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1. Der Einkommensteuerbescheid 2013 vom 23.03.2016 und der Einkommensteuerbescheid 2014 vom 28.12.2016 werden unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 20.06.2017 nach Maßgabe der Entscheidungsgründe geändert. Die Steuerberechnung wird dem Beklagten auferlegt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
4. Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leisten.
5. Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Streitig ist, ab welchem Zeitpunkt der Kläger als leitender Angestellter im Sinne des Art. 15 Abs. 4 Satz 1 des Abkommens der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und Vermögen vom 11.08.1971 (BGBl II 1972, 1021, BStBl I 1972, 518) in der Fassung des Protokolls vom 21.12.1992 (BGBl II 1993, 1886, BStBl 1993, 927) – nachfolgend: DBA Schweiz 1992 – zu qualifizieren ist.
3Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und hatte in den Streitjahren 2013 und 2014 einen Wohnsitz in Deutschland. Bis zum 30.06.2013 war er als Geschäftsführer bei der A-GmbH beschäftigt.
4Seit dem 01.07.2013 war der Kläger bei der Muttergesellschaft der A-GmbH, der A-AG mit Sitz in der Schweiz, in der Funktion des „President R und Senior Vice President der O Gruppe“ unbefristet angestellt. Er hatte seit dem 01.09.2013 auch eine Wohnung in der Schweiz angemietet. Die A-AG, ein Produkthersteller, war nach einer Fusion in der ersten Jahreshälfte 2013 Teil der O Gruppe, die weltweit tätig war.
5Ausweislich des am 25.06.2013 unterzeichneten Anstellungsvertrages mit der A-AG handelte es sich bei dem Kläger um ein Geschäftsleitungsmitglied, das dem CEO der O Gruppe unterstellt war. Nach der englischsprachigen Stellenbeschreibung, die einen Teil des Anstellungsvertrages bildete, war der Kläger weltweiter Vertriebs- und Markenverantwortlicher für die A Marken und aktives Mitglied des Gruppenmanagements der O Gruppe.
6Im Anstellungsvertrag war ein jährliches Fixgehalt in Höhe von X CHF brutto vereinbart sowie ein sog. Basis-Bonus in Höhe von X CHF pro Jahr. Darüberhinaus stand dem Kläger nach dem Anstellungsvertrag ein sog. Synergie-Bonus in Höhe von X CHF jährlich zu, entsprechend dem Synergie Bonus Modell der O Gruppe, welches dem erweiterten Management-Team der O Gruppe vorbehalten war. Hierzu zählten ausweislich der englischsprachigen Leitlinien zum Synergie Bonus Paket vom 00.00.0000 konzernweit zwölf Personen, den Kläger eingerechnet. Der Kläger gehörte laut einem Struktur-Organigramm der O Gruppe vom 15.05.2013 insoweit aber nicht nur zum erweiterten Management-Team, sondern war auch Mitglied des aus nur sieben Personen bestehenden (engeren) Management-Teams der Unternehmensgruppe. Bei der A-AG war der Kläger ausweislich eines Struktur-Organigramms hinter dem CEO der O Gruppe der ranghöchste Manager, dem im Management-Team der A-AG insgesamt sieben rangniedrigere Manager unterstellt waren.
7Ausweislich des Anstellungsvertrages unterlag der Kläger noch für einen Zeitraum von drei Jahren nach einer etwaigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses einem Wettbewerbs- und Konkurrenzverbot auf dem gesamten Gebiet der Geschäftsaktivitäten der Unternehmensgruppe. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf den am 25.06.2013 unterzeichneten Anstellungsvertrag verwiesen.
8Am 00.00.2013 wurde die Eintragung des Klägers mit „Kollektivprokura zu zweien“ für die A-AG zur Eintragung in das Schweizerische Handelsregister, Kanton L, angemeldet. Die Eintragung in das Schweizerische Handelsregister erfolgte am 00.00.2014.
9Neben seiner Anstellung bei der A-AG war der Kläger für diverse Gruppengesellschaften der O Gruppe in anderen europäischen Ländern, namentlich in Deutschland, T, S und D, als einer von mehreren Geschäftsführern in den jeweiligen Handelsregistern eingetragen. Ausweislich der schriftlichen Bestätigung des CFO der O Gruppe vom 23.11.2015 war eine operative Tätigkeit des Klägers in den Gruppengesellschaften damit nicht verbunden. Die Eintragung erfolgte ausschließlich zur Absicherung der Handlungsfähigkeit für den Fall, dass die vor Ort tätigen operativen Geschäftsführer ganz oder teilweise ausfallen sollten. Auch wurde durch die A-AG keine Weiterbelastung von Kosten aus diesen Handelsregister-Eintragungen abgeleitet und an die jeweiligen Gruppengesellschaften weiter verrechnet. Wie sich ergänzend aus der weiteren Bestätigung der A-GmbH vom 13.08.2015 ergibt, war es im A-Konzern Praxis, dass immer auch ein Mitglied der Geschäftsleitung der Konzernmutter als Geschäftsführer im Handelsregister der lokalen Gesellschaft eingetragen wurde; eine Vergütung wurde hierfür nicht gezahlt.
