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Der Einkommensteuerbescheid 2015 vom 15.03.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.06.2018 wird dahingehend geändert, dass die Auszahlung aus dem 401(k)-Plan im Rahmen der sonstigen Einkünfte nur in Höhe von 48.610 EUR der Besteuerung unterworfen und die Einkommensteuer 2015 entsprechend niedriger festgesetzt wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger und der Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens zu jeweils 50%.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob und – wenn ja – in welcher Höhe Bezüge des Klägers aus einem US-amerikanischen Altersvorsorgeplan im Jahr 2015 (Streitjahr) der Besteuerung unterliegen.
3Der am xx.xx.1953 geborene Kläger war als ... von 1999 bis zum xx.xx.2007 für die Firma X. Inc. in den USA nichtselbständig tätig. Im Jahr 1999 schloss er eine Vereinbarung über einen sog. "401(k) pension plan" (im Folgenden: 401(k)-Plan) ab. Laut der dem Senat vorliegenden „Enrollment Form“ vom xx.xx.1999 („The Tax-Deferred Savings Plan for Salaried and Non-Union Hourly Employees of X. Inc. and Certain Other Companies of the Y. Group“) sollten ... % seines Arbeitsentgelts in diesen Altersvorsorgeplan fließen. Diese Beträge sollten von seinem Arbeitgeber von seinem Arbeitsentgelt einbehalten und in den 401(k)-Plan abgeführt werden. Sie unterlagen vor der Abführung in den Altersvorsorgeplan des Klägers keiner US-amerikanischen Besteuerung. Als Anlagen wählte der Kläger den K. Fund (... %-Anteil), den L. Fund (... %-Anteil) und den M. Fund (... %-Anteil). Nach den Angaben des Klägers konnten die im 401(k)-Plan angelegten Beträge, Zinserträge, etc. grundsätzlich frühestens mit Erreichen eines Alters von 59,5 Jahren - dem Renteneintrittsalter in den USA - zur Auszahlung gelangen. Die letzten Beiträge in den Altersvorsorgeplan zahlte der Kläger im Jahr 2007, dem Jahr der Beendigung seiner Tätigkeit für die X. Inc. in den USA, ein. Steuern auf die in seinem Altersvorsorgeplan angelaufenen Zinsen und Dividenden zahlte der Kläger während der Laufzeit des Altersvorsorgeplans in Übereinstimmung mit den einschlägigen Vorschriften des US-amerikanischen Steuerrechts nicht.
4Im Streitjahr, also nach seinem Rückzug in die Bundesrepublik Deutschland, bezog der Kläger aus dem Altersvorsorgeplan eine Auszahlung in Höhe von umgerechnet 237.471,- EUR, die in den USA weder einer Quellenbesteuerung unterlag, noch im Rahmen einer (Selbst-)Veranlagung der dortigen Besteuerung unterworfen wurde.
5In einem Begleitschreiben zu seiner für das Streitjahr eingereichten Einkommensteuer-erklärung teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er aus dem von ihm 1999 abgeschlossenen Altersvorsorgeplan ein Betrag in Höhe von 263.474 US-Dollar an ihn ausgezahlt worden sei. Da es sich um einen Lebensversicherungsvertrag handele, der vor dem 01.01.2005 abgeschlossen worden sei, sei der Auszahlungsbetrag steuerfrei. Die übrigen Voraussetzungen für die Steuerfreiheit, d.h. kein schädliches Beleihen der Versicherung, eine 12-jährige Vertragslaufzeit, laufende Einzahlungen über mindestens fünf Kalenderjahre und 60 % Todesfallleistung, lägen ebenfalls vor.
6Der Beklagte erließ unter dem 15.03.2017 den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr, in dem er „Leistungen aus einem Altersvorsorgevertrag, einem Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder einer Direktversicherung“ in Höhe von 97.220,- EUR im Rahmen der sonstigen Einkünfte ansetzte. In den Erläuterungen führte er aus: Die Erträge aus dem 401(k)-Plan seien nach § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe b i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wie folgt zu versteuern: Im Kapital von umgerechnet 237.471,- EUR sei entsprechend eines gerundeten Ertragsanteils von 40,94 % ein Ertrag in Höhe von 97.220,- EUR enthalten und der Besteuerung zu unterwerfen.
