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Der Gewerbesteuermessbescheid 2016 vom 9.10.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.10.2018 wird dahingehend geändert, dass der Gewerbesteuermessbetrag mit 0 € festgesetzt wird.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der Klägerin für das Streitjahr 2016 eine sog. erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG vorzunehmen war.
3Die Klägerin ist eine im Jahr 2013 gegründete GmbH mit Sitz in …. Ihr Stammkapital betrug im fraglichen Zeitraum 525.000 €, wobei die Anteile an der Klägerin zu je einem Drittel (175.000 €) Herr C, die D GmbH und die E GmbH & Co. KG hielten. Laut dem Vorbringen des FA stammten Herr C und die D GmbH aus der Baubranche.
4Im Gesellschaftsvertrag vom 30.4.2013 (und ebenso in der Eintragung im Handelsregister) heißt es, Gegenstand des Unternehmens der Klägerin sei die Realisierung von Immobilienprojekten, insbesondere der Erwerb, die Verwaltung (insbesondere die Vermietung und Verpachtung) und die Veräußerung von Grundbesitz einschließlich der Durchführung von Baumaßnahmen auf fremdem Grundbesitz. Bei der Anmeldung ihrer Tätigkeit als Gewerbe benannte die Klägerin ihre Tätigkeit als Realisierung von Immobilienprojekten, Erwerb, Verwaltung und Veräußerung von Grundbesitz. Im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung benannte die Klägerin ihre Tätigkeit ebenfalls so.
5Im Jahr 2013 erwarb die Klägerin ein Immobilienobjekt (F-straße …) zum Kaufpreis von 2.500.000 €. Sie wies das Objekt in ihrer Bilanz zum 31.12.2013 im Umlaufvermögen aus. Mit Kaufvertrag vom 10.12.2014 veräußerte sie das Objekt für einen Kaufpreis von 2.655.484 €.
6Mit Kaufvertrag vom 24.11.2015 erwarb die Klägerin ein weiteres Immobilienobjekt (G in …) zu einem Kaufpreis von 3.320.000 €. Bei dem Objekt handelte es sich um ein Geschäftsgrundstück, welches aus mehreren Eigentumswohnungen sowie wohnungseigentumsrechtlichen Teileigentumseinheiten bestand. Auch dieses Objekt wies die Klägerin in ihrer Bilanz zum 31.12.2015 im Umlaufvermögen aus.
7Mit Kaufvertrag vom 7.11.2016 veräußerte die Klägerin das vorgenannte Objekt „G“ für einen Kaufpreis von 3.695.000 € an die Stadt B. In Ziff. 7.1 des Vertrags war bestimmt, dass alle das Vertragsobjekt betreffenden öffentlichen und privaten Lasten, alle Verbrauchskosten, Verkehrssicherungspflichten und jede mit dem Vertragsobjekt verbundene Haftung „ab Beginn des 31.12.2016“ auf den Käufer übergehen sollten. Des Weiteren sollte danach der Übergang des Besitzes, der Nutzungen und der Gefahr, die Kaufpreiszahlung vorausgesetzt, ebenfalls „am Beginn des 31.12.2016“ erfolgen. Der Kaufpreis wurde von der Stadt B am 15.12.2016 an die Klägerin gezahlt.
8In der Gewinn- und Verlustrechnung für 2016 wies die Klägerin zum vorgenannten Verkauf Erlöse („Erlöse Objektverkauf Umlaufvermögen“) i.H.v. 3.695.000 € und einen Buchwertabgang („Erhöhung oder Verminderung des Bestandes an fertigen und unfertigen Erzeugnissen“, „Bestandsminderung Objekte“) i.H.v. 3.559.472 € aus.
9Für das Streitjahr 2016 wies die Klägerin einen Jahresüberschuss i.H.v. 150.337,30 € aus. Der von ihr erzielte Gewinn aus Gewerbebetrieb i.S.d. GewStG betrug 177.737 €.
10Laut dem Vorbringen des Beklagten (des Finanzamts –FA--) hat die Klägerin sich mit Vertrag vom 1.6.2018 atypisch still an der H GmbH & Co. KG mit einer Einlage i.H.v. 1.800.000 € beteiligt. Laut dem Vertrag sei die Klägerin am Gewinn und Verlust des Inhabers und im Falle der Auseinandersetzung auch an den stillen Reserven und dem Firmenwert des Inhabers quotal im Verhältnis des stillen Kapitals zum Gesamtkapital (als Summe aus dem Haftkapital und dem stillen Kapital) nach den Bestimmungen des Vertrages beteiligt. Nach einem Verlust im Jahr 2018 i.H.v. 83.351,65 € habe die Klägerin im Jahr 2019 hieraus einen Gewinn i.H.v. 252.967,07 € erzielt. Dieser habe laut den Angaben der Klägerin aus einem einmaligen Veräußerungsgewinn aus Grundstücksgeschäften resultiert. Aufgrund der Bauprojektphase in 2020 und 2021 sei für diese Zeit mit keinen positiven Einkünften zu rechnen.
11In der mündlichen Verhandlung (s. Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 27.10.2022, S. 2) hat das FA zudem erklärt, aus seinen Akten sei ersichtlich, dass die Klägerin am 18.6.2020 ein weiteres Grundstück erworben habe (in J). Dieses Grundstück sei im Jahresabschluss der Klägerin als geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau bilanziert worden. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben in der mündlichen Verhandlung hierauf erklärt, zu diesem Erwerb sei ihnen nichts bekannt. Sie könnten in der mündlichen Verhandlung den Erwerb weder bestätigen noch erklären, dass er nicht stattgefunden habe. Das beruhe darauf, dass sie im Jahr 2020 nicht mehr mit der Erstellung des Jahresabschlusses der Klägerin beauftragt gewesen seien.
12Der Vorsitzende hat die Klägerin mit Verfügung vom 3.3.2022 u.a. gebeten, darzulegen, ob sie im Jahr 2016 auch eigenes Kapitalvermögen verwaltet oder sonstige Tätigkeiten ausgeübt habe. Sie solle konkret darlegen, welches Kapitalvermögen sie ggf. verwaltet habe und welche anderweitigen Tätigkeiten sie ggf. ausgeübt habe. Er hat sie zudem gebeten, darzulegen, ob das etwa verwaltete Kapitalvermögen auch am 31.12.2016 noch vorhanden gewesen und verwaltet worden sei und ob eine etwaige anderweitige Tätigkeit auch am 31.12.2016 noch ausgeübt worden sei. Des Weiteren hat der Vorsitzende die Klägerin gebeten, konkret darzulegen, ob sie im Jahr 2016 außer Erträgen aus dem Grundstück „G“ noch anderweitige Erträge erzielt habe und – soweit das der Fall war – in welchem Umfang und wann im Jahr 2016 sie diese erzielt habe. Außerdem hat der Vorsitzende die Klägerin gebeten mitzuteilen, wann der Kaufpreis aus dem Verkauf des Grundstücks „G“ an sie gezahlt worden sei und wie sie den Kaufpreis bis zum Ablauf des 31.12.2016 verwendet habe und ob sie hieraus ggf. Kapitalerträge erzielt habe.
13Nach dem Vorbringen der Klägerin auf die vorgenannte Verfügung verfügte diese während des Jahres 2016 über Kapitalvermögen nur in der Form, dass sich auf zwei Bankkonten Guthaben befanden. Bei dem einen Bankkonto handelte es sich um das „Verwalterkonto“ für das Objekt „G“ (Buchführungskonto 28410 „Sparkasse … Verwalterkonto K“). Nach dem Vorbringen der Klägerin wurden auf diesem Bankkonto die laufenden Ein- und Ausgaben wie Mieten, Nebenkostenvorschüsse, Zahlungen an Versorgungsbetriebe etc. abgewickelt, welche im Zusammenhang mit der Vermietung des Objekts „G“ anfielen. Bei dem anderen Bankkonto handelte es sich um das laufende Geschäftskonto der Klägerin (Buchführungskonto 28400 „Sparkasse …“).
14Das „Verwalterkonto“ wies zum 31.12.2016 ein Guthaben von 136.279,78 € auf. Das laufende Geschäftskonto wies zum 31.12.2016 ein Guthaben von 957.034,51 € auf. Nach dem Vorbringen der Klägerin wurde der Kaufpreis aus der Veräußerung des Grundstücks „G“ i.H.v. 3.695.000 € (s.o.) am 15.12.2016 auf dem laufenden Geschäftskonto der Klägerin gutgeschrieben. Mit gleichem Datum sei hieraus mit einem Betrag von 2.800.000 € das aufgrund des Kaufs des Grundstücks bestehende Darlehen bei der Sparkasse … getilgt worden. Des Weiteren seien damit im Zusammenhang stehende Gebühren und Vorfälligkeitsentgelte i.H.v. 2.078,95 € beglichen worden.
15Nach dem Vorbringen der Klägerin hat diese im Jahr 2016 keine Zinserträge aus den o.g. beiden Bankkonten erzielt. Aus dem Jahresabschluss der Klägerin zum 31.12.2016 sind auch keine solchen oder anderweitigen Zinserträge ersichtlich. Zu den in ihrem Jahresabschluss zum 31.12.2016 ausgewiesenen „sonstigen betrieblichen Erträgen“ i.H.v. 1.000 € hat die Klägerin erläutert, dass diese aus der Auflösung von Rückstellungen der Vorjahre resultierten.
16Auf die Nachfrage des Vorsitzenden in der o.g. Verfügung vom 3.3.2022 hat die Klägerin zudem die weiteren Aktivpositionen in ihrem Jahresabschluss zum 31.12.2016 erläutert: Danach handelte es sich bei der Position „sonstige Forderungen“ i.H.v. 554,96 € um einen Umsatzsteuererstattungsanspruch gegenüber der Finanzverwaltung aufgrund einer einzelwertberichtigten Mietforderung. Bei der Position „Umsatzsteuerforderungen“ i.H.v. 2.605,01 € handelte es sich um die zu erwartende Erstattung aufgrund der Umsatzsteuerjahreserklärung 2016.
17Auf die weitere Nachfrage des Vorsitzenden in der o.g. Verfügung vom 3.3.2022 hat die Klägerin darüber hinaus erläutert, dass sie auch im Folgejahr 2017 abgesehen von den o.g. beiden Bankkonten bei der Sparkasse ... keine weiteren Anlagen im Bereich des Kapitalvermögen begründet hat. Des Weiteren hat sie erläutert, dass sie im Jahr 2017 lediglich Erträge aus der Weiterberechnung von Nebenkosten im Zusammenhang mit dem im Jahr 2016 veräußerten Grundstück „G“ (5.881 €) sowie Erträge aus der Auflösung von Einzelwertberichtigungen zu Forderungen (2.900 €) erzielt hat.
