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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
2Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob Baukostenzuschüsse an die Klägerin von verschiedenen … Kommunen sowie dem Kreis C über insgesamt 500.000 € in den Jahren 2015 bis 2017 im Zusammenhang mit der Errichtung eines Tierheims umsatzsteuerbar sind.
3Die Klägerin betreibt das Tierheim „K Tierheim in B" und damit einhergehend auch den Verkauf von Tierzubehör und Futtermitteln. Im Tierheim der Klägerin werden von den Kommunen sichergestellte Fundtiere sowie beschlagnahmte Tiere untergebracht. Die Klägerin sorgt zudem für die Rückführung entlaufener bei ihr untergebrachter Tiere zum Besitzer und nimmt vorübergehend auch private Tiere in Pension auf. Des Weiteren vermittelt die Klägerin bei ihr untergebrachte herrenlose Tiere an neue Besitzer. Die Klägerin führt das Tierheim auch als Begegnungsstätte für Tierfreunde sowie als Beratungsstelle für alle Bereiche der Tierhaltung und des Tierschutzes und informiert im Rahmen von Führungen interessierte Gruppen (Schulen, Kindergärten, etc.) über die Aufgaben des Tierheims.
4Beginnend im Juli 2018 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Umsatzsteuersonderprüfung durch. Der Prüfer traf, ausweislich des geänderten Berichts über die Umsatzsteuersonderprüfung vom 18.1.2019, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, im Wesentlichen die folgenden Feststellungen: Das bislang privatwirtschaftlich betriebene Tierheim I in B sei Ende 2015 aufgegeben worden. Da im nördlichen Kreis C nach der Aufgabe des Tierheims I kein Tierheim mehr zur Verfügung gestanden habe, das für eine artgerechte Unterbringung gefundener oder beschlagnahmter Tiere hätte sorgen können, diese Aufgabe aber von den Städten und Gemeinden als zuständige Fundbehörden weiterhin habe erfüllt werden müssen, sei Ersatz erforderlich gewesen.
5Die Klägerin habe im Oktober 2015 vor Beginn der Baumaßnahmen zur Errichtung des Tierheims bei verschiedenen Städten und Gemeinden ([…]) sowie beim Kreis C Fördermittel für die Errichtung eines neuen Tierheims beantragt. Zusammen mit einem Wirtschaftsprüfer habe sie eine Rentabilitätsrechnung erstellt, wonach die Investitionskosten auf 847.000 € taxiert worden seien. Von kommunaler Seite sei ein Zuschuss von 500.000 € benötigt worden. Den verbleibenden Anteil stelle die Klägerin als Investorin. Der Investitionskostenzuschuss sei über ein Zuwendungsbescheid mit einer Gegenleistungsverpflichtung zur Annahme von Tieren der beteiligten Kommunen und des Kreises C über 25 Jahre verbunden worden. Bei Verletzung von Zweckbindungspflichten aus dem Zuwendungsbescheid könne der Zuschuss ganz oder teilweise zurückgefordert werden. Die Verteilung des Investitionskostenzuschusses auf die beteiligten Kommunen sei auf Basis der zu erwartenden Fundtierzahlen erfolgt, die aus den Erfahrungswerten der Jahre 2011 bis 2013 entwickelt worden seien. Zwölf Kommunen aus dem Kreis C und die Stadt J hätten verwaltungsseitig Interesse bekundet und entsprechende politische Beschlüsse herbeigeführt. Die beteiligten Kommunen und der Kreis C würden durch die Bezuschussung nur verminderte laufende Unterbringungskosten je Tier zahlen müssen. Kalkuliert seien derzeit 140 € (zzgl. Umsatzsteuer) je Hund und 125 € (zzgl. Umsatzsteuer) je Katze für zehn Tage. Andere Kommunen, die sich nicht an dem Investitionskostenzuschuss beteiligen, würden je Unterbringung einen Aufschlag zahlen. Im Prüfungszeitraum habe festgestellt werden können, dass der Tagessatz bei Katzen für die „Zuwendungs-Gemeinden“ um 3,50 € niedriger gelegen habe als bei den nicht zuschussgebenden Gemeinden. Bei Hunden sei der Betrag jeweils um 6,00 € niedriger gewesen. Der Kreistag des Kreises C und die interessenbekundenden Kommunen hätten in der Folge entsprechende Beschlüsse gefasst. Der Zuschuss sei von der Klägerin im Jahr 2015 i. H. von 16.403 €, im Jahr 2016 i. H. von 386.877,60 € und in 2017 i. H. von 96.719,40 € (d. h. insgesamt i.H.v. 500.000 €) vereinnahmt worden. Aus dem gesamten Kontext der Begründung, Planung und Finanzierung des Tierheims ergebe sich, dass die Klägerin zum einen das Projekt ohne Zuschuss nicht realisiert und die Kommunen zum anderen ohne Gegenleistungsverpflichtung keinen Zuschuss geleistet hätten. Damit stelle sich der Zuschuss als steuerpflichtiges Entgelt dar, der der Umsatzsteuer unterliege. Aus den erhaltenen Zuwendungen, die Bruttobeträge darstellen würden, sei die Umsatzsteuer herauszurechnen. Dies führe in 2015 zu einer Umsatzsteuerkorrektur von 2.618,79 €, in 2016 von 61.770,37 € und in 2017 von 15.442,52 €, also insgesamt 79.831,93 €.
6Während der Außenprüfung reichte die Klägerin verschiedene den politischen Entscheidungsprozess betreffende Unterlagen ein. In der Sitzungsvorlage Nr. xxxx/2014 des Kreises C vom 00.00.2014, der exemplarisch auch für die Sitzungsvorlagen für die Ratssitzung der einzelnen zuschussgebenden Kommunen steht, heißt es:
7„Sachdarstellung:
8Die Städte und Gemeinden sind zuständige Fundbehörde im Sinne der §§ 965 bis 967 und 973 bis 976 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. So müssen die Kommunen als öffentliche Fundbehörde alle Fundtiere entgegennehmen und verwahren. Sofern die Fundbehörde für die Unterbringung und Betreuung nicht in eigenen Einrichtungen sorgen kann, hat sie die Fundtiere einer geeigneten Person oder Stelle – in der Regel einem Tierheim – zu übertragen und die erforderlichen Aufwendungen dafür zu tragen. Der Kreis C kann als zuständige Behörde gemäß § 16a Tierschutzgesetz Tiere, die erheblich vernachlässigt sind oder schwerwiegende Verhaltensstörung aufzeigen, den Haltern fortnehmen und anderweitig pfleglich unterbringen.
