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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Die Beteiligten streiten darüber, ob Zinsaufwendungen der Klägerin, einer vermögensverwaltenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), mit Blick auf den begehrten Werbungskostenabzug jeweils insoweit zu kürzen sind, als die Empfänger der Zahlungen an der GbR beteiligt sind.
2Gesellschafter der Klägerin sind jeweils zur Hälfte L. D. und dessen Sohn N. D.. Alleiniger Zweck und einzige Unternehmung der Klägerin ist die Vermietung eines bebauten Grundstücks in I-Stadt. Die Räumlichkeiten werden seit 1994 an mehrere Mieter vermietet, wobei als Vermieterin (jedenfalls auch) die Klägerin auftritt. Dem ging Folgendes voraus: Zur Finanzierung der Bebauung des Grundstücks nahmen die Gesellschafter der Klägerin am 18.05.1994 zwei Darlehen in Höhe von 1.600.000 DM (Konto A) und 2.000.000 DM (Konto A) bei der Sparkasse X-Stadt auf. Auf die Verträge nebst Anlagen wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Zum Zwecke der gemeinschaftlichen Vermietung und Verpachtung gründeten L. D. und N. D. die Klägerin; dies wurde am 20.07.1994 dem Beklagten angezeigt. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag wurde am 30.11.1994 unterzeichnet. Alleiniger Eigentümer des – ursprünglich – unbebauten Grundstücks war zunächst L. D.. Mit notariellem Vertrag vom 30.11.1994 übertrug L. D. einen hälftigen Miteigentumsanteil auf N. D.. Die zunächst mit einer Laufzeit von zehn Jahren abgeschlossenen Darlehensverträge wurden 2004 um fünf Jahre verlängert. Die Restvaluta der Darlehen beliefen sich zum 31.08.2009 auf 818.000 EUR (Konto A) und 844.000 EUR (Konto A).
3Die Klägerin schloss mit ihren Gesellschaftern am 24.08.2009 jeweils eine schriftliche mit „Darlehensvertrag“ überschriebene Vereinbarung“ über ein „Darlehen“ in Höhe von jeweils 831.000 EUR. Beide Darlehen sollten mit einem Zinssatz von jährlich 4,95 % verzinst und nach Ablauf von zehn Jahren endfällig zurückgezahlt werden, wobei Sondertilgungen möglich sein sollten. Sicherheiten wurden nicht gestellt. Zur Auszahlung heißt es jeweils: “Die Auszahlung des Darlehens erfolgte mit Wertstellung am 30.08.2009.“ Am 30.08.2009 wurden die Darlehen gegenüber der Sparkasse getilgt. Die Gesellschafter der Klägerin brachten die Beträge u.a. durch Kündigung mehrerer Lebensversicherungsverträge auf.
4Im Jahr 2015 zahlte die Klägerin (basierend auf einer Restdarlehensschuld von je 732.000 EUR) an beide Gesellschafter jeweils 36.234 EUR.
5Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für das Streitjahr 2015 setzte die Klägerin Zinsaufwendungen für Darlehen in Höhe von 72.468 EUR als Werbungskosten an.
6In der Erklärung wurde N. D. als Empfangsbevollmächtigter benannt.
7Der Beklagte erließ am 09.06.2017 einen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen. Der Beklagte versandte den Bescheid an L. D. mit dem Hinweis, der Bescheid ergehe an ihn als Empfangsbevollmächtigten. L. D. leitete den Bescheid an N. D. weiter.
8Die geltend gemachten Zinsaufwendungen erkannte der Beklagte nur zur Hälfte als Werbungskosten an. In den Erläuterungen heißt es, es werde „nur der Teil der Zinsaufwendungen angesetzt, der nicht auf den eigenen Anteil“ entfiele. Daher seien die Zinsaufwendungen um 36.234 EUR gekürzt worden.
