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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
2Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob Zahlungen des Kreises X an die Klägerin für die Beseitigung von Tierkörpern in den Jahren 2011 bis 2014 umsatzsteuerbar sind.
3Die Klägerin verarbeitet tierische Nebenprodukte zu … und war in den Streitjahren u.a. auf dem Gebiet der Tierkörperbeseitigung tätig. Neben der – nicht streitgegenständlichen – Beseitigung tierischer Nebenprodukte in […] ist die Klägerin auch im Gebiet des niedersächsischen Kreises C beseitigungspflichtig. Aufgrund der Bescheide der Bezirksregierung Y vom 00.00.2003 bzw. des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit vom 00.00.2007, vom 00.00.2008 und vom 00.00.2013 ist der Klägerin im Kreis C u.a. für den Streitzeitraum die Tierkörperbeseitigungspflicht übertragen worden. In dem exemplarisch vorgelegten Bescheid des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit vom 00.00.2008, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, heißt es:
4Beseitigung tierischer Nebenprodukte
5Antrag auf Übertragung der Beseitigungspflicht gemäß § 3 Abs. 2 Tierische Nebenprodukte Beseitigungsgesetz (TierNebG) vom 25.01.2004, BGBI. I S. 82 in der derzeit geltenden Fassung bzw. auf Verlängerung der Übertragung der Beseitigungspflicht.
6Sehr geehrte Damen und Herren,
71. Hiermit übertrage ich der Firma K T GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer S T , mit Wirkung vom 00.00.2008 gemäß § 3 Abs. 2 TierNebG, die dem Kreis C obliegende Pflicht zur Abholung, Sammlung, Beförderung, Lagerung, Behandlung, Verarbeitung und Beseitigung von tierischen Nebenprodukten der Kategorien 1 und 2 im Sinne der Artikel 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 1774 / 2002 in der Beseitigungseinrichtung K T GmbH, … (Übertragung der Beseitigungspflicht).
82. Die Übertragung der Beseitigungspflicht erfolgt unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs. Danach kann die Übertragung der Beseitigungspflicht entschädigungslos widerrufen werden, wenn Sie die Abholung, Sammlung, Beförderung, Lagerung, Behandlung, Verarbeitung und Beseitigung von tierischen Nebenprodukten der Kategorien 1 und 2 im Sinne der Artikel 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 1774 / 2002 nicht entsprechend den gesetzlichen Regelungen vornehmenoder die Voraussetzungen für die Übertragung der Beseitigungspflicht nach § 3 Abs. 2 TierNebG nicht mehr gegeben sind oder arbeitsschutz- oder immissionsschutzrechtliche Bestimmungen verletzt werden oder wenn Anforderungen an die Beseitigung tierischer Nebenprodukte oder die Zulässigkeit einer Übertragung der Beseitigungspflicht durch nationale oder europarechtliche Bestimmungen geändert oder aufgehoben werden.
93. Die Übertragung der Beseitigungspflicht (Ziffer 1) wird befristet erteilt und endet mit Ablauf des 00.00.2013. Sie erlischt ferner mit der Einstellung der Beseitigung durch die Firma K T GmbH sowie bei Änderung der Inhaberschaft an der Tierkörperbeseitigungsanlage … .
104. Die Kosten des Verfahrens hat die Firma K T GmbH zu tragen.
11Zur Sicherstellung der Erfüllung und zukünftigen Einhaltung gesetzlicher Vorschriften ordne ich gemäß § 36 Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.01.2003 (BGBI. I S. 102), zuletzt geändert durch Artikel 4 Abs. 8 des Gesetzes vom 05.05.2004 (BGBI. I S. 718) in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz (NVwVfG) vom 03.12.1976 (Nds. GVBI. S. 311) zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 16. Dezember 2004 (Nds. GVBI. S. 634) folgende Nebenbestimmungen an:
121. Sie sind verpflichtet, Ihren Betrieb entsprechend den Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1774 I 2002, des TierNebG und den jeweils geltenden besonderen Bestimmungen, insbesondere des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum TierNebG und zum Tierseuchengesetz (AG TierSG) vom 01.08.1994 (Nds. GVBl. S. 411) zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes zur Änderung des AG TierNebG und des AG TierSG vom 10.11.2005 (GVBI. S. 334) einzurichten, die Einrichtung ständig in einem den genannten Anforderungen entsprechenden Zustand zu halten und den Betrieb jederzeit in Übereinstimmung mit den genannten Vorschriften zu führen.
132. Sie sind verpflichtet, die vollständige und unverzügliche Beseitigung des Materials im Einzugsbereich Ihres Betriebes gemäß § 1 Nr. 7 der Verordnung Ober die Einzugsbereiche der Tierkörperbeseitigungsanstalten (TBAEinzbV0) in der Fassung vom 17.05.2005 (GVBI. S. 168) auch und gerade bei tierseuchenrelevanten Vorkommnissen (z.B. Seuchenzüge) rechtskonform sicherzustellen. Aus diesem Grund sind Kapazitätsreserven entsprechend den Erlassen des ML, zuletzt vom 19.09.2001, vorzuhalten. Die Erlasse des ML sind Bestandteil dieses Bescheides. Gleiches gilt für die im Tierseuchenrecht hinsichtlich der Beseitigung tierischer Nebenprodukte bisher ergangenen und zukünftig noch ergehenden Erlasse.
