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Die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag für 2013 bis 2015, jeweils vom …und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom …, werden dahingehend geändert, dass die in der Summe der Hinzurechnungen i.S.v. § 8 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) enthaltenen Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern (i.H.v. jeweils 20 % der Miet- und Pachtzinsen) um EUR … auf EUR … (2013), um EUR … auf EUR … (2014) und um EUR … auf EUR … (2015) sowie die Benutzung von unbeweglichen Wirtschaftsgütern (i.H.v. jeweils 50 % der Miet- und Pachtzinsen) um EUR… auf EUR … (2013), um EUR … auf EUR … (2014) und um EUR … auf EUR … (2015) herabgesetzt werden. Die Errechnung der festzusetzenden Beträge wird dem Beklagten aufgegeben.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bestimmte Aufwendungen der Klägerin im Zusammenhang mit der Teilnahme an Fachmessen bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) zu berücksichtigen sind.
2Die Klägerin ist im Jahr … durch formwechselnde Umwandlung in eine GmbH aus der … hervorgegangen. Ihr Unternehmensgegenstand ist laut Eintragung im Handelsregister (Amtsgericht C, eingetragen unter HRB …) die … und die Herstellung aller auf Milch basierenden Produkte sowie … und deren Vertrieb. Die Klägerin betreibt eine A-molkerei und stellt …Produkte her, etwa ….
3Ihren Gewinn ermittelte die Klägerin in den Streitjahren durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Es bestand jeweils ein abweichendes Wirtschaftsjahr i.S.d. § 7 Abs. 4 Satz 2 KStG vom 1.4. eines Jahres bis zum 31.3. des Folgejahres.
4In den Streitjahren 2013 bis 2015 nahm die Klägerin an den folgenden, zum Teil turnusmäßig stattfindenden Fachmessen teil:
52013 (1.4.2012-31.3.2013) (Tabelle 1)
6…
72014 (1.4.2013-31.3.2014) (Tabelle 2)
8…
92015 (1.4.2014-31.3.2015) (Tabelle 3)
10…
11Im Zusammenhang mit der Teilnahme an den vorgenannten Fachmessen entstanden der Klägerin insgesamt folgende Aufwendungen, die die Klägerin über das Konto „Messekosten“ aufwandswirksam verbuchte:
122013 (1.4.2012-31.3.2013) (Tabelle 4)
13…
142014 (1.4.2013-31.3.2014) (Tabelle 5)
15…
162015 (1.4.2014-31.3.2015) (Tabelle 6)
17…
18Gewerbesteuerliche Hinzurechnungsbeträge erklärte die Klägerin betreffend die vorstehenden Aufwendungen im Zusammenhang mit den Messeteilnahmen in ihren Gewerbesteuererklärungen nicht.
19Nachdem der Beklagte (Finanzamt --FA--) die Gewerbesteuermessbeträge für die Klägerin betreffend die streitigen Erhebungszeiträume 2013 bis 2015 zunächst unter dem Datum vom … (für 2013), … (für 2014) und … (für 2015) jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) erklärungsgemäß festgesetzt hatte, führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung N ab dem … bei der Klägerin eine steuerliche Außenprüfung unter anderem für die Gewerbesteuer 2013 bis 2015 durch.
20Zur Gewerbesteuer traf die Betriebsprüfung unter anderem die Feststellung, Messekosten seien nach derzeitiger Weisungslage der Finanzverwaltung weiterhin gewerbesteuerlich hinzuzurechnen (Tz. … des Betriebsprüfungsberichts vom …). Eine Hinzurechnung habe dabei unabhängig von der Dauer der Anmietung zu erfolgen. Bei Miet- und Pachtzinsen für die Anmietung von Räumlichkeiten und Flächen von Messeveranstaltern handle es sich um einen in voller Höhe hinzurechnungspflichtigen Aufwand nach § 8 Nr. 1 Buchstabe e GewStG, wenn in den Mietverträgen keine weiteren Leistungen vereinbart wurden. Bei Mietverträgen im Zusammenhang mit der Anmietung von Messefertigständen (inklusive Beleuchtung, Elektrik sowie das Ausführen anderer Leistungsbestandteile wie z.B. Planung, Montage und Demontage, Transport und Ausstattung) handle es sich um gemischte Verträge. Hierbei sei zu unterscheiden, ob die einzelnen Leistungsbestandteile in hinzurechnungspflichtige und nicht hinzurechnungspflichtige Bestandteile aufzuteilen sind (unter Hinweis auf Rn. 6 der koordinierten Ländererlasse vom 2.7.2012) oder ob eine Leistung (Tatbestand nach § 8 Nr. 1 GewStG erfüllt ja oder nein) derart im Vordergrund steht, dass sie dem Gesamtvertrag das Gepräge gibt. Bei der Hinzurechnung sei zu beachten, dass eine Aufteilung in die Anmietung der Fläche (Buchst. e) und die Anmietung der Aufbauten = Betriebsvorrichtungen (Buchst. d) vorzunehmen ist. Die Messeaufwendungen seien in Anteile für bewegliche und unbewegliche aufgeteilt worden.
21Nach dem Ergebnis der Betriebsprüfung seien folgende Korrekturen vorzunehmen (Tabelle 7):
222013 in EUR |
2014 in EUR |
2015 in EUR |
|
Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1d) GewStG |
… |
… |
… |
Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1e) GewStG |
… |
… |
… |
Vorstehend genannte Hinzurechnungsbeträge setzen sich aus folgenden Aufwendungen zusammen:
24Unbewegliche Wirtschaftsgüter
252013 (1.4.2012-31.3.2013) (Tabelle 8)
26…
272014 (1.4.2013-31.3.2014)(Tabelle 9)
28…
292015 (1.4.2014-31.3.2015) (Tabelle 10)
30…
31Auf die jeweiligen Rechnungen, mit denen der Klägerin die in den vorstehenden Tabellen 8 bis 10 genannten Beträge in Rechnung gestellt wurden, wird Bezug genommen. Zu den in den Streitjahren 2013 und 2014 angefallenen Positionen „Lagerkosten Messestand“ hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, der Messebauer habe diesbezüglich bestimmte Gegenstände für die Klägerin eingelagert. Hierzu habe die Klägerin von dem Messebauer nicht etwa ein bestimmtes Abteil zur Einlagerung angemietet. Vielmehr seien die Gegenstände dem Messebauer übergeben worden, der diese für die Klägerin bis zur nächsten Messe eingelagert habe.
32Bewegliche Wirtschaftsgüter
332013 (1.4.2012-31.3.2013) (Tabelle 11)
34…
352014 (1.4.2013-31.3.2014) (Tabelle 12)
36…
372015 (1.4.2014-31.3.2015) (Tabelle 13)
38…
39Nach übereinstimmendem Vortrag der Beteiligten wurden bezüglich der in den vorstehenden Tabellen 11 bis 13 aufgeführten Aufwendungen Kosten für den Bezug von Strom, den Auf- und Abbau sowie die Bereitstellung sonstiger Dienstleistungen, wie Reinigung etc., ausgesondert und nicht den hinzurechnungspflichtigen Mietaufwendungen zugeordnet.
40Der Beklagte (Finanzamt --FA--) übernahm die Feststellungen der Betriebsprüfung zur gewerbesteuerlichen Hinzurechnungspflichtigkeit der Messeaufwendungen und erließ jeweils unter dem Datum vom … entsprechend geänderte Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 2013 bis 2015 und erhöhte darin unter anderem die Hinzurechnungen für die Anmietung von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern. Dabei wurde die Summe i.S.d. § 8 Nr. 1 GewStG um Beträge nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG (1/5 der Mit- und Pachtzinsen für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern) und § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG (1/2 der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von unbeweglichen Wirtschaftsgütern) für 2013 in Höhe von EUR… (1/5 von …) und in Höhe von EUR … (1/2 von EUR…), für 2014 in Höhe von EUR… (1/5 von EUR…) und in Höhe von EUR… (1/2 von EUR…) sowie für 2015 in Höhe von EUR … (1/5 von EUR…) und in Höhe von EUR… (1/2 von EUR…) erhöht. Im Ergebnis erhöhte sich hierdurch der Hinzurechnungsbetrag nach § 8 Nr. 1 GewStG um ein Viertel der vorgenannten Beträge (vgl. § 8 Nr. 1 GewStG: Hinzurechnung eines Viertels der Summe aus den Beträgen nach Buchst. a) bis f)). Den Vorbehalt der Nachprüfung hob das FA jeweils auf.