9Dagegen legte die Klägerin mit von L. D. und N. D. unterschriebenem, am 26.06.2017 beim Beklagten eingegangenem Schreiben Einspruch ein und verwies auf den Rechtsstreit vor dem Finanzgericht Münster zum Aktenzeichen 8 K 1763/11 E. Dieser Rechtsstreit sei ohne Bedingungen und Einschränkungen für erledigt erklärt worden. Dadurch habe der Beklagte einen Vertrauenstatbestand geschaffen. In dem Rechtsstreit zum Aktenzeichen 8 K 1763/11 E hatte N. D. geltend gemacht, die Zinseinnahmen, die er von der Klägerin erhalte, seien nicht dem tariflichen Einkommensteuertarif, sondern dem Abgeltungsteuersatz zu unterwerfen. Das Klageverfahren, das bis zur Entscheidung des BFH im Verfahren VIII R 9/13 geruht hatte, wurde nach einer Abhilfe durch den Beklagten übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
10Die Zinsaufwendungen seien der Höhe nach fremdüblich. Die Gesellschafter erzielten Zinseinnahmen, die sie als Kapitaleinkünfte versteuerten. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) gelte nicht für vermögensverwaltende Personengesellschaften; es gebe für vermögensverwaltende Gesellschaften auch keine vergleichbare Vorschrift.
11Es sei keine Kürzung um einen „Eigenanteil“ des Gesellschafters vorzunehmen, weil es an einer entsprechenden Vorschrift fehle und § 39 Abs. 2 Abgabenordung (AO) nicht für vermögensverwaltende Personengesellschaften gelte. Der Streitfall sei zu unterscheiden von der umgekehrten Situation, in der eine vermögensverwaltende Personengesellschaft einem Gesellschafter ein Darlehen gewähre oder eine Immobilie überlasse (Verweis auf EStR 2012 H 21.6). Soweit die Finanzverwaltung unter Bezug auf die Kurzinformation der OFD NRW zur Einkommensteuer Nr. 01/2016 (DB 2016, 80) die Auffassung vertrete, wegen § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO sei ein Darlehen zwischen einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft und deren Gesellschafter in Höhe von dessen Beteiligung steuerlich nicht anzuerkennen, widerspreche dies der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 18.11.1980, VIII R 194/78). Lediglich für den umgekehrten Fall der Überlassung von der Gesellschaft an den Gesellschafter habe der BFH einem Mietvertrag die steuerliche Anerkennung versagt (Urteil vom 18.05.2004, IX R 83/00).
12Die Auffassung der Finanzverwaltung widerspreche auch Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und dem Grundsatz der Leistungsfähigkeit. Wenn der Werbungskostenabzug teilweise versagt werde, dürfte dies sich nur mit Blick auf den Gesellschafter auswirken, der das Darlehen gewähre. Da es kein Sonderbetriebsvermögen bei einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft gebe, wirke sich die Nicht-Anerkennung aber im Gesamthandsbereich und somit quotal auf alle Gesellschafter aus.
13Im Einspruchsverfahren fiel dem Beklagten auf, dass der Bescheid nicht an den in der Feststellungserklärung als Empfangsbevollmächtigten N. D., sondern an L. D. ergangen war. Daraufhin erging ein am 20.02.2019 ein an N. D. als Gesellschafter gerichteter, im Übrigen aber inhaltsgleicher Feststellungsbescheid 2015. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin ebenfalls Einspruch ein.
