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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
T a t b e s t a n d
2Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger die in seinen Bordellen „X“ und „Y“ ausgeführten Prostitutionsumsätze zuzurechnen sind.
3Der Kläger betrieb als Einzelunternehmer zum einen seit März 2007 das in 00000 I gelegene Bordell „X“ und zum anderen seit Mai 2008 das in 00000 J gelegene Bordell „Y“. Darüber hinaus betrieb der Kläger in den Streitjahren in C eine gewerbliche Zimmervermietung (sog. Laufhaus).
4Der Kläger wurde in den Streitjahren zunächst vom Finanzamt T zur Umsatzsteuer veranlagt. Mit seiner Umsatzsteuererklärung vom 07.11.2008 erklärte der Kläger eine festzusetzende Umsatzsteuer 2007 i.H.v. 3.547,36 €. Das Finanzamt stimmte am 24.04.2009 der Umsatzsteuererklärung zu. Am 08.09.2009 reichte der Kläger beim Finanzamt T seine Umsatzsteuererklärung 2008 ein und erklärte eine festzusetzende Umsatzsteuer i.H.v. 28.722,85 €. Im Rahmen seiner am 17.09.2010 eingereichten Umsatzsteuererklärung 2009 erklärte der Kläger eine festzusetzende Umsatzsteuer i.H.v. 45.787,61 €. Die festzusetzende Umsatzsteuer 2010 betrug nach der am 13.04.2012 eingereichten Umsatzsteuererklärung 39.760,43 €. Die eingereichten Steuererklärungen standen als Steueranmeldungen Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich.
5Mit Beginn am 22.08.2012 führte das Finanzamt T beim Kläger für die Streitjahre eine Umsatzsteuersonderprüfung durch. Dabei kam der Prüfer hinsichtlich des Bordells „Y“ zu folgenden Feststellungen: An dem Gebäude des Bordells sei eine von der Straße aus sichtbare Leuchtreklame mit dem Namen des Bordells vorhanden. Das Gebäude sei von einer hohen Mauer umgeben, die hinsichtlich der vorhandenen Parkmöglichkeiten und eines Seiteneinganges Sichtschutz und damit Diskretion geboten hätte. Über dem Seiteneingang habe sich ebenfalls eine Leuchtreklame mit dem Schriftzug des Bordells befunden. Weiter sei ein Schild mit den Öffnungszeiten und den Getränkepreisen angebracht gewesen. Bei Betreten des Gebäudes gelange der Kunde in zwei barähnliche Räume mit Tischen sowie Sitzmöglichkeiten und einem Tresen zum Getränkeverkauf. Zudem seien in dem Bereich ein EC-Terminal sowie verschiedene Geräte zur Abrechnung von Kreditkarten vorhanden gewesen. Im Erdgeschoss des Gebäudes hätten sich acht Einzelzimmer, jeweils mit eigener Nasszelle, befunden, wovon ein Zimmer mit einem Whirlpool ausgestattet gewesen sei. In dem Gang zu den Einzelzimmern hätten sich zwei Aushänge mit folgendem Inhalt befunden: „„Y“ - Wir weisen darauf hin, dass alle Damen (außer der Thekenbedienung) selbständig auf eigene Rechnung arbeiten!!! – Die Geschäftsleitung“. In dem Thekenbereich, in dem sich häufig wechselnde Prostituierte aufgehalten hätten, welche dann in den Einzelzimmern für Kunden sexuelle Dienstleistungen erbracht hätten, sei ein solcher Aushang nicht vorhanden gewesen. Im Obergeschoss des Gebäudes hätten sich Privaträume der im Bordell tätigen Prostituierten befunden, zu denen der Zutritt für die Kunden nicht möglich gewesen sei. Die von den Prostituierten genutzten Hand- und Papiertücher sowie die Bettwäsche seien vom Kläger zur Verfügung gestellt. Die Handtücher und die Bettwäsche seien vom Thekenpersonal zudem gereinigt worden. Die Reinigung der Zimmer sei durch beim Kläger beschäftigte Reinigungskräfte erfolgt. Der Thekenbereich sowie die Schlüssel zu den Einzelzimmern seien von Arbeitnehmern des Klägers verwaltet worden. Der Kläger habe von den in seinem Bordell tätigen Prostituierten für die Zimmernutzung täglich 40 € und für die Nutzung der Privaträume sowie Verpflegung weitere 10 € erhalten. Der Kläger habe zudem am sog. Düsseldorfer Verfahren teilgenommen, in dessen Rahmen er die Tätigkeit der Prostituierten beim Finanzamt J angemeldet und die Beträge zur pauschalen Besteuerung bezahlt habe, welche er wiederum von den Prostituierten erhoben hätte. Für den Club sei in der …-Zeitung für C sowie in örtlichen Tageszeitungen geworben worden. Zudem sei auf diversen Internetseiten für das Bordell, nicht aber für einzelne Prostituierte geworben worden. Auf der eigenen Internetseite (www….) sei nur bei einzelnen Prostituierten deren eigene Mobilfunknummer angegeben gewesen. Den für ihre Leistungen zu zahlenden Betrag hätten die Prostituierten mit den Kunden selbständig ausgehandelt. Im Fall der Barzahlung hätten die Kunden den fälligen Betrag dann direkt an die Prostituierte bezahlt, während sie, die Kunden, ihre Getränkerechnung an der Theke bezahlt hätten. Habe der Kunde mittels Kreditkarte bezahlt, so hätten die im Thekenbereich eingesetzten Arbeitnehmer des Klägers die Abrechnungen durchgeführt. Hierfür hätten die Prostituierten dem Thekenpersonal den Betrag für ihre sexuellen Dienstleistungen mitgeteilt. Daraufhin sei über die Kreditkarte sowohl dieser Betrag als auch der Betrag für die Getränke abgerechnet worden. Der jeweiligen Prostituierten sei dann der für ihre Leistung abgerechnete Betrag aus der Kasse ausgezahlt und von ihr quittiert worden. Die Belastung der Kreditkarte sei hingegen allein zugunsten des betrieblichen Kontos des Klägers erfolgt.