9Zahlreiche Kommunen und der Kreis C haben seit vielen Jahren hierfür das privat betriebene Tierheim in B genutzt. Hierfür hatten sie zunächst eine einmalige Grundgebühr von 10.000 Euro und dann entsprechend geminderte laufende Unterbringungskosten gezahlt. Das dortige Tierheim wird aber von den Betreibern zu Beginn des Jahres 2015 aufgegeben. Nach der Schließung dieses Tierheims in B steht im nördlichen Kreisgebiet kein anderes Tierheim für eine artgerechte und schnelle Unterbringung gefundener oder fortgenommener Tiere zur Verfügung. Im Interesse des Tierschutzes und der öffentlichen Sicherheit haben zahlreiche Kommunen und der Kreis B sich darauf verständigt, gemeinsam die Möglichkeiten der Errichtung und des Betriebs eines neuen Tierheims im nördlichen Kreisgebiet auszuloten, zumal anderweitige Unterbringungskapazitäten nicht verfügbar sind. Die Federführung dafür hat die Stadt B übernommen. Sie wird dabei von der Kreisverwaltung unterstützt.
10Derzeit zeichnet sich folgende Lösung ab. Eine im jetzigen Tierheim B angestellte Tierpflegerin hat angeboten, ein neues Tierheim in B zu errichten und privatwirtschaftlich zu betreiben. Mit einem Wirtschaftsprüfer hat sie die Rentabilität ihrer Unternehmensplanung der Stadt B und dem Kreis C nachvollziehbar dargelegt. Die Investitionskosten (einschließlich Grundstückskosten) werden mit 847 T-EUR kalkuliert. Von kommunaler Seite ist ein maximaler Investitionszuschuss von insgesamt 500 T-EUR vorgesehen. Den verbleibenden Teil trägt die zukünftige Betreiberin und Investoren als Eigenanteil. Die überwiegende Anzahl der Tierheime in Deutschland werden im Übrigen neben Spenden über kommunale Investitions- und Betriebskostenzuschüsse finanziert.
11Der Investitionskostenzuschuss wird über ein Zuwendungsbescheid mit einer Gegenleistungsverpflichtung zur Annahme von Fundtieren der beteiligten Kommunen und von fortgenommenen Tieren des Kreises C über 25 Jahre verbunden. Bei Verletzungen von Zweckbindungspflichten aus dem Zuwendungsbescheid wird der Zuschuss ganz oder teilweise zurückgefordert. Gemäß dem Tierschutzgesetz ist es Aufgabe des Kreises C, die tiergerechte Errichtung des Tierheims und die artgerechte Unterbringung der Tiere zu überwachen.
12Die Verteilung des Investitionskostenzuschusses auf die beteiligten Kommunen erfolgt auf Basis der zu erwartenden Fundtierzahlen (ca. 670 Tiere pro Jahr), die aus den Erfahrungswerten der Jahre 2011-2013 entwickelt wurden. Zwölf Kommunen aus dem Kreis C und die Stadt J haben verwaltungsseitig Interesse bekundet und wollen bis Ende November 2014 entsprechende politische Beschlüsse herbeiführen. Die beteiligten Kommunen und der Kreis C müssen dann nur verminderte laufende Unterbringungskosten je Tier zahlen. Kalkuliert sind derzeit 140 EUR (zzgl. MWSt) je Hund und 125 EUR (zzgl. MWSt) je Katze. Andere Kommunen, die sich nicht an dem Investitionskostenzuschuss beteiligen, zahlen je Unterbringung einen Aufschlag.
13Aus Sicht der Kreisverwaltung ist es dringend geboten eine weitere Unterbringungsmöglichkeit auch für die vom Kreis C aus Tierschutzgründen fortgenommenen Tiere vorzuhalten. Um unnötig weite Tiertransporte zu vermeiden und aus Kapazitätsgründen ist es weiterhin notwendig neben dem Tierheim in D einen weiteren Standort im Nordkreis vorzuhalten. Der Anteil des Kreises C am Investitionszuschuss lässt sich erst abschließend festlegen, wenn die Anzahl der beteiligten Kommunen und die damit zu erwartenden Fundtierzahlen feststehen. Unter der Bedingung, dass sich die 13 interessierten Kommunen beteiligen, wird der Kreisanteil (ca. 80 fortgenommenen Tieren pro Jahr) ca. 12 Prozent des Investitionskostenzuschusses betragen und bei ca. 60 T-EUR liegen. Eine Änderung der Beteiligung der Kommunen wird den Anteil entsprechend erhöhen oder senken. Er soll aber den Wert von 15 % nicht übersteigen.
14[…]
15Finanzielle Auswirkungen:
16[…]
17Für den Kreishaushalt 2015 wie nach jetzigen Stand eine einmalige investive Auszahlung von ca. 60 T-EUR erforderlich. Da vorgesehen ist, diese Zuwendung mit einer 25-jährigen Gegenleistungsverpflichtung zu verbinden, wird die Zuwendung gemäß § 43 Abs. 2 GemHVO NRW als Rechnungsabgrenzung aktiviert und entsprechend der Gegenleistungsverpflichtung ab dem Haushaltsjahr 2015 jährlich in Höhe von 2.400 Euro anteilig Aufwands wirksam aufgelöst. Hinzu kommen aufwandsmäßig jährlich die verminderten Unterbringungskosten je fortgenommenes Tier.“
18Datierend auf den 00.00.2015 stellte die Klägerin gegenüber dem Kreis C und den einzelnen Kommunen jeweils Anträge auf Gewährung einer Zuwendung. In dem exemplarischen Antrag gegenüber dem Kreis C heißt es u.a:
19„5. Begründung
20[…]
215.2. Zur Notwendigkeit der Förderung und zur Finanzierung ( u.a.: Eigenanteil, Förderhöhe, Kommunalinteresse an der Maßnahme, Alternative Förderung und Finanzierungsmöglichkeiten)
22Die Antragstellerin ist Tierpflegerin und zurzeit im Tierheim B angestellt. Sie verfügt nur über begrenzte Eigenmittel und keine größeren Sicherheiten, um ein Bankdarlehen zu erhalten. Durch die Förderung steht den beteiligen Kommunen das Recht zu, ihre Fundtiere und fortgenommenen Tiere unterzubringen. Durch die Förderung werden die laufenden Unterbringungskosten gemindert. Zur Unterbringung der Tiere wird die Antragstellerin mit dem Zuschussgeber eine Unterbringungsvereinbarung abschließen.
