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Der Einkommensteuerbescheid vom 02.10.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.02.2019 wird dahingehend geändert, dass die Einkommensteuer mit 5.562 € festgesetzt wird; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Berechnung der Annexabgaben wird dem Beklagten übertragen.
Der Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 60% und der Beklagte zu 40%.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
Die Beteiligten streiten über die Berechnung der Einkommensteuer eines (erweitert) beschränkt Steuerpflichtigen im Einkommensteuerbescheid 2016 und in diesem Zusammenhang über die Bindungswirkungen eines Feststellungsbescheides.
2Der Kläger, der bis Ende September 2015 seinen Wohnsitz in C hatte, verzog im Oktober 2015 nach Spanien, ohne in Deutschland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu behalten. Als deutscher Staatsangehöriger war der Kläger in den letzten zehn Jahren vor seines Wegzuges aus Deutschland insgesamt mindestens fünf Jahre unbeschränkt einkommensteuerpflichtig und im Streitjahr 2016 in einem ausländischen Gebiet, Spanien, ansässig ist, in dem er mit seinem Einkommen nur einer niedrigen Besteuerung unterlag; seine wesentlichen wirtschaftlichen Interessen in Form von inländischen Vermögen i.H.v. fast 600.000 € waren im Geltungsbereich des Außensteuergesetzes (AStG).
3Aufgrund einer Beteiligung i.H.v. 30% an der I GbR, die als private Vermögensverwaltungsgesellschaft u.a. Anteile an inländischen Investmentfonds besaß, erzielte der Kläger im Streitjahr Einkünfte aus Kapitalvermögen i.H.v. 6.008 € sowie ausweislich der teilweise berichtigten Bescheinigungen der Bank I und der Bank II weitere 27 €, d.h. insgesamt abzüglich des Pauschbetrages i.H.v. 5.234 €. Aufgrund einer Beteiligung an der J GbR erzielte der Kläger im Streitjahr Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.H.v. 5.359 € sowie Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft abzüglich des Freibetrages i.H.v. 7.854 €. Zudem erzielte er in Spanien Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit i.H.v. 63.851 €.
4Mit bestandskräftigem Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 20.06.2017 stellte das Finanzamt C die Einkünfte der I GbR fest und rechnete u.a. dem Kläger Kapitalerträge, die dem Steuerabzug nach § 32d Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) unterlegen haben, i.H.v. 6.008,57 € zu.
5Im Einkommensteuerbescheid 2016 vom 26.04.2018 des Finanzamts T wurde der Kläger als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt; die Steuerfestsetzung erfolgte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO).
6Mit nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Einkommensteuerbescheid 2016 vom 02.10.2018 des Beklagten wurde der Kläger als nach § 2 AStG erweitert beschränkt steuerpflichtig behandelt und einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Bei der Besteuerung legte er die mit Feststellungsbescheid vom 20.06.2017 festgestellten und dem Kläger zugerechneten Kapitalerträge i.H.v. 6.008 € zugrunde. Dabei ermittelte er den Steuersatz wie folgt: Das zu versteuernde Einkommen i.H.v. 18.447 € erhöhte er um den Grundfreibetrag i.H.v. 8.652 € und verminderte es um Einkünfte aus Kapitalvermögen i.H.v. 5.234 €. Den sich daraus ergebenden Betrag i.H.v. 21.865 € erhöhte er um die ausländischen Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.H.v. 63.851 €. Auf den sich daraus ergebenden Betrag i.H.v. 85.716 € ermittelte er die Steuer lauf Grundtarif mit 27.606 € sowie den sich darauf ergebenden Steuersatz i.H.v. 32,20%. Diesen Steuersatz wendete der Beklagte auf den Betrag i.H.v. 21.865 € an und ermittelte eine Steuer i.H.v. 7.041 €. Hierzu addierte er die auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen anfallende Steuer (Steuersatz i.H.v. 25%) i.H.v. 1.308 €. Die addierte tarifliche Einkommensteuer betrug 8.349 €.
7Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Zur Begründung trug der Kläger im Wesentlichen vor, die gesondert und einheitlich festgestellten Kapitaleinkünfte aus der Beteiligung an der I GbR seien fehlerhaft vollständig als inländische Einkünfte ausgewiesen worden. In dem festgestellten Betrag i.H.v. 6.008,57 € sei ein Betrag i.H.v. 3.684,01 € enthalten, der aus thesaurierten ausländischen Dividendenanteilen inländischer Fonds resultiere. Für diesen Betrag sei der Kläger in Deutschland nicht steuerpflichtig. Eine Aufteilung in inländische und ausländische Kapitalerträge habe im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zu erfolgen.