41Die hiergegen unter dem Datum vom …, beim FA eingegangen am…, eingelegten Einsprüche blieben erfolglos. Mit Einspruchsentscheidung vom … wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte das FA aus, die mit den jeweiligen Messegesellschaften abgeschlossenen Verträge stellten hinsichtlich des Basisentgelts Miet- bzw. Pachtverträge im Sinne des § 535 BGB bzw. § 581 BGB dar. Die Überlassung der Flächen sei Hauptleistungspflicht des Messeveranstalters und gebe dem Vertragsverhältnis sein Gepräge. Die weiteren unter dem Basisentgelt aufgeführten Leistungskomponenten, wie technische Leistungen, die Bewachung und Reinigung des Messegeländes, die Gewährung des Zugangs (Registrierung) zur Messeveranstaltung sowie die Aufnahme in den Katalog der Messeaussteller bzw. Listung als Teilnehmer im Internet, stellten lediglich Nebenleistungen zur Hauptleistung (Vermietung bzw. Verpachtung) dar, welche erbracht werden würden, um den gemieteten oder gepachteten Gegenstand (Teil der Messehalle) in optimaler Weise nutzen zu können. Damit unterlägen die entsprechenden Mietentgelte der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 GewStG. Im vorliegenden Fall wären die angemieteten Teile der Messehalle sowie die angemieteten Wirtschaftsgüter auch Anlagevermögen der Einspruchsführerin (d.h. der hiesigen Klägerin, die im Zusammenhang mit der nachfolgenden Argumentation des Beklagten im Einspruchsverfahren weiter als Einspruchsführerin bezeichnet wird), wenn sie in deren Eigentum stünden. Die angemieteten Messeflächen/beweglichen Wirtschaftsgüter wären nicht zum Verbrauch oder zur Weiterveräußerung bestimmt gewesen. Vielmehr würde die Einspruchsführerin die betreffenden Wirtschaftsgüter ständig zum Gebrauch für die Durchführung ihrer Tätigkeit (Präsentation der hergestellten Produkte) benötigen. Einer Zuordnung zum Anlagevermögen würde nicht entgegenstehen, dass die betreffenden Wirtschaftsgüter nur wenige Tage im Jahr für die Dauer der jeweiligen Messe tatsächlich genutzt worden wären. Entscheidend für die Zuordnung sei nicht die Dauer der tatsächlichen Nutzung, sondern die Tatsache, dass die Einspruchsführerin die Wirtschaftsgüter ständig für den Gebrauch in ihrem Betrieb hätte vorhalten müssen. Hierin unterscheide sich der Streitfall von kurzfristigen Hotel-Mietverträgen, die regelmäßig nicht zu einer Hinzurechnung führen würden, da sie dem Geschäftszweck nur mittelbar dienen würden. Die regelmäßige Teilnahme an den entsprechenden Fachmessen sei für die Einspruchsführerin dabei von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung, da sie so ihre Großkunden gewinne. Insoweit unterscheide sich der vorliegende Sachverhalt auch von dem in dem BFH-Urteil vom 25.10.2016 (Az. I R 57/15) zugrunde liegenden und eine Durchführungsgesellschaft betreffenden Sachverhalt. Eine Durchführungsgesellschaft miete Flächen an, die sie sodann wiederum anderen Unternehmen zur Nutzung anbiete und nicht selbst als Endkundin nutze. Der vorliegende Sachverhalt sei auch nicht mit dem des Finanzgerichts Düsseldorf vom 29.1.2019 (Az. 10 K 2717/17) vergleichbar. Während die Klägerin in dem dortigen Urteilsfall nicht regelmäßig, sondern nur alle drei Jahre an einer Messe teilgenommen habe und die Produktpräsentation während der Messe für die dortige Klägerin nicht von besonderer Bedeutung gewesen sei, nehme die Einspruchsführerin regelmäßig an Messen teil, um ihre Produkte zu präsentieren. Dass die Mietsache beim Vertragsabschluss noch nicht konkret bestimmt sei, berühre entgegen den Darstellungen der Einspruchsführerin die Qualifikation des Wirtschaftsguts als mögliches Anlagevermögen des vorliegenden Betriebs nicht. Es genüge, wenn die Mietsache der Art nach (im vorliegenden Fall eine zu mietende Teilfläche der Halle) in hinreichender Weise konkretisiert sei. Das entscheidende Kriterium sei nach den Grundsätzen der BFH-Rechtsprechung die konkrete Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts. Maßgeblich sei daher, dass die von der Einspruchsführerin angemieteten Räumlichkeiten und Gegenstände in ihrem Betrieb nicht verbraucht oder verkauft, sondern für die Kundenakquise und den damit verbundenen Absatz der hergestellten Waren und somit für die konkrete wirtschaftliche Tätigkeit genutzt worden seien. Die Einspruchsführerin sei nach ihrem Geschäftsgegenstand auf das Vorhandensein von Räumlichkeiten zur Präsentation ihrer Produkte angewiesen. Entgegen der Sichtweise der Einspruchsführerin komme es nicht darauf an, ob überhaupt eine Wahlmöglichkeit zwischen Miete oder Pacht einerseits und im Erwerb andererseits bestanden hätte. Es komme auch nicht darauf an, ob mehrmals derselbe Gegenstand angemietet oder gepachtet werde oder es sich um verschiedene vergleichbare Gegenstände handle.
42Mit der vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter, die gewerbesteuerliche Hinzurechnung der Messeaufwendungen rückgängig zu machen. Zur Begründung führt die Klägerin aus, die vorliegend in Rede stehenden Verträge über die Teilnahme an den entsprechenden Fachmessen seien als Verträge eigener Art zu qualifizieren, so dass es sich bei den entsprechenden Aufwendungen bereits nicht um hinzurechnungspflichtige Miet- oder Pachtzinsen handeln würde. Es läge eine mit kurzfristigen Kfz-Überlassungen oder kurzfristigen Hotelnutzung vergleichbare Konstellation vor. In diesen Fällen gehe der Gesetzgeber davon aus, dass der in solchen Verträgen enthaltene Serviceanteil, der die Überlassung erst ermögliche, überwiege und daher eine gewerbesteuerlichen Hinzurechnung regelmäßig ausscheide. Zur weiteren Begründung verweist die Klägerin auf Abschnitt 4.12.6 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE), wonach ein Vertrag besonderer Art vorliege, wenn der Veranstalter einer Ausstellung den Ausstellern unter besonderen Auflagen Freiflächen für die Zurschaustellung gewerblicher Erzeugnisse überlasse. Zudem verweist die Klägerin auf das Urteil des BFH vom 25.9.1953 (V 177/52, BStBl III 1953, 335). Demnach komme es für die Frage, ob ein Rechtsverhältnis, aufgrund dessen Grundstücke oder Grundstücksteile zum Gebrauch gegen Entgelt überlassen werden, als reine Miete, als gemischter Vertrag mit Elementen der Miete oder als Vertrag besonderer Art anzusehen sei, nach bürgerlichem Recht nicht darauf an, ob der abgeschlossene Vertrag nach seinem Wortlaut wesentlich auf die Begriffsmerkmale der Miete abstelle oder nicht. Entscheidend sei vielmehr die Gesamtheit der Vertragsbestimmungen nach ihrem objektiven Inhalt. Die als Vertragsangebot zu wertende Anmeldung der Aussteller laute nicht auf die Überlassung von Grundstücken oder Grundstücksteilen zum Gebrauch gegen Entgelt, sondern vielmehr auf Zulassung zur Ausstellung. Dem Veranstalter der Ausstellung komme es nicht entscheidend darauf an, Plätze oder Stände zu vermieten, sondern darauf, durch eine zweckmäßig und ansprechend gegliederte Schau der gewerblichen Erzeugnisse die Anziehungskraft zu erhöhen und für diesen Zweck Aussteller zur Mitwirkung im Rahmen der Gesamtorganisation der Ausstellung zu gewinnen. Auch aus Sicht der Aussteller komme es hauptsächlich auf die Einräumung des Rechts an, unter Ausnutzung der durch die Organisation der Ausstellung geschaffenen besonders günstigen Bedingungen für die Erzeugnisse zu werben. Die Bereitschaft der Aussteller zur Aufwendung erheblicher Entgelte erkläre sich im Wesentlichen nur aus dem Gesichtspunkt einer Abgeltung der zur Schaffung der günstigen Werbemöglichkeiten durch den Organisator geleisteten Arbeiten. Die reine Überlassung der Plätze und Stände sei vor diesem Hintergrund nur von untergeordneter Bedeutung. Diese Rechtsprechung, so die Klägerin, sei auch auf die vorliegend in Rede stehenden Messeteilnahmen durch die Klägerin übertragbar. So gehe es etwa bei den beiden bedeutenden Fachmessen, der …und der…, um die Herkunft der Aussteller, die Herkunft der Besucher, die Zufriedenheit von Ausstellern und Besuchern und die Einordnung der Messe im Vergleich zu anderen Messen. Es gehe um den Kundenkontakt aus Sicht des Ausstellers bzw. den Lieferantenkontakt aus Sicht des Kunden. Die Messegesellschaft organisiere dies. Hieraus ergebe sich auch der vergleichsweise hohe Ausstellungs-/Messebeitrag. So lasse sich bereits aus der Preisgestaltung eindeutig ablesen, dass eine gemischte Leistung vorliege. Zur Einordnung der Verträge über die Messeteilnahmen als solche eigener Art legte die Klägerin beispielhaft die Allgemeinen Teilnahmebedingungen der … (Veranstalterin der … sowie der… (der Veranstalterin der …) sowie einen Werbeprospekt der …aus dem Jahr 2019 vor, auf die wegen ihres Inhalts Bezug genommen wird. Zur weiteren Begründung verweist die Klägerin auf Abschnitt 3a.4 UStAE zum Ort der Leistung bei Messen, Ausstellungen und Kongressen. Dort heißt es, eine einheitliche Leistung, definiert als sogenannte Veranstaltungsleistung, liege dann vor, wenn neben der Überlassung von Standflächen zumindest noch drei weitere Leistungen, etwa Besuchermarketing, Vorbereitung und Durchführung von Foren und Sonderschauen, von Pressekonferenzen, von Eröffnungsveranstaltung und Ausstellerabenden oder die Eintragungen in Messekatalogen, erbracht werden. Dass die Verträge über die Teilnahme an Fachmessen solche besonderer Art darstellten, ergäbe sich schließlich auch aus den Regelungen in der Gewerbeordnung (GewO). Auch dort komme der Gedanke zum Ausdruck, dass die organisatorische Arbeit eines Messeveranstalters eine besondere Abgeltung erfordert und rechtfertigt.
