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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
2Streitig ist, ob das Grundstück M-Straße in N-Stadt zum Verwaltungsvermögen im Sinne von § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (- ErbStG -) in der am 01.07.2013 geltenden Fassung(- ErbStG a. F. -) gehört.
3An der mit Gesellschaftsvertrag vom 26.03.2013 gegründeten Klägerin waren bis zum maßgeblichen Stichtag, dem 01.07.2013, der Beigeladene D. C. sowie dessen Eltern, K. und X. C., jeweils mit einer Einlage in Höhe von 1.000 Euro als Kommanditisten beteiligt. Komplementärin der Klägerin ist die N-GmbH, deren Gesellschafter bis zum 01.07.2013 die Eltern des Beigeladenen jeweils mit einem Geschäftsanteil im Nennbetrag von 12.500 Euro waren. Zum Sonderbetriebsvermögen der Klägerin gehört das streitgegenständliche Grundstück M-Straße, N-Stadt, welches bis zum 01.07.2013 im hälftigen Miteigentum der Eltern des Beigeladenen stand.
4Das streitgegenständliche Grundstück M-Straße, N-Stadt, ist mit Lagerhallen und einem Bürotrakt bebaut und wurde von den Eltern des Beigeladenen bereits vor dem 01.07.2013 an die N-GmbH vermietet.
5Am 01.07.2013 übertrugen die Eltern des Beigeladenen jeweils Kommanditanteile an der Klägerin in Höhe von 250 Euro unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf den Beigeladenen. Am selben Tag erhöhten die Eltern des Beigeladenen ihre Kommanditeinlagen um jeweils 750 Euro. Die drei Kommanditisten sind seither jeder mit einer Einlage in Höhe von 1.500 Euro an der Klägerin beteiligt.
6Ebenfalls am 01.07.2013 übertrugen die Eltern des Beigeladenen im Wege der vorweggenommen Erbfolge unentgeltlich jeweils 25 v. H. ihres Miteigentumsanteils am streitgegenständlichen Grundstück sowie jeweils 25 v. H. ihres Geschäftsanteils an der N-GmbH auf den Beigeladenen.
7Mit gewerblichem Mietvertrag vom 20.11.2006 vermietete die N-GmbH das Grundstück an die O-GmbH, eine Gesellschaft des Konzerns der C-AG, weiter. Nach § 2 des Vertrags begann das Mietverhältnis am 01.11.2006 und endete am 30.06.2009. Sofern der Vertrag nicht mit einer Frist von sechs Monaten vor Ablauf gekündigt wurde, verlängerte sich der Vertrag bis zum 30.11.2011. Zusätzlich räumte der Vertrag dem Mieter eine Option zur Verlängerung des Mietvertrags um zweimal drei Jahre, beginnend ab dem 01.12.2011, ein. Nach § 3 des Vertrags wurde das Mietobjekt zum Lagern von Rohstoffen, Offsetpapier und gegebenenfalls Halbfabrikaten und zu allen damit im Zusammenhang stehenden Nebenarbeiten überlassen. § 9 des Vertrags gestattete dem Mieter die Untervermietung oder Unterverpachtung, die dann nicht genehmigungs-, sondern nur anzeigepflichtig war, wenn sie an andere Konzerngesellschaften der C-AG erfolgte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Mietvertrag vom 20.11.2006 Bezug genommen.
8Zusätzlich wurde zwischen der N-GmbH und der O-GmbH am 20.12.2007 ein Dienstleistungsvertrag über die Lagerbewirtschaftung der überlassenen Fläche durch die N-GmbH abgeschlossen. Nach § 9 des Dienstleistungsvertrags begann dieser Vertrag am 01.05.2007 und endete ebenfalls am 30.06.2009. Anschließend sollte sich der Vertrag jeweils um ein Jahr verlängern, sofern er nicht mit einer Frist von drei Monaten vor Ablauf gekündigt wurde. § 1 des Dienstleistungsvertrags enthielt den Hinweis, dass das Lager auf dem Grundstück von der O-GmbH angemietet wurde; ein weiterer Bezug zum Mietvertrag war nicht enthalten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Dienstleistungsvertrag vom 20.12.2007 Bezug genommen.
