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Der Einheitswertbescheid vom 11.01.2017 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.05.2018 wird geändert und der Einheitswert für den Grundbesitz I-Straße in E-Stadt auf den 01.01.2013 auf 8.859 Euro (16.800 DM) als unbebautes Grundstück festgestellt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten, ob der Grundbesitz I-Straße in E-Stadt für Zwecke der Einheitsbewertung auf den 01.01.2013 als bebautes oder unbebautes Grundstück einzustufen und in welcher Höhe der Einheitswert dementsprechend festzustellen ist.
3Die Klägerin erwarb den Grundbesitz I-Straße in E-Stadt durch notariellen Vertrag vom 20.12.2012 mit Wirkung zum 01.01.2013. Es handelt sich um den Teil eines ehemaligen Kasernengeländes, auf dem sich das ehemalige Unteroffiziersheim befindet. Die Nutzung durch die Bundeswehr erfolgte bis Anfang der 2000er Jahre; anschließend stand das Gebäude leer. Nach Stilllegung der Kaserne wurde die Versorgung mit Strom, Wasser und Heizung über die Erschließung auf dem Kasernengelände in 2001 komplett gekappt (vgl. Vermerk D. vom 22.01.2016, Einheitswertakte, Blatt 10).
4Durch notariellen Vertrag vom 16.01.2013 wurde der Grundbesitz an den Beigeladenen weiterveräußert und das Gebäude anschließend in mehreren Bauabschnitten renoviert. Nach Abschluss des ersten Bauabschnitts und Wiederanschluss an die Versorgung mit Strom, Wasser und Heizung über die Versorgungsleitungen der benachbarten Wohngebiete in 2014 wird das Gebäude seit dem 01.09.2014 als Zentrum für Gesundheitsberufe zur Fort- und Weiterbildung genutzt.
5Der Beklagte führte durch Bescheid vom 28.09.2015 auf den 01.01.2013 eine Nachfeststellung durch und stellte für den Grundbesitz einen Einheitswert in Höhe von 531.700 DM im Sachwertverfahren fest, wobei er das Grundstück als Geschäftsgrundstück bewertete und der Klägerin zurechnete. Auf den Einspruch der Klägerin vom 16.10.2015 war die Bewertung des streitgegenständlichen Grundbesitzes Gegenstand von Gesprächen zwischen dem Prozessbevollmächtigten, dem Beklagten und dem Bausachverständigen des Beklagten. Zu den Einzelheiten wird auf den Vermerk D. in der Einheitswertakte (Blatt 10, 10R und 11) Bezug genommen.
6Die Feststellung des Einheitswerts änderte der Beklagte durch Bescheid vom 11.01.2017 (Mittwoch) unter Herabsetzung des Bodenwerts, Veränderung der Wertzahl und ohne Abschlag für Großobjekte und stellte den Einheitswert auf 450.700 DM als Geschäftsgrundstück fest. Der Bodenwert wurde mit 16.893 DM ermittelt. Der Beklagte sah damit den Einspruch als erledigt an.
7Mit dem dagegen erhobenen Einspruch vom 15.02.2017 machte die Klägerin geltend, die Bewertung müsse als unbebautes Grundstück erfolgen. Das aufstehende Gebäude sei zum Stichtag 01.01.2013 weder benutzbar i. S. d. § 72 Abs. 3 Bewertungsgesetz (BewG) noch bezugsfertig i. S. d. § 72 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BewG gewesen. Die Frage der Benutzbarkeit bzw. der Bezugsfertigkeit sei dabei nach denselben Kriterien zu beurteilen. Maßgeblich sei die Durchführung der wesentlichen Bauarbeiten, wozu auch die Anschlüsse an die Strom- und Wasserversorgung, Heizung und sanitäre Einrichtungen gehörten. Diese notwendigen Voraussetzungen der Bezugsfertigkeit hätten bei dem Unteroffiziersheim zum Stichtag nicht vorgelegen, da weder die Ver- und Entsorgung des Grundstücks noch die notwendigen Installationen vorhanden gewesen seien. Deshalb seien in den Gesprächen mit dem Bausachverständigen sämtliche Kompaniegebäudegrundstücke im Gegensatz zu den benutzbaren Technikgrundstücken als unbebaute Grundstücke angesehen worden. Die Klägerin verwies dazu auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14.05.2003 II R 14/01, BStBl. 2003, 906.