18Aus den vorliegenden Akten ergeben sich die Einheitswerte für das von der Klägerin erworbene und verkaufte Grundstück „G“ wie folgt (Mitteilungen über den Einheitswert für mehrere Wohnungs-/Eigentumsteile des Grundstücks G mit Zurechnungsfortschreibung auf den 1.1.2016, enthalten in der Körperschaftsteuerakte):
19- … 612.629 €
20- … 12.526 €
21- … 44.482 €
22- … 47.038 €
23- … 32.722 €
24- … 36.557 €
25- … 11.299 €
26zusammen: 797.253 €
27Der Vorsitzende hat die Beteiligten mit Verfügung vom 3.3.2022 gebeten, im Hinblick auf eine etwaige sog. einfache Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG vorsorglich mitzuteilen, ob die vorgenannten Einheitswerte auch aus ihrer Sicht die zutreffenden Einheitswerte für das Grundstück „G“ seien bzw. andernfalls mitzuteilen, welches die zutreffenden Einheitswerte seien. Die Beteiligten haben auf diese Nachfrage hin keine von den vorgenannten Beträgen abweichenden Einheitswerte mitgeteilt.
28In ihrer Gewerbesteuererklärung für 2016 erklärte die Klägerin den o.g. Gewinn i.H.v. 177.737 € und beantragte zugleich, diesen im Wege der sog. erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG um ebendiesen Betrag zu kürzen.
29Das FA veranlagte die Klägerin zunächst erklärungsgemäß und erließ einen entsprechenden Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für 2016. Dem Bescheid fügte es einen Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 AO bei.
30Unter dem Datum vom 9.10.2017 und gestützt auf § 164 Abs. 2 AO erließ das FA einen geänderten Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für 2016. In diesem berücksichtigte es die zuvor angesetzte o.g. erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG i.H.v. 177.737 € nicht mehr. Laut einem Vermerk vom 19.9.2017 wurde dies telefonisch mit der Klägerin erörtert. Dort heißt es, nach der Auffassung des FA sei der Geschäftszweck der Klägerin der Erwerb und der Verkauf von Grundstücken und nicht deren Verwaltung. Die Grundstücke hätten zum Umlaufvermögen und nicht zum Anlagevermögen gehört. Die Vergünstigung des § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG sei daher nicht anzuwenden.
31Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein. Sie machte geltend, die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG sei zu gewähren.
32Sie führte hierzu aus, sie habe das Grundstück erworben, um es zu entwickeln und zu vermieten. Sie habe es gerade nicht erworben, um es wieder zu veräußern. Teil ihres Konzepts für die geplante langfristige Nutzung des Grundstücks sei dessen bauliche Umgestaltung und Modernisierung gewesen. Sie habe nach dem Erwerb die entsprechenden Planungen eingeleitet. Diese seien aus dem Architektenentwurf vom 4.3.2016 und dessen Überarbeitung vom 7.4.2016 ersichtlich, welche die Klägerin beim FA einreichte. Des Weiteren sei bereits in der Gesellschafterversammlung vom 25.11.2015 ein Überblick zur Vermietungssituation des Gebäudes und über die bereits begonnenen Maßnahmen zur Akquise weiterer künftiger Mieter gegeben worden. Hierzu reichte die Klägerin beim FA das Protokoll über die vorgenannte Gesellschafterversammlung vom 26.11.2015 ein (dort unter TOP 3.1).
33Zur Umsetzung der angedachten Maßnahmen sei aber erforderlich gewesen, ein an das o.g. Grundstück angrenzendes weiteres Grundstück im Bereich des Geländes „G“, welches sich im Eigentum der Stadt B befunden habe, von dieser zu erwerben.
34Es sei hierbei dann so gewesen, dass zwischenzeitlich in der Öffentlichkeit eine Diskussion über die geplanten Veränderungen des Grundstücks „G“ begonnen habe. Hierzu reichte die Klägerin beim FA Kopien dreier Artikel aus der … Zeitung ein, von denen einer das Datum des ….2016 auswies, während für die anderen beiden Artikel kein Veröffentlichungsdatum erkennbar ist. Als Ergebnis der kontrovers geführten Diskussion habe sich die Stadt B nunmehr dazu veranlasst gesehen, den Plänen der Klägerin entgegen zu treten und stattdessen einer von dritter Seite favorisierten Alternativlösung zuzustimmen. Diese habe darin bestanden, das Grundstück in eine Parkanlage umzuwandeln. Hierzu reichte die Klägerin beim FA den Ausdruck einer Email des Bürgermeisters der Stadt B an die Mieter des Objekts „G“ vom 13.5.2016 ein.
35Damit sei der Erwerb des im Eigentum der Stadt B stehenden Grundstücks hinfällig geworden, was das Ende für das o.g. Entwicklungskonzept bedeutete, welches sie, die Klägerin, für das Grundstück „G“ verfolgt habe. Auf Bitten der Stadt habe sie, die Klägerin, das von ihr gehaltene Grundstück „G“ an die Stadt veräußert. Der Kaufpreis sei anhand des ihr bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Aufwands für Kauf und Entwicklung des Grundstücks bemessen worden. Hierzu reichte die Klägerin beim FA ein von ihr an die Stadt B gerichtetes Schreiben vom 20.5.2016 ein, dem eine Aufstellung des vorgenannten Aufwands beigefügt war. Die Klägerin machte hierzu geltend, auch in der Aufstellung seien nur solche Kosten enthalten gewesen, die vor dem Hintergrund der geplanten langfristigen Nutzung des Objekts entstanden seien. Auch dies zeige, dass sie eine solche langfristige Nutzung beabsichtigt habe.
36Dass sie in der Bilanz zum 31.12.2015 das Grundstück in ihrem Umlaufvermögen ausgewiesen habe, stehe in keinem Widerspruch zu dem vorstehenden Sachverhalt. Zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung im Mai 2016 habe bereits festgestanden, dass sich die o.g. ursprünglichen Planungen für das Grundstück zerschlagen hatten. Zwar habe das Grundstück zum Bilanzstichtag des 31.12.2015 unzweifelhaft zu ihrem Anlagevermögen gehört. Aufgrund der besseren Erkenntnis zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung sei es nach allgemeinen Bilanzierungsgrundsätzen dann aber im Umlaufvermögen ausgewiesen worden.
37Der Argumentation des FA, der im Gesellschaftsvertrag enthaltene Gesellschaftszweck sei ein Indiz für eine gewerbliche Tätigkeit, sei nicht zu folgen. Solchen Angaben käme allenfalls eine rein deklaratorische Bedeutung zu. Es komme vielmehr auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit an.
38Auch der Hinweis des FA auf die im Jahr 2014 vorgenommene Veräußerung des Grundstücks „F“ kurz nach dessen Anschaffung im Jahr 2013 spreche nicht für eine gewerbliche Tätigkeit. Es gelte das Prinzip der Abschnittsbesteuerung.
39Damit habe sie keine schädliche originäre gewerbliche Tätigkeit, sondern eine vermögensverwaltende Tätigkeit ausgeübt. Zu dieser vermögensverwaltenden Tätigkeit gehöre auch die Veräußerung eines solchermaßen gehaltenen Grundstücks. Das führe vorliegend zur Anwendung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG.
40Auf die vorgenannten von der Klägerin im Einspruchsverfahren beim FA eingereichten Unterlagen wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
41Das FA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 17.10.2018 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin habe im Erhebungszeitraum 2016 nicht – wie für § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG erforderlich – ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und genutzt. Die vorgenannte Ausschließlichkeit sei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) qualitativ, quantitativ und zeitlich zu verstehen.
42Zum einen habe die Klägerin im Jahr 2016 bei der gebotenen Betrachtung der Tätigkeit als solcher keine nur vermögensverwaltende, sondern eine originär gewerbliche Tätigkeit ausgeübt. Die Klägerin habe das Grundstück im Jahr nach dem Erwerb wieder verkauft und nicht etwa erst nach einer jahrelangen Haltedauer. Es habe sich um die Veräußerung eines Großobjekts gehandelt. Ein solches Großobjekt sei auch das im Jahr 2014 veräußerte Objekt „F“ gewesen. Auch hätten zwei der drei Gesellschafter der Klägerin aus der Baubranche gestammt. Bei der Ermittlung des Verkaufspreises an die Stadt B seien die Aufwendungen der Geschäftsführung für die Projektentwicklung mit 124 € pro Stunde angesetzt worden. Auch diese Vorgehensweise entspreche der Vorgehensweise eines Bauunternehmers oder Bauträgers. Des Weiteren belegten der Gesellschaftsvertrag, der Handelsregisterauszug, die Gewerbeanmeldung und der Fragebogen zur steuerlichen Erfassung sowie die Bilanzierung und tatsächliche Handhabung im Streitfall, dass es sich bei der Klägerin eben nicht um ein begünstigtes Grundstücksunternehmen i.S.v. § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG gehandelt habe.
43Die Klägerin habe beim Erwerb des Grundstücks nicht fest davon ausgehen können, dass die Stadt B ihren ca. 25 %-igen Anteil am Gesamtkomplex veräußern würde. Die Stadt habe das Grundstück erworben, indem sie bereits im Jahr 2013 von ihrem Verkaufsrecht Gebrauch gemacht habe. Letztendlich hätte die Klägerin ebenso Alternativvarianten für die Umgestaltung des Grundstücks ohne den Hinzuerwerb des vorgenannten Grundstücks der Stadt B ausarbeiten können. Außerdem sei es auch für den Fall, dass es zum Hinzuerwerb des Grundstücks von der Stadt B gekommen wäre, für die Klägerin auch durchaus denkbar gewesen, nach einer entsprechenden Umgestaltung des Gebäudes das Objekt zu veräußern. Dieser Möglichkeit habe auch die Akquise neuer Mieter nicht entgegen gestanden. Gerade bei einem Großobjekt mit Wohnungen und gewerblichen Einheiten würden sich bestehende Mietverträge kaufpreiserhöhend auswirken, da ein Erwerber an gesicherten Miet- und Pachteinnahmen interessiert sei.