6Hinsichtlich des Bordells „X“ kam der Prüfer zu folgenden Feststellungen: Am Gebäude, in dem das Bordell betrieben worden sei, sei bereits von der Straße aus sichtbar eine Leuchtreklame mit dem Namen des Bordells angebracht gewesen. Neben dem Haupteingang habe sich ein Schaufensterkasten mit Werbung (X – Day- und Nightbar), den Öffnungszeiten sowie ein Hinweis auf einen diskreten Nebeneingang über den zum Gebäude gehörenden Parkplatz befunden. Durch den Haupteingang gelange der Kunde in einen Thekenbereich, der mit verschiedenen Sitzgelegenheiten und Tischen ausgestattet gewesen sei und wo der Kunde Getränke habe erwerben können. Zudem seien in dem Bereich ein EC-Terminal sowie verschiedene Geräte zur Abrechnung von Kreditkarten vorhanden gewesen. Im dem übrigen Gebäude hätten sich sieben Einzelzimmer, jeweils mit eigener Nasszelle, befunden, wovon ein Zimmer zudem mit einem Whirlpool ausgestattet gewesen sei. In dem Gang zu den Einzelzimmern hätten sich zwei Aushänge mit folgendem Inhalt befunden: „Wir weisen darauf hin, dass alle Damen (außer der Thekenbedienung) selbständig auf eigene Rechnung arbeiten!!! – Die Geschäftsleitung“. In dem Thekenbereich, in dem sich häufig wechselnde Prostituierte aufgehalten hätten, welche dann in den Einzelzimmern für Kunden sexuelle Dienstleistungen erbracht hätten, sei ein solcher Aushang nicht vorhanden gewesen. In einem weiteren Gebäudeteil hätten sich Privaträume der im Bordell tätigen Prostituierten befunden, zu denen der Zutritt für die Kunden nicht möglich gewesen sei. Die von den Prostituierten genutzten Handtücher und Bettwäsche seien vom Kläger zur Verfügung gestellt und vom Thekenpersonal gereinigt worden. Die Reinigung der Zimmer sei durch beim Kläger beschäftigte Reinigungskräfte erfolgt. Der Thekenbereich sowie die Schlüssel zu den Einzelzimmern seien von Arbeitnehmern des Klägers verwaltet worden. Der Kläger habe von den in seinem Bordell tätigen Prostituierten für die Zimmernutzung täglich 40 € und für die Nutzung der Privaträume sowie Verpflegung weitere 10 € erhalten. Soweit die Prostituierten am Tag nur ein einzelnes Zimmer belegt hätten, habe der Kläger hierfür nur einen Betrag von 20 € erhalten. Für das Bordell sei sowohl in der örtlichen Tageszeitung als auch auf diversen Internetseiten geworben worden. Für einzelne Prostituierte sei nicht geworben worden. Auf der eigenen Internetseite (www….) sei bei allen dort aufgeführten Prostituierten jeweils die Telefonnummer des Bordells angegeben worden. Auf der Rückseite der im Bordell ausgelegten Getränkekarte hätte sich folgender Preishinweis befunden (vgl. Betriebsprüfungsakte Bl. 103):
7„Der Quickie (wenn’s mal schnell gehen soll) 35 €
Normalo (25 Minuten auf dem Zimmer) 50 €
Für Kenner (Also für Herren, die wissen wie schön 1 Stunde sein kann) 100 €
Achtung! Die Damen im X arbeiten auf eigene Rechnung! Es handelt sich um Richtpreise! Solltest Du spezielle Vorstellungen haben, dann frage bitte die Dame Deiner Wahl, ob sie Deinen Erwartungen entsprechen kann.“
12Den für ihre Leistungen zu zahlenden Betrag hätten die Prostituierten mit den Kunden selbständig ausgehandelt. Im Fall der Barzahlung hätten die Kunden diesen dann direkt an die Prostituierte bezahlt, während sie ihre Getränkerechnung an der Theke bezahlt hätten. Habe der Kunde mittels Kreditkarte bezahlt, so hätten die im Thekenbereich eingesetzten Arbeitnehmer des Klägers die Abrechnung durchgeführt. Hierfür hätten die Prostituierten dem Thekenpersonal den Betrag für ihre sexuellen Dienstleistungen mitgeteilt. Daraufhin sei über die Kreditkarte sowohl dieser Betrag als auch der Betrag für die Getränke abgerechnet worden. Der Prostituierten sei dann der für ihre Leistung abgerechnete Betrag aus der Kasse ausgezahlt und von ihr quittiert worden. Die Belastung der Kreditkarte sei hingegen allein zugunsten des betrieblichen Kontos des Klägers erfolgt.
13Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass dem Kläger hinsichtlich beider Bordelle nicht nur die Umsätze aus der Überlassung der Zimmer an die Prostituierten sowie aus dem Getränkeverkauf zuzurechnen seien, sondern auch die Umsätze der Prostituierten, die die Kunden mittels Kreditkarte bezahlt hätten. Nur die von Kunden bar bezahlten Umsätze seien nicht dem Kläger, sondern den Prostituierten selbst zuzurechnen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 19.12.2012 (Bl. 250 der Betriebsprüfungsakte) Bezug genommen.
14Das Finanzamt T folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ jeweils am 08.02.2013 für die Streitjahre geänderte Umsatzsteuerbescheide, die weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen. Das Finanzamt setzte die Umsatzsteuer 2007 auf 7.552,91 €, die Umsatzsteuer 2008 auf 39.658,30 €, die Umsatzsteuer 2009 auf 70.368,29 € und die Umsatzsteuer 2010 auf 65.549,32 € fest.
15Gegen die geänderten Umsatzsteuerbescheide legte der Kläger am 08.03.2013 Einspruch ein, mit dem er sich gegen die Zurechnung der Kreditkartenumsätze aus den Prostitutionsleistungen wandte. Denn diese seien ebenso wie die Barumsätze allein den Prostituierten zuzurechnen. Der Kontakt zwischen den Kunden und den Prostituierten sei regelmäßig im Thekenbereich zustande gekommen, indem die Prostituierten den Kunden ihre sexuellen Dienstleistungen angeboten hätten. Im Rahmen dieses Gesprächs seien sowohl Umfang als auch Entgelt der Leistung der Prostituierten ausgehandelt worden. In den Fällen, in denen der Kunde mittels Kreditkarte bezahlt hätte, sei dieser bei der Aushändigung des Betrages für die sexuellen Dienstleistungen durch das Thekenpersonal an die Prostituierte zugegen gewesen. Dieser Umstand sowie die im Bordell vorhandenen Aushänge hätten dazu geführt, dass der mit Kreditkarte zahlende Kunde die Prostituierte selbst und nicht den Kläger als Leistungserbringer angesehen hätte. Der Kläger sei auch nicht nach außen in Erscheinung getreten. Vielmehr hätten sich beide Bordelle jeweils im Rahmen der Werbung nach außen hin als organisatorische Einheit präsentiert. Die Kunden der Bordelle hätten daher überhaupt nicht gewusst, wer sich dahinter verberge. Über die rechtlichen Verhältnisse seien diese jedoch durch die Aushänge aufgeklärt worden, welche sich auch unmittelbar bei den Kassen im Theken- bzw. Barbereich befunden hätten. Die Prostituierten hätten die Preise auch selbst aushandeln können und sich jeweils für ein freies Zimmer entscheiden können. Ihnen sei nicht ein bestimmtes Zimmer zugewiesen worden. Die Prostituierten seien hinsichtlich der Gestaltung ihrer Arbeitszeit zudem frei und ungebunden gewesen. Der Kläger habe insoweit keine Vorgaben gemacht. Die selbständige Ausübung ihrer Tätigkeit sei von den Prostituierten jeweils schriftlich bestätigt worden.
16Mit Schreiben vom 27.08.2013 teilte das Finanzamt T dem Kläger mit, dass es weiterhin die Auffassung vertrete, dass ihm die Prostitutionsumsätze zuzurechnen seien. Dies gelte jedoch nicht nur für die Fälle, in denen die Kunden mittels Kreditkarte gezahlt hätten, sondern auch in den Fällen einer Barzahlung. Diese seien mangels bestehender Aufzeichnungen in Höhe von 25 % der Summe der mittels Kreditkartenzahlung vereinnahmten Entgelte für Prostitutionsleistungen zu schätzen. Diese Summe ergebe sich wiederum anhand des Kontos „durchlaufende Posten“, über das der Kläger die Auszahlungen an die Prostituierten im Fall der Kreditkartenzahlungen verbucht habe. Daher seien die bisherigen Umsatzsteuerfestsetzungen für die Jahre 2007 bis 2010 entsprechend zu erhöhen. Auf die Möglichkeit einer Verböserung im Rahmen einer Einspruchsentscheidung wies das Finanzamt T hin.
