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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über verdeckte Gewinnausschüttungen – vGA – in den Streitjahren 2009 bis 2011.
3Die Klägerin ist eine mit Gründungsurkunde und Gesellschaftsvertrag vom xx.x.1984 gegründete (UR-Nr. 001/1984 des Notars A in B) und im Handelsregister des Amtsgerichts C unter HRB xxxx eingetragene GmbH. Unternehmensgegenstand ist lt. Handelsregister „...“. Alleiniger Geschäftsführer der Klägerin ist seit ihrer Gründung Herr X (im Folgenden: „X“). X hatte bei Gründung der Klägerin das volle Stammkapital i.H.v. 50.000 DM übernommen.
4In einer weiteren notariellen Urkunde vom xx.x.1984 (UR-Nr. 002/1984 des Notars A in B) erklärten X und Herr Q (im Folgenden: „Q“), sie übergäben ein „3-seitiges Schriftstück beinhaltend einen Vertrag“ mit der Bitte um Beurkundung. Sie würden sich zum Inhalt des „3-seitigen Schriftstücks“ bekennen und den Vertrag schließen. Das dreiseitige Schriftstück wurde nach Verlesen als Anlage der Urkunde beigefügt. Nach diesem Vertrag erhielt X zum Zwecke der Gründung der Klägerin von Q ein Darlehen über 50.000 DM, das zur Einzahlung der Stammeinlage bei der Klägerin verwendet werde (Vorbemerkung des Vertrags). Im Gegenzug trat X seine Gewinnbezugsrechte an Q ab und übertrug ihm seine Stimmrechte (§ 1, § 2 Abs. 1 des Vertrags). Von seinem Stimmrecht bei der Klägerin konnte X nur nach Weisung von Q Gebrauch machen (§ 2 Abs. 3 des Vertrags). X durfte über seine Einlage und seine Beteiligung nicht ohne schriftliche Zustimmung des Q verfügen (§ 3 des Vertrags). Außerdem war vertraglich geregelt, dass Q jederzeit die Übertragung der Geschäftsanteile auf sich verlangen konnte (§ 4 Abs. 1 des Vertrags). Mit der Übertragung sollte der Darlehensanspruch des Q über 50.000 DM erfüllt sein. Ein weiteres Entgelt wurde für die Übertragung nicht geschuldet (§ 4 Abs. 2 des Vertrages).
5Mit Gesellschafterbeschluss vom xx.x.1989 (UR-Nr. 003/1989 des Notars D in C) erhöhte X das Stammkapital der Klägerin um 150.000 DM auf 200.000 DM. Zur Übernahme der neuen Stammeinlagen ließ X allein sich selbst zu.
6Am xx.x.1989 schlossen die Klägerin und Q einen „Beratervertrag“, der u.a. Folgendes regelte:
7„1. Herr Q übernimmt die Beratung der Firma Z. GmbH, C im Hinblick auf Marketing-, Vertriebs- und Innovationsfragen.
82. Herr Q ist an Dienststunden nicht gebunden. Die Beratung erfolgt je nach Bedarf. Die Vertragsschließenden gehen davon aus, daß der Umfang der Beratung monatlich ca. 20 Arbeitsstunden in Anspruch nimmt. Die Beratung kann sowohl am Geschäftssitz der Firma in C, wie auch von einem anderen Arbeitssitz des Herrn Q aus stattfinden.
93. Herr Q erhält für seine Tätigkeit ab 1. Juli 89 ein monatliches Entgelt in Höhe von DM 2‘000,00 (handschriftlich geändert: Betrag „2‘000,00“ durchgestrichen, stattdessen 5‘000,00 + MwSt ab 1.1.93). Der Betrag ist jeweils zum Monatsende fällig und zahlbar.
104. Die Beratung erfolgt im Rahmen eines freien Mitarbeiterverhältnisses. Soweit im Rahmen dieser Beratung Geschäftsreisen erforderlich werden, erhält Herr Q hierfür Ersatz seiner Aufwendungen nach Beleg. Die Reisekosten werden vergütet mit 0,42 DM pro gefahrenen Kilometer.
115. Dieser Vertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Er kann mit einer Frist von einem Monat auf Quartalsende von beiden Seiten gekündigt werden.“
12Mit einem Gesellschafterbeschluss vom xx.x.1990 (UR-Nr. 004/1990 des Notars D in C) erhöhte X das Stammkapital der Klägerin um 300.000 DM auf 500.000 DM. Zur Übernahme der neuen Stammeinlagen ließ X wiederum nur sich selbst zu.
13Wegen der Einzelheiten wird auf die genannten Verträge und Gesellschafterbeschlüsse verwiesen.
14In einem Schreiben des Herrn Steuerberaters E, F, vom 21.4.1997 erläuterte dieser gegenüber dem Beklagten, in der UR-Nr. 002/1984 des Notariats sei die „bekannte Treuhandvereinbarung“ geregelt worden, welche bis zum heutigen Tag nicht aufgehoben worden sei. Bei der ersten Kapitalerhöhung vom xx.x.1989 (UR-Nr. 003/1989 des Notars D) habe X „26 % des Erhöhungskapitals eingezahlt und vereinbarungsgemäß 26 % des Erstkapitals von 50.000,00 DM über den Mitgesellschafter Q (als abgekürzten Zahlungsweg)“. Zum Zeitpunkt der ersten Kapitalerhöhung hätten die Gesellschafter vereinbart, dass ab diesem Zeitpunkt das Darlehensverhältnis, welches im Treuhandvertrag geregelt gewesen sei, aufgehoben werde und das ursprünglich geplante Beteiligungsverhältnis 26 % / 74 % somit hergestellt werde. Ein schriftlicher oder notarieller Vertrag zur Aufhebung des Darlehensverhältnisses liege nicht vor, weil das ursprünglich begründete Treuhandverhältnis habe weiterbestehen sollen. Bei der zweiten Kapitalerhöhung auf 500.000 DM sei entsprechend dem neuen Beteiligungsverhältnis getrennt eingezahlt worden. Darlehensverhältnisse oder weitere Treuhandverhältnisse seien nicht neu begründet worden.
15In einer „Bestätigung“ unter dem Briefkopf der Klägerin vom 12.11.2007 bestätigen Q und X jeweils mit ihrer Unterschrift, dass beide Gesellschafter der Klägerin seien. Im Innenverhältnis seien Q zu 74 % und X zu 26 % beteiligt. Bei sämtlichen offenen Gewinnausschüttungen sei dieses Beteiligungsverhältnis berücksichtigt und tatsächlich vollzogen worden. Die nominell von X vorgenommenen Kapitalerhöhungen hätten an der Beteiligungsquote nichts geändert, da sie im Innenverhältnis von X mit einer Quote von 74:26 für Q durchgeführt worden seien. Das Treuhandverhältnis habe im Übrigen weiterhin Bestand. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schreiben vom 21.4.1997 und 12.11.2007 verwiesen.
