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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
2Streitig ist, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass beim Ersterwerb eines Familienwohnheims Grunderwerbsteuer anfällt.
3Die Kläger sind Eheleute und haben mit notariellem Vertrag vom 25.05.2018 ein Grundstück in N-Stadt zum Kaufpreis von 420.000 EUR je zu einem hälftigen Miteigentumsanteil erworben (Urkundenrolle Nummer xxx des Notars Q., N-Stadt).
4Für den Erwerb haben die Kläger Baukindergeld bei der L. beantragt und erhalten seitdem pro Kind 1.200 EUR pro Jahr; die Förderung ist auf zehn Jahre begrenzt.
5Der Beklagte setzte mit zwei Bescheiden vom 21.06.2018 Grunderwerbsteuer in Höhe von jeweils 13.650 EUR fest.
6Einkommensteuerlich werden die Kläger zusammen veranlagt.
7Mit am 24.07.2018 eingegangenen Einsprüchen machten die Kläger geltend, die Festsetzung der Grunderwerbsteuer sei verfassungswidrig.
8- Sie, die Kläger, hätten im Jahr 2018 als Lehrer zusammen ca. 75.000 EUR brutto und 60.000 EUR netto verdient. Für den Kauf des 1952 errichteten Hauses mit 108 Quadratmetern Wohnfläche hätten sie 27.300 EUR Grunderwerbsteuer zahlen müssen. Darin liege ein Verstoß gegen das Übermaßverbot, weil die Steuern (Einkommen- und Grunderwerbsteuer) im Jahr 2018 über der Hälfte des Einkommens gelegen hätten. Vom verbleibenden Restbetrag hätten zudem noch unvermeidbare Kosten (etwa für Energie- und Wasserverbrauch und Kinderbetreuung) bezahlt werden müssen.
9- Die Grunderwerbsteuer verletze die durch Art. 14 des Grundgesetzes (GG) gewährleistete Freiheit der Vermögensbildung.
10- Die Grunderwerbsteuer verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 GG, weil der Ersterwerb eines Eigenheims mit dem Erwerb von Zweitwohnungen, Ferienwohnungen und Wohnungen zur Kapitalanlage gleichgesetzt werde, obwohl die Sachverhalte nicht vergleichbar seien.
11- Im Fehlen von Freibeträgen für Kinder liege ein Verstoß gegen Art. 6 GG. Dies gelte umso mehr, als bei Abgeordneten im Rahmen der Einkommensbesteuerung eine steuerfreie Pauschale in Höhe von 52.000 EUR vorgesehen sei. Wenn zur Rechtfertigung dieser Pauschale die Vermutung genüge, dass tatsächlich Ausgaben angefallen seien, müsse erst recht eine Differenzierung zwischen kinderlosen Erwerbern und solchen mit Kindern erfolgen.
12- Die Grunderwerbsteuer verstoße gegen das Prinzip der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet, weil die Steuersätze einzelner Bundesländer erheblich voneinander abwichen. Die Immobilienpreise und die Nebenkosten machten die Ausübung der Niederlassungsfreiheit für untere und mittlere Einkommensgruppen fast unmöglich.
13- Der Gesetzgeber müsse zudem auf die Entwicklungen am Immobilienmarkt reagieren. Abgesehen von der Mietpreisbremse habe der Gesetzgeber darauf aber nicht reagiert. Das Baukindergeld sei nicht geeignet, die erwähnten Verstöße zu beheben. Die Grunderwerbsteuer sei angesichts der Kostensteigerungen für Erwerber und damit indirekt auch für Mieter nicht nur wirtschafts- und sozialpolitisch verfehlt, sondern verfassungswidrig.
14Mit Einspruchsentscheidungen vom 17.01.2019 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Die Verwaltung sei verpflichtet, die Steuern nach Maßgabe der Gesetze festzusetzen, nicht, die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen zu überprüfen.
15Mit der am 15.02.2019 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Ziel weiter. Sie ergänzen ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren wie folgt:
16Soweit der II. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) die Grunderwerbsteuer für verfassungsmäßig gehalten habe, sei diese Rechtsprechung überholt. Die Bundesländer hätten den Steuersatz auf bis zu 6,5 % angehoben. Darüber hinaus sei es zu erheblichen Preissteigerungen gekommen. Die Grunderwerbsteuereinnahmen hätten sich seit 2010 fast verdreifacht. Das Einkommen der Normalverdiener sei demgegenüber nur um 40 % gestiegen. Die Grunderwerbsteuer führe zu einem hohen Eigenkapitalbedarf beim Immobilienerwerb. Sie, die Kläger, hätte die Immobilie nur mit Hilfe eines Bankdarlehens und Zuschüssen der Eltern erwerben können. Zahlreiche Berufsgruppen könnten sich kein Grundeigentum in der Stadt leisten, in der sie arbeiteten. Der Steuersatz kollidiere auch mit den Grundsätzen einer amtsangemessenen Besoldung.
17Mit Blick auf den allgemeinen Gleichheitssatz sei es verfassungswidrig, dass Immobilienfirmen der Grunderwerbsteuer mittels sogenannter Share Deals ausweichen könnten.
18Die abweichenden Steuersätze in verschiedenen Bundesländern stünden im Gegensatz zur Residenzpflicht einzelner Berufsgruppen.
19Die Grunderwerbsteuer führe in einem „toxischen Dreiklang“ mit Preissteigerungen und Maklercourtage samt sonstiger Nebenkosten zu einer erdrosselnden Wirkung, wie Studien belegten:
20- In einer Studie der Deutschen Bundesbank werde darauf hingewiesen, dass die Wohneigentumsquote in Deutschland mit 45 % innerhalb der OECD am zweitniedrigsten sei. Dabei spiele die Wohnungspolitik eine wichtige Rolle, weil diese Anreize für das Mieten schaffe. Nach der Studie hätte die Senkung der Grunderwerbsteuer signifikant positive Auswirkungen auf die Wohnungseigentumsquote. Die Wohnungseigentumsquote korrespondiere zudem im internationalen Vergleich mit der Nettovermögensungleichheit. Die Bundesbank habe diese Ergebnisse in einer späteren Studie bestätigt.