9Der Miet- und der Dienstleistungsvertrag wurden in der Folge mehrfach, insbesondere wie folgt, geändert:
10Mit der Änderungsvereinbarung vom 08.02.2011 wurde § 9 des Dienstleistungsvertrags unter anderem dahingehend geändert, dass dieser bis zum 30.11.2011 laufen und eine Verlängerung des Vertrags analog zum Mietvertrag erfolgen sollte.
11Am 26.05.2011 wurde die Optionsregelung des Mietvertrags geändert. Dem Mieter wurde eine Option zur Verlängerung um ein Jahr ab dem 01.12.2011, anschließend um zwei weitere Jahre und schließlich um drei weitere Jahre eingeräumt. Diese Option wurde vom Mieter mit Schreiben vom gleichen Tag ausgelöst, sodass der Mietvertrag bis zum 30.11.2012 lief. Ebenfalls am 26.05.2011 wurde eine Änderungsvereinbarung zum Dienstleistungsvertrag abgeschlossen, in der auf die Verlängerung des Mietvertrags verwiesen und der Dienstleistungsvertrag „gemäß der getroffenen Vereinbarung vom 08.02.2011“ ebenfalls bis zum 30.11.2012 verlängerte wurde.
12Die Optionsregelung des Mietvertrags wurde am 15.05.2012 erneut geändert und dem Mieter eine Option zur Vertragsverlängerung ab dem 01.12.2012 um ein Jahr und anschließend zur viermaligen Verlängerung jeweils um ein weiteres Jahr eingeräumt. Diese Option übte der Mieter mit Schreiben vom 18.05.2012 aus. Mit der Vereinbarung vom 26.05.2012 wurde auch der Dienstleistungsvertrag entsprechend verlängert.
13Mit Schreiben vom 23.04.2013 wurde der Mietvertrag entsprechend der zuletzt geänderten Optionsregelung um ein weiteres Jahr verlängert. Mit Vereinbarung vom 29.04.2013 wurde auch der Dienstleistungsvertrag, erneut unter Verweis auf die Vereinbarung vom 08.02.2011, ebenfalls um ein weiteres Jahr verlängert.
14Das für die Schenkungsteuer zuständige Finanzamt E-Stadt forderte beim Beklagten für die Schenkungen der Eltern des Beigeladenen an den Beigeladenen jeweils eine gesonderte Feststellung für den Wert des Anteils am Betriebsvermögen der Klägerin nach § 97 Abs. 1a Bewertungsgesetz (- BewG -), § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG an.
15Für das Grundstück wurde aufgrund eines Verkehrswertgutachtens ein Grundbesitzwert in Höhe von 2.850.000 Euro auf den 01.07.2013 für Zwecke der Schenkungsteuer gesondert und einheitlich festgestellt. Hiervon entfällt jeweils 1/8 oder 356.250 Euro auf die beiden Schenkungen der Eltern des Beigeladenen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Bescheide vom 24.04.2014 Bezug genommen.
16Der Beklagte stellte mit seinen hier angefochtenen Bescheiden vom 11.05.2015 jeweils für die Schenkung des Vaters und der Mutter des Beigeladenen auf den 01.07.2013 den Wert des Anteils am Betriebsvermögen, das Verwaltungsvermögen, die Ausgangslohnsumme und die Anzahl der Beschäftigten für die Klägerin gesondert fest. Den Wert des Anteils am Betriebsvermögen stellte der Beklagte auf 473.602 Euro fest. Die Summe der gemeinen Werte des Verwaltungsvermögens stellte der Beklagte erklärungsgemäß auf 356.250 Euro fest. Die Verwaltungsvermögensquote wurde mit 75,22 v. H. mitgeteilt.