8Mit Einspruchsentscheidung vom 20.02.2019 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, der Kläger bemängele zu Unrecht die Auswertung des Feststellungsbescheides vom 20.06.2017 bzw. den vollständigen Ansatz der Kapitaleinkünfte. Eine Unterscheidung zwischen inländischen und ausländischen Einkünften hätte auf Ebene des Feststellungsfinanzamtes erfolgen müssen. Aus der Bindungswirkung des Feststellungsbescheides für Folgebescheide nach § 182 AO folge, dass das für den Erlass eines Folgebescheides zuständige Finanzamt verpflichtet sei, die Folgerungen aus dem Grundlagenbescheid zu ziehen. Diese Bindung an den Feststellungsbescheid schließe es aus, einen Sachverhalt, über den im Festsetzungsverfahren entschieden worden sei, im Folgeverfahren in einem damit unvereinbaren Sinne anders zu behandeln. Zudem hätte im Feststellungsverfahren auch kein geänderter Bescheid ergehen dürfen. Es lägen keine ausländischen Einkünfte vor, weshalb der angesetzt Betrag zu Recht zum Ansatz gekommen sei und dem Steuerabzug nach § 32d Abs. 1 EStG unterlegen habe.
9Hiergegen hat der Kläger am 18.03.2019 Klage erhoben.
10Der Kläger ist im Wesentlichen der Auffassung, § 2 AStG sei nicht anzuwenden, da die Bagatellgrenze des § 2 Abs. 1 Satz 3 AStG nicht erfüllt sei. In den dem Kläger aus der I GbR zugerechneten Kapitaleinkünften i.H.v. 6.008,57 € seien thesaurierte ausländische Dividendenanteile inländischer Fonds i.H.v. 3.684,01 € enthalten. Dieser Betrag sei bei der Steuerfestsetzung aus der Besteuerungsgrundlage herauszunehmen. Dabei handele es sich um ausländische Einkünfte, die weder unter § 49 EStG noch dessen Erweiterung durch § 2 AStG fallen würde. Mit ausländischen Einkünften könne das Überschreiten der Bagatellgrenze nicht begründet werden.
11Auch seien diese ausländischen Kapitalerträge bei der Steuerfestsetzung unrichtig einbezogen worden; die Kapitalerträge seien in voller Höhe aus der Besteuerung herauszunehmen. Dieser Betrag hätte nicht in den Feststellungsbescheid aufgenommen werden dürfen. Der Feststellungsbescheid sei insoweit fehlerhaft. Aufgrund dieser Fehlerhaftigkeit entfalte der Feststellungsbescheid keine Bindungswirkung nach § 182 AO. Dies gelte vor allem dann, wenn für das Veranlagungsfinanzamt bekannt oder erkennbar werde, dass die Regeln zur Feststellung nicht beachtet worden seien. Zudem enthalte der Feststellungsbescheid nach seinem eindeutigen Wortlaut an keiner Stelle eine Aussage oder auch nur Andeutung, die darauf schließen lassen könne, dass es sich bei den festgestellten Kapitalerträgen nur um inländische Kapitalerträge handele. Unter den Begriff der Kapitalerträge i.S.d. § 32d Abs. 1 EStG fielen nicht nur inländische, sondern auch ausländische Kapitalerträge. Der Begriff und die Beschränkung auf inländische Einkünfte aus Kapitalvermögen tauche erst in § 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG auf. Auch das Feststellungsfinanzamt habe weder die Absicht noch das Bewusstsein gehabt, eine Feststellung in dem Sinne zu treffen, dass es sich bei dem festgestellten Betrag in voller Höhe um inländische Einkünfte handele.