23Würde die Antragstellerin die Gebäude ohne die Zuwendung errichten, würde den beteiligen Kommunen höhere Kosten entstehen. Des Weiteren hätte sie nicht das Recht, ihre Fundtiere vorrangig vor Dritten unterzubringen.
24Für die Kommunen ist es wichtig, dass sie problemlos über einen längeren Zeitraum ihre Fundtiere gesichert unterbringen können und dies zu günstigen Kosten.
25Weitere alternative Fördermittel wie z.B. Landesmittel stehen nicht zur Verfügung.“
26Auf ihre Anträge erteilte der Kreis C und die einzelnen Kommunen im Wesentlichen gleichlautende Zuwendungsbescheide. In dem exemplarischen Zuwendungsbescheid vom 00.00.2015 des Kreises C heißt es:
27„[…]
28Auf Ihren vg. Antrag bewillige ich Ihnen für die Zeit vom 01.09.2015 bis 31.08.2016 (Bewilligungszeitraum) eine Zuwendung in Höhe von
2959.701,00 EUR
30[…].
312. Zur Durchführung folgender Maßnahme (Zuwendungszweck)
32Zuwendungszweck ist die Errichtung von Gebäuden auf dem Grundstück Gemarkung X, Flur 00, Flurstück 0 zur tierschutzgerechten Versorgung und Unterbringung von Tieren, Fundtieren und fortgenommenen oder eingezogenen Tieren (Tierheim in B) gemäß dem o.a. Antrag. Gefördert werden die Investitionskosten zum Grundstückskauf und zur Herstellung der Gebäude und Anlagen.
33Die Zweckbindung der Fördermittel beträgt 25 Jahre. Die Zweckbindung beginnt mit dem Tag, an dem nach Fertigstellung der Gebäude und vor dessen Inbetriebnahme mit der zuständigen Behörde eine Bauabnahme durchgeführt und festgestellt wurde, dass die Gebäude als Tierheim zur tierschutzgerechten Unterbringung und Versorgung von Tieren, Fundtieren aus dem Gebiet des Zuwendungsgebers und fortgenommenen oder eingezogenen Tieren des Kreises C genutzt werden kann. Über die Bauabnahme ist ein Protokoll zu erstellen und zu Prüfung vorzulegen. Die Zweckbindung entfällt vor Ablauf der Zweckbindungsfrist, wenn das Gebäude nicht mehr für die Unterbringung und Versorgung von Fundtieren und fortgenommenen oder eingezogenen Tieren genutzt wird. Für diesen Fall behält sich der Zuwendungsgeber den Widerruf der Zuwendung vor.“
34Im Anschluss an die Errichtung des Tierheims schloss die Klägerin mit den zuschussgebenden Kommunen und dem Kreis C jeweils „Rahmenvereinbarungen zur tierschutzgerechten Unterbringung und Versorgung von Fundtieren“ ab. In dem mit der Stadt C abgeschlossenen Vertrag, der exemplarisch für die weiteren geschlossenen Verträge steht, vereinbarte die Klägerin u.a. Folgendes:
35„§ 1 Leistungen der Betreiberin
361. Die Betreiberin verpflichtet sich, die Fundtiere der Fundbehörde aufzunehmen und gemäß den Bestimmungen des Tierschutzgesetzes sowie der auf dieser Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen unterzubringen und zu versorgen.
37[…]
383. Die Betreiberin stellt sicher, dass die Fundbehörde zu jeder Tages- und Nachtzeit Tiere im Tierheim unterbringen kann und dass die Tiere dort versorgt werden.
39[…]
407. Die Betreiberin ist verpflichtet, nach Ablauf eines Geschäftsjahres bis zum 01.04. des folgenden Jahres einen Bericht über die Unterbringung aller aufgenommenen Tiere abzugeben. Die Betreiberin ist der Berichtspflicht nachgekommen, wenn sie den Bericht termingerecht dem Kreis C, der Stadt Hoder der Stadt B zugestellt hat.
418. Der Bericht hat eine Aufstellung über die aufgenommenen Tiere nach Art, Herkunft (Staat, Gemeinde, Kreis oder private Dritte) und Verweildauer sowie eine Betriebskostenabrechnung in der Form einer Trennungsrechnung gegliedert nach dem bezuschussten und dem nicht bezuschussten Bereich auf der Basis eines testierten Jahresabschlusses zu umfassen.
429. Die Kosten- und Erlöszuordnung in der Betriebskostenabrechnung erfolgt in der ersten Stufe auf der Basis der Tierarten (Hund, Katze usw.). Im zweiten Schritt werden die Kosten und Erlöse je Tierart auf den bezuschussten Bereich (Herkunft aus den Kommunen, die sich an der Finanzierung der Baukosten beteiligt haben) und den nicht bezuschussten Bereich verteilt. Auf der Erlösseite des bezuschussten Bereichs ist dabei jährlich 1/25 des Gesamtzuwendungsbetrags des Kreises und der Städte und Gemeinden als Erlös zu buchen.
43§ 2 Leistungen der Fundbehörde
441. Die Fundbehörde wird der Betreiberin die Kosten, die durch die Unterbringung und Versorgung der Fundtiere entstehen, erstatten. Basis für die Erstattung ist die beigefügte überarbeitete Rentabilitätsrechnung der Betreiberin vom 18.07.2014 (Anlage 1).
45[…]
463. Für die Unterbringung und Versorgung – ohne die tierärztlichen Behandlungskosten – von Fundtieren durch die Betreiberin gelten folgende pauschalen Erstattungssätze:
47Hunde 160,00 EUR/Tier zzgl. MwSt
48Katzen 140,00 EUR/Tier zzgl. MwSt
49Kleintiere (Nager, Vögel usw.) 30,00 EUR/Tier zzgl. MwSt
50verwilderte Fundkatzen 220,00 EUR/Tier zzgl. MwSt.
