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Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
T a t b e s t a n d
2Der Kläger wendet sich gegen einen Haftungsbescheid, mit dem er für Steuerschulden der F. GmbH in Anspruch genommen wird.
3Die F. GmbH war eingetragen im Handelsregister B des Amtsgerichts C-Stadt unter HRB xxx. Gegenstand des Unternehmens war der Betrieb eines X-Unternehmens. Gesellschafter der F. GmbH waren im Streitzeitraum Herr G1, Herr G2 sowie Herr G3, wobei weder Herr G2 noch Herr G3 mehr als 50% der Anteile an der F. GmbH hielten.
4Einzelvertretungsberechtigter (Gesellschafter-)Geschäftsführer der F. GmbH war seit dem Jahr 2005 Herr G1. Mit Gesellschafterbeschluss vom 01.03.2012 wurde der Kläger zum (weiteren) einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer der F. GmbH bestellt. Die Eintragung ins Handelsregister erfolgte am 29.03.2012. Gesamtprokura zusammen mit einem Geschäftsführer war zudem Herrn P übertragen.
5Die Lohnsteueranmeldungen der F. GmbH für die Monate März 2012 bis Juni 2012 gingen fristgerecht am 09.04.2012, 09.05.2012, 10.06.2012 bzw. 10.07.2012 beim Beklagten ein. Die angemeldete Lohnsteuer für den Monat März 2012 in Höhe von 14.523,93 € wurde zum Fälligkeitszeitpunkt 10.04.2012 nur anteilig in Höhe von 5.662,65 € beglichen. Die angemeldeten Beträge für die Monate April 2012 in Höhe von 12.209,78 €, Mai 2012 in Höhe von 13.023,94 € sowie Juni 2012 in Höhe von 13.498,81 € wurden zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten 10.05.2012, 10.06.2012 bzw. 10.07.2012 gar nicht getilgt. Die Löhne wurden im Streitzeitraum in voller Höhe ausgezahlt.
6Ausweislich einer Bescheinigung des Arztes Dr. med. A. vom 19.12.2012 war der Kläger im Zeitraum vom 23.04.2012 bis 11.07.2012 aufgrund einer orthopädischen Erkrankung und nachfolgenden Operation nicht arbeitsfähig.
7Mit Schreiben vom 12.07.2012 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er beabsichtige, ihn für Steuerschulden der F. GmbH in Anspruch zu nehmen und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme.
8Mit Schreiben vom 26.07.2012 informierte der Kläger Herrn G1 sowie die beiden weiteren Gesellschafter darüber, dass er sein Amt als Geschäftsführer der F. GmbH mit sofortiger Wirkung niederlege und bat zugleich darum, dass die Ansprechpartner, wie z.B. das Finanzamt, informiert werden und die Eintragung im Handelsregister vorgenommen wird. Eine entsprechende Eintragung im Handelsregister erfolgte in der Folgezeit jedoch nicht.
9Mit Haftungsbescheid vom 15.10.2012 nahm der Beklagte den weiteren Geschäftsführer Herrn G1 nach §§ 34, 69 der Abgabenordnung (AO) für Steuerschulden der F. GmbH in Höhe von insgesamt 102.919, 75 € in Anspruch.
10Mit Haftungsbescheid vom 13.12.2012, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, nahm der Beklagte dann den Kläger nach §§ 34, 69 AO für Steuerschulden der F. GmbH betreffend die Jahre 2010 bis 2012 in Höhe von insgesamt 134.636,16 € in Anspruch.
11Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Er wandte sich zum einen gegen eine Haftungsinanspruchnahme für Steuerschulden, die Zeiträume außerhalb seiner Zeit als Geschäftsführer der F. GmbH betreffen. Zum anderen wies er insbesondere darauf hin, dass er lediglich vier Monate lang Geschäftsführer gewesen sei und zu Anfang eine Einarbeitungsphase benötigt habe, um sich eine Übersicht über die wirtschaftliche Situation der F. GmbH verschaffen zu können. Noch bevor er sich einen hinreichenden Überblick habe verschaffen können, sei er aber nach einer Verletzung im Zeitraum vom 24.04.2012 bis 11.07.2012 nicht arbeitsfähig gewesen. Unmittelbar nach Wiederaufnahme seiner Tätigkeit habe er dann aufgrund der unübersichtlichen Finanzlage einen Rechtsanwalt mit der Erstellung einer Bestandsaufnahme der wirtschaftlichen Situation der F. GmbH beauftragt. Diese sei im Zeitraum vom 23.07.2012 bis 26.07.2012 vorgenommen worden, mit dem Ergebnis, dass die F. GmbH tatsächlich und bilanziell überschuldet sowie (teilweise) zahlungsunfähig gewesen sei. Der beauftragte Rechtsanwalt habe zudem festgestellt, dass steuerliche Verpflichtungen der F. GmbH nicht erfüllt worden seien. Er, der Kläger, habe daraufhin von den Gesellschaftern Herrn G1 und Herrn G2 verlangt, einen Insolvenzantrag für die Gesellschaft zu stellen und die rückständige Lohnsteuer zu zahlen. Nachdem dieses seitens der Gesellschafter abgelehnt worden sei, habe er sein Amt als Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung niedergelegt. Bis zu diesem Zeitpunkt habe er keine hinreichenden Kenntnisse über die Situation der Gesellschaft gehabt. Er habe auch keine Einsicht in die Finanzlage bzw. Konten und keine Kontovollmacht für die Gesellschaft gehabt, sodass er allein gar keine Steuerzahlungen habe veranlassen können. Zudem habe die finanzielle Leitung der Gesellschaft einschließlich der Überwachung der steuerlichen Pflichten nach der internen Aufgabenverteilung, welche jedoch nicht schriftlich festgehalten worden sei, faktisch allein Herrn G1 oblegen. Er sei daher auch nicht zur Nachprüfung verpflichtet gewesen. Eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung seitens des Klägers liege daher nicht vor. Tatsächlich sei es so gewesen, dass sämtliche Entscheidungen in der F. GmbH, auch im Hinblick auf Zahlungen, von den Gesellschaftern Herrn G1 und Herrn G2 getroffen worden seien, welche täglich vor Ort gewesen seien. Schließlich sei der Haftungsumfang für die Lohnsteuerforderungen zu beschränken, da die liquiden Mittel der Gesellschaft nicht zur Zahlung aller Verbindlichkeiten ausgereicht hätten.
12Durch Beschluss des Amtsgerichts C-Stadt vom 17.12.2012 (Az. xx IN xxx/xxxx) wurde über das Vermögen der F. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet, welches am 22.05.2017 eingestellt wurde. Am 16.10.2017 wurde die F. GmbH wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen aus dem Handelsregister gelöscht.
13Mit Einspruchsentscheidung vom 07.12.2018 setzte der Beklagte die Haftungssumme auf einen Betrag von 46.218,28 € herab und wies im Übrigen den gegen den Haftungsbescheid gerichteten Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Die Haftungssumme umfasste nunmehr noch Steuerforderungen (Lohnsteuer, Kirchenlohnsteuer und Solidaritätszuschlag) sowie Säumniszuschläge mit Fälligkeitszeitpunkten zwischen dem 10.04.2012 und dem 26.07.2012. Zur Begründung führte er aus, dass der Haftungszeitraum mit dem Tag der Eintragung des Klägers als Geschäftsführer im Handelsregister beginne, mithin am 29.03.2012, und mit dem Tag der Niederlegung der Geschäftsführertätigkeit am 26.07.2012 ende. Die Lohnsteueranmeldungen der F. GmbH für die Monate März 2012 bis Juni 2012 seinen fristgerecht am 09.04.2012, 09.05.2012, 10.06.2012 bzw. 10.07.2012 beim Beklagten eingegangen. Die angemeldete Lohnsteuer für den Monat März 2012 in Höhe von 14.523,93 € sei zum Fälligkeitszeitpunkt 10.04.2012 jedoch nur anteilig in Höhe von 5.662,65 € beglichen worden. Die angemeldeten Beträge für die Monate April 2012 in Höhe von 12.209,78 €, Mai 2012 in Höhe von 13.023,94 € sowie Juni 2012 in Höhe von 13.498,81 € seien zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten 10.05.2012, 10.06.2012 bzw. 10.07.2012 gar nicht getilgt worden. Der Kläger als Geschäftsführer der F. GmbH habe den objektiven und subjektiven Haftungstatbestand des § 69 i.V.m. § 34 AO dadurch verwirklicht, dass er seiner Verpflichtung, die fristgerecht angemeldeten Lohnsteuerbeträge zzgl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer für die Monate März 2012 bis Juni 2012 aus vorhandenen Mitteln zu entrichten, nicht nachgekommen sei. Diese Pflichtverletzung sei auch grob fahrlässig gewesen. Denn jeden Geschäftsführer treffe die Pflicht und grundsätzlich die Verantwortung für die Geschäftsführung im Ganzen, was zumindest eine