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Der Umsatzsteuerbescheid 2014 vom 25. Juli 2017 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 20. September 2017 und der Einspruchsentscheidung vom 12. April 2018 wird dahingehend geändert, dass die festgesetzte Umsatzsteuer um xxx EUR herabgesetzt wird.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig voll-streckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Streitig ist, ob der Kläger diverse Wirtschaftsgüter im Rahmen einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen an seine Ehefrau übertragen hat. In diesem Zusammenhang ist auch streitig, ob der Verzicht auf die Geltendmachung von Kosten für die Ausbildung von zahlreichen Jungpferden, die im Eigentum der Ehefrau standen, der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen ist.
3Der Kläger ist als Trainer im Bereich des …-Reitsports tätig. Er trainierte Spitzensportler gemeinsam mit ihren jeweiligen (bereits vollständig ausgebildeten) …pferden auf allerhöchstem Niveau und nahm als Trainer an zahlreichen nationalen und internationalen Wettbewerben teil. Das Training erfolgte dergestalt, dass der Kläger zu den Hofanlagen der von ihm trainierten Sportler fuhr und dort die Trainingsstunden durchführte, wobei der Fokus auf dem Zusammenspiel von Reiter und Pferd lag.
4Daneben bildete er Jungpferde – ohne einen fest zugeordneten Reiter – zu … aus. Zu diesem Zweck beritten der Kläger oder seine Angestellten die Pferde persönlich. Für die Ausbildung nutzte der Kläger Stallungen, Reithallen und Anlagen, die er von seiner Ehefrau angemietet hatte und die Teil einer Hofanlage in S sind, auf der die Eheleute auch wohnen. Die Ehefrau ist ebenfalls Unternehmerin im Sinne des § 2 UStG und bildet selbst auch Jungpferde zu …pferden aus. Sie versteuert ihre Umsätze nach § 24 UStG.
5Die Jungpferde stammten überwiegend aus der Zucht der Ehefrau, die auch Eigentümerin dieser Jungpferde war. Ein kleiner Teil der Pferde stand im Eigentum fremder Dritter und wurde dem Kläger zu Ausbildungszwecken überlassen. Zu diesem Zweck betrieb der Kläger auch eine Pferdepension in den Stallungen. Für die Ausbildung zahlten die fremden Pferdeeigentümer an den Kläger monatlich Beträge für Ausbildung und Unterhalt.
6Die aus der Zucht der Ehefrau stammenden Pferde wurden nach erfolgreicher Ausbildung in Form einer bestandenen …prüfung erst durch den Kläger bis ins Jahr 2009 im eigenen Namen und später durch den Kläger in Eigenschaft als Vertreter seiner Ehefrau verkauft. Bis zu einem Verkauf wurden sämtliche Kosten für Ausbildung, Unterkunft und Versorgung aufgrund einer mündlichen Vereinbarung zwischen den Eheleuten allein vom Kläger getragen. Wenn der Kläger diese Pferde in eigenem Namen an Dritte verkaufte, kaufte er zunächst selbst aufgrund einer ebenfalls mündlichen Vereinbarung im Zeitpunkt unmittelbar vor dem Verkauf das Pferd von seiner Ehefrau, wobei diese dafür einen Preis in Höhe von 30 % des Verkaufspreises an den Drittkäufer erhielt. Ansonsten erhielt der Kläger keine laufende Vergütung von der Ehefrau für die Ausbildung der Pferde. Auf diese Weise hatte der Kläger die Chance, bei schneller und guter Ausbildung hohe Gewinne zu erzielen. Demgegenüber bestand sein unternehmerisches Risiko darin, bei langer Ausbildung oder Krankheiten oder Tod der Pferde wenig bis gar keine Vergütung für die Ausbildung zu erhalten.
7In Ausnahmefällen – zur Vermeidung von persönlichen Haftungsrisiken bei besonders hochpreisigen Pferden – veräußerte nicht der Kläger bzw. die Ehefrau die Pferde unmittelbar an den Käufer, sondern die Pferde wurden von der Ehefrau als Eigentümerin zunächst an eine zwischengeschaltete Gesellschaft, die O GmbH & Co. KG, veräußert, die ihrerseits die Pferde an den Käufer veräußerte. In diesen Fällen rechnete der Kläger seine Ausbildungsleistung gegenüber der O GmbH & Co. KG gesondert ab.