8Den Einspruch wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 02.05.2018 (Mittwoch) als unbegründet zurück. Entscheidend für die bewertungsrechtliche Einordnung als Gebäude sei, dass das Bauwerk Menschen oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz gegen Witterungseinflüsse gewähre, den Aufenthalt von Menschen gestatte, fest mit dem Grund und Boden verbunden, von einiger Beständigkeit und standfest sei. Diese Merkmale erfülle das streitgegenständliche Unteroffiziersheim ausnahmslos. Ein Gebäude verliere seine Gebäudeeigenschaft auch nicht dadurch, dass bauliche Unzulänglichkeiten den Aufenthalt von Menschen erschwerten, so dass der noch erforderliche Einbau sanitärer Einrichtungen die Gebäudeeigenschaft nicht entfallen lasse. Auch habe sich das Unteroffiziersheim nicht in einem Zustand des Verfalls oder der Zerstörung befunden, was die Nutzbarkeit seit September 2014 belege. Insofern sei der vorliegende Sachverhalt nicht mit dem dem Urteil des BFH vom 14.05.2003 zugrunde liegenden Sachverhalt vergleichbar.
9Mit ihrer Klage vom 07.06.2018 verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter, den streitgegenständlichen Grundbesitz als unbebautes Grundstück zu bewerten. Unter Vertiefung des Vortrags aus dem Einspruchsverfahren verweist sie darauf, zum 01.01.2013 hätten nicht nur die Ver- und Entsorgung des Grundstücks, sondern sämtliche Installationen für Strom, Wasser und Heizung im Gebäude selbst gefehlt. Verwertbare Elektro- und Sanitärleitungen seien nicht vorhanden gewesen. In die Elektro-Neuinstallation seien 34.000 Euro und in den Ersteinbau einer Heizung inklusive Leitungen und Sanitäreinrichtungen 96.000 Euro investiert worden. Darüber hinaus sei das Unteroffiziersheim in demselben Zustand gewesen wie die anderen im Vermerk des Beklagten vom 22.01.2016 beschriebenen und als unbenutzbar eingestuften Kompaniegebäude.
10Die Klägerin beantragt sinngemäß,
11unter Änderung des Bescheides vom 11.01.2017 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.05.2018 den Einheitswert für den Grundbesitz I-Straße in E-Stadt herabzusetzen und als unbebautes Grundstück zu bewerten.
12Der Beklagte beantragt sinngemäß,
13die Klage abzuweisen.
14Er hält an der Argumentation in seiner Einspruchsentscheidung fest. Für ein bebautes Grundstück spreche zudem, dass das Unteroffiziersheim das besterhaltene Gebäude gewesen sei und nicht so schwerwiegende Mängel wie die anderen Kompaniegebäude aufgewiesen habe, so dass es bereits im Jahr 2014 wieder nutzungsfähig hergerichtet gewesen sei. Auch vorher sei es als Gebäude zu beurteilen gewesen, das z. B. auch als Lager hätte genutzt werden können.
15Durch Beschluss vom 20.12.2019 ist der Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks zum Verfahren notwendig beigeladen worden.
16Die vormalige Berichterstatterin hat den Sach- und Streitstand am 16.03.2020 mit den Beteiligten erörtert. Zu den Einzelheiten wird auf das Protokoll über den Erörterungstermin (Blatt 97 bis 100 der Gerichtsakte) hingewiesen.
17Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO).