21- Ein Gutachten des Instituts der Deutschen Wirtschaft habe festgestellt, dass die Wohnungseigentumsquote in den Jahren 2010 bis 2017 in der Gruppe der 35- bis 44-Jährigen gefallen und bei über 65-Jährigen gestiegen sei. Auch sei die Quote bei Selbständigen gestiegen und bei Beamten gefallen. Dies zeige, dass insbesondere junge Familien Schwierigkeiten hätten, Immobilien zu erwerben. Die Studie nenne als Ursache den hohen Eigenkapitalbedarf. Der Ersterwerber habe im Jahr 2000 einen um 40 % über dem Durchschnitt liegendes Einkommen gehabt, im Jahr 2017 um fast 80 % höher.
22- Das Institut IZA Institute of Labor Economics komme in einer Studie zum Ergebnis, dass sich die Wohnungseigentumsquote auf einkommensstärkere Haushalte konzentriere.
23Die Tatsache, dass sie, die Kläger, die Immobilie nur mit Unterstützung der Eltern und eines Bankkredit hätten erwerben können, zeige, dass ein Immobilienerwerb keine hohe wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Käufers anzeige.
24Die Grunderwerbsteuer behandle auch Käufer und Verkäufer ungleich. Der Grundstücksverkäufer müsse Vermögenszuwächse nach zehn Jahren nicht versteuern; der kreditfinanzierende Käufer müsse hingegen Grunderwerbsteuer zahlen.
25Die Politik habe die Entwicklungen am Immobilienmarkt erkannt, ergreife aber keine ernstgemeinten Maßnahmen.
26Trotz des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers und des Fehlens eines Verfassungsrechtssatzes, dass alle Steuern nur unter Berücksichtigung existenzsichernder Freibeträge erhoben werden dürften, gelte dies bei der Grunderwerbsteuer nur eingeschränkt. Denn bei anderen Steuern werde das Existenzminimum unmittelbar oder mittelbar gesichert. Die Umsatzsteuer werde bei der Bemessung staatlicher Sozialleistungen berücksichtigt und greife deshalb nicht in das Existenzminimum ein. Die Einkommensteuer sehe entsprechende Freibeträge vor. Zwar seien nicht alle Steuern aufeinander abzustimmen; das BVerfG (BVerfG) fordere aber, dass staatliche Entscheidungen „möglichst richtig“ seien (BVerfGE 68, 1, 82). Dies verlange ein gewisses Maß an Rationalität, Folgerichtigkeit und Nachvollziehbarkeit. Auf die Fehlentwicklung auf dem Immobilienmarkt müsse der Gesetzgeber reagieren. Die Mietpreisbremse stelle eine solche Reaktion dar. Für junge Familien, die ein angemessenes Eigenheim erwerben wollten, fehlten solche Regelungen. Das Baukindergeld genüge nicht, unter anderem weil es die Eigenkapitalanforderungen nicht verringere.
27Die Kläger beantragen,
281. die Grunderwerbsteuerbescheide vom 21.06.2018 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidungen vom 17.01.2019 dahin zu ändern, dass die Grunderwerbsteuer jeweils auf 0 EUR festgesetzt wird,
292. das Klageverfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob die Vorschriften des Grunderwerb-steuergesetzes, auch in Verbindung mit § 1 Abs. 1 des Gesetzes des Landes Nordrhein-Westfalens über die Festsetzung des Steuersatzes für die Grunderwerbsteuer vom 25.07.2011 in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 18.12.2014, mit dem Grundgesetz, insbesondere mit Artikel 3 Abs. 1, 6 Abs. 1, 14 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG, insofern vereinbar sind, als diese Vorschriften keine Begünstigung für den Erwerb eines Familienwohnheims vorsehen,
30hilfsweise, die Revision zuzulassen.
31Der Beklagte beantragt,
32die Klage abzuweisen.
33Er verweist auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
34Die Sache ist am 13.02.2020 vor dem Berichterstatter erörtert und am 20.08.2020 vor dem Senat mündlich verhandelt worden. Auf die Sitzungsniederschriften wird Bezug genommen.
35Entscheidungsgründe
36Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide und die Einspruchsentscheidungen sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die angewandten Normen des GrEStG verstoßen insbesondere nicht gegen das Grundgesetz.
37I.
38Wie zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig ist, entspricht der Bescheid den Vorschriften des GrEStG. Der Kaufvertrag vom 25.05.2018 unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer, weil er einen Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks begründet. Der Beklagte hat die Steuer zutreffend gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG nach der Gegenleistung in Höhe von jeweils 210.000 EUR und einem Steuersatz von 6,5 % (§ 11 Abs. 1 GrEStG, Art. 105 Abs. 2a Satz 2 GG, § 1 Abs. 1 des Gesetzes des Landes Nordrhein-Westfalens – NRW – über die Festsetzung des Steuersatzes für die Grunderwerbsteuer vom 25.07.2011, Gesetz- und Verordnungsblatt NRW 2011, S. 389, in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 18.12.2014, Gesetz- und Verordnungsblatt NRW 2014, 954) bemessen.
39II.
40Der Senat hält die angewandten Vorschriften nicht für verfassungswidrig. Die Regelungen zur Höhe des Steuersatzes verstoßen weder für sich genommen noch im Zusammenspiel mit anderen Regelungen des GrEStG und anderer Gesetze gegen das Grundgesetz.
411.
42Die Vorschriften des GrEStG und die angefochtenen Bescheide sind nicht deshalb verfassungswidrig, weil die steuerliche Gesamtbelastung der Kläger im Jahr 2018 50 % ihres Einkommens übersteigt.
43Zwar hat das BVerfG in seiner Entscheidung zur Verfassungswidrigkeit der Vermögensteuer (Beschluss vom 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BStBl. II 1995, 655, BVerfGE 93, 121) aus Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 GG abgeleitet, dass die Vermögensteuer zu den übrigen Steuern auf den Ertrag nur hinzutreten dürfe, soweit die steuerliche Gesamtbelastung des Sollertrages bei typisierender Betrachtung von Einnahmen, abziehbaren Aufwendungen und sonstigen Entlastungen in der Nähe einer hälftigen Teilung zwischen privater und öffentlicher Hand verbleibe. In späteren Entscheidungen hat das BVerfG aber klargestellt, dass dieser Rechtsprechung keine Belastungsobergrenze zu entnehmen ist, die unabhängig von der Steuerart der Vermögensteuer Geltung beanspruchen könnte (BVerfG, Beschluss vom 18.01.2006, 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97; BVerfG, Beschluss vom 18.02.2009, 1 BvR 1334/07, HFR 2009, 611). Der Halbteilungsgrundsatz findet daher auch im Hinblick auf die Grunderwerbsteuer keine Anwendung (BFH, Beschluss vom 11.10.2006, II B 22/06, BFH/NV 2007, 274; zustimmend Pahlke, GrEStG, Einleitung Rn. 14).