16Die Klägerin leistete für die Wirtschaftsjahre 1990 bis 2002 die folgenden offenen Gewinnausschüttungen an X und Q jeweils im Verhältnis 26 % / 74 %:
17Wirtschaftsjahr |
Auszahlung am |
DM |
€ |
1990 |
10.02.1993 |
125.000,00 |
63.911,49 |
1991 |
17.12.1993 |
400.000,00 |
204.516,75 |
1992 |
01.02.1994 |
400.000,00 |
204.516,75 |
1993 |
08.12.1994 |
735.000,00 |
375.799,53 |
1994 |
10.05.1996 |
600.000,00 |
306.775,13 |
1995 |
30.01.1997 |
500.000,00 |
255.645,94 |
1996 |
15.05.1998 |
300.000,00 |
153.387,56 |
1997 |
14.04.1999 |
100.000,00 |
51.129,19 |
1998 |
04.01.2001 |
100.000,00 |
51.129,19 |
1999 |
27.07.2001 |
100.000,00 |
51.129,19 |
2000 |
10.01.2002 |
100.000,00 |
51.129,19 |
2001 |
30.12.2002 |
60.000,00 |
|
2002 |
28.01.2005 |
50.000,00 |
|
Summe |
1.879.069,91 |
Für die Streitjahre 2009 bis 2011 erfolgten keine Gewinnausschüttungen.
19In den Streitjahren stellte Q jeweils zu Beginn des Jahres eine Rechnung i.H.v. 36.506,25 € (brutto), darin 5.828,73 € Umsatzsteuer, für das jeweilige Jahr im Voraus an die Klägerin aus. Die Rechnungen wiesen den Text „Beraterhonorar [Jahreszahl]-Jahresrechnung“ sowie die zwölf Monate des Jahres mit je 2.556,46 € (netto) auf. Wegen der Einzelheiten wird auf die Rechnungen verwiesen. Die Klägerin verbuchte diese Rechnungen bereits zu Jahresbeginn kreditorisch. Sodann leistete sie an Q monatliche Zahlungen auf den Jahresrechnungsbetrag.
20Die Klägerin ermittelte ihren Gewinn durch Bestandsvergleich gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes – KStG – i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 des Einkommensteuergesetzes – EStG –. In den von ihr abgegebenen Körperschaft- und Gewerbesteuerserklärungen erklärte sie steuerliche Jahresüberschüsse von xx.xxx € (2009), xx.xxx € (2010) und xx.xxx € (2011). In den Anlagen WA zur Körperschaftsteuererklärung gab die Klägerin als Anteilseigner jeweils Q zu 74 % und X zu 26 % an. Der Beklagte veranlagte die Klägerin überwiegend erklärungsgemäß und für die Jahre 2009 und 2011 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung – AO –.
21Am 18.11.2013 begann eine Betriebsprüfung bei der Klägerin. Während der Prüfung forderte der Prüfer die Klägerin mit Schreiben vom 28.3.2014 auf, die Beratungskosten zu erläutern und die von Q erbrachten Leistungen detailliert darzustellen. Mit Schriftsatz des damaligen Beraters, des Herrn WP/StB G, C, vom 12.5.2014 teilte dieser mit, es lägen Unterlagen dazu aus den Streitjahren nicht vor, weil die Klägerin unbürokratisch arbeite und weitestgehend auf Schriftwechsel, Aktenvermerke oder Ähnliches verzichte. Die umfangreiche, hoch qualifizierte und regelmäßige Beratung durch Q sei ausschließlich mit dem Verkaufsdirektor der Klägerin, Herrn H, entweder bei persönlichen Treffen oder per Telefonkontakt erfolgt. Die persönlichen Treffen hätten stattgefunden im Büro- und Privatgebäude in B, im Hotel J, im Hotel K, bei Treffen in C und L sowie bei Treffen mit Aufsichtsräten und anlässlich von Messen.
22Die wesentlichen Messen seien gewesen: „...“, „...“, „...“, „...“, „...“, „...“, „...“, „...“, „...“, „...“, „...“, „...“, „...“ und „...“. Die persönlichen Vorbereitungsgespräche von Q für alle Messen in Deutschland hätten im Wesentlichen folgende Inhalte gehabt: Standort des Messestandes, Größenordnung, Exponate, Farbgestaltung, Anzahl der Mitarbeiter, Outfit der Mitarbeiter (Herren: dunkelblaue Anzüge, Damen: dezente Kleidung), Preisausschreiben, Messerabatte, Talkshow (welcher Moderator, welcher Stargast), Umsatzziele (Neukunden). Das Engagement des Q bei Messen sei sehr stark gewesen, insbesondere auch im Hinblick auf das Erreichen von Neukunden. Aber auch auf anderen Gebieten hätten Beratungen, Diskussionen und Streitgespräche mit Q stattgefunden, so z.B. beim Wechsel von Firmenfahrzeugen. Weitere Beratungen durch Q seien bezüglich der Einführung einer betrieblichen Altersversorgung und eines Betriebsrats erfolgt. Dementsprechend habe die Beratung durch Q tatsächlich die im Beratervertrag vorgesehenen Beratungsfelder Marketing-, Vertriebs- und Innovationsfragen umfasst. Der Erfolg lasse sich an der Bilanzposition „Bilanzgewinn“ ablesen, die immerhin dazu führe, dass die Gesellschaft ein Eigenkapital i.H.v. 25 % der Bilanzsumme ausweisen könne. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 12.5.2014 verwiesen.
23In seinem Prüfungsbericht vom 31.3.2015 gelangte der Prüfer unter Tz. 2.2 zu dem Ergebnis, bei den Zahlungen an Q aufgrund der Beratung handele es sich um vGA im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Die vertragliche Vereinbarung und Abwicklung entspreche nicht den üblichen geschäftlichen Gepflogenheiten. Q sei mit 74 % am Stammkapital der Klägerin beteiligt und beherrschender Gesellschafter. Ursächlich für den Abschluss des Beratervertrags sei das Gesellschaftsverhältnis. Weder im Beratervertrag noch in den Eingangsrechnungen seien die erbrachten oder zu erbringenden Leistungen genau definiert. Die Klägerin habe auch keine Dokumentation der Art und des Umfangs der erbrachten Leistungen vorgelegt. Weiter sei nicht nachvollziehbar, auf welcher Grundlage die Honorare erhöht worden seien. Es sei auch nicht verständlich, wie sich der Berater die erforderlichen Kenntnisse beschafft habe, um die Klägerin beraten zu können. Im Übrigen sei die Rechnung immer zu Beginn eines jeden Jahres gestellt worden, obwohl im Beratervertrag eine monatliche Kündigungsfrist zum Quartalsende vereinbart worden sei. Es sei nicht glaubhaft, dass überhaupt ein Leistungsaustausch stattgefunden habe. Auch die im Schreiben vom 12.5.2014 beschriebene Zusammenarbeit sei nicht dokumentiert. Die Bruttobeträge aus den Rechnungen des Q seien als vGA zu erfassen. Ausweislich einer Mehr- und Weniger-Rechnung (Anlage 2 zum Prüfungsbericht) verminderte der Prüfer den Steuerbilanzgewinn der Klägerin um die Umsatzsteuer aus den Rechnungen des Q in Höhe von jährlich 5.828,73 € sowie um Steuer- und Zinsrückstellungen. Daraus ergaben sich Gewinnminderungen von 16.382,73 € (2009), 16.682,73 € (2010) und 17.848,73 € (2011). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 31.3.2015 Bezug genommen.