17Nachdem der Kläger seinen Geschäftssitz nach C verlegt hatte, übernahm der für die Umsatzbesteuerung nun zuständige Beklagte ab 2015 die Bearbeitung des eingelegten Einspruchs. Er schloss sich der Rechtsauffassung des Finanzamtes T an und wies in einem Schreiben vom 22.01.2016 ebenfalls auf die Möglichkeit einer Änderung der Umsatzsteuerbescheide zum Nachteil des Klägers hin. Mit nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Bescheiden, jeweils vom 02.03.2016, erhöhte daraufhin der Beklagte die für die Streitjahre festgesetzte Umsatzsteuer um die bisher unberücksichtigten bar vereinnahmten Prostitutionsumsätze. Danach setzte der Beklagte die Umsatzsteuer 2007 auf 8.554,40 €, die Umsatzsteuer 2008 auf 42.372,83 €, die Umsatzsteuer 2009 auf 76.513,46 € und die Umsatzsteuer 2010 auf 71.956,50 € fest. Die Bescheide standen weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
18Mit seiner Einspruchsentscheidung vom 09.03.2016 wies der Beklagte den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Die Vorbehalte der Nachprüfung wurden nicht aufgehoben. Aus Sicht des Beklagten sei der Kläger in umsatzsteuerlicher Hinsicht als Leistungserbringer der sexuellen Dienstleistungen der Prostituierten zu behandeln. Dies gelte auch für den Fall, dass die Freier den für die Prostitutionsleistung fälligen Betrag unmittelbar an die Prostituierte gezahlt hätten. Es sei nämlich nicht im Namen der Prostituierten, sondern nur für die Bordelle Werbung betrieben worden. Die Bordelle seien gegenüber den Freiern als einheitliche Organisation aufgetreten. Der Kläger habe die Rahmenbedingungen zur Ausführung der sexuellen Handlungen geschaffen, insbesondere die Räumlichkeiten bereitgestellt sowie Zusatzleistungen erbracht. Er habe die Öffnungszeiten bestimmt und die Bezahlung mittels einer Kreditkarte ermöglicht. Damit habe er den Gästen seines Bordells mit Hilfe der bei ihm tätigen Prostituierten die Gelegenheit zum Geschlechtsverkehr verschafft. Die entsprechenden sexuellen Dienstleistungen seien daher vom jeweiligen Freier als Leistung des Bordells anzusehen gewesen. Dieser Beurteilung stehe es nicht entgegen, dass laut den Feststellungen des Prüfers auf den beiden Hinweisschildern im Gang zu den Einzelzimmern sowie auf den Getränkekarten im Bordell „X“ darauf hingewiesen worden sei, dass die Prostituierten auf eigene Rechnung handeln würden. Denn es sei nicht nachgewiesen, dass diese Hinweise sich auch schon in den Streitjahren in den Bordellen befunden hätten. Vielmehr habe die Polizeiinspektion E, welche das Bordell „X“ in den Streitjahren regelmäßig kontrolliert habe, mitgeteilt, dass bei diesen Kontrollen solche Hinweise nicht aufgefallen seien. Die Schätzung der bar vereinnahmten Beträge sei auch rechtmäßig erfolgt. Wegen der fehlenden Aufzeichnungen des Klägers hinsichtlich der bar vereinnahmten Entgelte habe eine Schätzungsbefugnis bestanden und diese sei mit 25 % der unbar vereinnahmten Bruttoentgelte für die sexuellen Dienstleistungen auch in einer maßvollen Höhe ausgeübt worden.
19Hiergegen hat der Kläger am 31.03.2016 Klage erhoben.
20Er trägt vor, dass der Beklagte den zu beurteilenden Sachverhalt zwar korrekt dargestellt habe, hieraus jedoch die falschen Schlüsse ziehe. Der durchschnittliche Leistungsempfänger der sexuellen Dienstleistungen habe weder seinen Namen, den des Klägers, noch den Namen des Unternehmens gekannt. Auch die organisatorischen Strukturen der beiden Bordelle seien den Kunden unbekannt gewesen. Die den Kunden zugänglichen Informationen, sei es über den Internetauftritt oder im Bordell selbst, ließen keinen Rückschluss auf seine, des Klägers, Person zu. So sei auf den Internetseiten der Bordelle stets von „wir“ oder „uns“ die Rede. Der Internetauftritt lasse allein den Schluss zu, dass dieser von den jeweils dort aufgeführten Prostituierten selbst stammen würde. Im Fall des Bordellbesuchs sei wegen der vorhandenen Hinweise erkennbar gewesen, dass die dort tätigen Prostituierten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung arbeiten würden. Vor diesem Hintergrund handele es sich bei ihm nicht um den Betreiber des Bordells. Der Preis für die sexuellen Dienstleistungen sei von den Prostituierten mit jedem Kunden einzeln ausgehandelt worden. Im Fall der Barzahlung und wegen der üblichen Prozedur auch im Fall einer Zahlung mittels Kreditkarte sei für den Kunden erkennbar gewesen, dass es sich bei den sexuellen Dienstleistungen und den Getränkeleistungen um eigenständige Leistungen von unterschiedlichen Leistungserbringern gehandelt hätte.
21Der Kläger beantragt,
22die Umsatzsteuerbescheide 2007 bis 2010 vom 08.02.2013 und vom 02.03.2016, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.03.2016, aufzuheben.
23Der Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen,
25hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.