442.
45Die Vorschriften des GrEStG verstoßen nach der Überzeugung des Senats auch nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG.
46a)
47Anders als die Kläger meinen, enthält Art. 14 Abs. 1 GG kein Grundrecht der „Freiheit der Vermögensbildung“. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nur Rechtspositionen, die einem Rechtssubjekt bereits zustehen, nicht aber in der Zukunft liegende Chancen des Eigentumserwerbs oder des Vermögensaufbaus (BVerfG, Beschluss vom 22.01.1997, 2 BvR 1915/91, BVerfGE 95, 173; Maunz/Dürig/Papier/Shirvani, GG, Art. 14 Rn. 353; Beck‘scher Online-Kommentar GG/Axer, Art. 14 Rn. 24).
48b)
49Die Grunderwerbsteuer wirkt zudem (auch bei einem Steuersatz von 6,5 % und fehlenden Freibeträgen für den Ersterwerb eines Familienwohnheims) nicht übermäßig belastend.
50Unter den Schutz der Eigentumsgarantie fallen alle vermögenswerten Rechte, die dem Berechtigten von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet sind, dass er die damit verbundenen Befugnisse nach eigener Entscheidung zu seinem privaten Nutzen ausüben darf. Der Schutz der Eigentumsgarantie bleibt mithin immer an einzelne Rechtspositionen gebunden, schützt also nicht das Vermögen als Ganzes, das keine Rechtsposition, sondern nur den Inbegriff aller geldwerten Güter einer Person darstellt (ständige Rechtsprechung des BVerfG, vgl. nur Beschluss von 08.04.1997, 1 BvR 48/94, BVerfGE 95, 267 m.w.N.). Die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG bietet keinen umfassenden Schutz gegen den Steuerzugriff des Staates, sondern nur gegen eine Besteuerung, die den Betroffenen übermäßig belastet und seine Vermögensverhältnisse so grundlegend beeinträchtigt, dass ihr erdrosselnde Wirkung zukommt. Eine übermäßige, erdrosselnde Belastung kann – auch unabhängig von den Vermögensverhältnissen des Einzelnen – eintreten, wenn eine Steuer der Höhe nach dazu führt, das die besteuerte Tätigkeit zum Erliegen kommt, weil sie durch die Steuer wirtschaftlich unmöglich wird, der fiskalische Zweck der Steuer also faktisch in ein Verbot der Tätigkeit „umschlägt“, an die der Steuerzugriff geknüpft ist (BVerfG, Beschluss vom 01.04.1971, 1 BvL 22/67, BVerfGE 31, 8; BVerfG, Beschluss vom 17.07.1974, 1 BvR 51/69, BVerfGE 38, 61; vgl. auch BFH, Beschluss vom 17.06.1998, II B 33/98, BFH/NV 1999, 76; BVerwG, Urteil vom 15.10.2014, 9 C 8/13, BVerwGE 150, 225 m.w.N.). Einen weitergehender Schutz gegen steuerliche Zugriffe gewährt Art. 14 Abs. 1 GG nach der Rechtsprechung des 2. Senats des BVerfG, wenn Geldleistungen (wie im Einkommen- oder Gewerbesteuerrecht) an den Erwerb vermögenswerter Rechtspositionen anknüpfen (BVerfG, Beschluss vom 18.01.2006, 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97).
51Der Vorgang, an die die Grunderwerbsteuer anknüpft, ist der Verkehr mit Grundstücken (Rechtsverkehrsteuer; vgl. auch Pahlke, GrEStG, Einleitung Rn. 16; Boruttau/Fischer, GrEStG, 18. Aufl. 2016 [Vorauflage], vor § 1 Rn. 59). Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab für die Frage der übermäßigen Belastung ist (nur) die erdrosselnde Wirkung der Steuer. Da (bei grunderwerbsteuerbaren Tatbeständen, die an einen vertraglichen Grundstückserwerb anknüpfen) nicht nur der Erwerber eines Grundstücks Schuldner der Grunderwerbsteuer ist, sondern auch der Veräußerer (§ 13 Nr. 1 GrEStG), knüpft die Grunderwerbsteuer rechtstechnisch nicht an den Hinzuerwerb vermögenswerter Rechtspositionen an.
52Die Grunderwerbsteuer macht den Verkehr mit Grundstücken (auch bei einem Steuersatz von 6,5 %) nicht wirtschaftlich unmöglich. Zweifellos greift die Besteuerung in den Grundstücksverkehr ein und dürfte den Grundstücksverkehr aller Wahrscheinlichkeit nach behindern. Dieser Eingriff in die freie wirtschaftliche Betätigung liegt „in der Natur einer jeden Steuer“ (BVerfG, Beschluss vom 01.04.1971, 1 BvL 22/67, BVerfGE 31, 8). Selbst wenn man aber – über die Vorgaben des BVerfG hinausgehend – schon diesseits eines völligen Erliegens des Grundstücksverkehrs eine übermäßige Belastung sehen wollte, liegt diese jedenfalls nicht bei einem Steuersatz von 6,5 %. Hierzu lassen sich zum einen die Sätze der Maklercourtage als Vergleich heranziehen (ebenso Pahlke, GrEStG, Einleitung Rn. 16; BFH, Beschluss vom 22.06.2010 – II R 4/09 –, BFH/NV 2010, 1661). Die durchschnittliche Maklercourtage liegt in vielen Regionen – unter anderem in Nordrhein-Westfalen (zur örtlich bezogenen Betrachtungsweise vgl. BVerwG, Urteil vom 14.10.2015, 9 C 22/14, BVerwGE 153, 116) – über einem Satz von 6,5 % vgl. den Artikel „Immobilienmakler“ in der Wikipedia). Auch international ist ein Steuersatz von 6,5 % (auch für den Ersterwerb eines Familienwohnheims) nicht ungewöhnlich (vgl. die vergleichende Darstellung der Steuersätze und Steuervergünstigungen bei Wischott/Adrian, Grunderwerbsteuer – ein internationaler Vergleich zwischen Deutschland, USA und EU-Staaten, 2019, Seite 3 ff.). Zum anderen kann auch – dem für Grundstücksverkäufe anwendbaren Gedanken der Grunderwerbsteuer als Sonderumsatzsteuer Rechnung tragend (vgl. Boruttau/Fischer, GrEStG, 18. Aufl. 2016 [Vorauflage], vor § 1 Rn. 162) – der Umsatzsteuersatz als Vergleichsmaßstab herangezogen werden. Diesen Vergleich legt vor allem die Regelung des § 4 Nr. 9 Umsatzsteuergesetz nahe, die mit Grunderwerbsteuer belastete Umsätze von der Umsatzsteuer befreit. Zwar ist der Vergleich mit dem Umsatzsteuersatz nicht uneingeschränkt aussagekräftig, etwa wegen des fehlenden Vorsteuerabzugs oder der Steuerpflicht unabhängig von der Unternehmereigenschaft des Verkäufers. Dennoch kann ein Grunderwerbsteuersatz auf Einfamilienhäuser, der unter dem ermäßigten Umsatzsteuersatz zurückbleibt, nicht als erdrosselnd angesehen werden.
