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Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gebührenfrei.
Kosten werden nicht erstattet.
[*siehe auch den nachfolgenden Beschluss bezüglich einer zu dieser Entscheidung erhobenen Anhörungsrüge]
I.
3Der Erinnerungsführer wendet sich gegen die Höhe des in einer geänderten Gerichtskostenrechnung vom 07.05.2021 im Verfahren 5 K 3133/19 U angesetzten Streitwerts.
4Streitig ist im Verfahren 5 K 3133/19 U, ob ein eklatant zu hoher Umsatzsteuerausweis nach späterer Rechnungsberichtigung zu einem Vergütungsanspruch des Rechnungsausstellers führt.
5Der Erinnerungsführer ist selbstständiger Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Am 18.04.2016 stellte das damals für ihn zuständige Finanzamt N einen Insolvenzantrag gegen ihn.
6Am 26.09.2016 stellte er eine Rechnung an Steuerberater S, mit dem er eine Bürogemeinschaft unterhielt. Die Rechnung lautete wie folgt:
7"Liquidation
8Für meine Leistungen im Zusammenhang mit der Sache "G" (Begleitung Durchsuchung vor Ort) im Leistungszeitraum 2/2016 erlaube ich mir wie folgt zu liquidieren:
9Euro
10Leistungen: 125.000.000,00
11Umsatzsteuer: 19% 23.750.000,00
12148.750.000,00
13Ich bitte um Überweisung des Betrags auf mein oben angegebenes Konto. Der Betrag ist sofort fällig." Der Rechnungsempfänger, Steuerberater S, hat den Betrag nicht gezahlt.
14Der Erinnerungsführer gab am 04.10.2016 seine Umsatzsteuervoranmeldung für September 2016 ab und erklärte eine Umsatzsteuer i. H. v. 23.751.782,95 €. Gleichzeitig legte er dagegen Einspruch ein. Im Einspruchsschreiben teilte er mit, dass er die Rechnung mit einem überhöhten Umsatzsteuerausweis i. H. v. 23.750.000,00 € ausgestellt habe und dass der tatsächliche Steuerausweis nur 237,50 € hätte betragen dürfen. Mit Bescheid des Finanzamts N vom 09.12.2016 wurde die Umsatzsteuervorauszahlung für September 2016 geändert und die Vorauszahlung auf 1.782,96 € herabgesetzt. Die Steuer gemäß § 14c UStG wurde darin nicht berücksichtigt.
15Mit Beschluss vom 16.01.2017 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Erinnerungsführers eröffnet und mit Beschluss vom 30.07.2018 wurde nach Bestätigung eines Insolvenzplans das Insolvenzverfahren aufgehoben.
16Am 04.10.2018 berichtigte der Erinnerungsführer gegenüber Steuerberater S die Rechnung vom 26.09.2016. Der Netto-Rechnungsbetrag lautete danach nur noch 1.250,00 € und die offen ausgewiesene Umsatzsteuer 237,50 €. Am 01.11.2018 gab der Erinnerungsführer seine Umsatzsteuervoranmeldung für 10/2018 ab und erklärte darin einen verbleibenden Überschuss (=Erstattungsbetrag) i. H. v. 23.740.016,91 €. Darin enthalten waren -23.749.762,50 € aus der Rechnungsberichtigung. Der Beklagte erkannte den Erstattungsbetrag aus der Rechnungsberichtigung nicht an. Dagegen legte der Erinnerungsführer Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens erging am 01.03.2019 ein Umsatzsteuerjahresbescheid gegen den Erinnerungsführer, in dem der von ihm geltend gemachte Betrag aus der Rechnungsberichtigung ebenfalls nicht berücksichtigt wurde. Mit Einspruchsentscheidung vom 16.10.2019 wurde der Einspruch des Erinnerungsführers als unbegründet zurückgewiesen.
17Dagegen erhob der Erinnerungsführer Klage. In seiner Klageschrift vom 18.10.2019 kündigte er folgende Anträge an:
18"1. den Umsatzsteuerbescheid 2018 vom 01.03.2018 dahingehend zu ändern, dass der im Hinblick auf das Klagebegehren aus §§ 14c/17 UStG resultierende Steueranspruch in Höhe von EUR 23.749.762,50 lediglich in Höhe von EUR 5.000,00 steuermindernd berücksichtigt und die Umsatzsteuer 2018 mithin in Höhe von EUR 17.388,09 festgesetzt wird (Teilklage).