43Weiter begründet die Klägerin ihre Klage damit, dass eine voraussetzungslose Fiktion der Eigentümerstellung i.S.d. gewerbesteuerlichen Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. d) und e) GewStG voraussetze, dass das jeweilige Wirtschaftsgut, auf das sich die Fiktion des Eigentums beziehen soll, definiert sei. Die vorliegend in Rede stehenden Messestände bzw. Ausstellungsflächen befänden sich in einer Messehalle. Zivilrechtlich lasse sich nur das Eigentum an der gesamten Halle erwerben, der Erwerb von Teileigentum sei unmöglich. Für den Fall des Erwerbs der gesamten Messehalle müsste die Klägerin die Messe selbst ausrichten. Dies würde ihren Geschäftszweck ändern bzw. erweitern. Bei der Prüfung, ob fiktives Anlagevermögen gegeben ist, müsse aber der konkrete Geschäftsgegenstand des Unternehmens berücksichtigt werden. Der Geschäftszweck der Klägerin decke mit dem Vertrieb der hergestellten Produkte zwar auch die Teilnahme an Messen ab, nicht aber die Durchführung von Messen beim Kauf einer gesamten Messehalle. Zudem ergäben sich weitere Probleme in Bezug auf die Definition des Begriffs „Wirtschaftsgut“. Würde der Aussteller lediglich die Hallenfläche als Eigentum übernehmen, müsste er zeitgleich die übrigen Aufgaben der Messegesellschaft übernehmen, was wiederum seinen Unternehmenszweck ändern bzw. erweitern würde. Zudem gehe es um die konkreten Messen, an denen die Klägerin tatsächlich teilgenommen habe. Die Klägerin sei tatsächlich auf das Vorhandensein dieser Messen im gesamten zur Präsentation ihrer Produkte angewiesen, nicht aber auf „allgemeine“ Räumlichkeiten. Dementsprechend hätte sie auch nicht „irgendeine“ Standfläche zur Präsentation ihrer Waren in ihrem Betrieb vorhalten müssen, sondern „diese“ konkreten Standflächen auf den ausgesuchten Messen. Selbstverständlich habe die Klägerin auch im Eigentum befindliche Räumlichkeiten an ihrem Standort in D, aber sie wolle unabhängig davon auch an Messen teilnehmen. Dabei wolle sie aber nicht einen Showroom in Hamburg oder Köln mieten oder kaufen. Sie wolle eine Teilnahme an der jeweiligen konkreten Messe durch einen Stand. Die Standflächen auf den jeweiligen Messen würden auch nicht als Ersatzräumlichkeiten fungieren, um Großkunden zu treffen und zu umwerben. Großkunden würden vielmehr direkt besucht, für sie würden sich die Messen nicht bzw. nur äußerst bedingt eignen. Vielmehr werde auf den Messen vor allem der Kontakt zu Verarbeitern der Produkte der Klägerin, d. h. zu den Kunden der Großkunden, gesucht. Die Klägerin müsse bei Wegfall einer Messe also nach Mitteln suchen, wie sie die nicht über die Messe zu erhaltenden Kontakte anderweitig erhalten könnte. Das sei die Aufgabenstellung, die Gestellung von Ersatzräumlichkeiten sei es zumindest nicht primär.
44Schließlich sei – unter Verweis auf das Urteil des BFH vom 25.7.2019, III R 22/16 – hinsichtlich der für die gewerbesteuerliche Hinzurechnung erforderlichen Zuordnung zum fiktiven Anlagevermögen danach zu fragen, ob sich die betreffende Tätigkeit des Steuerpflichtigen, das Eigentum des Steuerpflichtigen an dem Wirtschaftsgut unterstellt, wirtschaftlich nur sinnvoll ausüben lässt, wenn das Eigentum an den Wirtschaftsgütern langfristig erworben wird. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Sinnvoller sei es, z.B. die Messefläche nach der Messeteilnahme wieder zu veräußern. Die Klägerin könne von einer leeren Hallenteilfläche zu Nicht-Messe-Zeiten keinen Nutzen ziehen. Ein langfristiges Vorhalten einer bestimmten Messefläche scheide auch deshalb aus, weil selbst bei mehrmaliger Teilnahme an denselben Messen nicht wieder dieselbe Standfläche eingenommen werden könnte. Vielmehr erschöpfe sich die Nutzung des Messestandes mit der Durchführung jeder einzelnen Messeveranstaltung. Es sei auch zu betonen, dass die Klägerin nicht zwangsweise darauf angewiesen sei, an Messen teilzunehmen, um ihrem Geschäftszweck gerecht zu werden. Die Klägerin entscheide jedes Jahr neu, ob sie an einer bestimmten Messe teilnehme. So habe sie im Jahr 2013 an der … in … nur einmalig teilgenommen. Der Besuch sei in den Folgejahren nicht wiederholt worden. Die … sei in 2013, nicht jedoch in 2014 und erst wieder in 2015 besucht worden, da sich eine regelmäßige Teilnahme nicht gelohnt habe. Die…, die einen …Turnus habe, sei in 2014, 2016 und 2018, nicht jedoch in 2020 besucht worden. Auch für die Zukunft werde der Messeerfolg als zu gering eingeschätzt. Auch die …in 2014 sei ein einmaliger Besuch gewesen. Die Messen in …und … in 2015 seien ebenfalls einmalige Teilnahmen gewesen. Auch die …in … habe die Klägerin nur einmalig besucht. Den Vertrieb ihrer eigenen Produkte könne die Klägerin grundsätzlich auch ohne die Teilnahme an den Messen organisieren. Der Vertrieb der Klägerin habe folgende Kundengruppen im Fokus: Großhandel (ca. 80 %), Industrie, d.h. Lebensmittelhersteller und Rohstoffhändler (ca. 15 %), sowie Einzelhändler (ca. 5 %). Der Außendienst der Klägerin sei wie folgt aufgestellt: Leitung durch einen Geschäftsführer, vier Außendienstmitarbeiter für den Bereich Großhandel, ein Außendienstmitarbeiter für den Bereich Export, ein Außendienstmitarbeiter für den Bereich Industrie und Unterstützung der v.g. Mitarbeiter durch drei Innendienstmitarbeiter. Der gesamte Bereich Industrie könne über Messen überhaupt nicht angesprochen werden. Das gleiche gelte für die Einzelhändler. Über die sog. „Großmessen“, d.h. die …, …würden nicht die eigenen Kunden der Klägerin, sondern die potentiellen und bestehenden Abnehmer der eigenen Kunden, d.h. die Kunden der Kunden, angesprochen. Direkte Geschäftsabschlüsse ergäben sich daher kaum. Die Klägerin verbinde mit der Teilnahme an den Messen eher die Hoffnung, dass die Messe-Aktivitäten zu entsprechenden Nachfragen bei den Großhändlern führen und diese dann vermehrt Aufträge bei der Klägerin platzieren. Die Vorstellung neuer Produkte sowie die Kundenpflege würden sich aber auch laufend im direkten Kontakt mit Kunden und Verarbeitern mittels der v.g. Vertriebsorganisation ergeben. Dass die Fachmessen für die Klägerin verzichtbar sein würden, habe auch die Corona-Krise und der damit einhergehende Rückgang der Messen ab dem zweiten Quartal 2020 gezeigt. Nicht zuletzt deshalb setze die Klägerin weiter auf die Vertriebsorganisation außerhalb der Messen. Es zeige sich, dass die Messen eine mögliche Form der Ansprache unter mehreren sei, keineswegs aber eine notwendige oder unverzichtbare Form.
45Die Klägerin beantragt,
46die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag für 2013 bis 2015, jeweils vom und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom, dahingehend zu ändern, dass die in der Summe der Hinzurechnungen i. S. v. § 8 Nr. 1 GewStG enthaltenen Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern (i.H.v. jeweils 20 % der Miet- und Pachtzinsen) um EUR …auf EUR … (2013), um EUR… auf EUR… (2014) und um EUR… auf EUR… (2015) sowie die Benutzung von unbeweglichen Wirtschaftsgütern (i.H.v. jeweils 50 % der Miet- und Pachtzinsen) um EUR… auf EUR… (2013), um EUR… auf EUR… (2014) und um EUR…auf EUR… (2015) herabgesetzt werden,
47hilfsweise,
48die Revision zuzulassen.
49Das Finanzamt beantragt,
50die Klage abzuweisen,
51hilfsweise,
52die Revision zuzulassen.
53Das FA vertritt die Auffassung, auf die vorliegend in Rede stehenden Messeentgelte seien die Grundsätze eines gemischten Vertrags, die einer Hinzurechnung entgegenstehen würden, nicht anzuwenden. Hierzu verweist das FA auf das Urteil des FG München vom 8.6.2015 (1 K 57/15; nachfolgend BFH vom 25.10.2016 I R 57/15). Entgegen der Argumentation der Klägerin stehe bei den Messerverträgen nicht die Zulassung zur Teilnahme an der Messe als solche im Vordergrund, sondern die Überlassung von Stand- und Ausstellungsflächen zur Präsentation von Produkten und/oder Dienstleistungen der Aussteller im Rahmen der Messeveranstaltung. Die von der Klägerin vorgebrachten weiteren Leistungselemente (Reinigung der Flächen, Überwachung der Räumlichkeiten, Listung der Teilnehmer in einem Messekatalog, Registrierung zur Messeveranstaltung, Überlassung von Strom, etc.) seien in diesem Zusammenhang als Nebenleistungen einzuordnen, welche die Einordnung der Verträge als Mietverträge nicht berühre. Der BFH habe die Entscheidung des FG München vom 8.6.2015 jedenfalls insoweit bestätigt, als die Würdigung des Finanzgerichts, dass die von der Klägerin an die ausländischen Messeunternehmen geleisteten Entgelte als Miete anzusehen seien, keine Rechtsfehler aufweise. Auch das Finanzgericht Düsseldorf habe in seinem Urteil vom 29.1.2019 (10 K 2717/17) bestätigt, dass die Messeverträge einheitlich als Mietverträge auszulegen seien. Das Finanzgericht Niedersachsen habe in seinem Urteil vom 11.11.2021 (10 K 29/20) entschieden, dass die Überlassung von Werbeflächen (Bande und Trikot) als Mietvertrag zu qualifizieren sei. Der Sponsoringvertrag sei nicht als einheitlicher Werbevertrag zu qualifizieren, sondern könne hinsichtlich seiner Leistungspflichten getrennt beurteilt werden. Die Leistungen, die dazu dienten, dass das Firmenlogo des Unternehmens präsentiert werden könne, enthielten wesentliche Elemente eines Mietvertrags. Dies sei mit dem vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt vergleichbar. Bei den Messeverträgen handle es sich ihrem wesentlichen rechtlichen Gehalt nach um Mietverträge, da die Nutzung der Messefläche im Vordergrund stehe. Für die Messeteilnahme seien die Messeveranstalter aufgrund der getroffenen Vereinbarungen verpflichtet gewesen, die Messeflächen für die Dauer der Messe in dem vertraglich vereinbarten Zustand zum Gebrauch zu überlassen. Die Klägerin sei verpflichtet gewesen, das – nach der Anzahl der Quadratmeter oder des Standtyps bemessene – Entgelt für die überlassenen Ausstellungsflächen zu entrichten. Dies werde auch an den vorliegenden Rechnungen deutlich, in denen von „Standmiete“ bzw. „Standgebühren“ die Rede ist. Soweit z.T. von „Beteiligungsentgelt“ die Rede ist, werde auch dieses nach den qm der angemieteten Fläche berechnet. Demnach seien die Mietkosten für die Werbeträger im Grunde vergleichbar mit den Mietkosten für die Messestände.