533.
54Es liegt auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor.
55Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Genauere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber den Gleichheitssatz verletzt, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur in Bezug auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen. Je nach Regelungsgegenstand, Differenzierungsmerkmalen und insbesondere den Auswirkungen auf die Ausübung von Freiheitsgrundrechten unterliegen Differenzierungen unterschiedlichen Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Willkür liegt nicht schon vor, wenn der Gesetzgeber nicht die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung wählt, wohl aber, wenn eine Regelung tatsächlich und eindeutig unangemessen in Bezug auf den zu ordnenden Gesetzgebungsgegenstand ist, die ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, weil ein einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung fehlt (ständige Rechtsprechung; vgl. jüngst BVerfG, Beschluss vom 19.11.2019, 2 BvL 22/14, HFR 2020, 174 mit zahlreichen w.N.).
56Der Steuergesetzgeber ist an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit und das Gebot, die Besteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten, gebunden. Dabei genießt der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstands und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Unter dem Gebot möglichst gleichmäßiger Belastung der betroffenen Steuerpflichtigen muss die Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands folgerichtig im Sinne von belastungsgleich erfolgen (ständige Rechtsprechung; vgl. jüngst BVerfG, Beschluss vom 19.11.2019, 2 BvL 22/14, HFR 2020, 174 mit zahlreichen w.N.). Die Entscheidung des Gesetzgebers über die Auswahl des Steuergegenstands und die Höhe des Steuersatzes ist verfassungsrechtlich nur darauf zu überprüfen, ob es für die getroffene Unterscheidung einen sachlichen Grund gibt, der so erheblich ist, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht als willkürlich angesehen werden kann (BVerfG, Beschluss vom 15.01.2008 – 1 BvL 2/04 –, BVerfGE 120, 1 m.w.N.).
57Ob die Einbeziehung einer Personengruppe oder eines Sachverhalts in den Anwendungsbereich eines Steuergesetzes zur Auswahl und damit zur Bestimmung des Umfangs des Steuergegenstandes zählt – mit der Folge, dass dem Gesetzgeber ein weiter Spielraum zusteht – oder ob dies eine Frage der Differenzierung innerhalb des Steuergegenstandes ist – mit der Folge einer engeren Bindung des Gesetzgebers an die Grundsätze der Folgerichtigkeit und Belastungsgleichheit –, muss in Ansehung der konkreten Umstände des in Rede stehenden Steuergegenstandes und der betreffenden Vergleichsgruppen entschieden werden. Dabei kommt es regelmäßig wesentlich darauf an, inwieweit die Gruppe oder der Sachverhalt, um deren oder dessen Einbeziehung es geht, durch Merkmale geprägt ist, die gerade den Steuergegenstand, dessen Ausgestaltung in Frage steht, unter dem Gesichtspunkt des steuerbaren Vorteils kennzeichnen (BVerfG, Beschluss vom 15.01.2008 – 1 BvL 2/04 –, BVerfGE 120, 1).
58a)
59Nach dieser Maßgabe ist der Gleichheitssatz nicht dadurch verletzt, dass der Grundstückserwerb der Kläger überhaupt in den Anwendungsbereich des Grunderwerbsteuergesetzes einbezogen ist. Die Einbeziehung der Kläger als Teil der Gruppe „Ersterwerber eines Familienwohnheims“ in die Grunderwerbbesteuerung fällt in den Bereich der Bestimmung des Steuergegenstands mit der Folge, dass der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum hat. Diese Gruppe unterscheidet sich zwar von anderen Erwerbern – etwa Erwerbern ohne Kinder, Erwerbern eines Ferienwohnheims oder Erwerber einer nicht zu Wohnzwecken genutzten Immobilien – dadurch, dass der Erwerb eines Familienwohnheims (auch) dem existentiellen Bedürfnis „Wohnen“ dient und die Unterhaltsverpflichtungen gegenüber den Kindern die Leistungsfähigkeit der Erwerber reduzieren. Diese Unterschiede sind aber im Hinblick auf die Merkmale, die den Steuergegenstand unter dem Gesichtspunkt des steuerbaren Vorteils kennzeichnen, nicht wesentlich. Der Steuergegenstand der Grunderwerbsteuer ist der Verkehr mit Grundstücken. Der steuerbare Vorteil, an den die Grunderwerbsteuer anknüpft, ist die sich an der Beteiligung an einem Akt des Grundstücksverkehrs offenbarende Leistungsfähigkeit. Der Gesetzgeber ist (bei einer auf Grundstückserwerbe beschränkten Betrachtung) davon ausgegangen, dass sich im Erwerb eines Grundstücks eine gewisse steuerliche Leistungsfähigkeit offenbart (Bundestag-Drucksache 8/2555, Seite 7; Bundestag-Drucksache 9/251, Seite 12; zustimmend Boruttau/Fischer, GrEStG, 18. Aufl. 2016 [Vorauflage], vor § 1 Rn. 142). Da im Fall eines Grundstücksverkaufs auch der Verkäufer Schuldner der Grunderwerbsteuer ist (§ 13 Nr. 1 GrEStG), geht der Gesetzgeber offensichtlich davon aus, dass auch die Veräußerung eines Grundstücks eine gewisse Leistungsfähigkeit indiziert. Das den steuerbaren Vorteil kennzeichnende Merkmal „Beteiligung an einem Akt des Grundstücksverkehrs“ trifft auch auf die Gruppe „Ersterwerber eines Familienwohnheims“ zu.