18Entscheidungsgründe
19Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Einheitswertbescheid in der Fassung der Einspruchsentscheidung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
20Das Grundstück I-Straße in E-Stadt ist zum maßgeblichen Stichtag 01.01.2013 als unbebautes Grundstück i. S. d. § 72 BewG zu bewerten. Der Einheitswert beläuft sich auf 8.589 Euro (16.800 DM).
21Zwar weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass das Unteroffiziersheim ein Gebäude im bewertungsrechtlichen Sinne ist. Als Gebäude – in Abgrenzung zur Betriebsvorrichtung i. S. d. § 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG – ist danach ein Bauwerk anzusehen, das durch räumliche Umschließung Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt, den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen gestattet, fest mit dem Grund und Boden verbunden sowie von einiger Beständigkeit und standfest ist (vgl. BFH, Urteil vom 24.05.2007 II R 68/05, BStBl. II 2008, 12 mit weiteren Nachweisen). Diese Kriterien erfüllt das auf dem streitgegenständlichen Grundbesitz aufstehende Bauwerk unstreitig.
22Das allein reicht allerdings nicht aus, um das streitgegenständliche Grundstück abschließend als bebautes Grundstück einzuordnen. Entscheidend ist gemäß § 72 BewG bzw. § 74 BewG vielmehr die Benutzbarkeit des Gebäudes.
23Unbebaute Grundstücke sind Grundstücke, auf denen sich keine benutzbaren Gebäude befinden, wobei die Benutzbarkeit im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit beginnt (§ 72 Abs. 1 Satz 1 und 2 BewG). Bezugsfertigkeit ist anzunehmen, wenn zukünftigen Bewohnern oder sonstigen Benutzern die Benutzung zugemutet werden kann (§ 72 Abs. 1 Satz 3 BewG). Gemäß § 72 Abs. 3 BewG gilt als unbebautes Grundstück auch ein Grundstück, auf dem infolge der Zerstörung oder des Verfalls der Gebäude auf die Dauer benutzbarer Raum nicht mehr vorhanden ist.
24Dabei geht der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 24.10.1990 II R 9/88 (BStBl. II 1991, 60) davon aus, dass auch im Rahmen von § 72 Abs. 3 BewG maßgeblich ist, ab wann die bestimmungsgemäße Nutzung eines auf dem Grundstück befindlichen Gebäudes nicht mehr zumutbar und deshalb von einem unbebauten Grundstück auszugehen ist. Sei bei einem Gebäude die Zerstörung soweit fortgeschritten, dass keine Räume mehr vorhanden seien, die einer bestimmungsgemäßen Nutzung zugeführt werden könnten, sei ebenso wenig von einem bebauten Grundstück auszugehen wie im Fall der Errichtung eines Gebäudes, dessen Benutzbarkeit i. S. d. § 72 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BewG noch nicht hergestellt sei. Auch wenn das äußere Erscheinungsbild des Bauwerks den Eindruck eines bebauten Grundstücks erwecke, sei vielmehr entscheidend, ob zur dauernden bestimmungsgemäßen Nutzung geeigneter Raum schon bzw. noch vorhanden sei. Maßgeblich seien die Verhältnisse zum Stichtag der Feststellung, wobei außer Betracht bleiben müsse, ob sich der Zustand des Gebäudes zu diesem Zeitpunkt nur als Zwischenstadium zur Wiederherstellung eines benutzbaren Gebäudes darstelle.
25Auch für den Anwendungsbereich des § 33a Abs. 2 Reichsbewertungsdurchführungsverordnung (RBewDV) bei der Bewertung von Grundbesitz in den neuen Bundesländern hat der Bundesfinanzhof diese Abgrenzungskriterien für die Einordnung eines Grundstücks als bebaut oder unbebaut angewandt (vgl. BFH, Urteile vom 14.05.2003 II R 14/01, BStBl. II 2003, 903, und vom 18.12.2002 II R 20/01, BStBl. II 2003, 228).