8Mit Wirkung zum 1. Juli 2014 kündigte der Kläger die zuvor bestehenden Mietverhältnisse zu seiner Ehefrau und schenkte ihr diverse Maschinen, Anlagen, Einrichtungen und Transportmittel. Bei sämtlichen Gegenständen waren am 1. Juli 2014 mindestens fünf Jahre seit der Anschaffung vergangen. Die Ehefrau trat auch in die Ausbildungs- und Versorgungsverträge fremder Pferdeeigentümer ein und übernahm die Angestellten des Klägers. Eine Ausgleichszahlung für eine bis zu diesem Zeitpunkt erfolgte Ausbildung der Jungpferde der Ehefrau erfolgte nicht. Auf der Hofstelle übte der Kläger seine Tätigkeit im Bereich der Ausbildung der Pferde, der Pferdepension und dem Pferdeverkauf ab diesem Zeitpunkt nicht mehr selbständig, sondern fortan als Angestellter seiner Ehefrau aus. Soweit der Kläger Trainingsstunden auf der Hofstelle in S erteilte, tat er dies ebenfalls als Angestellter seiner Ehefrau. Der Verkauf der ausgebildeten Pferde erfolgte fortan nur noch durch die Ehefrau. In Ausnahmefällen wurde – wie zuvor - die O GmbH & Co. KG zur Vermeidung von persönlichen Haftungsrisiken zwischengeschaltet.
9Die Tätigkeit als Trainer der Spitzensportler auf deren auswärtigen Höfen setzte der Kläger hingegen unverändert als selbständiger Unternehmer fort.
10Der Kläger behandelte die Übertragung in seiner Buchführung als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen im Sinne des § 1 Abs. 1a UStG. In seiner Umsatzsteuerjahreserklärung für 2014 erklärte der Kläger Umsätze zu 19 % in Höhe von xxx EUR und unentgeltliche Leistungen nach § 3 Abs. 9a UStG in Höhe von xxx EUR (Steuer insgesamt: xxx EUR). Zudem erklärte er Umsätze zu 7 % in Höhe von xxx EUR (Steuer: xxx EUR). Unter Berücksichtigung von Vorsteuerbeträgen in Höhe von xxx EUR resultierte aus der Erklärung des Klägers eine Umsatzsteuer in Höhe von xxx EUR.
11Im Zeitraum April 2016 bis Mai 2017 fand beim Kläger eine Umsatzsteuersonderprüfung statt. Die Prüfer gelangten zu der Auffassung, dass die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht vorliegen würden. Der Kläger habe die Wirtschaftsgüter unentgeltlich auf seine Ehefrau übertragen, was als Entnahme mit einem Wert von xxx EUR nach § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG zu besteuern sei. Außerdem habe er bestehende Forderungen gegenüber seiner Ehefrau nicht geltend gemacht. Insoweit sei die Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG vorzunehmen, die nach den bei der Ausführung der Umsätze entstandenen Ausgaben zu bemessen sei. Diese Ausgaben wurden mit xxx EUR pro (noch nicht verkauftes) Pferd und Jahr, insgesamt xxx EUR, beziffert. Zudem erhöhten die Prüfer die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der privaten PKW-Nutzung, was aber nicht mehr zwischen den Beteiligten streitig ist. Bezüglich der Einzelheiten wird auf den Bericht über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom 12. Juli 2017 verwiesen.
12In Umsetzung des Prüfungsberichts setzte der Beklagte mit Bescheid vom 25. Juli 2017 die Umsatzsteuer in Höhe von xxx EUR und Zinsen zur Umsatzsteuer in Höhe von xxx EUR fest.
13Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 28.8.2017 Einspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass aus seiner Sicht die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegen würden.
14Während des Einspruchsverfahrens machte der Beklagte die Erhöhung der unentgeltlichen Wertabgaben um xxx EUR für die private PKW-Nutzung wieder rückgängig. Am 20. September 2017 erging ein Änderungsbescheid, mit dem die Umsatzsteuer in Höhe von xxx EUR und Zinsen zur Umsatzsteuer in Höhe von xxx EUR festgesetzt wurden.
15Mit Einspruchsentscheidung vom 12. April 2018 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen für eine Geschäftsveräußerung im Ganzen würden nicht vorliegen, denn die Übertragung der Wirtschaftsgüter würde die Ehefrau nicht in die Lage versetzen, die selbständige wirtschaftliche Tätigkeit des Klägers fortzusetzen. Es handele sich vielmehr um Einzelwirtschaftsgüter, die für die Tätigkeit des Klägers zwar hilfreich, aber nicht wesentlich seien. Kern der wirtschaftlichen Tätigkeit des Klägers und damit wesentliche Grundlage seines Unternehmens seien seine persönlichen Fähigkeiten im Umgang mit Pferden. Diese Fähigkeiten könnten nicht Gegenstand eines Veräußerungsgeschäfts sein. Hinzu komme, dass sich für einen Außenstehenden auch nach dem Übertragungsvorgang an der geschäftlichen Tätigkeit des Klägers und seiner Ehefrau nichts geändert habe. Ein Außenstehender habe es nach der Übertragung nicht für ihn erkennbar mit einem neuen Unternehmer zu tun.
