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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Streitig ist, ob ein von der Klägerin gehaltener Sattelanhänger gemäß § 3 Nr. 8 Buchst. b des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) von der Kraftfahrzeugsteuer befreit ist.
3Die Klägerin ist seit dem 21.06.2017 Halterin des Anhängers mit dem amtlichen Kennzeichen xxx. Es handelt sich um einen Sattelanhänger, der am 10.08.1999 erstmals zum Straßenverkehr zugelassen wurde. Der Klägerin ist eine Gesellschaft und führt einen Schaustellerbetrieb. Die Klägerin hatte den Anhänger in gebrauchtem Zustand von einem Halter erworben, der nicht im Schaustellergewerbe tätig war. Ausweislich der Zulassungsbescheinigung Teil II war der Anhänger ursprünglich als „SANH PLANE U. SPRIEGEL“ zugelassen. Im Feld für die Fahrzeugklasse (Feld „J“) war die Schlüsselnummer 53 und im Feld für die Art des Aufbaus die Schlüsselnummer 0400 eingetragen. Das Fahrzeug verfügt über eine zulässige Gesamtmasse von 3,5 Tonnen (t).
4Die Klägerin beantragte im Rahmen der Anmeldung bei der Zulassungsbehörde die Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer. Eine Änderung der eingetragenen technischen Daten in den Zulassungsbescheinigungen erfolgte zunächst nicht.
5Ausweislich der dem Gericht vorliegenden Fotos von dem Fahrzeug ist der Anhänger mit einem Stahlgerüst ausgestattet, das mit der Bodenfläche des Anhängers fest verbunden ist. Auf dem Anhänger können Gegenstände gestapelt und mithilfe des Stahlgerüstes und Seilen gesichert werden. Zudem ist die Bodenfläche so beschaffen, dass zusätzlich ein „Kassenhäuschen“ montiert und befördert werden kann.
6Neben diesem Fahrzeug ist auf die Klägerin eine Vielzahl weiterer Fahrzeuge zugelassen, die nicht Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens sind.
7Mit Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 03.07.2017 setzte der Beklagte für das Fahrzeug mit dem Kennzeichen xxx Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit ab dem 21.06.2017 in Höhe von jährlich 373,00 € fest und behandelte das Fahrzeug als Sattelanhänger.
8Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein und machte geltend, dass es sich bei dem Anhänger um einen Packwagen im Gewerbe nach Schaustellerart handele. Der Packwagen sei nach § 3 Nr. 8 Buchst. b KraftStG von der Steuer befreit. Unstreitig sei der Anhänger zwar nicht im nationalen Typengenehmigungsverfahren mit der Fahrzeug- und Aufbauart „Schaustellerfahrzeug“ zugelassen. Jedoch stelle § 3 Nr. 8 Buchst. b KraftStG eine Ausnahmeregelung bzw. eine anderweitige Bestimmung i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG dar, weshalb eine Bindung an die Feststellungen der Zulassungsbehörden nicht bestehe. Kraftfahrzeugsteuerbefreiungen seien aus sich selbst heraus auszulegen und anzuwenden. Ob ein Packwagen im Gewerbe nach Schaustellerart vorliege, sei von dem zuständigen Hauptzollamt mangels Bindungswirkung eigenverantwortlich festzustellen. Die Vergleichbarkeit liege vor, wenn es sich um Anhänger handele, die nach ihrer Bauart und Einrichtung der Beförderung von Schaustellergeschäften oder deren Teilen geeignet oder bestimmt seien. Zur weiteren Begründung verweist die Klägerin auf die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 07.11.1989 – VII R 115/87, vom 22.09.1992 – VII R 45/92 und vom 25.04.2018 – III R 40/17 sowie auf das an den Deutschen Schaustellerbund e.V. gerichtete Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen --BMF-- vom 14.07.2017 (III B 5 – S 6105/97/10002).