17Die Klägerin legte gegen die Bescheide Einsprüche mit der Begründung ein, das Grundstück M-Straße, N-Stadt, gehöre nicht zum Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ErbStG a. F. Die Verwaltungsvermögensquote betrage daher 0 v. H.
18Die Überlassung des Grundstücks von der Klägerin an die N-GmbH stelle wegen der Gesellschafteridentität und der damit verbundenen Möglichkeit, einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen in beiden Gesellschaften durchzusetzen, keine Nutzungsüberlassung an Dritte dar.
19Auch die Weitervermietung des Grundstücks von der N-GmbH an die O-GmbH stelle keine Nutzungsüberlassung an Dritte dar, da diese im Zusammenhang mit der Lagerbewirtschaftung aufgrund des Dienstleistungsvertrags erfolge. Es handele sich um eine einheitliche und nach ertragsteuerlichen Gesichtspunkten insgesamt als originär gewerblich einzustufende Tätigkeit der N-GmbH. Die Lagerbewirtschaftung stehe im Vordergrund und bilde den Hauptzweck der Leistung. Die N-GmbH beschäftige eigenes Personal (zwischen fünf und sieben Arbeitnehmer) und benötige für ihre Tätigkeit Maschinen. Die Vergütung für die Dienstleistungen übersteige betragsmäßig die Miete. Die Vermietung stelle eine Nebenleistung zu den erbrachten Dienstleistungen dar und sei nicht isoliert zu betrachten. Der Dienstleistungsvertrag sei zudem derart an den Mietvertrag gebunden, dass er auslaufe, sobald der Mietvertrag auslaufe.
20Der Beklagte wies die Einsprüche mit seiner Einspruchsentscheidung vom 07.04.2017 als unbegründet zurück.
21Das Grundstück sei nicht bereits aufgrund der Vermietung an die N-GmbH dem Verwaltungsvermögen zuzurechnen. Jedoch führe die Weitervermietung an die O-GmbH dazu, dass eine Nutzungsüberlassung an Dritte anzunehmen sei, sodass das Grundstück zum Verwaltungsvermögen gehöre.
22Die Überlassung von Grundstücken führe zwar nach R E 13b.9 Erbschaftsteuer-Richtlinien 2011 (- ErbStR 2011 -) nicht zu Verwaltungsvermögen, wenn neben der Überlassung weitere gewerbliche Leistungen einheitlich angeboten würden und die Tätigkeit nach ertragsteuerlichen Gesichtspunkten insgesamt als originär gewerblich einzustufen sei. Vorliegend würden die Leistungen jedoch bereits nicht einheitlich angeboten. Dafür spreche, dass der Mietvertrag bereits am 20.11.2006, der Dienstleistungsvertrag jedoch erst am 20.12.2007 abgeschlossen worden sei. Eine Verknüpfung der Verträge sei zunächst nicht erkennbar gewesen. Auch die Änderung des Dienstleistungsvertrags am 08.02.2011 habe lediglich eine gewisse zeitliche, aber keine hinreichende inhaltliche Verknüpfung der beiden Verträge hergestellt, sodass weiterhin zwei getrennte Verträge vorlägen, die insbesondere unabhängig voneinander gekündigt werden könnten. Die fehlende Verbindung zwischen den Verträgen werde darin deutlich, dass bei einer Verlängerung des Mietvertrags trotz der Änderung des Dienstleistungsvertrags vom 08.02.2011 stets zusätzlich eine gesonderte Vereinbarung über die Verlängerung des Dienstleistungsvertrags abgeschlossen werde. Bei der maßgeblichen bürgerlich-rechtlichen Beurteilung läge keine einheitliche Leistung vor.
23Zudem stehe der Mietvertrag im Vordergrund. Aufgrund der Existenz des Mietvertrags sei der Dienstleistungsvertrag überhaupt erst abgeschlossen worden. Auch sei eine Verlängerung oder ein Auslaufen des Dienstleistungsvertrags von einer Verlängerung bzw. dem Auslaufen des Mietvertrags abhängig und nicht umgekehrt. Ferner betrage nach den letzten Änderungsvereinbarungen die monatliche Nettomiete 34.852,63 Euro und damit mehr als die für die Lagerbewirtschaftung zu zahlende monatliche Pauschale von 20.000 Euro, sodass auch danach der Mietvertrag im Vordergrund stehe.
24Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage richtet sich die Klägerin gegen die gesonderte Feststellung des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2a ErbStG und verfolgt ihr Begehren weiter.
25Zusätzlich zu ihrem Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren verweist sie insbesondere auf den Sinn und Zweck der Regelungen zum Verwaltungsvermögen. Danach sei Vermögen dann nicht begünstigungsfähig, wenn mit dem Vermögen ohne größeres Risiko und ohne größere Investitionen Rendite erzielt werden könne. Begünstigtes Vermögen solle dagegen vorliegen, wenn – wie hier – Arbeitsplätze geschaffen würden und weitere Wertschöpfung erfolge.
26Vor dem Hintergrund des Stichtagsprinzips sei unerheblich, dass die Verträge in den Jahren 2006 und 2007 einzeln abgeschlossen worden seien. Entscheidend sei die wirtschaftliche Situation, wie sie sich zum maßgeblichen Stichtag 01.07.2013 darstelle. Die N-GmbH habe beide Verträge gleichzeitig abschließen wollen. Da die Verhandlung des Dienstleistungsvertrags – auch aufgrund der Konzernzugehörigkeit der O-GmbH – aber länger gedauert hätte, sei zunächst der Mietvertrag abgeschlossen worden. Der Mietvertrag wäre nicht isoliert geschlossen worden, wenn nicht gleichzeitig auch eine Lagerbewirtschaftung durch die N-GmbH beabsichtigt gewesen wäre. Bis zum schriftlichen Abschluss des Dienstleistungsvertrags sei dieser bereits gelebt worden. Die N-GmbH sei ausschließlich für die O-GmbH tätig.
27Aus den Buchführungskonten für die Erlöse aus Lagerbewirtschaftung (Konto 8400) und die Mieterlöse (Konto 8401) lasse sich die wirtschaftliche Bedeutung der beiden Verträge ableiten. Aus den eingereichten Erlöskonten ergeben sich die folgenden Beträge:
28Jahr |
Lagerbewirtschaftung (Konto 8400) |
Miete (Konto 8401) |
2006 |
93.652,94 Euro (erste Buchung 17.12.2006) |
57.539,57 Euro (erste Buchung 04.12.2006) |
2007 |
579.254,73 Euro |
371.358,60 Euro |
2012 |
450.531,37 Euro |
492.121,20 Euro |
2013 |
465.922,61 Euro |
418.231,56 Euro |
2014 |
380.297,74 Euro |
421.915,55 Euro |
Die Klägerin beantragt,
30die beiden Bescheide über die gesonderte Feststellung des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2a ErbStG auf den 01.07.2013 vom 11.05.2015 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.04.2017 jeweils dahingehend zu ändern, dass die Summe der gemeinen Werte des Verwaltungsvermögens auf 0 EUR festgestellt wird,
31hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
32Der Beklagte beantragt,
33die Klage abzuweisen,
34hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
35Zur Begründung verweist der Beklagte auf seine Einspruchsentscheidung und wiederholt insofern, dass nicht die wirtschaftliche Betrachtungsweise, sondern die Zivilrechtslage ausschlaggebend sei. Die beiden Verträge könnten jederzeit wieder voneinander gelöst werden. Darüber hinaus seien nicht die Erlöse, sondern wenn überhaupt die Renditen der einzelnen Geschäftsbereiche entscheidend. Die vorgetragenen Erlöse ließen auch nicht darauf schließen, dass die Lagerbewirtschaftung die Hauptleistung darstelle.
36Dass die N-GmbH ihr Leistungsangebot auf die Bedürfnisse der O-GmbH zugeschnitten habe, sei ebenfalls unerheblich, da dies im Dienstleistungsbereich jedenfalls nicht unüblich sei.