16Am 15. Mai 2018 hat der Kläger Klage zum Finanzgericht erhoben.
17Er vertritt die Auffassung, dass die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegen würden. Hintergrund der Übertragung der Wirtschaftsgüter auf die Ehefrau sei insbesondere die Vereinfachung der zwischen den Eheleuten bestehenden Geschäftsbeziehungen gewesen.
18Er habe bis zur Übertragung der Wirtschaftsgüter am 1. Juli 2014 zwei Teilbetriebe geführt. Der erste Teilbetrieb sei das Training von Pferden und Reitern auf auswärtigen Höfen und Reitsportanlagen (außerhalb des Hofes). Dieser Teilbetrieb werde unverändert von ihm weiterbetrieben. Hierfür seien keine Wirtschaftsgüter notwendig.
19Der zweite Teilbetrieb sei die Ausbildung von Jungpferden sowie die Pferdepensionsleistungen auf der von der Ehefrau gepachteten Hofstelle gewesen. Dieser Teilbetrieb sei mit sämtlichen Wirtschaftsgütern und auch mit seinem Kundenstamm auf die Ehefrau übertragen worden. Da die Ehefrau bereits Eigentümerin der vom Kläger zuvor gepachteten Stallungen, Reithallen und Anlagen sowie eines Teils der Pferde gewesen sei, habe bereits die Übertragung des Anlagevermögens zur Fortführung des Unternehmens ausgereicht; zudem sei die Ehefrau aber auch noch in die bestehenden Ausbildungsverträge eingetreten und habe die Mitarbeiter des Klägers und den Kläger persönlich als Angestellte übernommen.
20Persönliche Fähigkeiten – wie hier die Trainerfähigkeiten des Klägers – könnten nicht im zivilrechtlichen Sinne übertragen werden. Eine andere Ansicht hätte zur Konsequenz, dass Freiberufler ihr Unternehmen nie im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen übertragen könnten. Im Übrigen bestreitet er, über außerordentliche persönliche Fähigkeiten im Bereich der …pferdeausbildung zu verfügen.
21Jedenfalls widerspreche er, der Kläger, dass er über derart außerordentliche Fähigkeiten verfüge, die allein den Kern eines Unternehmens ausmachen würden. Seine Fähigkeiten im Bereich der gewerblichen …ausbildung, des Pensionsbetriebs und des und Pferdeverkaufs seien nicht außerordentlich im Vergleich zu anderen …ausbildern. Im diesem Bereich verfügten seine Ehefrau und auch viele andere Unternehmer über mindestens vergleichbare Fähigkeiten.
22Schließlich liege auch keine unentgeltliche Wertabgabe gem. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG vor, denn es habe keine von seinem Willen gesteuerte endgültige Wertabgabe gegeben. Die von ihm bereits erbrachten, jedoch nicht abgerechneten Leistungen seien Bestandteil der Geschäftsveräußerung im Ganzen. Jedenfalls handele es sich nicht um einen Forderungsverzicht, da die Forderungen zum Zeitpunkt der Veräußerung der Wirtschaftsgüter noch gar nicht bestanden hätten, sondern lediglich die Aussicht auf einen (umsatzbringenden) Verkauf der Pferde. Es habe zudem kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Ausbildungskosten und der späteren Abrechnung beim Verkauf des Pferdes gegeben. Die Höhe des Verkaufspreises seitens der Ehefrau an den Kläger sei nicht abhängig von den tatsächlich entstandenen Ausbildungskosten gewesen. Mangels Leistungsaustausch habe er auch keine entgeltlichen Leistungen an seine Ehefrau erbracht, auf deren Vergütung er habe verzichten können. Die Kosten stellten vielmehr eigene betriebliche Aufwendungen zum Zwecke der Erzielung von Einkünften aus dem Pferdeverkauf dar. Es handele sich um betriebliche Investitionen, vergleichbar mit Entwicklungskosten gewerblicher Unternehmen in mögliche neue Produkte, deren Erfolg aber unsicher war. Entsprechend sei es ihm auch nicht möglich gewesen, im Zeitpunkt der Übertragung einen selbständigen Anspruch gegen die Ehefrau geltend zu machen.