192. Hilfsweise unter der innerprozessualen Bedingung des Obsiegens hinsichtlich des Hauptantrages zu 1.) den Umsatzsteuerbescheid 2018 vom 01.03.2019 dahingehend zu ändern, dass der im Hinblick auf das Klagebegehren aus §§ 14c/17 UStG resultierende Steueranspruch in Höhe von EUR 23.749.762,50 steuermindernd berücksichtigt und die Umsatzsteuer 2018 mithin in Höhe von ./. EUR 23.727.374,40 festgesetzt wird (uneigentliche Eventualklagenhäufung zweier Teilklagen) …"
20Mit Gerichtskostenrechnung vom 28.10.2019 wurde ausgehend von einem Streitwert von 5.000 € zunächst eine Verfahrensgebühr i. H. v. 584,00 € angesetzt. Mit Gerichtskostenrechnung vom 25.02.2020 wurde der Rechnungsbetrag um 10,00 € Dokumentenpauschale wegen Akteneinsicht erhöht. Mit weiterer Gerichtskostenrechnung vom 07.05.2021 wurde die Verfahrensgebühr nunmehr ausgehend von einem Streitwert von 23.749.762,50 € auf 348.944,00 € angesetzt. Die Dokumentenpauschale blieb unverändert.
21Gegen die vorgenannte geänderte Gerichtskostenrechnung vom 07.05.2021 richtet sich die Erinnerung des Erinnerungsführers. Gleichzeitig hat er beantragt, gemäß § 66 Abs. 7 S. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) die aufschiebende Wirkung seiner Erinnerung anzuordnen. Das zuletzt genannte Verfahren wird unter dem Az. 5 Ko 1250/21 GK geführt.
22Der Erinnerungsführer meint, gemäß § 45 Abs. 1 S. 2 GKG werde der Streitwert eines Hilfsantrags mit dem Streitwert des Hauptantrags zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Das sei im Streitfall aber nicht zwangsläufig gegeben. Über den Hilfsantrag sei nur dann zu entscheiden, wenn dem Hauptantrag stattgegeben werde. Würde man die Reihenfolge der Anträge tauschen, bräuchte über den Hilfsantrag (bisher: Hauptantrag) nicht mehr entschieden zu werden. Aus der Rechtsprechung und Literatur ergebe sich nicht, dass die Antragstellung des Erinnerungsführers missbilligt werde.
23Wegen der Einzelheiten des Vortrags des Erinnerungsführers zu seiner Antragstellung und zum Streitwert wird auf seine Schriftsätze vom 18.10.2019 und 05.12.2019 in der Sache 5 K 3133/19 U und seine Erinnerungsschrift vom 11.05.2021 verwiesen.
24Die Kostenprüfungsbeamtin beim Finanzgericht hat auf eine Stellungnahme verzichtet.
25Es wurden die Gerichtsakten 5 K 3133/19 U und 5 Ko 1250/21 GK beigezogen.
26II.
27Die Erinnerung ist unbegründet.
28Die Gerichtskosten sind in der Gerichtskostenrechnung vom 07.05.2021 zutreffend nach einem Streitwert i. H. v. 23.749.762,50 € bemessen worden.
291. Die Änderung der Gerichtskostenrechnung zum Nachteil des Erinnerungsführers war verfahrensrechtlich zulässig. Gemäß § 19 Abs. 5 GKG kann der Kostenansatz im Verwaltungsweg berichtigt werden, solange nicht eine gerichtliche Entscheidung getroffen ist.
302. Der Streitwert beträgt 23.749.762,50 €. Gemäß § 52 Abs. 1 GKG bestimmt sich der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache. Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 S. 1 GKG). Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht (§ 45 Abs. 1 S. 2 GKG). Betreffen Haupt- und Hilfsanspruch denselben Gegenstand (umfasst der Hauptantrag wertmäßig den Hilfsantrag) oder ist das finanzielle Interesse von Haupt- und Hilfsantrag identisch, bestimmt sich der Wert nur nach einem dieser Ansprüche, und zwar nach dem weitergehenden (§ 45 Abs. 1 S. 3 GKG; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung Finanzgerichtsordnung, FGO Vor § 135 Rn. 112 m. weiteren Nachweisen).