26Er verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung vom 09.03.2016. Darüber hinaus trägt er vor, dass es für eine Zurechnung der Prostitutionsumsätze nicht erforderlich sei, dass der Kunde den Namen des Klägers oder die Organisationsstruktur des Bordells kenne. Beide Bordelle seien nach außen hin als organisatorische Einheit aufgetreten. Dadurch werde der Eindruck eines einzelnen Leistungserbringers geschaffen. Die gleiche Wirkung werde entfaltet, wenn auf den Internetseiten von „wir“ oder „uns“ die Rede ist. Der Gesamteindruck der Homepage lasse auch nicht den Schluss zu, dass diese von den dort aufgeführten Prostituierten selbst verantwortet werde.
27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
28Am 24.10.2018 hat der Berichterstatter die Sache mit den Beteiligten erörtert. Auf das Protokoll des Erörterungstermins wird Bezug genommen.
29Die Sache wurde am 28.03.2019 vor dem Senat mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.
30E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
31Die Klage hat keinen Erfolg.
32Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Umsatzsteuerbescheide 2007 bis 2010, jeweils vom 03.02.2016 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.03.2016 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung –FGO-). Der Beklagte hat die Prostitutionsumsätze dem Grunde und der Höhe nach zu Recht dem Kläger als umsatzsteuerlichen Unternehmer zugerechnet.
331. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Unternehmer ist danach derjenige, der Leistungen gegen Entgelt i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG erbringt. Dabei kommt es grundsätzlich darauf an, wer als Unternehmer nach außen hin auftritt (vgl. hier nur BFH, Beschluss vom 29.01.2008, V B 201/06, BFH/NV 2008, 827; Beschluss vom 20.2.2001, V B 191/00, BFH/NV 2001, 1152).
34Dieser Grundsatz gilt auch für das Verhältnis zwischen Prostituierten und Betreibern von Bordellen (BFH, Urteil vom 27.09.2018, V R 9/17, BFH/NV 2019, 127; Beschluss vom 29.01.2008, V B 201/06, BFH/NV 2008, 827). Nach der Rechtsprechung des BFH kommt es darauf an, ob der Unternehmer (z.B. in seiner Werbung) als Inhaber eines Bordellbetriebs als Erbringer sämtlicher von Kunden erwarteten Dienstleistungen einschließlich der Verschaffung von Geschlechtsverkehr aufgetreten ist und nicht nur als Zimmervermieter und Gastwirt (vgl. BFH, Urteil vom 27.09.2018, V R 9/17, BFH/NV 2019, 127; Beschluss vom 25.11.2009, V B 31/09, BFH/NV 2010, 959). Zudem kann trotz der Bezeichnung einer Leistung als Vermietungsverhältnis nach dem objektiven Inhalt eine sonstige Leistung des Bordellinhabers anzunehmen sein, wenn dieser nach den nach außen erkennbaren Gesamtumständen aufgrund von Organisationsleistungen selbst derjenige ist, der durch die Anwerbung von Prostituierten und Unterbringung das Bordell betreibt (vgl. BFH, Beschluss vom 7.02.2017, V B 48/16, BFH/NV 2017, 629). Die Entscheidung über die Zurechnung der Prostitutionsumsätze hat dabei unter Würdigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu erfolgen (BFH, Beschluss vom 31.03.2006, V B 181/05, BFH/NV 2006, 2138; für eine entsprechende Würdigung vgl. z.B. FG München, Urteil vom 11.05.2016, 3 K 3267/13, EFG 2017, 1124 sowie nachgehend BFH, Urteil vom 27.09.2018, V R 9/17, BFH/NV 2019, 127; zu diesen Entscheidungen kritisch Vogt, UR 2019, 169; ferner: FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17.11.2015, 4 K 81/13, juris; FG Köln, Urteil vom 15.05.2014, 3 K 2923/11, juris; FG München, Urteil vom 25.10.2007, 14 K 4564/04, juris; FG Köln, Urteil vom 13.02.2002, 7 K 4601/99, juris).
352. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und nach Würdigung der Gesamtumstände ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger nach außen hin auch hinsichtlich der in den beiden Bordellen „Y“ und „X“ ausgeübten Prostitutionsumsätze als leistender Unternehmer aufgetreten ist.