23Ein Forderungsverzicht wäre jedenfalls auch nach § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG umsatzsteuerfrei. Hilfsweise führt der Kläger an, dass mit Einstellung der Pferde der Ehefrau in den Pensionsbetrieb des Klägers das wirtschaftliche Eigentum – für Zwecke des Umsatzsteuerrechts maßgeblich – auf den Kläger übertragen worden sei. Im Rahmen der Geschäftsveräußerung Ganzen habe er dieses wirtschaftliche Eigentum (nicht umsatzsteuerbar) an seine Ehefrau zurück übertragen.
24Eine Besteuerung würde schließlich zu einer Doppelbesteuerung führen und gegen den Neutralitätsgrundsatz verstoßen.
25Zu der vom Beklagten angesetzten Bemessungsgrundlage trägt der Kläger – ebenfalls hilfsweise – vor, dass diese deutlich zu hoch sei und allenfalls mit xxx EUR pro Pferd und Jahr angesetzt werden könnte.
26Der Kläger beantragt,
27den Umsatzsteuerbescheid 2014 vom 25. Juli 2017 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 20. September 2017 und der Einspruchsentscheidung vom 12. April 2018 dahingehend zu ändern, dass die festgesetzte Umsatzsteuer um xxx EUR herabgesetzt wird;
28hilfsweise, die Revision zuzulassen.
29Der Beklagte beantragt,
30die Klage abzuweisen;
31hilfsweise, die Revision zuzulassen.
32Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen seine Ausführungen aus der Einspruchsentscheidung.
33Die außerordentlichen persönlichen Fähigkeiten des Klägers bei der …pferdeausbildung hätten den Kern seiner wirtschaftlichen Tätigkeit gebildet. Persönliche Fähigkeiten könnten jedoch nicht Gegenstand eines Veräußerungsgeschäfts sein. Demnach sei in Fällen, bei denen die wirtschaftliche Tätigkeit und der wirtschaftliche Erfolg eines Steuerpflichtigen ausschließlich auf dessen besonderen persönlichen Fähigkeiten beruhen würden (z. B. Trainer, Musiker, darstellende Künstler, Sportler, Dirigenten) eine Geschäftsveräußerung im Ganzen faktisch nicht möglich. Bei Freiberuflern (z. B. Ärzten, Rechtsanwälten, Steuerberatern) bestehe der Wert des Unternehmen in der Regel nicht aus umfangreichem Anlagevermögen oder aus besonderem Know-how des Betriebsinhabers, sondern aus den häufig über Jahre entwickelten Kundenbeziehungen, d.h. aus Patientenkartei oder dem Mandantenstamm.
34Ergänzend trägt er weiter vor, dass die Ehefrau im Bereich der …pferdausbildung die einzige Kundin des Klägers gewesen sei. Der Kläger habe keine eigenen Pferde verkauft, sondern allenfalls bei den von ihm vermittelten Verkäufen als Bevollmächtigter im Auftrag seiner Ehefrau auftreten können. Die übertragenen Vermögensgegenstände stellten auch kein Unternehmen oder einen in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführten Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 1a UStG dar. Ertragsteuerlich handele es sich bei den übertragenen Gegenständen noch nicht einmal um wesentliche Betriebsgrundlagen.
35Üblicherweise sei eine Geschäftsveräußerung für die Geschäftspartner eines Unternehmens daran zu erkennen, dass sie es danach mit einem neuen Unternehmer zu tun hätten. Vorliegend sei eine Geschäftsveräußerung aber nach außen nicht erkennbar gewesen, da der Kläger kein Interesse hieran gehabt habe, da er persönlich als „Erfolgstrainer“ gelte und dieses Bild auch weiterhin vermittelt werden sollte. Schließlich seien die Erlöse des Klägers vor der Übertragung und die Erlöse der Ehefrau nach der Übertragung nicht gleichartig.
36Zudem seien die nicht abgerechneten Ausbildungsleistungen als unentgeltliche Wertabgabe zu besteuern, weil diese Leistungen ansonsten endgültig der Umsatzbesteuerung entzogen seien. Die Bemessungsgrundlage sei zutreffend im Schätzungswege ermittelt worden.
37Ein Verstoß gegen den Neutralitätsgrundsatz liege nicht vor. Der Kläger habe auf der Eingangsseite Vorsteuern in Abzug gebracht und daher müssten die Umsätze auf der Ausgangsseite, einschließlich unentgeltlicher Wertabgaben besteuert werden. Die Ehefrau sei aufgrund der Durchschnittssatzbesteuerung nicht mit Umsatzsteuer belastet.