31Nach den vorgenannten Grundsätzen ist der Wert des Hilfsantrags maßgebend. Beide Anträge resultieren aus demselben steuerlichen Vorgang, nämlich der Rechnungsberichtigung gemäß §§ 14c, 17 UStG. Der Hilfsantrag umfasst den Hauptantrag mit. Der Hauptantrag hat keinen eigenen materiell-rechtlichen Gehalt und verfolgt prozessual keinen eigenen Zweck, bis auf den Versuch der Kostenminimierung.
323. Die Entscheidung über die Gerichtsgebührenfreiheit und den Ausschluss der Kostenerstattung beruht auf § 66 Abs. 8 GKG. Die Unanfechtbarkeit des Beschlusses ergibt sich aus § 66 Abs. 3 S. 3 GKG.
33*Am 01.06.2021 erging folgender Beschluss hinsichtlich einer Anhörungsrüge des Erinnerungsführers:
341) Auf die Anhörungsrüge des Erinnerungsführers wird das Erinnerungsverfahren fortgeführt.
35Die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens werden nicht erstattet.
362) Die mit Beschluss vom 19.05.2021 erfolgte Zurückweisung der Erinnerung wird aufrechterhalten.
I.
38Der Erinnerungsführer wendet sich mit seiner Anhörungsrüge vom 21.05.2021 gegen den Beschluss vom 19.05.2021, mit dem die Erinnerung des Erinnerungsführers gegen den Kostenansatz im Verfahren 5 K 3133/19 U zurückgewiesen worden ist und auf den wegen des Inhalts Bezug genommen wird. Der Erinnerungsführer meint, es sei eine Überraschungsentscheidung ergangen. Der Berichterstatter im Verfahren 5 K 3133/19 U, der zugleich Entscheidender des angefochtenen Beschlusses sei, habe mit Schreiben vom 16.12.2020 (Gerichtsakte 5 K 3133/19 U, Bl. 329) unter Nennung einer BFH-Entscheidung und zweier Literaturstellen einen rechtlichen Hinweis erteilt. In seiner Erinnerungsschrift habe der Erinnerungsführer diese Rechtsauffassung umfangreich und detailliert bestritten und offensichtlich auch den Berichterstatter überzeugt, denn in seiner Entscheidung vom 19.05.2021 finde sich kein einziger Hinweis mehr auf die vom Berichterstatter vorgebrachte Rechtsauffassung, auf das vom Berichterstatter in Bezug genommene BFH-Urteil und auf die zitierte Literatur. Mit der im angefochtenen Beschluss nunmehr dargestellten Begründung habe der Erinnerungsführer nicht zu rechnen brauchen. Wenn vorher darauf hingewiesen worden wäre, hätte der Erinnerungsführer darauf reagiert, indem er vorgebracht hätte, dass die Auffassung des Berichterstatters auf einer völligen Missinterpretation des § 45 Gerichtskostengesetz (GKG) beruhe und merkwürdig, wenn nicht sogar willkürlich erscheine. § 45 Abs. 1 S. 3 GKG stehe nämlich unter der Voraussetzung, dass ein Fall des Satzes 1 oder 2 vorliege. Der Hilfsanspruch werde erst dann virulent, wenn über diesen entscheiden werde und nicht vorher. Solange nicht über den Hilfsantrag entschieden sei, gebe es keine zwei Werte, die nach § 45 Abs. 1 S. 2 GKG zusammengerechnet oder nach § 45 Abs. 1 S. 3 GKG verglichen werden könnten. Für den Kostenvorschuss gemäß § 12 GKG (gemeint: Vorfälligkeitsgebühr gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 GKG) könne daher nur der Betrag des Hauptantrags herangezogen werden.
39Wegen der Einzelheiten des Vortrags des Erinnerungsführers wird auf seine Anhörungsrügeschrift vom 21.05.2021 verwiesen.
40Der Erinnerungsführer beantragt,
41den Beschluss vom 19.05.2021 aufzuheben und die vorauszuzahlenden Kosten anhand des Streitwerts von 5.000 € anzusetzen.