60Der Gesetzgeber hat den ihm zustehenden weiten Gestaltungsspielraum bei der Bestimmung des Steuergegenstands nicht überschritten. Die mit der Auswahl des Steuergegenstands einhergehenden Unterscheidungen, die die Kläger als verfassungswidrige Ungleichbehandlungen ansehen, können sich auf sachliche Gründe stützen, die so erheblich ist, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht als willkürlich angesehen werden können.
61- Nicht zur Verfassungswidrigkeit führt zunächst der Einwand der Kläger, ihr Immobilienerwerb indiziere keine hohe wirtschaftliche Leistungsfähigkeit an, weil er nur mit Unterstützung der Eltern habe realisiert werden können. Die gesetzgeberische Grundentscheidung, Vorgänge des Grundstücksverkehrs zu besteuern, bewegt sich innerhalb des weiten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums.
62Grundsätzlich steht das Leistungsfähigkeitsprinzip der Besteuerung von Umsatz, Verkehr- und Verbrauchsvorgängen, die die private Vermögensverwendung belasten, nicht entgegen (BVerfG, Beschluss vom 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BStBl II 1995, 655, BVerfGE 93, 121; BVerfG, Beschluss vom 08.01.1999, 1 BvL 14/98, BStBl II 1999, 152). Es entbehrt zudem nicht jeder sachlichen Rechtfertigung, im Grundstückserwerb eine besondere Leistungsfähigkeit zu vermuten. Insbesondere trifft der Einwand der Kläger, wegen der Unterstützung durch Eltern und Großeltern und der Erforderlichkeit eines Bankkredits sei ihre vermeintlich im Grundstückserwerb zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit in Wahrheit gar nicht vorhanden, nur zum Teil zu. Zwar ist zutreffend, dass die Leistungsfähigkeit der Kläger nicht der eines gedachten Käufers entspricht, der das Grundstück aus eigenem Vermögen (ohne Unterstützung Dritter und ohne Kreditfinanzierung) erwirbt. Der Gesetzgeber ist aber auch nur von einer „gewissen“, nicht von einer sozusagen punktgenauen Widerspiegelung der Leistungsfähigkeit ausgegangen. Eine gewisse Leistungsfähigkeit liegt dem Grundstückserwerb aber zugrunde: Die Steuer trifft diejenigen, die erwerben können, weil sie tatsächlich über mehr (und sei es von Dritten – häufig schenkungsteuerfrei – überlassenes) Vermögen zum Immobilienerwerb verfügen als diejenigen, die mangels eigenen Vermögens und Unterstützung durch Dritte kein Grundeigentum erwerben können. Dies gilt auch für Fälle wie den Streitfall, in denen (wie häufig) ein Bankkredit in Anspruch genommen wurde; denn auch die Kreditwürdigkeit kann (mittelbar) als Indikator für die Leistungsfähigkeit herangezogen werden. Diese sachlichen Gründe sind nicht offensichtlich unzutreffend, sodass die Auswahl des Steuergegenstands nicht als willkürlich angesehen werden kann.
63- Es verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz, dass der Ersterwerbs eines Familienwohnheims in gleicher Weise zur Grunderwerbsteuer herangezogen wird wie der Erwerb von Grundeigentum zu Anlagezwecken oder als Zweit- oder Ferienwohnung.
64Die Gleichbehandlung dieser ungleichen Sachverhalte ist unmittelbarer Ausfluss der Ausgestaltung der Grunderwerbsteuer als Rechtverkehrsteuer. Der Gesetzgeber hat seinen ihm diesbezüglich zustehenden weiten Entscheidungsspielraum nicht verlassen. Ausgehend von der grundlegenden gesetzgeberischen Belastungsentscheidung ist es eine folgerichtige Entscheidung, diese Erwerbsvorgänge in gleicher Weise zu besteuern. Die Belastungsentscheidung entbehrt auch nicht jeder Sachgesetzlichkeit, weil sich – wie oben dargelegt –auch beim Erwerb von Grundeigentum zu Wohnzwecken eine besondere Leistungsfähigkeit annehmen lässt. Eine mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip (und nicht mit sozial- oder wirtschaftspolitischen Erwägungen) begründete Differenzierung könnte allenfalls eine (degressive) Staffelung anhand der Höhe des Kaufpreises oder Grundbesitzwertes rechtfertigen (vgl. die Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 13.09.2018, Einzelfragen zur Grunderwerbsteuer, WD 4 - 3000 - 129/18, Seite 6).
65- Der Einwand, die Grunderwerbsteuer behandle Käufer und Verkäufer ungleich, verfängt schon deshalb nicht, weil Steuerschuldner nach § 13 Nr. 1 GrEStG die an einem Erwerbsvorgang als Vertragsteile beteiligten Personen, also Käufer und Verkäufer sind. Käufer und Verkäufer haften als Gesamtschuldner (Pahlke, GrEStG, § 13 Rn. 35 m.w.N.). Es sind daher beide, Käufer und Verkäufer, in den Anwendungsbereich der Grunderwerbsteuer einbezogen.
66Dass in der Praxis regelmäßig der Käufer die Grunderwerbsteuer trägt, ist der Vertragsgestaltung geschuldet. Wenn der Käufer – wie regelmäßig – die Grunderwerbsteuer im Innenverhältnis im Kaufvertrag übernimmt, muss das Finanzamt seine Entscheidung, nur den Käufer als Schuldner heranzuziehen, nicht begründen (Pahlke, ebd m.w.N.).
67Für die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Grunderwerbsteuer ist es im Übrigen unerheblich, ob der Verkäufer im Rahmen der Einkommensteuer einen etwaigen Veräußerungsgewinn versteuern muss oder ob dieser (etwa nach Ablauf der sog. Spekulationsfrist) ohne Steuerbelastung vereinnahmt werden kann.