54Entgegen der Sichtweise der Klägerin setze die voraussetzungslose Fiktion der Eigentümerstellung nicht voraus, dass das jeweilige Wirtschaftsgut genau definiert ist. Es genüge, wenn es der Art nach (hier Messestand) hinreichend konkretisiert sei. Ferner sei es für die rechtliche Beurteilung unmaßgeblich, ob ein Teil der Halle und somit ein Messestand überhaupt erworben werden könne oder nicht. Laut BFH sollten die möglichen Fragestellungen, ob es betriebswirtschaftlich überhaupt Sinn machen würde, das entsprechende Wirtschaftsgut anzuschaffen oder, ob es zivilrechtlich möglich sei, ein solches Wirtschaftsgut zu erwerben, bei der Beurteilung der Hinzurechnung unberücksichtigt bleiben. Dass die voraussetzungslose Fiktion der Eigentümerstellung keine weiteren Voraussetzungen erfordere, werde im Übrigen auch durch die Ausführungen des Gesetzgebers in BT-Drs. 16/4841, S. 80 deutlich. Dort heiße es: „…unterstellt, der Mieter oder Pächter wäre Eigentümer.“ Für den vorliegenden Streitfall sei damit unmaßgeblich, ob der Erwerb eines Teils einer Halle aus rechtlichen Gründen überhaupt möglich wäre.
55Im Rahmen der Hinzurechnung der Mietzinsen sei allein der Umstand maßgeblich, dass die Klägerin unter Berücksichtigung ihres konkreten Geschäftsgegenstandes die entsprechenden Messestände zur Präsentation und Vermarktung ihre Produkte ständig hätte vorhalten müssen. Dass dies so ist, trage die Klägerin in ihrer Klagebegründung selbst vor. Zudem habe die Klägerin neben den beiden Hauptmessen, welche jedes Jahr … bzw. alle … Jahre … wiederkehrend stattfinden würden, noch mehrere kleinere sowie lokale Messen besucht. Eine nur gelegentliche Anmietung von Messeflächen liege demnach vorliegend – anders als in dem dem Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 29.1.2019 (10 K 2717/17 G) zugrunde liegenden Sachverhalt – nicht vor. Dass die Messen in dem vorliegenden Fall wiederum lediglich vergleichsweise wenige Tage lang angedauert hätten und die Klägerin somit an vergleichsweise wenigen Tagen im Jahr an entsprechenden Fachmessen teilgenommen habe, sei hingegen unerheblich. Soweit die Klägerin davon ausgehe, dass bei einem Wegfall der Messen keine entsprechenden Räumlichkeiten zur Präsentation vorgehalten werden würden, da es nicht um die Räumlichkeiten als solche gehen würde, sei dies nicht zutreffend. In diesem Fall müssten andere Räumlichkeiten angemietet werden, um die gefertigten Produkte vorzustellen und an die Kunden zu verkaufen. Sie seien daher als Teil des Vertriebs für den Geschäftsgegenstand des Unternehmens zwingend erforderlich. Zwar sei die Klägerin in erster Linie ein Produktionsunternehmen und kein (reines) Vertriebsunternehmen. Mit der Produktion gehe aber zwangsläufig auch der Vertrieb der Produkte einher. Der Vertrieb stelle nicht lediglich ein Annex zur Produktion, sondern einen notwendigen betrieblichen Bestandteil zur Erreichung des Geschäftszwecks dar. Dies werde insbesondere dadurch deutlich, dass ein Unternehmen ohne eine entsprechende Vermarktung ihrer Produkte keinen Gewinn erzielen könne. Selbst wenn es sich bei den Messeteilnahmen um Werbung und nicht unmittelbar um eine Vertriebstätigkeit handeln sollte, seien Werbung und Vertrieb doch eng und untrennbar mit der Haupttätigkeit verbunden. Die Messeflächen seien vergleichbar mit einer Verkaufsfläche, die hinsichtlich der hierauf entfallenden Mietzinsen unstreitig der Hinzurechnung nach § 8 GewStG unterfielen. Durch die Anmietung der Messestände habe die Klägerin sich für den Vertriebsweg entschieden, die Produkte auf einem Stand bzw. in einem Verkaufsraum potentiellen Kunden zu präsentieren und diese dort zu verkaufen.
56Zu der Frage der Erforderlichkeit der Messeteilnahmen für den Geschäftszweck der Klägerin führt das FA – z.T. auch ergänzend in der mündlichen Verhandlung – weiter aus, dass hierbei auf den Vertrieb der Klägerin abzustellen sei, so wie er in den Streitjahren organisiert gewesen sei. Nicht entscheidend sei daher, dass die Klägerin ihren Vertrieb etwa hätte umstellen und in anderer Weise organisieren und so auf die Teilnahme auf den Messen hätte verzichten können. Sinn und Zweck der Hinzurechnungsvorschrift sei es gerade, eine Finanzierungsneutralität zwischen Betrieben, welche die Wirtschaftsgüter als Anlagevermögen in ihrem Betrieb vorhalten, und Betrieben, welche die Wirtschaftsgüter lediglich anmieten oder pachten, zu erreichen. Würde man die Messeentgelte nicht hinzurechnen, so würde es zu einer ungleichen Besteuerung der Ertragskraft von Unternehmen, welche die entsprechenden Räumlichkeiten im Anlagevermögen halten, mit Unternehmen, welche die Räumlichkeiten lediglich anmieten, kommen. Dass beide Unternehmen auch mehr Vertreter beschäftigen könnten, die zu den Kunden fahren würden und dort die Produkte verkaufen, sei bei dieser Betrachtung irrelevant. Ebenso unbeachtlich sei, ob die Klägerin tatsächlich noch anderweitige Vertriebsformen nutzt. Maßgeblich sei nämlich der konkrete Geschäftszweck. Für den vorliegenden Streitfall sei daher allein maßgeblich, dass die Klägerin tatsächlich ihre Produkte über die Messen vertrieben habe. Dies sei eine konkrete unternehmerische Entscheidung der Klägerin, die vorliegend allein zu beurteilen sei. Ansonsten würden nicht Eigentums- und Pacht- bzw. Mietbetriebe miteinander verglichen, sondern Betriebe mit lediglich unterschiedlichen Vertriebsstrukturen. Für die Hinzurechnungen von Entgelten für die Nutzung von Standflächen im Rahmen der Teilnahme an Messen verweist das FA schließlich auf das Urteil des FG Niedersachsen vom 6.12.2018 (10 K 188/17, DStRE 2929, 152), das ebenfalls die Hinzurechnung von Aufwendungen für die Teilnahme an Messen zum Gegenstand gehabt habe. Dort habe das FG Niedersachsen die Hinzurechnung für einen gleich gelagerten Sachverhalt bejaht.
57Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die wechselseitig ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen, sowie die dem Gericht vorliegenden und den Streitfall betreffenden Steuerakten Bezug genommen.
Die zulässige Klage ist begründet.
59I. Die angefochtenen Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 2013 bis 2015 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin dadurch in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FA hat im Rahmen der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung bei der Summenbildung nach § 8 Nr. 1 GewStG zu Unrecht Aufwendungen der Klägerin im Zusammenhang mit der Teilnahme an unterschiedlichen Fachmessen als Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern (im Umfang von jeweils 20 % der tatsächlich entstandenen Aufwendungen, § 8 Nr. 1 Buchst. d) GewStG) i.H.v. EUR … (2013), EUR … (2014) und EUR … (2015) sowie für die Benutzung von unbeweglichen Wirtschaftsgütern (im Umfang von jeweils 50 % der tatsächlich entstandenen Aufwendungen, § 8 Nr. 1 Buchst. e) GewStG) i.H.v. EUR … (2013), EUR … (2014) und EUR … (2015) berücksichtigt.
601. Nach § 8 Nr. 1 Buchst. d) GewStG wird dem Gewinn aus Gewerbebetrieb ein Viertel aus einem Fünftel (5 %) der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung von unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, hinzugerechnet, soweit die bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. Gem. § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG unterliegt der Hinzurechnung ein Viertel aus der Hälfte (12,5 %) der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, soweit die bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. Eine Hinzurechnung der Beträge nach § 8 Nr. 1 Buchst. a bis f GewStG erfolgt nur, soweit die Summe der Beträge den Betrag von EUR 100.000,-- übersteigt (§ 8 Nr. 1 GewStG in der auf die Streitjahre anwendbaren Fassung).
61Für die Anwendung der Hinzurechnungsvorschriften des § 8 Nr. 1 Buchst. d) GewStG (bewegliche Wirtschaftsgüter) und § 8 Nr. 1 Buchst. e) GewStG (unbewegliche Wirtschaftsgüter) müssen – neben weiteren hier nicht im Streit befindlichen Tatbestandsmerkmalen – die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:
62a. Gegenstand der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung sind ausschließlich Miet- und Pachtzinsen i.S.d. bürgerlichen Rechts. Der Hinzurechnungstatbestand setzt daher voraus, dass die Leistungen, deren Hinzurechnung in Frage steht, aufgrund eines Rechtsverhältnisses erbracht werden, das nach seinem wesentlichen rechtlichen Gehalt ein Miet- oder Pachtverhältnis im Sinne des bürgerlichen Rechts (§§ 535 ff.; §§ 581 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--) ist (vgl. BFH-Urteil vom 18.8.2015 – I R 43/14, BFH/NV 2016, 232). Entscheidend ist nicht die Bezeichnung als Miet- oder Pachtvertrag. Vielmehr muss die Ausgestaltung im Einzelfall der Vereinbarung den Charakter einer Miete oder Pacht verleihen.
63Enthält das zu beurteilende Rechtsverhältnis auch miet- oder pachtfremde Elemente, ist wie folgt zu unterscheiden:
64aa. Abreden mit miet- und pachtfremden Elementen von geringem Gewicht, d.h. Nebenabreden von untergeordneter Bedeutung, stehen der Qualifikation des Rechtsverhältnisses insgesamt und damit einer gewerbesteuerlichen Hinzurechnung des gesamten Leistungsentgelts nicht entgegen, wenn das Verhältnis trotzdem insgesamt einem Miet- oder Pachtvertrag gleichgeartet bleibt (vgl. vgl. BFH-Urteil vom 28.6.1978 – I R 131/76, BStBl. II 1979, 47; vgl. auch BFH-Urteil vom 26.5.1976 – I R 74/73, BStBl. II 1976, 721 zu einem Abbauvertrag: Bemessung des Entgelts nach der abgebauten Menge steht der Einordnung als Pacht ebenso wenig entgegen wie die Vereinbarung eines einmaligen Entgelts). Nur wesentliche Abweichungen sind schädlich (vgl. BFH-Urteil vom 14.2.1973 – I R 85/71, BStBl. II 1973, 412 zum einfachen Lizenzvertrag: Im Vordergrund stehe hierbei nicht die Nutzungsüberlassung und Fruchtziehung, sondern die Verpflichtung des Lizenzgebers, gegen die Verwertung des Schutzrechtes durch den Lizenznehmer nicht vorzugehen).