9Mit Einspruchsentscheidung vom 12.11.2019 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus: Voraussetzung für die begehrte Steuerbefreiung sei, dass der Anhänger der Klägerin ein Packwagen sei. Diese Entscheidung treffe die Zulassungsbehörde, indem sie das Fahrzeug in eine entsprechende Fahrzeugklasse und Aufbauart einstufe. Grundlage hierfür sei das Verzeichnis zur Systematisierung von Kraftfahrzeugen und ihren Anhängern des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA-Verzeichnis), das jedes Fahrzeug einer Fahrzeugklasse und einer Aufbauart zuordne. Das Fahrzeug der Klägerin sei von der Zulassungsbehörde in die Fahrzeugklasse 53 und in die Aufbauart 0400 eingestuft worden. Nach dem KBA-Verzeichnis handele es sich somit um einen Sattelanhänger zur Lastenbeförderung, hier offener Kasten mit Plane und Spriegel. Eine spezifische Verwendung sei nicht festgelegt. Für Schaustellerwagen sehe das KBA-Verzeichnis eine besondere Einstufung vor. Packwagen über 2,5 t, hier Sattelanhänger, würden in die Fahrzeugklasse 84 und die Aufbauart 7300 eingestuft sowie regelmäßig als „SANH SCHAUSTELLERFZ PACKWAGEN UEB.2,5 T“ in Feld 5 der Zulassungsbescheinigung Teil I eingetragen. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die verkehrsrechtlichen Fahrzeugklassifizierungen seien nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG für die Finanzbehörden verbindlich. Das von der Klägerin erwähnte BMF-Schreiben beziehe sich – anders als im Streitfall – auf Packwagen ohne nationale Typengenehmigungen und sei nicht bindend. Die Klägerin habe keine Umschlüsselung ihres Fahrzeugs vornehmen lassen, so dass eine Steuerbefreiung nicht in Betracht komme.
10Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung vom 12.11.2019 Bezug genommen.
11Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie ist der Auffassung, dass eine Steuerbefreiung für Packwagen zu gewähren sei, solange diese ausschließlich dem Schaustellergewerbe dienen. Bei dem Anhänger im Streitfall handele es sich um einen solchen Packwagen. Eine Umschlüsselung würde ein Sachverständigengutachten erfordern, welches mit erheblichen unnötigen Kosten verbunden wäre. Der Sattelanhänger sei jedoch für die Zwecke des Transports von A-teilen hergerichtet. Es sei keine Voraussetzung, dass die Fahrzeuge von einem Schaustellerbetrieb verwendet würden. Es reiche aus, wenn die Wohnwagen und Packwagen ausschließlich dem Schaustellergewerbe dienten. Erst eine tatsächliche betriebsfremde Nutzung führe zu einem Entzug der Steuerbefreiung, nicht aber allein die Möglichkeit einer zweckfremden Nutzung. Zur weiteren Begründung hat die Klägerin ein Schreiben des BMF an den Deutschen Schaustellerbund vom 31.10.2016, ein Schreiben des Deutschen Schaustellerbundes an das BMF vom 04.07.2017 sowie eine E-Mail des BMF an den Deutschen Schaustellerbund vom 14.07.2017 vorgelegt, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.
12Bezüglich der vom Beklagten angesprochenen Möglichkeit der Umschlüsselung des Fahrzeugs trägt die Klägerin vor, dass ihr die Entscheidung des TÜVs über die Einordnung des Fahrzeugs willkürlich vorkomme. Es könne sein, dass unproblematisch ein Packwagen festgestellt werde. Es könne aber auch sein, dass der TÜV eine solche Einordnung nicht vornehme.
13Nachfolgend hat die Klägerin eine Zulassungsbescheinigung Teil I und eine Zulassungsbescheinigung Teil II, jeweils ausgestellt am 09.06.2021, vorgelegt. Darin sind nunmehr die folgenden technischen Daten für den streitgegenständlichen Anhänger eingetragen:
14Fahrzeugart: 84
15Aufbauart: 7300
16Bezeichnung der Fahrzeugklasse und des Aufbaus (Feld 5): SANH SCHAUSTELLERFZ PACKWAGEN UEB. 2,5 T
17Die Klägerin meint, dass die nunmehr eingetragenen Daten der Zulassungsbehörde rückwirkend ab Zulassung auf die Klägerin als Halterin verbindlich seien und die Kraftfahrzeugsteuerbefreiung rückwirkend zu gewähren sei. Die Umschreibung der Fahrzeugpapiere sei ohne großen Aufwand möglich gewesen. Die Nutzung des Fahrzeugs sei in den letzten Jahren unverändert gewesen.