12Ebenso sei die Berechnung der Einkommensteuer unrichtig. Der Grundfreibetrag sei in das zu versteuernden Einkommen der bei der Festsetzung der Einkommensteuer unrichtig einbezogen worden. Der Fehler ergebe sich, wenn man die festgesetzte Einkommensteuer in Relation zum zu versteuernden Einkommen setze. Die vom Beklagten durchgeführte Vorgehensweise führe zu absurden Ergebnissen. Indem der Grundfreibetrag bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens hinzugerechnet worden sei, seien im Ergebnis fiktive Einkünfte der Besteuerung unterworfen worden. Die Einbeziehung von fiktiven Einkünften in die Besteuerungsgrundlage durch § 50 Abs. 1 Satz 2 EStG widerspreche wesentlichen Grundsätzen des Einkommensteuerrechts. Bei der Vorgehensweise des Beklagten werde der Grundfreibetrag nicht nur bei der Ermittlung des maßgeblichen Steuersatzes dem zu versteuernden Einkommen hinzugerechnet, sondern zwangsläufig auch in die Bemessungsgrundlage für die konkrete Einkommensteuer einbezogen. Die tarifliche Einkommensteuer bemesse sich nach dem zu versteuernden Einkommen zuzüglich des Grundfreibetrages, d.h. im sei auf den Gesamtbetrag der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft und Vermietung und Verpachtung i.H.v. zusammen 13.213 € der sich aus § 50 Abs. 1 Satz 2 EStG ergebende Steuersatz anzuwenden. Für die weiteren Einzelheiten der Berechnung des Klägers wird auf den Schriftsatz vom 29.05.2020, die dem Schriftsatz vom 15.04.2019 beigefügte Excel-Tabelle und den Schriftsatz vom 27.07.2020 Bezug genommen. Spätestens nach dem Jahressteuergesetz 2020 und dem damit eingeführten § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG sei die Einkommensteuerberechnung unrichtig; die Anwendung der Norm führe zum vollen Klageerfolg.
13Der Kläger beantragt sinngemäß,
14den Einkommensteuerbescheid vom 02.10.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.02.2019 nach Maßgabe der Klagebegründung zu ändern.
15Der Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Der Beklagte ist unter Bezugnahme auf die Ausführung in der Einspruchsentscheidung im Wesentlichen der Auffassung, nach § 182 Abs. 1 AO bestehe eine Bindungswirkung an den durch das Finanzamt C erlassenen Feststellungsbescheid; sämtliche festgestellten Einkünfte würden laut Feststellungsbescheid inländische Einkünfte darstellen. Die Entscheidung, ob inländische oder ausländische Einkünfte vorliegen würden, sei ausschließlich im Feststellungsverfahren zu treffen und nicht erst im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung. Daher sei auch die Bagatellgrenze des § 2 Abs. 1 Satz 3 AStG überschritten. Es sei unzutreffend, dass in dem Feststellungsbescheid keine objektive Feststellung enthalten sei, dass alle dort festgestellten Einkünfte inländischer Natur oder als solche zu behandeln seien. Das Feststellungsfinanzamt C habe dem Festsetzungsfinanzamt für den beschränkt steuerpflichtigen Beteiligten die Informationen mitzuteilen, ob die Voraussetzungen für das Vorliegen inländischer Einkünfte gemäß § 49 EStG vorlägen. Darüber hinaus sei für Einkünfte aus Kapitalvermögen zusätzlich noch mitzuteilen, ob die hierauf entfallene Steuer nach § 50 Abs. 2 EStG mit der einbehaltenen Kapitalertragsteuer abgegolten sei. Auf der Einkünftequalifikation aufbauend umfasse die Feststellung die Höhe der steuerpflichtigen Einkünfte und damit mittelbar auch alle Fragen, die mit der Ermittlung dieser Einkünfte im Zusammenhang stünden, zum Beispiel auch, ob Einkünfte i.S.d. § 49 EStG vorliegen würden. Da die Einkünfte aus Kapitalvermögen durch das Feststellungsfinanzamt C gesondert und einheitlich festgestellt worden seien, könnten demnach nicht keine inländischen steuerbaren Einkünfte sein. Durch die Feststellung selbst sei die objektive Feststellung getroffen worden, dass inländischen Einkünfte aus Kapitalvermögen vorliegen würden. Aus der Bindungswirkung des Feststellungsbescheides folgend werde die Bagatellgrenze des § 2 Abs. 1 S. 3 AStG i.H.v. 16.500,00 € im Streitjahr 2016 überschritten. Der Kläger sei erweitert beschränkt steuerpflichtig i.S.d. § 2 Abs. 1 S. 1 AStG.
18Die Veranlagung beschränkt Steuerpflichtiger erfolge ohne Berücksichtigung eines Grundfreibetrages nach § 50 Abs. 1 Satz 2 EStG, der verfassungsgemäß sei. Technisch erfolge die Nicht-Berücksichtigung dadurch, dass das zu versteuernde Einkommen des beschränkt Steuerpflichtigen um den Grundfreibetrag gemäß § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG erhöht werde, wie es § 50 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 EStG fordere. Dies wirke sich nur auf den Steuersatz aus. Dies führe nicht zu einer Besteuerung tatsächlich nicht erzielter Einkünfte. Die Erhöhung des zu versteuernden Einkommens um den Grundfreibetrag werde durch die Abzugsbeträge nach in § 32a Abs. 1 Satz 3, 4, 2 Nr. 4 und 5 EStG korrigiert. Für die vom Beklagten in diesem Zusammenhang durchgeführte Berechnung wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 06.05.2019 Bezug genommen.