10Der Kläger erzielte durch seine Tätigkeit für die schweizerische A-AG im Zeitraum vom 01.07.2013 bis zum 31.12.2013 einen Bruttolohn in Höhe von insgesamt X CHF. Darin enthalten war das reguläre, vertraglich vereinbarte, Gehaltsfixum in Höhe von X CHF sowie der Privatanteil für den Firmenwagen in Höhe von X CHF. Im Jahr 2014 erzielte der Kläger einen Bruttolohn in Höhe von X CHF. Darin enthalten war ein Gehaltsfixum in Höhe von X CHF, eine Prämie und Sonderprämie für das zweite Halbjahr 2013 in Höhe von insgesamt X CHF sowie der Privatanteil für den Firmenwagen in Höhe von X CHF. Der Kläger erhielt zudem Pauschalspesen (Repräsentation) in Höhe von X CHF im Jahr 2013 und in Höhe von X CHF im Jahr 2014. Von seinem jeweiligen Bruttolohn wurden im Jahr 2013 ausweislich der Gehaltsabrechnung X CHF und im Jahr 2014 ausweislich der Gehaltsabrechnung und der Bescheinigung des Kantonalen Steueramtes L, Schweiz vom 31.08.2016, X CHF Quellensteuer einbehalten.
11Der Kläger war im Streitzeitraum in der Schweiz nicht zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet.
12Am 08.12.2014 reichten die Kläger beim Beklagten ihre Einkommensteuererklärung für das Jahr 2013 ein. Die vom Kläger im Zeitraum vom 01.07.2013 bis zum 31.12.2013 erzielten Einkünfte aus seiner Tätigkeit bei der A-AG wurden in der Steuererklärung in Höhe von X € als steuerfreier Arbeitslohn nach DBA deklariert.
13Im Zusammenhang mit der Einkommensteuererklärung reichte der Kläger auch eine Aufstellung über seine tatsächlichen Tätigkeitsorte beim Beklagten ein. Seine Tätigkeitsorte an 115 Arbeitstagen im Zeitraum vom 01.07.2013 bis zum 31.12.2013 gab der Kläger wie folgt an:
14Tätigkeitsort |
Anzahl der Tage |
Schweiz |
65 |
Homeoffice |
10 |
Deutschland |
11 |
D |
8 |
S |
4 |
N |
6 |
T |
3 |
Sonstige Orte |
8 |
Mit Bescheid vom 10.12.2015 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum 2013 in Höhe von X € fest. Er folgte dabei nicht der vom Kläger vorgenommenen Qualifizierung hinsichtlich des in der Schweiz bezogenen Arbeitslohns. Vielmehr qualifizierte er einen Betrag in Höhe von X € als fiktiven Arbeitslohn für eine Geschäftsführertätigkeit in den anderen EU-Gruppengesellschaften in Deutschland, T, S und D. Er wies darauf hin, dass dieser Betrag in Deutschland besteuert werden könne, soweit kein anderes Land von seinem Besteuerungsrecht Gebrauch machen würde. Den restlichen Betrag in Höhe von X € teilte der Beklagte im Verhältnis der Arbeitstage an den jeweiligen Tätigkeitsorten auf. Auf die Schweiz entfiel dabei ein Anteil in Höhe von X € (56,52 %), auf Deutschland ein Anteil in Höhe von X € (43,48 %). Zur Begründung wurde erläutert, dass die Ausnahmeregelung für leitende Angestellte erst ab dem Zeitpunkt der Eintragung ins Handelsregister gegolten habe, die aber erst im Jahr 2014 erfolgt sei. Daher stehe der Schweiz das Besteuerungsrecht nur für die Tage der tatsächlichen Anwesenheit des Klägers zu.