24Am 16.6.2016 fand eine Besprechung an Amtsstelle des Beklagten statt. Die Klägerin führte ausweislich eines Besprechungsvermerks aus, schon zur Zeit der Gründung des Unternehmens im Jahre 1984 habe ein besonderes Vertrauensverhältnis zu dem „absoluten Marketingfachmann“ Q bestanden, der mittlerweile ca. xx Firmen in Europa gegründet habe, mit seinen Unternehmen in dieser Branche selbst produziere und über Netzwerke verfüge. Obwohl bei den Geschäftsbeziehungen grds. ein „Handschlag“ genügt hätte, sei „der Form halber 1989 ein Vertrag aufgesetzt“ worden, in dem Q als Berater der Klägerin ausgewiesen worden sei. Eine genaue Beschreibung bzw. Definition seiner Tätigkeit sei nicht möglich gewesen, da seine Tätigkeit für die Klägerin u.a. „von Motivation und Innovation geprägt“ sei. Aufgrund des besonderen Verhältnisses seien seitdem keine Vertragsänderungen in Bezug auf die Honorarerhöhungen erfolgt. Es sollte deutlich gemacht werden, dass dieser Vertrag deswegen auch nicht den üblichen geschäftlichen Gepflogenheiten entspreche. Q habe der Klägerin immer zur Seite gestanden, sofern ein Erfordernis bestanden habe. Dies sei durch E-Mail-Verkehr nachvollziehbar. Es hätten laufende Beratungsgespräche stattgefunden. Kontaktperson der Klägerin sei in der Regel der Angestellte H (zu geschätzt 90 %) gewesen. Weder Protokolle noch Gedächtnisvermerke würden hierüber existieren. Wegen der Einzelheiten wird auf den Besprechungsvermerk vom 16.6.2016 verwiesen.
25Der Beklagte schloss sich der Auffassung des Prüfers an und erließ gem. § 164 Abs. 2 AO für 2009 und 2011 bzw. gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO für 2010 Änderungsbescheide. Die Körperschaftsteuer setzte er am 13.7.2016 fest auf xx.xxx € für 2009, xx.xxx € für 2010 und xx.xxx € für 2011. Hierbei verminderte er die Steuerbilanzgewinne der Klägerin so wie in der Anlage 2 des Prüfungsberichts vom 31.3.2015 ausgewiesen, erhöhte jedoch das Einkommen der Klägerin um vGA in Höhe von 39.287 € (2009), 39.555 € (2010) und 41.172 € (2011). Zudem setzte er Zinsen zur Körperschaftsteuer in Höhe von ... € für 2009, ... € für 2010 und ... € für 2011 fest. Die Bescheide waren überschrieben mit „Bescheid für [Jahr] über Körperschaftssteuer und Solidaritätszuschlag“. Die Klägerin legte mit Schreiben vom 8.8.2016 Einspruch ein gegen die „Körperschaftsteuerbescheide 2009, 2010 und 2011“. Die Zinsen zur Körperschaftsteuer nannte sie hierbei nicht. Auch in der Begründung ihres Einspruchs ging sie auf die Zinsen nicht ein, sondern wandte sich lediglich gegen die steuerliche Behandlung des Beraterhonorars.
26Die Gewerbesteuermessbeträge setzte der Beklagte gem. § 35b Abs. 1 GewStG mit Bescheiden vom 5.8.2016 auf x.xxx € für 2009, x.xxx € für 2010 und x.xxx € für 2011 fest. Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 11.8.2016 Einspruch ein. Für 2011 erhöhte der Beklagte mit einem weiteren Änderungsbescheid vom 15.11.2016 den Gewerbesteuermessbetrag auf x.xxx €.
27Mit Einspruchsentscheidung vom 26.4.2017 setzte der Beklagte die Körperschaftsteuer auf xx.xxx € für 2009, xx.xxx € für 2010 und xx.xxx € für 2011 herab. Die Gewerbesteuermessbeträge verminderte er auf x.xxx € für 2009, x.xxx € für 2010 und x.xxx € für 2011. Die zugrunde gelegten Steuerbilanzgewinne blieben unverändert. Als vGA ging er von Beträgen i.H.v. 33.043 € (2009), 33.278 € (2010) und 34.634 € (2011) aus. Die Zinsfestsetzungen zur Körperschaftsteuer passte er entsprechend an. Zur Begründung führte er aus, Q sei im Innenverhältnis mit 74 % an der Klägerin beteiligt gewesen und damit als beherrschender Gesellschafter anzusehen. Eine vGA durch einen Beratervertrag sei anzunehmen, wenn keine zivilrechtlich wirksamen, klaren und eindeutigen, im Voraus abgefassten Vereinbarungen abgeschlossen worden seien, das Beraterhonorar nicht angemessen sei oder der Vertrag nicht tatsächlich durchgeführt werde. Das sei hier der Fall, da die Änderung des Beratervertrags hinsichtlich des Beraterhonorars nicht schriftlich abgefasst worden sei und der Honorarerhöhung offensichtlich keine weitergehenden Leistungen zugrunde gelegen hätten. Darüber hinaus fehlten Nachweise über die tatsächlich erbrachten Leistungen des Q. Die Höhe der zugrunde gelegten vGA sei aber zu ändern, da in den Betriebsausgaben der Klägerin die von Q in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nicht enthalten gewesen sei und somit die vGA nicht mit ihrem Bruttobetrag angesetzt werden könne.
28Daraufhin hat die Klägerin am 16.5.2017 Klage erhoben.
29Mit Schriftsatz vom 28.2.2019 hat sich die Klägerin zudem erstmalig gegen die festgesetzten Nachzahlungszinsen zur Körperschaftsteuer gewandt. Diese seien der Höhe nach verfassungswidrig.
30Die Klägerin begründet ihre Klage im Übrigen damit, entgegen den Ausführungen im Prüfungsbericht sei Q kein Gesellschafter der Klägerin, sondern allein X. Dies ergebe sich aus dem Handelsregister. Es liege zwar in Bezug auf das Gründungsstammkapital von 50.000 DM eine Abtretung des Gewinnbezugsrechts sowie der Stimmrechte an Q durch den Vertrag vom xx.x.1984 vor. Dies erfülle aber nicht die formalen Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 und Abs. 4 des Gesetzes betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung – GmbHG –, da der Vertrag lediglich als Anlage zur UR-Nr. 002/1984 des Notariats genommen worden sei. Der Vertrag habe auch deshalb nicht zu einer (wirtschaftlichen) Eigentümerstellung des Q geführt, da diesbezüglich weder ein formaler Beschluss der Gesellschafterversammlung der Klägerin vorliege noch der Vertrag zum Gegenstand der Gründungsurkunde UR-Nr. 001/1984 des Notariats gemacht worden sei. Im Übrigen sei in den Kapitalerhöhungsbeschlüssen vom 24.5.1989 und vom 19.1.1990 allein X zur Übernahme der neuen Anteile zugelassen worden. Die Kapitalerhöhungen seien von dem Vertrag vom xx.x.1984 nicht betroffen, da sich dieser nach seinem Wortlaut nicht auf die Kapitalerhöhungen beziehe.