37Schließlich verweist der Beklagte auf den strengen Gesetzesvorbehalt. Die in R E 13b.9 Satz 3 ErbStR 2011 vorgesehene Ausnahme ergebe sich nicht aus dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut.
38Der Senat hat in der Sache am 03.12.2020 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
39Entscheidungsgründe
40Die Klage ist unbegründet.
41Die angefochtenen Bescheide vom 11.05.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.04.2017 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (- FGO -).
42Der Beklagte hat das streitgegenständliche Grundstück zutreffend nach § 13b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ErbStG a. F. dem Verwaltungsvermögen zugeordnet und den jeweils übertragenen Anteil am gesondert und einheitlich festgestellten Grundbesitzwert in Höhe von 356.250 Euro bei den gesonderten Feststellungen der Summe der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2a ErbStG a. F. berücksichtigt.
431. Auf die vorliegenden Übertragungen am 01.07.2013 ist § 13b ErbStG a. F. nach Maßgabe des § 37 Abs. 8 ErbStG anzuwenden, weil die Steuer nach dem 06.06.2013 entstanden ist.
442. Nach § 13b Abs. 2a Satz 1 ErbStG a. F. stellt das für die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit örtlich zuständige Finanzamt im Sinne des § 152 Nr. 1 bis 3 BewG unter anderem die Summe der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens im Sinne des Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 5 gesondert fest, wenn diese Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung im Sinne dieser Vorschrift von Bedeutung sind. Nach den Aufforderungen des Finanzamts E-Stadt war der Beklagte hierzu berechtigt, § 13b Abs. 2a Satz 3 ErbStG a. F.
453. Zum Verwaltungsvermögen gehören nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 ErbStG a. F. Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten. Eine Nutzungsüberlassung an Dritte ist nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a) Alt. 1 ErbStG a. F. nicht anzunehmen, wenn der Schenker sowohl im überlassenden Betrieb als auch im nutzenden Betrieb allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen konnte und diese Rechtsstellung auf den Erwerber übergegangen ist, soweit keine Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten erfolgt.
46a. Nach diesen Grundsätzen führt nicht bereits die Nutzungsüberlassung des Grundstücks durch die Klägerin an die N-GmbH zu einer Zuordnung des Grundstücks zum Verwaltungsvermögen. Zwar liegt grundsätzlich eine Nutzungsüberlassung an Dritte vor, für diese Nutzungsüberlassung greift jedoch die Ausnahmevorschrift des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a) ErbStG a. F. ein. Die Eltern des Beigeladenen und infolge des Erwerbs zusätzlich der Beigeladene konnten sowohl bei der Klägerin als auch bei der N-GmbH einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen.
47Mit der Regelung des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a) ErbStG a. F. nimmt der Gesetzgeber unter anderem Grundstücke, welche im Rahmen einer ertragsteuerlichen Betriebsaufspaltung überlassen werden, von dem Verwaltungsvermögen aus (vgl. BT-Drucks. 16/7918, Seite 36 und BT-Drucks. 16/11107, Seite 11). Das Vorliegen eines einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens richtet sich daher grundsätzlich nach ertragsteuerlichen Grundsätzen (FG Münster, Urteil vom 11.10.2018 3 K 533/17 F, EFG 2019, 195 mit weiteren Nachweisen zur Literatur). Da es nach dem Gesetzeswortlaut ausreicht, dass der Erblasser oder Schenker „zusammen mit anderen Gesellschaftern“ einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen kann, findet auch die ertragsteuerliche „Personengruppentheorie“ Anwendung (BT-Drucks. 16/11107, Seite 11; FG Münster, Urteil vom 11.10.2018 3 K 533/17 F, EFG 2019, 195). Danach ist eine personelle Verflechtung auch dann zu bejahen, wenn an beiden Unternehmen mehrere Personen in unterschiedlicher Höhe beteiligt sind, die zusammen in beiden Unternehmen über die Mehrheit der Stimmen verfügen (BFH, Urteil vom 28.01.1993 IV R 39/92, BFH/NV 1993, 528), wobei Beteiligungsidentität nicht notwendigerweise vorliegen muss (FG Münster, Urteil vom 11.10.2018 3 K 533/17 F, EFG 2019, 195). Bei den beteiligten Personen kann es sich auch um Familienangehörige handeln (BT-Drucks. 16/11107, Seite 11, unter Verweis auf BFH, Beschluss vom 28.05.1991 IV B 28/90, BFHE 164, 543; FG Hessen, Urteil vom 24.04.2018 9 K 1857/15, EFG 2018, 2047).