65bb. Werden in einem einheitlichen Vertrag sowohl miet- und pachttypische Hauptleistungspflichten bzw. Nebenabreden von nicht untergeordneter Bedeutung als auch miet- und pachtfremde Hauptleistungspflichten bzw. Nebenabreden von nicht untergeordneter Bedeutung vereinbart, kommt es darauf an, ob sich die entsprechenden Leistungspflichten rechtlich trennen und einer unterschiedlichen Beurteilung zuführen lassen. Eine getrennte Regelung von Miete und Pacht einerseits und anderen Elementen andererseits in dem zu beurteilenden Vertragswerk spricht für eine rechtliche Trennbarkeit. Dies gilt auch dann, wenn beide Hauptleistungspflichten nach dem Willen der Parteien voneinander abhängig sein sollen und sich nur in ihrer Verbindung der mit dem Vertrag beabsichtigte Zweck erreichen lässt (vgl. vgl. BFH-Urteil vom 15.6.1983 – I R 113/79, BStBl. II 1984, 17).
66Können beide Hauptleistungspflichten voneinander getrennt werden, so unterliegt nur das Entgelt der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung, das für die Miete oder Pacht gezahlt wird (vgl. BFH-Urteil vom 15.6.1983 – I R 113/79, BStBl. II 1984, 17 zur Miete einer Spezialmaschine mit Überlassung von Know-How).
67cc. Werden hingegen (auch) wesentliche miet- und pachtfremde Leistungspflichten vereinbart und liegt insoweit keine rechtliche Trennbarkeit vor, scheidet nach Auffassung des BFH eine – auch nur teilweise – Zuordnung der Vereinbarung zum Typus eines Miet- oder Pachtvertrags aus (BFH-Urteile vom 23.7.1957 – I 50/55 U, BStBl. III 1957, 306; vom 28.6.1978 – I R 131/76, BStBl. II 1979, 47; vom 15.6.1983 – I R 113/79, BStBl. II 1984, 17). Mangels Trennbarkeit verleihen die vorhandenen wesentlichen miet- oder pachtfremden Elemente dem Vertrag insgesamt einen eigenständigen Charakter (sog. Typenverschmelzung, vgl. Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, § 8 Nr. 1 Buchst. d Rz. 8b; Hofmeister in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 8 GewStG Rz. 202; vgl. auch Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 7, die bei der Abgrenzung darauf abstellen, welche Leistungskomponente dem Gesamtvertrag das Gepräge gibt). Es liegt dann ein Vertrag eigener Art vor (vgl. BFH-Urteil vom 28.6.1978 – I R 131/76, BStBl. II 1979, 47; vom 15.6.1983 – I R 113/79, BStBl. II 1984, 17). Entsprechend hat der BFH etwa einen Zeitcharter-Vertrag mit Gestellung der Schiffsmannschaft als Vertrag eigener Art qualifiziert, da die Gestellung der Schiffsmannschaft einen wesentlichen mietfremden Bestandteil des Vertragswerks darstelle (vgl. BFH-Urteil vom 23.7.1957 – I 50/55 U, BStBl. III 1957, 306).
68Liegt ein Vertrag eigener Art in vorstehendem Sinne vor, bleiben die in ihm etwa enthaltenen Elemente von Miete und Pacht im Rahmen der Hinzurechnung außer Betracht. Eine Aufteilung erfolgt nicht. Es scheidet dann eine Hinzurechnung des gesamten Entgelts aus.
69b. Des Weiteren erfolgt eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung nur, wenn Gegenstand des Miet- oder Pachtvertrags die Benutzung beweglicher oder unbeweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist, die im Eigentum eines anderen stehen.
70aa. Der Begriff des Anlagevermögens ist nach allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen zu bestimmen. Anlagevermögen sind danach die Gegenstände, die dazu bestimmt sind, auf Dauer dem Betrieb zu dienen (§ 247 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs --HGB--). Das sind die zum Gebrauch im Betrieb bestimmten Wirtschaftsgüter. Zum Umlaufvermögen gehören demgegenüber die zum Verbrauch oder sofortigen Verkauf bestimmten Wirtschaftsgüter (BFH-Urteil vom 25.7.2019 – III R 22/16, BStBl. II 2020, 51, m.w.N.).
71bb. Aufgrund der gesetzlichen Formulierung „Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen“ ist im Rahmen von § 8 Nr. 1 Buchst. d) und e) GewStG darauf abzustellen, ob die Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen des Mieters oder Pächters gehörten, wenn er ihr Eigentümer wäre. Die Hinzurechnungsvorschrift verlangt somit eine fiktive Zuordnung zum Anlagevermögen des Mieters oder Pächters, da die Gegenstände mangels Eigentums seinem Betriebsvermögen nicht zugeordnet werden können. Nach der Rechtsprechung des BFH begründen die Hinzurechnungsvorschriften insoweit eine voraussetzungslose Fiktion der Eigentümerstellung, die nicht an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen geknüpft ist (vgl. BFH-Urteile vom 8.12.2016 – IV R 24/11, BStBl. II 2022, 276; vom 23.3.2022 – III R 14/21, BFH/NV 2022, 861). Diese Fiktion ist auf den Zweck des § 8 Nr. 1 GewStG zurückzuführen, durch die Hinzurechnung im Sinne einer Finanzierungsneutralität einen objektivierten Ertrag des Gewerbebetriebs zu ermitteln (BFH-Urteile vom 25.10.2016 – I R 57/15, BFH/NV 2017, 388; vom 25.7.2019 – III R 22/16, BStBl. II 2020, 51; vom 12.11.2020 – III R 38/17, BStBl. II 2022, 283; vgl. auch BT-Drs. 16/4841, S. 78 ff.).
72cc. Die Frage, ob das fiktiv im Eigentum des Mieters oder Pächters stehende Wirtschaftsgut zum Anlagevermögen gehören würde, orientiert sich maßgeblich an der Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts in dem Betrieb, die einerseits subjektiv vom Willen des Steuerpflichtigen abhängt, sich andererseits aber an objektiven Merkmalen nachvollziehen lassen muss (wie z.B. der Art des Wirtschaftsguts, der Art und Dauer der Verwendung im Betrieb, der Art des Betriebs, ggf. auch der Art der Bilanzierung; vgl. BFH-Urteil vom 8.12.2016 – IV R 24/11, BFH/NV 2017, 985). Gemeint ist hierbei, dass es sich bei dem überlassenen Wirtschaftsgut der Art nach um Anlagevermögen handeln muss, wobei es ausreicht, wenn das Wirtschaftsgut dazu gewidmet ist, auf Dauer eine Nutzung im Geschäftsbetrieb zu ermöglichen. Insoweit spricht insbesondere die Verwendung des Wirtschaftsguts als Produktionsmittel für die Zuordnung zum Anlagevermögen, während der Einsatz als zu veräußerndes Produkt eine Zuordnung zum Umlaufvermögen nahelegt (BFH-Urteil vom 5.6.2008 – IV R 67/05, BStBl. II 2008, 960).
73dd. Ein Gegenstand kann zwar auch dann dem Anlagevermögen zuzuordnen sein, wenn er nur kurzfristig gemietet oder gepachtet wird; dies gilt selbst dann, wenn sich das Miet- oder Pachtverhältnis lediglich auf Tage oder Stunden erstreckt (BFH-Urteil vom 25.7.2019 – III R 22/16, BStBl. II 2020, 51, m.w.N.). Insoweit darf für die Einordnung als Anlagevermögen die Zeitkomponente "dauernd" nicht als reiner Zeitbegriff im Sinne von "immer" oder "für alle Zeiten" verstanden werden (BFH-Urteil vom 5.6.2008 – IV R 67/05, BStBl. II 2008, 960, m.w.N.). In diesem setzt die Qualifikation des Wirtschaftsguts als Anlagevermögen aber voraus, dass der Steuerpflichtige derartige Wirtschaftsgüter ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb benötigt. Dies hat der BFH etwa bejaht, wenn der Steuerpflichtige wiederholt gleichartige Container zur Weitervermietung (BFH-Urteil vom 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. II 1973, 148) oder gleichartige Bestuhlungen und Beschallungsanlagen zur eigenen Nutzung in Sälen und Stadien (BFH-Urteil vom 30.3.1994 – I R 123/93, BStBl. II 1994, 810) angemietet hat. Dagegen scheidet eine Zuordnung zum Anlagevermögen aus, wenn der Steuerpflichtige die angemieteten oder gepachteten Wirtschaftsgüter nicht ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb hätte vorhalten müssen (BFH-Urteil vom 8.12.2016 – IV R 24/11, BFH/NV 2017, 985) und sie deshalb nicht zu seinem dem Betrieb auf Dauer gewidmeten Betriebskapital gehören würden (BFH-Urteil vom 30.3.1994 – I R 123/93, BStBl. II 1994, 810).
74ee. Bei der Prüfung nach vorstehenden Maßstäben ist nach Auffassung des BFH der Geschäftsgegenstand des Unternehmens zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 25.7.2019 – III R 22/16, BStBl. II 2020, 51, m.w.N.). Die Prüfung hat sich soweit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen zu orientieren (BFH-Urteil vom 25.10.2016 – I R 57/15, BFH/NV 2017, 388, m.w.N.). Insbesondere darf die Fiktion nicht weiter reichen als es die Vorstellung eines das Miet- oder Pachtverhältnis ersetzenden Eigentums gebietet (BFH-Urteil vom 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. II 1973, 148).