16Hiergegen legten die Kläger am 12.01.2016 Einspruch ein. Zur Begründung verwiesen sie im Rahmen des Einspruchsverfahrens unter Vorlage der Bescheinigungen der O Gruppe und der A-GmbH insbesondere darauf, dass der Kläger zwar für diverse ausländische Gesellschaften als Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen gewesen sei, er aber für diese Gesellschaften nicht operativ tätig geworden sei. Auslandsreisen zu den jeweiligen europäischen Gruppengesellschaften seien zu Repräsentations- und Kontrollzwecken im Rahmen seiner Tätigkeit bei der A-AG notwendig gewesen. Die Eintragungen als Mit-Geschäftsführer bei diesen Gesellschaften seien lediglich aus Sicherheitsgründen erfolgt, damit die jeweiligen ausländischen Gesellschaften im Falle eines Ausfalls der operativen Geschäftsführung vor Ort handlungsfähig geblieben wären. Eine solche Handhabung sei bei Konzernen dieser Größenordnung durchaus üblich. Anstellungsverträge zwischen dem Kläger und den jeweiligen Gesellschaften habe es nicht gegeben. Die unterstellte Höhe des fiktiven Geschäftsführergehaltes sei rein spekulativ. Es habe auch keinerlei interne Weiterberechnung von Kosten durch die A-AG stattgefunden. Weiter führten die Kläger aus, dass der Kläger als leitender Angestellter im Sinne des Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz 1992 zu qualifizieren gewesen sei und dass diese Ausnahmeregelung nicht erst ab dem Zeitpunkt der Eintragung ins Handelsregister, sondern bereits ab dem Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit am 01.07.2013 anzuwenden gewesen sei. Auf den Eintragungszeitpunkt habe der Kläger keinen Einfluss gehabt. Die Eintragung im Handelsregister sei auch nur deklaratorischer Natur gewesen und habe lediglich die von Beginn an ausgeführte, unveränderte Tätigkeit bestätigt. Denn der Kläger habe die Geschäftsleitungstätigkeit bei der A-AG mit mündlich erteilter Prokura bereits seit dem 01.07.2013 ausgeübt und sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis voll ausgelebt. Er habe bereits ab diesem Zeitpunkt sämtliche Geschäftsunterlagen unterschrieben und die Gesellschaft als einer von sieben leitenden Angestellten nach außen vertreten und repräsentiert. Zudem sei der Kläger bereits ab Beginn seiner Tätigkeit im Juli 2013 an der nur für die leitenden Angestellten geltenden Bonusvereinbarung der O Gruppe beteiligt gewesen. Die Kläger führten weiter aus, dass die Verständigungsvereinbarung zu Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz 1992 vom 30.09.2008 (BStBl I 2008, 935) nur der Klarstellung dahingehend dienen könne, wer als leitender Angestellter im Sinne der Vorschrift zu qualifizieren sei, jedoch nicht, ab wann. Entscheidend sei immer die generelle Eintragung, die lediglich deklaratorische Wirkung habe. Mit der Handelsregistereintragung des Klägers sei nachgewiesen worden, dass dieser bereits seit dem 01.07.2013 als leitender Angestellter im Sinne des Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz 1992 zu qualifizieren gewesen sei.
17Im Rahmen des Einspruchsverfahren legten die Kläger die vom CEO und CFO der O Gruppe unterzeichnete Bescheinigung vom 04.03.2016 mit dem folgenden Inhalt vor: „Mit dem Zusammenschluss der A-Gruppe und der O-Gruppe zur O Group wurde die Geschäftsleitung, zu dem auch Herr G 2 gehört, im Juni 2013 neu organisiert. Diese Geschäftsleitung hat am 01.07.2013 die Operative Verantwortung für die O Group übernommen. In diesem Zusammenhang hat Herr G 2 als President der Marke A und Senior Vice President der O Group, neben der Verantwortung im Rahmen des Gruppenmanagements, die volle Verantwortung für seinen Geschäftsbereich mit allen vertretungsrechtlichen Konsequenzen im Innen- und Außenverhältnis übernommen. Die Geschäftsführer Vertrieb Schweiz, Deutschland, S, K und Export mit den lokalen Organisationen berichten an das Geschäftsleitungsmitglied G 2. Die Herrn G 2 erteilte Verantwortung überschreitet die der lokalen Geschäftsführer und Prokuristen. Diese neue Aufgabenverteilung mit den jeweiligen Verantwortungsbereichen wurde nicht nur intern, sondern auch extern kommuniziert. Die deklaratorische Eintragung in das lokale Handelsregister ist im Rahmen der Verschmelzung leider erst mit Verspätung eingeleitet worden.“
18Am 27.01.2018 reichten die Kläger ihre Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 bei der Beklagten ein. Hierin waren Einkünfte des Klägers in Höhe von X € als steuerfreier Arbeitslohn nach DBA deklariert.
19Am 23.03.2016 erließ der Beklagte einen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) im Hinblick auf Einkünfte der Klägerin geänderten Einkommensteuerbescheid für den Veranlagungszeitraum 2013. Der Einspruch in Bezug auf die im Zeitraum vom 01.07.2013 bis 31.12.2013 in der Schweiz bezogenen Einkünfte des Klägers wurde aufrecht erhalten.
20Mit Bescheid vom 08.08.2016 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum 2014 auf X € fest. Er qualifizierte die im Jahr 2014 vom Kläger bezogenen Einkünfte nicht als steuerfreien Arbeitslohn nach DBA. Die für das zweite Halbjahr 2013 ausgezahlte Sonderprämie teilte er im Verhältnis der Arbeitstage an den jeweiligen Tätigkeitsorten auf. Auf die Schweiz entfiel dabei ein Anteil in Höhe von umgerechnet X € (56,52 %), auf Deutschland ein Anteil in Höhe von umgerechnet X € (43,48 %). Den restlichen Arbeitslohn in Höhe von umgerechnet X € unterwarf der Beklagte in vollem Umfang der Besteuerung, insbesondere unter Verweis darauf, dass keine Nachweise im Sinne des § 50d Abs. 8 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorgelegt worden seien.