143. Eine etwaige Veränderung in der Geschäftsführung der Firma K T GmbH bzw. deren dahinterstehender natürlicher Personen oder der Werksleitung in der Beseitigungseinrichtung ist mir innerhalb von 14 Tagen unter Mitteilung der fachlichen Qualifikation der ggf. neuen Mitarbeiter anzuzeigen. Die Zuverlässigkeit dieser Personen ist mir zukünftig bis spätestens zwei Monate nach vollzogener Eintragung in das Handelsregister (Geschäftsführer) oder nach Vereinbarung des Arbeitsvertrages (Werksleiter) durch Vorlage eines amtlichen Führungszeugnisses nachzuweisen. Als verantwortliche Person für die Beseitigungseinrichtung haben Sie Herrn I T benannt. Dieser gilt solange als verantwortliche Person in diesem Sinne, wie er tatsächlich in der Lage ist, täglich die Betriebsleitung vor Ort wahrzunehmen.
154. Sie sind verpflichtet, werktäglich von Montag bis Freitag jeweils in der Zeit von 8 bis 16.00 Uhr, angelieferte tierische Nebenprodukte entgegenzunehmen. Außerhalb dieser Zeiten ist ein Notdienst zur Annahme angelieferter tierischer Nebenprodukte einzurichten.
165. Zur geregelten Entgegennahme der fernmündlichen Meldungen über abholende tierische Nebenprodukte haben Sie Fernsprechanschlüsse zu unterhalten und dafür zu sorgen, dass innerhalb der unter Ziffer 4 genannten Zeiten entsprechende Anzeigen entgegengenommen werden.
176. Im Rahmen der Übertragung der Beseitigungspflicht ist der zuständigen Behörde in Nordrhein-Westfalen bzw. meiner Behörde und ggf. im Auftrage meiner Behörde tätig werdenden Vertretern jederzeit Einsicht in betriebswirtschaftliche Unterlagen, insbesondere in die Bilanzen, die Gewinn- und Verlustrechnungen und sonstige Geschäftsbücher, zu gewähren. Damit verbunden ist das Recht, sich diese Unterlagen vorlegen und prüfen zu lassen (§ 12 TierNebG). Insoweit sind Sie verpflichtet gegenüber der zuständigen Behörde in Nordrhein-Westfalen Ihr Einverständnis zur Übermittlung von Prüfungsergebnissen, die für die Übertragung der Beseitigungspflicht erheblich sind, an meine Behörde in Bezug auf Ihre Beseitigungseinrichtung zu erklären.
187. Bei der Abrechnung mit der Niedersächsischen Tierseuchenkasse [sic!] ist sicherzustellen, dass nur abrechnungsfähiges Material i.S.d. § 3 AG TierNebG und auch nur aus den niedersächsischen Einzugsbereichen, berücksichtigt wird. Die für die Abrechnung erforderlichen Unterlagen sind auf Verlangen vorzuzeigen.
198. Von der Beseitigungspflicht sind tierische Nebenprodukte ausgenommen, für die die zuständige Behörde eine entsprechende Ausnahmegenehmigung nach § 4 TierNebG erteilt hat.
209. Erhalten Sie oder Ihre Mitarbeiter Kenntnis über den Ausbruch einer Tierseuche oder tierseuchenverdächtiger Erscheinungen oder über einen ungewöhnlich hohen Anfall toter Tierkörper aus einem Tierbestand, ist der zuständigen kommunalen Veterinärbehörde und meiner Behörde hierüber unverzüglich Anzeige zu erstatten.
2110. Amtstierärzte und andere beauftragte Tierärzte i.S.d. § 2 Abs. 2 TierSG sind berechtigt, anfallende notwendige Sektionen in Ihrem Betrieb durchzuführen. Sie haben hierfür Sorge zu tragen, dass die Sektionen während der regelmäßigen Arbeitszeit Ihres Unternehmens und unter geeigneten Arbeitsbedingungen erfolgen. Dies gilt auch für sonstiges amtliches Personal in Bezug auf die Entnahme von Proben.
2211. Sie sind verpflichtet Ihr Unternehmen entsprechend den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung zu betreiben. Hierzu gehört eine ordnungsgemäße Buchführung und Bilanzierung entsprechend den Vorschriften des Handels- und Steuerrechts.
2312. Sie sind verpflichtet der Aufzeichnungspflicht gemäß den Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 1774 / 2002 (Anhang II, Kapitel IV und V) nachzukommen. Die Unterlagen sind für die Dauer von mindestens zwei Jahren aufzubewahren.
2413. Sie sind verpflichtet eine betriebliche Eigenkontrolle gemäß den Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 1774 / 2002 (Art. 25) sicherzustellen und die Kontrollergebnisse mindestens zwei Jahre aufzubewahren.
2514. Die Übertragung der Beseitigungspflicht erfolgt ferner unter dem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung von Auflagen i.S.d. § 36 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG.
26Begründung:
27I.
28Mit Bescheid der Bezirksregierung Y vom 00.00.2003, Az. 000000 ist Ihnen für den Kreis C die Beseitigungspflicht von Tierkörpern, Tierkörperteilen und Erzeugnissen gemäß des vormals geltenden § 4 Abs. 2 TierKBG befristet bis zum 00.00.2006 übertragen worden.
29Mit Schreiben vom 00.00.2005, eingegangen am 00.00.2005 beantragten Sie die Verlängerung der Übertragung der Beseitigungspflicht gemäß § 3 Abs. 2 TierNebG für den Kreis C mit Wirkung zum 00.00.2007 für weitere zehn Jahre bis zum 00.00.2016.