7Nachdem der Beklagte den hiergegen eingelegten Einspruch des Klägers, mit dem dieser die Steuerfreistellung des gesamten Auszahlungsbetrages begehrte, durch Einspruchsentscheidung vom 25.06.2018 als unbegründet zurückgewiesen hatte, hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen ausführt: Der Beklagte sei zwar zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei dem 401(k)-Plan um eine Art betriebliche Altersversorgung handele, die grundsätzlich mit einem Pensionsfonds vergleichbar sei. Denn genau wie bei dieser Art der betrieblichen Altersversorgung zahle der Arbeitnehmer einen Teil seines Gehalts in den Pensionsfonds ein und erhalte nach Erreichen der jeweiligen Altersgrenze das angesparte Kapital zuzüglich der Erträge aus dem Pensionsfonds. Mit der Zuordnung des Altersvorsorgeplans zur Klasse der Pensionsfonds und der damit verbundenen Versteuerung nach § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG werde auch nach Auffassung des Beklagten jedenfalls für Leistungen aus Pensionsfonds auf die Versteuerung von Erträgen aus Lebensversicherungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG verwiesen. Das Gesetz verweise in § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe b) EStG zudem auf § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG in der jeweils, d.h. im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, geltenden Fassung. Damit werde zugleich die Anwendung der Übergangsregelung für die Altverträge nach § 52 Abs. 28 Satz 5 EStG einbezogen. Diese habe für Erträge aus Pensionsfonds, für die im Jahr 1999 die entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen getroffen worden seien, unter bestimmten Voraussetzungen eine Steuerfreiheit vorgesehen, genauso wie bei der Versteuerung von Lebensversicherungen, vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG a.F. Nach Auskunft des Internal Revenue Service (IRS), der amerikanischen Bundessteuerbehörde, könne der Arbeitnehmer mit Erreichung des Renteneintrittsalters, in den USA mit Vollendung des 59,5. Lebensjahrs, die Rückzahlung des inzwischen auf dem Konto aufgelaufenen Guthabens verlangen, und zwar in Form einer Kapitalrückzahlung in einem Einmalbetrag, in festen gleichen Beträgen, in Teilbeträgen oder auch in Form einer lebenslänglichen Rente. Sofern zu einem früheren Zeitpunkt auf das aufgelaufene Guthaben zugegriffen werde, falle in den USA eine Strafbesteuerung i.H.v. 10 % an. Die analoge Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG in der für den damaligen Vertrag geltenden Fassung, d.h. in der Fassung des Jahres 1999, führe in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b) EStG in der damals geltenden Fassung zu einer vollen Steuerbefreiung des Auszahlungsbetrages aus dem 401(k)-Plan. Denn die Anlageform, die er, der Kläger, gewählt habe, habe eine Laufzeit von fast 14 Jahren vorgesehen, soweit man sie als Kapitalversicherung ansehen würde. Soweit die Altersvorsorge mittels des 401(k)-Plan als Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht anzusehen sei, lägen auch insoweit die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung vor. Denn das Kapitalwahlrecht habe er – ohne Anfallen einer Strafsteuer – altersbedingt nicht vor Ablauf von 12 Jahren seit Vertragsabschluss ausüben können. Mithin sei die Auszahlung nach § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe b) i.V.m. 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG (alte Fassung) i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b) Doppelbuchstabe cc) EStG steuerfrei zu stellen. Da ihm die ursprünglichen Vertragsunterlagen aus dem Jahr 1999 – dem Jahr des Abschlusses des 401(k)-Plans – nicht mehr vorlägen, habe er, der Kläger, Kontakt mit der Personalabteilung seines ehemaligen Arbeitgebers aufgenommen und von dort den „401(k) Plan“ erhalten, der zum Zeitpunkt der Auszahlung im Streitjahr gegolten habe. Es handele sich insoweit um eine Fassung aus Dezember 2013, die bis ins Streitjahr gegolten habe. Die Personalabteilung habe diesbezüglich darauf hingewiesen, dass er zwar 1999 dem Plan beigetreten sei, dieser jedoch ständig überarbeitet worden und dann nicht nur für die neu eingetretenen Arbeitnehmer gegolten habe, sondern auch für diejenigen Arbeitnehmer, die dem Plan bereits in der Vergangenheit beigetreten seien.