31Aufgrund der fehlenden Gesellschafterstellung des Q sei dieser als fremder Dritter anzusehen. Auch ein Nahestehen des Q zum Gesellschafter der Klägerin komme nicht in Betracht. Darüber hinaus hielten die Vereinbarungen in dem streitgegenständlichen Beratervertrag einem formellen Fremdvergleich stand. Eine dezidierte Beschreibung der Leistungen des Q ergebe sich aus dem Schreiben des Herrn WP/StB G vom 12.5.2014. Die Leistungen seien auch tatsächlich erbracht worden, wie sich aus mehreren von der Klägerin vorgelegten exemplarischen Schreiben des Q aus den Jahren 1990 bis 2000 ergebe. Eine vGA durch die Beratungsleistungen liege weder unmittelbar noch mittelbar vor. Die angefochtenen Bescheide seien nichtig.
32In der mündlichen Verhandlung vom 24.6.2020 hat die Klägerin zudem vorgetragen, dass ein weiteres Indiz dafür, dass Q – der inzwischen verstorben ist – nicht Gesellschafter der Klägerin gewesen sei, darin zu sehen sei, dass die Erbengemeinschaft nach Q in einem Verfahren vor dem Landgericht C (Az. xx O xx/19) den Antrag gestellt habe, X solle 74 % seiner Anteile an die Erbengemeinschaft abtreten. Daraus lasse sich ersehen, dass auch die Erbengemeinschaft davon ausgegangen sei, dass Q nicht Gesellschafter der Klägerin gewesen sei. Es werde beantragt, die Akten gegebenenfalls zum Verfahren beizuziehen.
33Die Klägerin hat zudem Bedenken geäußert, ob es zulässig sei, die Begründung betreffend den Ansatz der vGA nachträglich auszutauschen. Im Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide sei von einer Gesellschafterstellung des Q ausgegangen worden; nunmehr solle möglicherweise Q als nahestehende Person zum Hauptgesellschafter angesehen werden.
34Die Klägerin beantragt,
35die Körperschaftsteuerbescheide vom 13.7.2016 für 2009 bis 2011 sowie die Gewerbesteuermessbescheide vom 5.8.2016 für 2009 und 2010 und vom 15.11.2016 für 2011, alle in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.4.2017, in der Weise zu ändern, dass keine vGA aus dem Beratervertrag angesetzt werden, sowie die Festsetzung der Zinsen zur Körperschaftsteuer für 2009 bis 2011 aufzuheben.
36Der Beklagte beantragt,
37die Klage abzuweisen.
38Er verweist auf seine Einspruchsentscheidung.
39Weiter führt er aus, durch den Vertrag vom xx.x.1984 (UR-Nr. 002/1984 des Notariats) komme Q gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO eine Gesellschafterstellung als wirtschaftlicher Eigentümer zu. Die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an den Gesellschaftsanteilen in Form einer Treuhand habe sich in den Kapitalerhöhungsbeschlüssen vom xx.x.1989 und vom xx.x.1990 fortgesetzt. Dies werde bestätigt durch das Schreiben des Herrn Steuerberaters E vom 21.4.1997. Die Zahlungen aus dem Beratervertrag seien demzufolge gesellschaftsrechtlich veranlasst. Sie würden einem Fremdvergleich nicht standhalten, da keine konkreten Vereinbarungen über die geschuldeten Leistungen bestünden, sondern diese mehr oder weniger zufällig erfolgt seien.
40Der Senat hat am 24.6.2020 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll verwiesen.
41Entscheidungsgründe:
42Die Klage hat keinen Erfolg.
43I. Der Klageantrag, die Festsetzung der Zinsen zur Körperschaftsteuer für 2009 bis 2011 aufzuheben, ist unzulässig.
44Es fehlt das gemäß § 44 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO – erforderliche Vorverfahren. Nach dieser Vorschrift ist in den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, die Klage vorbehaltlich der §§ 45 und 46 FGO nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist.
45Die Klägerin hat gegen die Zinsfestsetzungen zur Körperschaftsteuer für 2009 bis 2011 keinen Einspruch gemäß § 347 AO eingelegt. Der Beklagte hat in der Einspruchsentscheidung auch nicht über einen Einspruch gegen die Zinsfestsetzungen entschieden. Es ist kein Vorverfahren im Sinne des § 44 Abs. 1 FGO durchgeführt worden.
46Das Schreiben der Klägerin vom 8.8.2016, mit dem diese gegen die „Körperschaftsteuerbescheide 2009, 2010 und 2011“ Einspruch einlegte, kann nicht als Einspruch gegen die Zinsfestsetzungen zur Körperschaftsteuer ausgelegt werden.
471. Gemäß § 357 Abs. 3 Satz 1 AO soll bei der Einlegung des Rechtsbehelfs der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Danach ist die Rechtswirksamkeit des eingelegten Rechtsbehelfs nicht von einer genauen Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsakts abhängig. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – ist es jedoch erforderlich, dass sich die Zielrichtung des Begehrens aus der Rechtsbehelfsschrift in der Weise ergibt, dass sich der angefochtene Verwaltungsakt entweder aus dem Inhalt der Rechtsbehelfsschrift selbst ermitteln lässt oder dass Zweifel oder Unklarheiten hinsichtlich des Gewollten beseitigt werden können. Fehlt es an einer eindeutigen und zweifelsfreien Erklärung des Gewollten, ist der wirkliche Wille des Steuerpflichtigen durch Auslegung seiner Erklärungen zu ermitteln. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige denjenigen Verwaltungsakt anfechten will, der angefochten werden muss, um zu dem erkennbar angestrebten Erfolg zu kommen (BFH-Urteil vom 29.10.2019 IX R 4/19, Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 266, 126, Rz. 12). Sowohl außerprozessuale als auch prozessuale Rechtsbehelfe sind in entsprechender Anwendung von § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB – auszulegen (BFH-Urteil vom 29.10.2019 IX R 4/19, BFHE 266, 126, Rz. 13). Dies gilt auch, wenn sich der Rechtsbehelf – wie im Streitfall – auf verbundene Bescheide bezieht, nämlich Bescheide über die Festsetzung von Körperschaftsteuer, Zinsen und Solidaritätszuschlag. Die Rechtsprechung hat folgende Fallgruppen zur Anfechtung von mit einer Steuerfestsetzung verbundenen Bescheiden entwickelt:
48a) Ficht der Steuerpflichtige miteinander verbundene Bescheide unter Wiedergabe der (amtlichen) Bescheidbezeichnung an, ohne zunächst konkrete Einwendungen gegen einen bestimmten Verwaltungsakt zu erheben, und wendet er sich in einem späteren Begründungsschreiben – ggf. auch nach Ablauf der Einspruchsfrist – (nur noch) gegen einen bestimmten Bescheid, bezieht sich der Rechtsbehelf jedenfalls auch auf diesen Verwaltungsakt (BFH-Urteil vom 29.10.2019 IX R 4/19, BFHE 266, 126, Rz. 15; FG Düsseldorf, Urteil vom 26.5.2008 18 K 2172/07 AO, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2008, 1345; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO § 357 AO Rz 14).