68- Nicht zu beanstanden ist schließlich die Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes auf 6,5 %. Insbesondere liegt diesbezüglich kein Verstoß gegen das Folgerichtigkeitsprinzip vor, weil der Steuersatz sich nicht aus einer dem GrEStG innewohnenden Sachgesetzlichkeit ableiten lässt (vgl. BFH, Beschluss vom 17.06.1998, II B 33/98, BFH/NV 1999, 76).
69Abgesehen davon wird die Belastung der Kläger durch die Grunderwerbsteuer in ganz überwiegendem Umfang durch den Bezug des Baukindergelds reduziert (vgl. zur Eigenheimlage BFH, Beschluss vom 22. Juni 2010 – II R 4/09 –, BFH/NV 2010, 1661). Das Baukindergeld beträgt über den gesamten Bezugszeitraum für zwei Kinder bei 1.200 EUR pro Kind pro Jahr insgesamt 24.000 EUR; die Grunderwerbsteuerbelastung der Kläger betrug 27.300 EUR. Der Vortrag der Kläger, Familien mit niedrigem und mittlerem Einkommen werde der Erwerb eines Familienwohnheims durch die Grunderwerbsteuer verunmöglicht, geht vor dem Hintergrund, dass das Baukindergeld gerade diese Gruppe bei Erwerb eines Familienwohnheims (mit einem, je nach Kinderanzahl und Kaufpreis, die Grunderwerbsteuer potentiell sogar übersteigenden Betrag) unterstützt, ins Leere. Insbesondere ist es nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber, wie die Kläger es begehren, eine Förderung des Erwerb eines Familienwohnheims in das Grunderwerbsteuergesetz integrieren müsste; es ist nicht sachwidrig, die einkommensabhängige Wohnraumförderung außerhalb des Grunderwerbsteuerrechts zu regeln (BFH, Beschluss vom 17.06.1998 – II B 33/98 – BFH/NV 1999, 76; BFH, Beschluss vom 22. Juni 2010 – II R 4/09 –, BFH/NV 2010, 1661, jeweils zur Eigenheimzulage).
70Mit Blick auf die Grunderwerbsteuer ruft es auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken hervor, dass das Baukindergeld nicht als gesetzlicher Anspruch ausgestaltet wurde, sondern als – im Zuge der Zustimmung zum Haushaltsgesetz 2018 gesetzgeberisch gebilligter (BGBl. I 2018, Seite 1126, Kapitel 0604 Titel 893 05 -411 12.07.2018) – Investitionszuschuss des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat.
71b)
72Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung folgt auch nicht, wie die Kläger meinen, daraus, dass „Immobilienfirmen“ der Grunderwerbsteuer mittels sog. Share Deals ausweichen können.
73Der Senat kann offenlassen, ob die Erfassung von Rechtsvorgängen, die Veränderungen im Gesellschafterbestand grundbesitzhaltender Gesellschaften betreffen, zur Auswahl des Steuergegenstands oder zu dessen Ausgestaltung gehören. Der BFH geht (zu § 1 Abs. 3 GrEStG a.F.) davon aus, dass die Erfassung gesellschaftsrechtlicher Vorgänge ebenso wie die Tatbestände des § 1 Abs. 1 GrEStG Vorgänge erfassen soll, die auf den Erwerb eines bisher einem anderen (Rechtsträger) gehörenden Grundstücks dienen und zu diesem Zweck Grundstückserwerbe fingiert, was dafür spricht, die Einbeziehung gesellschaftsrechtlicher Vorgänge zur Auswahl des Steuergegenstands zu zählen. Andererseits geht der BFH davon aus, dass dadurch Steuerumgehungen verhindert werden sollen, was für eine vom „eigentlichen“ Steuergegenstand abweichende Ausnahmevorschrift und somit für eine Zuordnung zur Ausgestaltung des Steuergegenstands spricht (BFH, Urteil vom 26.07.1995 – II R 68/92 –, BStBl. II 1995, 736).
74Selbst wenn aber eine Zuordnung zu Ausgestaltung des Steuergegenstands und somit einer engere Bindung an den Gleichheitssatz geboten wäre, wäre der Gleichheitssatz nicht verletzt. Die Ansicht der Kläger, die gesetzliche Erfassung gesellschaftsrechtlicher Vorgänge ginge nicht weit genug und sei deshalb als strukturelles Vollzugsdefizit anzusehen, trifft nicht zu. Zwar kann aus dem Gleichheitssatz eine Pflicht folgen, Möglichkeiten für Umgehungsgestaltungen im Gesetz zu vermeiden (BVerfG, Urteil vom 10.04.2018, 1 BvR 1236/11, BVerfGE 138, 136; vgl. auch Tappe, Stellungnahme an den Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen des Deutschen Bundestags, Ausschussdrucksache 19(24)058). Im Rahmen der Grunderwerbsteuer ist allerdings festzustellen, dass nicht jeder Übergang von Anteilen an einer grundbesitzhaltenden Gesellschaft der Umgehung der Grunderwerbsteuerbelastung dient. Insofern muss der Gesetzgeber entscheiden, welche Fälle des Anteilserwerbs er wie eine Grundstücksübertragung und welche Fälle er als „normale“ Anteilsübertragungen nicht als grunderwerbsteuerbar einstuft (vgl. Tappe, ebd.). Bei dieser Entscheidung steht dem Gesetzgeber ein Einschätzungs- und Typisierungsspielraum zu. Dass der Gesetzgeber diesen überschritten hätte, ist nicht ersichtlich. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber die Möglichkeiten von Gestaltungen, mit denen Grunderwerbsteuer vermieden werden soll, durch mehrere Änderungen des Grunderwerbsteuerrechts zur Einbeziehung gesellschaftsrechtlicher Vorgänge in grundbesitzhaltenden Gesellschaften zunehmend verkleinert hat und der Gesetzgeber gegenwärtig weitere dahingehende Änderungen beabsichtigt.