19Für weitere Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
20Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Die Klage, über die aufgrund der Einverständnisse der Beteiligten gemäß § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden konnte, hat teilweise Erfolg. Der Einkommensteuerbescheid vom 02.10.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.02.2019 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO), soweit die Einkommensteuer mit mehr als 5.562 € festgesetzt wird; im Übrigen ist der Bescheid rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Berechnung der Einkommensteuer entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2020 (im Folgenden EStG 2020); die Ermittlung des Steuersatzes entspricht den gesetzlichen Vorgaben.
221. Gemäß § 50 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 EStG in der Fassung des Streitjahres 2016 (im Folgenden nur EStG) ist § 32a Abs. 1 EStG mit der Maßgabe anzuwenden, dass das zu versteuernde Einkommen um den Grundfreibetrag des § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG erhöht wird.
23Wenn für das um den Grundfreibetrag erhöhte zu versteuernde Einkommen ein besonderer Steuersatz nach § 2 Abs. 5 AStG gilt, ist gemäß § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG 2020 dieser auf das zu versteuernde Einkommen anzuwenden. Diese Norm ist nach § 52 Abs. 46 Satz 1 EStG 2020 in allen offenen Fällen anzuwenden.
24Im Streitjahr hat der Grundfreibetrag i.S.d. § 32 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG 8.652 € betragen.
25Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 AStG in der Fassung des Streitjahres 2016 (im Folgenden nur AStG) ist eine natürliche Person, die in den letzten zehn Jahren vor dem Ende ihrer unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG als Deutscher insgesamt mindestens fünf Jahre unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war und in einem ausländischen Gebiet ansässig ist, in dem sie mit ihrem Einkommen nur einer niedrigen Besteuerung unterliegt und wesentliche wirtschaftliche Interessen im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat, bis zum Ablauf von zehn Jahren nach Ende des Jahres, in dem ihre unbeschränkte Steuerpflicht geendet hat, über die beschränkte Steuerpflicht i.S.d. Einkommensteuergesetzes hinaus beschränkt einkommensteuerpflichtig mit allen Einkünften i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG, die bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte im Sinne des § 34d EStG sind. Diese Norm findet nach § 2 Abs. 1 Satz 3 AStG nur Anwendung für Veranlagungszeiträume, in denen die hiernach insgesamt beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte mehr als 16.500 € betragen.
26Ist § 2 Abs. 1 AStG anzuwenden, kommt nach § 2 Abs. 5 Satz 1 AStG der Steuersatz zur Anwendung, der sich für sämtliche Einkünfte der Person ergibt; für die Ermittlung des Steuersatzes bleiben Einkünfte aus Kapitalvermögen außer Betracht, die dem gesonderten Steuersatz nach § 32d Abs. 1 EStG unterliegen.
272. Im Streitfall ist § 50 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 EStG anzuwenden. Der Kläger ist im Streitjahr nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AStG erweitert beschränkt steuerpflichtig. Die Bagatellgrenze des § 2 Abs. 2 Satz 3 AStG ist überschritten.
28Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 AStG liegen im Streitfall vor, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist. Der Kläger hatte bis Ende September 2015 seinen Wohnsitz in C und ist im Oktober 2015 nach Spanien verzogen, ohne in Deutschland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu behalten. Als deutscher Staatsangehöriger ist er in den letzten zehn Jahren vor dem Ende seines Wegzuges aus Deutschland insgesamt mindestens fünf Jahre unbeschränkt einkommensteuerpflichtig und im Streitjahr 2016 in einem ausländischen Gebiet, Spanien, ansässig ist, in dem er mit seinem Einkommen nur einer niedrigen Besteuerung unterlag; seine wesentlichen wirtschaftlichen Interessen waren im Geltungsbereich Außensteuergesetzes.
29Diese Norm ist im Streitfall entgegen der klägerischen Auffassung auch anzuwenden. Die Bagatellgrenze des § 2 Abs. 1 Satz 3 AStG ist überschritten. Die nach dem Außensteuergesetz insgesamt beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte des Klägers haben im Streitjahr mehr als 16.500 € betragen. Der Kläger hat im Streitjahr jedenfalls Einkünfte i.H.v. 18.447 € bezogen. Der Kläger hat u.a. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.H.v. 5.359 € und Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft abzüglich des Freibetrages i.H.v. 7.854 € erzielt, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist. Zudem hat der Kläger Einkünfte aus Kapitalvermögen i.H.v. 5.234 € erzielt. Dies folgt, unter mindernder Berücksichtigung des Sparer-Pauschbetrages i.S.d. § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG i.H.v. 801 €, neben den Bescheinigungen der Bank I und Bank II i.H.v. insgesamt 27 € aus dem Feststellungsbescheid vom 20.06.2017, mit dem das Finanzamt C die Einkünfte der I GbR festgestellt und dem Kläger Kapitalerträge, die dem Steuerabzug nach § 32d Abs. 1 EStG unterlegen haben, i.H.v. 6.008,57 € zugerechnet hat. Dieser Bescheid entfaltet als Grundlagenbescheid nach § 182 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO Bindungswirkung für den streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheid 2016 als Folgebescheid.