8Der Kläger beantragt,
9den Einkommensteuerbescheid 2015 vom 15.03.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.06.2018 dahingehend zu ändern, dass von der Besteuerung der Erträge aus dem 401(k)-Plan in Höhe von 97.220 € abgesehen wird;
10hilfsweise, die Revision zuzulassen.
11Der Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen;
13hilfsweise, die Revision zuzulassen.
14Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass die streitbefangene Auszahlung aus dem 401(k)-Plan entgegen der Ansicht des Klägers nicht steuerbefreit sei. Eine vollständige Steuerbefreiung nach § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe b) EStG i.V.m § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG a.F. setze nämlich voraus, dass die (zusätzlichen) Voraussetzungen aus § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b) EStG a.F. vorlägen. Da der Kläger jedoch die (ursprünglichen) Trustbedingungen nicht habe vorlegen können, ließe sich – ungeachtet der Zweifel dahingehend, ob ein 401(k)-Plan überhaupt die Voraussetzungen aus § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b) EStG a.F. erfüllen könne - nicht beurteilen, ob der streitbefangene 401(k)-Plan die Begünstigungsvoraussetzungen erfülle. Dies wirke sich nach den allgemeinen Regeln der Feststellungslast zulasten des Klägers aus. Auch eine hälftige Steuerbefreiung des von ihm, dem Beklagten, der Besteuerung unterworfenen Ertragsanteils des Auszahlungsbetrages nach § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe c) EStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG scheide aus. Denn die Auszahlung aus dem 401(k)-Plan sei unter die Vorschrift des § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe b) EStG zu fassen. Nach Ziff. 16 Buchstabe b) Doppelbuchstabe aa) des Protokolls vom 01.06.2006 zur Änderung des DBA USA habe die Bundesrepublik Deutschland für DBA-Zwecke anerkannt, dass US-amerikanische betriebliche Altersvorsorgepläne – insbesondere auch solche nach Sec. 401(a) des Internal Revenue Code (IRC), in dem u.a. die US-amerikanische Einkommensteuer auf Bundesebene geregelt ist, - mit Altersvorsorgeverträgen im Sinne von § 1 BetrAVG vergleichbar sind.
15Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie den Inhalt der beigezogenen Steuerakten des Beklagten und der Gerichtsakte Bezug genommen.
16Die Sache ist am 18.10.2022 mündlich verhandelt worden. Auf die Sitzungsniederschrift wird insoweit Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe
18I. Die Klage ist nur teilweise – nämlich in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang - begründet und im Übrigen unbegründet.
19Der Einkommensteuerbescheid vom 15.03.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.06.2018 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger lediglich insoweit in seinen Rechten, als der Beklagte die Auszahlung aus dem 401(k)-Plan mit einem 48.610 EUR übersteigenden Betrag der Besteuerung unterworfen hat. Im Übrigen ist er rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
201. Der Beklagte hat zu Recht die Zahlungen aus dem 401(k)-Plan dem Grunde nach als sonstige Einkünfte i.S.v. § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG in die Bemessung des zu versteuernden Einkommens einbezogen.