30Im Rahmen der Prüfung Ihres Antrages wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Übertragung der Beseitigungspflicht zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht vorlagen.
31Bis zur Rückverlagerung der Verarbeitungslinie des Materials der Kategorie 1 und 2 auf Grundlage der Einzugsbereichsverordnung wurde mit Bescheid vom 00.00.2007, sowie mit den Änderungsbescheiden vom 00.00.2007 und 00.00.2007 die Befristung bis zum 00.00.2008 festgelegt. Mit Bescheid des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen vom 00.00.2008 wurde der Betrieb als Verarbeitungsbetrieb gem. Art. 13 der VO (EG) 1774/2002 zugelassen. Nach der Rückverlagerung der Verarbeitungslinie des Materials der Kategorie 1 und 2 an den Standort J auf Grundlage der Einzugsbereichsverordnung und der Zulassung als Verarbeitungsbetrieb liegen nunmehr die Voraussetzungen für die Übertragung vor. Der Kreis C hat mit Schreiben vom 00.00.2008 der Übertragung der Beseitigung zugestimmt.
32a.) Übertragung der Beseitigungspflicht:
33Rechtsgrundlage für die Übertragung der Beseitigungspflicht ist § 3 Abs. 2 Satz 1 TierNebG. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 TierNebG kann die zuständige Behörde nach Anhörung der Beseitigungspflichtigen einer natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts, die einen Verarbeitungsbetrieb, eine Verbrennungsanlage oder eine Mitverbrennungsanlage betreibt, für das in § 3 Absatz 1 Satz 1 TierNebG bezeichnete Material die Pflicht zur Abholung, Sammlung, Beförderung, Lagerung, Behandlung, Verarbeitung oder Beseitigung von tierischen Nebenprodukten übertragen, soweit keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegenstehen, der Verarbeitungsbetrieb, die Verbrennungsanlage oder die Mitverbrennungsanlage die in Artikel 12 bis 14 der Verordnung (EG) Nr. 1774 / 2002 genannten Bedingungen für die jeweilige Verarbeitung erfüllt und gewährleistet ist, dass die übrigen Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1774 / 2002 dieses Gesetzes sowie aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften beachtet werden.
34Das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ist gemäß § 2 Nr. 2 der Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Tierseuchenrechts und des Rechts zur Beseitigung tierischer Nebenprodukte (ZustVO-Tier) vom 26.11.2004, GVBI. S. 503 für die Übertragung der Beseitigungspflicht nach § 3 Abs. 2 TierNebG zuständig, da Sie die Übertragung der Beseitigungspflicht für den gesamten Einzugsbereich gemäß § 1 Nr. 7 der niedersächsischen Einzugsbereichsverordnung beantragt haben.
35Der originär und bislang beseitigungspflichtige Kreis ist angehört worden, und hat keinerlei Bedenken bezüglich der Übertragung der Beseitigungspflicht auf Ihr Unternehmen geäußert.
36Die Übertragung der Beseitigungspflicht war gem. § 36 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 NVwVfG mit einer Befristung zu versehen, da es aufgrund der sich fortlaufend verändernden nationalen aber insbesondere auch der europarechtlichen Bestimmungen nicht ausgeschlossen ist, dass die Anforderungen an die Tierkörperbeseitigung oder die Zulässigkeit der Übertragung der Beseitigungspflicht aufgehoben oder geändert werden können. Die Befristung war, entgegen Ihres Antrages, darüber hinaus auch auf fünf Jahre zu begrenzen. Denn durch die fortgesetzte Diskussion hinsichtlich des Erfordernisses der Durchführung eines europarechtskonformen Vergabeverfahrens bei der Vergabe von sog. Dienstleistungskonzessionen, zu denen auch die Übertragung der Beseitigungspflicht zählt, ist nicht auszuschließen, dass sich in absehbarer Zeit ein derartiges Erfordernis ergeben könnte. Von daher ist bereits jetzt der Eindruck zu vermeiden, die zuständige Behörde wolle durch eine möglichst langfristige oder gar unbefristete Übertragung der Beseitigungspflicht, einen bestehenden Zustand verfestigen und sich damit langfristig einem ggf. erforderlich werdenden Vergabeverfahren entziehen. Insofern ist bei der Abwägung Ihres berechtigten Interesses an einer möglichst langfristigen Übertragung und meinem o.g. Interesse eine Befristung von fünf Jahren als angemessen und verhältnismäßig anzusehen, schafft sie doch noch eine adäquate Planungssicherheit für Ihr Unternehmen.
37b.) Nebenbestimmungen
38Die zu diesem Bescheid erlassenen Nebenbestimmungen sind insofern erforderlich, als sie auch in Zukunft in geeigneter Weise sicherstellen sollen, dass die Anforderungen an Ihr Unternehmen, die sich insbesondere aus der Verordnung (EG) 1774 / 2002, dem TierNebG, dem Nds. AG TierNebG und anderer relevanter Vorschriften ergeben dauerhaft erfüllt werden bzw. ich von Verstößen Ihrerseits gegen die vorgenannten Bestimmungen oder dem Entzug der Zulassung erfahre. Vor diesem Hintergrund ist auch der Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung von Auflagen gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 NVwVfG (Nr. 15) erforderlich und im Ergebnis auch angemessen und somit verhältnismäßig.