49b) Enthält ein seinem Wortlaut nach (zunächst unspezifisch) auf verbundene Bescheide bezogenes Einspruchsschreiben eine Begründung, ist der Gegenstand der Anfechtung anhand dieser Begründung (einengend) auszulegen. Werden später – außerhalb der Einspruchsfrist – Einwendungen gegen einen weiteren verbundenen, aber in der ursprünglichen Begründung nicht angesprochenen Verwaltungsakt erhoben, steht dem die Bestandskraft dieses Bescheids entgegen (BFH-Urteile vom 29.10.2019 IX R 4/19, BFHE 266, 126, Rz. 16; vom 8.5.2008 VI R 12/05, BFHE 222, 196, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2009, 116; vom 11.2.2009 X R 51/06, BFHE 226, 1, BStBl II 2009, 892; vom 19.8.2013 X R 44/11, BFHE 243, 304, BStBl II 2014, 234; BFH-Beschlüsse vom 23.6.2017 X B 34/17, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2017, 1411; vom 17.7.2019 X B 21/19, BFH/NV 2019, 1217; s.a. Anwendungserlass zur AO zu § 357 Nr. 4).
50c) Richtet sich der Einspruch zunächst ausdrücklich nur gegen einzelne miteinander verbundene Verwaltungsakte und wird er innerhalb der Einspruchsfrist auf einen weiteren verbundenen Verwaltungsakt ausgedehnt, steht der Anfechtung dieses Bescheids keine Bestandskraft entgegen; etwas anderes gilt jedoch, wenn die Erweiterung nach Ablauf der Einspruchsfrist erfolgt (BFH-Urteile vom 29.10.2019 IX R 4/19, BFHE 266, 126, Rz. 17;vom 11.2.2009 X R 51/06, BFHE 226, 1, BStBl II 2009, 892).
512. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, kann das Schreiben der Klägerin vom 8.8.2016 nicht als Einspruch gegen die Zinsfestsetzungen zur Körperschaftsteuer ausgelegt werden. Die Klägerin hat in diesem Schreiben die „Körperschaftsteuerbescheide 2009, 2010 und 2011“, nicht aber die Zinsen benannt. Sie hat bei der Bezeichnung ihres Einspruchs auch nicht die amtliche Bescheidbezeichnung „Bescheid für [Jahr] über Körperschaftssteuer und Solidaritätszuschlag“ wiedergegeben. Zudem hat sie konkrete Einwendungen lediglich gegen die Körperschaftsteuerfestsetzungen erhoben, indem sie sich gegen die steuerliche Behandlung des Beraterhonorars gewandt hat. Auf die Zinsen zur Körperschaftsteuer ist sie in der Begründung ihres Einspruchs hingegen nicht eingegangen. Die Zinsfestsetzungen hat sie erstmals im Klageverfahren mit ihrem Schriftsatz vom 28.2.2019 beanstandet.
52Damit liegt die oben unter 1. b) beschriebene Fallgruppe aus der Rechtsprechung des BFH vor. Der Einspruch vom 8.8.2016 ist einengend dahingehend auszulegen, dass er nur die Körperschaftsteuer-, nicht aber die Zinsfestsetzungen umfasste.
533. Da der Einspruch der Klägerin vom 8.8.2016 nicht als Einspruch gegen die Zinsfestsetzungen zur Körperschaftsteuer ausgelegt werden kann, kann die Klage auch nicht als Untätigkeitsklage gem. § 46 FGO als zulässig angesehen werden.
54II. Hinsichtlich der Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide ist die Klage zulässig, aber unbegründet.
55Die Körperschaftsteuerbescheide vom 13.7.2016 für 2009 bis 2011 sowie die Gewerbesteuermessbescheide vom 5.8.2016 für 2009 und 2010 und vom 15.11.2016 für 2011, alle in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.4.2017, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
561. Die angefochtenen Bescheide sind nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen zu beanstanden.
57a) Die angefochtenen Bescheide sind nicht, wie die Klägerin meint, nichtig.
58Gem. § 125 Abs. 1 AO ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.
59Schwerwiegend ist ein Fehler dann, wenn ein Verwaltungsakt etwas anordnet oder verlangt, was anzuordnen oder zu verlangen das Gesetz unter keinen Umständen jemals zulässt, weil es mit seinen grundlegenden Wertvorstellungen oder mit tragenden Verfassungsprinzipien unvereinbar und die Beachtung des Verwaltungsakts zu erwarten daher unerträglich wäre (BFH-Beschluss vom 21.6.2010 VII R 27/08, BFHE 229, 492, BStBl II 2011, 331). Der Fehler muss von einem solchen Ausmaß und einer solchen Schwere sein, dass er den davon betroffenen Akt der öffentlichen Gewalt als mit der rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar und damit schlechterdings unerträglich erscheinen lässt (BFH-Urteil vom 27.6.2006 VII R 34/05, BFH/NV 2006, 2024). Ein Verwaltungsakt leidet folglich nicht schon deshalb an einem „besonders schwerwiegenden Fehler“, weil einzelne Elemente des gesetzlichen Tatbestands, der seinen Erlass an sich ermöglicht, nicht vorliegen (BFH-Beschluss vom 21.6.2010, BFHE 229, 492, BStBl II 2011, 331). „Offenkundig“ i.S.d. § 125 Abs. 1 AO ist ein Fehler dann, wenn jeder verständige Dritte, dem die Kenntnis aller in Betracht kommenden Umstände unterstellt werden kann, in der Lage ist, den Fehler in seiner besonderen Schwere zu erkennen (BFH-Urteil vom 23.8.2000 X R 27/98, BFHE 193, 19, BStBl II 2001, 662).
60Die beschriebenen Voraussetzungen einer Nichtigkeit gemäß § 125 Abs. 1 AO sind nicht erfüllt. Die Klägerin hat hierzu nichts Substantiiertes vorgetragen. Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtenen Bescheide an einem besonders schwerwiegenden Fehler leiden würden. Ein solcher Fehler ist mithin auch nicht offenkundig.
61b) Die Voraussetzungen für eine Änderung des Körperschaftsteuerbescheids 2010, der nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO stand, lag gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO vor.
62Gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Nachträglich werden Tatsachen bekannt, wenn sie nach dem Zeitpunkt, in dem die Willensbildung über die Steuerfestsetzung abgeschlossen ist, bekannt werden (BFH-Urteil vom 5.12.2002 IV R 58/01, BFH/NV 2003, 588, Rz. 24, m.w.N.). Hierbei sind nachträglich bekannt gewordene Tatsachen oder Beweismittel nach der Rechtsprechung aber nur gegeben, wenn die Tatsache oder das Beweismittel im Zeitpunkt der ursprünglichen Verwaltungsentscheidung bereits vorhanden und nur nicht bekannt war (BFH-Urteil vom 25.2.2003 VIII R 98/01, Entscheidungssammlung Deutsches Steuerrecht – DStRE – 2003, 949).
63Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Die inhaltlichen Bestimmungen und die Art und Weise der Durchführung des Beratervertrags vom xx.6.1989 sind nachträglich bekannt gewordene Tatsachen i.S.d. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Bei der ursprünglichen Veranlagung zur Körperschaftsteuer und zum Gewerbesteuermessbetrag waren dem Beklagten diese Tatsachen noch nicht bekannt. Sie sind ist ihm erst im Zuge der Betriebsprüfung bekannt geworden.
