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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Streitig ist, ob ein Mietvertrag ohne offen ausgewiesene Umsatzsteuer eine berichtigungsfähige Rechnung darstellt.
3Die Klägerin betrieb im Streitjahr in L in gemieteten Räumlichkeiten ein Gewerbe zur Herstellung von Komponenten zur Gewebebeschichtung. Am 18.12.2012 schloss die Klägerin mit der Firma C GmbH einen gewerblichen Untermietvertrag zur Anmietung von Räumlichkeiten auf dem Grundstück A-Straße 13 b in L. Unter § 3 des Mietvertrages, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, heißt es wie folgt:
4„§ 3 Mietzins
51.
Die Höhe des monatlichen Mietzinses beträgt: € 3.427,--
8Die Betriebskosten mon/Abschlag (Fläche 76%) € 522,--
9Die Heizkosten mon/Abschlag (Volumen 84 %) € 681,--
10Gesamt € 4.630,--
11in Worten: (EURO viertausendsechshundertunddreißig 00/100)
12zuzüglich der jeweils gesetzlichen Umsatzsteuer.“
13Der Mietvertrag enthielt keinen Hinweis auf eine Option zur Umsatzsteuer und auch nicht die Steuernummer oder USt.IdNr. der Vermieterin.
14Die Klägerin zahlte die Miete für das Streitjahr 2013 per Überweisung. Für Januar 2013 erfolgte eine Überweisung mit der Bezeichnung „Miete einschl. Nebenkosten A-Str. 13b“ über 5.509,70 €. Ab dem 1.02.2013 erfolgte die Zahlung monatlich per Sammelüberweisung (4.699,31 € + 810,39 €).
15Am 18.10.2017 erstellte die Vermieterin über die Vermietung eine mit ihrer Steuernummer und USt.IdNr. versehene Dauerrechnung, in der es wie folgt heißt:
16„Diese Rechnung gilt rückwirkend ab dem 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2013; Grundlage dieser Rechnung ist der Mietvertrag vom 18.12.2012.
17Die Gültigkeit dieser Rechnung erlischt, wenn sie durch eine neu ausgestellte Rechnung ersetzt wird. Die Gültigkeit dieser Rechnung erlischt, wenn das Vertragsverhältnis beendet wird.
18Monatliche Leistung:
193.427,-- Euro Miete
20522,-- Euro Betriebskosten Abschlag
21681,-- Euro Betriebskosten Abschlag
22879,90 Euro gesetzlich gültige Mehrwertsteuer, zur Zeit 19 %
235.509,90 Euro Mietzahlung“
24In 2017 wurde bei der Klägerin eine Außenprüfung durchgeführt, wegen deren Einzelheiten auf den Bericht vom 12.12.2017 Bezug genommen wird. Die Prüferin vertrat die Auffassung, dass der für das Grundstück A-Straße 13 b abgeschlossene Mietvertrag nicht zum Vorsteuerabzug berechtige. Die am 18.10.2017 ausgestellte Dauerrechnung lasse keine Rückwirkung zu, da der Mietvertrag nicht die Mindestanforderungen des § 14 UStG erfülle (gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer). Der Vorsteuerabzug für 2013 sei in Höhe von 10.556 € zu korrigieren.
25Im Umsatzsteueränderungsbescheid für 2013 vom 03.05.2018 erhöhte der Beklagte die festgesetzte Umsatzsteuer entsprechend den Prüfungsfeststellungen. Mit diesem Bescheid wurden zudem Zinsen i.H.v. 1.951,00 € festgesetzt. Die Klägerin legte am 30.05.2018 „gegen den Bescheid vom 03.05.2018 für 2013 über Umsatzsteuer“ Einspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, dass die Vorsteuer in 2013 zu berücksichtigen sei. Die im Rahmen der Betriebsprüfung vorgelegten Belege wie Mietvertrag und Dauerrechnung seien ausreichend, um die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs zu erfüllen. Die Klägerin verwies auf das Urteil des Finanzgerichts (FG) Rheinland-Pfalz vom 12.10.2017 mit dem Az. 6 K1083/17 und das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 01.03.2018 mit dem Az. V R 18/17. Nach dem Urteil des FG Rheinland-Pfalz würden sich die Voraussetzungen für den Vorsteuersteuerabzug nicht allein mit dem Rechnungsdokument beweisen lassen, sondern auch mit weiteren daneben tretenden Dokumenten. Aus dem BFH-Urteil ergebe sich außerdem, dass der BFH immer weiter von der strengen solitären Prüfung des Rechnungsbeleges zu Ermittlung der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug abrücke. Die Klägerin legte zusätzlich Zahlungsbelege für die Mietzahlungen des ersten Halbjahres 2013 vor.
26Mit Einspruchsentscheidung vom 26.07.2018 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, dass der Mietvertrag keine berichtigungsfähige Rechnung darstelle. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setze voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14,14 a UStG ausgestellte Rechnung besitze. Rechnungen könnten nach § 31 Abs. 5 Satz 1 UStDV berichtigt werden, wenn sie nicht alle Angaben nach § 14 Abs. 4 oder § 14 a UStG enthielten oder Angaben in der Rechnung unzutreffend seien. Der BFH führe in seinem Urteil vom 20.10.2016 V R 26/15 aus, dass eine rückwirkende Rechnungsberichtigung nur erfolgen könne, wenn eine berichtigungsfähige Rechnung vorliege. Das sei der Fall, wenn das Dokument Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthalte. In dem Mietvertrag vom 18.12.2012 sei der auf das Entgelt entfallende Steuerbetrag nicht offen ausgewiesen. Der Vertrag enthalte auch keine zahlenmäßige Angabe über den anzuwendenden Steuersatz, sondern nur die Angabe „zuzüglich der jeweils gesetzlichen Umsatzsteuer“. Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG hätten jedoch der anzuwendende Steuersatz von 19 % und die auf das Entgelt entfallende Umsatzsteuer betragsmäßig angegeben werden müssen. Da die Mindestanforderungen an eine Rechnung nicht erfüllt seien, liege keine berichtigungsfähige Rechnung vor. Ein Vorsteuerabzug aus der Dauerrechnung vom 18.10.2017 sei somit nicht rückwirkend für 2013 möglich.
27Die Klägerin könne sich auch nicht mit Erfolg auf die von ihr angegebene Rechtsprechung des FG Rheinland-Pfalz und des BFH berufen. In dem Klageverfahren vor dem FG Rheinland-Pfalz sei streitig gewesen, ob bei fehlerhaften Angaben zum Leistungsempfänger eine berichtigungsfähige Rechnung vorliege. Das FG habe in diesem Fall geurteilt, dass keine berichtigungsfähige Rechnung vorliege, weil die richtige Bezeichnung des Leistungsempfängers zu den Mindestanforderungen einer Rechnung gehöre. Aus dem EuGH-Urteil „Barlis 06“ vom 15.09.2016 C-516/14 könne nichts anderes folgen.
28In dem vom BFH entschiedenen Fall sei fraglich gewesen, ob eine Rechnung mit fehlenden Angaben bezüglich der Steuernummer bzw. der Umsatzsteueridentifikationsnummer des leistenden Unternehmers und des Lieferzeitpunkts sowie einer nicht ausreichenden Spezifizierung der Leistung berichtigungsfähig sei. Der BFH habe den Vorsteuerabzug wegen nicht ausreichender Leistungsbeschreibung versagt. Die Angaben zu Steuernummer seien hingegen rückwirkend nachholbar, der Lieferzeitpunkt könne sich aus dem Ausstellungsdatum der Rechnung ergeben. Beide Urteile würden sich somit nicht mit der hier vorliegenden Rechtsfrage, ob eine Rechnung berichtigungsfähig sei, in der der Steuersatz und die Umsatzsteuer nicht betragsmäßig angegeben seien, befassen. Beide Urteile würden jedoch deutlich machen, dass es grundsätzlich nicht ausreiche, dass sich fehlende Angaben in der Rechnung aus weiteren, neben der Rechnung vorhandenen Dokumenten ergeben würden.
29Die Klägerin hat daraufhin die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie folgendes vor: Der Beklagte verwehre den Vorsteuerabzug, obwohl nach Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BFH und des EuGH die Voraussetzungen für eine rückwirkende Rechnungsberichtung gegeben seien. Die im Rahmen der Betriebsprüfung vorgelegten Unterlagen, Mietvertrag nebst Dauerrechnung, seien als Belege im Sinne des § 14 UStG ausreichend, um die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs zu erfüllen. Ungeachtet der Tatsache, dass es im vorliegenden Fall nicht auf eine Rückwirkung der Inhalte eines Rechnungsbeleges ankomme, sei ein solcher möglich, da sich aus den Belegen vor Bestandskraft der Umsatzsteuerfestsetzung sämtliche Voraussetzungen für den Vorsteuer-Abzug ergeben hätten.
30Der gewerbliche Untermietvertrag vom 18.12.2012 erfülle sämtliche Anforderungen an eine berichtigungsfähige Rechnung. Er enthalte Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer. Dabei sei es ausreichend, dass die Mindestangaben nicht in so hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend seien, dass sie fehlenden Angaben gleichstünden. Sämtliche Angaben seien leicht und unmissverständlich aus dem gewerblichen Untermietvertrag vom 18.12.2012 abzulesen. Insbesondere das Nettoentgelt sei unmissverständlich aus § 3 des Vertrages abzulesen. Dort sei zudem ausdrücklich geregelt, dass das Entgelt zuzüglich der jeweils gesetzlichen Umsatzsteuer zu zahlen sei. Das jeweilige monatliche Bruttoentgelt ergebe sich sodann aus den getätigten tatsächlichen Mietzahlungen.
31Es komme zudem nicht auf eine Rückwirkung einzelner Belege an, da die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nicht nur durch das Bestehen eines rechtzeitigen vollständigen Beleges begründet würden. Vielmehr könnten die Voraussetzungen auch durch sonstige weitere Informationen und Belege zu dem jeweiligen Leistungsvorgang dargestellt werden. Insoweit werde auf das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 12.10.2017 6 K 1083/17 hingewiesen. Sämtliche nach Art. 226 MwStSystRL bzw. § 14 Abs. 4 UStG erforderlichen Voraussetzungen seien durch die Klägerin nachgewiesen worden. Zudem rücke der BFH zunehmend von der strengen Prüfung eines Rechnungsbeleges zur Ermittlung der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug ab. Es werde dazu auf das Urteil vom 1.03.2018 V R 18/17 sowie die Rechtsprechung des EuGH zu den Aktenzeichen C-516/14 und C-518/14 verwiesen.
32Die Klägerin hat im vorliegenden Verfahren weitere Belege über die monatlichen Mietzahlungen vorgelegt, auf die Bezug genommen wird.
33Mit Schreiben vom 13.06.2019 hat sie zudem vorgetragen, dass sie den streitgegenständliche Bescheid für 2013 über Umsatzsteuer auch insoweit anfechte, als dort Zinsen zur Umsatzsteuer für Zeiträume nach Oktober 2017 festgesetzt worden seien. Der streitgegenständliche Umsatzsteuerbetrag hätte spätestens mit der Voranmeldung 11/2017 zum Vorsteuerabzug zugelassen werden müssen. Folglich hätten im angefochtenen Bescheid für 2013 über Umsatzsteuer vom 3.05.2018 Zinsen nur bis zum 31.10.2017 - unabhängig von dem Streit über die Verfassungsgemäßheit der Höhe des jeweiligen Zinssatzes - festgesetzt werden dürfen, so man nicht ohnehin der Rechtsauffassung zuneige, dass auch eine rückwirkende Zinsfestsetzung aufgrund des erstmaligen Ereignisses, nämlich der Korrektur des Mietvertrages in Oktober 2017, auszuscheiden habe.
34Die Klägerin beantragt sinngemäß,
35den Umsatzsteuerbescheid für 2013 vom 3.05.2018 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 26.07.2018 aufzuheben,
36sowie den Bescheid über Zinsen zur Umsatzsteuer 2013 vom 3.05.2018 aufzuheben, soweit dort Zinsen zur Umsatzsteuer für Zeiträume nach Oktober 2013 festgesetzt worden sind.
37Der Beklagte beantragt,
38die Klage abzuweisen.
39Er verweist zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung und trägt vor, dass eine Klage wegen Zinsen zur Umsatzsteuer 2013 nicht anhängig sei. Unabhängig davon seien die Umsatzsteuer 2013 und die Umsatzsteuervoranmeldung für November 2017 für die Frage der Verzinsung nach § 233a AO getrennt voneinander zu betrachten.
40Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
41Entscheidungsgründe:
42Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).
43I. Soweit sich die Klage gegen die Umsatzsteuerfestsetzung 2013 richtet, ist sie zwar zulässig, aber unbegründet. Der Umsatzsteuerbescheid für 2013 vom 3.05.2018 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 26.07.2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat zu Recht den Vorsteuerabzug aus den Mietzahlungen der Klägerin für das Streitjahr 2013 versagt.
44Ungeachtet der Frage, ob die Vermieterin, die C GmbH, in 2013 bereits wirksam zur Umsatzsteuerpflicht optiert hat (vgl. zur Option z.B. FG des Saarlandes, Urteil vom 02.04.1991, UR 1993, 124; BFH-Urteil vom 16.07.1997 XI R 94/96, BFHE 183, 301, BStBl II 1997, 670), liegen die Voraussetzungen für die Gewährung des Vorsteuerabzugs für das Jahr 2013 aus der hier streitigen Vermietung nicht vor.
451.a) Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. von § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Der Vorsteuerabzug setzt dabei voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Dies erfordert insbesondere, dass die dem Unternehmer erteilte Rechnung den Anforderungen des § 14 Abs. 4 UStG entspricht (BFH, Urteil vom 10.09.2015 V R 17/14, BFH/NV 2016, 80).
46Fehlen die für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG erforderlichen Rechnungsangaben oder sind sie unzutreffend, besteht kein Anspruch auf Vorsteuerabzug (BFH, Urteile vom 22.07.2015 V R 23/14, BStBl II 2015, 914, und vom 2.09.2010 V R 55/09, BStBl II 2011, 235).
47b) Unionsrechtlich beruht das Rechnungserfordernis im Streitjahr auf Art. 178 Buchst. a und Art. 226 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Mehrwertsteuersystemrichtlinie --MwStSystRL--). Nach Art. 178 Buchst. a MwStSystRL muss der Steuerpflichtige, um das Recht auf Vorsteuerabzug ausüben zu können, für den Vorsteuerabzug nach Art. 168 Buchst. a MwStSystRL in Bezug auf die Lieferung von Gegenständen oder das Erbringen von Dienstleistungen eine gemäß Titel XI Kapitel 3 Abschnitte 3 bis 6 MwStSystRL ausgestellte Rechnung besitzen. In Art. 226 MwStSystRL ist geregelt, welche Angaben eine solche Rechnung unbeschadet der in der MwStSystRL festgelegten Sonderbestimmungen mindestens enthalten muss. Nach Art. 219 MwStSystRL als unionsrechtlicher Grundlage des § 31 Abs. 5 UStDV sind einer Rechnung jedes Dokument und jede Mitteilung gleichgestellt, das oder die die ursprüngliche Rechnung ändert und spezifisch und eindeutig auf diese bezogen ist.
48c) Der EuGH hat mit Urteil Senatex GmbH vom 15.09.2016 C-518/14 (EU:C:2016:691, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2016, 2211) entschieden, dass Art. 167, Art. 178 Buchst. a, Art. 179 und Art. 226 Nr. 3 MwStSystRL einer nationalen Regelung entgegenstehen, wonach der Berichtigung einer Rechnung in Bezug auf eine zwingende Angabe keine Rückwirkung zukommt, so dass das Recht auf Vorsteuerabzug in Bezug auf die berichtigte Rechnung nicht für das Jahr ausgeübt werden kann, in dem diese Rechnung ursprünglich ausgestellt wurde, sondern für das Jahr, in dem sie berichtigt wurde.
49d) Dieser Rechtsprechung hat sich der BFH mit drei Urteilen jeweils vom 20.10.2016 angeschlossen (V R 26/15, BFHE 255, 348, HFR 2017, 164; V R 54/14, BFH/NV 2017, 488 und V R 64/14, BFH/NV 2017, 490). Nach dieser Rechtsprechung ist § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG richtlinienkonform auszulegen (BFH, Urteil vom 6.04.2016 V R 6/14, BFHE 253, 456). Gleiches gilt für § 31 Abs. 5 UStDV. Wird zunächst eine Rechnung ausgestellt, die den Anforderungen der §§ 14, 14a UStG nicht entspricht, und wird diese Rechnung später nach § 31 Abs. 5 UStDV berichtigt, kann das Recht auf Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG aufgrund der berichtigten Rechnung für den Besteuerungszeitraum ausgeübt werden, in dem die Rechnung ursprünglich ausgestellt wurde.
50Voraussetzung für die Rückwirkung einer Berichtigung auf den Zeitpunkt, in dem die Rechnung ursprünglich ausgestellt wurde (BFH-Urteil vom 20.10.2016 V R 26/15, BFH/NV 2017, 252, Rz. 15), ist nach der Rechtsprechung des BFH aber, dass es sich um eine berichtigungsfähige Rechnung nach § 31 Abs. 5 Satz 1 UStDV handelt.
51e) Ein Dokument ist nach der Rechtsprechung des BFH jedenfalls dann eine Rechnung und damit berichtigungsfähig im zuvor genannten Sinne, wenn es Angaben
52- zum Rechnungsaussteller,
53- zum Leistungsempfänger,
54- zur Leistungsbeschreibung,
55- zum Entgelt und
56- zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer
57enthält (BFH, Urteil vom 20.10.2016 V R 26/15, BFH/NV 2017, 252, und Beschluss vom 20.07.2012 V B 82/11, BFHE 237, 545, BStBl II 2012, 809). Hierfür reicht es aus, dass sie zu den vorgenannten Kernmerkmalen (Mindestanforderungen) Angaben enthält und die Angaben nicht in so hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend sind, dass sie fehlenden Angaben gleichstehen.
582. Bei dem Mietvertrag vom 18.12.2012 in Verbindung mit den monatlichen Zahlungsbelegen handelt es sich nicht um eine berichtigungsfähige Rechnung in diesem Sinne.
59a) Bei Dauerschuldverhältnissen erfüllt ein Vertrag nur dann die Funktion einer Rechnung, wenn in dem Vertrag die Umsatzsteuer offen ausgewiesen ist und zudem ergänzende Zahlungsbelege vorgelegt werden, aus denen sich die Abrechnung für einen bestimmten Zeitraum ergibt (BFH-Beschluss vom 3.02.2016 V B 35/15, BFH/NV 2016, 794).
60b) Vorliegend fehlt es an einem ausreichenden Ausweis der Umsatzsteuer im Mietvertrag vom 18.12.2012. Danach soll neben dem Mietzins von 4.630 € die "jeweils gesetzliche Umsatzsteuer" geschuldet werden, was nicht für die erforderliche Ausweisung des auf das Entgelt entfallenden "konkreten" Steuerbetrags genügt (§ 14 Abs. 4 Nr. 8 UStG). Denn die „jeweils gesetzliche Umsatzsteuer“ beträgt im Regelfall 0 €, wenn nicht (ausdrücklich) auf die Steuerbefreiung des Umsatzes verzichtet wird (Option – § 9 UStG). Der Vorsteuerabzug, der zwischen den Beteiligten streitig ist, bezieht sich auf Vorsteuerbeträge aus von der C GmbH bezogenen Vermietungsleistungen, die nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei und nur aufgrund eines wirksamen Verzichts gemäß § 9 UStG steuerpflichtig sind. Die von der Klägerin bezogenen Vermietungsleistungen führen nur bei einem wirksamen Verzicht zu einer gesetzlich geschuldeten Steuer und damit zu abzugsfähigen Vorsteuerbeträgen. Allein der Passus „zuzüglich der jeweils gesetzlichen Umsatzsteuer“ im Mietvertrag ohne eine entsprechende Regelung zur Option oder ohne einen Hinweis auf die Ausübung der Option seitens des Vermieters genügt in diesem Fall den Anforderungen an den Ausweis der Umsatzsteuer nicht. Zwar ist in der Ausstellung einer Rechnung unter Ausweis von Umsatzsteuer seinerseits ein Verzicht auf die betreffende Steuerbefreiung zu erkennen. In dieser Eindeutigkeit lag der Verzicht auf die Steuerbefreiung aber erst bei Ausstellung der Dauerrechnung in 2017 vor. Für die hier strittige Frage, ob hinreichende rudimentäre Angaben zur „gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer“ vorliegen, kann ausgehend vom Mietvertrag mit seiner Klausel, dass die gesetzliche Umsatzsteuer geschuldet werde, und den Kontobelegen kein Ausweis von Umsatzsteuer erkannt werden. Denn auch aus den in den Zahlungsbelegen enthaltenen Beträgen lässt sich kein konstanter Umsatzsteuerbetrag bei einem konstanten Umsatzsteuersatz herauslesen. Zwar entspricht der gesamte Überweisungsbetrag von 5.509,70 € rein rechnerisch der vereinbarten Miete (zuzüglich Nebenkosten) in Höhe von 4.630,00 € zzgl. 19 % USt in Höhe 879,90 €. Da ausweislich der Zahlungsbelege jedoch der Betrag für Januar 2013 in einem Zahlungsvorgang, ab Februar 2013 immer in zwei Zahlungsvorgängen über 4.699,31 € (entspricht rechnerisch der Miete i.H.v. 3.427 € und den Betriebskosten i.H.v. 522 € zzgl. 19 % USt auf diesen Beträgen) und 810,39 € (entspricht rechnerisch den Heizkosten i.H.v. 681 € zzgl. 19 % USt hierauf) erfolgten und diese Beträge weder der Nettomiete zzgl. Nebenkosten einerseits noch dem USt-Betrag darauf andererseits entsprachen, war ein ausreichender und hinreichend konkreter Ausweis der Umsatzsteuer auch unter Berücksichtigung dieser Belege nicht gegeben.
61Damit lag im Streitjahr 2013 keine (berichtigungsfähige) Rechnung vor, so dass die am 18.10.2017 mit gesondertem Steuerausweis ausgestellte Dauerrechnung nicht auf das Jahr 2013 zurückwirkt.
623. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Vorsteuerabzug auch nicht deshalb für das Streitjahr zu gewähren, weil die Klägerin die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs durch sonstige weitere Informationen und Belege nachgewiesen hätte und es daher auf das Vorliegen einer Rechnung nicht ankomme.
63Nach dem BFH-Urteil vom 12.03.2020 V R 48/17 (DStR 2020, 1846), dessen Rechtssätze durch den erkennenden Senat geteilt werden, entspricht die Versagung des Vorsteuerabzugs für das Jahr, in dem der Steuerpflichtige lediglich über ein Dokument verfügt, das die Anforderungen an eine berichtigungsfähige Rechnung nicht erfüllt, und in dem deshalb eine - erstmalige - Rechnung noch nicht erteilt war, der Rechtsprechung des EuGH, wonach der Vorsteuerabzug erst ausgeübt werden kann, wenn die Lieferung oder sonstige Leistung bewirkt wurde und der Steuerpflichtige im Besitz einer Rechnung ist. Nach diesem Urteil ergibt sich etwas anderes weder aus dem EuGH-Urteil Vӑdan vom 21.11.2018 - C-664/16 (HFR 2019, 65) noch aus dem EuGH-Urteil Barlis 06 (HFR 2016, 1031). Das EuGH-Urteil Vӑdan enthalte keine Aussage zur Entbehrlichkeit einer Rechnung oder bestimmter Rechnungsinhalte, sondern bestätige vielmehr die Bedeutung einer Rechnung oder anderer Abrechnungsunterlagen für das Recht auf Vorsteuerabzug.