42Die Kostenprüfungsbeamtin beim Finanzgericht Münster hat auf eine Stellungnahme verzichtet.
43Es wurden die Gerichtsakten 5 Ko 1250/21 GK und 5 K 3133/19 U beigezogen.
44II.
451) Die zulässige Anhörungsrüge ist begründet (§ 69a Abs. 5 GKG). Das Erinnerungsverfahren gemäß § 66 Abs. 6 GKG wird fortgeführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist.
46Die Anhörungsrüge gegen den unanfechtbaren Erinnerungsbeschluss ist statthaft und innerhalb der Frist gemäß § 69a Abs. 2 GKG erhoben worden. Es wird zu Gunsten des Erinnerungsführers unterstellt, dass im angefochtenen Erinnerungsbeschluss vom 19.05.2021 der Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt worden ist (§ 69a Abs. 1 Nr. 2 GKG).
472) Die mit Beschluss vom 19.05.2021 erfolgte Zurückweisung der Erinnerung wird unter Berücksichtigung der Erwägungen des Erinnerungsführers aufrechterhalten, denn der Gerichtskostenansatz ist zutreffend. Der Streitwert (§ 3 Abs. 1 GKG) ist in der angefochtenen Gerichtskostenrechnung zu Recht gemäß § 45 Abs. 1 S. 3 GKG in Höhe des Hilfsantrags angesetzt worden.
48§ 45 Abs. 1 GKG lautet wie folgt:
49"In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend."
50Entgegen der Auffassung des Erinnerungsführers ergibt sich aus dem Wortlaut des § 45 Abs. 1 S. 3 GKG ("Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 …") nicht zwingend, dass für die Streitwertbestimmung ein Hilfsantrag nur dann erheblich sein kann, wenn über ihn entschieden worden ist. Die Verweisung in der soeben genannten Vorschrift bezieht sich auf "Ansprüche", die in einer Klage oder Widerklage geltend gemacht werden (§ 45 Abs. 1 S. 1 GKG) oder die im Verhältnis von Haupt- und Hilfsantrag stehen (§ 45 Abs. 1 S. 2 GKG). Dass bei demselben Gegenstand über den Hilfsanspruch auch entschieden worden sein muss, damit er streitwerterheblich ist, ergibt sich aus dem Wortlaut des § 45 Abs. 1 S. 3 GKG hingegen nicht zwingend. Nach der Konzeption des § 45 Abs. 1 GKG soll für den Streitwert bei demselben Gegenstand von Haupt- und Hilfsantrag derjenige Wert maßgebend sein, der den Gegenstand der Entscheidung bildet. Einerseits verhindert dies eine doppelte Berücksichtigung, anderseits aber auch –wie im Streitfall- eine künstliche Aufspaltung.
51Die hier vertretene Auslegung des § 45 Abs. 1 GKG entspricht dem Sinn und Zweck der Regelungen des GKG. Gemäß § 3 Abs. 1 GKG sollen sich u. a. die Gerichtsgebühren, zu denen die mit Einreichung der Klage fällige (§ 6 GKG) Verfahrensgebühr (Ziff. 6110 Anl. 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) gehört, nach dem Streitwert richten. Gemäß § 52 Abs. 5 GKG ist der Mindeststreitwert nach § 52 Abs. 4 Nr. 1 GKG maßgebend (1.500 €), solange der Streitwert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nr. 1 maßgebende Wert nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt. Gemäß § 52 Abs. 3 S. 1 GKG ist die Höhe des Antrags des Klägers, der eine bezifferte Geldleistung betrifft oder ein hierauf bezogener Verwaltungsakt maßgebend. Maßgeblich ist somit grundsätzlich die tatsächliche finanzielle Bedeutung der Sache für den Kläger. Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch –BGB-). Maßgebend ist das Klagebegehren, das nach den allgemeinen Grundsätzen auszulegen ist. Die Vorschrift des § 133 BGB ist auch bei der Auslegung von Prozesshandlungen zu beachten (BGH, Urteil v. 29.11.1956, III ZR 121/55, BGHZ 22 S. 267/269). Bei dieser Auslegung ist die Eigenart der in dem Steuerbescheid getroffenen Regelung zu berücksichtigen; aus ihr kann bei Würdigung der Interessenlage des Klägers geschlossen werden, ob sich ein Kläger endgültig binden wollte oder nicht. Regelmäßig ist davon auszugehen, dass ein Kläger mit einer Teilklage im finanzgerichtlichen Prozess keine Teilbestandskraft herbeiführen will, weil er mit einer Teilklage, verbunden mit der Teilbestandskraft, verfahrensrechtliche Nachteile haben kann (s. dazu BFH, Beschluss v. 23.10.1989 – GrS 2/87_-- BStBl II 1990, 327, juris). Eine Antragstellung, wie sie der Erinnerungsführer im Verfahren 5 K 3133/19 U gewählt hat, ist daher - ausgehend vom wirklichen Willen des Erinnerungsführers- dergestalt auszulegen, dass die Verurteilung des Beklagten auf den im Hilfsantrag genannten Betrag angestrebt wird.