21Hiergegen legten die Kläger mit Schreiben vom 30.08.2016 Einspruch ein. Sie verwiesen zur Begründung auf ihre Ausführungen im Rahmen des Einspruchsverfahrens für den Veranlagungszeitraum 2013 und trugen ergänzend vor, dass zum Zeitpunkt der Handelsregistereintragung des Klägers im April 2014 keine neuen Verträge erstellt oder eine neue Tätigkeit aufgenommen worden sei, sondern vielmehr die bereits vertraglich festgeschriebene, am 01.07.2013 aufgenommene, Tätigkeit eingetragen worden sei. Sie legten zum Nachweis einen vom Kläger als einer von zwei Vertretern der A-AG bereits am 24.12.2013 unterzeichneten Mietvertrag über die Anmietung von Betriebsflächen für einen Mindestzeitraum von fünf Jahren in einer Größenordnung von mehr als X CHF pro Jahr vor. Die Kläger legten zudem eine Quellensteuerbescheinigung des Finanzdepartments Kanton L für das Jahr 2014 sowie eine Auflistung der Tätigkeitsorte vor. Seine Tätigkeitsorte an 224 Arbeitstagen im Zeitraum vom 01.01.2014 bis zum 31.12.2014 gab der Kläger wie folgt an:
22Tätigkeitsort |
Anzahl der Tage |
Schweiz |
105 |
Homeoffice |
39 |
Deutschland |
19 |
D |
1 |
S |
8 |
N |
11 |
T |
11 |
Sonstige Orte |
30 |
Am 28.12.2016 erließ der Beklagte einen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014, in welchem die Einkommensteuer auf X € festgesetzt wurde. Die in der Schweiz im Zeitraum zwischen dem 01.01.2014 und dem 30.03.2014 bezogenen Einkünfte setzte er als voll steuerpflichtige Einkünfte an. Die im Zeitraum vom 01.04.2014 bis zum 31.12.2014 bezogenen Einkünfte setzte er unter Verweis auf den fiktiven Arbeitslohn für Geschäftsführertätigkeiten in den anderen europäischen Gruppengesellschaften zu 37,5/350 als steuerfreie Einkünfte an. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 28.12.2016 Bezug genommen.
24Mit Einspruchsentscheidung vom 20.06.2017 wies der Beklagte den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 als unbegründet und den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014 als teilweise unbegründet zurück. Für das Jahr 2014 wurde nunmehr eine Einkommensteuer in Höhe von X € festgesetzt. Hierzu führte der Beklagte aus, dass der Arbeitslohn, den der Kläger nach der Eintragung im Handelsregister im April 2014 bezogen habe, nach Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz 1992 bei der Ermittlung der Einkünfte freizustellen und lediglich dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen sei. Der erforderliche Nachweis einer erfolgten Besteuerung in der Schweiz gemäß § 50d Abs. 8 EStG sei erbracht worden. Im Übrigen seien die Einsprüche aber unbegründet. Hierzu trug der Beklagte insbesondere vor, dass nach der Verständigungsvereinbarung zu Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz 1992 (BStBl I 2008, 935) in den nach dem 31.12.2008 beginnenden Veranlagungszeiträumen die Vorschrift des Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz 1992 nur noch auf solche Personen anzuwenden sei, deren Prokura bzw. Funktion im Handelsregister eingetragen worden sei. Der Zweck dieser Verständigungsvereinbarung, Schwierigkeiten bei der Abgrenzung des betreffenden Personenkreises zu vermeiden, könne nur erreicht werden, wenn die Formstrenge dieser Vereinbarung eingehalten und streng auf die tatsächliche Eintragung im Handelsregister abgestellt werde. Erst mit der Eintragung ins Handelsregister seien für den Kläger demnach die Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz 1992 erfüllt gewesen, unabhängig davon, ob dieser im Innenverhältnis bereits vorher diese Funktion ausgeübt habe. Vor Eintragung ins Handelsregister im April 2014 sei somit die Vorschrift des Art. 15 Abs. 1 DBA Schweiz 1992 anzuwenden gewesen, sodass insoweit der Ort der Tätigkeit maßgeblich gewesen sei. Für den Zeitraum Juli 2013 bis April 2014 sei der Arbeitslohn aus der Schweiz nach den Tätigkeitsorten tageweise aufzuteilen gewesen. Da der Kläger neben seiner Tätigkeit in der Schweiz auch noch Geschäftsführertätigkeiten in D, T, S und Deutschland ausgeübt habe und keine Nachweise darüber erbracht worden seien, dass diese Staaten entsprechend der jeweiligen DBA von ihrem Besteuerungsrecht Gebrauch gemacht hätten, stehe Deutschland für diese Einkünfte das Besteuerungsrecht zu. Die Höhe des Anteils dieser Geschäftsführergehälter am Lohnanteil sei für die Jahre 2013 und 2014 geschätzt worden, da keine Unterlagen eingereicht worden seien, die konkrete Lohnbestandteile ausgewiesen hätten. Da der Kläger seiner bei einem Auslandssachverhalt erhöhten Mitwirkungspflicht nur unzureichend nachgekommen sei, habe der Anteil geschätzt werden müssen, wobei es sich um eine vorsichtige Schätzung gehandelt habe. Die im Jahr 2014 erhaltene, aber für die Leistungen im Jahr 2013 erbrachte, Prämienzahlung sei entsprechend der Aufteilung der Arbeitstage im Jahr 2013 aufzuteilen gewesen, sodass ein Anteil von 56,52 % steuerfrei und ein Anteil von 43,48 % steuerpflichtig zu stellen gewesen sei. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 20.06.2017 nebst Anlagen Bezug genommen.