14Mit Einspruchsentscheidung vom 22.08.2019 wies der Beklagte den Einspruch vom 26.06.2017 als unbegründet zurück. Es liege kein Fall des § 176 AO vor, weil der angefochtene Bescheid kein Änderungsbescheid sei. Das Verfahren 8 K 1763/11 E habe eine andere Streitfrage zum Inhalt gehabt und sei nicht von der Klägerin geführt worden. Der Sachverhalt, über den der BFH mit Urteil vom 18.11.1980 entschieden habe, stimme mit dem vorliegenden nicht überein. Der Klägerin sei zuzustimmen, das § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG keine Anwendung finde. Daraus, dass Zinseinnahmen des Gesellschafters einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft keine Sonderbetriebseinnahmen darstellten, folge aber nicht, dass im Streitfall die Zinsaufwendungen in vollem Umfang steuerlich anzuerkennen seien. Dass die Zinseinnahmen auf Gesellschafterebene nur in Höhe der steuerlich anerkannten Zinsaufwendungen auf Gesellschaftsebene anzuerkennen seien, sei im hiesigen Verfahren unerheblich. Er, der Beklagte, gehe davon aus, dass § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anzuwenden sei. Diese Auffassung beruhe auf dem Urteil des BFH vom 18.05.2004, IX R 83/00. Zwar sei der Klägerin zuzustimmen, dass diese Entscheidung zur umgekehrten Konstellation einer Vermietung durch eine vermögensverwaltende Gesellschaft an einen Gesellschafter ergangen sei. Auf die hiesige Konstellation finde § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO aber zumindest analoge Anwendung. Dies folge aus der steuerlichen Qualifikation der Gesamthandsgemeinschaft als Bruchteilsgemeinschaft (BFH, Urteil vom 13.07.1999, VIII R 72/89). Egal ob der Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Gesellschaft dieser ein Darlehen gebe oder umgekehrt die Gesellschaft ihrem Gesellschafter, handle es sich anteilig um ein Darlehen an sich selbst. Der gleiche Rechtsgedanke komme im Urteil des BFH (ebenfalls) vom 18.05.2004, IX R 49/02 zum Ausdruck.
15Mit der dagegen gerichteten Klage verfolgt die Klägerin ihr Ziel weiter und trägt ergänzend vor: § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO könne nicht zu ihren Lasten analog angewandt werden. Zudem vermische der Beklagte Gesellschafts- und Gesellschafterebene. Wäre sie, die Klägerin, 1994 rechts- und insbesondere grundbuchfähig gegeben gewesen, so hätte L. D. sein Eigentum an dem Grundstück auf die sie, die Klägerin, übertragen.
16Die Darlehen seien von den Gesellschaftern zudem nicht – wie es einer Bruchteilsgemeinschaft entsprochen hätte – getrennt zu je 50 %, sondern gesamtschuldnerisch aufgenommen worden. Sie, die Klägerin, selbst hätte zum damaligen Zeitpunkt kein Darlehen aufnehmen können. Insgesamt sei sie, die Klägerin, wirtschaftlich gesehen Eigentümerin des Grund und Bodens samt Gebäude gewesen. Auch das Finanzamt habe dies steuerlich so gesehen und es nicht beanstandet, dass sie, die Klägerin, AfA für die Herstellungskosten des Gebäudes geltend gemacht habe.
17Auch 2004, zum Zeitpunkt der Verlängerung der Darlehen, sei die Rechtslage noch so gewesen. Zwar habe es schon 2001 Entscheidungen des BGH zur Rechtsfähigkeit einer GbR gegeben. Unklar sei aber noch die Frage der gesamtschuldnerischen Haftung gewesen. Daher hätte sie, Klägerin, auch 2004 noch keinen Darlehensvertrag mit der Sparkasse abschließen können.
18Das Darlehen sei in seinen Bedingungen fremdüblich. Sie, die Klägerin, und ihre Gesellschafter hätten sich an den Darlehensbedingungen einer Fremdfinanzierung durch die Sparkasse orientiert. Die vertraglichen Vereinbarungen seien in der Folgezeit auch eingehalten worden. Die Entscheidung für ein Darlehen seitens der Gesellschafter sei aus wirtschaftlichen Gründen getroffen worden.
19Die Klägerin beantragt,
20den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 09.06.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.08.2019 dahin zu ändern, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung um weitere Schuldzinsen in Höhe von 36.234 EUR vermindert werden,
21hilfweise, die Revision zuzulassen, sowie
22die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
23Der Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen,
25hilfsweise, die Revision zuzulassen.