36a) Der Kläger ist im Rahmen seiner Werbung als Erbringer sämtlicher von Kunden erwarteten Dienstleistungen einschließlich der Verschaffung von Geschlechtsverkehr aufgetreten. Beide Bordelle wurden sowohl auf der eigenen als auch auf diversen anderen Internetseiten sowie in Tageszeitungen als Ort beworben, wo den Besuchern die Gelegenheit zum Geschlechtsverkehr verschafft wird. So wird auf der Internetseite des Bordells „Y“ von „Unseren Damen“ gesprochen und damit bereits im sprachlichen Sinne als zum Bordell zugehörig vorgestellt (vgl. Bl. 57 der Umsatzsteuerakte). Auf anderen Internetseiten wurde das Bordell „Y“ als „Die Sex-Oase in J mit einem Top-Ambiente!“ beworben, wodurch wiederum der Eindruck des Bordells als eine einheitliche Organisation vermittelt wird. Auch im Rahmen dieser Werbung wird wieder von „unseren Damen“ gesprochen (vgl. Bl. 51 der Betriebsprüfungsakte). Soweit die in dem Bordell tätigen Prostituierten einzeln auf den Internetseiten der Bordelle präsentiert werden, führt dieses unter Berücksichtigung der Gesamtgestaltung des Internetauftritts nicht zu dem Eindruck, dass diese sich dort selbst präsentieren und um Kunden werben, sondern das Bordell zur Anwerbung von Kunden „sein Angebot“, das für die Besucher verfügbar ist, präsentiert. Für diesen Eindruck spricht auch, dass auf der Internetseite des Bordells „X“ ausdrücklich auf ein bestehendes Copyright hinsichtlich der darauf vorhandenen Bilder zugunsten des Bordells hingewiesen wird (Bl. 90 der Betriebsprüferakte). Der Kläger hat sich zudem nach eigenem Vortrag um die Werbung für die Bordelle gekümmert.
37Der damit geschaffene Eindruck, dass der Bordellbetreiber dem Besucher die Gelegenheit zum Geschlechtsverkehr verschafft, wird dadurch bestärkt, dass für den „Y“ mit sog. SetCards der dort tätigen Frauen und dem Spruch „Die schönsten Frauen aus ganz Europa – Zugegeben, dass klingt ein wenig übertrieben, dennoch sind wir bei der Auswahl unserer Damen recht wählerisch.“ (Bl. 54 der Betriebsprüferakte) auf der Internetseite www…. geworben wurde. Denn mit der gezielten Auswahl der Prostituierten und dem Versprechen von „15 bis 20 hübsche[n] Liebesdienerinnen mit einem angenehmen Erscheinungsbild“ hat der Kläger nach außen hin die Tätigkeit als bloßer Gastwirt und Vermieter von Zimmern an Prostituierte überschritten.
38Anders als in dem vom FG Köln entschiedenen Fall (Urteil vom 13.02.2002, 7 K 4601/99, juris) war die Werbung auch nicht dahingehend unbestimmt, wie weit die tatsächlichen Leistungen des „Y“ im Einzelnen gehen. Vielmehr wird offensiv mit einschlägigen Bildern von Räumlichkeiten zur Ausübung des Geschlechtsverkehrs sowie mit diversen sexuellen Praktiken geworben (vgl. Internetwerbung, Bl. 52 der Betriebsprüfungsakte; Internetseite des „Y“, Bl. 57 ff. der Umsatzsteuerakte).
39b) Der Kläger hat mit seinen Bordellen jeweils eine organisatorische Struktur geschaffen und unterhalten, die den gewerbsmäßigen Geschlechtsverkehr der dort tätigen Prostituierten fördern sollte. Er ist damit nicht nur als Gastwirt und Zimmervermieter aufgetreten, sondern hat als Erbringer eines vollständigen Leistungspaketes den Besuchern des Bordells mit Hilfe der dort tätigen Prostituierten die Gelegenheit zum Geschlechtsverkehr verschafft.
40Mithilfe der jeweiligen Leuchtreklame, die nur den Namen des Bordells wiedergab, hat der Kläger nach außen zum Ausdruck gebracht, dass hier ein einheitliches Unternehmen bestehe. Die Leuchtreklame stimmte mit den Namen überein, unter dem, wie unter a) dargestellt, um Besucher mit dem Versprechen auf die Gelegenheit zum Geschlechtsverkehr mit „unseren Damen“ geworben wurde.
41Die Räumlichkeiten waren auch darauf ausgelegt, den Besuchern die Gelegenheit zum Geschlechtsverkehr zu verschaffen. In beiden Bordellen war ein Theken- bzw. Barbereich vorhanden, in dem die Besucher mit den dort anwesenden Prostituierten Kontakt aufnehmen konnten. Ferner hielt der Kläger sieben bzw. acht Einzelzimmer, in denen die sexuellen Dienstleistungen erbracht werden konnten, mit den für die gewerbliche Ausübung des Geschlechtsverkehrs nützlichen Dingen wie Hand- und Papiertücher vor. Hierzu gehört auch ein in jedem Bordell vorhandenes Zimmer mit einem eigenen Whirlpool.
42Dass der Kläger den Prostituierten daneben separate private Räumlichkeiten überließ, unterstützte das Werbeversprechen, dass in den Bordellen stets in ausreichender Anzahl Prostituierte zugegen seien sowie zur Auswahl und zur Ausübung des Geschlechtsverkehrs zur Verfügung stünden.