21a) Zu den sonstigen Einkünften gemäß § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG zählen Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen, Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen. § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG erfasst – neben den vorliegend nicht einschlägigen Leistungen aus privaten kapitalgedeckten Altersvorsorgeverträgen nach §§ 79 ff. EStG – Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, die durch Pensionsfonds, Pensionskassen oder Direktversicherungen extern gemäß § 1 Abs. 1, § 1b Abs. 2 bis 4 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) durchgeführt werden. Der Wortlaut der Vorschrift enthält keine Beschränkung auf inländische Versorgungsträger, weshalb auch Leistungen ausländischer Versorgungseinrichtungen dem Anwendungsbereich des § 22 Nr. 5 EStG zuzuordnen sind, sofern sie mit inländischen Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen nach ihrer Struktur und den im Versorgungsfall zu erbringenden Leistungen auf der Grundlage einer rechtsvergleichenden Qualifizierung vergleichbar sind (BFH-Urteile vom 28.10.2020 X R 29/18, BFHE 271, 370, BStBl II 2021, 675; vom 26.11.2014 VIII R 38/10, BFHE 249, 22, BStBl II 2016, 657).
22Nach Ziff. 16 Buchstabe b) Doppelbuchstabe aa) des Protokolls vom 01.06.2006 zur Änderung des am 29.08.1989 unterzeichneten Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern (BGBl II 2006, 1184, BStBl I 2008, 766) erkennt die Bundesrepublik Deutschland für Zwecke der nach Art. 18A Abs. 3 Buchstabe b), Abs. 4 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29.08.1989 i.d.F. der Bekanntmachung der Neufassung vom 04.06.2008 (BGBl I 2008, 612, BStBl I 2008, 784) – DBA-USA 1989/2008 – grundsätzlich notwendigen Feststellung der Vergleichbarkeit inländischer und US-amerikanischer betrieblicher Altersvorsorgepläne bzw. -systeme u.a. die nach Sec. 401(a) des Internal Revenue Code (IRC), in dem u.a. die US-amerikanische Einkommensteuer auf Bundesebene geregelt ist, errichteten Pläne als solche Altersvorsorgesysteme an, die den in § 1 BetrAVG genannten Durchführungswegen externer betrieblicher Altersversorgung entsprechen. Hierzu zählen auch „401(k) pension plans“, deren Leistungen – obwohl in Ziff. 16 Buchstabe b) Doppelbuchstabe aa) des Protokolls vom 01.06.2006 lediglich die Anwendung des Art. 18A Abs. 3 Buchstabe b), Abs. 4 DBA-USA 1989/2008 und damit die steuerliche Abzugsfähigkeit von Beiträgen zu Altersvorsorgeplänen sowie deren Steuerfreiheit angesprochen ist – auch für Zwecke des § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG als Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen, Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen anzusehen sind (BFH-Urteil vom 28.10.2020 X R 29/18, BStBl II 2021, 675; Finanzgericht -FG- Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.07.2021 3 K 2081/20, EFG 2021, 1911), da eine – mögliche – Steuerbefreiung der Beiträge zu Altersvorsorgeplänen auch für die Anwendbarkeit der vollständigen nachgelagerten Besteuerung i.S.v. § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG (in Abgrenzung zur Besteuerung nach § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a bis c EStG) von Relevanz ist.
23c) Nach diesen Maßgaben ist die von dem Kläger im Streitjahr bezogene Auszahlung aus dem 401(k)-Plan als Leistung aus Altersvorsorgeverträgen, Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen i.S. des § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG grundsätzlich steuerbar; denn es handelt sich – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – beim streitbefangenen 401(k)-Plan um einen pension plan i.S.v. Sec. 401(k) IRC.
24d) Das aufgrund der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht des Klägers begründete innerstaatliche Besteuerungsrecht für die streitbefangene Zahlung aus dem 401(k)-Plan als sonstige Einkünfte i.S. des § 22 Nr. 5 EStG wird nicht durch die Bestimmungen des DBA-USA 1989/2008 ausgeschlossen. Zwar kann sich der Kläger aufgrund seiner unbeschränkten Steuerpflicht im Inland nach Art. 1 Abs. 1 DBA-USA 1989/2008 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Satz 1 DBA-USA 1989/2008 auf das Abkommen berufen. Jedoch ist das Besteuerungsrecht abkommensrechtlich ausschließlich der Bundesrepublik Deutschland zugewiesen.