48Vor dem Erwerb waren die Eltern des Beigeladenen mit einer Gesamtbeteiligung von 2/3 des Kommanditkapitals an der Klägerin beteiligt und zudem die einzigen Gesellschafter der N-GmbH, die zugleich Komplementärin der Klägerin ist, sodass sie zusammen sowohl im überlassenden Betrieb der Klägerin als auch im nutzenden Betrieb der N-GmbH einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen konnten. Infolge des Erwerbs sind der Beigeladene und dessen Eltern (weiterhin) sämtliche Kommanditisten der Klägerin und zudem sämtliche Gesellschafter der N-GmbH und können zusammen in beiden Gesellschaften einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen. Die Rechtsstellung der Schenker ist auf den Erwerber übergegangen.
49b. Mit der Weitervermietung des Grundstücks durch die N-GmbH an die O-GmbH liegt jedoch eine schädliche Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a) ErbStG a. F. vor. Der Wortlaut der Norm ist erfüllt. Eine einschränkende Auslegung der Vorschrift ist im vorliegenden Fall nicht angezeigt.
50aa. Ausgehend von der Gesetzesbegründung haben sowohl die Finanzverwaltung als auch Literaturstimmen eine einschränkende Auslegung der Vorschrift in bestimmten Fallgestaltungen befürwortet.
51In der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/11107, Seite 11) wird speziell für den Fall der bei Beherbergungsbetrieben überlassenen Räume eine einschränkende Auslegung der Vorschrift erwogen.
52Laut Richtlinien der Finanzverwaltung (R E 13b.9 Satz 3 ErbStR 2011 in der Fassung vom 19.12.2011, BStBl I 2011, Sondernummer 1/2011, 2, entspricht im Wesentlichen R E 13b.13 Satz 3 ErbStR 2019, BStBl I 2019, Sondernummer 1/2019, 2) führt die Überlassung von Grundstücksteilen nicht zu Verwaltungsvermögen, wenn neben der Überlassung der Grundstücksteile weitere gewerbliche Leistungen einheitlich angeboten und in Anspruch genommen werden und die Tätigkeit nach ertragsteuerlichen Gesichtspunkten insgesamt als originär gewerbliche Tätigkeit einzustufen ist. Als Beispiele werden Beherbergungsbetriebe wie Hotels, Pensionen oder Campingplätzen angeführt.
53Das Bayerische Landesamt für Steuern hatte zunächst (Verfügung vom 11.08.2010, S 3812a.2.1 - 3 St 34, ZEV 2010, 660) eine ähnliche Auffassung speziell für die Logistikbranche vertreten. Nach einer am 02.03.2020 erlassenen Verfügung (S 3812b.1.1 - 31/4 St 34, DStR 2020, 556) sei die Regelung in R E 13b.13 Satz 3 ErbStR 2019 jedoch eng auszulegen und auf Beherbergungsbetriebe begrenzt.
54Auch Abschnitt 13b.18 Satz 4 der koordinierten Ländererlasse betreffend die Anwendung der geänderten Vorschriften des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (- AEErbSt 2017 -) vom 22.06.2017 (BStBl. I 2017, 902) sah vor, dass in der Logistikbranche überlassene Grundstücke regelmäßig Verwaltungsvermögen seien, auch wenn der Verpächter weitere Leistungen für die Beschaffungs- und Vertriebsorganisation seiner Kunden erbringe, es aber an dem Absatz von eigenen Erzeugnissen oder Produkten fehle.