38Die Sache ist am 4. Juni 2019 vom vormals zuständigen Berichterstatter erörtert und am 1. Dezember 2020 vor dem Senat mündlich verhandelt worden. Bezüglich der Einzelheiten wird auf jeweiligen Protokolle verwiesen.
39Zudem wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.
40Entscheidungsgründe
41I. Die Klage ist begründet.
42Der Umsatzsteuerbescheid für 2014 vom 25. Juli 2017 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 20. September 2017 und der Einspruchsentscheidung vom 12. April 2018 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
43Die Übertragung der Wirtschaftsgüter zum 1. Juli 2014 erfolgte im Rahmen einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen (siehe hierzu unter 1.). Die Nichtgeltendmachung von bis zum 1. Juli 2014 angefallenen Kosten erfüllt keinen Besteuerungstatbestand, der eine Umsatzsteuerbarkeit begründet (siehe hierzu unter 2.).
441.
45Die Übertragung der Wirtschaftsgüter an die Ehefrau zum 1. Juli 2014 war nicht steuerbar. Sie erfolgte im Rahmen einer Übertragung eines in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführten Betriebs im Ganzen i.S. des § 1 Abs. 1a UStG.
46a)
47Nach § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG unterliegen die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird (Satz 2). Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers (Satz 3).
48Unionsrechtliche Grundlage von § 1 Abs. 1a UStG ist Art. 19 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Danach können die Mitgliedstaaten die Übertragung des Gesamtvermögens oder eines Teilvermögens, die entgeltlich oder unentgeltlich oder durch Einbringung in eine Gesellschaft erfolgt, so behandeln, als ob keine Lieferung von Gegenständen vorliegt, und den Begünstigten der Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenden ansehen.
49b)
50Die Regelung verfolgt den Zweck, Übertragungen von Unternehmen zu erleichtern. Es soll vermieden werden, dass die Mittel des Erwerbers mit einer erheblichen Ausgabe belastet werden, zumal er diese Belastung später durch einen Vorsteuerabzug wiedererlangen würde (vgl. in diesem Sinne EuGH, Urteile vom 27. November 2003, Zita Modes, C‑497/01, EU:C:2003:644, Rn. 39; vom 10. November 2011, Schriever, C‑444/10, EU:C:2011:724, Rn. 23; vom 19. Dezember 2018, Mailat, C-17/18, ECLI:EU:C:2018:1038, Rn. 13).
51Bei dem Begriff „Teilvermögen" handelt es sich um einen autonomen unionsrechtlichen Begriff, der einheitlich ausgelegt werden muss, um eine unterschiedliche Anwendung der Mehrwertsteuerregelungen in den Mitgliedstaaten zu verhindern (vgl. in diesem Sinne EuGH, Urteile vom 27. November 2003, Zita Modes, C‑497/01, EU:C:2003:644, Rn. 32 und 34 f.; vom 10. November 2011, Schriever, C‑444/10, EU:C:2011:724, Rn. 22; BFH, Urteil vom 29. August 2018, XI R 37/17, BFH/NV 2018, 1352, Rn. 23).
52Der Begriff „Übertragung des Gesamtvermögens oder eines Teilvermögens“ ist vom EuGH dahin ausgelegt worden, dass er die Übertragung eines Geschäftsbetriebs oder eines selbständigen Unternehmensteils erfasst, die jeweils materielle und gegebenenfalls immaterielle Bestandteile umfassen, die zusammengenommen ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann. Die bloße Übertragung von Gegenständen wie den Verkauf eines Warenbestands schließt der Begriff hingegen nicht ein (vgl. in diesem Sinne EuGH, Urteile vom 27. November 2003, Zita Modes, C‑497/01, EU:C:2003:644, Rn. 40; vom 10. November 2011, Schriever, C‑444/10, EU:C:2011:724, Rn. 24; vom 19. Dezember 2018, Mailat, C-17/18, ECLI:EU:C:2018:1038, Rn. 14).
53Nach dieser Rechtsprechung des EuGH muss die Gesamtheit der übertragenen Bestandteile ausreichen, um die Fortführung einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit zu ermöglichen. Ob hierfür die Übertragung von sowohl unbeweglichen als auch beweglichen Gegenstände erfolgen muss, ist im Hinblick auf die Art der in Rede stehenden wirtschaftlichen Tätigkeit zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne EuGH, Urteile vom 10. November 2011, Schriever, C‑444/10, EU:C:2011:724, Rn. 25 und 26; vom 19. Dezember 2018, Mailat, C-17/18, ECLI:EU:C:2018:1038, Rn. 15). Bei der Gesamtwürdigung der tatsächlichen Umstände ist der Art der wirtschaftlichen Tätigkeit, deren Fortführung geplant ist, besondere Bedeutung zuzumessen (vgl. in diesem Sinne EuGH, Urteile vom 10. November 2011, Schriever, C‑444/10, EU:C:2011:724, Rn. 32; vom 19. Dezember 2018, Mailat, C-17/18, ECLI:EU:C:2018:1038, Rn. 16).