44Zum anderen schließe nach der Rechtsprechung des BFH der während des laufenden Erhebungszeitraums vorgenommene Verkauf des einzigen und letzten Grundstücks einer bis zu diesem Zeitpunkt grundstücksverwaltenden GmbH die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG aus. Die Klägerin habe aber im Erhebungszeitraum 2016 ihr letztes Grundstück veräußert.
45Im Streitfall sei daher das Tatbestandsmerkmal der Ausschließlichkeit weder nach dem Gesamtbild der Verhältnisse in den Jahren 2013 bis 2016 noch im Streitjahr 2016 erfüllt.
46Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage. Sie wiederholt hierbei ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren und führt dieses weiter aus.
47Sie führt zunächst ihr Vorbringen zum Sachverhalt weiter aus. Wie bereits dargelegt, habe sie das Grundstück erworben, um es zu entwickeln und langfristig zu vermieten. Dazu habe das Gebäude umgebaut und insbesondere für eine Vermietung an die … hergerichtet werden sollen. Dies sei eine kommunalpolitisch zunächst gewollte Projektentwicklung unter dem Arbeitstitel „R“ gewesen. Bis zum Beginn der Umbauarbeiten hätten dabei zunächst die beim Erwerb bestehenden Mietverträge fortgeführt werden sollen. Das ergebe sich auch aus dem – von der Klägerin mit der Klage nochmals eingereichten – Protokoll vom 26.11.2015 über die Gesellschafterversammlung vom 25.11.2015 (dort unter TOP 3). Nach dem Umbau habe eine (Neu-)Vermietung der Immobilie erfolgen sollen. Dem Protokoll sei ferner zu entnehmen, dass sie eine langfristige Immobilieninvestition beabsichtigt habe. Das zeige sich darin, dass die Gesellschafter eine Erhöhung des Stammkapitals von 525.000 € auf 875.000 € (gehalten von zwei der drei Gesellschafter) beschlossen hätten (TOP 3.2). Laut dem Protokoll der Gesellschafterversammlung sei zudem die erforderliche Darlehenszusage der Sparkasse … von der Vorlage der „Wirtschaftlichkeitsberechnung (Gesamtprojektkosten & Mietverträge nach Neuvermietung“) abhängig gewesen (TOP 3.2 vorletzter Absatz). Schließlich gehe aus dem Protokoll hervor, dass die Immobilieninvestition durch sie, die Klägerin, seinerzeit der „Standortentwicklung G“ diene sollte. Die Geschäftsführung sei beauftragt worden, über eine Anpassung der Firmierung nachzudenken und den Gesellschaftern Vorschläge zu unterbreiten (TOP 4.1). Die Firmierung als „A GmbH“ habe aus einer früheren, beendeten Immobilieninvestition resultiert.
48Wie bereits im Einspruchsverfahren verweist die Klägerin darauf, dass sie kurz nach Erwerb des Grundstücks „G“ konkrete baufachliche Planungen für „R“ habe erstellen lassen und verweist hierzu auf den ersten sowie den zweiten überarbeiteten Bauentwurf aus März und April 2016 (erstellt vom Architektenbüro L), welche sie mit der Klage nochmal eingereicht hat. Auch aus den Entwürfen gehe hervor, dass für die Umsetzung der Planungen das weitere der Stadt B gehörende Grundstück habe hinzuerworben werden müssen.
49Die Stadt B habe seinerzeit bereits ihre Bereitschaft signalisiert, dem Verkauf des Grundstücks an die Klägerin zuzustimmen und dem Stadtrat einen entsprechenden Vorlagebeschluss unterbereitet. Die Klägerin verweist hierzu auf den von ihr eingereichten Artikel in der … Zeitung vom ….2016. Der Vorlagebeschluss sei dann vom Stadtrat am ….2016 verhandelt worden. Aufgrund der Berichterstattung in der lokalen Presse sei es bereits im Vorfeld der Ratssitzung zu einer lebhaften öffentlichen Diskussion über die Zukunft des Grundstücks „G“ und des benachbarten Grundstücks der Stadt B gekommen. So habe sich nach Bekanntwerden der Pläne der Stadt B und der Klägerin ein lokales „…“ gegründet. Dieses habe zum Ziel gehabt, die Umsetzungen der Planungen nicht zuzulassen, sondern die Grundstücke einer anderen Nutzung als innerstädtische Grünanlage zuzuführen (nach Entmietung und Abriss der Bestandsimmobilie). Eine solche Nutzung sei bis zu dem Zeitpunkt aus Haushaltsgründen nicht ernsthaft erwogen worden. Die weitere Diskussion in der Öffentlichkeit und die Beratung in den politischen Gremien hätten jedoch zu dem Ergebnis geführt, dass die Finanzierung nun durch Bundes- und Landesmittel realisierbar erschien. Der Stadtrat habe dann in seiner Sitzung am ….2016 einen entsprechenden Grundsatzbeschluss gefasst. Hierzu hat die Klägerin mit der Klage einen Internet-Ausdruck zum vorgenannten „…“, die drei bereits im Einspruchsverfahren vorgelegten Presseartikel, den ebenfalls bereits im Einspruchsverfahren vorgelegten Ausdruck einer Email des Bürgermeisters der Stadt B an die Mieter der Immobilie „G“ vom 13.5.2016 sowie einen weiteren Artikel aus der … Zeitung vom ….2016 eingereicht. Aus dem letztgenannten Artikel ergebe sich ein knapper und zusammenfassender Überblick zur Chronologie der Ereignisse.
50In der Folge dieser kommunalpolitischen Diskussion sei die Stadt B zum einen nicht mehr bereit gewesen, ihr Grundstück an sie, die Klägerin zu verkaufen. Zum anderen habe die Stadt auf sie, die Klägerin, eingewirkt, dem öffentlichen Drängen nachzugeben, ihre Umbauabsichten und ihre langfristig geplante Nutzung durch die Vermietung als „R“ aufzugeben und das Grundstück „G“ an die Stadt zu verkaufen. Sie habe dann ihre ursprünglichen Absichten aufgegeben und das Grundstück mit Vertrag vom 7.11.2016 an die Stadt verkauft.
51Der Vorsitzende hat die Klägerin mit Verfügung vom 3.3.2022 u.a. gebeten, Unterlagen zu der nach ihrem Vorbringen beabsichtigten geplanten Verwendung des Objekts vorzulegen (etwa Unterlagen über die nach ihrem Vorbringen geplante Vermietung an die … sowie die nach ihrem Vorbringen stattgefundenen Vorgespräche mit künftigen Mietinteressenten). Daraufhin hat die Klägerin erklärt, es seien Vorgespräche mit Interessenten für die Anmietung der Räumlichkeiten in der noch umzugestaltenden Immobilie geführt worden, wie aus dem von ihr angeführten Protokoll über die Gesellschafterversammlung hervorgehe (s.o.). Diese Gespräche seien jedoch zu einem Zeitpunkt geführt worden, als sich die Planungen zur Neugestaltung noch in einem Anfangsstadium befunden hätten. Es existierten daher keine schriftlich festgehaltenen Absichtserklärungen, Vertragsentwürfe etc. Gleiches gelte auch für die geplante Vermietung an die …. Auch hier seien seinerzeit noch keine schriftlichen Vereinbarungen getroffen worden, ebenfalls in Anbetracht der Tatsache, dass der für das Projekt entscheidende Erwerb des Nachbargrundstücks noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Die Klägerin weist insoweit allerdings auf die von ihr vorgelegten Planungsunterlagen des Architekten hin, der die Nutzung durch die … nicht zuletzt in die grafische Gestaltung der Unterlagen habe mit einfließen lassen. Hieraus sei ersichtlich, dass eine Überlassung an die … nicht nur als Nutzungsmöglichkeit angesehen worden, sondern vielmehr ihr angestrebtes Ziel gewesen sei.
52Mit der o.g. Verfügung vom 3.3.2022 hat der Vorsitzende die Klägerin des Weiteren gebeten, darzulegen, ob eine Veräußerung des Grundstücks von ihr zumindest eine als möglich berücksichtigte Verwendung gewesen sei. Die Klägerin hat daraufhin erklärt, der Weiterverkauf des Grundstücks sei von ihr zu keinem Zeitpunkt als mögliche Option zu dessen Nutzung in Betracht gezogen worden. Die letztendliche Veräußerung sei allein als Reaktion auf die politischen Entscheidungen vorgenommen worden, zu denen es erst nach dem Erwerb des Grundstücks gekommen sei.
53In der mündlichen Verhandlung und auf das dortige Vorbringen des FA zur Bilanzierung des Grundstücks im Umlaufvermögen (s.u.) hin hat die Klägerin ergänzend erklärt, hierzu habe sie bereits ausgeführt (s.o.). Es sei seinerzeit so gewesen, dass sich im Jahr 2016 herausgestellt habe, dass das Grundstück wieder veräußert werden würde. Bei der Aufstellung der Bilanz sei das schon klar gewesen. Aus diesem Grund sei dann das Grundstück im Umlaufvermögen bilanziert worden. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben des Weiteren erklärt, hierzu liege in ihren Akten auch ein Vermerk vor, dass das aus diesen Gründen seinerzeit so gemacht worden sei. Es handele sich um einen Vermerk, der seinerzeit bei der Bilanzaufstellung zu diesem Zweck erstellt worden sei. Diesen könne er kurzfristig einreichen.
54In rechtlicher Hinsicht macht die Klägerin geltend, sie sei i.S.v. § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG tätig geworden, habe also ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und genutzt. Für die Qualifikation sei entscheidend, ob sich die Veräußerung als letzter Teil der auf Fruchtziehung gerichteten Tätigkeit darstelle oder ob die Substanzverwertung durch Umschichtung in Form eines Grundstückshandels in den Vordergrund trete. Sie habe bei Erwerb des Grundstücks keine Weiterveräußerungsabsicht gehabt, sondern die Absicht, das Grundstück langfristig durch Vermietung zu nutzen. Auch wenn sie das Grundstück dann aufgrund von zwingenden Gründen frühzeitig wieder verkauft habe, bleibe die Tätigkeit nach den allgemeinen Grundsätzen der Rechtsprechung vermögensverwaltend.
55Der vom FA angeführte Umstand, dass es sich um ein Großobjekt gehandelt habe, ändere daran nichts. Nach der Rechtsprechung sei für die Abgrenzung von Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel die Größe des Objekts ohne Bedeutung. Eine Abgrenzung folge den gleichen Grundsätzen, auch wenn das oder die Objekte Großobjekte sind, die eine Tätigkeit von großem Umfang und nach kaufmännischen Gesichtspunkten erfordern oder für die ein erheblicher Fremdkapitaleinsatz erfolgt. Eine Vermietung sei grundsätzlich Vermögensverwaltung, auch wenn in einem Gebäude eine Vielzahl kleinerer Flächen (Läden, Stände etc.) vermietet würde.