25Dabei kann dahinstehen, ob die Zahlungen aus dem 401(k)-Plan unter Art. 18 DBA-USA 1989/2008 oder unter Art. 21 Abs. 1 DBA-USA 1989/2008 fallen. Auch bedarf es keiner Entscheidung, ob es sich bei den Zahlungen aus dem 401(k)-Plan, die jedenfalls nicht dem Anwendungsbereich des Art. 19 DBA-USA 1989/2008 unterfallen, (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.07.2021 3 K 2081/20, EFG 2021, 1911) um Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen i.S. des Art. 18 Abs. 1 DBA-USA 1989/2008, um Renten i.S. des Art. 18 Abs. 2 Satz 1 DBA-USA 1989/2008 oder um Leistungen aufgrund der Sozialversicherungsgesetzgebung eines Vertragsstaats oder andere öffentliche Ruhegehälter i.S. des Art. 18 Abs. 5 Satz 1 DBA-USA 1989/2008 handelt. Denn in sämtlichen Fällen ist das Besteuerungsrecht Deutschland als Ansässigkeitsstaat des Klägers zugewiesen (vgl. BFH-Urteil vom 28.10.2020 X R 29/18).
262. Die Auszahlung aus dem 401(k)-Plan ist aber nicht in Höhe des vollen Unterschiedsbetrages zwischen den durch den Kläger geleisteten Einzahlungen und des Auszahlungsbetrages der Besteuerung zu unterwerfen, sondern lediglich in Höhe des hälftigen Unterschiedsbetrages. Das ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung von § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung, welche durch die im Streitfall einschlägige Vorschrift aus § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe c) EStG angeordnet wird.
27Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten unterfällt die streitbefangene Leistung nicht § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe b) EStG, weshalb es für die Besteuerung des Auszahlungsbetrages aus dem 401(k)-Plan ohne Belang ist, dass der Kläger seiner Feststellungslast im Hinblick auf das Vorliegen der Voraussetzungen aus § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG a.F. nicht hat genügen können, weil er die dem 401(k)-Plan ursprünglich zugrunde liegenden Vertragsunterlagen nicht mehr hat vorlegen können. Vielmehr kommt es im Streitfall auf das Vorliegen der Voraussetzungen der Privilegierungsregelung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung an, da § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe c) EStG keinen zeitlich dynamischen Verweis auf § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG enthält (Neudenberger/Wernsmann in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, 2. Umfang der Besteuerung, Rn. G 70; Schüler-Täsch in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 22 Arten der sonstigen Einkünfte, Rn. 486).
28a) Der sachliche Anwendungsbereich von § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG ist im Streitfall für den Auszahlungsbetrag aus dem 401(k)-Plan eröffnet. § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG legt fest, dass Leistungen, soweit sie nicht auf Beiträgen, auf die § 3 Nr. 63 EStG, § 10a EStG oder der XI. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes angewendet wurde, nicht auf Zulagen i.S. jenes Abschnitts, nicht auf steuerfreien Leistungen nach § 3 Nr. 66 EStG und nicht auf Ansprüchen beruhen, die durch steuerfreie Zuwendungen nach § 3 Nr. 56 EStG oder die durch die nach § 3 Nr. 55b Satz 1 EStG oder § 3 Nr. 55c EStG steuerfreie Leistung aus einem neu begründeten Anrecht erworben wurden, nicht nachgelagert, sondern nach näherer Maßgabe von § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a bis c EStG zu besteuern sind.
29Im Streitfall beruht die gesamte Auszahlung aus dem 401(k)-Plan auf Beiträgen, auf die keine der in § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG aufgezählten Steuerfreistellungen oder Förderungen angewendet wurden. Denn im Zeitraum der Besparung des 401(k)-Plans durch den Kläger hatte dieser weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und bereits aus diesem Grund mangels Bestehens einer persönlichen Steuerpflicht im Inland keine Möglichkeit, eine steuerliche Freistellung im vorbenannten Sinne in Anspruch zu nehmen.