51[…]
524. Der pauschalierten Erstattungsanspruch nach Nr. 3 tritt nach 10 Unterbringungstagen ein und ist einmalig je Tier zu leisten. […]
53§ 4 Laufzeit
541. Die Vereinbarung tritt rückwirkend zum 01.10.2017 Kraft. Sie endet zum 31.12.2018.
552. Die Fundbehörde kann die Fortsetzung der Vereinbarung über das Laufzeitende hinaus verlangen. Das Verlangen muss bis zum 30.09. des Jahres, in dem die Vereinbarung endet, mitgeteilt werden. Es kann längstens für den Zeitraum der Zweckbindung (25 Jahre) aus dem Zuwendungsbescheid vom 17.11.2015 (Anlage 2) ausgeübt werden.
563. Im Falle der Fortsetzung der Vereinbarung stellen die Parteien Einvernehmen über die Kostenerstattung her. Basis der Verhandlung ist die Betriebskostenabrechnung aus dem Jahr vor dem laufenden Geschäftsjahr. […]“
57Zudem reichte die Klägerin während der Außenprüfung zwei exemplarische Rechnungen gegenüber der zuschussgebenden Stadt K und der Stadt P, die keinen Zuschuss geleistet hatte, ein. In der Rechnung vom 5.5.2017 gegenüber der Stadt K wird wie folgt abgerechnet:
58„Tier-Nr |
AFP |
Tier-Art |
Tier-Name |
Rasse |
Menge |
Tage |
Tg.-Satz |
Tg.-Sum. |
MwSt-Satz |
MwSt: |
Summe |
00542 |
Fund |
Katze |
… |
EKH |
1 |
10 |
12,50 € |
125,00 € |
19,00 % |
23,75 € |
148,75 €“ |
Die Rechnung gegenüber der Stadt P – ebenfalls vom 5.5.2017 – lautet auf:
60„Tier-Nr |
AFP |
Tier-Art |
Tier-Name |
Rasse |
Menge |
Tage |
Tg.-Satz |
Tg.-Sum. |
MwSt-Satz |
MwSt: |
Summe |
00531 |
Fund |
Katze |
… |
EKH |
1 |
10 |
16,00 € |
160,00 € |
19,00 % |
30,40 € |
190,40 €“ |
Auf die weiteren in den Verwaltungsvorgängen des Beklagten enthaltenen Rechnungen, die zwischen zuschussgebenden Kommunen und solchen Städten, die keinen Zuschuss geleistet haben, differenzieren, wird verwiesen.
62Während der Außenprüfung ersuchte der Beklagte den Kreis C um Auskunft gemäß § 93 der Abgabenordnung (AO). Hierin führte der Beklagte aus, dass dem Zuwendungsbescheid eine Gegenleistungsverpflichtung nicht unmittelbar zu entnehmen sei. Er, der Beklagte, bitte daher um Stellungnahme, ob und wie die beschriebene Gegenleistungsverpflichtung Bestandteil des Bescheids geworden seien und ob gegebenenfalls sonstige Vereinbarungen hierzu mit der Betreiberin des Tierheims geschlossen worden seien. Hierauf antwortete der Kreis C mit Schreiben vom 23.1.2019 wie folgt:
63„Ihr Auskunftsersuchen kann ich wie folgt beantworten:
64Die seinerzeitige Sitzungsvorlage des Kreises C vom 00.00.2014 enthält – wie wahrscheinlich auch die der anderen Kommunen – die Aussagen, dass mit der Zuwendung eine Gegenleistungsverpflichtung zur Annahme von Fundtieren und fortgenommenen Tieren verbunden werden soll und dass gegenüber Dritten durch den Zuschuss verminderte Kosten zu tragen sind.
65Bei der Beurteilung dieser Aussagen muss man aber den frühen Zeitpunkt der politischen Beschlussfassung berücksichtigen. Die Beschlussfassung erfolgte bereits Ende 2014. Zu diesem Zeitpunkt stand lediglich fest, dass das seinerzeitige Tierheim in B Ende 2015 aufgegeben werden sollte und ein Ersatz notwendig werden würde, damit die Kommunen auch weiterhin ihrer Verpflichtung zur Unterbringung von Tieren nachkommen können. Weiterhin stand das Ansinnen einer Tierpflegerin im Raum, im Nordkreis ein neues Tierheim zu errichten und zu betreiben. Unterlegt war dieses Angebot mit einer groben Schätzung der Errichtungs- und Betriebskosten.
66Auf dieser Basis wurden die Sitzungsvorlagen und die Beschlussfassung für die politischen Gremien entwickelt und vorgelegt, um zunächst grundsätzlich deren Bereitschaft zur Förderung eines neuen Tierheims zu klären. Zu diesem Zeitpunkt waren aber weder rechtliche Details zur Umsetzung noch zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen erarbeitet. Von daher konnte in den Sitzungsvorlagen nur in vorläufiger und zum Teil plakativer Form der Sachverhalt dargestellt werden. Spezielle steuerrechtliche, völkerrechtliche oder vertragsrechtliche Details konnten erst in der Folge erarbeitet und abgestimmt werden. Daher haben die politischen Gremien grundsätzlich eine Beteiligung am Investitionszuschuss von insgesamt 500 T-EUR zugestimmt, es aber der Verwaltung überlassen die notwendigen Verträge mit den beteiligten Kommunen und der künftigen Betreiberin inhaltlich auszuarbeiten abzuschließen.
67In der Folge wurde dann in zwei voneinander unabhängigen Verfahren der Beschluss des Kreistages hinsichtlich der Verträge umgesetzt. Zunächst wurde im Rahmen eines Zuwendungswertes die Errichtung eines Tierheims, das zum Zwecke der Unterbringung von Tieren, Fundieren und fortgenommenen Tieren betrieben werden muss, im Nordkreis (B) realisiert. Ausgangspunkt hierfür war der im Herbst 2015 gestellte Förderantrag der künftigen Betreiberin, der im Dezember 2015 durch einen positiven Zuwendungsbescheid bewilligt wurde. Im Zuwendungsbescheid sind der Zuwendungszweck und die Zweckbindungsdauer explizit festgelegt. Er enthält aber keine Regelung bezüglich der konkreten Aufnahme und Versorgung von Tieren, Fundtieren oder fortgenommenen Tieren der Zuwendungsgeber. Dies war auch aus rechtlichen Gründen nicht zulässig. Denn beim Zuwendungsbescheid handelt es sich um einen einseitigen Rechtsakt, der den Zuwendungsempfänger zu einem bestimmten Handeln verpflichtet. Vor diesem Hintergrund wurde die Zuwendung auch mit entsprechenden Nebenbestimmungen versehen (ANBest-P). Der Zuwendungsempfänger kann sich nur durch Nichtannahme des Zuwendungsbescheides oder anschließend durch Rückzahlung der Zuwendung von den mit der Zuwendung verbundenen Verpflichtungen befreien. Zur Absicherung eines Zugriffsrechtes auf die Infrastruktur „Tierheim“ – nicht auf den Betrieb! – haben sich die Zuwendungsgeber umfassende Sicherungen auch grundbuchrechtlicher Natur einräumen lassen. Die Errichtung eines Tierheims liegt im allgemeinen öffentlichen Interesse der Kommunen, ist aber im Gegensatz zur Unterbringung und Versorgung von Tieren keine Pflichtaufgabe der Kommunen. Die ortsnahe Bereitstellung eines Tierheims ist aber eine Erleichterung der Erfüllung der kommunalen Pflichtaufgabe.