26Er stützt sich auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und ergänzt:
27Die Gesellschafter der Klägerin hätten durchaus „in Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ in das Grundbuch eingetragen werden können und als solche auch ein Darlehen aufnehmen können.
28Die Sache ist in der Senatssitzung vom 26.08.2021 mündlich verhandelt worden. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Beklagte musste die geltend gemachten Zinsaufwendungen nicht zu mehr als 50 % als Werbungskosten anerkennen.
30Der Bescheid ist formell rechtmäßig; er wurde insbesondere wirksam bekannt gegeben. Zwar ist der Bescheid gegenüber L. D. als Empfangsbevollmächtigtem bekannt gegeben worden, obwohl N. D. als Empfangsbevollmächtigter benannt worden war. Der darin liegende Verstoß gegen die §§ 122 Abs. 1 Sätze 1 und 3, 183 Abs. 1 Satz 1 AO begründet jedoch lediglich einen Bekanntgabemangel. Dieser Bekanntgabemangel wurde durch die Weiterleitung an den als Empfangsbevollmächtigten benannten N. D. geheilt (BFH, Urteil vom 18.01.2007, IV R 53/05, BStBl II 2007, 369; Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 183 AO Rn. 63 m.w.N.). Die Einzel-Bekanntgabe an N. D. hat demnach als wiederholende Verfügung keine Rechtswirkungen entfaltet.
31Der Bescheid ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Der Klägerin steht der geltend gemachte Werbungskostenabzug jedenfalls nicht in einer über den vom Beklagten angesetzten Betrag hinausgehenden Höhe zu.
32Einer steuerlichen Anerkennung der Darlehensverträge steht bereits entgegen, dass der Klägerin die Darlehensvaluta nicht ausgekehrt wurde und es deshalb an einer Fremdüblichkeit der Darlehensverträge vom 24.08.2021 fehlt.
33Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG sind sie bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG sind auch Schuldzinsen, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, Werbungskosten. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der der Senat sich anschließt, ist ein steuerrechtlich anzuerkennender wirtschaftlicher Zusammenhang von Schuldzinsen mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang dieser Aufwendungen mit der Überlassung eines Vermietungsobjekts zur Nutzung besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser Nutzungsüberlassung gemacht werden. Mit der erstmaligen (d.h. tatsächlichen) Verwendung einer Darlehensvaluta zur Anschaffung eines Vermietungsobjekts wird die maßgebliche Verbindlichkeit diesem Verwendungszweck unterstellt (BFH, Urteil vom 29.10.2019, IX R 38/17, BStBl II 2021, 202 m.w.N.). Die Ersetzung eines früheren Kredits durch einen neuen Kredit im Wege einer Anschlussfinanzierung hat auf den Werbungskostenabzug keinen Einfluss (Schmidt/Krüger, § 9 EStG Rn. 149 m.w.N.; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.10.2018, 10 K 1825/17, EFG 2019, 1756).
34Nach dieser Maßgabe standen zwar die Darlehenszinsen, die die Gesellschafter der Klägerin an die Sparkasse gezahlt haben, in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der gemeinschaftlich erzielten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. An die Sparkasse wurde aber seit dem 01.09.2009 keine Zinsen mehr gezahlt. Die streitgegenständlichen Darlehensverträge zwischen der Klägerin und ihren Gesellschaftern vom 24.08.2009 stellen schon zivilrechtlich keine Anschlussfinanzierung in Bezug auf die getilgten Darlehen dar.