30a. Gemäß § 182 Abs. 1 Satz 1 AO sind Feststellungsbescheide, wie der Bescheid vom 20.06.2017, nach §§ 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a), 179 Abs. 1 AO, u.a. für Steuerbescheide bindend, soweit die in den Feststellungsbescheiden getroffenen Feststellungen für diese Folgebescheide von Bedeutung sind.
31Die Bindungswirkung eines Feststellungsbescheids bedeutet zum einen, dass das für den Erlass des Folgebescheids zuständige Finanzamt, im Streitfall der Beklagte, den im Bescheid festgestellten Betrag unverändert in den Folgebescheid übernehmen muss (dazu und zum Folgenden BFH, Urteil vom 19.02.2009 II R 8/06, juris). Zum anderen schließt die Bindungswirkung auch aus, dass über einen Sachverhalt, über den im Feststellungsverfahren entschieden ist, im Folgeverfahren in einem damit unvereinbaren Sinn anders entschieden wird. Es ist Sinn und Zweck des Feststellungsverfahrens, unterschiedliche Beurteilungen ein und desselben Sachverhalts im Feststellungsverfahren und im Folgeverfahren zu vermeiden. Der Grundlagenbescheid, im Streitfall der Feststellungsbescheid vom 20.06.2017, hat die Funktion, die in ihm festgestellten Besteuerungsgrundlagen in verbindlicher Weise dem Folgebescheid zuzuführen.
32Für die Bindungswirkung ist die Rechtmäßigkeit des Grundlagen- bzw. Feststellungsbescheides nicht erforderlich, d.h. die Bindung besteht auch dann, wenn feststeht, dass der Grundlagenbescheid rechtswidrig ist oder wenn er von der Behörde, die den Folgebescheid zu erlassen hat, für falsch gehalten wird (BFH, Urteile vom 19.11.1991 IX R 41/88, juris; vom 19.02.2009 II R 8/06, juris). Der Grundlagenbescheid kann nur von dem für diesen Bescheid zuständigen Finanzamt, im Streitfall dem Finanzamt C, geändert werden, wenn das Gesetz eine Korrektur zulässt.
33Der Umfang der Bindungswirkung eines (auch rechtswidrigen) Feststellungsbescheids bestimmt sich grundsätzlich nach dessen Verfügungssatz und damit danach, in welchem Umfang und mit welchem Inhalt die Behörde Besteuerungsgrundlagen in den Tenor dieses Verwaltungsakts aufgenommen hat (BFH, Urteil vom 16.06.2011 IV R 11/08, juris). Dieser ist wie der Inhalt eines jeden Bescheids in entsprechender Anwendung des § 133 Bürgerlichen Gesetzbuch danach zu bestimmen, wie der Empfänger nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung des Finanzamts unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste. Bindend sind sowohl die positiven als auch die negativen Feststellungen, auch die konkludenten negativen Feststellungen (BFH, Urteil vom 10.04.2014 III R 20/13, juris). Damit wird ausgeschlossen, dass über einen Sachverhalt, über den im Feststellungsverfahren entschieden worden ist, im Folgeverfahren in einem damit unvereinbaren Sinne anders entschieden wird. Der Wille des feststellenden Finanzamts, eine verbindliche Regelung treffen zu wollen, ist nicht entscheidend (BFH, Urteile vom 20.09.1989 X R 180/87, juris; vom 01.09.2005 II B 8/04, juris).
34b. Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Vorgaben hat das Finanzamt C mit dem Feststellungsbescheid vom 20.06.2017 für den Beklagten verbindlich festgestellt, dass der Kläger aufgrund seiner Beteiligung an der I GbR Einkünfte aus Kapitalvermögen, die dem Steuerabzug nach § 32d Abs. 1 EStG unterlegen haben, i.H.v. 6.008,57 € zuzurechnen sind. Dieser Feststellung ist jedenfalls konkludent zu entnehmen, dass diese Einkünfte aus Kapitalvermögen der Einkommensteuer unterliegende inländische Einkünfte sind.