gewisse Überwachung der Geschäftsführung im Ganzen erfordere. Der Kläger könne sich daher nicht mit Erfolg auf eine interne Aufgabenverteilung der Geschäftsführerfunktionen berufen. Vielmehr habe er alles tun müssen, um die Pflichten eines Geschäftsführers zu erfüllen. Insbesondere sei er als Geschäftsführer befugt und sogar verpflichtet gewesen, etwaige Anträge zu stellen bzw. Zahlungen anzuweisen. Jeder Geschäftsführer sei auch von Gesetzes wegen befugt, sich eine Kontovollmacht einrichten zu lassen, um seinen Geschäftsführerpflichten nachkommen zu können und einen möglichen Haftungsfall abwenden zu können. Durch die Niederlegung seines Amtes als Geschäftsführer habe der Kläger jedoch das Gegenteil bewirkt, da ihm dann keine Möglichkeit mehr gegeben gewesen sei, die bisher versäumten Pflichten zu erfüllen. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass die Lohnsteuerbeträge angemeldet worden seien. Ihm sei auch bekannt gewesen, dass sich die F. GmbH in Zahlungsschwierigkeiten befunden habe und steuerliche Verpflichtungen, wie die Zahlung der angemeldeten Lohnsteuerbeträge, zumindest nicht vollständig erfüllt habe. Bei der sich aus § 41a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 34 Abs. 1 Satz 1 AO ergebenden Pflicht handele es sich um eine persönliche Amtspflicht des GmbH-Geschäftsführers, welche jedenfalls im Zeitpunkt der Krise nicht delegierbar sei. Dem Kläger seien die rückständigen Beträge aufgrund des Schreibens des Beklagten vom 12.07.2012 hinreichend bekannt gewesen. Die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft habe er zudem ja selbst im Juli 2012 überprüfen lassen. Wäre der Kläger von der Überschuldung der F. GmbH tatsächlich überzeugt gewesen, hätte dieser selbst einen Insolvenzantrag stellen müssen. Unterlagen für eine bestehende Überschuldung seien vom Kläger nicht vorgelegt worden. Für ihn, den Beklagten, sei nicht nachvollziehbar, durch welche Umstände der Kläger bereits im Juli 2012 die Zahlungsunfähigkeit festgestellt haben könne. Auch führe eine mögliche Überschuldung der F. GmbH nicht zu einer Minderung der Haftungssumme, da es sich ausschließlich um rückständige Lohnsteuerbeträge handele, welche nicht der von der Rechtsprechung ermittelten anteiligen Tilgung unterlägen, sondern immer in vollem Umfang zu begleichen seien. Unterlagen darüber, ob die Löhne voll ausgezahlt worden seien, und, falls dies der Fall sein sollte, weshalb bei Liquiditätsschwierigkeiten keine anteilige Kürzung der Löhne erfolgt sei, seien vom Kläger nicht vorgelegt worden. Dies gehe zu seinen Lasten, da daher davon auszugehen sei, dass die F. GmbH auch die im Haftungszeitraum entstandenen Säumniszuschläge habe zahlen können. Den Kläger entlaste auch nicht seine Erkrankung im Haftungszeitraum. Denn wer den Anforderungen, die an einen gewissenhaften Geschäftsführer gestellt sind, nicht oder nicht mehr entsprechen kann, müsse vielmehr von der Übernahme des Geschäftsführeramtes absehen bzw. dieses sofort niederlegen und dürfe nicht im Rechtsverkehr den Eindruck erwecken, als sorge er für die ordnungsgemäße Abwicklung der Geschäfte. Aus den Ausführungen des Klägers ergebe sich, dass die Erkrankung nicht so gravierend gewesen sei, als dass er auch hierzu nicht mehr in der Lage gewesen sei. Er habe daher spätestens im April 2012 sein Geschäftsführeramt niederlegen müssen. Den Kläger könne ebenfalls nicht entlasten, dass er nur für einen kurzen Zeitraum von vier Monaten Geschäftsführer gewesen sei. Grundsätzlich sei einem Geschäftsführer zwar nach der Aufnahme seiner Tätigkeit ein gewisser Zeitraum zu gewähren, in dem er sich in die Geschäfte und Buchführungsunterlagen einfinden könne. Dies habe der Kläger nach eigenen Angaben auch gemacht. Er habe es jedoch unterlassen, die als Geschäftsführer erforderlichen und notwendigen Konsequenzen aus den Feststellungen zu ziehen. Die Pflichtverletzung des Klägers sei auch kausal für den Eintritt des Haftungsschadens gewesen. Vollstreckungsmaßnahmen gegen die F. GmbH seien fruchtlos verlaufen. Nach den vorliegenden Unterlagen sei davon auszugehen, dass im Zeitpunkt der ursprünglichen Fälligkeit noch ausreichend Mittel vorhanden gewesen seien, um die rückständigen Steuerbeträge zu tilgen. So habe die Gesellschaft noch im September 2012 eine Zahlung in Höhe von rund 100.000,00 € an andere Gläubiger vorgenommen. Mindernd auf die Haftungssumme angerechnet worden seien eingegangene Drittschuldnerzahlungen in Höhe von 2.302,03 €. Neben dem Kläger und dem weiteren Geschäftsführer Herrn G1 seien keine weiteren Personen durch Haftungsbescheid in Anspruch zu nehmen. Die Gesellschafter Herr G2 und Herr G3 seien keine beherrschenden Gesellschafter. Der Prokurist Herr P scheide deshalb als Haftungsschuldner aus, da er nicht befugt gewesen sei, Entscheidungen ohne die Zustimmung eines Geschäftsführers zu treffen.
14Hiergegen hat der Kläger am 08.01.2019 Klage erhoben. Ergänzend zu seinem Vorbringen im Einspruchsverfahren trägt er im Wesentlichen zur Begründung vor, dass er seinen Überwachungspflichten als Geschäftsführer dadurch nachgekommen sei, dass er seit Beginn der Einarbeitungszeit auf der Buchhaltung basierende Zahlungslisten (Excel-Tabellen) unter Berücksichtigung der laufenden Verpflichtungen erstellt habe, die die dringenden Zahlungen zusammenfassten. Dabei habe er festgestellt, dass ständig neue Altlasten aufgetaucht seien. Auch sei ihm im Zuge der vierwöchigen Einarbeitungszeit nach und nach aufgefallen, dass es eine Vielzahl von Zahlungsvereinbarungen, Verrechnungen und Absprachen gegeben habe, die er nicht gekannt habe. Die neu bekannt gewordenen Zahlungsverpflichtungen habe er laufend in die Zahlungslisten aufgenommen. Mithilfe der Listen sollten die offenen Posten nach Fälligkeit kategorisiert werden. Die im Haftungsbescheid aufgeführten Beträge sowie sämtliche sonstigen Steuern und Abgaben seien allesamt in der obersten Kategorie der Priorisierung aufgeführt gewesen. Er, der Kläger, habe die Listen wöchentlich sowohl mit dem weiteren Geschäftsführer Herrn G1 als auch mit dem Gesellschafter Herrn G2 besprochen. Anhand dieser sollte Herr G1 die Zahlungen entsprechend der Priorisierung auslösen. Hinweise darauf, dass der weitere Geschäftsführer Herr G1 zu den bestehenden Verpflichtungen unrichtige Angaben gemacht habe oder sich nicht an die Zahlungslisten gehalten habe, hätten zunächst nicht vorgelegen. Der Kläger sei daher zu keinen weiteren Nachforschungen verpflichtet gewesen. Denn bei der Einschaltung von Mitarbeitern im Zusammenhang mit der Wahrnehmung steuerlicher Pflichten beschränke sich die Verpflichtung auf die sorgfältige Auswahl und kontinuierliche Überwachung des Personals. Die Kontrolle der Mitarbeiter müsse so organisiert sein, dass die pünktliche Erledigung der steuerlichen Pflichten sowie die rechtzeitige Zahlung der Steuern durch die Mitarbeiter im Normalfall gewährleistet sei. Nur wenn sich Anhaltspunkte für eine Vernachlässigung der steuerlichen Pflichten ergäben, müsse der Geschäftsführer sofort für Abhilfe sorgen. Dies müsse erst recht für die Überwachung eines Mitgeschäftsführers gelten. Im Übrigen habe er, der Kläger, die tatsächliche Verwendung des Geldes aufgrund seiner Krankheitsabwesenheit nicht kontrollieren können. Er habe aber veranlasst, dass die Zahlungslisten auch während seiner Abwesenheit weitergeführt werden. Da ihm Herr G1 aus den bisherigen geschäftlichen Kontakten als zuverlässiger Geschäftspartner bekannt gewesen sei, habe er auch darauf vertrauen dürfen, dass die steuerlichen Pflichten während seiner krankheitsbedingten Abwesenheit ordnungsgemäß durch diesen ausgeführt werden. Zudem hätte eine entsprechende Überwachung auch keinen Erfolg versprochen, da, wie sich im Nachhinein herausgestellt habe, Herr G1 und Herr G2 Zahlungen und Sachverhalte ihm gegenüber nicht offengelegt hätten. Erst durch das Ergebnis der am 26.07.2012 vorgestellten Bestandsaufnahme des beauftragten Rechtsanwaltes habe er erfahren, dass die Zahlungen nicht entsprechend der vereinbarten Zahlungslisten ausgeführt worden seien. Eine Besonderheit liege auch darin, dass er als Fremdgeschäftsführer einem Gesellschafter-Geschäftsführer zur Seite gestellt worden sei, welcher bereits seit Jahren im Unternehmen tätig gewesen sei. Erschwert worden sei seine Einarbeitung auch dadurch, dass ihm keine Kontovollmacht, etwa zur Anweisung von Zahlungen, gegeben worden sei und er auf die Vorlage von Kontoumsätzen durch die Buchhaltung bzw. den Mitgeschäftsführer oder Gesellschafter angewiesen gewesen sei. Zudem sei er zum Zeitpunkt der Lohnzahlungen für den Monat März 2012 am 15.03.2012 noch gar nicht als Geschäftsführer der F. GmbH eingetragen gewesen. Er habe daher gar keine Möglichkeit gehabt, diese Löhne nur anteilig auszuzahlen. Im Übrigen wären, wenn er, der Kläger, sein Amt als Geschäftsführer zu einem früheren Zeitpunkt niedergelegt hätte, die Steuern trotzdem nicht abgeführt worden. Sein Verhalten sei daher nicht kausal für die Nichtabführung der Steuern gewesen. Schließlich seien vorrangig Herr G1 und Herr G2 als Mehrheitsgesellschafter in Anspruch zu nehmen.