30Daran vermag auch die Tatsache, dass die aus dem Einkommen des Klägers in den 401(k)-Plan geleisteten Beiträge während der Ansparphase in den USA keiner Besteuerung unterlagen, nichts zu ändern. Denn nach Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, ist eine in den USA – möglicherweise – gewährte steuerliche Freistellung der Einzahlungen in der Ansparphase nicht für Zwecke des § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG einer Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 63 EStG gleichzusetzen (BFH-Urteil vom 28.10.2020 X R 29/18, BStBl II 2021, 675; vgl. auch FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.07.2021 3 K 2081/20, EFG 2021, 1911).
31b) Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten unterfällt die Auszahlung aus dem 401(k)-Plan der subsidiären Vorschrift (Fischer in: Kirchhof/Seer, Einkommensteuergesetz, § 22 Arten der sonstigen Einkünfte, Rn. 55; Schüler-Täsch in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 22 Arten der sonstigen Einkünfte, Rn. 486) aus § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe c) EStG - hierzu (3) -, da nach Ansicht des Senats eine Anwendbarkeit von § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe b) EStG im Streitfall ebenso ausscheidet - hierzu (2) - wie die Anwendbarkeit von § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe a) EStG –hierzu (1)-.
32(1) Letztgenannte Vorschrift scheidet als Rechtsgrundlage für eine Besteuerung des Auszahlungsbetrages im Streitfall bereits deshalb aus, weil sie lediglich Auszahlungen in Rentenform erfasst; im Streitfall hat der Kläger im Streitjahr indes eine Einmalzahlung aus dem 401(k)-Plan bezogen.
33(2) Die streitbefangene Auszahlung aus dem 401(k)-Plan qualifiziert nach Ansicht des Senats auch nicht als Leistung im Sinne von § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe b) EStG. Diese Vorschrift umfasst Leistungen aus Versicherungsverträgen, Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen, die nicht solche nach § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe a) EStG sind und erklärt zur Berechnung der sonstigen Einkünfte § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG in der jeweils für den Vertrag geltenden Fassung für entsprechend anwendbar.
34In der Sparpläne i.S.v. Sec. 401(k) IRC betreffenden höchstrichterlichen Rechtsprechung hat – soweit dem Senat ersichtlich – bisher dahinstehen können, ob Auszahlungen aus entsprechenden Altersvorsorgeplänen § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe b) EStG oder aber § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe c) EStG unterfallen (BFH-Urteil vom 28.10.2020 X R 29/18, BStBl II 2021, 675; vgl. auch FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.07.2021 3 K 2081/20, EFG 2021, 1911; anders scheinbar – jedoch jedenfalls ohne Begründung für eine Zuordnung zu § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe b) EStG - FG Köln, Urteil vom 09.08.2018 11 K 2738/14, EFG 2019, 13), da sich in den dortigen Streitfällen nach beiden Regelungen jedenfalls die Besteuerung des (vollen) Differenzbetrages zwischen den geleisteten Beitragsleistungen und dem Auszahlungsbetrag nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG in seiner seit dem 01.01.2005 gültigen Fassung ergab.
35Ausdrücklich sind Leistungen aus einem Altersvorsorgeplan i.S.v. Sec. 401(k) IRC jedenfalls nicht vom Wortlaut des § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe b) EStG erfasst. Vielmehr erfasst die Vorschrift mit Leistungen aus Versicherungsverträgen, Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen Leistungen solcher Versorgungseinrichtungen, die dem Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (VAG) unterliegen. Bedarf für einen über den vorbenannten Wortlaut hinausgehende Auslegung der Vorschrift vermag der Senat insbesondere aufgrund der Gesetzessystematik nicht zu erkennen, da sich für andere, nicht ausdrücklich benannte Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen der Anwendungsbereich von § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG nicht verschließt, sondern vielmehr über den Auffangtatbestand aus § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe c) EStG weiterhin eröffnet ist.
36Dass der Gesetzgeber nicht alle Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen und auch nicht etwaig mit den in § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe b) EStG genannten Leistungen vergleichbare Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen unter § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe b) EStG hat fassen wollen, ergibt sich aus Sicht des Senats aus dem insoweit unterschiedlichen Wortlaut der Aufzählungen in § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG und § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe b) EStG. Da die letztgenannte Vorschrift im Gegensatz zu § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG (sonstige) Versorgungsverträge nicht ausdrücklich benennt, fallen solche nach Ansicht des Senats aus dem nach seinem Wortlaut abschließenden, sachlichen Anwendungsbereich des § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe b) EStG heraus.