43Der Kläger begünstigte den reibungslosen Ablauf innerhalb des Bordells und die damit verbundene Gelegenheit zum Geschlechtsverkehr ferner dadurch, dass er sowohl die Reinigung der Wäsche als auch der Räumlichkeiten durch bei ihm beschäftigte Reinigungskräfte gewährleistete. Zudem erfolgte die Verwaltung und Vergabe der Zimmer durch die bei ihm beschäftigten Servicekräfte, indem diese den Prostituierten den Schlüssel für ein der zum jeweiligen Zeitpunkt freien Zimmer aushändigte. Die Zimmer wurden den Prostituierten nur für das einzelne Arrangement mit einem Kunden überlassen, nicht jedoch unabhängig davon für einen gewissen Zeitraum, z.B. eine ganze Nacht. Indem der Kläger konkrete Öffnungszeiten vorgab, schaffte er für den Ablauf innerhalb des Bordells ebenfalls eine Struktur. Dem steht nicht entgegen, dass die in den Bordellen tätigen Frauen ihre Arbeitszeit frei aussuchen durften. Denn Kunden waren nur zu den Öffnungszeiten zu erwarten und die Ausübung ihrer Tätigkeit daher durch den Kläger in zeitlicher Hinsicht insoweit vorgegeben. Eine weitere die Ausübung des gewerbsmäßigen Geschlechtsverkehrs fördernde Maßnahme des Klägers bestand darin, dass er die Bezahlung der sexuellen Dienstleistungen mittels Kreditkarte ermöglichte. Ferner ist eine Förderung darin zu sehen, dass er die im Bordell „Y“ tätigen Prostituierten im Rahmen des sog. Düsseldorfer Verfahrens beim Finanzamt J anmeldete.
44Für ein Auftreten des Klägers als Leistungserbringer hinsichtlich der Verschaffung der Gelegenheit zum Geschlechtsverkehr spricht auch, dass er in den Bordellen eine Preisliste auslegte. Selbst wenn es sich dabei nur um Richtpreise gehandelt haben soll und der letztverbindliche Preis für die gewünschten sexuellen Dienstleistungen Verhandlungssache zwischen den Kunden und der jeweiligen Prostituierten gewesen wäre, so dürften die vom Kläger genannten Preise hierfür eine regulierende Wirkung entfaltet haben. Während diese Preisliste für den Kunden eine Erwartungshaltung hervorruft, dass der Geschlechtsverkehr zu den genannten Preisen möglich sei, schafft die Preisliste für die dort tätigen Prostituierten einen Erwartungsdruck, ausgehend von den dort genannten Preisen ihre Dienste anzubieten.
45c) Ohne Änderung der aus den vorgenannten Gründen gewonnenen Überzeugung hat der Senat im Rahmen seiner Gesamtwürdigung berücksichtigt, dass nach dem Vortrag des Klägers die Besucher der Bordelle darauf hingewiesen worden seien, dass die dort tätigen Prostituierten sowohl selbständig als auch im eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätig seien, was zudem auch im Rahmen der von den Prostituierten selbst geführten Preisverhandlungen sowie der Bezahlung der Prostituierten für den Kunden erkennbar gewesen sei.
46aa) Die Frage, ob die Prostituierten ihre Tätigkeit im jeweiligen Bordell selbständig oder unselbständig ausgeübt haben, entfaltet für die Frage der Zurechnung der Prostitutions-umsätze keine Relevanz. Denn umsatzsteuerlicher Leistungserbringer kann sowohl derjenige sein, der eine Lieferung oder sonstige Leistung im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt, als auch derjenige, der diese Leistung durch einen Beauftragten ausführt (BFH, Beschluss vom 02.01.2018, XI B 81/17, BFH/NV 2018, 457).
47bb) Die nach dem Klägervortrag in den Bordellen bereits in den Streitjahren vorhandenen Hinweise darauf, dass die Prostituierten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätig seien, vermögen die aus den vorgenannten Gründen gewonnene Überzeugung des Senats, dass der Kläger auch hinsichtlich der in seinen Bordellen ausgeführten Prostitutionsumsätze als Leistungserbringer nach außen aufgetreten ist, nicht in Zweifel zu ziehen. Denn die äußeren Gegebenheiten sprechen dafür, dass der Besucher der Bordelle im Fall der Inanspruchnahme der Leistungen der Prostituierten den Bordellbetreiber und damit den Kläger als Leistungserbringer des mithilfe der in seinem Bordell tätigen Prostituierten ausgeführten Prostitutionsumsatzes angesehen hat. Soweit sich der Besucher im Vorfeld anhand des Internetauftritts der Bordelle oder der hierfür geschalteten Werbung informiert hat, durfte er davon ausgehen, dass der Bordellbetreiber ihm im Fall des Besuches die Gelegenheit zum Geschlechtsverkehr verschaffen werde, indem er dafür Sorge trägt, dass ein entsprechendes Ambiente sowie eine ausreichende Anzahl von Prostituierten zur Ausübung diverser sexueller Praktiken zur Verfügung stehen. Aber auch dem Besucher, der uninformiert eines der beiden Bordelle des Klägers aufsucht, wird den Bordellbetreiber und damit den Kläger als Leistungserbringer hinsichtlich der Gelegenheit zum Geschlechtsverkehr angesehen haben. Denn die Bordelle präsentierten sich mit ihren jeweiligen Gebäuden als eine abgeschlossene und einheitliche Organisation. Der Name war durch eine entsprechende Leuchtreklame erkennbar. Im Schaukasten im Eingangsbereich wurde das Angebot des Bordells präsentiert. Dieses gilt erst Recht für den Thekenraum bzw. für die Barräume, in welche der Besucher unmittelbar nach Betreten der Bordelle gelangte. Dort bot sich ihm die Möglichkeit, mit den vorhandenen Prostituierten ein Arrangement zu treffen. Dabei gab ihm die Preisliste des Klägers eine Orientierung. Auf Nachfrage der Prostituierten wurde dieser von einem Mitarbeiter des Klägers ein Schlüssel für ein von ihr gewähltes freies Zimmer ausgehändigt. Dadurch war für den Besucher erkennbar, dass der Bordellbetreiber nicht nur die Öffnungszeiten, sondern auch die Zimmervergabe organisierte. Vor diesem Hintergrund kommt dem Umstand, dass Schilder auf dem Weg zu den Einzelzimmern bzw. auf der Rückseite der Getränkekarte darauf hinweisen, dass die Prostituierten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätig seien, nur ein geringes Gewicht zu. Es ist von vornherein fraglich, ob der jeweilige Leistungsempfänger diese Hinweise überhaupt wahrgenommen bzw. ihn dieser Inhalt interessiert hat. Zumindest auf dem Weg zu den Einzelzimmern in Begleitung der Prostituierten dürfte seine Aufmerksamkeit weniger Schildern mit rechtlichen Hinweisen gewidmet gewesen sein.