75c)
76Auch aus dem Fehlen von den Vorschriften zur Mietpreisbremse gleichkommenden Vorschriften als Reaktion auf steigende Immobilienpreise ist keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung abzuleiten. Die Auffassung der Kläger, es sei ein Verfassungsrechtssatz des Inhalts verletzt, dass gesetzgeberische Entscheidungen über ein gewisses Maß an Rationalität, Folgerichtigkeit und Nachvollziehbarkeit verfügen müssten, trifft nicht zu. Zwar fordert das BVerfG etwa bei der Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen, die in Abweichungen vom Folgerichtigkeitsprinzip bestehen, hinreichende sachliche Gründe (BVerfG, Urteil vom 09.12.2008, 2 BvL 1/07, BVerfGE 122, 210 zur Pendlerpauschale). Verfolgt der Gesetzgeber ein Konzept zum Ausgleich verschiedener grundrechtlicher Belange, ist es verfassungswidrig, wenn dieses Konzept nur für einzelne Grundrechtsträger zur Minderung grundrechtlicher Belastungen Ausnahmen zulässt, für andere, ebenso stark betroffene Grundrechtsträger aber nicht (BVerfG, Urteil vom 30.07.2008, 1 BvR 3262/07, BVerfGE 121, 317 zum Nichtraucherschutz).
77Der Grunderwerbbesteuerung der Kläger liegt kein mangelhaft umgesetztes gesetzgeberisches Konzept zugrunde. Insbesondere kann aus der von den Klägerin genannten Einführung der sog. Mietpreisbremse kein gesetzgeberisches Gesamtkonzept zur Minderung von Fehlentwicklungen auf dem Immobilienmarkt abgeleitet und der Ausschluss von Kaufimmobilien für eigene Wohnzecke als sachlich nicht begründet angesehen werden. Der Erwerb eines Grundstücks ist vom Regelungsbereich der Vorschriften zur Mietpreisbremse nicht erfasst. Der Kauf eines Grundstücks ist auch nicht mit der Miete einer Wohnung auf eine Weise vergleichbar, die es sachlich unbillig erscheinen ließe, Preissteigerungen am Mietmarkt entgegenzuwirken, Preissteigerungen am Immobilienmarkt hingegen nicht. Zwar können sowohl Kauf als auch Miete Wohnzwecken dienen; der Kauf dient aber daneben auch dem Vermögensaufbau. Zudem wird nur der Kauf regelmäßig kreditfinanziert, wobei den Preissteigerungen auf dem Immobilienmarkt sinkende Zinsen gegenüberstehen. Zudem gehört zwar das Wohnen zu den existentiellen Lebensbedürfnissen, nicht aber das Wohnen im eigenen Haus (vgl. Boruttau/Fischer, GrEStG, 18. Aufl. 2016 [Vorauflage], vor § 1 Rn. 157).
78Es trifft auch nicht zu, dass in allen anderen Steuerarten der existentielle Bedarf der Familie des Steuerpflichtigen durch Freibeträge berücksichtigt würde und die Grunderwerbsteuer somit ein allgemeines steuerpolitisches Konzept verletzt. Es gibt kein allgemeines, steuerartenübergreifendes Konzept zur Freistellung des Existenzminimums, das das GrEStG verletzen könnte. Die Freistellung des Existenzminimums wird vielmehr nur im Einkommensteuerrecht uneingeschränkt gewährleistet. Indirekt wird (allerdings nur für unbeschränkt Einkommensteuerpflichtige) auch im Umsatzsteuerrecht dem Existenzminimum Rechnung getragen, weil die Umsatzsteuer in die einkommensteuerlichen Freibeträge „eingepreist“ sind (Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, Einführung Rn. 439). Weitere Steuerarten, die den existentiellen Bedarf freistellen, gibt es nicht.
794.
80Es liegt auch kein Verstoß gegen Art. 6 GG vor, weil die Grunderwerbsteuer keine Freibeträge für Kinder vorsieht.
81Zwar ist aus Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, 20 Abs. 2 GG und dem allgemeinen Gleichheitssatz das Gebot abzuleiten, das Einkommen des Bürgers jedenfalls insoweit steuerfrei zu stellen, als dieser es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen eines menschenwürdigen Daseins für sich und seine Familie benötigt (Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums, vgl. jüngst BVerfG, Beschluss vom 19.11.2019, 2 BvL 22/14, HFR 2020, 174). Dieses auf die Einkommensbelastung bezogene Gebot gilt allerdings nicht allgemein; es gibt „keinen Verfassungsrechtssatz des Inhalts …, daß alle Steuern (nur) unter Berücksichtigung existenzsichernder Freibeträge erhoben werden dürfen“ (BVerfG, Beschluss vom 08.01.1999, 1 BvL 14/98, BStBl II 1999, 152).
82Nichts anderes ergibt sich zuletzt aus dem von den Klägerin angeführten Vergleich mit der steuerfreien Abgeordnetenpauschale nach § 3 Nr. 12 Einkommensteuergesetz. Die Kläger meinen, aus der Rechtsprechung des BVerfG, wonach die Abgeordnetenpauschale gerechtfertigt sei, weil der tatsächliche Anfall dieser Kosten „vermutet“ werde (BVerfG, Beschluss vom 26.07.2010, 2 BvR 2227/08, HFR 2010, 1108), müsse erst recht eine Differenzierung zwischen kinderlosen Erwerbern und solchen mit Kindern erfolgen. Das BVerfG hat die Steuerfreiheit der Abgeordnetenpauschale aber nicht damit „gerechtfertigt“, dass der tatsächliche Anfall dieser Kosten zu vermuten sei, sondern die diesbezügliche Vermutung des Gesetzgebers dem Grunde nach als nicht offensichtlich unzutreffend und durch Vereinfachungszwecke, nämlich Abgrenzungsschwierigkeiten beim Einzelnachweis mandatsbedingter Aufwendungen, als sachlich begründet angesehen und über die Höhe der Abgeordnetenentschädigung aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht entschieden. Vor diesem Hintergrund ergeben sich aus dem Urteil des BVerfG zur Abgeordnetenpauschale keine für die Kläger günstigen Rechtsfolgen, zumal die Entscheidung des BVerfG die Einkommensteuer betrifft.
835.