54Nach diesen Rechtsprechungsgrundsätzen handelt es sich z.B. beim Betrieb eines Restaurants um eine Tätigkeit, die grundsätzlich nicht ohne ein Geschäftslokal ausgeübt werden kann. Der EuGH hält es in diesen Fällen zur Fortführung des Restaurants nicht per se für notwendig, dass der veräußernde Inhaber des Unternehmens zugleich auch der Eigentümer des Geschäftslokals ist, in dem das Unternehmen betrieben wird (vgl. in diesem Sinne EuGH, Urteile vom 10. November 2011, Schriever, C‑444/10, EU:C:2011:724, Rn. 34; vom 19. Dezember 2018, Mailat, C-17/18, ECLI:EU:C:2018:1038, Rn. 20). Wenn sich nämlich zeigt, dass der Erwerber zur Fortführung der betreffenden wirtschaftlichen Tätigkeit über dasselbe Geschäftslokal verfügen muss, das dem Veräußerer zur Verfügung stand, spricht nach der Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich nichts dagegen, dass ihm der Besitz durch Abschluss eines Mietvertrags eingeräumt wird (vgl. in diesem Sinne EuGH, Urteile vom 10. November 2011, Schriever, C‑444/10, EU:C:2011:724, Rn. 36; vom 19. Dezember 2018, Mailat,C-17/18, ECLI:EU:C:2018:1038, Rn. 20; siehe auch: BFH, Urteil vom 29. August 2018, XI R 37/17, BFHE 262, 286, BStBl II 2019, 378, Rn. 37, 38).
55Nach der Rechtsprechung des BFH bezieht sich der Begriff des „Teilvermögens“ auf eine Kombination von Bestandteilen eines Unternehmens, die zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ausreicht, auch wenn diese Tätigkeit nur Teil eines größeren Unternehmens ist, von dem sie abgespalten wurde (vgl. in diesem Sinne BFH, Urteile vom 19. Dezember 2012 , XI R 38/10, BFHE 240, 366, BStBl II 2013, 1053, Rn. 35; vom 4. Februar 2015, XI R 14/14, BFHE 250, 240, BStBl II 2015, 908. Rn. 26; vom 29. August 2018, XI R 37/17, BFHE 262, 286, BStBl II 2019, 378, Rn. 23). Die organisatorischen Verhältnisse beim Veräußerer sind unmaßgeblich (vgl. z. B. BFH, Urteile vom 19. Dezember 2012, XI R 38/10, BFHE 240, 366, BStBl II 2013, 1053, Rn. 45; vom 29. August 2018, XI R 37/17, BFHE 262, 286, BStBl II 2019, 378, Rn. 23).
56Der Erwerber muss nach der Rechtsprechung des BFH außerdem beabsichtigen, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben. Nicht begünstigt ist die sofortige Abwicklung der übernommenen Geschäftstätigkeit (BFH, Urteil vom 30. April 2009, V R 4/07, BFHE 226, 138, BStBl II 2009, 863, Rn 25; vom 18. Januar 2012, XI R 27/08, BFHE 235, 571, BStBl II 2012, 842, Rn. 19; vom 19. Dezember 2012, XI R 38/10, BFHE 240, 366, BStBl II 2013, 1053, Rn. 34).
57Der Erwerber darf den von ihm erworbenen Geschäftsbetrieb z.B. aus betriebswirtschaftlichen oder kaufmännischen Gründen in seinem Zuschnitt ändern oder modernisieren (BFH, Urteil vom 23. August 2007, V R 14/05, BFHE 219, 229, BStBl II 2008, 165, Rn. 31; vom 29. August 2012, XI R 10/12, BFHE 239, 359, BStBl II 2013, 221, Rn. 22). Jedoch müssen die vor und nach der Übertragung ausgeübten bzw. geplanten Tätigkeiten übereinstimmen oder sich zumindest hinreichend ähneln. Dabei ist der Art der wirtschaftlichen Tätigkeit, deren Fortführung geplant ist, im Rahmen einer Gesamtwürdigung besondere Bedeutung zuzumessen (vgl. BFH, Urteil vom 29. August 2018, XI R 37/17, BFHE 262, 286, BStBl II 2019, 378, Rn. 25).