75Insoweit ist zu fragen, ob der Geschäftszweck das dauerhafte Vorhandensein solcher Wirtschaftsgüter voraussetzt (vgl. BFH-Urteile vom 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. II 1973, 148 und vom 8.12.2016 – IV R 24/11, BFH/NV 2017, 985). Hierfür ist – im Sinne einer Kontrollfrage – darauf abzustellen, ob sich die betreffende Tätigkeit, das Eigentum des Steuerpflichtigen an dem Wirtschaftsgut unterstellt, wirtschaftlich sinnvoll nur ausüben lässt, wenn das Eigentum an den Wirtschaftsgütern langfristig erworben wird (vgl. BFH-Urteil vom 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. II 1973, 148).
76ff. Vorstehende Beurteilungskriterien hat der BFH jüngst in seinem Beschluss vom 22.3.2022 (III R 14/21, BFH/NV 2022, 861) betreffend die Frage, ob die Anmietung von Messestandsflächen bei einem ausstellenden Unternehmen zu einer gewerbesteuerlichen Hinzurechnung führen, bestätigt.
77gg. Da die Frage, ob Wirtschaftsgüter dem Anlagevermögen zuzuordnen wären, anhand des konkreten Geschäftsgegenstands und der speziellen betrieblichen Verhältnisse des Unternehmens zu beantworten ist, kommt es insoweit entscheidend auf die tatsächlichen Feststellungen und die tatsächliche Würdigung durch die Finanzgerichte an (BFH-Urteil vom 22.3.2022 – III R 14/21, BFH/NV 2022, 861).
78c. Die Feststellunglast dafür, ob die Voraussetzungen für eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. d) oder e) GewStG vorliegen, trägt, da es sich hierbei um steuererhöhende Umstände handelt, nach allgemeinen Grundsätzen die Finanzbehörde.
792. Unter Anwendung vorstehender Grundsätze auf den vorliegenden Streitfall scheidet eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung der hier in Rede stehenden Aufwendungen der Klägerin für die Teilnahme an den unterschiedlichen Fachmessen nach § 8 Nr. 1 Buchst. d) und e) GewStG, so wie sie die Betriebsprüfung und anschließend das FA vorgenommen haben (vgl. Tabelle 7 bis 13), in vollem Umfang aus.
80a. Die durch das FA der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e) GewStG unterworfenen Aufwendungen für die Benutzung unbeweglicher Wirtschaftsgüter (vgl. Tabellen 8 bis 10) stellen sämtlich keine Leistungen auf Grundlage eines Miet- oder Pachtverhältnisses dar.
81aa. Bei den Verträgen über die Beteiligung an Fachmessen handelt es sich zur Überzeugung des erkennenden Senats um Verträge eigener Art, die zwar auch miet- und pachttypische Elemente, darüber hinaus aber auch miet- und pachtfremde Hauptleistungspflichten des Messeveranstalters von nicht untergeordneter Bedeutung enthalten. Entgegen der Sichtweise des FA gibt die Überlassung der Messeflächen durch den Messeveranstalter dem Vertrag nicht derart sein Gepräge, dass er insgesamt als Miet- oder Pachtvertrag einzuordnen wäre. Vielmehr können die jeweiligen Leistungspflichten nicht voneinander getrennt werden, sodass die vorhandenen wesentlichen miet- und pachtfremden Elemente dem Vertrag insgesamt einen eigenständigen Charakter verleihen.
82(1) Unter Anwendung der unter Abschnitt 1.a. dargestellten Grundsätze liegt nach der Rechtsprechung des BFH zur Umsatzsteuer in aller Regel ein Rechtsverhältnis besonderer Art und keine Vermietung von Grundstücken oder Grundstücksteilen vor, wenn der Veranstalter einer Ausstellung Unternehmen gegen Entgelt Freiflächen oder Stände in Hallen oder anderen Bauten zur Schaustellung gewerblicher Erzeugnisse im Rahmen der Ausstellung unter besonderen Auflagen überlässt (BFH-Urteil vom 25.9.1953 – V 177/52 U, BStBl. III 1953, 335; ebenso BFH-Urteil vom 18.1.1962 – V 92/59, BeckRS 1962, 21007910; vgl. zur zivilrechtlichen Einordnung eines Vertrag über die Teilnahme an einer Messe als Dienstleistungsvertrag besonderer Art mit einer Vielzahl von Einzelleistungen auch OLG Frankfurt, Urteil vom 25.8.1997 – 12 U 113/96, juris).
83Zur Begründung seiner Sichtweise führt der BFH wie folgt aus (vgl. BFH-Urteil vom 25.9.1953 – V 177/52 U, BStBl. III 1953, 335): Sowohl aus Sicht des Veranstalters als auch aus Sicht der Aussteller stünden in erster Linie nicht die Vermietung von Plätzen oder Ständen im Vordergrund, sondern andere Hauptleistungspflichten. Dem Veranstalter komme es in erster Linie darauf an, durch eine zweckmäßige und ansprechend gegliederte Schau der jeweiligen gewerblichen Erzeugnisse die Anziehungskraft der Ausstellung zu erhöhen und für diesen Zweck Aussteller zur Mitwirkung im Rahmen der Gesamtorganisation der Ausstellung zu gewinnen. Dies folgert der BFH daraus, dass die als Vertragsangebot zu wertende Anmeldung zu der Ausstellung nicht auf die Überlassung von Grundstücken oder Grundstücksteilen zum Gebrauch gegen Entgelt laute, sondern auf Zulassung zur Ausstellung. Eine so gestaltete Anmeldung enthalte nicht ein Angebot auf Abschluss eines Mietvertrags, sondern bezwecke etwas anderes. Dies werde deutlich, wenn man berücksichtige, dass interessierte Aussteller mit der Anmeldung regelmäßig ins einzelne gehende Angaben über die Gegenstände, die der Aussteller zur Schau zu stellen beabsichtige, machen müssten. In dem vom BFH zu beurteilenden Streitfall hätten nach den dort einschlägigen besonderen Teilnahmebedingungen nur ausdrücklich angemeldete Gegenstände ausgestellt werden dürfen. Der Veranstalter habe sich in den Ausstellungsbedingungen eine Einflussnahme auf die Art der Gestaltung der Ausstellungsstände sowie das Recht vorbehalten, auch noch nach Zulassung des Ausstellers Ausstellungsgegenstände zurückzuweisen, wenn sie aus irgendwelchen Gründen nicht in den Rahmen der Ausstellung und der mit ihr verbundenen Interessengruppen passten. Den Ausstellern komme es spiegelbildlich hauptsächlich auf die Einräumung des Rechts an, unter Ausnutzung der durch die Organisation der Ausstellung geschaffenen besonders günstigen Bedingungen für ihre Erzeugnisse zu werben. Dies rechtfertige auch die Bereitschaft der Aussteller zur Aufwendung erheblicher Entgelte zur Abgeltung der zur Schaffung der günstigen Werbemöglichkeiten vom Veranstalter geleisteten Arbeiten organisatorischer Art. Nach Auffassung des BFH stehe der Einordnung der Messeverträge als solche eigener Art nicht entgegen, dass in den Teilnahmebedingungen mehrfach von Standmiete die Rede sei.
84(2) Die Einordnung von Messeteilnahmeverträgen als Verträge eigener Art zeigt sich auch anhand eines Vergleichs von Messeteilnahmeverträgen mit Verträgen über die Nutzungsüberlassung von Laden- und Standflächen in einer Ladenstraße. Nach Auffassung des BFH handelt es sich im Fall der Überlassung von Ladenflächen und Ständen in einer Ladenstraße – im Unterschied zur Teilnahme an Messen – um typische Nutzungsüberlassungsverträge. Eine Gleichbehandlung beider Konstellationen komme nach Auffassung des BFH nicht in Betracht (vgl. BFH-Urteil vom 3.4.1957 – V 276/56 U, BStBl. III 1957, 202). Hierzu führt der BFH wie folgt aus: Der entscheidende Unterschied bestehe darin, dass es sich im Fall der Überlassung von Ladenflächen und Ständen in einer Ladenstraße um eine auf lange Sicht errichtete Ladenreihe handle, deren einzelne Mieter zwar vom Vermieter nach ihren Geschäftsgegenständen (Waren) ausgewählt und aufeinander abgestimmt werden. Es handle sich hierbei aber um nichts anderes als um eine betontere Durchführung dessen, was sich in jeder Geschäftsstraße aus Konkurrenz- und Zweckmäßigkeitsgründen bei der Vermietung von Geschäftsläden abspielt. Die Überlassung eines Ladengeschäfts für längere Dauer entspreche dem bei Mietverträgen Üblichen. Der wesentlichste Unterschied zwischen der Dauervermietung in einer Ladenstraße und der kurzfristigen Überlassung von Ständen durch den Veranstalter (Organisator) von Messen, Ausstellungen usw. bestehe aber vor allem darin, dass in den letztgenannten Fällen von Fall zu Fall Gestaltungsleistungen und Attraktionen des Messe- bzw. Ausstellungsveranstalters neu stattfänden, die die Grundlage besonderer Werbungsmöglichkeiten der Bezieher der Stände bilden würden. Dies sei immer wieder eine Leistung besonderer Art.
85(3) Die vorstehend unter (1) und (2) dargestellte Rechtsprechung des BFH ist zwar zur Umsatzsteuer ergangen, konkret zu der Frage, ob die Überlassung von Freiflächen oder Ständen oder anderer Bauten im Rahmen einer Ausstellung oder Messe sowie die Vermietung von Ladenflächen und Ständen in einer Ladenstraße umsatzsteuerfreie Vermietungsleistungen darstellen. Es ist aber nicht ersichtlich, dass sich die Frage, ob ein Rechtsverhältnis, aufgrund dessen Grundstücke oder Grundstücksteile zum Gebrauch gegen Entgelt überlassen werden, als reine Miete, als gemischter Vertrag mit Elementen der Miete oder als Vertrag besonderer Art anzusehen ist, für umsatzsteuerliche Zwecke einerseits und für gewerbesteuerliche Zwecke andererseits im Wesentlichen nach unterschiedlichen Maßstäben zu beurteilen wären. In beiden Fällen ist nämlich entscheidend, ob die Gesamtheit der Vertragsbestimmungen nach ihrem objektiven Gehalt den Charakter eines Miet- oder Pachtverhältnisses i.S.d. bürgerlichen Rechts aufweist (vgl. BFH-Urteil vom 25.9.1953 – V 177/52 U, BStBl. III 1953, 335 zur Umsatzsteuer und BFH-Urteil vom 18.8.2015 – I R 43/14, BFH/NV 2016, 232 zur gewerbesteuerlichen Hinzurechnung).