35Die Entscheidung darüber, ob die Einkommensteuer für die Einkünfte aus ausländischen Kapitaleinkünften gemäß § 50 Abs. 2 i.V.m. § 50a EStG als abgegolten gelten, ist in dem Feststellungsverfahren gemäß §§ 179 ff. AO zu treffen, in dem ansonsten diese Einkünfte festzustellen wären (vgl. BFH, Urteil vom 23.10.1991 I R 86/89, juris); erfolgt keine solche Feststellung, liegen (ausschließlich) inländische Einkünfte aus Kapitalvermögen vor. Daraus folgt notwendig die Verbindlichkeit dieser (negativen) Feststellung für das Veranlagungsfinanzamt. Diese Zuweisung der Entscheidungskompetenz erscheint sachgerecht, weil das für die Feststellung der Einkünfte zuständige Finanzamt besser mit den Details und Einzelheiten der Kapitalerträge (beispielsweise Ansässigkeit des Kapitalschuldners, Belegenheit der die Kapitalforderung dinglich besichernden Vermögensgegenstände) im Hinblick auf § 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG vertraut ist als das Veranlagungsfinanzamt und mit der Entscheidung keine Ermittlung persönlicher und sachlicher Verhältnisse des Steuerpflichtigen außerhalb des Feststellungsverfahrens verbunden ist.
36Zudem folgt dies auch schon daraus, dass, entsprechend ihrer gesetzlichen Funktion, eine gesonderte Feststellung von Einkünften nur zulässig ist, wenn sie überhaupt für die Festsetzung der Einkommensteuer der an den Einkünften Beteiligten von Bedeutung sein kann. Dies folgt insbesondere aus § 179 Abs. 1 AO, wonach abweichend von § 157 Abs. 2 AO die Besteuerungsgrundlagen durch Feststellungsbescheid gesondert festgestellt werden, soweit dies gesetzlich bestimmt ist. Nach § 157 Abs. 2 AO bildet aber die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen einen unselbständigen Teil des Steuerbescheides. Die gesonderte Feststellung gemäß den §§ 179 ff. AO übernimmt somit (teilweise) eine Funktion, die sonst dem Steuerbescheid obliegen würde. Kann es indes zu keiner Steuerfestsetzung durch Steuerbescheid kommen, so bedarf es demgemäß keiner Entlastung des Steuerbescheides durch eine gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (BFH, Urteil vom 23.10.1991 I R 86/89, juris). Das Feststellungsfinanzamt hat sich auch deshalb mit der (Vor-)Frage, ob ein Feststellungsbeteiligter unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtig ist im Feststellungsverfahren zu befassen, weil § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a) AO gemäß § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AO nicht gilt, wenn nur eine der an den Einkünften beteiligten Personen mit ihren Einkünften im Geltungsbereich dieses Gesetzes einkommensteuerpflichtig oder körperschaftsteuerpflichtig ist (BFH, Urteil vom 24.02.1988 I R 95/84, juris).
373. Im Streitfall ist die Einkommensteuer nicht zutreffend nach § 32a Abs. 1 i.V.m. § 50 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 EStG i.V.m. § 2 Abs. 5 Satz 1 AStG i.V.m. § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG 2020 i.V.m. § 52 Abs. 46 Satz 1 EStG 2020 ermittelt worden. Der Beklagte hat die Vorgabe des § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG 2020 nicht beachtet. Der Beklagte hat unzutreffend die Einkommensteuer i.H.v. 8.349 € festgesetzt. Die Einkommensteuer beträgt richtigerweise 5.562 €.
38a. Der Beklagte hat unzutreffend ein zu versteuerndes Einkommen i.H.v. 21.865 € der Besteuerung zugrunde gelegt. Das zu versteuernde Einkommen beträgt im Streitfall 13.213 €.
39Ausgangspunkt der Berechnung sind die vom Kläger erzielten Einkünfte i.H.v. 18.447 €. Der Kläger hat im Streitjahr Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.H.v. 5.359 €, Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (abzüglich des Freibetrages gemäß § 13 Abs. 3 EStG) i.H.v. 7.854 € und Einkünfte aus Kapitalvermögen (abzüglich des Pauschbetrages gemäß § 20 Abs. 9) i.H.v. 5.234 € erzielt. Hinsichtlich der dem Kläger aufgrund seiner Beteiligung an der I GbR zugerechneten Einkünfte aus Kapitalvermögen ist nach den vorstehenden Ausführungen die Bindungswirkung des Bescheides vom 20.06.2017 zu beachten.