52Würde man der Auffassung des Erinnerungsführers folgen und bei einheitlichem Gegenstand nur den geringen Hauptantrag für den Streitwert als maßgeblich ansehen, würden damit außerdem die detaillierten Regelungen über die Höhe des Streitwerts im GKG konterkariert. Jede Klage auf eine bezifferte Geldleistung bei einheitlichem Gegenstand könnte somit durch eine Aufteilung in einen Haupt- und Hilfsantrag auf den Mindeststreitwert begrenzt werden. Das entspricht nicht dem Regelungszusammenhang des GKG.
53Die vorgenannte Auffassung, d. h. die Maßgeblichkeit des höheren Streitwerts des Hilfsantrags bei demselben Gegenstand, wird in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung und Literatur im Ergebnis geteilt (BFH, Beschluss v. 03.08.2005, I E 3/05, BFH/NV 2005, 2228, Rn. 7; BFH, Beschluss v. 29.01.2016, X B 93/15, juris, Rn. 34; BFH, Urteil v. 09.02.2011, IV R 15/08, BStBl. II 2011, 764; FG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 07.09.2011, 3 K 473/06, juris; Steinhauff, AO-StB 2012, 16-18; Grube, DStZ 2011, 913-920; Brandis, Tipke/Kruse, AO, FGO, FGO vor § 135, Rn. 112). Andere Auffassungen für den finanzgerichtlichen Prozess sind hier nicht bekannt.
54Zwar wird auch im finanzgerichtlichen Prozess dem Grunde nach die sogen. uneigentliche eventuelle Klagenhäufung für zulässig erachtet (Steinhauff in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, § 43 FGO, Rn. 95 ff). Diese Auffassung bezieht sich aber auf solche Fälle, in denen der uneigentliche Hilfsantrag materiell-rechtlich vom Bestehen des Hauptantrags abhängt. Dies ist z. B. in den Fällen des § 259 ZPO (Klage auf künftige Leistung), § 254 ZPO (Stufenklage), § 100 Abs. 1 S. 2 FGO (Rückgängigmachung der Vollziehung), § 100 Abs. 4 FGO (Verurteilung zu einer Leistung neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts) der Fall. Im Streitfall stehen Haupt- und Hilfsantrag hingegen materiell-rechtlich nicht in einem Stufenverhältnis, sondern bilden eine willkürliche Aufteilung eines einheitlichen Gegenstands.
55Zwar führt der Erinnerungsführer zivilrechtliche Entscheidungen an, nach denen die von ihm gewählte Antragsgestaltung als kostensparende, anzuerkennende Möglichkeit erachtet wird (BGH, Beschluss v. 08.04.2014 – XI ZR 335/12 –, juris; BGH, Urteil v. 13.05.1996, II ZR 275/94, juris; OLG Braunschweig, Beschluss v. 03.12.2019, 11 W 41/19, juris; OLG Frankfurt, Beschluss v. 13.08.2010 – 4 W 34/10 –, juris). Die vorgenannte Auffassung ist –was sich aus den Entscheidungen selbst ergibt- nicht unbestritten. Das erkennende Gericht folgt dieser Ansicht für den finanzgerichtlichen Prozess nicht.
563) Die Kostenentscheidung im Hinblick auf den Beschluss zu 1) folgt aus § 69a Abs. 6 GKG.