86(4) Entgegen der Auffassung des FA kann auch der Entscheidung des BFH vom 25.10.2016 (I R 57/15, BStBl. II 2022, 273) keine allgemeine Einordnung eines Messeteilnahmevertrags als Mietvertrag entnommen werden. In seiner Entscheidung vom 25.10.2016 hat der BFH zwar die Würdigung des Finanzgerichts München in seinem Urteil vom 8.6.2015 (7 K 3250/12, EFG 2015, 1835), dass die von der Klägerin an die ausländischen Messeunternehmen geleisteten Entgelte als Miete (Mietverträge als vertragliche Grundlagen) anzusehen seien, revisionsrechtlich nicht beanstandet. In dem der Entscheidung des Finanzgerichts München zugrunde liegenden Sachverhalt stand aber nach den tatrichterlichen Feststellungen des Finanzgerichts München nicht die Zulassung zur Teilnahme der Messe als solche im Vordergrund, sondern die Überlassung von Stand- bzw. Ausstellungsflächen zur Präsentation von Produkten und/oder Dienstleistungen der Aussteller im Rahmen der Messeveranstaltung. Die Revisionsentscheidung erschöpft sich diesbezüglich darin, dass die Auslegung der streitgegenständlichen Vereinbarungen durch das Finanzgericht München nach der Beurteilung durch den BFH keinen Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen widersprach. Aus diesem Grund war das Auslegungsergebnis durch das FG München für den BFH insoweit revisionsrechtlich bindend, selbst wenn die vorgenommene Auslegung nicht zwingend wäre. Eine über den entschiedenen Einzelfall hinausgehende Einordnung von Messeteilnahmeverträgen als Mietverträge folgt aus der Entscheidung des BFH hingegen nicht. Aus den gleichen Gründen kann auch der seitens des FA zitierten Entscheidung des FG Düsseldorf vom 29.1.2019 (10 K 2717/17, EFG 2019, 544) keine generelle über den entschiedenen Einzelfall hinausgehende Einordnung von Messeteilnahmeverträgen als Mietvertrag entnommen werden. Schließlich können auch dem seitens des FA zitierten Urteil des Niedersächsischen FG vom 11.11.2021 (10 K 29/20, EFG 2022, 1132) keine abweichenden Maßstäbe zur Beurteilung von Messeteilnahmeverträgen entnommen werden. Dem steht bereits entgegen, dass Gegenstand der Entscheidung des Niedersächsischen FG keine Vereinbarungen über die Teilnahme an Messen waren, sondern vielmehr Vereinbarungen über die Überlassung von Werbeflächen im Rahmen eines Sponsoringvertrags. Ob ein Sponsoringvertrag typischerweise seinem wesentlichen Gehalt nach ein Miet- oder Pachtverhältnis im Sinne des bürgerlichen Rechts ist oder als ein Vertrag eigener Art einzuordnen ist, bedarf einer eigenständigen Würdigung und ist mit der Teilnahme an Messen nicht vergleichbar.
87(5) Unter Anwendung vorstehender Grundsätze und Würdigung der vorliegenden Umstände des Einzelfalls sind die hier in Rede stehenden Messeverträge zwischen der Klägerin und den jeweiligen Messeveranstaltern bzw. Messedurchführungsgesellschaften als Verträge eigener Art zu qualifizieren.
88In dem vorliegenden Streitfall sind die jeweiligen Anmeldungen der Klägerin zu den Fachmessen nicht auf Überlassung von Messeflächen zur Nutzung, sondern auf die Teilnahme an den Messen gerichtet. So musste die Klägerin etwa mit der Anmeldung zur … ins einzelne gehende Angaben über die Produkte machen, die sie auszustellen beabsichtigte. Entsprechend wurden auch nur die angemeldeten und in das Produktverzeichnis aufgenommenen Produkte zur Veranstaltung zugelassen. Laut den dem Gericht vorliegenden „Besonderen Teilnahmebedingungen“ der …werden zur … nur Hersteller mit Produkten zugelassen, die dem Thema der Veranstaltung entsprechen. Die Zuteilung der Standfläche erfolgt nach den ebenfalls vorliegenden „Allgemeinen Teilnahmebedingungen“ durch den Veranstalter aufgrund der Zugehörigkeit der von ihnen angemeldeten Produkte zu einem Ausstellungsthema. Ein Anspruch auf Zuteilung einer Standfläche in einer bestimmten Form, in einer bestimmten Größe und in einer bestimmten Halle oder in einem bestimmten Hallenbereich besteht nicht. Entsprechende Regelungen ergeben sich aus den dem Gericht vorliegenden „Allgemeinen Teilnahmebedingungen“ der…, der Veranstalterin der …sowie der…. Die Vertragsgrundlagen der weiteren vorliegend in Rede stehenden Fachmessen liegen dem Gericht zwar nicht vor. Der erkennende Senat geht aber davon aus, dass die insoweit maßgeblichen rechtlichen Rahmenbedingungen bei allen Fachmessen vergleichbar waren. Hieraus schlussfolgert der erkennende Senat, dass es den Messeveranstaltern in erster Linie darauf ankommt, durch eine zweckmäßige und ansprechend gegliederte Schau der jeweiligen Erzeugnisse die Anziehungskraft der Ausstellung zu erhöhen und für diesen Zweck Aussteller zur Mitwirkung im Rahmen der Gesamtorganisation der Ausstellung zu gewinnen. Die Bereitschaft der Klägerin zur Zahlung der vergleichsweise hohen Teilnahmegebühren zeigt spiegelbildlich, dass es der Klägerin nicht in erster Linie auf die zeitweise Nutzung der Standfläche als solches angekommen ist, was mietvertragstypisch gewesen wäre, sondern darauf, unter Teilnahme an der Messe bei dem dort anwesenden Fachpublikum für ihre Produkte zu werben. Entsprechend der Bedeutung der einzelnen Fachmessen beim Fachpublikum und dem damit einhergehenden Werbeeffekt war die Klägerin im Rahmen der bedeutendsten Messen, der… der … und der …, bereit, die größten Aufwendungen zu tragen.
89bb. Soweit das FA in den Streitjahren 2013 und 2014 jeweils auch Lagerkosten für einen Messestand (Rechnungen…) der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e) GewStG (unbewegliches Vermögen) unterworfen hat, handelt es sich – soweit ersichtlich – auch hierbei nicht um Miet- und Pachtzinsen für die Nutzungsüberlassung unbeweglichen Vermögens. Die Vereinbarung über die Lagerung von Wirtschaftsgütern ist wegen der übernommenen Obhutspflicht ein Lagervertrag nach §§ 467 ff. des Handelsgesetzbuchs (HGB) und kein Mietvertrag.
90cc. Soweit das FA im Streitjahr 2014 Aufwendungen für den Aufbau von Messeständen betreffend die Fachmessen …, …und …(Rechnungen…) der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e) GewStG (unbewegliches Vermögen) unterworfen hat, steht nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass es hierbei um Miet- oder Pachtentgelte handelt. Soweit ersichtlich, war Hauptleistung der den Rechnungen zugrunde liegenden Vereinbarungen die Lieferung und der Auf- und Abbau eines Messestands der Klägerin. Dies wird jedenfalls aus der betreffend den Messestand für die …vorliegenden Rechnungen ersichtlich. Dort ist eine Position „Service/Logistik“ enthalten, die die Montage, den Auf- und Abbau des Messestandes inklusive Transport, Hotel und Spesen umfasst. Zwar umfasst die Rechnung daneben als Miete bezeichnete Positionen für Bodenarbeiten, Wand-/Kabinenbau, Deckensystem/Beleuchtung sowie Mobiliar und zwei Positionen Digitaldruck inkl. Trägerplatte und 2 x Digitaldruck Aufkleber „Kühlschrank“. In einer Gesamtschau dürfte es sich bei den vertraglichen Vereinbarungen aber insgesamt um einen Dienst- oder Werkleistungsvertrag eigener Art handeln, nicht jedoch um einen Miet- oder Pachtvertrag. Dem steht nicht entgegen, dass der Klägerin im Rahmen des zu errichten Messestandes durch die Messebaugesellschaft auch einzelne Gegenstände zeitweise zur Nutzung überlassen und nach Ablauf der Messe wieder an die Messebaugesellschaft zurückgegeben wurden. Diese Leistungen dürften in der Gesamtleistung „Lieferung und Errichtung eines Messestandes“ aufgegangen sein und nicht isoliert als mietvertragliche Leistungen zu qualifizieren sein.
91b. Die vorliegend in Rede stehenden und durch die Klägerin genutzten Wirtschaftsgüter stellen kein fiktives Anlagevermögen der Klägerin dar. Dies gilt sowohl für die unbeweglichen Wirtschaftsgüter, bezüglich derer es nach den vorstehenden Ausführungen unter Abschnitt 2. a. bereits an einem zugrunde liegenden Miet- oder Pachtverhältnis fehlt, als auch für die beweglichen Wirtschaftsgüter. Dabei braucht der erkennende Senat nicht zu entscheiden, ob er sich der Sichtweise des BFH dazu, dass die Fiktion der Eigentümerstellung nicht an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen geknüpft sei, anschließt (vgl. dazu unter Abschnitt 1. b. bb.) oder ob im Rahmen der Prüfung des fiktiven Anlagevermögens – so wie die Klägerin meint – als weitere Voraussetzung zu prüfen wäre, ob an dem im Einzelnen konkret genutzten Wirtschaftsgut rechtlich überhaupt Eigentum erworben werden könnte. Denn unter Berücksichtigung des konkreten Geschäftsgegenstand der Klägerin war ein dauerhaftes Vorhandensein der im Zusammenhang mit der Teilnahme an den Messen genutzten unbeweglichen und beweglichen Wirtschaftsgüter für eine sinnvolle Ausübung der Geschäftstätigkeit der Klägerin nicht erforderlich.
92aa. Der Geschäftsgegenstand der Klägerin besteht in der …Herstellung aller auf Milch basierender Produkte …und deren Vertrieb. Die Klägerin ist daher in erster Linie ein Produktionsunternehmen für Milchprodukte…. Für Zwecke der Produktion waren die Wirtschaftsgüter, die im Zusammenhang mit der Teilnahme an den Fachmessen standen, weder nach dem subjektiven Willen der Klägerin noch objektiv nach der Art der entsprechenden Wirtschaftsgüter gedacht. Für den Produktionsprozess war die Teilnahme an Fachmessen selbstredend auch nicht erforderlich.