18Die Klägerin beantragt,
19den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 03.07.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.11.2019 aufzuheben,
20hilfsweise,
21die Revision zuzulassen.
22Der Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Er verbleibt bei seiner Auffassung, dass die Steuerbefreiung vorliegend erst ab dem Zeitpunkt der Umschlüsselung zu gewähren sei und verweist zur weiteren Begründung auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Eine rückwirkende Gewährung der begehrten Steuerbefreiung sei nicht möglich, da die nunmehr verbindlichen Daten der Zulassungsbehörde erst am 09.06.2021 eingetragen worden seien. Auch in dem von der Zulassungsbehörde übermittelten Datenauszug, der dem Gericht vorliegt, sei als Zeitpunkt der Änderung der Steuer das Datum 09.06.2021 angegeben worden.
25In der mündlichen Verhandlung haben die Vertreter des Beklagten zugesagt, unabhängig von der dort besprochenen Frage des von der Klage erfassten Streitzeitraums einen Änderungsbescheid zu erlassen, in dem die Steuerbefreiung für den Zeitraum ab dem 09.06.2021 gewährt wird (s. das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 23.09.2021).
26Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte Bezug genommen.
27E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
28A. Die Klage ist unbegründet.
29I. Da der Beklagte bisher keinen neuen Kraftfahrzeugsteuerbescheid erlassen hat, ist Gegenstand des Klageverfahrens der angefochtene Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 03.07.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.11.2019. Mit diesem wurde die Kraftfahrzeugsteuer ab dem 21.06.2017 unbefristet festgesetzt. Der Streitzeitraum, über den das Gericht zu befinden hat, beginnt mit dem 21.06.2017 und endet nach Auffassung des Senats mit der Bekanntgabe der vom 12.11.2019 datierenden Einspruchsentscheidung.
30Macht der Steuerpflichtige – wie im Streitfall – eine fortlaufende und jedenfalls der Sache nach bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung reichende anderweitige Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer geltend, stellt sich die Frage, über welchen Streitzeitraum im gerichtlichen Verfahren zu entscheiden ist. Zwar ist der Entrichtungszeitraum der Kraftfahrzeugsteuer nach § 11 KraftStG auf die Dauer eines Jahres festgelegt. Die Steuer entsteht hierbei nach § 6 KraftStG bei fortlaufenden Entrichtungszeiträumen mit Beginn des jeweiligen Entrichtungszeitraums. Jedoch wird die Kraftfahrzeugsteuer nach § 12 KraftStG – wenn nicht der Zeitpunkt der Beendigung der Steuerpflicht feststeht – unbefristet festgesetzt. Diese unbefristete Festsetzung wirkt als Dauerverwaltungsakt dann sowohl für den aktuellen Entrichtungszeitraum als auch fortlaufend für die nachfolgenden Entrichtungszeiträume.
31Der Senat hält es angesichts dessen für zutreffend, diejenigen Grundsätze, die nach der Rechtsprechung des BFH für den Streitgegenstand bei finanzgerichtlichen Klageverfahren über Kindergeld gelten, auch auf die vorliegende Konstellation im Bereich der Kraftfahrzeugsteuer zu übertragen. Nach der Rechtsprechung des BFH ist bei der Ablehnung oder der Aufhebung einer Festsetzung von Kindergeld der Streitgegenstand und damit der Streitzeitraum grundsätzlich auf die Monate bis zur Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung beschränkt (vgl. etwa BFH-Urteile vom 22.12.2011 III R 41/07, BFHE 236, 144, BStBl II 2012, 681, unter II.2., zu einer Ablehnung, und vom 05.07.2012 V R 58/10, BFH/NV 2012, 1953, unter II.1., zu einer Aufhebung). Die Bindungswirkung (i.S. einer bei fehlender Anfechtung eintretenden Bestandskraft) eines Bescheids der vorgenannten Art reiche nur bis zu diesem Zeitpunkt als Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung. Der Kindergeldanspruch könne daher in zeitlicher Hinsicht nur insoweit in zulässiger Weise zum Gegenstand einer gerichtlichen Kontrolle gemacht werden. Im Hinblick auf die von der Verfassung vorgegebene Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 des Grundgesetzes) sei es die Aufgabe der Gerichte, das bisher Geschehene oder Unterlassene auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen, nicht jedoch, der Verwaltung zustehende Funktionen auszuüben (vgl. etwa BFH-Urteile in BStBl II 2012, 681, unter II.2.b, und vom 19.10.2017 III R 25/15, BFH/NV 2018, 546, unter 1.c). Eine entsprechende Klage gegen einen solchen Bescheid ist dementsprechend grundsätzlich dahin auszulegen, dass sie nicht über den zulässigen Streitgegenstand hinausgeht (vgl. etwa BFH-Urteil vom 25.09.2014 III R 56/13, BFH/NV 2015, 206, unter II.1.c und 2.b aa).