56Ebenso ändere der vom FA angeführte Umstand, dass zwei ihrer drei Gesellschafter aus der Baubranche stammen, nichts daran, dass ihrer Tätigkeit vermögensverwaltend gewesen sei. Die Beteiligung von Unternehmen aus der Baubranche als Gesellschafter sei nach allgemeinen Grundsätzen nicht schädlich für eine erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG. Im Streitfall bestätige die Beteiligung der Gesellschafter sogar ihr tatsächliches Vorbringen. Beide von ihr in der Vergangenheit gehaltenen Objekte „F“ und „G“ lägen in der … Innenstadt und seien für die aktuelle Stadtentwicklung von Bedeutung. Sofern ihre Gesellschafter neben dem Erhalt von Bauaufträgen beim Umbau eine größere unternehmerische Chance durch An- und Verkauf dieser Grundstücke bzw. der (umgebauten) Bestandsimmobilien gesehen hätten, wäre ein direkter Erwerb durch ihre Bauunternehmen oder eine klassische Arbeitsgemeinschaft (Bau-ARGE), wie sie ihre Gesellschafter regelmäßig praktizieren, die naheliegende Organisationsform für die Projekte gewesen. Ihre Gesellschafter hätten sich aber gerade nicht dafür, sondern für die Gründung einer gemeinsamen GmbH zum Zweck des Erwerbs und der anschließenden Vermietung entschieden. Eine Bauträgertätigkeit der Klägerin habe nicht vorgelegen und sei auch nicht beabsichtigt gewesen. Hierfür sei eine spezielle Gewerbeerlaubnis für Bauträger nach § 34c Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a GewO erforderlich. Die Klägerin hat zunächst erklärt, eine solche Erlaubnis habe sie gerade nicht beantragt und sei ihr nicht erteilt worden. Daraufhin hat das FA mitgeteilt, der Klägerin sei unter dem Datum vom 14.11.2013 eine solche Gewerbeerlaubnis vom Kreis … erteilt worden (s.u.). Daraufhin hat die Klägerin erklärt, die vorgenannte Gewerbeerlaubnis sei ihr tatsächlich erteilt worden. Sie habe jedoch im Jahr 2016 von dieser Erlaubnis keinen Gebrauch gemacht und tatsächlich keine Bauträgertätigkeit ausgeübt. Das Vorliegen der Gewerbeerlaubnis sei wegen einer personellen Veränderung bei ihr, der Klägerin, nicht mehr aktenkundig gewesen und selbst ihrem (inzwischen ehemaligen) Geschäftsführer (Herrn N) nicht mehr bekannt gewesen. Die Klägerin hat hierzu weiter ausgeführt, eine solche Gewerbeerlaubnis werde bei den weiteren Beteiligungen der beiden Gesellschafter aus der Baubranche regelmäßig beantragt und dort dann auch ausgeübt. Das sei auch bei dem anderen zunächst von ihr gehaltenen Grundstück „F“ der Fall gewesen, allerdings erst ab 2018 und in einer anderen Gesellschaft mit einer solchen Gewerbeerlaubnis. Dass sie, die Klägerin, beim Verkauf des Grundstücks „G“ ihre Aufwendungen für die Projektentwicklung als Teil des Verkaufspreises der Stadt B berücksichtigt habe, sei im Übrigen nicht dadurch begründet, dass sie eine Bauträgertätigkeit ausgeübt habe und deren Vergütung von vornherein beabsichtigt gewesen sei, sondern dadurch, dass ihre ursprüngliche Absicht, mittels der Projektentwicklung die eigene spätere Vermietungstätigkeit zu sichern, nicht mehr umzusetzen gewesen sei. Es habe sich um den Ersatz vergeblicher Aufwendungen gehandelt. Aus einem anderen Grund wäre die Stadt B sicherlich nicht bereit gewesen, diese Aufwendungen zu vergüten, da sie das Grundstück ja erworben habe, um das Gebäude abzureißen und eine Grünanlage zu errichten.
57Die Klägerin macht geltend, sie sei im Streitjahr 2016 auch in zeitlicher Hinsicht ausschließlich i.S.v. § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG tätig gewesen. Zum einen habe sie ihre grundbesitzverwaltende Tätigkeit bis zum Ende des Erhebungszeitraums 2016 ausgeübt. Beim Verkauf des Grundstücks mit dem Kaufvertrag vom 7.11.2016 sei das wirtschaftliche Eigentum am 31.12.2016 übergegangen. Der BFH habe aber angenommen, dass bei einem Verkauf mit Übergang des wirtschaftlichen Eigentums zum 31.12. eines Jahres die begünstigte Tätigkeit i.S.v. § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG im gesamten Erhebungszeitraum ausgeübt worden sei (Hinweis auf BFH, Urteil vom 11.8.2004 I R 89/03, BStBl II 2004, 1080). Zwar sei im dortigen Streitfall der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums am 31.12. „um 23.59 Uhr“ festgelegt gewesen, während im vorliegenden Streitfall der Übergang laut Vertrag „ab Beginn des 31.12.2016“ erfolgen sollte. Das sei jedoch kein entscheidender Unterschied, da in beiden Fällen ein Übergangszeitpunkt gewählt worden sei, welcher aus rein technischen Gründen kurz vor Ende des Jahres gelegen habe (ähnliche der sog. juristischen Sekunde). Zum anderen sei es so, dass das Merkmal der Ausschließlichkeit nicht verlange, dass die grundbesitzverwaltende Tätigkeit tatsächlich während des gesamten Erhebungszeitraums ausgeübt worden sei. Sie könne auch vorzeitig enden. Wenn das jeweilige Unternehmen aber tätig sei, müsse die Haupttätigkeit in der Grundbesitzverwaltung bestehen. Das sei aber vorliegend erfüllt, da sie, die Klägerin, im Jahr 2016 abgesehen von der Entwicklung und Veräußerung des Grundstücks keine weiteren (Neben-)Tätigkeiten ausgeübt habe.
58Das FA habe auf entsprechende Anträge von ihr die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG für die Jahre 2013 und 2014 jeweils anerkannt. Für das Jahr 2015 habe sie keinen Antrag gestellt, weil sich bereits ohne die Kürzung ein Gewerbeverlust ergeben habe.
59Auf die vorgenannten von der Klägerin im Rahmen des Klageverfahrens eingereichten Unterlagen wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
60Die Klägerin beantragt,
61den Gewerbesteuermessbescheid 2016 vom 9.10.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.10.2018 dahingehend zu ändern, dass der Gewerbesteuermessbetrag mit 0 € festgesetzt wird,
62hilfsweise,
63die Revision zuzulassen.
64Das FA beantragt,
65die Klage abzuweisen.
66Das FA verweist zur Begründung auf die von ihm erlassene Einspruchsentscheidung. Ergänzend macht es Folgendes geltend:
67Die Klägerin mache geltend, dass sie zu keinem Zeitpunkt den Weiterverkauf des Grundstücks als mögliche Option zu dessen Nutzung in Betracht gezogen habe. In dem Protokoll vom 26.11.2015 über die Gesellschafterversammlung vom 25.11.2015 (TOP 3.1) heiße es jedoch: „Grundsätzlich wird klargestellt, dass die bestehenden Mietverhältnisse bis auf weiteres, allerdings unter Beobachtung der jeweiligen Kündigungsfristen, fortgesetzt werden.“ Die Formulierung impliziere, dass sehr wohl ein Weiterverkauf des Grundstücks als mögliche Option in Betracht gezogen worden sei. Die Einhaltung der Kündigungsfristen sei aus wirtschaftlicher Sicht zur Vermeidung weiterer Kosten (wie z.B. Entschädigungsleistungen) gerade im Zusammenhang mit einer geplanten Veräußerung sinnvoll.
68Die Klägerin führe selbst aus, über die Vorgespräche mit potenziellen Mietern einschließlich der … lägen keine schriftlichen Unterlagen, Protokolle etc. vor. Zur Glaubhaftmachung solcher Gespräche seien aus Sicht des FA die Benennung der Gesprächspartner und die Darlegung der geführten Gespräche aus Sicht der Interessenten im Rahmen von Zeugenaussagen geeignet. Zeugenaussagen von Gesellschaftern und Mitarbeitern der Klägerin seien aus Sicht des FA hierzu eher nicht weiterführend.
69Ungeachtet dessen stehe die Akquise neuer Mieter aber einer Veräußerung nicht entgegen. Gerade bei einem Großobjekt mit Wohnungen und gewerblichen Einheiten wirkten sich bestehende Mietverträge kaufpreiserhöhend aus, da ein Erwerber an gesicherten Mieteinnahmen interessiert sei.
70In der mündlichen Verhandlung und im Anschluss an die dortige Beweisaufnahme hat das FA ergänzend erklärt, aus seiner Sicht sei weiterhin die Bilanzierung des Grundstücks im Umlaufvermögen bei der Klägerin ein starkes Indiz für die bereits anfänglich bestehende Veräußerungsabsicht.
71Das FA hat während des Klageverfahrens mitgeteilt, entgegen dem ursprünglichen Vorbringen der Klägerin sei dieser unter dem Datum vom 14.11.2013 vom Kreis … eine Gewerbeerlaubnis für Bauträger nach § 34c Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c GewO erteilt worden. Das FA hat hierzu die entsprechenden Unterlagen zum vorliegenden Klageverfahren übersandt, auf welche wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.
72Des Weiteren hat das FA darauf hingewiesen, dass die Klägerin sich mit Vertrag vom 1.6.2018 atypisch still an der H GmbH & Co. KG mit einer Einlage i.H.v. 1.800.000 € beteiligt habe (s.o. zu den Einzelheiten zu diesem Vorbringen des FA). Auch diese Tätigkeit in den Folgejahren zeige, dass es sich bei der Klägerin nicht um ein begünstigtes Unternehmen i.S.v. § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG handele.