39c.) Kosten
40[…]
41Rechtsbehelfsbelehrung:
42Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Zustellung schriftlich oder zur Niederschrift Klage beim Verwaltungsgericht […] erhoben werden.
43[…]“
44Im Rahmen einer in 2016 durchgeführten Betriebsprüfung vom Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung N stellten die Prüfer ausweislich des Berichts über die Außenprüfung vom 30.9.2016, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, im Wesentlichen fest, dass der Klägerin für den Kreis C die Beseitigungspflicht von Tierkörpern übertragen worden sei. Die Klägerin habe mit Vertrag vom 00.00.2008 für den Kreis C die Abholung, Sammlung, Beförderung, gewichtsmäßige Erfassung, Lagerung, Behandlung, Verarbeitung und Beseitigung von tierischen Nebenprodukten und von Tierkörpern und von im Betrieb verendetem oder tot geborenem Vieh übernommen. Hierfür habe die Klägerin von dem C für 2011 992.670,05 €, für 2012 1.007.926,95 €, für 2013 1.003.280,92 € und für 2014 1.036.910,70 € jeweils netto erhalten. Bereits mit Urteil vom 2.9.2010 V R 23/09 habe der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Wahrnehmung der Aufgabe der Tierkörperbeseitigung im eigenen Namen für eine öffentlich-rechtliche Körperschaft gegen Erstattung von Aufwendungen umsatzsteuerbar sei. Die Zahlungen für die Tierkörperbeseitigung würden unabhängig davon der Umsatzsteuer unterliegen, ob der Unternehmer lediglich aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Vertrags oder als beliehener Unternehmer tätig sei. Entgegen der Definition in § 3 Abs. 3 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz (Nds. AG TierNebG) würden die Zahlungen nach den tatsächlichen Gegebenheiten keinen Defizitausgleich darstellen. Insbesondere unterscheide sich die Tätigkeit der Klägerin gegenüber dem Kreis C nicht gegenüber deren Tätigkeiten gegenüber den Kreisen AA und BB in Nordrhein-Westfalen. Gegenüber den Kreisen AA und BB würden dieselben Leistungen jedoch zutreffend der Umsatzsteuer unterworfen.
45Nach einer Vereinbarung zwischen dem Kreis C und der Klägerin aus Dezember 2015 bestehe zwischen den vorgenannten Parteien Einigkeit darüber, dass die Klägerin bei einer Steuerpflicht der Zahlungen des Kreises C Anspruch darauf habe, dass Letzterer ihr die Umsatzsteuerbeträge und die darauf entfallenden Zinsen erstatte, sobald diese festgesetzt würden. Daher sei die Umsatzsteuer auf die bislang geleisteten Nettozahlungen in Höhe von 188.607,31 € in 2011, 191.506,12 € in 2012, 190.623,37 € in 2013 und 197.013,03 € in 2014 zu erhöhen.
46Nachdem der Beklagte die Umsatzsteuer für 2011 bis 2014 gegenüber der Klägerin zunächst erklärungsgemäß festgesetzt hatte, änderte er mit Bescheiden vom 9.2.2017 die Umsatzsteuerfestsetzungen für 2011 bis 2014 entsprechend den Feststellungen der Außenprüfung. Die Umsatzsteuer für 2011 setzte der Beklagte um 188.607,30 € auf ./. 316.915,87 €, die Umsatzsteuer 2012 um 191.506,13 € auf ./. 351.283,68 €, die Umsatzsteuer 2013 um 190.623,39 € auf ./. 676.968,08 € und die Umsatzsteuer auf 2014 um 197.013,09 € auf ./. 584.370,92 € herauf. Soweit der Beklagte die Umsatzsteuerfestsetzungen durch Bescheide vom 11.5.2016 für 2013 und 2014 aufgrund einer Lohnsteueraußenprüfung geringfügig erhöhte, stehen diese Änderung zwischen den Beteiligten nicht in Streit. Die gegen die Umsatzsteuerfestsetzungen 2011 bis 2014 eingelegten Einsprüche wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 4.12.2018 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, dass die Übernahme der Tierkörperbeseitigung für den Kreis C eine Leistung der Klägerin darstelle, für die der Kreis C ein Entgelt entrichtet habe.
47Dagegen hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, dass ihr, der Klägerin, die Tierkörperbeseitigungspflicht im Kreis C übertragen worden sei. Wäre die Beseitigungspflicht nicht ihr übertragen worden, hätte sich der Kreis C selbst um die Beseitigung kümmern müssen, da u.a. die Landkreise die Beseitigungspflichtigen gemäß § 1 Satz 1 Nds. AG TierNebG i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 TierNebG seien. In Niedersachsen und in den meisten anderen Bundesländern habe eine strukturelle Veränderung stattgefunden, indem die Beseitigungspflicht auf private Betriebsinhaber übertragen worden sei. In Niedersachsen sei nur noch in einem Einzugsbereich Betriebsinhaber eine Eigengesellschaft eines kommunalen Zweckverbandes.
48Mit einigen Unternehmern sei die Übertragung der Beseitigungspflicht durch vertragliche Regelungen zwischen dem Inhaber eines Verarbeitungsbetriebs und den nicht mehr beseitigungspflichtigen Kommunen des jeweiligen Einzugsbereichs flankiert worden. Ohne einen derartigen Vertrag gebe es im Verhältnis zwischen dem beseitigungspflichtigen Inhaber und den originär beseitigungspflichtigen Kommunen nur Regelungen zur Finanzierung der Aufgabendurchführung nach Iandesrechtlichen Bestimmungen, in Niedersachsen nach dem Nds. AG TierNebG.