26Ob die Benutzung eines Gebäudes zumutbar und es damit bezugsfertig ist, richtet sich nach seinem tatsächlichen Zustand am Stichtag, auf den die Feststellung vorzunehmen ist (BFH, Urteile vom 24.10.1990 II R 9/88, BStBl. II 1991, 60, vom 14.05.2003 II R 14/01, BStBl. II 2003, 903, und vom 18.12.2002 II R 20/01, BStBl. II 2003, 228). Dazu, wann ein Gebäude als nicht mehr benutzbar anzusehen ist, kann auf die Vorschriften des Wohnungsbaurechts und des Wohnungsraumförderungsrechts zurückgegriffen werden (BFH, Urteile vom 14.05.2003 II R 14/01, BStBl. II 2003, 903, und vom 18.12.2002 II R 20/01, BStBl. II 2003, 228 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung). Danach ist ein Raum auf Dauer nicht benutzbar, wenn ein zu seiner Benutzung erforderlicher Gebäudeteil zerstört ist oder wenn der Raum oder der Gebäudeteil sich in einem Zustand befindet, der aus Gründen der Bau- oder Gesundheitsaufsicht eine dauernde, der Zweckbestimmung entsprechende Benutzung des Raumes nicht gestattet, wobei für Zwecke der Grundstückbewertung das Erfordernis der Dauerhaftigkeit der Unbenutzbarkeit entfällt. Eine baupolizeiliche Räumungsverfügung ist als Indiz für eine entfallene Benutzbarkeit anzusehen; tritt die Unbenutzbarkeit ein, während das Gebäude bereits leer steht und nicht mehr benutzt wird, ist für die Frage der Zumutbarkeit der Benutzung und damit der Bezugsfertigkeit das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse maßgeblich (BFH, Urteil vom 18.02.2002 II R 20/01, BStBl. II 2003, 228).
27Die Bezugsfertigkeit setzt grundsätzlich voraus, dass Fenster und Türen eingebaut und Anschlüsse für die Strom- und Wasserversorgung, Heizung sowie sanitäre Einrichtungen vorhanden sind (vgl. BFH, Urteil vom 25.04.2013 II R 44/11, BFH/NV 2013, 1544, mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung).
28Diesen Grundsätzen folgt der Senat auch für den vorliegend zu entscheidenden Fall. Danach ergibt sich, dass das streitgegenständliche Grundstück als unbebautes Grundstück zu qualifizieren ist. Dabei ist dem Beklagten zuzugeben, dass das Grundstück mit dem aufstehenden Unteroffiziersheim nach seinem äußeren Erscheinungsbild nicht den Eindruck eines unbebauten Grundstücks erweckt. Jedoch kommt es darauf nach den dargelegten Rechtsprechungsgrundsätzen nicht entscheidend an. Maßgeblich ist vielmehr die Zumutbarkeit der bestimmungsgemäßen Nutzung des Gebäudes. Deshalb reicht es zur Bejahung der Eigenschaft als bebautes Grundstück nicht aus, dass das Gebäude in seinem konkreten Zustand irgendeiner gebäudetypischen Nutzung – z. B. als Lagergebäude – dienen kann. Maßgeblich ist vielmehr die Nutzung, für die es bestimmt ist. Im vorliegenden Fall diente das Gebäude zunächst als Unteroffiziersheim und damit letztlich Wohnzwecken. Die Klägerin beabsichtigte, das streitgegenständliche Grundstück zu veräußern, damit es für die Nutzung als Aus- und Fortbildungsstätte für Gesundheitsberufe hergerichtet und anschließend so genutzt werden konnte. Diese Nutzung war aber zum streitigen Feststellungszeitpunkt 01.01.2013 aufgrund des baulichen Zustands nicht zumutbar. Denn insofern fehlte es – zwischen den Beteiligten unstreitig – insbesondere an den für die Versorgung des Gebäudes mit Strom, Wasser und Wärme erforderlichen Anschlüssen, Anlagen und Leitungen sowie den sanitären Einrichtungen, die nach den o. a. Rechtsprechungsgrundsätzen Voraussetzung für die Bezugsfertigkeit und damit die Benutzbarkeit eines Gebäudes sind (vgl. insbesondere BFH, Urteil vom 25.04.2013 II R 44/11, BFH/NV 2013, 1544, sowie Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 26.05.2011 3 K 2993/09, EFG 2012, 99).