48cc) Die Umstände, dass der finale Preis mit der jeweiligen Prostituierten ausgehandelt und an diese auch bar bezahlt wurde, steht dem Eindruck des Leistungsempfängers, der Borbellbetreiber und damit der Kläger habe ihm die Gelegenheit zum Geschlechtsverkehr verschafft, nicht entgegen. Denn vor dem Hintergrund der auch im Internet beworbenen vielfältigen sexuellen Praktiken und dass sich der Preis nach den konkreten Wünschen des Kunden richtet, erscheint ein Aushandeln des Preises mit der Prostituierten nur naheliegend und praktikabel. Das gilt auch für die Entgegennahme des Bargeldes durch die Prostituierte. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Kunde sich im Nachhinein noch Gedanken darüber gemacht hat, ob nicht wegen dieses Umstandes und entgegen des bisherigen Eindrucks die Prostituierte ihm im eigenen Namen und auf eigene Rechnung unter Anmietung des Zimmers die Gelegenheit zum Geschlechtsverkehr verschafft habe. Gleiches gilt für den Fall der Zahlung mittels Kreditkarte. Der Umstand, dass der dabei anwesenden Prostituierten unmittelbar ein Geldbetrag ausgehändigt wurde, ist ebenfalls nicht geeignet, einen vom bisherigen Gesamteindruck mit dem Bordellbetreiber als Leistungserbringer abweichenden Eindruck zu vermitteln. Denn mit der Kreditkartenzahlung hat sich der geschäftliche Teil für den Kunden erledigt. Ob, wieviel und warum das Thekenpersonal der Prostituierten Geld aushändigte, dürfte wiederum für den Kunden von untergeordnetem Interesse gewesen sein.
493. Gegen die Schätzung des Beklagten bestehen weder dem Grunde noch der Höhe nach Bedenken.
50Der Beklagte war befugt, die bar vereinnahmten Prostitutionsumsätze zu schätzen. Nach § 162 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 AO hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, wenn sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Das gilt insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann. Dies ist vorliegend der Fall, denn der Kläger ist seiner Aufzeichnungspflicht nach § 22 UStG nicht nachgekommen. Nach § 22 Abs. 1 UStG ist er als Unternehmer verpflichtet, zur Feststellung der Steuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu machen. Nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 UStG müssen die vereinbarten Entgelte für die vom Unternehmer ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen aus den Aufzeichnungen zu ersehen sein. Entsprechende Aufzeichnungen über die bar vereinnahmten Entgelte für die ausgeführten Prostitutionsumsätze hat der Kläger nicht vorlegen können.
51Die Höhe der Schätzung liegt im zulässigen Schätzungsrahmen. Der Kläger hat selbst vorgetragen, dass die Entgelte für die Prostitutionsleistungen teilweise von den Prostituierten mittels Bargeld und teilweise von ihm über sein betriebliches Konto mittels Kreditkartenzahlung vereinnahmt worden seien. Die für die Prostitutionsleistungen an die Prostituierten ausgezahlten Beträge erfasste der Kläger auf einem eigenen Buchführungskonto als durchlaufende Posten. Der Beklagte durfte dabei von der Vollständigkeit der erfassten per Kreditkarte abgerechneten Prostitutionsumsätze ausgehen und die Schätzung, dass 25 % der mittels Kreditkarte vereinnahmten Entgelte den bar vereinnahmten Umsätzen entsprechen, beruht weder auf sachfremden Erwägung noch weicht hier der Beklagte bewusst zum Nachteil des Klägers ab. Die damit einhergehende Annahme, dass danach 18,75 % der gesamten Prostitutionsumsätze bar vereinnahmt worden seien, dürfte dabei noch im unteren Bereich des Schätzungsrahmens liegen. Der Kläger hat gegen die Höhe der Schätzung auch keine schlüssigen Einwendungen vorgebracht.
524. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.