84Die Grunderwerbsteuer verletzt nicht das in Art. 11 Abs. 1 GG gewährte Recht auf Freizügigkeit. Art. 11 Abs. 1 GG gewährt das Recht, unbehindert durch die deutsche Staatsgewalt an jedem Ort innerhalb des Bundesgebiets Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen und auch zu diesem Zweck in das Bundesgebiet einzureisen. Der Schutzbereich der Freizügigkeit begründet keinen Anspruch darauf, dass der Aufenthalt an einem bestimmten Ort aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht mit Konsequenzen verbunden ist, die zu dem Entschluss veranlassen können, von einem Aufenthalt abzusehen. Mittelbare oder faktische Beeinträchtigungen können nur dann einen zu rechtfertigenden Eingriff in die Freizügigkeit darstellen, wenn sie in ihrer Zielsetzung und Wirkung einem normativen und direkten Eingriff gleichkommen (BVerfG, Beschluss vom 17.02.2010, 1 BvR 529/09, HFR 2010, 648 m.w.N.). Wie das BVerfG mit Blick auf Zweitwohnungssteuern entschieden hat, ist für den Bereich der Festsetzung von Abgaben regelmäßig die Qualität eines Eingriffs zu verneinen, solange diese Abgaben nicht eine ähnliche Wirkung wie ein striktes Verbot des Nehmens von Aufenthalt oder Wohnsitz haben (BVerfG, ebd.).
85Es kann offenbleiben, ob der von den Klägern geltend gemachte Anspruch auf grunderwerbsteuerfreie Wohnsitznahme überhaupt vom Schutzbereich des Art. 11 Abs. 1 GG umfasst ist. Jedenfalls liegt kein Eingriff vor, weil die Grunderwerbsteuer einem Verbot des Nehmens von Aufenthalt oder Wohnsitz nicht gleichkommt.
866.
87Schließlich verletzt die Grunderwerbsteuer auch nicht die allgemeine Handlungsfreiheit. Art. 2 Abs. 1 GG ist zwar das Gebot zu entnehmen, nur im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung zu Steuerleistungen herangezogen zu werden, also auch nicht mit Steuern belastet zu werden, die übermäßig belasten. Die Grenze der übermäßigen Belastung wird jedoch nicht enger gezogen als von Art. 14 Abs. 1 GG (BFH, Beschluss vom 17.06.1998, II B 33/98, BFH/NV 1999, 76 m.w.N. aus der Rechtsprechung des BVerfG; zu Art. 14 Abs. 1 GG siehe oben unter II. 2.).
887.
89Die Grunderwerbsteuer und die den Ländern im Grundgesetz in Art. 105 Abs. 2a Satz 2 GG eröffnete Möglichkeit, den Steuersatz der Grunderwerbsteuer zu bestimmen, sind nicht wegen Verstoßes gegen ein Prinzip der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfassungswidrig. Das Ziel der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse gibt es lediglich im Rahmen des Art. 72 Abs. 2 GG, wo es als zusätzliche Schranke für die Ausübung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes fungiert (BVerfG, Urteil vom 24.10.2002 – 2 BvF 1/01 – BVerfGE 106, 62). Davon abgesehen ist darauf hinzuweisen, dass die Verfassungsmäßigkeit eines Landesgesetzes – hier § 1 Abs. 1 des Gesetzes des Landes Nordrhein-Westfalens – NRW – über die Festsetzung des Steuersatzes für die Grunderwerbsteuer vom 25.07.2011 in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 18.12.2014 – grundsätzlich nicht deshalb in Zweifel gezogen werden kann, weil das Landesgesetz von verwandten Regelungen in anderen Bundesländern oder im Bund abweicht (BVerfG, Beschluss vom 16.03.1983, 1 BvR 1077/80, HFR 1983, 227). Der Senat sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass für die Grunderwerbsteuer eine Ausnahme von diesem Grundsatz zu machen ist.
908.
91Ein Verfassungsverstoß ergibt sich auch nicht aus einem verfassungsrechtlichen Gebot, dass staatliche Entscheidungen „möglichst richtig“ sein sollen, wie die Kläger mit Hinweis auf das Urteil des BVerfG vom 18.12.1984 (2 BvE 13/83, BVerfGE 68, 1) meinen. Keineswegs hat das BVerfG damit die sozial- oder wirtschaftspolitische Zweckmäßigkeit gesetzgeberischen Handelns unter verfassungsgerichtliche Kontrolle gestellt. Das BVerfG hat in jenem Verfahren vielmehr nur entschieden, dass es einen Kernbereich exekutivischer Eigenverantwortung gebe, der nicht durch einen umfassenden Parlamentsvorbehalt unterlaufen werden dürfe. Dazu leitet es aus dem Gewaltenteilungsprinzip das Ziel ab, dass Entscheidungen „möglichst richtig“, also von „den Organen getroffen werden, die dafür nach ihrer Organisation, Zusammensetzung, Funktion und Verfahrensweise über die besten Voraussetzungen verfügen“. Daraus können die Kläger gerade nicht (ohne dies auf die Verletzung konkreter Verfassungsnormen zu stützen) ableiten, dass die Entscheidung über die Grunderwerbsteuerbarkeit nicht vom Gesetzgeber, sondern vom Verfassungsgericht getroffen wird.
929.
93Zuletzt führt es nicht zur Verfassungswidrigkeit grunderwerbsteuerlicher Vorschriften, dass diese in einem Wertungswiderspruch zur Residenzpflicht stünden (Gedanke der Einheit der Rechtsordnung). Das BVerfG hat im Urteil vom 07.05.1998 (2 BvR 1991/95, BVerfGE 98, 106) entschieden, der Gesetzgeber dürfe keine steuerlichen Lenkungszwecke verfolgen, die im Widerspruch zu den Wertungen des primär zuständigen Sachgesetzgebers stünden. Die Kläger haben schon nicht dargetan, dass sie residenzpflichtig sind. Selbst wenn man eine Residenzpflicht unterstellt, verstößt die Grunderwerbsteuer nicht gegen den Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung. Die Grunderwerbsteuer verfolgt als solche keinen Lenkungszweck. Das BVerfG hat im Übrigen entschieden, dass die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer keine gleichheitswidrige Belastung residenzpflichtiger Steuerpflichtiger darstellt, weil die Zweitwohnungsteuer die im Mieten einer Zweitwohnung zu vermutende Leistungsfähigkeit unabhängig von den individuellen finanziellen Mitteln und Zwecksetzungen besteuern solle (BVerfG, Beschluss vom 17.02.2010, 1 BvR 2664/09, HFR 2010, 651). Dies gilt entsprechend für die Erhebung der Grunderwerbsteuer.
94Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
95Die Revision war nicht zuzulassen. Die zugrunde liegenden Rechtsfragen sind höchstrichterlich geklärt, sodass die Rechtssache weder Fragen grundsätzlicher Bedeutung aufwirft noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO).