dass der Belegordner der äußeren Gestaltung nach neue Dauerrechnungen enthält. Es genügt, dass diese Dokumente – was auch der Beklagte nicht in Zweifel zieht – der Klägerin vom leistenden Unternehmer O. im Einvernehmen zur Berichtigung der ursprünglich erteilten Rechnungen zur Verfügung gestellt worden sind, mithin hierdurch die bisherigen Rechnungsangaben ergänzt bzw. ersetzt wurden (vgl. BFH, Urteil vom 22.1.2020 XI R 10/17, BFHE 268, 331, BStBl II 2020, 601).
35cc) Die sich aus den berichtigten Rechnungen ergebende Leistungsbeschreibung genügt den gesetzlichen Anforderungen des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG (zu diesen bereits unter a) aa)(3)). So ergibt sich in den Streitjahren zunächst aus den Tätigkeitsberichten des Architekten eine konkrete und für den jeweiligen Monat gültige Leistungsbeschreibung, die einen die Gesamttätigkeit des O. wesentlich prägenden Teil beschreibt. Dass eine solche Tätigkeitsbeschreibung in einzelnen Monaten fehlt, ist dabei nicht Ausdruck des Fehlens einer Leistungsbeschreibung, sondern schlicht Folge des Umstands, dass diese Einzeltätigkeiten in diesen Monaten nicht erforderlich waren und nicht stattgefunden haben. Diese Tätigkeitsbeschreibungen werden ergänzt durch die Anlage zur Dauerrechnung Nr.01 vom 20.12.2010, die die in den Streitjahren darüber hinaus grundsätzlich erbrachten, weiteren Tätigkeiten beschreibt. Dass für diese Einzeltätigkeiten in den Rechnungsmonaten keine weitere Aufgliederung bspw. durch Benennung der geführten Telefongespräche oder verfassten E-Mails erfolgt ist, ist – anders als der Beklagte meint – unerheblich. Denn hiermit forderte der Beklagte letztlich eine erschöpfende Beschreibung aller tatsächlich in einem Monat erbrachten Tätigkeiten, was jedoch die Anforderungen an die erforderliche Leistungsbeschreibung übersteigert. Dabei ist aus Sicht des erkennenden Senats im Streitfall auch zu berücksichtigen, dass O. nach dem Verwaltervertrag gerade nicht die Erbringung dieser Einzeltätigkeiten schuldet, sondern vielmehr der Inhalt der dauerhaft bestehenden Leistungsverpflichtung allgemein durch die Organisation des Bürobetriebs und der Grundbesitzverwaltung und damit unabhängig von diesen Einzeltätigkeiten bestimmt wird.
36II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
37III. Die Revision ist nicht nach § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen. Insbesondere weist die Rechtssache aus Sicht des erkennenden Senats im Hinblick auf die zwischenzeitlich ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO auf.