25Hiergegen haben die Kläger am 17.07.2017 Klage erhoben. Zur Begründungen wiederholen Sie ihre bereits im Einspruchsverfahren vorgetragenen Ausführungen und betonen insbesondere ihre Auffassung, dass in der Verständigungsvereinbarung zu Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz 1992 eine klare Regelung dahingehend getroffen worden sei, wer als leitender Angestellter im Sinne dieser Vorschrift zu qualifizieren sei, aber nicht, ab wann. Es ergebe sich daraus gerade nicht, dass immer erst strikt ab dem Zeitpunkt der Eintragung ins Handelsregister eine leitende Tätigkeit angenommen werden könne. Zu der von dem Beklagten vorgenommenen Aufteilung der Arbeitstage auf einzelne Tätigkeitsorte tragen die Kläger ergänzend vor, dass der Kläger als Markenverantwortlicher der A-Gruppe in seiner Repräsentationsfunktion an Messeveranstaltungen, Presseterminen und ähnlichem in den großen Absatzmärkten, insbesondere auch in Deutschland, habe teilnehmen müssen. Aus diesen Auslandsbesuchen lasse sich aber gerade nicht schließen, dass der Kläger eine geteilte Funktion ausgeübt habe und als Geschäftsführer operativ in mehreren Ländern fungiert habe. Vielmehr habe er Arbeitslohn ausschließlich in seiner Funktion als Geschäftsleitungsmitglied der A-AG in der Schweiz erhalten. Durch die Aufteilung der Arbeitstage auf die Tätigkeitsorte und das Ansetzen eines fiktiven Arbeitslohns sei es zu einer doppelten steuerlichen Berücksichtigung gekommen. Zudem sei sowohl die unterstellte Höhe der fiktiven Geschäftsführergehälter als auch der Umfang der Tätigkeiten für diese Gesellschaften willkürlich vom Beklagten festgesetzt worden und habe nichts mit den tatsächlichen Gegebenheiten zu tun.
26Die Kläger beantragen,
27den Einkommensteuerbescheid 2013 vom 23.03.2016 und den Einkommensteuerbescheid 2014 vom 28.12.2018, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.06.2017, dahingehend abzuändern, dass bei den Steuerfestsetzungen der in der Schweiz erzielte Arbeitslohn des Klägers bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit freigestellt wird.
28Der Beklagte beantragt,
29die Klage abzuweisen
30und für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
31Zur Begründung verweist er vollumfänglich auf die Einspruchsentscheidung.
32Über die Klage ist in der Sitzung des Senats am 21.03.2019 mündlich verhandelt worden. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.
33Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
34E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
35I. Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.06.2017 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO). Die aus der Schweiz bezogenen streitgegenständlichen Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit unterliegen, auch soweit diese auf Tätigkeiten des Klägers in anderen europäischen Ländern und in Deutschland entfallen, nicht der Besteuerung in Deutschland, da der Kläger bereits seit seinem Tätigkeitsbeginn am 01.07.2013 zu dem in Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz 1992 genannten Personenkreis gehört.
361. Zwar war der Kläger in den Streitjahren gemäß § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig und unterlag grundsätzlich mit seinen gesamten Einkünften gemäß § 2 Abs. 1 EStG der Einkommensteuer, da er einen Wohnsitz im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 AO in Deutschland hatte. Der Kläger war auch, wovon die Beteiligten zu Recht übereinstimmend ausgehen, aus abkommensrechtlicher Sicht im Sinne von Art. 4 DBA Schweiz 1992 in Deutschland ansässig.
372. Gemäß Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d DBA Schweiz 1992 sind bei einer in Deutschland ansässigen Person aus der Schweiz stammende Gehälter, Löhne und ähnliche Vergüten im Sinne des Art. 15 DBA Schweiz 1992, soweit sie nicht unter Art. 17 DBA Schweiz 1992 fallen, jedoch von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, wenn sie in der Schweiz besteuert werden können (a.) und wenn die Arbeit in der Schweiz ausgeübt wird (b.).
38a. In der Schweiz besteuert werden können nach Art. 15 Abs. 4 Satz 1 DBA Schweiz 1992 vorbehaltlich des Art. 15a DBA Schweiz 1992 die Einkünfte einer in Deutschland ansässigen natürlichen Person, die als Vorstandsmitglied, Direktor, Geschäftsführer oder Prokurist einer in der Schweiz ansässigen Kapitalgesellschaft tätig ist. Voraussetzung ist, dass die Tätigkeit nicht so abgegrenzt ist, dass sie lediglich Aufgaben außerhalb der Schweiz umfasst.