55Literaturstimmen sprechen sich überwiegend dafür aus, dass die originär gewerbliche Vermietung von Grundbesitz an Dritte nicht dazu führen solle, dass der Grundbesitz als Verwaltungsvermögen einzuordnen sei (Wachter in Fischer/Pahlke/Wachter, ErbStG, 6. Auflage 2017, § 13b Rn. 355 f.; Stalleiken in von Oertzen/Loose, ErbStG, 2. Auflage 2020, § 13b Rn. 111, 112 „teleologische Reduktion dahingehend, dass nur „unproduktives Vermögen“ als Verwaltungsvermögen gewertet werden soll“; ebenso Kramer, DStR 2011, 1113; Korezkij, DStR 2018, 715; a. A. Geck in Kapp/Ebeling, ErbStG, 85. Lieferung August 2020, § 13b Rn. 93; offen: Esskandari in Stenger/Loose, Bewertungsrecht, 151. Lieferung September 2020, § 13b ErbStG Rn. 112 f.)
56bb. Unabhängig davon, ob man dem folgend überhaupt eine einschränkende Auslegung des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a) ErbStG a. F. befürwortet, ist vorliegendend aufgrund der Umstände des zu entscheidenden Falls die Vermietung des streitgegenständlichen Grundbesitzes an die O-GmbH als schädliche Nutzungsüberlassung zu qualifizieren.
57Die Nutzungsüberlassung des streitgegenständlichen Grundstücks aufgrund des Mietvertrags vom 20.11.2006 und die im Rahmen des Dienstleistungsvertrags vom 20.12.2007 erbrachte Lagerbewirtschaftung sind nicht derart eng miteinander verknüpft, dass von einer einheitlichen gewerblichen Tätigkeit ausgegangen werden kann. Als Vergleichsmaßstab dient dabei das vom Gesetzgeber angeführte Beispiel der Beherbergungsbetriebe, die zwar Dritten Räume zur Nutzung überlassen, deren gewerbliches Leistungsbild aber ein Bündel zusätzlicher Dienstleistungen umfasst, die nur einheitlich angeboten und in Anspruch genommen werden (BT-Drucks. 16/11107, Seite 11). Die im hier zu entscheidenden Fall zusätzlich zur Grundstücksüberlassung angebotenen und in Anspruch genommenen weiteren Dienstleistungen sind nicht ähnlich eng mit der Grundstücksüberlassung verknüpft.
58Zwar mag die Überlassung des Grundstücks nur im Zusammenhang mit der Übernahme der Lagerbewirtschaftung beabsichtigt gewesen sein. Die beiden zu unterschiedlichen Zeitpunkten abgeschlossenen Verträge sind jedoch allein durch die Änderungsvereinbarung vom 20.12.2007 zum Dienstleistungsvertrag in zeitlicher Hinsicht insoweit miteinander verknüpft, dass eine Verlängerung des Mietvertrags analog eine Verlängerung des Dienstleistungsvertrags zur Folge hat. Dabei sind zur Verlängerung des Dienstleistungsvertrags stets separate Änderungsvereinbarungen abgeschlossen und die unterschiedlichen Kündigungsregelungen für Miet- bzw. Dienstleistungsvertrag nicht berührt worden.
59Allein diese zeitliche Verknüpfung führt nicht dazu, dass das Grundstück entgegen des Wortlauts der Regelung vom Verwaltungsvermögen ausgenommen ist. Eine darüber hinausgehende inhaltliche Verknüpfung der Grundstücksüberlassung mit der Lagerbewirtschaftung ist nicht gegeben.