73Das FA macht darüber hinaus geltend, das von der Klägerin zur Frage der zeitlichen Ausschließlichkeit angeführte Urteil des BFH (vom 11.8.2014 I R 89/03, BStBl II 2004, 1080) sei im Streitfall nicht einschlägig. Dort sei das Grundstück tatsächlich nur eine Minute vor Mitternacht übergegangen (31.12., 23.59 Uhr), was – wie der BFH angenommen habe – mit einer juristischen Sekunde vergleichbar sei. Im Streitfall sei das jedoch anders, da das Grundstück hier ab Beginn des 31.12. und damit einen ganzen Tag vor Ende des Jahres übergangen sei. Nach der Rechtsprechung des BFH schließe aber die Übertragung des einzigen und letzten Grundstücks einer bis zu diesem Zeitpunkt grundbesitzverwaltenden Kapitalgesellschaft die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG für dieses Jahr aus.
74Der Senat hat am 27.10.2022 mündlich verhandelt. In der mündlichen Verhandlung hat er Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Herrn N, Herrn O, Herrn P und Herrn Q. Wegen des Inhalts der Zeugenaussagen wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 27.10.2022 Bezug genommen.
75E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
76Die Klage ist begründet. Der von der Klägerin angefochtene Gewerbesteuermessbescheid 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
77I. Das FA hat im Rahmen der Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrags der Klägerin zu Unrecht die sog. erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG nicht vorgenommen.
78Nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG wird die Summe des Gewinns um 1,2 Prozent des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes gekürzt (sog. einfache Kürzung). Maßgebend ist der Einheitswert, der auf den letzten Feststellungszeitpunkt (Hauptfeststellungs-, Fortschreibungs- oder Nachfeststellungszeitpunkt) vor dem Ende des Erhebungszeitraums i.S.v. § 14 GewStG lautet.
79Nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG tritt an die Stelle der Kürzung nach Satz 1 auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung, errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrages, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt (sog. erweiterte Kürzung). Weitere Einzelheiten hierzu sind in § 9 Nr. 1 Satz 3 bis 6 GewStG geregelt.
801. Die Klägerin hat den für die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG erforderlichen Antrag für den Erhebungszeitraum 2016 gestellt. Der Erhebungszeitraum 2016 ist hierbei nach § 14 Satz 2 GewStG das gesamte Kalenderjahr 2016.
812. Als Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH hat die Klägerin die Möglichkeit, die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Nr. 2 ff. GewStG in Anspruch zu nehmen. Die Regelung erfasst alle gewerblichen Unternehmen unabhängig von der Rechtsform.
823. Die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG setzt des Weiteren voraus, dass die Klägerin im Erhebungszeitraum 2016 ein grundbesitzverwaltendes Unternehmen war, also im vorgenannten Erhebungszeitraum eigenen Grundbesitz verwaltet und genutzt hat. Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt.
83a) Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Frage, ob ein Unternehmer den eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt, bedeutungsgleich mit der einkommensteuerrechtlichen Frage, ob noch eine vermögensverwaltende Tätigkeit und keine gewerblichen Einkünfte i.S.v. § 15 Abs. 2 EStG und damit auch i.S.v. § 2 Abs. 1 GewStG vorliegen (vgl. etwa BFH, Urteil vom 13.8.1997 I R 61/96, BStBl II 1998, 270 Rz. 13; Wagner in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, 2. Aufl. 2022, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 35; Gosch in Brandis/Heuermann, § 9 GewStG Rz. 58, jeweils m.w.N.).
84Erforderlich ist demnach, dass der Unternehmer sich im Rahmen der Vermögenverwaltung hält und noch nicht gewerblich tätig ist. Die Frage der gewerblichen Tätigkeit richtet sich nach der Art der Tätigkeit. Dass eine Kapitalgesellschaft – wie die Klägerin – nach § 2 Abs. 2 GewStG als Gewerbebetrieb kraft Rechtsform gilt, bleibt bei der vorgenannten Abgrenzung außer Betracht. Unter der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes i.S.e. Vermögensverwaltung ist insbesondere dessen Vermietung und Verpachtung zu verstehen. Dass eine solche Vermietung und Verpachtung ein Großobjekt oder eine Gewerbeimmobilie betrifft und etwa einen erheblichen Einsatz an Arbeitskraft oder Personal mit sich bringt, macht diese noch nicht zu einer gewerblichen Tätigkeit (vgl. etwa Wagner in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, 2. Aufl. 2022, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 39, m.w.N.). Auch die Neubautätigkeit oder sonstige Bautätigkeit auf eigenem Grund und Boden mit der Absicht, das errichtete oder umgebaute Objekt in der Folge zu behalten und durch Vermietung und Verpachtung zu nutzen, stellt eine Vermögensverwaltung der o.g. Art dar. Die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes umfasst auch die Veräußerung des Grundbesitzes und den hieraus realisierten Gewinn. Das gilt allerdings nur, soweit sich die Veräußerung noch als gelegentliche Veräußerung im Rahmen der Vermögensverwaltung hält (vgl. etwa BFH, Urteil vom 29.4.1987 I R 10/86, BStBl II 1987, 603; Wagner in Wendt/Suchanek/Möllmann/ Heinemann, 2. Aufl. 2022, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 37).
85Auch für die Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG liegt hierbei keine Vermögensverwaltung mehr, sondern eine gewerbliche Tätigkeit vor, wenn die Grenze zum sog. gewerblichen Grundstückshandel überschritten ist (vgl. etwa BFH, Beschluss vom 18.10.2007 I B 148/07, BFH/NV 2008, 542; Wagner in Wendt/Suchanek/Möllmann/ Heinemann, 2. Aufl. 2022, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 35, m.w.N.).
86Ein gewerblicher Grundstückshandel nach den von der Rechtsprechung für § 15 Abs. 2 EStG entwickelten und auch im Bereich des § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG anzuwendenden Grundsätzen liegt darin, dass es dem Grundstückshändler nicht primär um die Nutzung des Grundbesitzes durch Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz (insbesondere durch Vermietung) geht, sondern die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung in den Vordergrund treten (vgl. etwa Wacker in Schmidt, 41. Aufl. 2022, § 15 EStG Rz. 47, m.w.N.). Hierbei hat die Rechtsprechung des BFH die typisierende Regel der sog. Drei-Objekte-Grenze aufgestellt. Danach liegt in der zeitlich eng zusammenhängenden Veräußerung von mehr als drei in zumindest bedingter Veräußerungsabsicht angeschafften bzw. errichteten Objekten ein starkes Beweisanzeichen bzw. Indiz für den gewerblichen Betätigungswillen (i.S. einer Absicht der Veräußerung bzw. Substanzverwertung, vgl. etwa Wacker in Schmidt, 41. Aufl. 2022, § 15 EStG Rz. 47, m.w.N.). Der vorgenannte enge zeitliche Zusammenhang muss sowohl zwischen der Anschaffung/Errichtung sowie Veräußerung der einzelnen Objekte als auch zwischen den Veräußerungen der hiernach einzubeziehenden Objekte bestehen. Beide Zeiträume betragen nach der Rechtsprechung des BFH grundsätzlich fünf Jahre (vgl. etwa Wacker in Schmidt, 41. Aufl. 2022, § 15 EStG Rz. 53, m.w.N.).
87Wird die vorgenannte Drei-Objekte-Grenze nicht überschritten, kann ein gewerblicher Grundstückshandel gleichwohl zu bejahen sein, jedoch nur unter „ganz besonderen Umständen“ (vgl. etwa Wacker in Schmidt, 41. Aufl. 2022, § 15 EStG Rz. 62, m.w.N.). Das Kennzeichen dieser Umstände ist, dass eine unbedingte Veräußerungsabsicht bereits im Zeitpunkt des Grundstücksankaufs bzw. der Bauverpflichtung (Abschluss des Bauvertrags etc.) vorlag bzw. aus den Umständen zu schließen ist (vgl. etwa Krumm in Kirchhof/Seer, 21. Aufl. 2022, § 15 EStG Rz. 122; Wacker in Schmidt, 41. Aufl. 2022, § 15 EStG Rz. 62, jeweils m.w.N.). Eine bloße bedingte Veräußerungsabsicht genügt hier demgegenüber nicht (vgl. etwa Krumm in Kirchhof/Seer, 21. Aufl. 2022, § 15 EStG Rz. 122, m.w.N.). Besondere Umstände, welche auf eine unbedingte Veräußerungsabsicht schließen lassen, können etwa vorliegen, wenn das Grundstück bereits vor der Bebauung veräußert worden ist oder das erworbene Grundstück vor seiner Bebauung von vornherein auf Rechnung des Erwerbers oder nach den Wünschen des Erwerbers bebaut wird. Auch anderweitige Umstände können auf eine unbedingte Veräußerungsabsicht bereits zu den vorgenannten Zeitpunkten schließen lassen (vgl. etwa Krumm in Kirchhof/Seer, 21. Aufl. 2022, § 15 EStG Rz. 122; Wacker in Schmidt, 41. Aufl. 2022, § 15 EStG Rz. 62, jeweils m.w.N.).
88Maßgeblich für die gesamte vorgenannte Abgrenzung ist jeweils die tatsächliche Geschäftsführung und nicht – wie das FA vorliegend aber anführt – der sich aus der Satzung oder anderen Unterlagen ergebende Geschäftszweck (vgl. etwa Güroff in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 103, m.w.N.).
89b) Ausgehend von diesen Grundsätzen war die Klägerin im Erhebungszeitraum 2016 ein grundbesitzverwaltendes Unternehmen. Sie hat im vorgenannten Erhebungszeitraum eigenen Grundbesitz verwaltet und genutzt und war nicht gewerblich tätig.
90aa) Die Klägerin hat die Drei-Objekte-Grenze nicht überschritten. Sie hat sicher zwei und möglicherweise auch drei Objekte in dem hierfür relevanten Zeitraum von fünf Jahren veräußert. Das erste Objekt war hierbei das Objekt „F“, welches sie mit Kaufvertrag vom 10.12.2014 veräußert hat. Das zweite Objekt war das in Rede stehende Grundstück „G“, welches sie mit Vertrag vom 7.11.2016 veräußert hat. Das mögliche dritte Objekt kann sich aus der vom FA angeführten atypisch stillen Beteiligung seit dem 1.6.2018 ergeben haben. Der Gewinn, den die Klägerin in 2019 aus dieser erzielt hat, soll auf einer einmaligen Grundstücksveräußerung beruht haben (s. zur Einbeziehung der Aktivitäten von Personengesellschaften etwa Wacker in Schmidt, 41. Aufl. 2022, § 15 EStG Rz. 73). Der Zeitraum von fünf Jahren ist vom ersten Verkauf am 10.12.2014 an zu bemessen, d.h. er lief bis zum 10.12.2019. Es kann daher nach Aktenlage nicht abschließend festgestellt werden, ob die im Rahmen der atypisch stillen Beteiligung zu berücksichtigende Veräußerung noch innerhalb dieses Zeitraums lag. Hierzu mussten allerdings keine weiteren Ermittlungen angestellt werden. Vielmehr konnte dies im vorliegenden Klageverfahren offen gelassen werden. Auch unter Einbeziehung dieser Veräußerung hat die Klägerin nämlich höchstens drei Objekte im hierfür relevanten Zeitraum von fünf Jahren veräußert. Für ein Überschreiten der Drei-Objekte-Grenze ist aber die Veräußerung von mehr als drei, d.h. mindestens von vier Objekten im Zeitraum von fünf Jahren erforderlich.