39aa. Die Anwendung des Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz 1992 wird im vorliegenden Fall nicht durch Art. 15a DBA Schweiz 1992 ausgeschlossen. Der Kläger war in den Streitjahren kein Grenzgänger im Sinne von Art. 15a DBA Schweiz 1992, da er nach Überzeugung des Senats in beiden Jahren jeweils an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund seiner Arbeitsausübung nicht an seinen Wohnsitz in Deutschland zurückgekehrt ist. Die tägliche Rückkehr war dem Kläger aus beruflichen Gründen aufgrund der erheblichen Entfernung zwischen seinem Arbeitsort in der Schweiz und seinem Wohnsitz in Deutschland und der bei einer Führungskraft unterstellten hohen Arbeitsbelastung nicht zumutbar. Dieses hat der Kläger durch entsprechende Aufstellungen der Tätigkeitsorte an den einzelnen Tagen nachgewiesen und ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
40bb. Die Tätigkeit des Klägers bei der A-AG umfasste auch nicht lediglich Aufgaben außerhalb der Schweiz. Auch dieses ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
41cc. Der Kläger gehörte nach Überzeugung des Senats bereits seit seinem Tätigkeitsbeginn bei der A-AG am 01.07.2013 zu dem in § 15 Abs. 4 DBA Schweiz 1992 genannten Personenkreis.
42(1) Wie sich aus dem vorgelegten Anstellungsvertrag mit der zugehörigen Stellenbeschreibung ergibt, war der Kläger seit dem 01.07.2013 als Geschäftsleitungsmitglied und weltweiter Vertriebs- und Markenverantwortlicher der A-Marken bei der A-AG angestellt. Zudem war er seit diesem Zeitpunkt Teil des siebenköpfigen Management-Teams der O Gruppe, was sich aus dem vorgelegten Struktur-Organigramm der O Gruppe, aus der Stellenbeschreibung sowie ferner aus der Aufnahme in das Synergie Bonus-Programm der Unternehmensgruppe für das erweiterte Management ergibt. Er hatte somit, was zwischen den Beteiligten ebenfalls unstreitig ist, innerhalb der A-AG sowie auch innerhalb der O Gruppe intern eine leitende Funktion inne. Im Einklang damit steht auch das vertraglich vereinbarte umfassende Wettbewerbs- und Konkurrenzverbot.
43(2) Der Kläger verfügte nach Überzeugung des Senats ferner bereits seit dem 01.07.2013 über die notwendige externe Vertretungsmacht in Form einer Kollektiv-Prokura.
44(a) Nach Art. 458 Abs. 1 des Schweizerischen Obligationenrechts (OR) kann eine Prokura ausdrücklich oder auch stillschweigend erteilt werden. Sie kann nach Art. 460 Abs. 2 OR auch mehreren Personen zu gemeinsamer Unterschrift (Kollektiv-Prokura) erteilt werden.
45(b) Der Kläger hat ausreichend substantiiert vorgetragen und nachgewiesen, dass ihm die Kollektiv-Prokura mündlich bzw. schlüssig bereits bei seinem Tätigkeitsbeginn bei der A-AG am 01.07.2013 erteilt worden ist und diese lediglich verspätet erst im Dezember 2013 formal zur Eintragung in das Schweizerische Handelsregister angemeldet worden ist. Dieses ergibt sich zum einen aus der vorgelegten, vom CEO und CFO unterzeichneten, Bescheinigung der O Gruppe vom 04.03.2016, in der ausdrücklich ausgeführt ist, dass die Geschäftsleitung der fusionierten Unternehmensgruppe bereits zum 01.07.2013 die operative Tätigkeit aufgenommen habe und dass der Kläger in diesem Zusammenhang bereits die volle Verantwortung für seinen Geschäftsbereich mit allen vertretungsrechtlichen Konsequenzen im Innen- und Außenverhältnis übernommen habe, was auch intern sowie extern kommuniziert worden sei; lediglich die Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister sei aufgrund der Fusion dann aber erst verspätet eingeleitet worden. Zum anderen ergibt sich dieses auch daraus, dass der Kläger ausweislich seiner Gehaltsbescheinigungen für den Zeitraum vom 01.07.2013 bis zum 31.12.2013 schon das volle, vertraglich vereinbarte, Fixgehalt in Höhe von X CHF erhalten hat, sowie zusätzlich eine Prämie und Sonderprämie in Höhe von insgesamt X CHF. Es ist davon auszugehen, dass ein solch hohes Gehalt zuzüglich einer Prämie in erheblicher Größenordnung an ein Geschäftsleitungsmitglied nur dann voll ausgezahlt wird, wenn dieses seine Tätigkeit bereits vollumfänglich, d.h. insbesondere auch mit der erforderlichen, mit Haftungsrisiken einhergehenden, Vertretungsmacht ausübt. Überdies hat der Kläger als einer von zwei Vertretern der A-AG am 24.12.2013 einen Mietvertrag in erheblicher Größenordnung unterzeichnet.
46(3) Der Einbeziehung des Klägers in den von Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz 1992 genannten Personenkreis bereits ab dem 01.07.2013 steht, anders als der Beklagte meint, auch nicht entgegen, dass die Eintragung der Kollektiv-Prokura des Klägers in das Schweizerische Handelsregister erst am 02.04.2014 erfolgt ist.