15Der Kläger beantragt,
16den Haftungsbescheid vom 13.12.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.12.2018 aufzuheben.
17Der Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Er ist der Auffassung, dass allein die Erstellung von Zahlungsliste nicht zu einer Aufhebung des Haftungsbescheides führen könne. Ein Nachweis für die vom Kläger vorgetragene interne Aufgabenverteilung zwischen den Geschäftsführern liege nicht vor. Im Übrigen könne eine entsprechende Einschränkung ohnehin nur solange Wirkung entfalten, wie kein Anlass bestehe, an der ordnungsgemäßen Erledigung der steuerlichen Pflichten durch den anderen Geschäftsführer zu zweifeln. Aufgrund der bereits bestehenden Zahlungsrückstände hätte der Kläger überprüfen müssen, ob die vereinbarten Zahlungen auch tatsächlich getätigt wurden. Die Grundsätze zur Überwachung von Mitarbeitern seien auf die Überwachung eines einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführers nicht anwendbar. Der Kläger als Geschäftsführer hätte Maßnahmen ergreifen können, die geschuldeten Beträge aus den vorhandenen Mitteln vorrangig zu tilgen oder aber eine verkürzte Zahlung der Lohnbeträge herbeizuführen. Hierdurch hätten die Steuerausfälle vermieden werden können. Im Übrigen sei Herr G2 nicht Mehrheitsgesellschafter gewesen, sondern habe nur 50% der Anteile gehalten. Dieser sei daher nicht (auch) als Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen gewesen.
20Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 01.10.2020 bzw. vom 08.10.2020 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
21Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
22E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
23A. Der Senat konnte vorliegend ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
24B. Die Klage ist unbegründet. Der Haftungsbescheid vom 13.12.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.12.2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat den Kläger zu Recht durch Haftungsbescheid für Steuerschulden der F. GmbH in Anspruch genommen.
25I. Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1 AO durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. Nach § 191 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. §§ 69, 34 Abs. 1 AO kann der Geschäftsführer einer GmbH (§ 35 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG -) als deren gesetzlicher Vertreter in Haftung genommen werden, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung der ihm als Geschäftsführer nach § 34 Abs. 1 AO auferlegten Pflicht nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Die Haftung umfasst nach § 69 Satz 2 AO auch die infolge der Pflichtverletzung entstandenen Säumniszuschläge.
26Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist die Entscheidung über die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners zweigliedrig aufgebaut. Danach hat das Finanzamt zunächst, auf der ersten Stufe, zu prüfen, ob in der Person, die es zur Haftung heranziehen will, die tatbestandlichen Voraussetzungen der jeweiligen Haftungsnorm erfüllt sind. Diese Entscheidung ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine vom Finanzgericht im vollen Umfang zu überprüfende rechtlich gebundene Entscheidung. Erst danach, auf der zweiten Stufe, folgt die nur in den Grenzen des § 102 Satz 1 FGO überprüfbare Ermessensentscheidung des Finanzamts darüber, ob und wen es als Haftungsschuldner in Anspruch nehmen will (vgl. BFH-Beschluss vom 20.09.2016 X R 36/15, BFH/NV 2017, 593, m.w.N.).
27II. Unter Zugrundelegung der vorgenannten Rechtsgrundsätze erfüllt der Kläger die Voraussetzungen für eine Haftungsinanspruchnahme nach §§ 69, 34 Abs. 1 AO.
28Der Kläger war im Haftungszeitraum Geschäftsführer der F. GmbH im Sinne des § 35 GmbHG. Er hatte somit als deren gesetzlicher Vertreter nach § 34 Abs. 1 AO deren steuerliche Pflichten zu erfüllen und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern der Gesellschaft aus den Mitteln entrichtet werden, die er verwaltet. Nach § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG war die F. GmbH verpflichtet, spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteuer-Anmeldungszeitraums die Lohnsteuer an das Finanzamt abzuführen. Die angemeldete Lohnsteuer für den Monat März 2012 in Höhe von 14.523,93 € wurde zum Fälligkeitszeitpunkt 10.04.2012 jedoch nur anteilig in Höhe von 5.662,65 € beglichen. Die angemeldeten Lohnsteuerbeträge für die Monate April 2012 in Höhe von 12.209,78 €, Mai 2012 in Höhe von 13.023,94 € sowie Juni 2012 in Höhe von 13.498,81 € wurden zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten 10.05.2012, 10.06.2012 bzw. 10.07.2012 gar nicht getilgt. Der Kläger als Geschäftsführer der F. GmbH wäre verpflichtet gewesen, für eine Tilgung der fälligen Lohnsteuer zu sorgen bzw. die Tilgung zu überwachen. Durch die Nichtabführung der fälligen Lohnsteuer zzgl. Kirchenlohnsteuer und Solidaritätszuschlag hat er seine aus § 34 Abs. 1 AO resultierenden Pflichten als Geschäftsführer der F. GmbH verletzt. Eine solche Nichtabführung einzubehaltender und anzumeldender Lohnsteuer, Kirchenlohnsteuer sowie des Solidaritätszuschlags zu den gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten (§ 38 Abs. 3, § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) stellt nach ständiger Rechtsprechung des BFH regelmäßig und auch im Streitfall eine zumindest grob fahrlässige Verletzung der Pflichten eines GmbH-Geschäftsführers im Sinne des §§ 34, 69 AO dar (vgl. BFH-Entscheidungen vom 20.04.1982 VII R 96/79, BFHE 135, 416, BStBl II 1982, 521; vom 09.12.2005 VII B 124-125/05, BFH/NV 2006, 897, m.w.N.; vom 27.02.2007 VII R 67/05, BFHE 216, 491, BStBl II 2009, 348, Rn. 12). Der Grund dafür liegt im System des Lohnsteuerabzugsverfahrens begründet. Die abzuführende Steuer ist ein bei der Lohnzahlung zurückbehaltener Teil des Lohnes der Arbeitnehmer. Der Arbeitnehmer ist Schuldner der Lohnsteuer. Der Arbeitgeber zieht die Lohnsteuer gleichsam treuhänderisch für den Arbeitnehmer und den Steuerfiskus ein. Das sind für den Arbeitgeber wirtschaftlich fremde Gelder. Die Nichtabführung der Lohnsteuer verletzt daher im Allgemeinen ohne weiteres die Pflicht der den Arbeitgeber vertretenden Person, dafür zu sorgen, dass die Steuer aus den von ihm verwalteten Mitteln des Arbeitgebers entrichtet wird. Die Verletzung dieser Verpflichtung ist regelmäßig schuldhaft. Denn die ordnungsmäßige Beachtung der gesetzlichen Vorschriften muss von jedem kaufmännischen Leiter eines Gewerbebetriebs verlangt werden (vgl. BFH-Urteil vom 20.04.1982 VII R 96/79, BFHE 135, 416, BStBl II 1982, 521). Auch Zahlungsschwierigkeiten oder eine Zahlungsunfähigkeit der GmbH ändern weder etwas an jener Pflicht des Klägers als GmbH-Geschäftsführer, noch schließen sie sein Verschulden bei Nichterfüllung der steuerlichen Pflichten der GmbH aus (vgl. BFH-Urteil vom 11.03.2004 VII R 52/02, BFHE 205, 14, BStBl II 2004, 579, m.w.N.).
29Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er neben Herrn G1 Geschäftsführer der F. GmbH gewesen sei und dass intern vereinbart worden sei, dass sich ausschließlich Herr G1 um die steuerlichen Belange der Gesellschaft zu kümmern habe. Zwar kann grundsätzlich bei einer Verteilung der Geschäfte einer GmbH auf mehrere Geschäftsführer die Verantwortlichkeit eines Geschäftsführers für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der GmbH im Sinne des § 34 Abs. 1 AO begrenzt werden. Dies erfordert aber eine vorweg getroffene eindeutige, d.h. schriftliche, Vereinbarung, welcher Geschäftsführer für welchen Bereich zuständig ist, damit nicht im Haftungsfalle jeder Geschäftsführer auf die Verantwortlichkeit eines anderen verweist (vgl. BFH-Urteil vom 13.01.1987 VII R 86/85, BFH/NV 1987, 550, m. w. N.). Fehlt es an einer solchen schriftlichen Vereinbarung, hat jeder Geschäftsführer sämtliche steuerlichen Pflichten zu erfüllen, sog. Grundsatz der Gesamtverantwortung (vgl. BFH-Beschluss vom 21.10.2003 VII B 353/02, BFH/NV 2004, 157; BFH-Urteil vom 23.06.1998 VII R 4/98, BFHE 186, 132, BStBl II 1998, 761). Im Streitfall gab es, wie der Kläger selbst vorträgt, keine schriftliche Vereinbarung bezüglich der internen Aufgabenverteilung zwischen den Geschäftsführern. Eine Begrenzung der Verantwortlichkeit des Klägers im Hinblick auf die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der F. GmbH war somit schon von vornherein nicht gegeben.
30Auch der Einwand des Klägers, dass die Geschäfte tatsächlich von Herrn G1 und dem Gesellschafter Herrn G2 geführt worden seien und dass er selbst gar keine Kontovollmacht für die Konten der F. GmbH oder vollumfängliche Einsicht in die Geschäftsunterlagen gehabt habe, steht einer Haftungsinanspruchnahme nicht entgegen. Vielmehr ergibt sich die Haftung des Klägers schon aus der nominellen Bestellung zum Geschäftsführer und ohne Rücksicht darauf, ob die Geschäftsführung auch tatsächlich ausgeübt werden konnte und sollte. Denn ein GmbH-Geschäftsführer kann sich nicht damit entschuldigen, dass er von der ordnungsgemäßen Führung der Geschäfte ferngehalten worden sei und die Geschäfte tatsächlich von einem anderen geführt worden seien. Auch eine lediglich nominell zum Geschäftsführer bestellte Person kann sich nicht damit entlasten, dass sie keine Möglichkeit gehabt habe, ihre rechtliche Stellung als Geschäftsführer innerhalb der Gesellschaft zu verwirklichen und die steuerlichen Verpflichtungen zu erfüllen. Ist ein Geschäftsführer nicht in der Lage, sich innerhalb der Gesellschaft durchzusetzen und seiner Rechtsstellung gemäß zu handeln, so muss er als Geschäftsführer zurücktreten und darf nicht im Rechtsverkehr den Eindruck erwecken, als sorge er für die ordnungsgemäße Abwicklung der Geschäfte (vgl. BFH-Urteil vom 11.03.2004 VII R 52/02, a.a.O.).
31Soweit der Kläger überdies einwendet, dass er aufgrund seiner ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit im Zeitraum vom 23.04.2012 bis 11.07.2012 nicht in Haftung genommen werden dürfe, folgt der erkennende Senat dem nicht. Denn selbst bei einer schweren Erkrankung bleibt der Geschäftsführer einer GmbH verpflichtet, diejenigen Personen, denen er die Erledigung der ihm als Vertreter der Gesellschaft auferlegten steuerlichen Pflichten übertragen hatte, laufend und sorgfältig zu überwachen und sich so eingehend über den Geschäftsgang zu unterrichten, dass er unter normalen Umständen mit der ordnungsgemäßen Erledigung der Geschäfts rechnen kann. Ein mangelhaftes Überwachen stellt regelmäßig eine grob fahrlässige Pflichtverletzung dar. Die Entscheidung, welche konkreten Überwachungsmaßnahmen der Geschäftsführer treffen muss, hängt dabei von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BFH-Beschluss vom 18.08.1999 VII B 106/99, BFH/NV 2000, 541). Diese Grundsätze sind nach Überzeugung des erkennenden Senats auch auf die Überwachung eines Mitgeschäftsführers anzuwenden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn, wie im Streitfall, konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dieser nicht ausreichend für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der Gesellschaft Sorge trägt. Wie sich aus dem Vortrag des Klägers ergibt, hat dieser noch vor dem Zeitraum seiner Arbeitsunfähigkeit ständig neue, ihm bis dahin unbekannte Altlasten bzw. Zahlungsverpflichtungen der F. GmbH entdeckt sowie eine Vielzahl von Zahlungsvereinbarungen, Verrechnungen und Absprachen, die er nicht gekannt habe. Dem Kläger hätte sich aufgrund dieser Erkenntnisse aufdrängen müssen, dass jedenfalls erhebliche Zweifel daran bestehen, dass der Mitgeschäftsführer Herr G1 für die ordnungsgemäße Erfüllung der steuerlichen Pflichten der F. GmbH gesorgt hat bzw. während seiner Krankheit sorgen wird. Eine gesteigerte Überwachungspflicht ergibt sich indes immer dann, wenn die handelnde Person, hier der Mitgeschäftsführer Herr G1, zu einer intensiveren Kontrolle Anlass gibt (vgl. BFH-Beschluss vom 22.07.2010 VII B 126/09, BFH/NV 2010, 2227). Der Kläger hätte sich daher zumindest Zahlungsnachweise in Form etwa von Kontoauszügen der F. GmbH vorlegen lassen müssen, um sicher zu gehen, dass die fälligen Lohnsteuer-Zahlungen pünktlich und vollständig beglichen werden. Schließlich hatte der Kläger nach eigenem Vortrag die dringenden Zahlungen, wozu auch sämtliche im Haftungsbescheid aufgeführten Beträge gehörten, noch vor seiner Arbeitsunfähigkeit mittels Zahlungslisten (Excel-Tabellen) zusammengefasst und priorisiert. Dass er dieser Überwachungspflicht nicht nachgekommen ist, stellt zumindest eine grob fahrlässige Pflichtverletzung dar. Auf sein eigenes krankheitsbedingtes Unvermögen, seinen Aufgaben als Geschäftsführer nachzukommen, kann sich der Kläger nicht berufen. Denn wer die Stellung eines Geschäftsführers übernommen hat, haftet, sofern ihm auch der Vorwurf persönlichen Verschuldens mindestens vom Grade grober Fahrlässigkeit gemacht werden kann, grundsätzlich auch dann, wenn er nicht befähigt ist oder aus irgendwelchen Gründen nicht in der Lage ist, seinen Überwachungsaufgaben nachzukommen. Wer den Anforderungen, die an einen gewissenhaften Geschäftsführer gestellt werden, nicht oder nicht mehr entsprechen kann, muss von der Übernahme des Geschäftsführeramts absehen bzw. es niederlegen (vgl. BFH-Beschluss vom 18.08.1999 VII B 106/99, a.a.O.). Eine ordnungsgemäße Überwachung wäre auch geeignet gewesen, den Steuerausfall zu verhindern. Denn die ausstehenden Beträge hätten aus den vorhandenen Mitteln vorrangig getilgt oder aber eine verkürzte Zahlung der Lohnbeträge herbeigeführt werden können.
32Es war auch nicht deshalb (teilweise) von einer Haftungsinanspruchnahme abzusehen, weil der Kläger sich, wie er vorträgt, vor seiner Arbeitsunfähigkeit Ende März/Anfang April 2012 noch in einer Einarbeitungsphase befunden habe. Denn zum einen wurde der Kläger bereits mit Gesellschafterbeschluss vom 01.03.2012 zum Geschäftsführer der F. GmbH bestellt; lediglich die Eintragung im Handelsregister erfolgte erst am 29.03.2012. Der Kläger hätte somit durchaus ausreichend Zeit gehabt, sich im Zeitraum ab seiner Geschäftsführer-Bestellung bis zur Fälligkeit der ersten Lohnsteuer-Zahlung am 10.04.2012 in die Geschäftsführung der F. GmbH einzuarbeiten. Zum anderen befreit den Geschäftsführer einer GmbH auch eine etwaige Einarbeitungsphase nicht von den nach § 34 Abs. 1 AO den gesetzlichen Vertretern der Gesellschaft auferlegten steuerlichen Pflichten und einer Haftungsinanspruchnahme bei Verletzung dieser Pflichten (vgl. BFH-Beschluss vom 09.02.1988 VII B 169/87, BFH/NV 1988, 649).
33Ebenso steht der Haftungsinanspruchnahme auch nicht entgegen, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Lohnzahlungen am 15.03.2012 noch nicht als Geschäftsführer der F. GmbH im Handelsregister eingetragen war. Denn die Pflichtverletzung, an welche die Haftungsinanspruchnahme anknüpft, liegt in der (teilweisen) Nichtabführung der Lohnsteuer, und zwar für den Monat März 2012 zum Fälligkeitszeitpunkt 10.04.2012. Der Kläger hätte dafür Sorge tragen müssen, dass die ausstehenden Lohnsteuer-Beträge aus den vorhandenen Mitteln vorrangig getilgt oder aber eine verkürzte Zahlung der – künftig fällig werdenden – Lohnbeträge herbeigeführt wird.
34Schließlich ändert auch der relativ kurze Zeitraum der Geschäftsführertätigkeit des Klägers (rund 4 Monate) nichts an dessen rechtlicher Stellung und dessen (steuerlichen) Verpflichtungen während der Zeit seiner Geschäftsführertätigkeit.
35Die Pflichtverletzung in Form einer Nichtabführung der fälligen Lohnsteuer bzw. einer Nichtüberwachung des Mitgeschäftsführers war auch kausal für den Steuerschaden. Bei ordnungsgemäßer Pflichtenerfüllung durch den Kläger hätten die ausstehenden Beträge aus den vorhandenen Mitteln vorrangig getilgt oder aber eine verkürzte Zahlung der Lohnbeträge herbeigeführt werden können.
36III. Der Beklagte hat auch das ihm eingeräumte Auswahlermessen ermessensfehlerfrei ausgeübt. So hat er neben dem Kläger auch den weiteren Geschäftsführer der F. GmbH, Herrn G1, durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen. Eine Haftungsinanspruchnahme der Gesellschafter Herr G2 und Herr G3 hat der Beklagte ermessensfehlerfrei unter Hinweis darauf abgelehnt, dass diese nicht Mehrheitsgesellschafter gewesen seien. Der Prokurist Herr P wurde in nicht zu beanstandender Weise deshalb nicht in Anspruch genommen, weil dieser nicht befugt gewesen ist, Entscheidungen ohne die Zustimmung eines Geschäftsführers zu treffen.
37C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
38D. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen. Es handelt sich um die Anwendung feststehender Rechtsgrundsätze auf den Einzelfall.