49Eine rechtliche Beziehung zwischen dem Besitzer der tierischen Nebenprodukte und den Kommunen gebe es nicht. Die Kommunen seien in Niedersachsen auch nicht in der Lage, Aufsichtsbefugnisse im Verhältnis zum Inhaber des Verarbeitungsbetriebes auszuüben, weil die Übertragung der Beseitigungspflicht durch Beleihung erfolge und den Kommunen in Niedersachsen nicht die Beleihungsbefugnis zustehe.
50Die Übertragung der Beseitigungspflicht auf sie, die Klägerin, beruhe auf deren jeweiligem Antrag bei der zuständigen Behörde, also hier der früheren Bezirksregierung bzw. des zuständigen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Über die Übertragung bzw. deren Verlängerung sei in dem dazu erforderlichen verwaltungsrechtlichen Verfahren auf Grundlage der gesetzlichen Voraussetzungen entschieden worden. Der Kreis C habe lediglich angehört werden müssen, sei aber nicht entscheidungsbefugt gewesen, weil er nicht die zuständige Behörde i. S. des § 3 Abs. 3 TierNebG sei.
51Für die umsatzsteuerliche Beurteilung komme es darauf an, wie die Zahlungen des Kreises C zu qualifizieren seien, die dieser in den Streitjahren an sie, die Klägerin, im Zusammenhang mit der Beseitigung der Falltiere geleistet habe. Grundlage der Zahlungen sei § 3 Nds. AG TierNebG. Für Schlachtabfälle sei geregelt, dass die Schlachtbetriebe grundsätzlich die Gebühren oder privatrechtliche Entgelte an die beseitigungspflichtigen Betriebe zu zahlen hätten. Bei sog. Falltieren sei dies anders. Zu den Falltieren gehöre Vieh, das in einem landwirtschaftlichen Betrieb, auf einem Betriebsgelände oder während des Transports verendet oder nicht für Zwecke des Verzehrs getötet worden sei. Die Landwirte würden als Besitzer der Falltiere nur mittelbar zur Finanzierung der Tierkörperbeseitigung herangezogen werden, nämlich über den beihilferechtlich vorgegebenen 25 %-Anteil, der über die Niedersächsische Tierseuchenkasse eingezogen werde. Eine beseitigungspflichtige Kommune habe bei den Falltieren „die wirtschaftlich notwendigen Kosten für die Beseitigung von Vieh abzüglich des Verwertungserlöses (Verlust)" zu tragen. Wenn sie aufgrund der Übertragung der Beseitigungspflicht auf einen privaten Unternehmer nicht beseitigungspflichtig sei, habe sie diesem den entsprechenden „Verlust" auszugleichen. Auf dieser Grundlage seien die Zahlungen des Kreises C an sie, die Klägerin, als nicht umsatzsteuerbar zu beurteilen, weil es nur diese gesetzliche Grundlage gebe, aber keinen Vertrag. Dies unterscheide den Sachverhalt auch von den Fällen, zu denen bereits finanzgerichtliche Entscheidungen vorliegen würden.
52Allein die Übernahme der Aufgabe könne den Leistungsaustausch nicht begründen. Die Aufgabenübernahme beruhe nämlich nicht auf einer vertraglichen Regelung mit dem Kreis C, sondern auf ihrer autonomen Entscheidung, die Übertragung der Tierkörperbeseitigungspflicht zu beantragen. Hier gebe es kein irgendwie geartetes Austauschverhältnis im Verhältnis zwischen ihr, der Klägerin, und dem Kreis C, sondern nur eine gesetzlich begründete Verpflichtung des Landkreises zum Verlustausgleich. Hiermit erhalte sie lediglich die Kompensation dafür, dass sie aufgrund der landesrechtlichen Regelungen den Landwirten keine Beseitigungskosten für Falltiere berechnen könne.
53Die gesetzliche Verpflichtung der niedersächsischen Kommunen zum Verlustausgleich erkläre sich ausschließlich aus dem öffentlichen Interesse an der Reduzierung des Seuchenrisikos und habe den Zweck, dem Inhaber des Verarbeitungsbetriebes die Beseitigung der Falltiere zu ermöglichen. Eine umsatzsteuerliche Verbrauchereigenschaft der Kommunen folge hieraus nicht. Die gesetzlich bestimmten Zahlungen des Kreises C zum Ausgleich des ihr entstehenden Verlustes aus der Beseitigung der Falltiere sei ein „echter Zuschuss“. Gefördert werde der beseitigungspflichtige Unternehmer, damit dieser überhaupt in der Lage sei, die Falltiere zu beseitigen. Der Verlustausgleich beziehe sich auch nicht auf eine Leistung an den einzelnen Landwirt, sondern solle nur gewährleisten, dass in der entsprechenden Betriebssparte des Inhabers des Verarbeitungsbetriebes kein Verlust entstehe, der es dem Inhaber unmöglich machen würde, die Falltiere zu beseitigen. Das schließe die Annahme eines Entgelts von dritter Seite aus.
54Bei Zahlungen aus öffentlichen Kassen fehle es an dem für die Steuerbarkeit einer Leistung erforderlichen Leistungsaustausch, wenn die Zahlung lediglich der Förderung der Tätigkeit des Zahlungsempfängers allgemein – aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen – diene und deshalb nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit einer Leistung an den Zahlenden stehe. Dies sei auch vorliegend der Fall.