93Zwar gehört zum Geschäftszweck der Klägerin laut Handelsregistereintragung auch der Vertrieb hergestellter Produkte. Insoweit steht aber nicht zur Überzeugung des erkennenden Senats fest, dass das ständige Vorhalten von Wirtschaftsgütern zur Teilnahme an Messen für den Vertrieb der durch die Klägerin hergestellten Produkte zwingend erforderlich wäre und die Klägerin andernfalls ihre Gesamttätigkeit nicht sinnvollerweise ausüben könnte. Die Klägerin hat nachvollziehbar und seitens des FA unwidersprochen vorgetragen, dass der Vertrieb ihrer Produkte in erster Linie über eine unternehmensinterne Vertriebsstruktur erfolge, die aus einem Außen- und einem Innendienst bestehe. Der Außendienst werde durch einen Geschäftsführer zentral geleitet. Im Übrigen seien vier Außendienstmitarbeiter für den Bereich Großhandel, ein Außendienstmitarbeiter für den Bereich Export und ein Außendienstmitarbeiter für den Bereich Industrie zuständig. Der Außendienst werde zudem durch drei Innendienstmitarbeiter unterstützt. Ein Vertrieb über die jeweiligen Fachmessen erfolge so gut wie gar nicht. Hierzu hat die Klägerin ausgeführt, der gesamte Bereich Industrie (ca. 15 % der Kundengruppen der Klägerin) könne über die vorliegend in Rede stehenden Fachmessen überhaupt nicht angesprochen werden. Das gleiche gelte für den Bereich der Einzelhändler (ca. 5 % der Kundengruppen der Klägerin). Für den restlichen Bereich, d.h. den Großhandel (ca. 80 % der Kundengruppen der Klägerin), gelte, dass über die entsprechenden Großmessen, d.h. die …, die … und die …, unmittelbar lediglich die Kunden der Großhändler (d.h. die Kunden der Kunden) angesprochen werden würden. Daher ergäben sich kaum unmittelbare Geschäftsabschlüsse. Vielmehr gehe es darum, die entsprechenden Nachfragen bei den Großhändlern zu steigern, um hierdurch die Aufträge der Klägerin durch die Großkunden zu steigern.
94Nach diesen nachvollziehbaren und seitens des FA auch nicht angezweifelten Ausführungen diente die Teilnahme der Klägerin an den Fachmessen somit in erster Linie der Produktwerbung und nicht dem Vertrieb der Produkte. Die Vorstellung neuer Produkte sowie die unmittelbare Kundenpflege würden, so die Klägerin, laufend auch im direkten Kontakt mit Kunden und Verarbeitern im Rahmen der vorhandenen Vertriebsstruktur erfolgen. Vor diesem Hintergrund ist nicht ansatzweise ersichtlich, dass sich die Tätigkeit der Klägerin, konkret die Herstellung und der Vertrieb von Milchprodukten…, nicht auch ohne die Teilnahme an den vorliegend in Rede stehenden Fachmessen, sinnvoll würde ausüben lassen bzw. der wirtschaftliche Erfolg der Klägerin von einem dauerhaften Vorhalten von Messeständen abhängen würde.
95Zudem kommt zum Tragen, dass die Klägerin über die Teilnahme an verschiedenen Fachmessen jedes Jahr aufs Neue entschieden hat. So hat die Klägerin an der …in …, an der…, an den Messen in …und …sowie der …jeweils nur einmalig teilgenommen. Die …hat die Klägerin in 2013, nicht in 2014 und sodann erst wieder in 2015 besucht. Nach dem Vortrag der Klägerin hat sich eine regelmäßige Teilnahme nicht gelohnt. An der …hat die Klägerin zwar in den Jahren 2014, 2016 und 2018, nicht hingegen in 2020 teilgenommen. Vor diesem Hintergrund zeigt sich die Teilnahme an den entsprechenden Fachmessen nicht als unabdingbar für die Ausübung der Geschäftstätigkeit durch die Klägerin.
96Der erkennende Senat lässt bei dieser Würdigung nicht unberücksichtigt, dass hierbei – worauf das FA zutreffend hinweist – auf den konkreten Geschäftsbetrieb bzw. auf die konkrete Vertriebsstruktur der Klägerin als Teil des Geschäftsbetriebs, so wie sie in den Streitjahren organisiert gewesen war, abzustellen ist. Soweit das FA hierzu vorträgt, fiktives Anlagevermögen läge auch dann vor, wenn die Klägerin ihren Vertrieb hätte umstellen und in anderer Weise organisieren müssen, etwa durch den Einsatz mehrerer Außendienstmitarbeiter, und nur so auf die Teilnahme an den Messen hätte verzichten können, mag dies zutreffend sein. Hierdurch kommt gerade der vom BFH als entscheidendes Kriterium in den Mittelpunkt gestellte Aspekt der Erforderlichkeit eines langfristigen Erwerbs der Wirtschaftsgüter zum Ausdruck. Allerdings steht insoweit – wie bereits vorstehend ausgeführt – gerade nicht zur Überzeugung des erkennenden Senats fest, dass die Klägerin auf die Teilnahme an den Fachmessen angewiesen gewesen wäre, die Teilnahme an den Fachmessen hinweggedacht also zwingend ihre Vertriebsstruktur hätte umstellen müssen, um ihren Geschäftsbetrieb noch sinnvoller Weise ausüben zu können. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin – wie sie selbst in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat – bei Wegfall der Fachmessen ihre Vertriebsmöglichkeiten sehr wahrscheinlich überdacht und gegebenenfalls ihre bestehenden Vertriebswege umgestellt oder ausgebaut hätte. Dies liegt aber allein daran, dass die Klägerin – wie sie ebenfalls in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des erkennenden Senats ausgeführt hat – ein Wirtschaftsunternehmen ist und daher an Gewinnmaximierung ausgerichtet ist. Unter Wirtschaftlichkeitserwägungen ist naheliegend, dass bei Wegfall der Teilnahme an den Fachmessen andere Werbe- und Vertriebsmöglichkeiten erwogen worden wären, um die Unternehmensziele zu erreichen oder gar zu übertreffen. Dies ändert aber nichts an dem Umstand, dass der konkrete Geschäftsbetrieb der Klägerin zur Überzeugung des erkennenden Senats – und zwar sowohl was die Produktion als auch den Vertrieb betrifft – auch ohne die Teilnahme an den in Rede stehenden Fachmessen sinnvoller Weise hätte betrieben werden können.
97bb. Selbst wenn – was vorliegend nicht der Fall ist – unterstellt würde, die Klägerin wäre in den Streitjahren unter Berücksichtigung ihres konkreten Geschäftsbetriebs auf die Teilnahme an den Fachmessen angewiesen, um ihren Geschäftsbetrieb sinnvoller Weise auszuüben, wäre nach Ansicht des erkennenden Senats aber insoweit kein dauerhaftes Vorhalten der im Zusammenhang mit den Fachmessen genutzten Wirtschaftsgütern im Betrieb der Klägerin erforderlich gewesen. Hierbei berücksichtigt der erkennende Senat, dass die Klägerin im Streitjahr 2013 … lediglich an sieben Fachmessen im Umfang von zusammen 18 Kalendertagen, im Streitjahr 2014 … an acht Fachmessen im Umfang von zusammen 27 Kalendertagen sowie im Streitjahr 2015 …an sieben Fachmessen im Umfang von zusammen 21 Kalendertagen teilgenommen hat. Dabei betrafen die allermeisten Fachmessen kleinere Messen mit einer Dauer von lediglich zwei Tagen. Lediglich die größeren Fachmessen ……und … dauerten jeweils fünf oder sechs Tage. Auch die Anzahl der Fachmessen sowie der Gesamtumfang gemessen an der Dauer in Tagen zeigt, dass die Klägerin die hierfür gemieteten Standflächen und sonstigen beweglichen Wirtschaftsgüter nicht ständig für ihren Betrieb hätte vorhalten müssen (in diesem Sinne auch Finanzgericht Münster, Urteil vom 3.11.2021 – 13 K 1122/19 G, EFG 2022, 169; Az. des BFH: III R 35/21). An den verbleibenden ca. 340 Tagen im Jahr hätte die Klägerin die Wirtschaftsgüter nämlich mangels Messeteilnahmen überhaupt nicht sinnvoll nutzen können.
98II. Die Errechnung der nach Maßgabe des Tenors und der Urteilsgründe festgesetzten Gewerbesteuermessbeträge durfte gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO auf das FA übertragen werden.
99Hierbei ist die Summe der hinzurechnungspflichtigen Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. d) GewStG (20 % der tatsächlich aufgewendeten Miet- und Pachtzinsen) zusammengefasst wie folgt zu berücksichtigen:
100Tabelle 14:
101…
102Die Summe der hinzurechnungspflichtigen Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. e) GewStG (50 % der tatsächlichen aufgewendeten Miet- und Pachtzinsen) ist zusammengefasst wie folgt zu berücksichtigen:
103Tabelle 15:
104…
105Die entsprechend den vorstehenden Tabellen 14 und 15 ausgewiesenen neuen (verminderten) Summen fließen jeweils in die Gesamtsumme der Finanzierungsanteile nach § 8 Nr. 1 GewStG ein. Diese Gesamtsumme unterliegt sodann gemäß des Einleitungssatzes des § 8 Nr. 1 GewStG mit einem nochmals zu bildenden Anteil von einem Viertel (25 %) der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung. Die gewerbesteuerliche Hinzurechnung vermindert sich damit nicht um die vollständigen o.g. Minderungsbeträge, sondern im Ergebnis nur um auf die vorgenannte Weise zu ermittelnde anteilige Beträge von 25 %.
106III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
107IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
108V. Die Revision war nicht zuzulassen. Zulassungsgründe gem. § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor. Insbesondere sieht der Senat die Rechtsgrundsätze im Zusammenhang mit der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Aufwendungen für die Teilnahme an Fachmessen durch die Ausführungen in dem jüngst ergangenen Urteil des BFH vom 23.3.2022 (III R 14/21, BFH/NV 2022, 861) als hinreichend geklärt.