91Dass die Klägerin – wie das FA in der mündlichen Verhandlung vorgebracht hat – möglicherweise am 18.6.2020 ein weiteres Grundstück in J erworben hat, ändert an der vorgenannten Beurteilung ebenfalls nichts. Zum einen liegt der vorgenannte Zeitraum des 18.6.2020 außerhalb des o.g. Zeitraums von fünf Jahren, welcher bis zum 10.12.2019 lief. Zum anderen handelte es sich laut dem Vorbringen des FA zunächst lediglich um den Erwerb eines Grundstücks. Auch das FA hat nichts dazu vorgebracht, dass und ggf. wann dieses Grundstück von der Klägerin inzwischen wieder veräußert wurde. Für die o.g. Drei-Objekte-Grenze kommt es aber nicht auf den Erwerb von Grundstücken, sondern auf deren Veräußerung an. Aus beiden vorgenannten Gründen kann das vom FA in der mündlichen Verhandlung benannte mögliche Objekt in J nicht dazu führen, dass dieses als viertes Objekt für die o.g. Drei-Objekte-Grenze zu berücksichtigen und damit die Grenze überschritten sein könnte.
92bb) Die Tätigkeit der Klägerin im Erhebungszeitraum 2016 und vor allem die dortige Veräußerung des Grundstücks „G“ stellte sich auch nicht aus anderen Gründen als eine gewerbliche Tätigkeit dar, sondern bestand in einer vermögensverwaltenden Tätigkeit i.S. einer Verwaltung und Nutzung ihres eigenen Grundbesitzes.
93(1) Insbesondere hat die Klägerin weder beim Erwerb des Grundstücks „G“ noch später bis zur Aufgabe ihrer ursprünglichen Pläne zur Umgestaltung des Grundstücks eine unbedingte Veräußerungsabsicht gehabt. Erst mit der Aufgabe ihrer ursprünglichen Pläne zur Umgestaltung des Grundstücks hat sie den Entschluss gefasst, das Grundstück an die Stadt B zu veräußern.
94In tatsächlicher Hinsicht stellt sich der tatsächliche Geschehensablauf nach der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) wie folgt dar:
95Der Senat geht davon aus, dass die Klägerin entsprechend ihrem Vorbringen das Grundstück „G“ mit dem Kaufvertrag vom 24.11.2015 mit der Absicht gekauft hat, dieses in baulicher Hinsicht zu entwickeln und umzugestalten, um es danach zu vermieten und im eigenen Bestand zu halten. Diese Absicht verfolgte die Klägerin auch in der Folge. Dass die Klägerin das Grundstück dann mit Vertrag vom 7.11.2016 an die Stadt B verkauft hat, beruhte darauf, dass die Klägerin ihre Pläne zur baulichen Entwicklung und Umgestaltung des Grundstücks aufgrund der kommunalpolitischen Entwicklungen in der Stadt B nicht mehr umsetzten konnte. Nach diesen auf einer öffentlichen Diskussion beruhenden kommunalpolitischen Entwicklungen bestand bei der Stadt B nunmehr der politische Wille, dass auf dem ihr gehörenden Grundstück und dem der Klägerin gehörenden Grundstück „G“ eine Parkanlage errichtet werden sollte. Daraufhin gab die Klägerin die bisher von ihr verfolgten Pläne auf und entschloss sich, das Grundstück an die Stadt B zu veräußern.
96Der vorstehende Geschehensablauf ist zum Teil durch die von der Klägerin eingereichten Unterlagen belegt. Es liegen sowohl Unterlagen dazu vor, dass die Klägerin beabsichtigte, das Grundstück in baulicher Hinsicht umzugestalten und zu vermieten. Hierzu liegen insbesondere Entwürfe des Architekten P vor. Dass die Klägerin beabsichtigte, das Grundstück „G“ unter Hinzuerwerb des daneben belegenen Grundstücks der Stadt B umzugestalten und künftige Mietinteressenten für die Zeit nach der Umgestaltung suchte, ergibt sich zudem aus dem Protokoll vom 26.11.2015 über die Gesellschafterversammlung vom 25.11.2015. Auch die glaubhaften Aussagen des Zeugen P sowie die ebenfalls glaubhaften Aussagen der Zeugen N, O und Q bestätigen die vorgenannten Umstände. Dass die vorgenannten Pläne der Klägerin aufgrund der öffentlichen Diskussion und der dadurch ausgelösten kommunalpolitischen Entwicklung nicht mehr umsetzbar waren, wird ebenfalls durch die verschiedenen von der Klägerin hierzu eingereichten Unterlagen belegt, vor allem durch die hierzu vorgelegten Zeitungsartikel und den Ausdruck der Email des Bürgermeisters der Stadt B vom ….2016. Auch hier bestätigen die glaubhaften Aussagen vor allem des Zeugen N sowie der Zeugen P und Q die vorgenannten Umstände. Dass die Klägerin sich erst und nur aufgrund dieser veränderten Umstände dazu entschlossen hat, ihre Pläne aufzugeben und das Grundstück an die Stadt B für die Errichtung der Parkanlage zu verkaufen, ist zum einen aufgrund des gesamten vorgenannten Geschehensablaufs plausibel. Zum anderen ergibt sich das aus der glaubhaften Aussage des Zeugen N.
97Von einer unbedingten Veräußerungsabsicht der Klägerin könnte angesichts dessen nur dann ausgegangen werden, wenn – wie das FA annimmt – die Klägerin bei Erwerb des Grundstücks „G“ die Absicht gehabt haben sollte, das Grundstück zwar zunächst wie vorstehend dargestellt umzugestalten und zu vermieten, dann aber das umgestaltete Grundstück wieder zu veräußern. Der Senat ist jedoch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO), dass dies nicht so war, d.h., dass die Klägerin eine solche Absicht nicht hatte, sondern vielmehr die Absicht hatte, das umgestaltete Grundstück zu vermieten und langfristig im Bestand zu halten. Unterlagen, welche zu der vorgenannten Frage unmittelbar ergiebig sind, liegen zwar nicht vor. Jedoch hat der Zeuge N bekundet, dass es im Bereich der Bauunternehmung C so war, dass bei Objektgesellschaften, wie es die Klägerin war, das Objekt nachdem es entwickelt war, regelmäßig im Bestand der Gesellschaft gehalten wurde und über die langfristige Vermietung das Objekt refinanziert wurde. Er hat auch ausdrücklich bekundet, dass bei der Klägerin dies die ursprüngliche Absicht bzw. der Plan gewesen sei, nämlich, dass das Grundstück im langfristigen Bestand der Klägerin gehalten werden sollte. Der Senat hält die Aussage des Zeugen N für glaubhaft. Sie fügt sich plausibel ein in die weiteren Schilderungen des Zeugen. Dass der Zeuge N seinerzeit Geschäftsführer der Klägerin war, spricht für sich genommen zudem nicht gegen seine Glaubwürdigkeit. Konkrete Anhaltspunkte, die seine Glaubwürdigkeit zweifelhaft erscheinen lassen könnten, sind nicht ersichtlich.
98Die Aussagen der weiteren Zeugen widersprechen dem nicht. Die Zeugen P, O und Q haben jeweils bekundet, dass sie im fraglichen Zeitraum keine Kenntnis davon erlangt und nichts dazu wahrgenommen haben, ob die Klägerin das Grundstück „G“ nach der Umgestaltung und Vermietung langfristig behalten oder wieder veräußern wollte. Die Aussagen sind zu der vorgenannten Frage daher nicht ergiebig.
99Der Umstand, dass die Klägerin das Grundstück „G“ in ihrem Jahresabschluss zum 31.12.2016 im Umlaufvermögen angesetzt hat, führt nach Auffassung des Senats nicht zu einer anderen Würdigung. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben hierzu erklärt, dass das Grundstück deshalb im Umlaufvermögen angesetzt wurde, weil bei Aufstellung des Jahresabschlusses bereits klar geworden sei, dass die ursprünglichen Pläne nicht umgesetzt werden konnten und das Grundstück daher doch wieder veräußert werden sollte. Zwar entspricht diese Handhabung nicht den Grundsätzen der (Wert-)Aufhellung (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB). Danach sind zwar Umstände, welche bis zum Bilanzstichtag eingetreten sind, auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erst im Zeitraum bis zur Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt werden. Das gilt jedoch nicht für Umstände, welche erst nach dem Bilanzstichtag eingetreten sind (vgl. etwa Weber-Grellet in Schmidt, 41. Aufl. 2022, § 5 EStG Rz. 81, m.w.N.). Gleichwohl erscheint dem Senat die vorstehende Schilderung insoweit plausibel, dass es auf die geschilderte Weise zu dem Ansatz des Grundstücks im Umlaufvermögen gekommen sein kann, auch wenn dies nicht vollständig sicher ist, weil dem Gericht der laut den Prozessbevollmächtigten der Klägerin hierzu seinerzeit erstellte Vermerk nicht vorliegt. Angesichts dessen kann nach der Auffassung des Senats aus dem Ansatz des Grundstücks im Umlaufvermögen jedenfalls nicht der Schluss gezogen werden, dass die o.g. Aussage des Zeugen N nicht zutrifft und die Klägerin tatsächlich bereits anfänglich die Absicht hatte, das Grundstück nach der Umgestaltung und Vermietung wieder zu veräußern.
100Insgesamt kann nach der Auffassung des Senats nicht festgestellt werden, dass die Klägerin beim Erwerb des Grundstücks „G“ oder später bis zur Aufgabe ihrer ursprünglichen Pläne zur Umgestaltung des Grundstücks eine unbedingte Veräußerungsabsicht gehabt hat. Im Gegenteil ist der Senat insbesondere aufgrund der o.g. Aussage des Zeugen N davon überzeugt (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO), dass die Klägerin eine solche Absicht nicht hatte, sondern vielmehr beabsichtigte, das Grundstück nach der Umgestaltung und Vermietung langfristig zu halten.