55Zudem werde ein privater Unternehmer, der wie die Klägerin beliehen worden sei, in die öffentliche Verwaltung eingegliedert. Die Tätigkeit stelle sich daher als hoheitliche Tätigkeit dar, die keine Umsatzsteuer auslösen könne.
56Mit Schriftsatz vom 21.3.2022 ergänzt die Klägerin ihren Vortrag dahingehend, dass die Entscheidung des BFH vom 18.11.2021 V R 17/20 ihre Rechtsauffassung stütze. Dass die Kommunen bei den Falltieren den größeren Teil der Kosten finanzieren würden, sei Voraussetzung dafür, dass die Verarbeitungsbetriebe deren ordnungsgemäße Sammlung, Verarbeitung und Verwertung durchführen könnten, weil der niedersächsische Gesetzgeber aus Gründen der Seuchenvorsorge entschieden habe, dass die Landwirte nur mit einem kleinen Teil der Kosten belastet werden dürften. Das Förderungsziel bestehe hier ausschließlich darin, dem Verarbeitungsbetrieb die Beseitigung der Falltiere zu ermöglichen. Deshalb handele es sich um einen „echten Zuschuss“.
57Die Klägerin beantragt,
58die Umsatzsteuerbescheide des Beklagten für 2011 bis 2014 vom 9.2.2017 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 4.12.2018 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuern für 2011 um 188.607,30 €, für 2012 um 191.506,13 €, für 2013 um 190.623,39 € und für 2014 um 197.013,09 € niedriger festgesetzt werden,
59hilfsweise, die Revision zuzulassen.
60Der Beklagte beantragt,
61die Klage abzuweisen,
62hilfsweise, die Revision zuzulassen.
63Der Beklagte verweist zur Begründung auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
64Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen.
65Entscheidungsgründe
66I. Die Klage ist unbegründet.
67Die Umsatzsteuerbescheide für 2011 bis 2014 vom 9.2.2017 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 4.12.2018 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). Zu Recht hat der Beklagte die Zahlungen des Kreises C als (im Rahmen eines zum Regelsteuersatz zu versteuernden Umsatzes) steuerbares und steuerpflichtiges Entgelt behandelt. Zwischen den Zahlungen des Kreises C und der Beseitigung der Falltiere besteht ein einen Leistungsaustausch begründender unmittelbarer Zusammenhang. Zudem übt die Klägerin durch die Beseitigung der Falltiere eine unternehmerische und keine hoheitliche Tätigkeit aus.
681. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG in der im Streitzeitraum geltenden Fassung unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.
69a) Für das Vorliegen einer Leistung gegen Entgelt sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) und des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, im Wesentlichen folgende Grundsätze zu berücksichtigen: Zwischen der Leistung und einem erhaltenen Gegenwert muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen (vgl. EuGH-Urteil vom 21.3.2002 C-174/00, Kennemer Golf & Country Club, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung – HFR – 2002, 560, Rn. 39; BFH-Urteil vom 8.11.2007 V R 20/05, Sammlung amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH –BFHE – 219, 403, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2009, 483). Der unmittelbare Zusammenhang muss sich aus einem zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnis ergeben, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die Leistung bildet. Hierbei muss der Leistungsempfänger identifizierbar sein und einen Vorteil erhalten, der einen Kostenfaktor in seiner Tätigkeit bilden könnte und damit zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt.
70b) Deshalb kann es an einem Leistungsaustausch bei Zahlungen aus öffentlichen Kassen fehlen, wenn die Zahlung lediglich der Förderung der Tätigkeit des Empfängers allgemein – aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen – dient und nicht der Gegenwert für eine Leistung des Zahlungsempfängers an den Geldgeber ist. Der Zuschuss wird in diesen Fällen zur Förderung des leistenden Unternehmers und nicht im überwiegenden Interesse des Leistungsempfängers gezahlt. Auch der Umstand, dass die Zuschüsse aus haushaltsrechtlichen Gründen an die Erfüllung der Auflage einer zweckentsprechenden Verwendung oder an eine Erfolgskontrolle geknüpft werden (Zweckbestimmung), führt allein nicht zu einem Leistungsaustausch. Anders ist es jedoch, wenn die Zahlungen zur Ausführung bestimmter Umsätze geleistet werden (vgl. BFH-Urteil vom 27.11.2008 V R 8/07, BFHE 223, 520, BStBl II 2009, 397 m. w. N.). Allein der Umstand, dass eine Leistung im öffentlichen oder allgemeinen Interesse liegt, steht der Steuerbarkeit nicht schon entgegen; entscheidend ist vielmehr, ob ein individueller Leistungsempfänger vorhanden ist, der aus der Leistung einen Vorteil zieht, der Gegenstand eines Leistungsaustauschs sein kann. Soll der Zahlungsempfänger mit dem Zuschuss nur unterstützt werden, damit er seine Tätigkeit ausüben kann, fehlt es an der erforderlichen Verknüpfung von Leistung und Zuschusszahlung zu einem steuerbaren Umsatz. Dabei bestimmt sich in erster Linie nach dem der Leistung zugrundeliegenden Rechtsverhältnis, ob die Leistung des Unternehmers derart mit der Zahlung („Zuschuss“) verknüpft ist, dass sie sich auf die Erlangung einer Gegenleistung (Zahlung) richtet.
71c) Bei Anwendung der dargelegten Rechtsgrundsätze unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände dieses Einzelfalls liegt ein Leistungsaustausch i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG zwischen dem Kreis C und der Klägerin vor.
72Die Klägerin, die für den Kreis C die gesetzliche Aufgaben der Tierkörperbeseitigung im eigenen Namen wahrnimmt und hierfür vom Kreis C auf gesetzlicher Grundlage die wirtschaftlich notwendigen Kosten für die Tierkörperbeseitigung abzüglich des Verwertungserlöses erhält, erbringt eine Leistung gegen Entgelt. Die Auffassung der Klägerin, dass ein Leistungsaustausch nur begründet werde, wenn Leistungen im Rahmen eines gegenseitigen Vertrages ausgetauscht werden, wird vom erkennenden Senat nicht geteilt. Nach der Rechtsprechung des EuGH genügt für einen Leistungsaustausch „ein zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger bestehendes Rechtsverhältnis“. Für einen unmittelbaren Zusammenhang ist jedes irgendwie geartete Rechtsverhältnis ausreichend, wie sich z.B. aus der BFH-Entscheidung zu urheberrechtlichen Abmahnungen, die vom erkennenden Senat geteilt wird, ergibt, wonach z.B. zivilrechtliche gesetzliche Schuldverhältnisse genügen (vgl. BFH-Urteil vom 13.2.2019 XI R 1/17, BFHE 263, 560 BStBl II 2021, 785). Dieses Rechtsverhältnis kann nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats auch öffentlich-rechtlicher Natur sein und sich in einem gegenüber einer Behörde gestellten Antrag und dem Erlass des beantragten Verwaltungsakts konkretisieren (vgl. FG Münster, Urteil vom 3.12.2019 15 K 2350/16 U, n.v.). Dies ist vorliegend der Fall. Die Klägerin hat gegenüber der Bezirksregierung Y bzw. gegenüber dem Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit als jeweils zuständiger Behörde beantragt, dass ihr die Beseitigungspflicht gemäß § 3 Abs. 2 TierNebG im Gebiet des Kreises C übertragen wird. Diesem Antrag ist die zuständige Behörde jeweils u.a. für die Streitjahre durch Erlass des entsprechenden Verwaltungsaktes nachgekommen.
73Hierdurch hat sich die Klägerin verpflichtet und ist dieser Verpflichtung auch nachgekommen, dem Kreis C als identifizierbaren, konkret bestimmbaren Leistungsempfänger den verbrauchbaren Vorteil zuzuwenden, die ihm obliegende Tierkörperbeseitigungspflicht (§ 1 Nds. AG TierNebG) an seiner Stelle zu erfüllen. In der Übernahme einer einer kommunalen Körperschaft obliegenden Pflicht liegt nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, die Zuwendung eines verbrauchbaren Vorteils an eben diese Körperschaft (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 13.11.1997 V R 11/97, BFHE 184, 137, BStBl II 1998, 169 betreffend die Pflicht zur Schaffung von öffentlichem Parkraum).
74Die Zahlung des Kreises C wurde auch für die Übernahme der Tierkörperbeseitigungspflicht entrichtet. In § 3 Abs. 3 Satz 4 Nds. AG TierNebG ist bestimmt: „Ist die Beseitigungspflicht nach § 3 Abs. 2 TierNebG dem Inhaber einer Beseitigungseinrichtung übertragen worden, so ist der Verlust von den Landkreisen und kreisfreien Städten zu 40 vom Hundert auszugleichen.“ Hierdurch ist der Zusammenhang der Zahlung mit der Pflichtenübertragung hergestellt, dass nicht jeder beliebige Unternehmer, der Tierkörper beseitigt, Anspruch auf eine Zahlung des Kreises hat, sondern nur Unternehmer, denen die Beseitigungspflicht nach § 3 Abs. 2 TierNebG übertragen wurde. Zudem richtet sich die Bemessung des Entgelts an der Beseitigung der Falltiere aus („wirtschaftlich notwendigen Kosten für die Beseitigung des Viehs abzüglich des Verwertungserlöses“, § 3 Abs. 3 Satz 3 Nds. AG TierNebG), wodurch unterstrichen wird, dass nicht sämtliche Tiermehlunternehmen – unabhängig von der Pflichtenübernahme – dieselben Zahlungen erhalten, und damit eine Förderung der Tätigkeit des Zahlungsempfängers aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen in Betracht käme, sondern die Zahlungen nur an die pflichtenübernehmende Klägerin für die Beseitigung der Falltiere erbracht werden.
75Die Auffassung der Klägerin, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung (Pflichtenübernahme) und Entgelt (Zahlung des Kreises C) ausscheiden müsse, wenn der Landkreis nicht die den Verwaltungsakt erlassene Behörde sei, wird vom erkennenden Senat nicht geteilt. Wenn das Land Niedersachsen die Zuständigkeit seiner Behörden derart organisiert, dass das Niedersächsische Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit dafür zuständig ist, die Beseitigungspflicht nach § 3 Abs. 2 TierNebG auf private Unternehmer nach Anhörung des Kreises zu übertragen, wird das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in Bezug auf die Pflichtenübertragung für den Kreis im Grunde stellvertretend tätig. Ausweislich des Bescheids heißt es deshalb auch, dass „[d]er originär und bislang beseitigungspflichtige Kreis […] angehört worden [ist], und […] keinerlei Bedenken bezüglich der Übertragung der Beseitigungspflicht auf Ihr Unternehmen geäußert [hat]“. Der erkennende Senat lehnt es zudem ab, dass ein einzelnes Bundesland durch die Organisation von Zuständigkeiten betreffend die Übertragung von öffentlichen Aufgaben die Umsatzsteuerbarkeit beseitigen kann, indem der Aufgabenträger und die Beleihungsbehörde voneinander getrennt werden. Durch die Pflichtenübernahme wurde dem Kreis C, wie die Anhörung zeigt, zudem kein Vorteil aufgedrängt, den dieser nicht hätte haben wollen.