68Nach der Errichtung der bau- und tierschutzrechtlichen Abnahme haben – unabhängig vom Zuwendungsbescheid – auch die kommunalen Zuwendungsgeber jeweils im Laufe des Jahres 2017 einzelne Rahmenvereinbarungen zur konkreten Unterbringung und Versorgung von Fundtieren oder fortgenommenen Tieren mit der Tierheimbetreiberin getroffen. Die Rahmenvereinbarung dient dazu, die Betreiberin mit der kommunalen Pflichtaufgabe (Unterbringung und Versorgung von Fundtieren und fortgenommenen Tieren) zu betrauen. In diesen zweiseitigen Vereinbarungen sind die Pflichten der Tierheimbetreiberin zur Annahme und Versorgung von Tieren, die Laufzeiten und Verlängerungsoptionen und die Kostenerstattung an die Tierheimbetreiber für die Erfüllung ihrer Pflichten festgelegt. Grundlage zur Ermittlung der Kostenerstattung bildete eine Plankostenrechnung der Tierheimbetreiber, die nach der Fertigstellung des Tierheims aufgestellt wurde. In der Plankostenrechnung findet sich entsprechend den handels- und steuerrechtlichen Vorgaben auch die Zuwendung wieder. Die Kostenerstattung wird jährlich auf der Basis von Betriebskostenabrechnungen überprüft und gegebenenfalls angepasst. Gleichzeitig können die Vertragspartner jährlich längstens für den Zeitraum von 25 Jahren die Fortsetzung der Vereinbarung verlangen.
69Da die Tierheimbetreiberin in der Rahmenvereinbarung verpflichtet wird, Fundtiere oder fortgenommene Tiere des jeweiligen Vertragspartners anzunehmen, gleichzeitig aber kein Anspruch auf die Abgabe der Tiere hat, ist es ihr auch erlaubt, Tiere von Dritten anzunehmen, um einen wirtschaftlichen Betrieb des Tierheims sicherzustellen. In den Rahmenvereinbarungen wurden daher auch keine Vorgaben über die Preisgestaltung gegenüber Dritten, z.B. auch anderen Kommunen, gemacht. Denn in diesem Falle muss sich die Betreiberin am Markt orientieren, um eine wirtschaftlich auskömmlichen Betrieb des Tierheims zu gewährleisten. Insoweit ist auch die seinerzeitige Annahme, dass andere Kommunen, die keine Zuwendung gegeben haben, einen höheren Preis und ein Aufschlag zahlen, nicht haltbar. Die Preisgestaltung verbleibt hier in den Händen der Tierheim Betreiberin, da sie nur so eine hohe Auslastung und damit eine wirtschaftliche Betriebsführung erreichen kann.
70[…]“
71Für den Besteuerungszeitraum 2015 reichte die Klägerin erstmals eine Umsatzsteuererklärung beim Beklagten ohne Ansatz von Umsätzen und unter Abzug von Vorsteuern über 15,70 € ein. Für 2016 erklärte die Klägerin Umsätze über 3.024 € und Vorsteuern i. H. von 135.761,69 €. Den Umsatzsteuererklärungen stimmte der Beklagte jeweils zu. Für 2017 reichte die Klägerin beim Beklagten eine Umsatzsteuererklärung mit Umsätzen zum Regelsteuersatz über 201.275 €, unentgeltlichen Wertabgaben i. H. von 1.200 € und Umsätzen zum ermäßigten Steuersatz i. H. von 584 € unter Abzug von Vorsteuern i. H. von 56.576,17 € ein. Auf ihren Antrag vom 29.3.2016 wurde der Klägerin die Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten gestattet.
72Mit Bescheiden vom 29.1.2019 setzte der Beklagte die Umsatzsteuern für 2015 bis 2017 – entsprechend den Ausführungen der Außenprüfung – auf 2.603,26 € in 2015, auf ./. 73.416,80 € in 2016 und auf ./. 2.627,71 € in 2017 fest. Dagegen legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 18.2.2019 Einsprüche ein. Im Einspruchsverfahren erließ der Beklagte am 29.5.2019 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2017 über./. 2.399,71 € unter Berücksichtigung einer (unstreitigen und erklärungsgemäßen) unentgeltlichen Wertabgabe in Höhe von 1.200 €. Den Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 11.6.2019 als unbegründet zurück. Ergänzend zum Bericht über die Außenprüfung führte der Beklagte aus, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Zahlungen der zuschussgegebenen Kommunen und den Leistungen der Klägerin bestanden habe. Dies ergebe sich u.a. aus den Anträgen der Klägerin und den darauffolgenden Zuwendungsbescheiden als auch aus dem Inhalt der Beschlüsse der einzelnen Entscheidungsgremien der Kommunen bzw. des Kreises. Der Inhalt der einzelnen Sitzungsvorlagen sehe ausdrücklich vor, dass der Investitionskostenzuschuss über einen Zuwendungsbescheid mit einer Gegenleistungsverpflichtung der Klägerin zur Annahme von über 25 Jahre zu verbinden sei und die Verwaltung jeweils beauftragt werde, entsprechende Verträge mit der Klägerin abzuschließen. Der Zuschuss werde gerade für diese Leistung der Klägerin gezahlt.