58c)
59Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kommt der Senat im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung zu dem Ergebnis, dass die Übertragung der Gegenstände im Rahmen einer nicht steuerbaren Übertragung eines in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführten Betriebs im Ganzen erfolgte.
60Der Kläger hat mit den später übertragenen Gegenständen Jungpferde zu …pferden ausgebildet und eine Pferdepension betrieben. Hierbei handelt es sich um selbständige wirtschaftliche Tätigkeiten, die eindeutig von der anderen Tätigkeit des Klägers – dem Training der Spitzensportler und deren Pferden auf auswärtigen Anlagen und bei Turnieren – abgegrenzt werden können.
61Zur Ausübung der Ausbildungstätigkeit und der Pferdepensionshaltung nutzte der Kläger neben den übertragenen Gegenständen auch Anlagen (z. B. Stallungen, Reithallen), die bereits ohnehin im Eigentum der Ehefrau und späteren Erwerberin standen. Nach der Übertragung der Gegenstände und der Beendigung der Mietverhältnisse standen alle für die Fortsetzung der Ausbildung und der Pferdepensionshaltung erforderlichen Gegenstände und Anlagen im Eigentum und zur uneingeschränkten Verfügung der Ehefrau. Demnach reichte die Gesamtheit der übertragenen Bestandteile aus, um die Fortführung einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit – der Ausbildung der Pferde und der Pferdepensionstierhaltung – zu ermöglichen, was auch – unstreitig – tatsächlich geschah. Der erkennende Senat ist der Auffassung, dass die Kündigung eines Mietvertrags betreffend die für das Unternehmen wesentlichen Betriebsgrundlagen zur Wiedereinräumung sämtlicher Nutzungs- und Fruchtziehungsrechte des Eigentümers der Einräumung dieser Rechte durch Mietvertrag gleichsteht.
62Der Senat hat außerdem im Rahmen der Gesamtwürdigung der tatsächlichen Umstände und insbesondere der Art der wirtschaftlichen Tätigkeit dem Umstand besondere Bedeutung beigemessen, dass der Kläger selbst auch seine Tätigkeit fortan als Angestellter der Ehefrau fortgesetzt hat. Demnach hat der Kläger nicht nur die Gegenstände übertragen, sondern auch seine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt, sodass eine nahtlose Fortsetzung des Ausbildungs- und Pferdepensionshaltungsbetriebs gewährleistet war. Auf die von den Beteiligten diskutierte Frage, ob besondere persönliche Fähigkeiten Teil einer Geschäftsveräußerung sein können, kommt es mithin gar nicht an. Unabhängig davon verfügt die Ehefrau selbst auch über entsprechende Kenntnisse und Fähigkeiten für die Pferdeausbildung.
63Die höchstrichterliche Rechtsprechung verlangt nur die Möglichkeit der Fortführung des Unternehmens und gesteht ausdrücklich zu, dass der Geschäftsbetrieb z.B. aus betriebswirtschaftlichen oder kaufmännischen Gründen in seinem Zuschnitt geändert oder modernisiert wird. Die Änderung besteht vorliegend darin, dass die Ausbildung nach Übertragung der Gegenstände vom Kläger in der Eigenschaft als Angestellter seiner Ehefrau – und nicht mehr als Selbständiger – erfolgte.
64Entscheidend ist, dass die vor und nach der Übertragung ausgeübten bzw. geplanten Tätigkeiten und ausgeführten Umsätze übereinstimmen oder sich zumindest hinreichend ähneln. Dies ist unstreitig der Fall. Vor und nach der Übertragung der Gegenstände wurden Pferde ausgebildet, in Pension gehalten und Erlöse aus dem Verkauf von Pferden erzielt. Wer Eigentümer der Pferde ist oder war hat keinen Einfluss auf die konkrete Tätigkeit der Pferdeausbildung. Unerheblich ist auch, dass die Verkäufe in Ausnahmefällen über die O GmbH & Co KG erfolgten. Denn diese Gestaltung wurde auch nach der Übertragung fortgesetzt. Die Ausbildungskosten wurden nur nicht mehr vom Kläger, sondern – nach der Übertragung – von der Ehefrau gesondert mit der O GmbH & Co KG abgerechnet.
65Aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Geschäftsveräußerungen im Ganzen bei Restaurants in gemieteten Immobilien zieht der Senat den Schluss, dass auch die Veräußerung eines Inventars – oder hier: sämtlicher Wirtschaftsgüter des Klägers – eine (teilweise) Geschäftsveräußerung im Ganzen darstellt, wenn sich weitere Maßnahmen – hier: die Fortsetzung der Ausbildungsleistung durch den Kläger im Angestelltenverhältnis und die Beendigung sämtlicher Mietverträge hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlagen, deren Eigentümer der Erwerber bereits ist – im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang anschließen.