763. Der Besteuerung steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin diese Leistungen als beliehener Unternehmer erbracht hat.
77Nach § 2 Abs. 3 UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in der in den Streitjahren gültigen Fassung handelt eine juristische Person des öffentlichen Rechts nicht als Unternehmer, soweit sie bei ihrer Tätigkeit öffentliche Gewalt ausübt. Im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 14.12.2000 C-446/98, Fazenda Pública, HFR 2001, 306 Rdnr. 16, m.w.N.) legt der erkennende Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH den Begriff der öffentlichen Gewalt unter Beachtung des Art. 13 der Richtlinie 2006/112/EG (früher: Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG) richtlinienkonform aus (z.B. BFH-Urteil vom 15.4.2010 V R 10/09, BFHE 229, 416, BStBl II 2017, 863 m.w.N.). Danach ist die Nichteinbeziehung wirtschaftlicher Tätigkeiten (entgeltlicher Leistungen) bei den Tätigkeiten im Rahmen der öffentlichen Gewalt kumulativ von zwei Voraussetzungen abhängig, nämlich der Ausübung von Tätigkeiten durch eine öffentliche Einrichtung und der Vornahme dieser Tätigkeiten im Rahmen der öffentlichen Gewalt (z.B. EuGH-Urteil vom 12.9.2000 C-359/97, Kommission/Großbritannien, HFR 2000, 916, Rn. 49, m.w.N.).
78Bei den Leistungen der Klägerin handelt es sich nicht um Tätigkeiten im Rahmen der öffentlichen Gewalt. Dass eine entgeltliche Tätigkeit einer privaten Person – wie hier der Klägerin – auch dann der Umsatzsteuer unterliegt, wenn sie in der Vornahme von an sich der öffentlichen Gewalt vorbehaltenen Handlungen besteht, haben der EuGH und der BFH bereits wiederholt entschieden (vgl. BFH-Urteil vom 2.9.2010 V R 23/09, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2011, 458, Rn. 34 m.w.N.). Eine öffentliche Beleihung allein, aufgrund der ein privater Unternehmer bei der Vornahme von Amtshandlungen öffentliche Gewalt ausübt, erlaubt nicht den Ausschluss der wirtschaftlichen Tätigkeit von der Steuerbarkeit (vgl. Ausführungen hierzu im BFH-Beschluss vom 21.3.2018 XI B 113/17, BFH/NV 2018, 739 zur Übertragung der Beseitigungspflicht nach § 3 Abs. 3 TierNebG), wenn der Unternehmer die Tätigkeiten mangels Eingliederung in die öffentliche Verwaltung nicht als Einrichtung des öffentlichen Rechts, sondern in Form einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit ausübt, wie im Streitfall die Klägerin im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit im Bereich der Tierkörperbeseitigung. Da es sich bei der Klägerin um eine private Gesellschaft handelt, deren Anteilseigner und Geschäftsführer von der öffentlichen Verwaltung völlig unabhängig sind, kann nicht von einer in die öffentliche Verwaltung eingegliederte Gesellschaft ausgegangen werden.
794. Die steuerbaren und steuerpflichtigen Leistungen der Klägerin unterliegen gemäß § 12 Abs. 1 UStG dem Regelsteuersatz. Der Beklagte hat die Umsatzsteuer zutreffend aus den jeweils netto erhaltenen Zahlungen in 2011 in Höhe von 992.670,05 €, in 2012 in Höhe von 1.007.926,95 €, in 2013 in Höhe von 1.003.280,92 € und in 2014 in Höhe von 1.036,910,70 € als Bemessungsgrundlage berechnet, da die Klägerin nach den unbestrittenen Feststellungen der Außenprüfung bestätigt durch eine Vereinbarung zwischen dem Kreis C und der Klägerin aus Dezember 2015 einen Anspruch gegen diesen hat, dass der Kreis C der Klägerin die Umsatzsteuerbeträge und die darauf entfallenden Zinsen erstattet, sobald diese festgesetzt würden. Der erkennende Senat geht vor diesem Hintergrund davon aus, dass die Umsatzsteuer Teil des nach § 3 Abs. 3 Satz 4 Nds. AG TierNebG auszugleichenden Verlusts ist, auf den die Klägerin gegenüber dem Kreis C von Anfang an Anspruch hatte, sodass die Umsatzsteuer durch den Beklagten zutreffend auf die Nettozahlungen aufgeschlagen und nicht herausgerechnet wurden und es daher auch nicht mehr zu einer Korrektur der Umsatzsteuer im Zeitpunkt der weiteren Zahlung nach § 17 UStG kommt.
80II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
81III. Die Revision war nicht zuzulassen, da keine Zulassungsgründe im Sinne des § 115 Abs. 2 FGO vorliegen.