47(a) Gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft - Deutsch-Schweizerische Konsultationsvereinbarungsverordnung - (KonsVerCHEV), der auf einer Verständigungsvereinbarung der zuständigen Behörden zu Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz 1992 beruht (vgl. BMF-Schreiben vom 30.09.2008, BStBl I 935), ist Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz 1992 nur auf Personen anwendbar, deren vom Anwendungsbereich der Vorschrift umfasste Funktion oder Prokura im Handelsregister eingetragen ist.
48(b) Die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Satz 2 KonsVerCHEV sind im Streitfall erfüllt. Denn der Kläger ist als Geschäftsleitungsmitglied mit der Vertretungsbefugnis „Kollektivprokura zu zweien“ für die A-AG tätig und ist mit dieser Prokura seit dem 02.04.2014 im Schweizerischen Handelsregister eingetragen. Durch die Eintragung der Prokura im Handelsregister wurde die bereits seit dem 01.07.2013 bestehende Zugehörigkeit zu dem in Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz 1992 genannten Personenkreis lediglich bestätigt, nicht hingegen erst begründet. Denn nach Überzeugung des Senats ist § 19 Abs. 2 Satz 2 KonsVerCHEV im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte sowie den Sinn und Zweck dahingehend auszulegen, dass er lediglich den von Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz 1992 erfassten Personenkreis festlegen soll (vgl. Finanzgericht – FG – Baden-Württemberg, Urteil vom 13.07.2017, 3 K 2439/14, EFG 2017, 1870). Nicht festgelegt werden soll hingegen der zeitliche Beginn der Zugehörigkeit zu diesem Personenkreis. Dieses ergibt sich aus der zugrundeliegenden Verständigungsvereinbarung, in welcher die Einführung des § 19 Abs. 2 Satz 2 KonsVerCHEV damit begründet wurde, Abgrenzungsschwierigkeiten hinsichtlich des unter Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz 1992 fallenden Personenkreises vermeiden zu wollen, insbesondere im Hinblick auf nur begrenzt vertretungsberechtigte Handlungsbevollmächtigte. Eine solche Abgrenzungsschwierigkeit ist aber bei einer Person wie dem Kläger, der als Prokurist schon dem Wortlaut nach von dem in Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz 1992 genannten Personenkreis erfasst wird und zu einem späteren Zeitpunkt auch mit dieser Prokura ins Handelsregister eingetragen wird, von vornherein ausgeschlossen. Im Übrigen würde es zudem auch von Zufälligkeiten abhängen, ab wann genau ein leitender Angestellter in den Anwendungsbereich des Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz 1992 fällt, da ein solcher auf den Zeitpunkt der Anmeldung zum Handelsregister und der daran anschließenden Handelsregistereintragung, insbesondere bei großen Kapitalgesellschaften mit oftmals mehreren in diesen Vorgang involvierten Personen, kaum Einfluss nehmen kann. Überdies würde eine andere Auslegung vorliegend auch den tatsächlichen Gegebenheiten widersprechen. Denn der Kläger war ausweislich der Bescheinigungen der O Gruppe bereits seit dem 01.07.2013 den lokalen Geschäftsführern und Prokuristen in der Hierarchie und was die ihm übertragene Verantwortung betrifft, überstellt. Wenn diese lokalen Geschäftsführer und Prokuristen – jedenfalls theoretisch – schon vom Wortlaut her zu dem in Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz 1992 genannten Personenkreis gehören würden, der ihnen überstellte Kläger aber aufgrund der verspäteten Handelsregistereintragung zunächst nicht, würde dies dem Sinn und Zweck der Vorschrift des Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz 1992 widersprechen.
49(c) Da die Voraussetzungen des Art. 19 Abs. 2 Satz 2 KonsVerCHEV nach Auffassung des Senats erfüllt sind, kann der Senat es vorliegend dahinstehen lassen, ob § 19 Abs. 2 Satz 2 KonsVerCHEV überhaupt eine zulässige Konkretisierung von Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz 1992 darstellt oder nicht vielmehr über den Abkommenswortlaut hinausgeht, der in abschließender Weise die „Grenzmarke“ für das richtige Abkommensverständnis bildet (vgl. BFH-Urteil vom 30.05.2018, I R 62/16, BFH/NV 2019, 62; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.10.2015, 3 K 2913/13, EFG 2016, 1061).
50b. Der Kläger hat seine Tätigkeit im Sinne von Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d DBA Schweiz 1992 i.V.m. Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz 1992 in der Schweiz ausgeübt, auch wenn er seine Arbeit tatsächlich zu einem erheblichen Anteil außerhalb der Schweiz verrichtet hat. Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz 1992 enthält für seinen Anwendungsbereich eine Fiktion des Tätigkeitsortes. Für die Anwendung des Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz 1992 wird davon ausgegangen, dass ein leitender Angestellter seine Tätigkeit am Ort des Sitzes der Kapitalgesellschaft, hier in der Schweiz, ausübt. Dieses gilt selbst dann, wenn die Tätigkeit tatsächlich überwiegend außerhalb der Schweiz verrichtet wird (vgl. BFH-Urteil vom 25.10.2006, I R 81/04, BStBl II 2010, 778).