662.
67Schließlich vermag der Senat auch nicht erkennen, auf welcher Grundlage die Nichtgeltendmachung der bis zum 1. Juli 2014 angefallenen Kosten für die Pferdeausbildung zu einer Besteuerung des Klägers führen soll.
68a)
69Nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG wird die unentgeltliche Erbringung einer sonstigen Leistung durch den Unternehmer einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt, soweit sie für Zwecke erfolgt, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen.
70Unionsrechtliche Grundlage ist Art. 26 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL, wonach die unentgeltliche Erbringung von Dienstleistungen durch den Steuerpflichtigen für seinen privaten Bedarf, für den Bedarf seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde
71Zwecke einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichgestellt wird.
72b)
73Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind. Sie können auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustands bestehen (§ 3 Abs. 9 S. 2 UStG). Auch der Verzicht auf die Geltendmachung von Forderungen stellt eine sonstige Leistung dar.
74Als sonstige Leistung, die nach Auffassung des Beklagten in 2014 zu besteuern wäre, kommt einerseits die Ausbildungsleistung selbst (aa)) und andererseits der der Verzicht auf die Geltendmachung von Ausbildungskosten (bb)) in Betracht. Die Ausbildungsleistung als solche wurde (hinsichtlich der bereits verkauften Pferde) größtenteils in früheren Jahren erbracht und wäre insoweit allein deshalb nicht in 2014 der Besteuerung zu unterwerfen.
75aa) Der erkennende Senat könnte, selbst unter der Annahme, dass die Ausbildungsleitung nicht von der Nichtsteuerbarkeit der Geschäftsveräußerung im Ganzen erfasst würde, für den Streitzeitraum keine Steuerentstehung hinsichtlich der Ausbildungsleistung betreffend die noch nicht veräußerten Pferde nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 UStG feststellen. Danach entsteht die Steuer, für Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und 9a UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem diese Leistungen ausgeführt worden sind. Die Ausbildungsleistung wurde stets über einen Anteil am Kaufpreis der Pferde vergütet, aber nicht eigenständig. Bis zum Verkauf des jeweiligen Pferds (Bedingung) kann die Ausbildungsleistung daher nicht als abgeschlossen und damit als „ausgeführt“ i. S. des § 13 Abs. 1 Nr. 2 UStG angesehen werden. Eine Steuerentstehung im Streitzeitraum scheidet damit in jedem Fall aus.
76bb) Der Kläger hatte auch im Übrigen keine fälligen Forderungen gegen seine Ehefrau, auf die er hätte verzichten können. Denn ausweislich der – vom Beklagten nicht bestrittenen – vertraglichen Abrede, sollte die jeweilige Forderung erst entstehen, wenn die Pferde tatsächlich verkauft werden. Die verbliebenen Pferde waren aber noch nicht verkauft, sodass auch die jeweiligen Forderungen weder entstanden noch fällig waren.
77c)
78Selbst wenn Forderungen bestanden hätten, wäre der Verzicht aufgrund der (teilweisen) Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht steuerbar (siehe unter I. 1.).
79d)
80Schließlich besteht auch nicht – anders als der Beklagte meint – die Gefahr einer Nichtbesteuerung. Denn die Ausbildungsleistung des Klägers findet Berücksichtigung im späteren Verkaufspreis des Pferdes, der bei der Ehefrau der Umsatzbesteuerung unterliegt. Die Lieferung von ausgebildeten …pferden ist nicht vom Anwendungsbereich des § 24 UStG erfasst, weil sie nicht im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs im Sinne des § 24 UStG erfolgt. Denkbar wäre eine Anwendung von § 24 UStG nur für die Fälle, in denen die Pferde zu land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken ausgebildet werden (vgl. in diesem Sinne BFH, Urteil vom 21. Januar 2015 – XI R 13/13 –, BFHE 248, 462, BStBl II 2015, 730). Bei Freizeit- oder Sportpferden ist dies nicht der Fall.
81Es ist daher – so die Überzeugung des Senats – auch nicht wegen der Gefahr des Verlusts von Umsatzbesteuerungsmöglichkeiten eine einschränkende Auslegung von § 1 Abs. 1a UStG geboten (zur Abgrenzung vgl. FG Münster, Gerichtsbescheid vom 20. Mai 2020 15 K 1850/17 U, EFG 2020, 1352).
82II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
83III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
84IV. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.