73Dagegen hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass die Voraussetzungen eines steuerbaren Umsatzes nicht vorliegen würden. Die Anforderungen an den erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung lägen nicht vor. Der Kreistagsbeschluss erzeuge keinerlei Bindungswirkung für die Klägerin. Zudem würden auch die Antragsausführungen der Klägerin vom 00.00.2015 zu keiner bindenden Gegenleistungsverpflichtung dergestalt führen, dass die von den zuschussgebenden Kommunen angelieferten Tieren anzunehmen oder gar verbilligt unterzubringen seien. Der Antragsbezug im Zuwendungsbescheid beziehe sich lediglich darauf, dass ein Investitionsvorhaben über 847.000 € mit 500.000 € gefördert werde und der Kreisanteil 15 % nicht übersteigen solle. Der Antragsbezug bedeute nicht, dass sich die Klägerin verpflichtet habe, von den Zuschussgebern Tiere aufzunehmen.
74Wenn eine derartige Verpflichtung mit den Zuwendungsbescheiden hätte vereinbart werden sollen, hätte die Verpflichtung im Hauptteil des Zuwendungsbescheids aufgeführt werden müssen. Dann hätte es sich jedoch um einen vergabepflichtigen Beschaffungsvorgang gehandelt, der hätte ausgeschrieben werden müssen. Um eine solche vergaberechtspflichtige Auftragsvergabe mit synallagmatischen Verpflichtungen handele es sich jedoch nicht, sondern um eine rein finanzielle Förderung eines öffentlich gewollten Zwecks.
75Wäre die Gegenleistungsverpflichtung durch die Zuwendungsbescheide manifestiert worden, hätte es der späteren Abschlüsse der Rahmenvereinbarungen gar nicht bedurft. Die im Kreistagsbeschluss vom 00.00.2014 beabsichtigte Verknüpfung der Zuschüsse mit einer Gegenleistung sei offensichtlich nicht umgesetzt worden. Ob die Zuwendungen mit einer Gegenleistungsverpflichtung verknüpft seien, sei ausschließlich nach dem Wortlaut des Zuwendungszweckes in den Zuwendungsbescheiden zu beurteilen und nicht nach später abgeschlossenen Rahmenvereinbarungen. Bei den Zuwendungsbescheiden handele es sich um einseitig begünstigende Rechtsakte, die lediglich die Verpflichtung enthalten würden, ein Tierheim in B neu zu bauen.
76Die Zuwendungen seien unter Beifügung der „Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung“ (ANBest-P) und den „baufachlichen Nebenbestimmungen“ (NBest-Bau) erlassen worden. Gemäß Abschn.10.2 Abs. 8 des Umsatzsteuer Anwendungserlasses (UStAE) liege in der Regel ein echter Zuschuss vor, da in allgemeinen Nebenbestimmungen normierte Auflagen für die Annahme eines Leistungsaustauschs nicht ausreichen würden. Diese hätten lediglich den Sinn, den Zuwendungsgeber über den von ihm erstrebten Nutzen des Projekts zu unterrichten und die sachgerechte Verwendung der eingesetzten Fördermittel sicherzustellen.
77Der Grund der Zahlung sei die im überwiegend öffentlichen Interesse liegende Förderung der Errichtung eines Tierheims zur tierschutzgerechten Unterbringung von Tieren und nicht der Erwerb eines verbrauchsfähigen Vorteils durch den Zuwendungsgeber. Die teilweise 18 Monate nach Bekanntgabe der Zuwendungsbescheide abgeschlossenen Rahmenvereinbarungen würden nicht nachträglich in den Regelungsgehalt der Zuwendungsbescheide eingreifen. Die nachträglich abgeschlossenen Vereinbarungen würden keine Rückwirkung in Bezug auf die Zuwendungsbescheide entfalten. Zudem seien die Rahmenvereinbarungen erst abgeschlossen worden, als der Zuwendungszweck, die Errichtung eines neuen Tierheims, bereits unwiderruflich erfüllt gewesen sei. Mit den Zuwendungsbescheiden sei die Errichtung eines Tierheims im Nordkreis als Projektförderung zur Verbesserung der Infrastruktur mit echten nicht der Umsatzsteuer unterliegenden Zuschüssen bedacht worden. Sie, die Klägerin, habe sich bei der Vergabe der einzelnen Gewerke den einzelnen Nebenbestimmungen unterwerfen müssen, wie sie für öffentliche Auftraggeber einzuhalten seien.
78Der Beklagte trenne zudem nicht zwischen der Bezuschussung der Errichtung des Tierheims (Projektförderung) und den später abgeschlossenen Rahmenvereinbarungen zur tierschutzgerechten Unterbringung und der Versorgung von Fundtieren (Betreibungsverpflichtung).
79Die Klägerin sei keinesfalls verpflichtet, für Fundtiere von nicht beteiligten Kommunen höhere Vergütungssätze zu vereinnahmen, auch wenn dies im Einzelfall so gewesen sei. Betriebswirtschaftlich werde die Klägerin die Tiere nichtbeteiligter Kommunen eher günstiger annehmen, um eine bessere Auslastung mit Degression der Fixkosten zu erreichen.
80Den Kommunen sei bekannt gewesen, dass ein Tierheim, das sich ausschließlich mit Fundtieren befasse, wirtschaftlich nicht tragfähig sei. Ebenso sei privaten Finanzierungspartnern bekannt, dass eine kreditfinanzierte Projektrealisierung nicht möglich sei, da mangels Zweitnutzungsmöglichkeit ein Tierheim selbst im Rahmen üblicher Beleihungsabschläge nicht finanziert werden könne. Folgerichtig seien Investitionszuschüsse bewilligt worden, um die Errichtung eines Tierheims als Infrastrukturmaßnahme in privater Trägerschaft möglich zu machen. Es handele sich um echte nicht steuerbare Zuschüsse, da aus strukturpolitischen Gründen ein Tierheim vorgehalten werden sollte. Die Zuschüsse seien zur Förderung der Klägerin als Unternehmerin gewährt worden, damit diese Eigentümerin eines Tierheims werden könne. Der Umstand, dass die Zuschüsse aus haushaltsrechtlichen Gründen an die Erfüllung einer Auflage, also der zweckentsprechenden Verwendung, geknüpft worden seien, führe allein nicht zu einem Leistungsaustausch.
81Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
82unter Änderung der Umsatzsteuerbescheide für 2015 und 2016 vom 29.1.2019, des Umsatzsteuerbescheides für 2017 vom 29.5.2019 und der Einspruchsentscheidung vom 11.6.2019 die Umsatzsteuer für 2015 um 2.618,79 €, für 2016 um 61.770,37 € und für 2017 um 15.442,52 € niedriger festzusetzen.