35Nach § 488 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wird durch den Darlehensvertrag der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Eine solche Pflicht der Gesellschafter sollte aber tatsächlich nicht vereinbart werden. Die Vertragsparteien sind nach dem Wortlaut des Darlehensvertrags vielmehr davon ausgegangen, dass die Auszahlung „mit Wertstellung zum 30.08.2009“ erfolge. Dies ist das Datum der Tilgung der bei der Sparkasse X-Stadt aufgenommenen Darlehen. Darlehensschuldner im Rahmen dieser Darlehensverhältnisse waren aber (als Gesamtschuldner) die Gesellschafter der Klägerin, nicht die Klägerin selbst, sodass dieser mit der Tilgung keine Gelder zur Verfügung gestellt wurden. Soweit die Klägerin meint, sie sei bei Abschluss der Darlehensverträge zwischen der Sparkasse und ihren Gesellschaftern im Jahr 1994 allein mangels Rechtsfähigkeit nicht Darlehensnehmerin geworden, ist dies unerheblich. Die Klägerin ist nicht deshalb Schuldnerin gegenüber der Sparkasse geworden, weil sie die Darlehensverträge – wenn Gesellschaften bürgerlichen Rechts zivilrechtlich früher als rechtsfähig anerkannt worden wären – (bei hypothetischer Betrachtung) anstelle ihrer Gesellschafter abgeschlossen hätte. Es spricht auch nicht für die Auffassung der Klägerin, dass die Darlehen seitens der Gesellschafter als Gesamtschuldner aufgenommen wurden. Mit den Rechten einer Bruchteilsgemeinschaft zusammenhängende Pflichten – die nicht im Sinne der § 741 ff. BGB mehreren in Bruchteilsgemeinschaft zustehen können, weil eine Bruchteilsgemeinschaft nur an Rechten bestehen kann (§ 741 BGB) – führen nämlich regelmäßig zu einer Gesamtschuldnerschaft der Teilhaber (Staudinger/von Proff, § 741 BGB Rn. 123 f., 270).
36Es kommt auch nicht in Betracht, die Verträge so auszulegen, dass damit der Klägerin zunächst auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage (als Gesellschafterbeiträge) überlassene Gelder künftig auf Basis eines Darlehensvertrags (im Wege des Leistungsaustauschs) zur Verfügung gestellt werden sollten (vgl. zu diesen beiden Typen schuldrechtlicher Vereinbarungen zwischen Gesellschaftern und Gesellschaft BFH, Urteil vom 18.11.1980, VIII R 194/78, BStBl II 1981, 510). Denn die Gesellschafter haben der Klägerin bis zum Abschluss des Darlehensvertrags keine Gelder auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage überlassen, sodass auch eine „Umwandlung“ einer gesellschaftsrechtlichen Überlassung in eine Überlassung qua Darlehensvertrag ausscheidet. Eine solche Umwandlung käme allenfalls dann in Betracht, wenn sich – was auch schon vor der Anerkennung der Rechtsfähigkeit einer GbR möglich war – das Grundstück und die darauf errichteten Gebäude im Gesamthandsvermögen befunden hätten. In diesem Fall hätte die Verwendung der von den Gesellschaftern der Klägerin bei der Sparkasse aufgenommenen Gelder im Interesse der Klägerin – nämlich zur Finanzierung der Gebäudeerrichtung, die nach § 94 Abs. 1 Satz 1 BGB das Vermögen der Klägerin vergrößert hätte – als Kapitalüberlassung an die Klägerin verstanden werden können. Die Gesellschafter der Klägerin haben das Grundstück (und damit die errichteten Gebäude) aber zu Bruchteilen innegehabt. Die Verwendung der Gelder hat damit nicht das Vermögen der Klägerin vergrößert, sondern ist den Gesellschaftern selbst zugutegekommen. Lediglich soweit die Klägerin als Vermieterin aufgetreten ist, beruhte dies auf einer Nutzungsüberlassung auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage; dabei wurden aber keine Gelder, sondern das Grundstück mit den aufstehenden Gebäuden zur Nutzung überlassen.
37Die Darlehensverträge können auch nicht als ein Rechtsgeschäft ausgelegt oder in ein solches umgedeutet werden, das als Grundlage für den begehrten Werbungskostenabzug dienen könnte. Empfangsbedürftige Willenserklärungen sind gemäß §§ 133, 157 BGB nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte so auszulegen, wie sie von denen verstanden werden mussten, für die sie bestimmt waren (st. Rspr., vgl. Staudinger/Singer, § 133 BGB Rn. 18 mit zahlreichen Nachweisen). Nach § 140 BGB gilt, wenn ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts entspricht, das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde. Es ist aber kein Rechtsgeschäft ersichtlich, das als (als Ergebnis einer Auslegung oder Umdeutung ermitteltes) Ersatzgeschäft den begehrten Werbungskostenabzug ermöglich würde.