101In rechtlicher Hinsicht wäre für die Annahme einer Gewerblichkeit der Veräußerung des Grundstücks „G“ trotz Nichtüberschreitens der Drei-Objekte-Grenze aber erforderlich, dass aufgrund von besonderen Umständen eine unbedingte Veräußerungsabsicht der Klägerin hätte festgestellt werden können (s.o. unter I.3.a). Selbst eine bloße bedingte Veräußerungsabsicht würde insoweit nicht genügen (s. ebenfalls oben unter I.3.a).
102(2) Entgegen den Ausführungen des FA in der Einspruchsentscheidung führt auch der Umstand, dass zwei der drei Gesellschafter der Klägerin, die als Kapitalgesellschaft zudem getrennt von ihren Gesellschaftern zu betrachten war, aus der Baubranche stammten und es sich bei dem Objekt „G“ um ein Großobjekt handelte, nicht zu einer anderen Beurteilung. Diese Umstände genügen als solche nicht, um anzunehmen, dass die o.g. Tätigkeiten der Klägerin trotz des Nichtüberschreitens der Drei-Objekte-Grenze als gewerbliche Tätigkeiten anzusehen waren.
103Auch der Umstand, dass die Klägerin bei der Veräußerung des Grundstücks an die Stadt B Aufwendungen der Geschäftsführung für die Projektentwicklung mit 124 € pro Stunde angesetzt hat und dies laut dem FA der Vorgehensweise eines Bauunternehmers oder Bauträgers entspreche, führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Klägerin hat hierzu erklärt, es habe sich hierbei um den Ersatz vergeblicher Aufwendungen gehandelt, nachdem ihre ursprünglichen Pläne zur Umgestaltung und Vermietung des Grundstücks nicht mehr umzusetzen gewesen seien und die Stadt B das Grundstück für die Errichtung der Parkanlage habe erwerben wollen. Diese Erläuterung der Klägerin passt zum gesamten oben dargestellten Geschehensablauf. Es kann nicht etwa angenommen werden, dass die Klägerin bei der Entwicklung des Grundstücks für die Stadt B als Bauträger tätig geworden ist und daher später bei der Veräußerung die vorgenannten Beträge in Ansatz gebracht hat. Nach dem gesamten Geschehensablauf steht fest, dass die Klägerin nicht etwa von Anfang an eine Veräußerung an die Stadt B beabsichtigt hat. Diese wollte das Grundstück vielmehr erst nach und aufgrund der o.g. kommunalpolitischen Entwicklungen erwerben. Für die beabsichtigte Verwendung als Parkanlage hatte die bisherige Tätigkeit der Klägerin für sie auch keinen Wert mehr. Die Vergütung lässt sich daher plausibel nur wie von der Klägerin vorgebracht als Ersatz vergeblicher Aufwendungen erklären, welche die Stadt B bereit war zu zahlen, weil sie das Grundstück jetzt für ihre geänderten Pläne benötigte.
104(3) Gleiches gilt für die vom FA in der Einspruchsentscheidung in Bezug genommenen weiteren Umstände in Form der Fassung des Gesellschaftsvertrags, des Handelsregisterauszugs, der Gewerbeanmeldung und des Fragebogens zur steuerlichen Erfassung. Diese Umstände können als solche nicht zur Annahme einer gewerblichen Tätigkeit führen. Vielmehr kommt es hierfür auf den tatsächlichen Geschehensablauf an, also auf welche Weise die Klägerin tatsächlich tätig geworden ist (s. hierzu und zur Beurteilung des tatsächlichen Tätigwerdens der Klägerin oben unter I.3.b aa und bb (1)). Das gilt ebenso für den Umstand, dass die Klägerin eine Gewerbeerlaubnis für Bauträger nach § 34c Abs. 1 Nr. 2 GewO besaß, welche nach dem Vorbringen der Klägerin bei ihr im fraglichen Zeitraum nicht mehr aktenkundig gewesen und von ihr nicht ausgeübt worden sei. Auch insoweit kommt es nicht auf diesen Umstand, sondern auf das tatsächliche Tätigwerden der Klägerin an (s. auch hier zur Beurteilung des tatsächlichen Tätigwerdens der Klägerin oben unter I.3.b aa und bb (1)).
1054. Für die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG muss die Klägerin im Erhebungszeitraum 2016 zudem ausschließlich ihren eigenen Grundbesitz oder neben dem eigenen Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwaltet und genutzt haben (§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG). Nach der Rechtsprechung des BFH ist der Begriff der Ausschließlichkeit hierbei gleichermaßen qualitativ, quantitativ wie auch zeitlich zu verstehen (vgl. etwa BFH, Urteile vom 26.2.2014 I R 47/13, BFH/NV 2014, 1395 und I R 6/13, BFH/NV 2014, 1400). Das bedeutet, dass der Unternehmer ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen darf, dass die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes die (abgesehen von zulässigen Nebentätigkeiten) ausschließliche Tätigkeit des Unternehmers sein darf und dass der Unternehmer nach einer etwaigen Beendigung der begünstigten Tätigkeit während des Erhebungszeitraums keine anderweitige Tätigkeit ausüben darf. Nach der o.g. Beurteilung zur Tätigkeit der Klägerin (s.o. unter I.3.) ergibt sich für den Streitfall ohne Weiteres, dass die Klägerin in qualitativer und quantitativer Hinsicht ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und genutzt hat. Jedoch hat die Klägerin im Erhebungszeitraum 2016 auch in zeitlicher Hinsicht ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und genutzt.
106a) Bei der Frage der zeitlichen Ausschließlichkeit verhält es sich nach der Rechtsprechung des BFH so, dass zwar die Verwaltung und Nutzung von eigenem Grundbesitz nicht während des gesamten Erhebungszeitraums bestanden haben muss. Sie kann auch vorzeitig enden. Aber solange das Unternehmen im Erhebungszeitraum überhaupt tätig ist, muss seine Haupttätigkeit in der schlichten Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes durchgängig bestehen, um begünstigt zu sein (vgl. BFH, Urteil vom 20.1.1982 I R 201/78, BStBl II 1982, 477; Urteile in BFH/NV 2014, 1395 und in BFH/NV 2014, 1400). Die erweiterte Kürzung kann nach der Rechtsprechung daher nicht gewährt werden, wenn das letzte Grundstück vor Ablauf des Erhebungszeitraums veräußert und nicht mehr ausschließlich Grundbesitz verwaltet wird (vgl. BFH, Urteil in BStBl II 1982, 477; in BFH/NV 2014, 1395; in BFH/NV 2014, 1400; vom 19.10.2010 I R 1/10, BFH/NV 2011, 841; vom 19.12.2007 I R 46/07, BFH/NV 2008, 930, unter II.3.; Beschlüsse vom 12.7.1999 I B 5/99, BFH/NV 2000, 79; vom 14.4.2000 I B 104/99, BFH/NV 2000, 1497). Das gilt nach der Rechtsprechung insbesondere auch, soweit das Unternehmen nach einer solchen Veräußerung lediglich eigenes Kapitalvermögen verwaltet und nutzt. Diese Tätigkeit erfolgt dann nämlich nicht – wie nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zulässig – neben der Verwaltung und Nutzung von eigenem Grundbesitz, sondern zeitlich nach dieser (vgl. BFH, Urteil in BStBl II 1982, 841; in BFH/NV 2014, 1395; in BFH/NV 2014, 1400; in BFH/NV 2011, 841; Beschlüsse in BFH/NV 2000, 79 und in BFH/NV 2000, 1497).
107aa) Der BFH hat in seiner Rechtsprechung regelmäßig allgemein ausgeführt, eine nachlaufende Verwaltung und Nutzung von eigenem Kapitalvermögen sei im o.g. Sinne schädlich, ohne näher auszuführen, wie eine solche schädliche Verwaltung und Nutzung von eigenem Kapitalvermögen beschaffen sein muss bzw. um welche Art von Tätigkeit es sich hierfür handeln muss. Offenbar hat der BFH insoweit keine hohen Anforderungen gestellt (vgl. etwa BFH, Urteile in BStBl II 1982, 477: „beschränkte sich hinfort auf die Verwaltung ihres Kapitalvermögens“; in BFH/NV 2014, 1395: „noch eigenes Kapitalvermögen in Form der ausgegebenen Darlehen verwaltete“; in BFH/NV 2014, 1400: „noch eigenes Kapitalvermögen in Form von Forderungen gegenüber ihren Gesellschaftern verwaltete“; in BFH/NV 2011, 841: „beschränkte sich hinfort auf die Verwaltung ihres Kapitalvermögens“; Beschlüsse in BFH/NV 2000, 79 und in BFH/NV 2000, 1497: „wenn fortan ausschließlich das durch den Verkauf angefallene Kapitalvermögen verwaltet und genutzt wird“). Allerdings hat der BFH soweit ersichtlich nicht ausdrücklich dazu ausgeführt, ob es sich um einkünfteerzielende Tätigkeiten handeln muss, also eine Verwaltung und Nutzung von eigenem Kapitalvermögen erforderlich ist, welche von der Art der Tätigkeit nach zu Einnahmen und damit zu Einkünften i.S.v. § 20 EStG führen kann.
108Das FG Berlin-Brandenburg hat in einer Entscheidung die Auffassung vertreten, dass nur solche Tätigkeiten im vorgenannten Sinne schädlich sein können, welche nach einkommensteuerrechtlichen Wertungen zu steuerbaren Einkünften führen würden. Das bloße Innehaben unverzinslicher Forderungen und deren Einziehung, bei der eine Erzielung von Erträgen i.S.v. § 20 Abs. 1 EStG ausgeschlossen ist, könne nicht als schädliche Verwaltung und Nutzung von eigenem Kapitalvermögen angesehen werden (vgl. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5.5.2015 6 K 6359/12, EFG 2015, 1468). Die vorgenannte Entscheidung ist zwar im Ergebnis vom BFH bestätigt bzw. aufrecht erhalten worden, jedoch mit einer anderen Begründung (vgl. BFH, Urteil vom 18.5.2017 IV R 30/15, BFH/NV 2014, 1191). Im dortigen Streitfall handelte es sich um eine gewerbliche geprägte GmbH & Co. KG i.S.v. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Der BFH hat hierzu ausgeführt, die dortige Gesellschaft habe mit der Veräußerung des letzten Grundstücks ihre werbende Tätigkeit eingestellt, so dass sie ab diesem Zeitpunkt nicht mehr nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG sachlich gewerbesteuerpflichtig gewesen sei (anders als Kapitalgesellschaften, welche nach § 2 Abs. 2 GewStG während ihres gesamten Bestehens einen Gewerbebetrieb kraft Rechtsform unterhielten). Der Erhebungszeitraum habe nach § 14 Satz 3 GewStG entsprechend auch nur bis zu diesem Zeitpunkt gereicht (abgekürzter Erhebungszeitraum). Bezogen auf diesen Zeitraum habe die Gesellschaft ohne Weiteres ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und genutzt. Auf die vom FG behandelte Frage, ob die o.g. nachlaufende Tätigkeit ihrer Art nach schädlich sei, kam es daher nach der vorgenannten Beurteilung des BFH nicht an (vgl. BFH, Urteil in BFH/NV 2014, 1191).