83Der Beklagte beantragt,
84die Klage abzuweisen.
85Zur Begründung verweist er auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
86In einem in der Rechtsbehelfsakte des Beklagten enthaltenen Artikel der … Zeitung vom 6.7.2019 wird ausgeführt, dass der Kreis C aufgrund der Steuernachforderung des Beklagten beschlossen habe, der Klägerin die Steuernachforderung von 95.000 € zu erstatten. Hierzu habe sich der Kreisausschuss einstimmig ausgesprochen.
87Am 15.6.2022 hat ein Erörterungstermin vor dem Berichterstatter stattgefunden. Auf das darüber gefertigte Protokoll wird verwiesen.
88Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens und die vom Beklagten übersandten Verwaltungsvorgänge verwiesen.
89Entscheidungsgründe
90I. Die Klage ist unbegründet.
91Die Umsatzsteuerbescheide für 2015 und 2016 vom 29.1.2019, der Umsatzsteuerbescheid für 2017 vom 29.5.2019 und die Einspruchsentscheidung vom 11.6.2019 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –). Zu Recht hat der Beklagte die Zuschüsse der Kommunen und des Landkreises C im Zusammenhang mit der Errichtung des Tierheims als im Rahmen eines zum Regelsteuersatz zu versteuernden Umsatzes steuerbares und steuerpflichtiges Entgelt behandelt.
921. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in der im Streitzeitraum geltenden Fassung unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Für das Vorliegen einer Leistung gegen Entgelt sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH), der sich der erkennende Senat anschließt, im Wesentlichen folgende Grundsätze zu berücksichtigen:
93a) Zwischen der Leistung und einem erhaltenen Gegenwert muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen (vgl. EuGH-Urteil vom 21.3.2002 C-174/00, Kennemer Golf & Country Club, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung – HFR – 2002, 560, Rn. 39; BFH-Urteil vom 8.11.2007 V R 20/05, BFHE 219, 403, BStBl II 2009, 483). Der unmittelbare Zusammenhang muss sich aus einem zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnis ergeben, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die Leistung bildet. Hierbei muss der Leistungsempfänger identifizierbar sein und einen Vorteil erhalten, der einen Kostenfaktor in seiner Tätigkeit bilden könnte und damit zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt.
94b) Deshalb kann es an einem Leistungsaustausch bei Zahlungen aus öffentlichen Kassen fehlen, wenn die Zahlung lediglich der Förderung der Tätigkeit des Empfängers allgemein – aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen – dient und nicht der Gegenwert für eine Leistung des Zahlungsempfängers an den Geldgeber ist. Der Zuschuss wird in diesen Fällen zur Förderung des leistenden Unternehmers und nicht im überwiegenden Interesse des Leistungsempfängers gezahlt. Auch der Umstand, dass die Zuschüsse aus haushaltsrechtlichen Gründen an die Erfüllung der Auflage einer zweckentsprechenden Verwendung oder an eine Erfolgskontrolle geknüpft werden (Zweckbestimmung), führt allein nicht zu einem Leistungsaustausch. Anders ist es jedoch, wenn die Zahlungen zur Ausführung bestimmter Umsätze geleistet werden (vgl. BFH-Urteil vom 27.11.2008 V R 8/07, BFHE 223, 520, BStBl II 2009, 397 m. w. N.). Allein der Umstand, dass eine Leistung im öffentlichen oder allgemeinen Interesse liegt, steht der Steuerbarkeit nicht schon entgegen; entscheidend ist vielmehr, ob ein individueller Leistungsempfänger vorhanden ist, der aus der Leistung einen Vorteil zieht, der Gegenstand eines Leistungsaustauschs sein kann. Soll der Zahlungsempfänger mit dem Zuschuss nur unterstützt werden, damit er seine Tätigkeit ausüben kann, fehlt es an der erforderlichen Verknüpfung von Leistung und Zuschusszahlung zu einem steuerbaren Umsatz. Dabei bestimmt sich in erster Linie nach dem der Leistung zugrundeliegenden Rechtsverhältnis, ob die Leistung des Unternehmers derart mit der Zahlung („Zuschuss“) verknüpft ist, dass sie sich auf die Erlangung einer Gegenleistung (Zahlung) richtet.
95c) Bei Anwendung der dargelegten Rechtsgrundsätze unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände dieses Einzelfalls ist der erkennende Senat davon überzeugt, dass ein Leistungsaustausch i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG zwischen den Zuwendungsgebern und der Klägerin anzunehmen ist.
96In der Sitzungsvorlage des Kreises C heißt es exemplarisch (stellvertretend auch für die Sitzungsvorlagen der anderen Kommunen): „[…] Der Investitionskostenzuschuss wird über einen Zuwendungsbescheid mit einer Gegenleistungsverpflichtung zur Annahme von Fundtieren der beteiligten Kommunen und fortgenommenen Tieren des Kreises C über 25 Jahre verbunden. Bei Verletzungen von Zweckbindungspflichten aus dem Zuwendungsbescheid wird der Zuschuss ganz oder teilweise zurückgefordert. […] Die Verteilung des Investitionskostenzuschusses auf die beteiligten Kommunen erfolgt auf Basis der zu erwartenden Fundtierzahlen (ca. 670 Tier pro Jahr), die aus den Erfahrungswerten der Jahre 2011 bis 2013 entwickelt wurden. […] Die Beteiligten Kommunen müssen dann nur verminderte laufende Unterbringungskosten je Tier zahlen. Kalkuliert sind derzeit 140 EUR (zzgl. MwSt) je Hund und 125 EUR (zzgl. MwSt) je Katze. Andere Kommunen, die sich nicht an dem Investitionskostenzuschuss beteiligen, zahlen je Unterbringung einen Aufschlag.“
97In den jeweiligen Anträgen auf Gewährung einer Zuwendung heißt es zudem: „[…] Durch die Förderung steht den beteiligten Kommunen das Recht zu, ihre Fundtiere und fortgenommenen Tiere unterzubringen. Durch die Förderung werden die laufenden Unterbringungskosten gemindert. Zur Unterbringung der Tiere wird die Antragstellerin mit dem Zuschussgeber eine Unterbringungsvereinbarung abschließen. Würde die Antragstellerin die Gebäude ohne Zuwendung errichten, würden den beteiligten Kommunen höhere Kosten entstehen. Des Weiteren hätte sie nicht das Recht, ihre Fundtiere vorrangig vor Dritten unterzubringen. Für die Kommunen ist es wichtig, dass sie problemlos über einen längeren Zeitraum ihre Fundtiere gesichert unterbringen können und dies zu günstigen Kosten. […]“
98Im (auch für die anderen Kommunen exemplarischen) Zuwendungsbescheid des Kreises C ist aufgeführt: „Zuwendungszweck ist die Errichtung von Gebäuden auf dem Grundstück Gemarkung X, Flur 00, Flurstück 00 zur tierschutzgerechten Versorgung und Unterbringung von Tieren, Fundtieren und fortgenommenen oder eingezogenen Tieren (Tierheim in B) gemäß o.a. Antrag“ (Hervorhebung durch den Senat).