51c. Soweit der Beklagte eine Tätigkeit des Klägers auch für andere europäische Gruppengesellschaften annimmt und hierfür einen fiktiven Arbeitslohn ansetzt, sieht der Senat hierfür weder dem Grunde nach noch der Höhe nach eine Rechtsgrundlage. Der Kläger hat im Streitzeitraum nach den vom Gericht getroffenen Feststellungen ausschließlich Arbeitslohn von der schweizerischen A-AG erhalten und stand auch nur zu dieser Gesellschaft in einem Anstellungsverhältnis. Irgendeine Weiterbelastung bzw. Weiterverrechnung von Kosten an Gruppengesellschaften hat nicht stattgefunden. Im Übrigen wurde eine tatsächliche Ausübung operativer Tätigkeiten für andere Gruppengesellschaften von dem Beklagten auch nicht nachgewiesen. Soweit der Beklagte hierbei auf die Aufenthaltstage des Klägers in den Ansässigkeitsländern der jeweiligen Gruppengesellschaften verweist, kann dem nicht gefolgt werden. Vielmehr erscheint der diesbezügliche substantiierte Vortrag des Klägers, dass dieser als Markenverantwortlicher der A-Gruppe in seiner Repräsentationsfunktion an Messeveranstaltungen, Presseterminen und ähnlichem in den großen Absatzmärkten, insbesondere auch in Deutschland, habe teilnehmen müssen, glaubhaft und plausibel.
523. Der Kläger hat auch gemäß § 50d Abs. 8 EStG einen Nachweis dafür erbracht, dass die in der Schweiz in den Jahren 2013 und 2014 festgesetzten Steuern entrichtet wurden.
53a. Gemäß § 50d Abs.8 Satz 1 EStG wird die Freistellung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit bei der Veranlagung ungeachtet des DBA nur gewährt, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht (hier die Schweiz), auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die in diesem Staat auf die Einkünfte festgesetzten Steuern entrichtet wurden.
54b. Der Kläger hat für den Veranlagungszeitraum 2014 einen Lohnausweis sowie eine Bescheinigung des Kantonalen Steueramtes L über den betragsmäßig konkretisierten durchgeführten Quellensteuerabzug vorgelegt. Die Voraussetzungen des § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG sind damit erfüllt, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist.
55c. Für den Veranlagungszeitraum 2013 hat der Kläger einen Lohnausweis vorgelegt, in dem betragsmäßig konkretisiert sowohl die Höhe der Einkünfte als auch die Höhe der abgeführten Quellensteuer aufgeführt sind. Insbesondere, da der Kläger in der Schweiz nicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet war, genügt dieser Lohnausweis den Anforderungen des § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG (vgl. FG Köln, Urteil vom 16.06.2016, 13 K 3649/13, EFG 2016, 1711; Bundesministerium der Finanzen – BMF – Schreiben vom 03.05.2018, BStBl I 2018, 643; vom 12.11.2014, BStBl I 2014, 1467 und vom 21.07.2005, BStBl I 2005, 821).
56d. Unerheblich ist auch, dass die Pauschalspesen (Repräsentation) in der Schweiz nicht der Besteuerung unterworfen wurden, was sich aus den Lohnausweisen ergibt. Darauf, in welchem Umfang die jeweiligen Einkünfte von der schweizerischen Besteuerung erfasst werden oder ob dort alle Einkunftsteile im Rahmen der Steuerveranlagung auch zu einer konkreten Steuerzahlungspflicht führen, kommt es nicht an. Die tatsächliche Besteuerung jeglicher Teile der im Rahmen einer Einkunftsart zu erfassenden Einkünfte nach innerschweizerischem Steuerrecht ist gerade nicht erforderlich. Maßgeblich ist allein, dass die Schweiz die Einkünfte besteuert, nicht, inwieweit (vgl. BFH-Urteil vom 27.08.1997, I R 127/95, BStBl II 1998, 58 zum DBA Kanada).
574. Demzufolge können die vom Kläger in der Schweiz erzielten Einkünfte nicht in Deutschland besteuert werden. Die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2013 und 2014 sind daher dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von X CHF (X €) für die Monate Juli bis Dezember 2013 und in Höhe von X CHF (X €) für die Monate Januar bis März 2014 insgesamt nicht der Besteuerung in Deutschland unterliegen, sondern nur dem Progressionsvorbehalt zu unterwerden sind. Dasselbe gilt für die im Jahr 2014 bezogene, für das zweite Halbjahr 2013 gewährte, (Sonder-)Prämie in Höhe von X CHF (X €).
58II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
59III. Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren war gemäß § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig zu erklären, da es sich um eine anspruchsvolle rechtliche Materie handelt.
60IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
61V. Die Revision war zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, soweit sie die Frage betrifft, ob § 19 Abs. 2 Satz 2 KonsVerCHEV dahingehend auszulegen ist, dass dieser nur die Zugehörigkeit zu dem in Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz 1992 genannten Personenkreis an sich bestimmen kann, nicht aber den Zeitpunkt des Beginns der Zugehörigkeit zu diesem Personenkreis.