40Diesen Betrag hat der Beklagte zu Unrecht nach § 50 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 EStG um den Grundfreibetrag i.S.d. § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG i.H.v. 8.652 € erhöht. Eine Erhöhung um den Grundfreibetrag hat nach § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG 2020 nicht erfolgen dürfen. Nach dieser Norm ist, wenn für das um den Grundfreibetrag erhöhte zu versteuernde Einkommen ein besonderer Steuersatz nach § 2 Abs. 5 AStG gilt, dieser Steuersatz auf das zu versteuernde Einkommen anzuwenden. § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG 2020 soll eine Übermaßbesteuerung in Fällen vermeiden, in denen ein (erweitert) beschränkt Steuerpflichtiger neben inländischen Einkünften auch Einkünfte erzielt, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen (BT-Drs. 19/22850, S. 86). Zu diesem Zweck ist der sich u.a. aus § 2 Abs. 5 Satz 1 AStG ergebende besondere Steuersatz (nur) auf das zu versteuernde Einkommen anzuwenden (ebenso Loschelder, in Schmidt, EStG, 40. A., 2021, § 50, Rz. 13; Gosch, in: Kirchhof/Seer, EStG, 20. A., 2021, § 50, Rz. 14a); die Ermittlung des Steuersatzes erfolgt jedoch weiterhin unter erhöhender Berücksichtigung des Grundfreibetrages. Durch § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG 2020 wird geregelt, dass die Hinzurechnung des Grundfreibetrags bei einem Zusammentreffen mit dem Progressionsvorbehalt nur den Steuersatz des zu versteuernden inländischen Einkommens beeinflusst (BT-Drs. 19/22850, S. 86).
41Im Streitfall ist § 2 Abs. 5 AStG anzuwenden. Nach den vorstehenden Ausführungen ist § 2 Abs. 1 Satz 1 AStG anzuwenden.
42§ 50 Abs. 1 Satz 3 EStG 2020, der zwar bei Erlass des streitgegenständlichen Bescheides (noch) keine Geltung entfaltet hat, ist gemäß § 52 Abs. 46 Satz 1 EStG 2020 jedoch in allen offenen Fällen, wie auch den Streitfall, anzuwenden.
43Der Vorgabe des § 2 Abs. 5b EStG entsprechend ist der Betrag i.H.v. 18.447 € um die zuvor (zunächst) berücksichtigten, jedoch bereits dem gesonderten Steuersatz nach § 32d Abs. 1 EStG unterliegenden Einkünfte aus Kapitalvermögen i.H.v. 5.234 € zu vermindern.
44b. Auf das zu versteuernde Einkommen i.H.v. 13.213 € ist nach § 2 Abs. 5 Satz 1 AStG i.V.m. § 32a Abs. 1 EStG ein Steuersatz i.H.v. 32,20% anzuwenden. Dieser Steuersatz folgt aus dem für diese Zwecke maßgeblichen zu versteuernden Einkommen i.H.v. 85.716 €, wie auch insoweit zutreffend durch den Beklagten ermittelt.
45aa. Nach dem im Streitfall aufgrund der Anwendung des § 2 Abs. 1 Satz 1 AStG anwendbaren § 2 Abs. 5 Satz 1 AStG kommt der Steuersatz zur Anwendung, der sich für sämtliche Einkünfte des Klägers, d.h. das sog. Welteinkommen (siehe nur BVerfG, Beschluss vom 14.05.1986, 2 BvL 2/83, juris), ergibt.
46Ausgangspunkt der Berechnung ist nach den vorstehenden Ausführungen der Betrag i.H.v. 18.447 €.