38- Als einziges auf einen Leistungsaustausch gerichtetes „Ersatzrechtsgeschäft“ käme ein Mietvertrag in Betracht. In diesem Fall hätten die Gesellschafter der Klägerin dieser nicht die Darlehensvaluta, sondern die (mit dem ursprünglich von den Gesellschaftern aufgenommenen Darlehen finanzierten) Gebäude zur Nutzung (Vermietung) überlassen. Allerdings kommt eine solche Auslegung mangels jedweder Anhaltspunkte im Vertrag nicht in Betracht. Auch eine Umdeutung in einen Mietvertrag ist nicht möglich, weil nicht anzunehmen ist, dass die Klägerin und ihre Gesellschafter dessen Geltung gewollt hätten, hätten sie ihren Irrtum über die Darlehensnehmereigenschaft der Klägerin erkannt. Denn mit dem Darlehensvertrag erzielen die Gesellschafter der Klägerin Zinseinkünfte, die dem Abgeltungsteuersatz unterliegen, während die auf der Ebene der Klägerin entstehenden Werbungskosten die dem tariflichen Einkommensteuersatz unterliegenden Einkünfte der Gesellschafter mindern. Dieser Vorteil entfiele bei einem Mietvertrag.
39- Auch eine Auslegung oder Umdeutung mit dem Ergebnis einer Vereinbarung, die auf Leistungsvereinigung gerichtet ist und auf gemeinschaftsrechtlicher oder gesellschaftsrechtlicher Grundlage Beitragsleistungen festlegt und die Verteilung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung regelt (vgl. BFH, Urteil vom 18.11.1980, VIII R 194/78, BStBl II 1981, 510), kommt als Grundlage für den begehrten Werbungskostenabzug nicht in Betracht. Denn bei einer solchen Vereinbarung wären die Zahlungen der Klägerin – abgesehen davon, dass eine solche Auslegung auch dem Wortlaut der Darlehensverträge und der jeweiligen Tilgungsbestimmung entgegenstünde – gerade keine Zinszahlungen, sondern eine Gewinnbeteiligung der Gesellschafter.
40- Es kommt schließlich auch nicht in Betracht, die Darlehensverträge mit der Klägerin als Darlehensverträge der Gesellschafter untereinander auszulegen. Zum einen gibt es für eine solche Auslegung keine Anhaltspunkte; insbesondere sind die Gesellschafter selbst nur als Darlehensgeber, nicht als Darlehensnehmer aufgetreten. Zum anderen entspricht eine solche auch nicht dem Interesse der Beteiligten, weil einer solchen „Über-Kreuz-Vereinbarung“ jedenfalls die steuerliche Anerkennung zu versagen wäre und somit der beabsichtigte steuerliche Effekt nicht eingetreten wäre.
41Die Darlehensverträge sind auch nicht nach § 41 AO steuerlich anzuerkennen. Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 AO ist die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts für die Besteuerung unerheblich, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen. Die Beteiligten des Rechtsgeschäfts haben das wirtschaftliche Ergebnis aber – wie dargestellt – gerade nicht eintreten und bestehen lassen, weil der Klägerin keine Gelder zur Verfügung gestellt wurden. Die (unstreitig) an die Gesellschafter gezahlten „Darlehenszinsen“ sind als vorab ausgezahlte Anteile am Gewinn einzustufen.
42Die 2009 abgeschlossenen Darlehensverträge müssen auch nicht – wie die Klägerin vorträgt – deshalb anerkannt werden, weil der Beklagte es nicht beanstandet hat, dass die Klägerin die AfA für die Herstellungskosten des Gebäudes geltend gemacht hat. Die Nicht-Beanstandung der geltend gemachten AfA begründet keinen Vertrauenstatbestand. Dies gilt umso mehr, als die Anerkennung der AfA im Gesamthandsbereich dazu führte, dass diese den Gesellschaftern quotal zu 50 % zugerechnet wurde. Die endgültige steuerliche Belastung der Gesellschafter im Zeitraum bis zur Tilgung der Darlehen hätte sich nicht geändert, wenn die AfA von den Gesellschaftern als Sonderwerbungskosten geltend gemacht worden wäre (FG Düsseldorf, Urteil vom 08.10.2019, 13 K 1695/19 F, EFG 2020, 93, nachgehend BFH, Einstellungsbeschluss vom 02.03.2020, IX R 35/19, n.v.).
43Selbst wenn der Vertrag aber zivilrechtlich wirksam oder jedenfalls steuerlich anzuerkennen wäre, wären die Zinsen nur zur Hälfte zu berücksichtigen und damit keine über die in dem angefochtenen Bescheid angesetzten Werbungskosten hinausgehenden Werbungskosten anzuerkennen. Der vollen steuerlichen Anerkennung der Zinszahlungen stünde selbst bei einer Anerkennung dem Grunde nach entgegen, dass die Darlehensgeber jeweils zur Hälfte an der Klägerin beteiligt sind. Bei Zinseinnahmen, die ein Gesellschafter für die Hingabe eines Darlehens an eine vermögensverwaltende Personengesellschaft erzielt, ist das Darlehen dem Gesellschafter persönlich zuzurechnen. Die Zinsen führen beim Darlehensgeber – mangels Einschlägigkeit des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG – zu Einnahmen aus Kapitalvermögen und beim Darlehensnehmer, wenn die übrigen Voraussetzungen dafür erfüllt sind, zu Werbungskosten (BFH, Urteil vom 18.11.1980, VIII R 194/78, BStBl II 1981, 510; Schmidt/Kulosa, EStG § 21 Rn. 69). Allerdings gilt dies nur insoweit, als der Gesellschafter nicht an der Gesellschaft beteiligt ist. Soweit seine Beteiligung reicht, ist eine Anerkennung nach der in § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO angeordneten Bruchteilsbetrachtung ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift sind – abweichend vom Grundsatz des § 39 Abs. 1 AO, wonach Wirtschaftsgüter dem Eigentümer zuzurechnen sind – Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, den Beteiligten anteilig zuzurechnen, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist.
44Für den umgekehrten Fall, in dem eine vermögensverwaltende Personengesellschaft oder eine Gemeinschaft einem Gesellschafter oder Miteigentümer eine Sache mietweise entgeltlich überlässt, hat der BFH entschieden, dass die im Gesamthandseigentum stehenden Wirtschaftsgüter den Gesellschaftern zuzurechnen seien; die Gesamthandsgemeinschaft werde deshalb steuerrechtlich wie eine Bruchteilsgemeinschaft behandelt (BFH, Urteil vom 18.05.2004, IX R 83/00, BStBl II 2004, 898; BFH, Urteil vom 18.05.2004, IX R 42/01, BFH/NV 2005, 168). Nutze einer von mehreren Miteigentümern ein von einer Bruchteils- oder Gesamthandsgemeinschaft gemietetes Haus allein, liege – soweit er es aus eigenem Recht (als Miteigentümer) bewohne – eine Eigennutzung vor; soweit seine Nutzung auf dem fremden (von den anderen Miteigentümern überlassenen) Recht beruhe, habe er eine mieterähnliche Stellung (BFH, Urteil vom 18.05.2004, IX R 83/00, BStBl II 2004, 898; BFH, Urteil vom 18.05.2004, IX R 42/01, BFH/NV 2005, 168). Der Miteigentümer einer Bruchteilsgemeinschaft, der einen Teil des Miteigentums gegen Entgelt selbst nutze, erziele damit keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, weil es schon bürgerlich-rechtlich an einem Mietverhältnis fehle. Der Selbstnutzer wäre Vermieter und gleichzeitig sein eigener Mieter, deshalb sei die erforderliche Personenverschiedenheit nicht gegeben (BFH, Urteil vom 18.05.2004, IX R 49/02, BStBl II 2004, 929).
45Der Senat schließt sich dieser Rechtauffassung an. Die Auffassung fußt auf den zivilrechtlichen Regelungen des Bruchteilseigentums. Beim Bruchteilseigentum wird die Sache selbst weder real noch ideell geteilt; geteilt wird nur die Rechtszuständigkeit am gemeinschaftlichen Gegenstand (BFH, Urteil vom 18.05.2004, IX R 49/02, BStBl II 2004, 929 m.w.N.). Soweit ein Miteigentümer den gemeinschaftlichen Gegenstand nicht über das seinem Miteigentumsanteil entsprechende Nutzungsrecht (§ 743 Abs. 2 BGB) hinausgehend nutzt, beruht dies nicht auf wechselseitiger An- und Vermietung (BFH, Beschluss vom 23.08.1999, GrS 5/97, BStBl II 1999, 774). Ein Mietverhältnis kann erst begründet werden, sobald ein Miteigentümer den Gegenstand über seinen Anteil hinausgehend nutzt (BFH, Urteil vom 18.05.2004, IX R 49/02, BStBl II 2004, 929 m.w.N.).
46In der Konstellation des Streitfalls, in dem die Gesellschafter ihrer Gesellschaft jeweils ein Darlehen gewähren, kann dieses Darlehen ebenfalls nur in Höhe ihrer Beteiligung anerkannt werden (FG Düsseldorf, Urteil vom 08.10.2019, 13 K 1695/19 F, EFG 2020, Weiss, EStB 2016, 59; Weiss EStB 2019, 119; Pfirrmann in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 21 EStG, Rn. 23; BeckOK AO/Brühl, § 39 Rn. 506 f.; Blümich/Schallmoser, EStG/KStG/GewStG, § 21 EStG Rn. 82; 93; OFD NRW vom 07.01.2016, DB 2016, 80; unklar BFH, Urteil vom 18.11.1980, VIII R 194/78, BStBl II 1981, 510).
47Wurden – wie bei der hiesigen Erwägung im Rahmen der Doppelbegründung angenommen – der Klägerin Gelder zur Verfügung gestellt, erwirbt sie damit (unter Umständen wegen eines abgekürzten Zahlungswegs nur für eine juristische Sekunde) ein Wirtschaftsgut, das gemäß § 718 Abs. 1 BGB mehreren (ihren Gesellschaftern) zur gesamten Hand zusteht. Da die Klägerin selbst nicht Schuldnerin der Einkommensteuer ist, ist eine getrennte Zurechnung erforderlich.
48Nach der in der Folge geltenden Bruchteilsbetrachtung sind die Darlehensverträge der Klägerin mit ihren Gesellschaftern, soweit diese jeweils beteiligt sind, nicht anzuerkennen. Das gemäß § 741 BGB mehreren gemeinschaftlich zustehende Recht kann auch ein Nutzungsrecht sein (BFH, Urteil vom 18.11.1980, VIII R 194/78, BStBl II 1981, 510). Damit räumt sich der Gesellschafter, der seiner Gesellschaft ein Darlehen einräumt oder einen Gegenstand vermietet, soweit er beteiligt ist, über die Regelung des § 743 Abs. 2 BGB ein Nutzungsrecht ein, das ihm ohnehin schon als Eigentümer des zur Nutzung überlassenen Geldes oder der vermieteten Sache zustand. Zugleich wird auch die im Zuge der Darlehensvereinbarung begründete Verbindlichkeit als negatives Wirtschaftsgut nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zugerechnet, sodass er, quotal in Höhe seiner Beteiligung, auch eine Schuld gegenüber sich selbst begründet (FG Düsseldorf, Urteil vom 08.10.2019, 13 K 1695/19 F, EFG 2020, 93).
49Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).