37Selbst wenn man – entgegen den vorigen Ausführungen – grundsätzlich von der Möglichkeit ausginge, über den Wortlaut von § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe b) EStG hinaus auch andere Leistungen als solche aus Versicherungsverträgen, Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen im Wege der Auslegung in den Anwendungsbereich von § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe b) EStG einzubeziehen, so ergibt sich diese Möglichkeit nach Ansicht des Senats jedenfalls nicht für die im Streitfall erfolgte Auszahlung aus dem streitbefangenen 401(k)-Plan. Denn diese ist nicht mit den in § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe b) EStG genannten Leistungen vergleichbar, da im Falle eines 401(k)-Plans der Plan den Arbeitnehmer zu Leistungen aus dem Trust gegenüber dem Trustee als dem Verwalter des Trusts berechtigt. Der Trust erbringt (über den Trustee) jedoch keine Leistung aus einem Versicherungsvertrag oder aus einer versicherungsförmigen betrieblichen Altersversorgung; vielmehr stellt sich die Auszahlung als Auskehrung aus einem rechtlich unselbständigen Sondervermögen dar (vgl. hierzu ausführlich Portner, BB 2012, 2083ff., so im Ergebnis wohl auch Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 41. Auflage, 2022, § 22 EStG, Rn. 172).
38Schließlich führt aus Sicht des Senats auch Ziff. 16 Buchstabe b) Doppelbuchstabe aa) des Protokolls vom 01.06.2006 zur Änderung des DBA-USA 1989 (BGBl. II 2006, 1184, BStBl I 2008, 766) und die darin – für Zwecke der Anwendung des DBA USA – zugestandene Vergleichbarkeit (auch) von 401(k)-Plänen mit Altersvorsorgeplänen i.S.v. § 1 des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) nicht zu einer Einordnung der streitbefangenen Auszahlung unter die Regelung aus § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe b) EStG. Nach Ansicht des Senats ergibt sich dies bereits aus der Tatsache, dass das Protokoll nach seinem Wortlaut lediglich Bedeutung für die Anwendung des Art. 18A Abs. 3 Buchstabe b), Abs. 4 DBA-USA 1989/2008 und damit für die steuerliche Abzugsfähigkeit von Beiträgen zu Altersvorsorgeplänen sowie deren Steuerfreiheit hat, nicht aber für die Anwendung des rein innerstaatlichen Rechts auf die Leistungen aus solchen Altersvorsorgeplänen (Martini, EFG 2021, 1911, 1914).
39(3) Nach den vorbenannten Ausführungen fällt die streitbefangene Auszahlung im Streitjahr in den sachlichen Anwendungsbereich von § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstabe c) EStG, der eine entsprechende Anwendung von § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG anordnet. Dies führt im Streitfall dazu, dass in entsprechender Anwendung von § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG nur die Hälfte des Unterschiedsbetrages zwischen den vom Kläger geleisteten Einzahlungen in den 401(k)-Plan und dem Auszahlungsbetrag der Besteuerung zu unterwerfen ist.
40Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG ist (nur) die Hälfte des Unterschiedsbetrags anzusetzen, sofern die Versicherungsleistung nach Vollendung des 60. Lebensjahres des Steuerpflichtigen und nach Ablauf von zwölf Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt wird. Beide Voraussetzungen liegen im Streitfall vor, da der Kläger bereits vor dem Streitjahr, nämlich im Jahr 2013, das 60. Lebensjahr vollendet hatte und der im Jahr 1999 abgeschlossene 401(k)-Plan im Streitjahr eine Laufzeit von über zwölf Jahren aufwies.
41II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
42III. Die Revision wird im Hinblick auf die höchstrichterlich bisher ungeklärte Einordnung der Auszahlungen aus 401(k)-Sparplänen unter § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchstaben b) und c) EStG zugelassen.
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