47Dieser Betrag ist nach § 50 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 EStG um den Grundfreibetrag i.S.d. § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG i.H.v. 8.652 € zum Zwecke der Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes zu erhöhen. Dies gilt trotz § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG 2020. Die Ermittlung des Steuersatzes erfolgt weiterhin unter erhöhender Berücksichtigung des Grundfreibetrages. Durch § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG 2020 wird geregelt, dass die Hinzurechnung des Grundfreibetrags bei einem Zusammentreffen mit dem Progressionsvorbehalt nur den Steuersatz des zu versteuernden inländischen Einkommens beeinflusst (BT-Drs. 19/22850, S. 86). Entgegen der klägerischen Auffassung werden durch diese erhöhende Berücksichtigung des Grundfreibetrages nicht fiktive Einkünfte der Besteuerung unterworfen. Die Erhöhung des zu versteuernden Einkommens um den Grundfreibetrag ist nämlich rein technischer Natur (dazu und zum Folgenden FG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.07.2012, 3 K 4435/11, juris). Sie bezieht sich nur auf § 32a Abs. 1 EStG, also den Einkommensteuertarif, und wird durch die Abzugsbeträge nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 EStG wieder korrigiert. Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer ist weiterhin das zu versteuernde Einkommen (§ 2 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 EStG); diese Vorschrift bleibt durch § 50 Abs. 1 Satz 2 EStG unberührt. Die Hinzurechnung ist weiter Folge des Umstands, dass der Grundfreibetrag vom Gesetzgeber in den Tarifverlauf eingearbeitet worden ist und nicht vor Anwendung des Tarifs vom zu versteuernden Einkommen abgezogen wird. Mit seiner fiktiven Hinzurechnung wird lediglich erreicht, dass die deutsche Besteuerung bereits ab dem ersten Euro des im Inland zu versteuernden Einkommens (und nicht erst ab 8.652 €) mit dem Eingangssteuersatz einsetzt und sodann mit dem auch bei unbeschränkt Einkommensteuerpflichtigem geltenden Verlauf weitergeführt wird. Zweifel an der verfassungs- und unionsrechtlichen Vereinbarkeit des § 50 Abs. 1 Satz 2 EStG sind weder hinreichend qualifiziert vorgetragen worden noch ersichtlich; der erkennende Senat hält die Regelung für verfassungs- und unionsrechtskonform (ebenso FG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.07.2012, 3 K 4435/11, juris; FG Nürnberg, Urteil vom 10.01.2013, 6 K 1643/12, juris),
48Nach § 2 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 AStG ist der Betrag um die ausländischen Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit i.H.v. 63.851 € zu erhöhen.
49Nach § 2 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 AStG sind die nach dem insoweit bindenden Feststellungsbescheid Bescheid vom 20.06.2017 dem gesonderten Steuersatz nach § 32d Abs. 1 EStG unterliegenden Einkünfte aus Kapitalvermögen i.H.v. 5.234 € (weiterhin) unberücksichtigt zu lassen.
50bb. Auf den dementsprechend ermittelten Betrag i.H.v. 85.716 € hat der Beklagte zutreffend nach Maßgabe des § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, Satz 5 und 6 EStG die Einkommensteuer i.H.v. 27.606 € bzw. einen Steuersatz von 32,20% ermittelt.
51§ 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 EStG ist im Streitfall anwendbar gewesen, da das zu versteuernden Einkommen 85.716 € betragen hat. Dem eindeutigen Wortlaut des § 50 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 EStG ist entgegen der klägerischen Auffassung auch bei der Anwendung dieser Norm der Grundfreibetrag des § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG erhöhend zu berücksichtigen gewesen. § 50 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 EStG ordnet für die gesamte Anwendung des § 32a Abs. 1 EStG diese erhöhende Berücksichtigung an.
52Demnach berechnet sich die Einkommensteuer, jeweils in Euro, nach Maßgabe des § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 EStG wie folgt: 0,42 · x – 8.394,14. Nach § 32a Abs. 1 Satz 5 EStG ist dabei die Größe „x“ das auf einen vollen Euro-Betrag abgerundete zu versteuernde Einkommen, so dass sich im Streitfall folgende Einkommensteuerberechnung ergibt:
530,42 · 85.716 € - 8.394,14 = 27.606,58 €
54Unter Berücksichtigung § 32a Abs. 1 Satz 6 EStG, nach dem der sich ergebende Steuerbetrag auf den nächsten vollen Euro-Betrag abzurunden ist, ergibt sich eine Einkommensteuer i.H.v. 27.606 €.
55Hinsichtlich eines zu versteuernden Einkommens i.H.v. 85.716 € ergibt sich ein Steuersatz i.H.v. gerundet 32,20%.
56c. Bei Anwendung dieses Steuersatzes i.H.v. 32,20% unter Berücksichtigung von § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG auf das zu versteuernde Einkommen i.H.v. 13.213 € ergibt sich nach § 32a Abs. 1 Satz 6 EStG eine Einkommensteuer i.H.v. 4.254 €.
57d. Zusätzlich hierzu ist die bereits im Abzugsverfahren erhobene Steuer nach § 32d Abs. 1 EStG i.H.v. 1.308 € hinsichtlich der dem Kläger zuzurechnenden Kapitalerträge i.H.v. 5.234 € zu berücksichtigen.
58e. In dem streitgegenständlichen Bescheid wird die Einkommensteuer gemäß § 100 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 FGO mit 5.562 € festgesetzt.
594. Die Berechnung des Solidaritätszuschlages wird dem Beklagten nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO übertragen.
605. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO ausgehend von einem Streitwert i.H.v. 6.496,00 €. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.
616. Die Revision war nicht zuzulassen. Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.