64c) Ebenso lagen die Voraussetzungen für eine Änderung des Gewerbesteuermessbescheids 2010 gemäß § 35b Abs. 1 GewStG vor.
65Nach dieser Vorschrift ist der Gewerbesteuermessbescheid oder Verlustfeststellungsbescheid von Amts wegen aufzuheben oder zu ändern, wenn der Einkommensteuerbescheid, der Körperschaftsteuerbescheid oder ein Feststellungsbescheid aufgehoben oder geändert wird und die Aufhebung oder Änderung den Gewinn aus Gewerbebetrieb berührt. Dies ist im Streitfall aufgrund der Änderung des Körperschaftsteuerbescheids 2010 der Fall.
66d) Für die Streitjahre ist keine Festsetzungsverjährung eingetreten.
67Die gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO vierjährige Festsetzungsfrist läuft, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen wird, gemäß § 171 Abs. 4 Satz 1 AO für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Im Streitfall begann die Betriebsprüfung am 18.11.2013, so dass bei Ergehen der angefochtenen Bescheide die Festsetzungsfrist für alle Streitjahre gemäß § 171 Abs. 4 AO nicht abgelaufen war.
682. Der Beklagte hat in nicht zu beanstandender Weise den Aufwand für die von Q an die Klägerin gestellten Rechnungen als vGA erfasst.
69a) Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der I. Senat des BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Außerdem muss der Vorgang geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (BFH-Urteile vom 7.8.2002 I R 2/02, BFHE 200, 197, BStBl II 2004, 131; vom 8.9.2010 I R 6/09, BFHE 231, 75, BStBl II 2013, 186; vom 27.7.2016 I R 8/15, BFHE 255, 32, BStBl II 2017, 214). Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA ferner dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn oder an eine ihm nahe stehende Person erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (sog. formeller Fremdvergleich, z.B. BFH-Urteile vom 17.1.2018 I R 74/15, BFH/NV 2018, 836; vom 17.12.1997 I R 70/97, BFHE 185, 224, BStBl II 1998, 545, jeweils m.w.N.).
70Eine vGA kann auch dann in Betracht kommen, wenn die Zuwendung nicht unmittelbar an den Gesellschafter, sondern an eine ihm nahe stehende Person bewirkt wird. Entscheidend ist in diesem Fall, ob die Kapitalgesellschaft dem Dritten einen Vermögensvorteil zugewendet hat, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Person, die dem betreffenden Gesellschafter nicht nahe steht, nicht gewährt hätte (BFH-Urteile vom 18.12.1996 I R 139/94, BFHE 182, 184; BStBl II 1997, 301 m.w.N.; vom 11.11.2015 I R 5/14, BFHE 252, 353, BStBl II 2016, 491). Da das „Nahestehen“ lediglich ein Indiz für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist, reicht zu dessen Begründung jede Beziehung zwischen einem Gesellschafter und dem Dritten aus, die den Schluss zulässt, sie habe die Vorteilszuwendung der Kapitalgesellschaft an den Dritten beeinflusst. Derartige Beziehungen können familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein (BFH-Urteile vom 18.12.1996 I R 139/94, BFHE 182, 184; BStBl II 1997, 301; vom 11.11.2015 I R 5/14, BFHE 252, 353, BStBl II 2016, 491; vom 10.12.2019 VIII R 2/17, DStR 2020, 1361, Rz. 26).
71Die objektive Feststellungslast für das Vorliegen einer vGA trägt grundsätzlich das Finanzamt; das betrifft sowohl das Vorliegen einer Vermögensminderung (verhinderten Vermögensmehrung) als auch die Frage nach der Veranlassung dieser Vermögensminderung (verhinderten Vermögensmehrung) durch das Gesellschaftsverhältnis (BFH-Urteile vom 22.2.2005 VIII R 24/03, BFH/NV 2005, 764; BFH-Beschlüsse vom 4.4.2002 I B 140/01, BFH/NV 2002, 1179; BFH-Beschluss vom 3.11.2005 VIII B 12/05, BFH/NV 2006, 250). Die Körperschaft ist aber nach § 90 Abs. 1 AO verpflichtet, an der Aufklärung des Sachverhaltes mitzuwirken und die in ihrer Sphäre und ihrem Wissen liegenden Umstände offen zu legen (BFH-Beschluss vom 3.11.2005 VIII B 12/05, BFH/NV 2006, 250).
72b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegen im Streitfall vGA vor.
73aa) Es ist in den Streitjahren jeweils zu einer Vermögensminderung gekommen, indem die Klägerin die von Q ausgestellten Rechnungen über das Beraterhonorar an Q gezahlt hat.
74bb) Diese Vorgänge standen in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung und haben sich in den Streitjahren auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG ausgewirkt. Die Vorgänge waren auch geeignet, bei dem begünstigten Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen.
75cc) Die Vermögensminderungen waren nach Aktenlage durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Es liegen entweder Zuwendungen an einen beherrschenden Gesellschafter oder jedenfalls Zuwendungen an eine dem beherrschenden Gesellschafter der Klägerin nahestehende Person vor (dazu (1)), die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst waren (dazu (2)).
76(1) Es kann offen bleiben, ob die Zuwendungen unmittelbar an einen Gesellschafter der Klägerin bewirkt wurden (dazu (a)). Denn die Zuwendungen wurden jedenfalls an eine dem Gesellschafter der Klägerin nahe stehende Person bewirkt (dazu (b)).
77(a) Es kann offen bleiben, ob Q Gesellschafter der Klägerin war.
78Zivilrechtlich ist Q nicht Gesellschafter geworden. Eine Gesellschafterstellung des Q ergibt sich nicht aus der Gründungsurkunde der Klägerin (UR-Nr. 001/1984 des Notars A in B) und den Kapitalerhöhungsbeschlüssen der Klägerin vom xx.x.1989 (UR-Nr. 003/1989 des Notars D in C) und vom xx.x.1990 (UR-Nr. 004/1990 des Notars D in C). Nach diesen Urkunden hat nur X, nicht hingegen Q Stammeinlagen übernommen. Vor diesem Hintergrund musste der Senat dem in der mündlichen Verhandlung vom 24.6.2020 gestellten Antrag, die Akten des LG C (xx O xx/19) beizuziehen, nicht nachgehen.
79Ob Q hingegen durch die notarielle Urkunde vom xx.x.1984 (UR-Nr. 002/1984 des Notars A in B) wirtschaftlicher Anteilseigner einer Stammeinlage von 50.000 DM des – seit dem xx.x.1990 – 500.000 DM betragenden Stammkapitals der Klägerin geworden und ob ihm hierdurch wirtschaftliches Eigentum i.S.d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO übertragen worden ist, kann dahinstehen.