99Unter Berücksichtigung des Vorstehenden ist der Senat der Überzeugung, dass die Klägerin sich durch Beantragung und Erteilung der Zuwendung im Rahmen eines Rechtsverhältnisses, nämlich einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis (Zuwendungsverhältnis), gegenüber den Zuwendungsgebern als identifizierbaren, konkret bestimmbaren Leistungsempfängern verpflichtet hat, die folgenden verbrauchbaren Vorteile zu leisten: Die zuwendenden Kommunen erhalten durch die Zuwendung das Recht, für einen Zeitraum von 25 Jahren Fundtiere und fortgenommene Tiere bei der Klägerin abzugeben und dies vorrangig vor anderen Kommunen, die den Zuschuss nicht gewähren. Zudem werden die Kosten der Fundtierabgabe reduziert. Ersteren Vorteil haben die Klägerin und die Zuwendungsgeber in den jeweiligen „Rahmenvereinbarungen zur tierschutzgerechten Unterbringung und Versorgung von Fundtieren“ umgesetzt (§ 1 Nr. 3: „Die Betreiberin stellt sicher, dass die Fundbehörde zu jeder Tages- und Nachtzeit Tiere unterbringen kann und dass die Tiere dort versorgt werden“ und § 4 Nr. 2: „Die Fundbehörde kann die Fortsetzung der Vereinbarung über das Laufzeitende hinaus verlangen. […] Es kann längstens für den Zeitraum der Zweckbindung (25 Jahre) aus dem Zuwendungsbescheid vom 17.11.2015 (Anlage 2) ausgeübt werden.“ Der zweite Vorteil, die günstigere laufende Fundtierabgabe, manifestiert sich exemplarisch in den unterschiedlichen Rechnungen gegenüber der Stadt P (kein Zuschussgeber), die einen Tagessatz von 16 € für eine Katze zu zahlen hat, während der Stadt K (Zuwendungsgeber) lediglich 12,50 € berechnet werden. Die Zuschüsse an die Klägerin sind daher nicht unabhängig von der Gewährung dieser beiden konkreten Vorteile geflossen, damit eine Förderung der Tätigkeit des Zahlungsempfängers aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen in Betracht käme. Die Kommunen haben diese Zahlungen – wie die Beschlussvorlagen in den politischen Entscheidungsgremien unmissverständlich belegen – final, also in der Absicht entrichtet, diese beiden Vorteil zu erhalten. Selbst wenn es durch den Zuwendungsbescheid an einem durchsetzbaren Anspruch der Kommunen auf die beiden vorstehenden Vorteile mangeln sollte (vgl. hierzu auch Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 15.9.2016 4 K 50236/13, Rn. 36, DStR-Entscheidungsdienst – DStRE – 2017, 679) – wovon der Senat angesichts des insoweit eindeutigen Antrags auf Erhalt des Zuschusses nicht ausgeht – genügt für die Annahme des Leistungsaustauschs bereits die beiderseitige Finalität (Absicht), diese Vorteile einzuräumen bzw. zu erhalten. Die Absicht, diese Vorteile einzuräumen bzw. zu erhalten, haben die Klägerin und die beteiligten Kommunen bzw. der Kreis C nicht nur im Vorhinein ausdrücklich geäußert, sondern nach Zuschussgewährung auch ohne Einschränkung umgesetzt.
1002. Die Zuschüsse für die steuerbaren und steuerpflichtigen Leistungen der Klägerin unterliegen gemäß § 12 Abs. 1 UStG dem Regelsteuersatz. Der Beklagte hat die Umsatzsteuer zutreffend aus dem Brutto-Zuschuss i. H. von 16.403 € im Jahr 2015 i. H. von 386.877,60 € im Jahr 2016 und i. H. von 96.719,40 € in 2017 (d. h. insgesamt 500.000 €) herausgerechnet und die Umsatzsteuer 2015 i. H. von 2.618,79 €, für 2016 i. H. von 61.770,37 € und für 2017 i. H. von 15.442,52 € korrigiert. Die Aufteilung des Zuschusses in einen steuerbaren und nichtsteuerbaren Anteil kommt nicht in Betracht. Abgesehen davon, dass eine derartige „wirtschaftliche Betrachtungsweise“ dem Umsatzsteuerrecht fremd ist und zwischen der erhaltenen Leistung und dem (gesamten) Entgelt ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, würde es an jeglichem Quantifizierungsmaßstab mangeln, der Grundlage einer Aufteilung sein könnte. Soweit der Kreis C der Klägerin nach Ende des Streitzeitraums die Umsatzsteuer auf den Zuschuss zusätzlich gezahlt hat, geht der Senat nicht davon aus, dass diese Beträge – angesichts der in den Zuwendungsbescheiden ausgewiesenen fixen Summen – die Bemessungsgrundlage der Besteuerungszeiträume 2015 bis 2017 erhöhen. Nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits ist es, ob es zu Korrekturen der Umsatzsteuer im Zeitpunkt der weiteren Zahlung nach § 17 UStG kommt.
1013. Weitere Änderungen der Umsatzsteuerfestzungen aufgrund der Feststellungen der Außenprüfung stehen zwischen den Beteiligten – entsprechend ihrer ausdrücklichen Äußerungen im Erörterungstermin vom 15.6.2022 – nicht im Streit
102II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
103III. Die Revision war nicht zuzulassen, da keine Zulassungsgründe im Sinne des § 115 Abs. 2 FGO vorliegen.