32Nach Auffassung des Senats erweisen sich diese Grundsätze auch für die vorliegende Konstellation im Bereich der Kraftfahrzeugsteuer als zutreffend. Der Beklagte hat unter Ablehnung der von der Klägerin geltend gemachten Steuerbefreiung die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit ab 21.06.2017 unbefristet festgesetzt. Über den für die Steuerbefreiung relevanten Sachverhalt kann der Beklagte aber nur bis zum Zeitpunkt seiner letzten Entscheidung – hier der Einspruchsentscheidung – befunden haben. Nur bis zu diesem Zeitpunkt kann daher die entsprechende behördliche Entscheidung und die zugrunde liegende Beurteilung vom Gericht überprüft werden. Für zukünftige Zeiträume müsste das Gericht erstmals eine entsprechende Beurteilung treffen. Für den Streitfall wirkt sich die vorgenannte Auffassung des Senats so aus, dass im vorliegenden Klageverfahren nicht über die zwischen den Beteiligten unstreitige, jedoch noch nicht durch Erlass eines Änderungsbescheids umgesetzte Steuerbefreiung ab dem 09.06.2021 zu entscheiden ist, da dieser Zeitraum nicht mehr zum Streitzeitraum gehört. Der Beklagte wird aber – wie er in der mündlichen Verhandlung zugesagt hat – nachfolgend einen entsprechenden Änderungsbescheid erlassen.
33II. Der Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 03.07.2017 und die Einspruchsentscheidung vom 12.11.2019 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Anhänger der Klägerin mit dem Kennzeichen xxx für den Streitzeitraum nicht nach § 3 Nr. 8 Buchst. b KraftStG von der Steuer befreit war.
341. Nach § 3 Nr. 8 Buchst. b KraftStG ist das Halten von Wohnwagen und Wohnmobilen jeweils mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3 500 Kilogramm und Packwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2 500 Kilogramm im Gewerbe nach Schaustellerart, solange sie ausschließlich dem Schaustellergewerbe dienen, von der Steuer befreit.
35Der Anhänger der Klägerin ist kein solcher begünstigter Packwagen im Gewerbe nach Schaustellerart i.S. des § 3 Nr. 8 Buchst. b KraftStG. Dies steht aufgrund der Feststellungen der Zulassungsbehörde bindend fest.
36a. Seit dem Verkehrsteueränderungsgesetz vom 05.12.2012 (BGBl I 2012, 2431) ist die Feststellung von Fahrzeugklassen und Aufbauarten durch die Zulassungsbehörde gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG für Zwecke der Kraftfahrzeugsteuer verbindlich. Die durch die Zulassungsbehörde in den Fahrzeugpapieren dokumentierte Feststellung bezüglich Fahrzeugklasse und Aufbauart stellt insoweit einen Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 der Abgabenordnung (AO) dar, an den die Zollverwaltung bei der Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer gemäß § 182 Abs. 1 Satz 1 AO gebunden ist, soweit nicht eine gesetzliche Regelung etwas anderes bestimmt, so z.B. § 18 Abs. 12 KraftStG in der bis zum 22.10.2020 geltenden Fassung (vgl. zum Ganzen BFH-Urteil vom 21.02.2019 - III R 20/18, BFHE 264, 517, BFH/NV 2019, 1031; und BFH-Urteil vom 12.11.2020 - IV R 36/19, BFH/NV 2021, 652).
