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Der Umsatzsteuerbescheid 2014 vom 20.07.2016 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 5.12.2016 wird dahingehend geändert, dass die Umsatzsteuer auf 0 € festgesetzt wird.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Streitig ist, ob der Kläger im Streitjahr 2014 Kleinunternehmer i.S.d. § 19 Abs. 1 UStG war.
3Der Kläger meldete am 00.00.2013 bei der Stadt M ein Gewerbe an. Als Gegenstand des Betriebes gab er „Einzelhandel mit …, vorwiegend über das Internet“ und als Beginn der angemeldeten Tätigkeit den 01.01.2014 an. Er meldete am 00.00.2013 einen eBay-Account unter dem Namen „XXX“ an und richtete Mitte 2014 einen eigenen Internetauftritt unter „xxx.de“ ein.
4Im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung gab der Kläger an, dass es sich um eine Neugründung zum 01.01.2014 handele. Als geschätzte Umsätze im Jahr der Betriebseröffnung gab der Kläger 15.000 € an; ferner kreuzte er an, dass der auf das Kalenderjahr hochgerechnete Gesamtumsatz die Grenze von 17.500 € voraussichtlich nicht überschreiten und die Kleinunternehmerregelung in Anspruch genommen werde.
5Die Ehefrau des Klägers hatte bereits seit dem 00.00.2012 ein Gewerbe mit der Bezeichnung „online Handel bei eBay mit … (unter anderem …)“ angemeldet (Nutzername: yyy). Dieses Gewerbe stellte sie zum Ende des Jahres 2013 ein.
6Der Kläger erzielte im Streitjahr 2014 Umsätze in Höhe von 94.612,03 € (brutto). Ausweislich des Kontos Erlöse erzielte der Kläger bis zum 31.05.2014 lediglich Erlöse i.H.v. 15.752,43 € (Januar: 958,67 €, Februar 2.149,30 €, März 2.681,48 €, April 4.338,72 €, Mai 5.624,26 €), danach stiegen die monatlichen Einnahmen/Umsätze deutlich an. Der Kläger erteilte die Rechnungen hierüber ohne offen ausgewiesene Umsatzsteuer mit dem Hinweis auf die Kleinunternehmerregelung.
7Die Umsatzsteuererklärung des Klägers für das Kalenderjahr 2014 ging am 23.12.2015 beim Beklagten ein. Darin wurde unter der Rubrik „Angaben zur Besteuerung der Kleinunternehmer" für das Kalenderjahr 2013 ein Umsatz in Höhe von 0 € und für das Jahr 2014 ein Umsatz in Höhe von 94.612 € erklärt. In der Anlage zur Umsatzsteuererklärung machte der Prozessbevollmächtigte des Klägers u.a. folgende Angaben: „Die Grenze von 50.000 € wurde in 2014 überschritten. Da das Gewerbe zum 00.00.2013 neu angemeldet wurde, hat Herr N N nicht mit einem Umsatz von mehr als 17.500 € gerechnet. Aus den beigefügten Kontoblättern sieht man, dass der Umsatz erst ab Mitte des Jahres 2014 drastisch stieg.“
8Der Beklagte führte am 14.06.2016 beim Kläger eine Umsatzsteuersonderprüfung (SP) durch. In dem Bericht über die SP vom 29.06.2016, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, führte der Prüfer u.a. Folgendes aus:
9„Tz. 2.3.1 Umsätze
10…Der Unternehmer kann die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen, wenn sein nach vereinnahmten Entgelten bemessener Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 € nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 € voraussichtlich nicht übersteigen wird (Prognose). In Neugründungsfällen ist jedoch allein auf den voraussichtlichen Umsatz des laufenden Jahres abzustellen. Entsprechend der Zweckbestimmung des § 19 Abs. 1 UStG ist hierbei die Grenze von 17.500 € und nicht die Grenze von 50.000 € maßgebend. Im vorliegenden Fall wurde die maßgebliche Umsatzgrenze i.H.v. 17.500 € deutlich überschritten, so dass eine Anwendung der Kleinunternehmerregelung nicht in Frage kommt. Im Kalenderjahr 2014 wurden Umsatzerlöse i.H.v. 94.612,03 € erzielt. Bereits bei Beginn der gewerblichen Tätigkeit am 01.01.2014 war klar erkennbar, dass die Umsatzgrenzen überschritten werden, da der Betrieb von der Ehefrau des Unternehmers übernommen wurde und diese schon in 2013 die Umsatzgrenze überschritten hat (Umsatzerlöse 2013: 40.400 €).“
11Der Prüfer gelangte zu der Auffassung, dass die Umsatzerlöse in voller Höhe zu 19 % umsatzsteuerpflichtig seien und errechnete eine Umsatzsteuer i.H.v. 15.106,12 €. Zudem berechnete er Umsatzsteuer für eine unentgeltliche Wertabgabe (Telefon) i.H.v. 34,35 € und berücksichtigte abzugsfähige Vorsteuern i.H.v. 593,45 € sowie Einfuhrumsatzsteuern i.H.v. 1.756,53 €.
12Mit Bescheid vom 20.07.2016 setzte der Beklagte dann die Umsatzsteuer für 2014 in Höhe von 12.790,17 € entsprechend den o.g. Feststellungen fest. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein, den er damit begründete, dass das Unternehmen bereits am 00.00.2013 gegründet worden sei. Er habe bereits im Jahr 2013 seinen ersten Wareneinkauf über 435 € getätigt. Für das Jahr 2014 sei daher die Umsatzgrenze von 50.000 € maßgeblich. Er habe diese Grenze zwar überschritten, dies sei aber in der Planung nicht absehbar gewesen. Er habe das Gewerbe zunächst nur nebenberuflich ausüben wollen. Bis zum 31.03.2014 seien lediglich (Brutto-)Umsätze i.H.v. 5.789,45 € erwirtschaftet worden. Auch bis zum 31.05.2014 sei lediglich ein Umsatz i.H.v. 15.752,43 € erzielt worden. Aufgrund eines Umzuges Mitte des Jahres 2014 habe er deutlich größere Lager- und Verpackungsmöglichkeiten zur Verfügung gehabt, so dass dann eine Umsatzausweitung möglich gewesen sei.
13Nachdem der Kläger im Einspruchsverfahren noch weitere Belege über Einfuhrumsatzsteuer nachgereicht hatte, änderte der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 05.12.2016 die Umsatzsteuerfestsetzung 2014 dahingehend, dass weitere Einfuhrumsatzsteuern i.H.v. 3.652,91 € steuermindernd berücksichtigt wurde und setzte die Umsatzsteuer 2014 auf nunmehr 9.137,26 € fest. Im Übrigen wies er den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen Folgendes aus: Nehme ein Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im Lauf eines Kalenderjahres neu auf, so sei in diesen Fällen allein auf den voraussichtlichen Umsatz des laufenden Kalenderjahres abzustellen. Entsprechend der Zweckbestimmung des § 19 Abs. 1 UStG sei hierbei die Grenze von 17.500 € und nicht die Grenze von 50.000 € maßgebend. Der im Gründungsjahr prognostizierte Umsatz sei folglich als Entscheidungsgrundlage heranzuziehen. Es komme somit nur darauf an, ob der Unternehmer nach den Verhältnissen des laufenden Kalenderjahres voraussichtlich die Grenze von 17.500 € nicht überschreite. Der Beginn der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit falle im Streitfall mit dem Beginn des Unternehmens zusammen. Dies sei laut der Gewerbeanmeldung der 01.01.2014. Zwar würden zur gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit eines Unternehmers auch Vorbereitungshandlungen zählen, die mit der Begründung des Unternehmens vorgenommen würden. Vorbereitungshandlungen im Sinne der BFH-Rechtsprechung seien aber nur nach außen und auf Ausführung entgeltlicher Leistungen gerichtete Handlungen, die nach oder mit der Begründung des Unternehmens vorgenommen würden, insbesondere also Leistungsbezüge, die den Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigten. Der von dem Kläger in seinem Einspruchsschreiben aufgeführte Wareneinkauf i.H.v. 435 € im Jahr 2013 begründe keinen Beginn der gewerblichen Tätigkeit. Hierbei handele es sich lediglich um den zum 01.01.2014 von der Ehefrau übernommenen Warenbestand. Weitere Wareneinkäufe oder Umsätze seien von dem Kläger für das Kalenderjahr 2013 nicht erklärt worden. Da die Ware ausschließlich über die Internetplattform eBay zum Verkauf angeboten worden sei, habe die gewerbliche Tätigkeit mit dem Einstellen des ersten Warenangebotes in das Internet am 00.00.2014 begonnen. Im Kalenderjahr 2013 sei der Kläger daher noch nicht unternehmerisch tätig geworden. Der Kläger habe das Unternehmen von seiner Ehefrau übernommen, welche vom 00.00.2012 bis zum 00.00.2013 Betriebsinhaberin gewesen sei. Im Jahr 2013 sei durch die Ehefrau bereits ein Umsatz i.H.v. 40.404 € erwirtschaftet worden. Allein hieraus sei für den Kläger erkennbar gewesen, dass die Umsatzgrenze von 17.500 € im Streitjahr von ihm deutlich überschritten werden würde.
14Der Kläger hat daraufhin die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen Folgendes vor: Entgegen der Meinung des Beklagten handele es sich bei dem Wareneinkauf in 2013 (Kauf des Warenbestandes von der Ehefrau) um die Aufnahme der unternehmerischen Tätigkeit. Die entsprechende Rechnung sei allerdings nicht mehr vorhanden, müsste dem Beklagten aber bei der Steuererklärung 2013 vorgelegen haben. Er habe zudem auch bereits im Dezember Waren in … bestellt, was durch die entsprechenden DHL-Unterlagen vom 30.12.2013 belegt werde. Er habe hierdurch bereits ernsthafte Vorbereitungshandlungen zur Aufnahme seiner unternehmerischen Tätigkeit bewirkt, was zur Folge habe, dass die Umsatzgrenze von 17.500 € gemäß Abschnitt 19.1 Abs. 4 UStAE bereits für das Jahr 2013 anzuwenden und für das Jahr 2014 die voraussichtliche Untergrenze von 50.000 € zu prüfen sei. Die tatsächliche Realisierung von Umsätzen erst im Jahre 2014 stehe dem nicht entgegen.
15Die Aufgabe der unternehmerischen Tätigkeit seiner Ehefrau sei bereits Mitte 2013 geplant worden, weil er und seine Ehefrau beabsichtigt hätten, Eltern zu werden. Ende des Jahres 2013, als das Ausstiegsdatum zum 00.00.2013 näher rückte, habe er, der Kläger, dann die Idee gehabt, selber einen Betrieb nebenberuflich aufzunehmen. Da er als Arbeitnehmer zwischen 130 und 160 Stunden monatlich gearbeitet habe, wäre ein größerer Umfang des Betriebs nicht möglich gewesen. Seine Ehefrau habe dann bis zum 00.00.2013 Verkäufe getätigt. Er selbst habe seinen eBay-Account am 00.00.2013 angemeldet. Seit Mitte des Jahres 2014 habe er auch eine Internetseite, der Verkauf habe aber lediglich über eBay stattgefunden.
16Der Beginn der Tätigkeit sei bei der Gewerbeanmeldung mit dem 01.01.2014 angegeben worden, weil er nicht gewusst habe, wann die bestellte Ware aus … zur Veräußerung vorliegen werde. Ihm sei bewusst gewesen, dass dies frühestens Ende Dezember 2013 bzw. Anfang Januar 2014 sein würde. Er habe sich über diese Datumsangabe keine grundsätzlichen bzw. besonderen Gedanken gemacht. Es sei jedoch erkennbar, dass mit der Bestellung der Waren aus … und Lieferung am 30.12.2013 sowie der Errichtung des eBay-Accounts am 00.00.2013 unternehmerische Handlungen begonnen worden seien. Der Verkaufsstart hätte somit auch bereits am 30.12.2013 beginnen können.
17Die Feststellungen im Bericht über die SP seien in folgenden Punkten nicht zutreffend: Die Auffassung des Beklagten hinsichtlich der Übernahme des Betriebes seiner Ehefrau werde nicht geteilt. Er, der Kläger, habe bereits in 2013 eine eigene unternehmerische Tätigkeit aufgenommen. Seine Ehefrau habe auch nach Aufnahme der unternehmerischen Tätigkeit durch ihn ihr eigenes Unternehmen weiter geführt. Die Aufnahme seiner unternehmerischen Tätigkeit sei bereits mit den nach außen erkennbaren Maßnahmen in 2013 erfolgt, die Grenze i.H.v. 17.500 € sei somit für 2013 maßgeblich gewesen. Das Überschreiten der 50.000 € Grenze sei zu Beginn des Jahres 2014 nicht geplant und auch nicht abzusehen gewesen, da er den Onlinehandel aufgrund seiner nichtselbstständigen Tätigkeit zunächst als Nebengewerbe betrieben habe. Dies zeige sich auch an den Umsätzen der Monate Januar bis Mai 2014:
18Der Umsatzanstieg im Sommer 2014 sei erst durch den Umzug in eine größere Privatwohnung möglich gewesen. Die Beurteilung des Umsatzes sei Anfang des Jahres vorzunehmen, eine unterjährige Betriebserweiterung, hier die Nutzungsmöglichkeit erweiterter Lager- und Verpackungsflächen, stehe dem nicht entgegen.
19Der Kläger beantragt,
20den Umsatzsteuerbescheid 2014 vom 20.07.2016 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 5.12.2016 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf 0 € festgesetzt wird,
21hilfsweise, die Revision zuzulassen.
22Der Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen,
24hilfsweise, die Revision zuzulassen.
25Er verweist auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend Folgendes vor:
26Laut der Gewerbeanmeldung bzw. -abmeldung habe die Ehefrau des Klägers im Zeitraum vom 00.00.2012 bis zum 00.00.2013 bereits einen eBay-Handel mit … betrieben. Eine Umsatzsteuererklärung habe sie erstmals am 23.12.2014 für das Kalenderjahr 2013 beim Finanzamt eingereicht. Darin sei unter der Rubrik „Angaben zur Besteuerung der Kleinunternehmer" für das Kalenderjahr 2012 ein Umsatz i.H.v. 2.565 € und für das Kalenderjahr 2013 ein Umsatz i.H.v. 40.404 € erklärt worden. In der Gewerbeabmeldung zum 00.00.2013 sei Zeitmangel als Grund für die Betriebsaufgabe genannt worden.
27Der Kläger habe im Kalenderjahr 2012 laut Angaben in der Einkommensteuererklärung keine eigenen Einkünfte erzielt, er sei seit dem 09.06.2013 nichtselbständig beschäftigt gewesen. Er habe zum 01.01.2014 ein Gewerbe angemeldet. Hierbei handele es sich ebenfalls um einen Onlinehandel mit … bei eBay. Der eBay-Account des Klägers sei nach den vorliegenden Unterlagen am 00.00.2013 eingerichtet worden. Nach Aussage des Klägers sei die Aufgabe der unternehmerischen Tätigkeit der Ehefrau bereits Mitte des Jahres 2013 geplant worden, da die Eheleute beabsichtigten, Eltern zu werden. Die Ehefrau des Klägers erziele seit dem Jahr 2014 keine eigenen Einkünfte mehr. Der Kläger sei noch bis zum 30.04.2015 als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen. Danach hätten die Eheleute, die gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt würden, ausschließlich Einkünfte aus dem Onlinehandel erzielt. Das erste gemeinsame Kind der Eheleute sei am 31.10.2017 zur Welt gekommen.
28Nach Ansicht des Beklagten erfüllt der Kläger für das Streitjahr 2014 nicht die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung. § 19 Abs. 1 UStG besage, dass Umsatzsteuer von Unternehmern, deren (in Satz 2 und Abs. 3 definierter) Gesamtumsatz zzgl. der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 € nicht überstiegen habe und im laufenden Kalenderjahr 50.000 € voraussichtlich nicht übersteigen werde, nicht erhoben werde.
29Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung des § 19 Abs. 1 UStG sei in dem Fall, in dem ein Unternehmer neu beginne, auf den voraussichtlichen Umsatz des laufenden Kalenderjahres, also des Erstjahres, abzustellen, der 17.500 € nicht überschreiten dürfe. Liege der maßgebende Gesamtumsatz des Erstjahres unter 17.500 €, komme es für die Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG zusätzlich darauf an, dass der Gesamtumsatz im laufenden Kalenderjahr die Grenze von 50.000 € voraussichtlich nicht übersteigen werde.
30Ein Unternehmer müsse sich folglich Gedanken dazu machen, ob seine Umsatzerwartungen unter oder über der Umsatzgrenze von 50.000 € liege. Er müsse seine Prognose dem Finanzamt auch darlegen und ggf. beweisen können. Wenn der tatsächlich erzielte Jahresumsatz die Grenze von 50.000 € übersteige, sei dies unschädlich, sofern der Unternehmer das Überschreiten nicht habe vorhersehen können.
31Im Streitfall habe der Kläger eine nach den objektiven Umständen nicht gerechtfertigte Umsatzprognose abgegeben. Dieses habe zur Folge, dass die Prognose für ihn, den Beklagten, nicht maßgeblich sei, weil ihr nicht die realistischen Gegebenheiten zugrunde gelegt worden seien. Dies könne rückwirkend anhand verschiedener Anhaltspunkte belegt werden. Laut Angaben im Fragebogen zur Gewerbeanmeldung, beim Finanzamt eingegangen am 10.01.2014, habe der Kläger für das Erstjahr 2013 einen Umsatz i.H.v. 15.000 € prognostiziert. Tatsächlich habe er im Kalenderjahr 2013 gar keine Umsätze gehabt. Dies sei auch nicht möglich gewesen, da erstmals am 00.00.2014 Warenartikel ins Internet eingestellt worden seien. Es bleibe festzustellen, dass der Prognose des Klägers für das Erstjahr 2013 in Höhe von 15.000 € bei Einreichen des Fragebogens am 10.01.2014 bereits reale Gegebenheiten entgegen gestanden hätten. Somit entbehre bereits die Prognose für das Erstjahr einer realistischen Grundlage.
32Im Übrigen wäre zunächst zu klären, ob es sich bei dem Kalenderjahr 2013 tatsächlich um das Erstjahr handele. Denn Datum des Beginns der gewerblichen Tätigkeit sei laut Gewerbeanmeldung der 01.01.2014. Der Kläger habe den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung beim Beklagten am 10.01.2014 eingereicht, in welchem er den Beginn der Neugründung zum 01.01.2014 schriftlich bestätigt habe. Demnach könne es sich auch bei dem Jahr 2014 um das Erstjahr für die Kleinunternehmerregelung handeln. Der geringe Wareneinkauf im Jahr 2013 begründe möglicherweise noch keinen Beginn der Tätigkeit; vielmehr wäre es möglich, dass diese Aufwendungen lediglich Gründungskosten darstellten, weil der Kläger nach den vorliegenden Unterlagen erstmals am 00.00.2014 Warenartikel ins Internet eingestellt habe und erstmals im Kalenderjahr 2014 Umsätze erzielt worden seien. Im Kalenderjahr 2014 sei die Umsatzgrenze von 17.500 € eindeutig überschritten worden. Sofern sich der Kläger mit seiner Prognose auf das Kalenderjahr 2014 beziehe, stünden dieser Prognose die realen Anhaltspunkte entgegen.
33Weil beide Eheleute mit derselben Ware gehandelt hätten und der Kläger das Unternehmen seiner Ehefrau unter einem anderen Account praktisch nur fortgeführt habe, hätte er für eine realistische Prognose zumindest auf den tatsächlichen Jahresumsatz 2013 seiner Ehefrau abstellen müssen, die im zweiten Jahr nach Betriebseröffnung, dem Kalenderjahr 2013, bereits einen Umsatz in Höhe von 40.404 € erwirtschaftet habe. Fraglich sei, ob im Streitfall überhaupt eine „Neugründung" im Sinne des Gesetzgebers vorgelegen habe, weil der Kläger lediglich den bestehenden Betrieb, wenn auch unter einem anderen eBay-Account, weitergeführt habe. Bei Betrachtung des Umfangs der bereits durch die Ehefrau getätigten Umsätze hätte der Kläger für eine realistische Prognose davon ausgehen müssen, dass er im Kalenderjahr 2014 die Grenze von 50.000 € überschreiten werde.
34Mit Blick auf die im Kalenderjahr 2014 tatsächlich erzielten Umsätze in Höhe von 94.612 € zeige sich, dass beim Kläger von Beginn seiner unternehmerischen Tätigkeit an nicht das typische Bild eines Kleinunternehmers vorgelegen habe. So seien die Eheleute bereits Mitte des Jahres 2014 in eine größere Wohnung umgezogen, um mehr Lager- und Verpackungsmöglichkeiten für den Onlinehandel zu haben. Daher würde es im Streitfall dem Sinn und Zweck der Kleinunternehmerregelung zuwiderlaufen, dem Kläger diesen Steuervorteil zu gewähren, weil die vom Kläger erstellte Prognose offensichtlich einer realistischen Grundlage entbehrte. Anders als vom Kläger vorgetragen, sei bereits Ende des Jahres 2013 absehbar gewesen, dass im Kalenderjahr 2014 die Umsätze aus dem Onlinehandel die Umsatzgrenze des § 19 Abs. 1 UStG überschreiten würden. Dass die Umsätze des Klägers im Jahr 2013 niedriger als 17.500 € gewesen seien (vorausgesetzt, das Jahr 2013 würde das Erstjahr darstellen), sei damit nicht weiter erheblich.
35Zwar sei der relevante Umsatz im Erstjahr grundsätzlich auf Basis der vom Unternehmer prognostizierten Zahlen zu prüfen. Da der Kläger ganz offensichtlich jedoch keine belastbare Prognose erstellt habe, sei im Streitfall für die Beurteilung auf den tatsächlich erzielten Umsatz des Jahres 2014 abzustellen, der die gesetzliche Grenze von 50.000 € bei Weitem überschritten habe. Zudem sei nicht überzeugend genug dargelegt worden, warum die Ehefrau das Unternehmen nicht selber weitergeführt habe. Der im Abmeldungsbogen angeführte Grund „Zeitmangel“ lasse sich ebenso wenig erschließen wie der nunmehr angeführte Grund der Familienplanung; zumal die Ehefrau seit der Abmeldung des Gewerbes keine eigenen steuerpflichtigen Einkünfte mehr erzielt habe. Der Kläger gebe dagegen an, im Jahr 2014 aufgrund seiner nichtselbständigen Tätigkeit zeitlich sehr eingeschränkt gewesen zu sein. Daher sei es wenig verständlich, dass der Kläger selbst ab dem 01.01.2014 den Onlinehandel angemeldet habe. Allerdings hätten sich die Eheleute hierdurch einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Zumindest habe aufgrund der Beziehung als Eheleute kein Interessengegensatz der beiden Unternehmer betreffend einer willkürlichen Zuordnung der Einkünfte bestanden. Die Kleinunternehmerregelung solle der Verwaltungsvereinfachung dienen und nur solche Umsätze befreien, die nach der Vorstellung des Gesetzgebers bei einem typischen Kleinunternehmer anfallen würden. Ein Unternehmen solle die Begünstigung der Steuerbefreiung nach § 19 UStG nur einmalig für Umsätze in begrenzter Höhe erhalten. Die Ausweitung der Begünstigung auf ein und dasselbe Unternehmen, das zunächst auf den einen und dann auf den anderen Ehegatten angemeldet werde, wobei der Gesamtumsatz im Ergebnis höher sei, widerspreche diesem Ziel. Es führe zu einer sachlich nicht zu rechtfertigenden ungleichmäßigen Besteuerung, wenn ein Unternehmer seine persönlich erbrachten und gleichartigen Umsätze auf andere Familienmitglieder als Unternehmer i. S. des § 2 UStG verlagere; dieses mit dem Ziel, hierdurch die 17.500 €-Grenze zu vervielfachen. Als Kleinunternehmer würden dann Unternehmer gelten, die der Vorstellung des Gesetzgebers bei Schaffung dieser Vorschrift nicht mehr entsprechen würden, denn mit dieser Sonderregelung solle den Kleinunternehmern der Aufwand erspart werden, der mit der Abführung der Umsatzsteuer verbunden sei und der sie aufgrund des geringen Umfangs ihrer Tätigkeiten überproportional treffe.
36Der Kläger habe von Beginn an nicht dem Bild des Kleinunternehmers entsprochen, den der Gesetzgeber bei Schaffung der Vorschrift vor Augen gehabt habe, weil bereits zu Beginn des Jahres 2014 alles darauf hingedeutet habe, dass der Onlinehandel die Umsatzgrenzen des § 19 Abs. 1 UStG überschreiten werde. lm Streitfall habe der Umfang der betrieblichen Betätigung beim Kläger in kürzester Zeit ein solches Maß angenommen, dass es wenig glaubhaft sei, dass dieses nicht sorgfältig vom Kläger geplant gewesen sei. Sein Vortrag, das Gewerbe zunächst „nur nebenbei" ausüben zu wollen, gehe damit ins Leere. Durch die Verlagerung der Umsätze auf den anderen Ehegatten sei im Streitfall die Begünstigung des § 19 UStG mehrfach in Anspruch genommen worden. Die Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung durch den Kläger sei zweckwidrig, missbräuchlich und daher zu versagen.
37Am 13.06.2019 hat ein Erörterungstermin vor der Berichterstatterin stattgefunden, wegen dessen Einzelheiten auf das Protokoll Bezug genommen wird.
38Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
39Entscheidungsgründe:
40I. Die Klage ist zulässig und begründet.
41Der Umsatzsteuerbescheid 2014 vom 20.07.2016 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 5.12.2016 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Für das Streitjahr ist die Umsatzsteuer auf 0 € festzusetzen, weil für den Kläger die Kleinunternehmerregelung anzuwenden ist.
421. Gemäß § 19 Abs. 1 UStG (in der im Streitjahr geltenden Fassung) wird die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17 500 € nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 € voraussichtlich nicht übersteigen wird.
43Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG ist Umsatz im Sinne des Satzes 1 der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz, gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens.
442. Die genannte Vorschrift regelt nicht ausdrücklich, wie zu verfahren ist, wenn das Unternehmen im Vorjahr gegründet worden ist, jedoch im Gründungsjahr selbst noch keine Umsätze erzielt hat.
45a) Der BFH hat entschieden, dass im Erstjahr einer unternehmerischen Betätigung allein die Umsatzgrenze von (im Streitjahr) 17.500 € (damals in der BFH-Entscheidung noch 20.000 DM) maßgeblich für die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung auf Neugründungen ist (BFH-Urteil vom 22.11.1984 V R 170/83, BFHE 142, 316, BStBl II 1985, 142). Hat der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahres ausgeübt, so ist der tatsächliche Gesamtumsatz in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen (§ 19 Abs. 3 Satz 3 UStG). Angefangene Kalendermonate sind bei der Umrechnung als volle Kalendermonate zu behandeln, es sei denn, dass die Umrechnung nach Tagen zu einem niedrigeren Jahresgesamtumsatz führt (§ 19 Abs. 3 Satz 4 UStG).
46Nach dem Urteil des Hessischen FG vom 12.04.1989 (6 K 72/88, EFG 1989, 544) soll dies auch zutreffen, wenn das bereits im Vorjahr gegründete Unternehmen Umsätze erst im Folgejahr ausführt. Wegen des fehlenden Vorjahresumsatzes könne für das Jahr der tatsächlichen ersten Umsätze nur auf die für Neugründungen maßgebende Umsatzgrenze von damals 20.000 DM (im Streitjahr 17.500 €) abgehoben werden. Der Ansicht des Hessischen FG hatten sich auch das FG des Saarlandes (Urteil vom 25.04.1997 2 K 221/96, EFG 1998, 1227) und Teile des Schrifttums angeschlossen (insbesondere Stadie, Umsatzsteuergesetz, 3. Aufl. 2015, § 19 Anm. 30). Nach Stadie sollen beim Beginn der unternehmerischen Tätigkeit nur diejenigen Zeiträume berücksichtigt werden, in denen bereits Umsätze erzielt werden. Allein Vorbereitungshandlungen würden nicht ausreichen. Der Unternehmerbegriff sei lediglich für Zwecke des Vorsteuerabzugs weit auszulegen. Nur insoweit, d.h. nur aus der Sicht des § 15 UStG, seien bereits Vorbereitungshandlungen als für das (geplante) Unternehmen ausgeführt anzusehen (Stadie, Umsatzsteuergesetz, 3. Aufl. 2015, § 19 UStG Anm. 30).
47Dieser Ansicht hat sich der BFH ausdrücklich nicht angeschlossen (BFH-Urteil vom 17.09.1998 V R 28/98, BFHE 187, 67, BStBl II 1999, 146). Der Begriff des Unternehmers bzw. der unternehmerischen Tätigkeit kann nach Ansicht des BFH – anders als der Beklagte meint – bei der Auslegung des § 19 UStG nicht anders gesehen werden als bei der Auslegung des § 15 UStG. Der BFH hält in der o.g. Entscheidung daher die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung i. S. des § 19 Abs. 1 UStG im Folgejahr für möglich, wenn der Umsatz in diesem Jahr 100.000 DM (nunmehr: 50.000 €) nicht übersteigt und wenn der Umsatz im Jahr der Vorbereitung Null bis maximal 32.000 DM (nunmehr: 17.500 €) betragen hat. Der Argumentation des BFH folgt das Finanzgericht München in seinem Urteil vom 09.07.2003 (3 K 4787/01, EFG 2003, 1580 mit zustimmender Anmerkung von Büchter-Hole). Auch in Teilen des Schrifttums (vgl. Kulmsee in Offerhaus/Söhn/Lange, Umsatzsteuer, Stand 12/2019, § 19 Rz. 55;) wird dieser Auffassung gefolgt. Zudem folgt auch die Finanzverwaltung selbst dieser Auffassung. Nach der Verfügung der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main vom 21.04.2010 (S 7361 A-2-St 16, FMNR37b310010) haben die Umsatzsteuer-Referatsleiter nach Erörterung auf Bundesebene den Beschluss gefasst, das o.g. Urteil des FG München über den dort entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden.
48b) Mit Blick darauf, dass nach Auffassung des Senats der Unternehmerbegriff in § 15 UStG und § 19 UStG einheitlich auszulegen ist, folgt der Senat der letztgenannten Auffassung, so dass es für die Annahme, dass 2013 das Erstjahr im Sinne des § 19 UStG ist, auf die Ausführung tatsächlicher Umsätze, welche unstreitig erst in 2014 erfolgt sind, nicht ankommt.
49Der Senat geht dabei davon aus, dass der Kläger aufgrund von Vorbereitungshandlungen bereits in 2013 Unternehmer war und somit 2013 als Erstjahr im Sinne von § 19 UStG anzusehen ist.
50aa) Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG ist gewerblich oder beruflich jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen. Hierzu zählen auch sog. Vorbereitungshandlungen, die auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet sind; dies jedenfalls dann, wenn es zur Ausführung entsprechender entgeltlicher Leistungen kommt. Vorbereitungshandlungen in diesem Sinne sind nur auf Ausführung entgeltlicher Leistungen gerichtete Handlungen, insbesondere also Leistungsbezüge, die nach oder mit der Begründung des Unternehmens vorgenommen werden (vgl. BFH-Urteile vom 17.09.1998 V R 28/98, BFHE 187, 67, BStBl II 1999, 146; vom 18.11.1999 V R 22/99, BFHE 190, 255, BStBl II 2000, 241), wenn diese unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles objektiv erkennbar der Vorbereitung der beabsichtigten Tätigkeit dienen. Entscheidend ist dabei die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht, eine unternehmerische Tätigkeit auszuüben (BFH-Beschluss vom 20.12.2007 IX B 194/07, BFH/NV 2008, 600). Die Frage, welche objektiven Nachweise für die Absicht, eine (konkrete) unternehmerische Tätigkeit aufzunehmen, zu verlangen sind, kann in der Regel nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls beantwortet werden (BFH-Beschluss vom 23.05.2002 V B 104/01, BFH/NV 2002, 1351). Vorbereitungshandlungen sind auch vor Aufnahme der tatsächlichen Umsatztätigkeit möglich (BFH-Urteil vom 22.02.2001 V R 77/96, BFHE 194, 498, BStBl II 2003, 426, Rn. 22).
51bb) Unter Anwendung dieser Grundsätze hat der Kläger im Jahr 2013 Vorbereitungshandlungen unternommen. Der Kläger hat nachweislich bereits auf seinen Namen und nicht etwa auf den Namen seiner Ehefrau in … Ware bestellt, die ihm bereits am 30.12.2013 geliefert wurde. Zudem hat der Kläger auch bereits am 00.00.2013 seinen eBay-Account angemeldet, über den ab 2014 die Verkäufe erfolgt sind. Des Weiteren hat der Kläger am 00.00.2013 sein Gewerbe bei der Stadt M angemeldet. Dass er hier als Beginn der Tätigkeit den 01.01.2014 angegeben hat - ebenso wie auch im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung - ist nach Ansicht des Senats insoweit unmaßgeblich, da nachweislich in 2013 Vorbereitungshandlungen erfolgt sind und der Kläger hierzu zudem nachvollziehbar erklärt hat, dass er davon ausgegangen sei, dass die bestellte Ware in 2013 noch nicht geliefert werde und er daher erst in 2014 Verkäufe tätigen könne. Dass der Kläger weder in seiner Einkommensteuererklärung 2013 noch in dem steuerlichen Erfassungsbogen eine unternehmerische Tätigkeit bereits in 2013 angegeben hat, mag ein formelles Versäumnis darstellen. Da es aber für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung keines Antrages bedarf, steht dies der Annahme, dass 2013 das Erstjahr seiner unternehmerischen Tätigkeit war, nicht entgegen (vgl. dazu auch Thüringer FG, Urteil vom 11.01.2017 3 K 758/15, EFG 2017, 525).
523. Der Umsatz des Klägers hat im dem Streitjahr 2014 vorangegangenen Kalenderjahr (2013) 0 € betragen und damit die Grenze von 17.500 € nicht überstiegen. Allerdings hat der Umsatz im Streitjahr 2014 zwar tatsächlich die Grenze von 50.000 € überstiegen, dies ist vorliegend jedoch für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung unschädlich, da dies zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht absehbar war und die vom Kläger insoweit vorgenommene Prognose, die von einem Umsatz unterhalb der maßgeblichen Grenze von 50.000 € ausging, nicht zu beanstanden ist.
53Nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG setzt die Kleinunternehmerregelung voraus, dass im laufenden Kalenderjahr die Umsätze voraussichtlich 50.000 € nicht übersteigen werden. Indem das Gesetz auf die voraussichtliche Höhe abstellt, verlangt es eine Prognose über die zu erwartende Umsatzentwicklung im laufenden Kalenderjahr. Da der Unternehmer zu Beginn des Jahres wissen muss, ob die Rechtsfolgen des § 19 Abs. 1 UStG eingreifen, ist die Prognoseentscheidung zu Beginn des Jahres zu treffen. Wegen der Unsicherheit einer solchen Schätzung ist im Regelfall die Prognose des Unternehmers anzuerkennen, insbesondere auch deshalb, weil die voraussichtliche Umsatzhöhe von Entscheidungen des Unternehmers und vielfach von nicht vorhersehbaren Umständen abhängt (Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, 181. Lieferung 03/2019, §19 UStG Rz. 53). Zwar kann im Rahmen der Umsatzsteuerjahresveranlagung rückwirkend anhand objektiver Anhaltspunkte geprüft werden, ob der Umsatzprognose realistische Erwartungen zugrunde lagen (FG Düsseldorf, Urteil vom 20.06.2008 1 K 3124/07, EFG 2008, 1503). Die Prognose des Unternehmers, dass die Grenze von 50.000 € voraussichtlich nicht überschritten wird, ist aber nur dann nicht maßgebend, wenn bereits zu Jahresbeginn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aufgrund zwingender Indizien von einem Überschreiten ausgegangen werden muss (Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, 181. Lieferung 03/2019, §19 UStG Rz. 53). Auch wenn der Unternehmer im laufenden Jahr sein Unternehmen erweitert, ist – im Sinne der Rechtssicherheit – regelmäßig von den Verhältnissen zu Beginn des Jahres auszugehen (BFH-Beschluss vom 19.12.2014 XI B 12/14, BFH/NV 2015, 534).
54Ausgehend hiervon ist die Umsatzprognose des Klägers, dass die Umsätze im Jahr 2014 voraussichtlich 50.000 € nicht überschreiten würden, nicht zu beanstanden. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, dass er beabsichtigt habe, das Gewerbe nur nebenberuflich auszuüben. Angesichts der von seiner Ehefrau in 2013 durch ein vergleichbares Gewerbe erzielten Umsätze von 40.404 € erscheint diese Prognose nachvollziehbar. Zwar hat der Kläger in 2014 tatsächlich Umsätze erzielt, die erheblich über der Umsatzgrenze von 50.000 € liegen. Insoweit lässt sich aber nicht feststellen, dass er bereits zu Beginn des Jahres 2014 davon hätte ausgehen müssen, dass er diese Grenze überschreiten werde. Der Kläger hat insoweit nachvollziehbar dargelegt, dass das Übersteigen der Grenze darauf zurückzuführen sei, dass er Mitte des Jahres 2014 in eine größere Wohnung umgezogen sei, die ihm zusätzliche Lagerungs- und Verpackungsmöglichkeiten geboten habe. Diese zeigt sich vorliegend auch daran, dass die Umsätze von Januar bis Mai 2014 (insgesamt 15.752,43 €) hochgerechnet auf das Jahr 2014 (37.805,83 €) nicht zu einem Überschreiten der Grenze von 50.000 € geführt hätten.