80Wirtschaftsgüter sind dem Eigentümer zuzurechnen (§ 39 Abs. 1 AO). Abweichend von der zivilrechtlichen Eigentümerstellung an Wirtschaftsgütern sind Wirtschaftsgüter demjenigen zuzurechnen, der die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO). Das wirtschaftliche Eigentum an einem Kapitalgesellschaftsanteil geht i.S.d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO auf einen Erwerber über, wenn er aufgrund eines (bürgerlich-rechtlichen) Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann und wenn die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte (insbesondere Gewinnbezugsrecht und Stimmrecht) sowie das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf ihn übergegangen sind (ständige Rechtsprechung, BFH-Urteile vom 1.8.2012 IX R 6/11, BFH/NV 2013, 9, Rz. 19; vom 26.1.2011 IX R 7/09, BFHE 232, 463, BStBl II 2011, 540).
81Zwar hat X im Streitfall nach dem als Anlage zur notariellen Urkunde vom xx.x.1984 genommenen Vertrag seine Gewinnbezugsrechte an Q abgetreten und ihm seine Stimmrechte übertragen (§ 1, § 2 Abs. 1 des Vertrags). X konnte von seinem Stimmrecht bei der Klägerin nur nach Weisung von Q Gebrauch machen (§ 2 Abs. 3 des Vertrags). Jedoch bestehen Zweifel, ob X zudem auch das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf Q übertragen hat. Regelungen zur wirtschaftlichen Übertragung eines Veräußerungs- oder Liquidationserlöses an Q sind in den Vertrag nicht enthalten. Lediglich in § 4 des Vertrags ist ein Optionsrecht des Q zur Übertragung der Geschäftsanteile geregelt. Solange diese Option nicht ausgeübt war, wurde eine Wertminderung oder -steigerung der Anteile aber nicht auf Q übertragen. Ob das durch § 4 des Vertrags dem Q eingeräumte Recht, seine Option zu einem zuvor fest vereinbarten Preis (50.000 DM gem. § 4 Abs. 2 des Vertrags) auszuüben, ausreicht um anzunehmen, dass Q schon vor einer Optionsausübung das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung innehatte, kann dahinstehen.
82Ebenso kann dahinstehen, ob der als Anlage zur notariellen Urkunde vom xx.x.1984 genommene Vertrag, wie die Klägerin meint, die formalen Voraussetzungen der notariellen Form gem. § 15 Abs. 3, 4 GmbHG nicht erfüllt oder ob er gem. § 9 Abs. 1 Satz 2 des Beurkundungsgesetzes – BeurkG – als notariell beurkundet gilt. Nach dieser Vorschrift gelten Erklärungen in einem Schriftstück, auf das in der Niederschrift verwiesen und das dieser beigefügt wird, als in der Niederschrift selbst enthalten.
83(b) Für den Fall, dass Q nicht als Gesellschafter der Klägerin anzusehen und aufgrund dessen X alleiniger Gesellschafter der Klägerin gewesen sein sollte, ist Q jedenfalls als eine dem Gesellschafter der Klägerin (X) nahestehende Person anzusehen. Bei dem Verhältnis des Q zum Gesellschafter der Klägerin kann ein „Nahestehen“ im Sinne der zitierten BFH-Rechtsprechung angenommen werden.
84Für das „Nahestehen“ trägt nach der zitierten BFH-Rechtsprechung grundsätzlich das Finanzamt die objektive Feststellungslast (BFH-Beschluss vom 3.11.2005 VIII B 12/05, BFH/NV 2006, 250). Das „Nahestehen“ kann also nicht etwa durch einen Fremdvergleich oder durch den Umstand, dass Q für die streitgegenständlichen Rechnungen ggf. keine Leistung erbracht hatte, begründet werden. Vielmehr muss eine Beziehung zwischen dem Gesellschafter und dem Dritten belegt werden, die den Schluss zulässt, sie habe die Vorteilszuwendung der Kapitalgesellschaft an den Dritten beeinflusst (BFH-Urteil vom 11.11.2015 I R 5/14, BFHE 252, 353, BStBl II 2016, 491, Rz. 13). Dann liegt ein hinreichendes Indiz für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis vor. Im Streitfall schließt der Senat aus den folgenden Umständen auf eine Beziehung zwischen X und Q, die den Schluss einer vGA zulässt.
85Ein „Nahestehen“ des Q gegenüber X ergibt sich aus dem Vertrag, der als Anlage zur notariellen Urkunde vom xx.x.1984 (UR-Nr. 002/1984 des Notars A in B) genommen wurde. In diesem Vertrag trat X seine Gewinnbezugsrechte hinsichtlich eines Stammkapitals von 50.000 DM an Q ab und übertrug ihm seine Stimmrechte. X konnte von seinem Stimmrecht nur nach Weisung von Q Gebrauch machen. Diese Abrede wurde nach Durchführung der Kapitalerhöhungen vom xx.x.1989 und vom xx.x.1990 faktisch in der Weise modifiziert, dass Q Einfluss auf die Stimmrechtsausübung i.H.v. 74 % des Stammkapitals erhielt. Dies schließt der Senat aus dem Schreiben des Herrn Steuerberaters E vom 21.4.1997, wonach die „bekannte Treuhandvereinbarung“ aus der UR-Nr. 002/1984 nicht aufgehoben worden sei, sondern habe weiterbestehen sollen. Darüber hinaus schließt der Senat ein faktisches Treuhandverhältnis aus der „Bestätigung“ unter dem Briefkopf der Klägerin vom 12.11.2007, worin Q und X bestätigten, dass beide Gesellschafter der Klägerin, im Innenverhältnis zu 74 % (Q) und zu 26 % (X) beteiligt seien und das Treuhandverhältnis weiterhin Bestand habe. Dasselbe ergibt sich auch aus den Anlagen WA zu den Körperschaftsteuererklärungen, in denen die Klägerin als Anteilseigner jeweils Q zu 74 % und X zu 26 % angab. Ob die „Treuhandvereinbarung“ jemals zivilrechtlich wirksam zustande gekommen und zudem wirksam auf die beiden Kapitalerhöhungen ausgedehnt worden ist, kann in diesem Zusammenhang dahinstehen. Denn der Senat folgert das „Nahestehen“ aus dem Umstand, dass Q und X übereinstimmend vom Vorliegen eines wirksamen Treuhandverhältnisses ausgegangen sind. Durch dieses faktische Treuhandverhältnis konnte Q auf X sowie dessen Stimmrechtsausübung bei der Klägerin Einfluss nehmen, wodurch die nach der Rechtsprechung für die vGA erforderliche Beziehung zwischen dem Gesellschafter und dem Dritten entstand. Hierfür genügt wie beschrieben eine Beziehung rein tatsächlicher Art, welche der Senat aufgrund der faktischen Treuhand als gegeben ansieht.