64Nach der EuGH-Entscheidung Barlis 06 könne der Vorsteuerabzug u.a. nicht allein wegen der unzureichenden Leistungsbeschreibung einer Rechnung versagt werden, wenn die Steuerbehörde über alle notwendigen Informationen verfügt, um zu prüfen, ob die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Rechts zum Vorsteuerabzug vorliegen. Dabei dürfe sich die Steuerverwaltung nicht auf die Prüfung der Rechnung selbst beschränken, sondern habe auch die vom Steuerpflichtigen beigebrachten zusätzlichen Informationen zu berücksichtigen. Im zugrundliegenden Fall habe das FA jedoch nicht über alle notwendigen Informationen verfügt, um zu prüfen, ob die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Rechts zum Vorsteuerabzug vorliegen.“
65Da vorliegend aus dem Mietvertrag – auch in Zusammenhang mit dem Zahlungsbelegen, wie bereits unter I. 2. b) eingehend ausgeführt – nicht eindeutig hervorging, von welchem gesetzlich geschuldeten Umsatzsteuerbetrag die Vermietende als Leistende und die Klägerin als Leistungsempfängerin ausgegangen sind, war im Streitjahr eine vollständige Prüfung der Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs bei der Klägerin nicht möglich. In Anbetracht dessen, dass der Leistungsempfänger keinen höheren Umsatzsteuerbetrag als Vorsteuer abziehen kann, als in der Rechnung gesondert ausgewiesen (vgl. BFH, Urteil vom 28.08.2014 V R 49/13, BFHE 247, 283) ist, ist der Ausweis des Umsatzsteuerbetrages insoweit nicht verzichtbar.
664. Etwas anderes ergibt sich nach Auffassung des Senats auch nicht aus den Urteilen des EuGH vom 12.04.2018 C-8/17, Biosafe (HFR 2018, 502-504) und vom 21.03.2018 C-533/16 Volkswagen AG (HFR 2018, 421-423).
67Aus beiden Entscheidungen folgt im Ergebnis, dass die Ausübung des Vorsteuerabzugs hinsichtlich einer erst in einer berichtigten Rechnung höheren als bisher ausgewiesenen Steuer nicht deshalb versagt werden darf, weil bestehende nationale Fristen für die Ausübung des Vorsteuerabzugs im Zeitpunkt der Besitzerlangung an der berichtigten Rechnung bereits abgelaufen sind (vgl. Reiß, UR 2008, 457; Wäger in Birkenfeld/Wäger, Das große Umsatzsteuer-Handbuch, 89. Lieferung 09.2020, Aktuell Berichtszeitraum II., Quartal 2018, Rz. 52 - 61).
68In diesen Entscheidungen wird die Frage, ob bei einem erstmaligen (oder erhöhten) Steuerausweis eine Rückwirkung auf den Zeitraum des Leistungsbezugs gegeben ist zumindest offen gelassen, wenn nicht sogar verneint (vgl. Kessens, MwStR 2019, 308, 311; Reiß, UR 2008, 457; Wäger in Birkenfeld/Wäger, Das große Umsatzsteuer-Handbuch, 89. Lieferung 09.2020, Aktuell Berichtszeitraum II. Quartal 2018, Rz. 52 - 61; Anmerkung Weymüller, MwStR 2018, 356; Anmerkung Grube, MwStR 2018, 441).
69II. Soweit in der Klage die Aufhebung der Zinsen zur Umsatzsteuer für Zeiträume nach Oktober 2013 begehrt worden ist, ist die Klage unzulässig. Die Klägerin hat gegen die Zinsfestsetzung keinen Einspruch eingelegt, so dass es am nach § 44 FGO erforderlichen Vorverfahren fehlt.
70III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
71IV. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).