55Soweit der Beklagte diesbezüglich einwendet, dass der Kläger in dem Fragebogen zur steuerlichen Erfassung angegeben habe, dass er im Jahr der Betriebseröffnung einen Umsatz erzielen werde, der unter 15.000 € liege und damit nur eine Prognose für 2014 hätte gemeint sein können, da er angegeben habe, dass er das Unternehmen zum 01.01.2014 neu gegründet habe und diese Prognose angesichts der Umsätze der Ehefrau des Klägers im Jahr 2013 für das Streitjahr 2014 nicht haltbar sei, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Dass der Kläger beim Ausfüllen des Fragebogens möglicherweise Fehler gemacht hat, kann hier nicht dazu führen, dass die Kleinunternehmerregelung nicht zu seinen Gunsten anzuwenden ist.
564. Die Anwendbarkeit der Kleinunternehmerregelung ist für das Streitjahr auch nicht etwa deshalb zu versagen, weil – wie der Beklagte meint – der Kläger letztlich kein Unternehmen neu gegründet, sondern nur das Unternehmen seiner Ehefrau, die zum 00.00.2013 ihr Gewerbe eingestellt hat, übernommen habe und daher für 2014 auf die von ihr in 2013 erzielten Umsätze abzustellen sei. Ob jemand Unternehmer ist richtet sich allein danach, ob in seiner Person die Tatbestandsmerkmale des § 2 Abs. 1 UStG erfüllt sind. Selbst bei einer - hier nicht vorliegenden Gesamtrechtsnachfolge - ist nicht der Vorjahresumsatz des Rechtsvorgängers, sondern der voraussichtlich Umsatz des Erwerbers maßgebend (Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, 181. Lieferung 03/2019, §19 UStG Rz. 70).
57Insbesondere ist der Kläger nicht an der Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung für das Streitjahr gehindert, weil vorliegend kein Fall der Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG vorliegt, so dass sich die Frage der Maßgeblichkeit der von der Ehefrau in 2013 erzielten Umsätze beim Kläger auch unter diesem Gesichtspunkt nicht stellt.
58Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen liegt nach § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG vor, wenn ein Unternehmen im Ganzen von einem Veräußerer übereignet wird. Nach § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG tritt der erwerbende Unternehmer dann an die Stelle des Veräußerers.
59Vorliegend kann dahinstehen, ob § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG überhaupt zur Folge hat, dass für den erwerbenden Unternehmer im Rahmen des § 19 UStG die Umsätze des Veräußerers maßgeblich sind (vgl. z.B. zur fehlenden Bindung an den Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung bei Janzen in Lippross/Seibel, Basiskommentrar Steuerrecht, § 1 UStG Rz. 129; Nieskens in Rau/Dürrwächter, UStG, § 1 Rz. 1356; Birkenfeld in Birkenfeld/Wäger, Das große Umsatzsteuerhandbuch, § 1 Abs. 1 a UStG Rz. 471), denn nach Gesamtwürdigung der Umstände ist für den Senat nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger vorliegend von seiner Ehefrau Unternehmensvermögen erworben hätte, dass ihm als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht hätte und damit eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegen würde. Der Kläger hat vorliegend nicht den eBay-Account seiner Ehefrau (Nutzername: yyy) und damit einhergehend gegebenenfalls auch nicht deren Kundenstamm übernommen, sondern er hat vielmehr unter einem anderen Namen einen eigenen eBay-Account (XXX) eröffnet. Zudem hat er seit Mitte 2014 einen eigenen Internetauftritt unter „xxx.de“ und hat damit seine Produkte einem viel größeren Kundenkreis zugänglich gemacht. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger von seiner Ehefrau einzelne wesentliche Betriebsgrundlagen übernommen hätte. Die Übernahme des geringen Warenbestandes in Höhe von 435 € reicht hierfür nicht aus. Mithin liegt kein Fall der Geschäftsveräußerung im Ganzen vor.
605.. Schließlich ist vorliegend die Anwendung der Kleinunternehmerregelung auch nicht wegen Missbrauchs zu versagen.
61Zwar kann grundsätzlich die Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung missbräuchlich sein und im Wege der teleologischen Reduktion auf Grundlage einer unionrechtskonformen Auslegung versagt werden (BFH-Urteile vom 11.07.2018 XI R 27/17, BFHE 262, 535, HFR 2019, 45 und XI R 36/17, HFR 2019, 505). Eine solche missbräuchliche Gestaltung liegt z.B. dann vor, wenn Umsätze planmäßig aufgespalten und künstlich verlagert werden, etwa durch Verlagerung von Umsätzen auf mehrere nacheinander gegenüber dem gleichen Leistungsempfänger tätige Gesellschaften, mit dem Ziel, die Kleinunternehmergrenzen jeweils nicht zu überschreiten.
62Eine solche missbräuchliche Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung durch den Kläger vermag der Senat vorliegend aber nicht festzustellen. Allein der Umstand, dass die Ehefrau des Klägers seit 2012 ebenfalls ein Unternehmen betrieben hat, dass den Verkauf von … über eBay zum Gegenstand hatte, und dieses dann – aus für den Beklagten nicht nachvollziehbaren Gründen – zum 00.00.2013 eingestellt hat, reicht für die Annahme einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung durch den Kläger nicht aus.
63II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
64III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
65IV. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor. Der Rechtsstreit hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch weicht der Senat in seiner Entscheidung von der Rechtsprechung des BFH ab.