109bb) Der BFH hat unabhängig von den vorgenannten Fragen eine Ausnahme vom Erfordernis der zeitlichen Ausschließlichkeit zugelassen. Diese hat er für einen Fall angenommen, in dem die dortige Gesellschaft ihr letztes Grundstück zum 31.12., 23.59 Uhr veräußert hat (vgl. BFH, Urteil vom 11.8.2004 I R 89/03, BStBl II 2004, 1080). Hierzu hat der BFH ausgeführt, die zeitliche Ausschließlichkeit sei hierbei um genau eine Minute unterschritten. Dieses Unterschreiten erachte er jedoch als nicht erheblich. Denn tatsächlich gesehen seien die Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG von der Gesellschaft während des gesamten Streitjahres erfüllt worden. Die vertragliche Vereinbarung zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums bereits eine Minute vor Mitternacht des 31.12. ändere daran nichts. Es handele sich um eine Vereinbarung mit rein rechtlichen Wirkungen, die das tatsächliche Geschehen unberührt lasse und die lediglich „technisch“ wirke, ähnlich der sog. juristischen Sekunde. Dies gebe weder nach Wortlaut noch nach Sinn und Zweck des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG Anlass, der Gesellschaft die beantragte erweiterte Kürzung zu verwehren (vgl. BFH, Urteil in BStBl II 2004, 1080).
110b) Ausgehend hiervon ist der Senat der Auffassung, dass die Klägerin im Streitfall im Erhebungszeitraum 2016 auch in zeitlicher Hinsicht i.S.v. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ausschließlich ihren eigenen Grundbesitz verwaltet und genutzt hat.
111aa) Der Senat hält die o.g. Auffassung des FG Berlin-Brandenburg für zutreffend, dass nur solche nachlaufenden Tätigkeiten im o.g. Sinne schädlich sein können, welche nach einkommensteuerrechtlichen Wertungen zu steuerbaren Einkünften führen können. Das bloße Innehaben unverzinslicher Forderungen und deren Einziehung, bei der eine Erzielung von Erträgen i.S.v. § 20 Abs. 1 EStG ausgeschlossen ist, ist demgegenüber keine schädliche Verwaltung und Nutzung von eigenem Kapitalvermögen (vgl. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5.5.2015 6 K 6359/12, EFG 2015, 1468).
112Der Ausgangspunkt auch der Rechtsprechung des BFH ist, dass die Verwaltung und Nutzung von Grundbesitz nicht während des gesamten Erhebungszeitraums bestanden haben muss, sondern auch vorzeitig enden kann. Aber solange das Unternehmen im Erhebungszeitraum überhaupt tätig sei, müsse die Haupttätigkeit die Grundbesitzverwaltung/-nutzung sein (vgl. BFH, Urteile in BStBl II 1982, 477; in BFH/NV 2014, 1395; in BFH/NV 2014, 1400 sowie oben unter I.4.a). Geht man von diesem Ausgangspunkt aus, erscheint es naheliegend, als solche Tätigkeiten nur die für die Einkünfteerzielung und damit auch für die Gewerbesteuer relevanten Tätigkeiten heranzuziehen. Das bloße ertraglose Halten von Kapitalvermögen wie z.B. das bloße Innehaben von ertraglosen Forderungen stellt zum einen keine Tätigkeit dar. Zum anderen wäre dann der vorgenannte Ausgangspunkt der Rechtsprechung nicht nachvollziehbar. Es ist so gut wie nicht denkbar, dass ein Unternehmen, soweit es nicht bereits vollbeendet ist, nicht zumindest einige wenige ertragslose Wirtschaftsgüter hält. Dann wäre aber doch wiederum jede vorzeitige Beendigung der Verwaltung und Nutzung von Grundbesitz während eines Erhebungszeitraums schädlich und nicht nur eine solche, bei der das Unternehmen auch nach diesem Zeitpunkt überhaupt tätig ist.
113Im Streitfall hat die Klägerin ihr einziges und letztes Grundstück „G“ mit Wirkung „ab Beginn des 31.12.2016“ bzw. „am Beginn des 31.12.2016“ veräußert. Nach den Be-stimmungen des Kaufvertrags vom 7.11.2016 ging zu diesem Zeitpunkt das wirtschaftliche Eigentum auf den Käufer über. Als Zeitraum, für den zu fragen ist, ob die Klägerin eine im o.g. Sinne schädliche nachlaufende Tätigkeit ausgeübt hat, ist damit der Tag des 31.12.2016 zu betrachten.
114In tatsächlicher Hinsicht geht der Senat insoweit von Folgendem aus: Die Klägerin verfügte im Streitjahr 2016 über zwei Bankkonten. Das waren zum einen das „Verwalterkonto“ für das Grundstück „G“ und zum anderen ihr laufendes Geschäftskonto. Abgesehen von einem Umsatzsteuererstattungsanspruch aufgrund einer einzelwertberichtigten Mietforderung i.H.v. 554,96 € und der zu erwartenden Erstattung aufgrund der Umsatzsteuerjahreserklärung 2016 i.H.v. 2.605,01 € verfügte die Klägerin laut ihrem Vorbringen auf eine entsprechende Aufklärungsverfügung des Gerichts über kein weiteres Kapitalvermögen. Auch aus dem Jahresabschluss der Klägerin zum 31.12.2016 sind keine entsprechenden weiteren Positionen ersichtlich. Über die beiden Bankkonten verfügte die Klägerin damit auch im hier relevanten Zeitraum, nämlich am Tag des 31.12.2016. Auf den beiden Bankkonten befand sich am 31.12.2016 zwar jeweils ein erhebliches Guthaben (auf dem „Verwalterkonto“ ein Guthaben von 136.279,78 € und auf dem Geschäftskonto ein Guthaben von 957.034,51 €). Laut dem Vorbringen der Klägerin auf die vorgenannte entsprechende Aufklärungsverfügung des Gerichts hat sie jedoch keine Zinserträge aus den vorgenannten beiden Bankkonten erzielt. Auch aus dem Jahresabschluss der Klägerin zum 31.12.2016 sind keine entsprechenden oder anderweitigen Zinserträge ersichtlich. Zu den im Jahresabschluss der Klägerin zum 31.12.2016 ausgewiesenen „sonstigen betrieblichen Erträgen“ i.H.v. 1.000 € hat die Klägerin erläutert, dass diese aus der Auflösung von Rückstellungen der Vorjahre resultierten. Der Senat geht davon aus, dass das vorgenannte Vorbringen der Klägerin in tatsächlicher Hinsicht zutreffend ist. Auch das FA ist dem Vorbringen in tatsächlicher Hinsicht nicht entgegen getreten. Geht man von den vorgenannten tatsächlichen Umständen aus, hat die Klägerin am Tag des 31.12.2016 zwar ertraglose Forderungen in Form der Bankkonten in erheblicher Höhe gehalten. Da die Bankkonten unverzinslich waren, hat sie aber an diesem Tag keine Tätigkeit in Form einer einkünfteerzielenden Tätigkeit ausgeübt, welche ihrer Art nach zu Einkünften i.S.v. § 20 EStG führen konnte. Dass die Klägerin am Tag des 31.12.2016 die beiden vorgenannten unverzinslichen Forderungen inne hatte, stellt nach der o.g. Auffassung des Senats keine schädliche nachlaufende Tätigkeit im o.g. Sinne dar.
115bb) Angesichts dessen kommt es nach der Auffassung des Senats nicht auf die Frage an, ob auch die im Streitfall vorgenommene Veräußerung des einzigen und letzten Grundstücks durch die Klägerin mit Wirkung „ab Beginn des 31.12.2016“ bzw. „am Beginn des 31.12.2016“ vergleichbar mit der vom BFH entschiedenen Situation ist, in welcher die Veräußerung mit Wirkung zum 31.12. um 23.59 Uhr vorgenommen wurde (vgl. BFH, Urteil in BStBl II 2004, 1080, s.o. unter I.4.a bb). Es würde sich hier die Frage stellen, ob nicht nur eine Veräußerung, welche mit Wirkung auf eine Minute vor Ablauf des Jahresendes vereinbart wird, sondern auch eine Veräußerung, welche mit Wirkung auf einen Tag vor Ablauf des Jahresendes vereinbart wird, rein „technisch“ wirkt und zwar nicht in rechtlicher Hinsicht, jedoch vom tatsächlichen Geschehen als Veräußerung zum Jahresende anzusehen ist.
1165. Die danach vorzunehmende erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG erstreckt sich auf den gesamten Gewerbeertrag der Klägerin i.H.v. 177.737 €. Der Gewerbesteuermessbetrag war wieder – wie bereits im vorherigen und dann vom FA geänderten Bescheid – mit 0 € festzusetzen. Sämtliche Einkünfte der Klägerin im Erhebungszeitraum 2016 beruhten auf dem Grundstück „G“, so dass der gesamte Gewerbetrag der Klägerin i.S.v. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auf der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfiel.
117II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 Satz 1 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
118III. Die Revision war zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Es ist klärungsbedürftig, welche Anforderungen an eine Tätigkeit zu stellen sind, welche der Veräußerung des einzigen und letzten Grundstücks durch ein grundbesitzverwaltendes Unternehmen i.S.v. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nachfolgt, damit dieses im fraglichen Erhebungszeitraum in zeitlicher Hinsicht nicht mehr i.S.v. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und genutzt hat. Insbesondere ist klärungsbedürftig, ob es sich dazu um eine für die Einkünfteerzielung und damit auch für die Gewerbesteuer relevante Tätigkeit handeln muss oder ob etwa auch das bloße Innehaben von ertraglosen Forderungen (im Streitfall zwei zinslose Bankguthaben) genügt.
119… … …