29Dass die Sanierung des Unteroffiziersheims relativ schnell erfolgen und die Benutzung bereits im Laufe des Jahres 2014 aufgenommen werden konnte, lässt keine Rückschlüsse auf die Benutzbarkeit zum hier streitigen Stichtag zu (vgl. BFH, Urteil vom 23.04.1992 II R 19/89, BFH/NV 1993, 84). Diese Umstände sind ggfs. im Rahmen einer künftigen Art- und Wertfortschreibung gemäß § 22 BewG zu berücksichtigen.
30Soweit der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 14.12.1994 II R 104/91 (BStBl. II 1995, 360) zur Frage, inwieweit der Zustand einer vorübergehenden Unbenutzbarkeit bei der Ermittlung des Einheitswerts im Ertragswertverfahren zu berücksichtigen ist, im Ergebnis ausgeführt hat, aus § 72 Abs. 3 BewG ergebe sich, dass ein lediglich vorübergehender Zustand der Unbenutzbarkeit keine bewertungsrechtlichen Auswirkungen habe, folgt dem der Senat für den vorliegend zu entscheidenden Fall nicht. Diese Entscheidung ist zur Einheitswertfeststellung im hier nicht maßgeblichen Ertragswertverfahren ergangen. Zudem hat der Bundesfinanzhof in seinen späteren Entscheidungen auf sein Urteil vom 24.10.1990 II R 9/88, BStBl. II 1991, 60 verwiesen und nicht auf eine Dauerhaftigkeit der Unbenutzbarkeit abgestellt (BFH, Urteile vom 14.05.2003 II R 14/01, BStBl. II 2003, 903, und vom 18.12.2002 II R 20/01, BStBl. II 2003, 228; dem folgend Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 26.01.2010 4 K 877/04, EFG 2010, 1014; offen gelassen zur Bedarfsbewertung gemäß § 145 BewG Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 26.05.2011 3 K 2993/09, EFG 2012, 99). Angesichts der Systematik des Bewertungsgesetzes, nach der die Fortschreibung von Einheitswerten bei Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse nach Maßgabe des § 22 BewG zu erfolgen hat, erscheint das Erfordernis einer dauerhaften Unbenutzbarkeit zur Erfüllung des Gesetzeszwecks, auch im Rahmen der Einheitsbewertung einen den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Stichtagswert festzustellen, nicht zielführend. Schließlich würde das Erfordernis einer dauerhaften Unbenutzbarkeit bei der Anwendung von § 72 Abs. 3 BewG auch dazu führen, dass für Zwecke der Einheitsbewertung tatsächlich gleich gelagerte Sachverhalte in den alten Bundesländern anders behandelt würden als in den neuen Bundesländern, wo es an einer § 72 Abs. 3 BewG entsprechenden Regelung fehlt.
31Der Senat kann im Übrigen offen lassen, wie der Vermerk des Beklagten vom 22.01.2016 in Bezug auf die Frage der Zuordnung des streitgegenständlichen Grundstücks zur Kategorie bebaut oder unbebaut zu verstehen ist. Eine tatsächliche Verständigung hat zwischen den Beteiligten insoweit jedenfalls nicht vorgelegen.
32Der Einheitswert ist auf 8.859 Euro (16.800 DM) festzustellen. Das entspricht dem nach § 30 BewG abgerundeten Bodenwert als gemeinem Wert nach den Wertverhältnissen zum 01.01.1964 (vgl. §§ 9 Abs. 1, 17 Abs. 3 BewG).
33Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
34Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.