86Dass Q und X übereinstimmend vom Vorliegen eines wirksamen Treuhandverhältnisses ausgegangen sind, wird bereits durch den Umstand belegt, dass dem Q auf Veranlassung des X über viele Jahre offene Gewinnausschüttungen gewährt wurden. Q erhielt in den Jahren 1990 bis 2002 jeweils 74 % der offenen Gewinnausschüttungen der Klägerin. Diese Gewinnausschüttungen betrugen insgesamt 1.879.069,91 €, 74 % hiervon also 1.390.511,73 €. Nach dem Schreiben des Herrn Steuerberaters E vom 21.4.1997 soll Q zudem 74 % des Stammkapitals als Einlage in die Klägerin eingezahlt haben. Bei der ersten Kapitalerhöhung sei das Darlehensverhältnis insoweit aufgehoben worden, um das geplante Beteiligungsverhältnis 26 % / 74 % herzustellen. Bei der zweiten Kapitalerhöhungen soll Q seinen Anteil direkt eingezahlt haben, so die Auskunft des Herrn Steuerberaters E. Auch in der „Bestätigung“ vom 12.11.2007 haben Q und X erklärt, sie seien zu 74 % bzw. zu 26 % an der Klägerin beteiligt. Dasselbe hat die Klägerin in den Anlagen WA zu ihren Körperschaftsteuererklärungen für die Streitjahre erklärt. X hat also akzeptiert, dass Q – ohne förmlich Gesellschafter zu sein – auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage Einlagen in die Klägerin leistete und Gewinnausschüttungen erhielt. Der Senat schließt aus dieser Verhaltensweise, dass die für eine vGA erforderliche Beziehung zwischen X und Q vorlag. Ohne eine solche Nähebeziehung hätte X dem Q die genannten Rechte und Vorteile nicht zuteil werden lassen. Auch in der Rechtsprechung des BFH ist anerkannt, dass wechselseitige Abreden, einander Vorteile zu gewähren, für die Annahme einer Nähebeziehung aus tatsächlichen Gründen ausreichen (BFH-Urteil vom 10.12.2019 VIII R 2/17, DStR 2020, 1361, Rz. 26).
87Diese Beziehung hat zur Überzeugung des Senats die Zahlung des Beraterhonorars von der Klägerin an Q beeinflusst.
88(2) Die Zuwendungen der Klägerin an Q waren durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst.
89Im Streitfall ist der sog. formelle Fremdvergleich anzuwenden, da Q entweder als beherrschender Gesellschafter der Klägerin oder als eine dem beherrschenden Gesellschafter der Klägerin nahe stehende Person anzusehen ist. Der zwischen der Klägerin und Q geschlossene Beratervertrag erfüllt nicht die nach dem formellen Fremdvergleich anzulegenden Anforderungen, denn es fehlte an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung im Sinne der zitierten BFH-Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 17.1.2018 I R 74/15, BFH/NV 2018, 836).
90Die Leistungsverpflichtung des Q war nicht klar und im Voraus vereinbart. Im Beratervertrag vom xx.6.1989 war unter Nr. 1 lediglich ausgeführt, Q übernehme „die Beratung der Firma Z. GmbH, C im Hinblick auf Marketing-, Vertriebs- und Innovationsfragen“. Um welche konkrete Leistung es sich hierbei handelte, war nicht erläutert. Auch der tägliche, wöchentliche oder monatliche Zeitaufwand war nicht klar vereinbart. Vielmehr sollte die Beratung nach Nr. 2 Satz 2 des Vertrags „je nach Bedarf“ erfolgen. Zwar gingen die Vertragschließenden nach Nr. 2 Satz 3 des Vertrags davon aus, dass „der Umfang der Beratung monatlich ca. 20 Arbeitsstunden in Anspruch“ nehme. Ob dies tatsächlich der Fall war, ist hingegen nicht dokumentiert.
91Darüber hinaus fehlt es an einer klaren und im Voraus getroffenen Vereinbarung über die Erhöhung des monatlichen Entgelts ab dem 1.1.1993. Diese Erhöhung wurde lediglich handschriftlich dem Vertrag vom xx.6.1989 hinzugefügt. Die von Q hierfür zu erbringenden Leistungen wurden nicht abgeändert. Insbesondere verblieb es bei der Erwartung der Vertragschließenden, dass die Beratung monatlich ca. 20 Arbeitsstunden in Anspruch nehmen könne. Es ist weder aus dem Vortrag der Klägerin noch nach Aktenlage erkennbar, dass Q ab dem 1.1.1993 höherwertige Leistungen erbracht hat. Die Berechnungsgrundlagen für das Beraterhonorar und die hierfür zu erbringenden Leistungen des Q blieben ebenfalls unklar.
92Auch aus dem Schriftsatz des Herrn WP/StB G vom 12.5.2014 geht hervor, es lägen Unterlagen zu den Beratungsleistungen aus den Streitjahren nicht vor, weil die Klägerin unbürokratisch arbeite und weitestgehend auf Schriftwechsel, Aktenvermerke oder Ähnliches verzichte. Zwar listet Herr WP/StB G die Orte für persönliche Treffen, die Fachmessen und den Inhalt von Gesprächen auf. Zu welchen Zeitpunkten und mit welchen Inhalten tatsächlich Beratungsleistungen stattgefunden haben, bleibt aber unklar. Zudem hat die Klägerin in der Besprechung an Amtsstelle am 16.6.2016 ausweislich des Besprechungsvermerks ausgeführt, eine genaue Beschreibung bzw. Definition der Tätigkeit des Q sei nicht möglich. Es würden weder Protokolle noch Gedächtnisvermerke hierüber existieren. Hieraus ist zu schließen, dass die von Q zu erbringenden Leistungen nicht klar und im Voraus vereinbart waren.
93Dass sowohl Herr WP/StB G als auch die Klägerin den Q als einen hochqualifizierten Berater bzw. „absoluten Marketingfachmann“ ansehen, ändert nichts an der Einschätzung des Senats. Denn die Qualifikation und die tatsächlichen Leistungen des Q für die Klägerin wurden lediglich behauptet, nicht aber nachgewiesen.
94dd) Der Senat teilt nicht die Bedenken der Klägerin, ob es zulässig sei, die Begründung betreffend den Ansatz der vGA nachträglich auszutauschen. Weder aus dem Gesetz noch aus der Rechtsprechung ergeben sich diesbezüglich Einschränkungen.
95c) Der Beklagte hat die vGA in seiner Einspruchsentscheidung mit 33.043 € (2009), 33.278 € (2010) und 34.634 € (2011) jedenfalls nicht zu hoch angesetzt.
96Gegenüber den ursprünglichen Körperschaftsteuerbescheiden vom 13.7.2016 und den Gewerbesteuermessbescheiden vom 5.8.2016 und 15.11.2016 hat der Beklagte zwar die vGA herabgesetzt, weil er meinte, in den Betriebsausgaben der Klägerin sei die von Q in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nicht enthalten gewesen. Hierbei hat er allerdings übersehen, dass bereits im Rahmen der Betriebsprüfung die Umsatzsteuer gewinnmindernd berücksichtigt worden ist. Der Prüfer hatte ausweislich der Mehr- und Weniger-Rechnung (Anlage 2 zum Prüfungsbericht) den Steuerbilanzgewinn der Klägerin um die Umsatzsteuer aus den Rechnungen des Q in Höhe von jährlich 5.828,73 € vermindert. Vor dem Hintergrund dieser Verminderung waren die vGA in den ursprünglichen Bescheiden zutreffend inklusive Umsatzsteuer erfasst worden.
97Da der Senat gemäß § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO über das Klagebegehren nicht hinausgehen darf (BFH-Beschluss vom 10.3.2016 X B 198/15, BFH/NV 2016, 1042, Rz. 8), kann er die angefochtenen Bescheide nicht zum Nachteil der Klägerin ändern.
98III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.