37Die Zulassungsbehörden stellen die Fahrzeugklasse und die Aufbauart entsprechend dem „Verzeichnis zur Systematisierung von Kraftfahrzeugen und ihren Anhängern“ des Kraftfahrtbundesamts (KBA-Verzeichnis) fest. Das KBA-Verzeichnis dient der einheitlichen Erfassung der gemäß § 6 Abs. 7 Nr. 1 und Nr. 7 Buchst. a der Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr (Fahrzeug-Zulassungsverordnung) in den Fahrzeugregistern zu speichernden und in den Fahrzeugpapieren zu erfassenden Daten. In diesem Verzeichnis sind im Abschn. A unter Teil A 1A die von den Zulassungsbehörden verwendeten EG-Fahrzeugklassen und in Teil A 1B die nationalen Fahrzeug- und Aufbauarten ausgewiesen (vgl. BFH in BFH/NV 2021, 652, und in BFHE 264, 517, BFH/NV 2019, 1031).
38Übertragen auf den Streitfall bedeutet dies, dass der Anhänger der Klägerin als Sattelanhänger und nicht als Packwagen im Gewerbe nach Schaustellerart i.S.v. § 3 Nr. 8 Buchst. b KraftStG zu behandeln ist. Denn laut Zulassungsbescheinigung Teil I ist der Anhänger xxx bis zum Zeitpunkt der Umschlüsselung am 09.06.2021 verkehrsrechtlich als Sattelanhänger mit Plane und Spriegel (Fahrzeugklasse 53, Aufbauart 0400) klassifiziert (vgl. dazu KBA-Verzeichnis, Stand: Juli 2021, Teil A 1B, S. 53). Für „Schaustellerwagen“ und dort „Packwagen“ über 2,5 t sieht das KBA-Verzeichnis eine eigene Einstufung vor (vgl. KBA-Verzeichnis, Stand: Juli 2021, S. 68).
39Da das KraftStG keine eigenständigen und von der Bindungswirkung nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG abweichenden Regelungen zur Bestimmung von Packwagen enthält, ist der Beklagte kraftfahrzeugsteuerrechtlich an die Einordnung des Anhängers der Klägerin als „Sattelanhänger“ (bis zum 08.06.2021) gebunden.
40b. Der angefochtene Kraftfahrzeugsteuerbescheid ist nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO erst zu ändern, wenn für den Halter des Fahrzeugs ein entsprechender Feststellungsbescheid vorgelegt wird, sofern auch die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer gegeben sind. Ist dies der Fall, so ist der Kraftfahrzeugsteuerbescheid – ggf. auch rückwirkend – ab dem Zeitpunkt zu ändern, ab dem nach dem Feststellungsbescheid die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung vorliegen (vgl. BFH-Urteil vom 10.02.2021 - IV R 38/19, BFHE 272, 160, BFH/NV 2021, 1037). Da im Streitfall die Zulassungsbehörde den Anhänger der Klägerin nicht rückwirkend ab dem Tag der – ursprünglichen – Zulassung auf die Klägerin umgeschlüsselt und als „Schaustellerfahrzeug Packwagen“ eingetragen hat, sondern erst mit Aushändigung der neuen Zulassungsbescheinigungen am 09.06.2021, kann die begehrte Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 8 Buchst. b KraftStG frühestens ab dem 09.06.2021 gewährt werden.
41c. Soweit die Klägerin auf die Urteile des BFH vom 07.11.1989 (Aktenzeichen VII R 115/87), vom 22.09.1992 (Aktenzeichen VII R 45/92) und vom 25.04.2018 (Aktenzeichen III R 40/17) verweist, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn in den genannten Entscheidungen ging es nicht um die Frage, ob die Eintragungen in den Zulassungsbescheinigungen für die steuerliche Einordnung eines Sattelanhängers – wie des der Klägerin – verbindlich sind.
422. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die festzusetzende Kraftfahrzeugsteuer für den Streitzeitraum unzutreffend berechnet hat, haben sich nicht ergeben. Der anzuwendende Steuersatz richtet sich nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 KraftStG. Danach beträgt die festzusetzende Steuer für Kraftfahrzeuganhänger – wie im Streitfall – höchstens 373,24 €.
43B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
44C. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Sowohl die Frage des maßgeblichen Streitzeitraums bei Konstellationen der vorliegenden Art als auch die Frage, ob sich die Bindungswirkung nach § 2 Abs. 2 KraftStG auf die Einordnung als Packwagen im Gewerbe nach Schaustellerart i.S.v. § 3 Nr. 8 Buchst. b KraftStG erstreckt, erscheinen klärungsbedürftig.
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