60Die Mieterin O-GmbH ist insbesondere nicht verpflichtet, die Lagerbewirtschaftung auf dem zur Nutzung überlassenen Grundstück von der Vermieterin N-GmbH durchführen zu lassen. Nach § 3 des Mietvertrags vom 20.11.2006 ist der Mieter berechtigt, das Mietobjekt zum Lagern von Rohstoffen, Offsetpapier und ggfs. Halbfabrikaten zu nutzen. Durch wen der Mieter die Lagerbewirtschaftung durchführen lässt oder ob er diese mit eigenen Arbeitnehmern übernimmt, ist nicht geregelt. Weder der Mietvertrag noch der Dienstleistungsvertrag enthalten eine vertragliche Verpflichtung, die Lagerbewirtschaftung auf dem überlassenen Grundstück in Anspruch zu nehmen.
61Des Weiteren führt die zeitliche Verknüpfung der beiden Verträge allein dazu, dass sich der Dienstleistungsvertrag analog zur Verlängerung des Mietvertrags verlängert. Hingegen ist nicht etwa geregelt, dass einer der beiden Verträge endet, sobald der andere seine Beendigung durch einen anderen Umstand als Zeitablauf, etwa Kündigung, findet. Die Regelungen in den beiden voneinander unabhängigen Verträgen bieten vielmehr die Möglichkeit, z. B. den Dienstleistungsvertrag – etwa durch (ordentliche oder außerordentliche) Kündigung oder einvernehmliche Aufhebung – zu beenden, ohne dass dies auch eine vertraglich vorgesehene Beendigung des Mietvertrags bedeuten würde. Sollte sich etwa die Vermietung des Grundstücks isoliert als hinreichend rentabel oder eine Vermietung an einen Dritten zu besseren Konditionen als nicht realistisch erweisen, wären die Vertragsparteien schon nach den geltenden Verträgen nicht daran gehindert, den Mietvertrag isoliert fortbestehen zu lassen.
62Auch beim Vergleich der aus dem Mietvertrag und aus dem Dienstvertrag erzielten Erträge ergibt sich nicht, dass die Grundstücksüberlassung gegenüber der Lagerhaltung als reine Nebenleistung anzusehen wäre.
63Der Vergleich mit den vom Gesetzgeber explizit genannten Beherbergungsbetrieben verdeutlicht, dass die Möglichkeit der isolierten Inanspruchnahme der Überlassung des Grundstücks für das Vorliegen von Verwaltungsvermögen spricht. Zwar ist es auch bei einem Beherbergungsbetrieb möglich, dass gewisse Dienstleistungen nicht angeboten und auch nicht in Anspruch genommen werden (etwa Frühstück). Daneben werden aber andere Dienstleistungen immer angeboten und in Anspruch genommen (etwa Zimmerreinigung, Wäsche, Rezeption, Heizung, Strom); bei diesen, die Beherbergungsleistung mit prägenden Dienstleistungen ist es typischerweise ausgeschlossen, diese von einem Dritten zu beziehen.
64Für das Vorliegen von Verwaltungsvermögen spricht weiter, dass die O-GmbH nicht nur zur Nutzung des Grundstücks zu dem in § 3 des Mietvertrags geregelten Zwecks berechtigt war, sondern zudem das Grundstück auch an Dritte untervermieten bzw. unterverpachten konnte (§ 9 des Vertrags). Diese grundsätzlich genehmigungsbedürftige Möglichkeit war hingegen nur anzeigepflichtig, sofern die Untervermietung bzw. Unterverpachtung an eine andere Gesellschaft des Konzerns der C-AG erfolgen sollte. Für den Fall einer solchen Untervermietung bzw. Unterverpachtung ist evident, dass die Mieterin selbst nicht mehr zur Inanspruchnahme der Lagerbewirtschaftung auf dem streitgegenständlichen Grundstück verpflichtet sein kann.
65Weitere Gründe für eine einschränkende Auslegung des Gesetzeswortlauts sind nicht ersichtlich.
664. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
675. Die Revision war nicht zuzulassen, da weder ein Fall von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt noch eine höchstrichterliche Entscheidung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO). Es handelt sich vielmehr um eine Entscheidung unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls.