Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
2Streitig ist, ob die Vermietung an Prostituierte umsatzsteuerfrei erfolgt.
3Die Klägerin, eine Gesellschaft in Form einer UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG, vermietete im Streitjahr 2014 Räume eines ehemaligen Hotelgebäudes in der B Straße in I („Haus X “) an Prostituierte. Sie hatte die Vermietung von der T Ltd. u. Co. KG i.L. , die unter gleicher Geschäftsführung tätig war, übernommen. Die ehemaligen Hotelzimmer à ca. 10 m² sind mit Bad und Dusche ausgestattet. Die Klägerin bzw. die Vorgängerfirma, vertreten durch den Geschäftsführer Herrn K I, schloss jeweils schriftliche und unbefristete Mietverträge über das jeweils vermietete Apartment mit den Prostituierten ab. Ausweislich der vorgedruckten Mietverträge wurde regelmäßig jeweils eine Miete von 900 € vereinbart, womit auch sämtliche Nebenkosten inkl. Strom, Gas und Wasser, Versicherungen, Treppenhauspflege, Gartenpflege, Rundfunk- und TV-Gebühren, Möblierung, Fernsehgerät, Küchennutzung und Waschmaschinennutzung abgegolten sein sollten. Teilweise wurden die Apartments mit zwei getrennten Mietverträgen an zwei Damen vermietet, die sich den Mietaufwand dann teilten. Die Mieterinnen wurden in den Verträgen teils mit ihren als Prostituierte gewählten Namen („Künstlername“), teils mit ihren bürgerlichen Namen, und jeweils ohne Adresse genannt. Auf die dem Gericht überreichten Mietverträge wird Bezug genommen (Gerichtsakte Bl. 97-125).
4Zusätzlich vermietete die Klägerin ab dem 15.10.2014 eine Wohnung in M , C Straße an die Eltern des Geschäftsführers der Komplementärin der Klägerin.
5Die Klägerin behandelte sämtliche Mietumsätze als umsatzsteuerfrei.
6Bei der Klägerin wurde eine Umsatzsteuersonderprüfung für den Zeitraum Januar bis November 2014 durchgeführt. Hierbei stellte der Prüfer fest, dass nicht von einer nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a Umsatzsteuergesetz (UStG) steuerfreien Vermietung auszugehen sei. Die Vermietungsleistungen B Straße . … würden durch eine Fülle weiterer Leistungen ergänzt, die auf das Ziel der Schaffung einer geeigneten Infrastruktur zur Förderung der Prostitution gerichtet seien. Bei den Verträgen handele es sich damit um Verträge besonderer Art, für die eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG nicht gewährt werden könne. Die Apartments in der B Straße . … in I würden ausschließlich an Prostituierte vermietet, wobei sich die Mietverträge deutlich von den sonst üblichen Einheitsmietverträgen unterscheiden würden. Die durchschnittliche Mietdauer habe häufig weniger als ein Jahr betragen. Den Mieterinnen werde die auch zu meist in Anspruch genommene Möglichkeit eingeräumt, die Mietverträge unter den „Künstlernamen“ und ohne Adresse der Mieterinnen abzuschließen, was den Damen Anonymität sichere. Damit sei ein genauer Rückschluss auf die tatsächliche Identität der Mieterinnen nicht möglich. Die Mieten würden ausschließlich bar bezahlt, obwohl laut Mietvertrag auch eine Überweisung möglich sei. Insbesondere übernehme der Geschäftsführer der Klägerin die Anmeldungen im „Düsseldorfer Verfahren“, was dafür spreche, dass es sich um Verträge besonderer Art handele.
7Im Rahmen einer Ortsbesichtigung durch den Umsatzsteuersonderprüfer stellte der Prüfer fest, dass von der Klägerin Beschränkungs- und Sicherheitsleistungen sowie weitere Dienstleistungen (Handtuchwechsel, Waschen der Bettwäsche, Werbung, Schaffung einer der prostitutionsförderlichen Infrastruktur) erbracht würden. Zwar würden sich vom Parkplatz aus betrachtet keine besonderen Hinweise und Werbung auf einen bordellartigen Betrieb erkennen lassen. Doch seien in einem kleinen Aushangkasten (ehemaliger Speisenkartenaushang) Fotos der leicht bekleideten Prostituierten ausgestellt, so dass der Zweck der Räume, wie auch des gesamten Gebäudes, deutlich werde. Der videoüberwachte Nebeneingang, an dem diverse Funkklingeln mit den „Künstlernamen“ der Mieterinnen angebracht seien, führe über ein Treppenhaus direkt in den mit Code-Schloss gesicherten und videoüberwachten Zimmerflur im ersten Obergeschoss. Es habe nicht überprüft werden können, ob diese Kameras tatsächlich angeschlossen seien. Ein Monitor zur Überwachung des Eingangsbereichs sei vorhanden. Die Zimmer mit kleinen Dusch- und WC-Bereichen seien teilweise mit diversen Erotikutensilien ausgestattet. Für private Gegenstände und die Arbeitskleidung der Bewohnerinnen stehe jeweils nur ein kleiner Garderobenschrank zur Verfügung. In einem der Apartments habe sich bei der Besichtigung ein Wäschekorb mit frisch gewaschenen und zusammengelegten Handtüchern befunden. Die Apartments würden keinen fest installierten Gong haben; die Funksignale würden vielmehr auf transportable Empfänger gesendet, welche bei belegtem Zimmer allgemein zugänglich im Flur gelagert würden. Dadurch sei es möglich, dass die übrigen Kolleginnen einen Besuch stellvertretend in Empfang nehmen könnten. Der durch den Haupteingang des Gebäudes erreichbare ehemalige Gastraum im Erdgeschoss sei mit einem Thekenbereich und Barhockern sowie TV ausgestattet. Dort sei durch zwei elektrische Campingkochplatten die Möglichkeit geschaffen worden, sich einfache Mahlzeiten zu fertigen. Man könne aber weder von einer voll funktionstüchtigen Küche noch von einem üblichen Aufenthaltsraum sprechen. Ein Bild dieses Raumes aus dem Internet zeige, dass der besichtigte Aufenthaltsraum zeitweise auch als Gastraum und Kober genutzt worden sei. Im Keller hätten sich diverse Lagermöglichkeiten sowie eine Waschmaschine und ein Trockner befunden. Der Geschäftsführer der Klägerin habe angegeben, dass die Mieterinnen den Keller als Waschkeller nutzen dürften. Vor den Maschinen habe ein großer Haufen gebrauchter Handtücher gelegen. Angesichts der Menge an Handtüchern sei beim Prüfer der Eindruck eines Handtuchservices entstanden. Dies sei zwar vom Geschäftsführer verneint worden, doch erscheine dies im Hinblick auf ein Schreiben vom 29.04.2015 (Gerichtsakte Bl. 268) zum Beschäftigungsverhältnis der Frau N nicht glaubhaft.
8In den Prüferhandakten befinden sich Ausdrucke folgender Internetauftritte: Auf der Internetseite … war für das „Haus X I “ für Erotik-Dienstleisterinnen eine Anzeige „Schöne Zimmer zu vermieten“ geschaltet. Hierin wird u.a. auf die gute Verkehrslage, die wegen sehr guter Frequentierung bestehenden „TOP-Verdienstmöglichkeiten“ und Security vor Ort sowie Videoüberwachung im Haus, Eingangs- und Außenbereich, hingewiesen; als Kontaktperson ist „K“ angegeben mit der Handynummer des Herrn K I . Auf der Internetseite … sind für das „Haus X “ Adresse, Öffnungszeiten und die Handynummer des K I hinterlegt. Auf den Internetseiten … und … gab es Anzeigen für die Damen im „Haus X in I “ mit Angabe einer Handynummer. Auf der Seite … konnte man die einzelnen Damen, die mit Künstlernamen und Foto hinterlegt waren, anklicken, um so den telefonischen Kontakt unmittelbar zu der jeweiligen Dame aufnehmen zu können. Wegen der Einzelheiten wird auf die Internetanzeigen Bezug genommen.
9Der Prüfer meinte, dass die Vermietungsumsätze B Straße … in I insgesamt dem Regelsteuersatz zu unterwerfen seien, so dass aus den im Prüfungszeitraum angefallenen Mieten i.H.v. 72.600 € eine Umsatzsteuer i.H.v. 13.794 € herauszurechnen sei. Die Vermietung der Wohnung in M i.H.v. 13.200 € sei zu Recht als steuerfrei behandelt worden, wenn auch nicht in richtiger Höhe. Es seien weitere Vorsteuern i.H.v. 2.859,93 € zu berücksichtigen.
10Wegen der Einzelheiten und weiterer Feststellungen wird auf den Prüfungsbericht vom 29.09.2015 Bezug genommen.
11Die Prüfungsfeststellungen setzte der Beklagte aus Vereinfachungsgründen zunächst sämtlich mit einem geänderten Bescheid über Umsatzsteuervorauszahlung November 2014 vom 16.11.2015 um und setzte die Umsatzsteuer auf 11.896,52 € fest. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 25.11.2015 Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung, die der Beklagte ablehnte. Daraufhin beantragte die Klägerin die Aussetzung der Vollziehung beim erkennenden Senat des Finanzgerichts Münster (Az.: 5 V 1847/16 U).
12Die Klägerin gab am 03.08.2016 eine Umsatzsteuererklärung für 2014 ab, in der sie steuerpflichtige Umsätze i.H.v. 18.243 €, steuerfreie Umsätze i.H.v. 80.175 € und Vorsteuern i.H.v. 2.578,73 € erklärte.
13Mit Beschluss vom 08.12.2016, auf den Bezug genommen wird, setzte der erkennende Senat die Vollziehung des Bescheides über die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung für November 2014 in Höhe von 11.000 € aus und lehnte den Antrag im Übrigen ab.
14Am 30.05.2017 erließ der Beklagte einen Umsatzsteuerbescheid für 2014, mit dem er weiterhin die Feststellungen der Umsatzsteuersonderprüfung berücksichtigte und die Umsatzsteuer auf 6.249,20 € festsetzte. Er berücksichtigte steuerpflichtige Vermietungsumsätze B Straße ...für 1-11/2014 i.H.v. brutto 78.800 € (netto 66.248,49 € zzgl. 12.581,51 € Umsatzsteuer), steuerpflichtige Umsätze laut der Umsatzsteuervoranmeldung 12/2014 i.H.v. netto 1.310 € zzgl. 249,90 € Umsatzsteuer und eine private Pkw-Nutzung mit einer Bemessungsgrundlage von 3.864 €. Die Vermietung der Wohnung in M, C Straße … wurde als steuerfreie Umsätze erfasst. Es wurden Vorsteuern i.H.v. 7.315,28 € berücksichtigt.
15Die Klägerin legte mit Schreiben vom 28.06.2017 Einspruch ein. Zur Begründung nahm sie auf ihre Ausführungen im Verfahren 5 V 1847/16 U über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung Bezug.
16Mit Einspruchsentscheidung vom 21.07.2017 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Für die Prostituierten als Leistungsempfänger der hier streitigen Leistungen der Klägerin stehe nicht die Grundstücksnutzung, sondern die Möglichkeit, die Prostitution auszuüben, im Vordergrund. Die Klägerin habe neben der reinen Zimmerüberlassung diverse Maßnahmen getroffen und Leistungen erbracht, die der Ausübung der gewerblichen Tätigkeit der Prostituierten dienten und diese sogar fördern würden. Bei den Mietverträgen handele es sich daher um Verträge besonderer Art, da die Gebrauchsüberlassung der einzelnen Zimmer gegenüber anderen, wesentlicheren Leistungen zurücktrete und das Vertragsverhältnis zudem ein einheitliches, unteilbares Ganzes darstelle. Vermietet würden die Zimmer ausschließlich an Prostituierte. Durch den Abschluss der Mietverträge mit Künstlernamen werde die tatsächliche Identität der Prostituierten geschützt. Die Mieterinnen seien nach den Erkenntnissen des Prüfers nicht in der B Straße gemeldet. Die Räumlichkeiten seien hinsichtlich Größe und Ausstattung auch nicht so gestaltet, dass sie der dauerhaften Wohnnutzung hätten dienen sollen. Der Prüfer habe dementsprechend vor der Waschmaschine keine persönliche Wäsche vorgefunden.
17Im Internet (u.a. …) sei mit ständig wechselnder, internationaler Damenauswahl geworben worden, was die Attraktivität des Hauses erhöhe und damit deutlich der Ausübung des Prostitutionsgewerbes diene und diese fördere. Auf der Internetseite …, auf der die Klägerin ihre Zimmer bewerbe, werde mit einer 24-stündigen Videoüberwachung und einer Security vor Ort geworben. Angegeben sei die Handynummer des Geschäftsführers K I. Auf der Internetseite … sei dieselbe Handynummer angegeben. Demnach sei K I Kontaktperson für potentielle Kunden und Mieterinnen. Die Behauptung der Klägerin, sie werbe nicht für ihre Mieterinnen, sondern die Damen im Haus X würden für sich selbst werben, gehe damit fehl.
18Ein Aufenthaltsraum, der auch als Gastraum oder „Kober“ zur Kontaktaufnahme mit potentiellen Kunden genutzt werden könne, stehe den Mieterinnen zur Verfügung. Des Weiteren habe die Klägerin zahlreiche Vorkehrungen getroffen, um den Prostituierten ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. Auch wenn die Kameras im Gebäude nicht angeschlossen wären und eine Videoüberwachung nicht erfolgen würde, wie dies der Geschäftsführer der Klägerin behauptet habe, sei dies für einen Außenstehenden nicht erkennbar und gleichwohl abschreckend. Durch ein Code-Schloss sei die Flureingangstür vor dem Zutritt Unbefugter gesichert. Ein transportabler Funkklingelgong ermögliche den Damen, Besuchern stellvertretend eigene Dienstleistungen anbieten zu können. Auch diese Möglichkeit der Vertretung diene organisatorisch der Förderung des Gewerbes.
19Die Behauptung der Klägerin, es gebe keinen Wäscheservice, erscheine nicht glaubhaft. Es entspreche nicht der allgemeinen Erfahrung, dass sämtliche Mieter eines Hauses ihre gesamte Wäsche, die allerdings nur aus Handtüchern und Bettwäsche bestehe, zunächst im Waschkeller gesammelt auf einem Haufen lagern würden, um diese dann später wieder auseinander zu sortieren, um die eigene Wäsche zu waschen. Ebenfalls unwahrscheinlich sei die Tatsache, dass die Damen die Wäsche für die gesamten Mieterinnen mitwaschen würden.
20Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 21.07.2017 Bezug genommen.
21Hierauf hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie ausführt: Die von ihr, der Klägerin, ausgeführten Mietumsätze – auch die in Form der Vermietung von Zimmern an Prostituierte in der B Straße ...in I – seien insgesamt gemäß § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei. Sie habe als Vermieterin keine besonderen Zusatzleistungen erbracht, die die Vermietungsleistung in den Hintergrund treten ließen und der Leistung ein anderes Gepräge gäben. Sie habe nicht zur Förderung der Ausübung des Prostitutionsgewerbes beigetragen. Soweit der Beklagte behaupte, vorliegend bestehe kein normales Mietverhältnis, sondern ein Vertrag besonderer Art, trage er hierfür die Darlegungs- und Beweislast.
22Sie, die Klägerin, habe gegenüber ihren Mieterinnen keine Leistungen erbracht, die nicht auch allgemein bei Vermietungen zu Wohn- oder Gewerbezwecken üblich wären. Es habe weder einen Wäsche- oder Handtuchservice gegeben, der im Übrigen unschädlich wäre, noch habe sie sonstige Sonderleistungen wie Sicherheitspersonal, Hilfe- oder Panikknopf oder Werbung für die Damen erbracht und es hätte auch keine Pflichten wie Kaufzwang für Erotikhilfsmittel, Anwesenheitspflicht etc. gegeben.
23Die Reinigung der Wäsche, auch der Bettwäsche und der Handtücher, sowie die Reinigung der Räumlichkeiten B Straße ...seien ausschließlich Sache der Mieterinnen gewesen. Das Gebäude verfüge über keine besonderen Sicherheitseinrichtungen. Es habe weder eine Videoüberwachung noch eine Security gegeben. Es sei lediglich eine einzige Kamera vorhanden gewesen, mit der – wenn sie denn betriebsbereit gewesen wäre – ausschließlich der Eingangsbereich hätte eingesehen werden können. Die Kamera habe über keinerlei Aufzeichnungsfunktion verfügt. Solche Überwachungskameras würden heute auch bei vielen Ein- u. Mehrfamilienhäusern zum Einsatz kommen. Der Einbau eines modernen Codeschlosses im Obergeschoss des Hauses stelle ebenfalls keine besondere Sicherheitseinrichtung dar. Weil das Gebäude als ehemaliges Hotel naturgemäß über keine Klingeln für die einzelnen Zimmer verfügt habe, habe man im Obergeschoss auf die kostenaufwändige Verkabelung verzichtet und Funkgongs für die einzelnen Apartments als kostengünstige Alternative installiert. Die zwei Apartments im Erdgeschoss würden über separate Hauseingänge und herkömmliche Klingeln verfügen. Ob das Gebäude über verdrahtete Klingelanlagen verfüge oder ob das Signal per Funk übermittelt werde, sei nur eine Frage der technischen Ausstattung, könne genauso wenig wie das Code-Schloss eine umsatzsteuerrechtlich relevante Zusatzleistung darstellen.
24Bei dem vom Umsatzsteuersonderprüfer angeführten Bild „Thekenbereich“ handele es sich um eine alte Aufnahme, die mit dem aktuellen Zustand nicht mehr übereinstimme, wovon sich der Umsatzsteuersonderprüfer auch überzeugt habe. Der Raum im Erdgeschoss mit der Theke sei bis zum Jahre 2006/2007 zur Vermittlung von Sportwetten genutzt worden. Aus dieser Zeit stamme noch die alte Theke. Danach sei in diesem Raum eine kleine Küche installiert worden. Die Theke sei seit der Einstellung der Sportwetten nicht mehr genutzt worden. Es sei auch keine Zapfanlage angeschlossen und es gebe kein Thekenpersonal.
25Frau L N, heute I, sei ab dem 01.11.2014 lediglich als Büroangestellte mit mündlich geschlossenem Arbeitsvertrag bei der Klägerin beschäftigt gewesen.
26Soweit die Mieterinnen die Mietverträge teilweise unter ihrem Künstlernamen abgeschlossen hätten, habe dies auf die Umsatzsteuerbefreiung keinen Einfluss. Dieser Umstand sei allein auf die Teilnahme am „Düsseldorfer Verfahren“ zurückzuführen, wozu die Klägerin seitens des Beklagten intensiv gedrängt worden sei. Es handele sich also hierbei um eine Dienstleistung für die Finanzverwaltung. Hierbei sei ihr erklärt worden, dass der Künstlername für die steuerlichen Belange ausreichend sei und der bürgerliche Name nicht genannt werden müsse. Hieraus habe sie die Schlussfolgerung ziehen dürfen, dass auch in den Mietverträgen die Angabe des Künstlernamens steuerlich ausreichend sei. Davon abgesehen würden einige Mietverträge die bürgerlichen Namen der Mieterinnen enthalten bzw. seien diese der Klägerin bekannt.
27Die Vereinbarung einer Warmmiete inklusive Küchen- und Waschmaschinennutzung sei bei Mietverhältnissen nicht unüblich (z.B. Studentenzimmer). Auch die Vermietung eines Apartments an zwei Mieter und die Gestattung einer Untervermietung stelle keine Sonderleistung dar, die zu einer Umqualifizierung des Mietverhältnisses führen könne. Die Barzahlung durch die Mieterinnen sei zudem ein uneingeschränkt legaler Zahlungsweg.
28Bei der Überlassung von Räumen zur Ausübung des Geschlechtsverkehrs sei nach dem BFH-Urteil vom 24.09.2015 V R 30/14 wesentliches Merkmal einer steuerfreien Vermietung i.S. von § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG, dem Vertragspartner auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht einzuräumen, ein Grundstück so in den Besitz zu nehmen, als wäre er dessen Eigentümer, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen, wobei es auf die Länge der Nutzungsdauer nicht ankomme. Nach dem BFH-Urteil vom 17.12.2014 Xl R 16/11 komme es nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nicht darauf an, ob die Prostituierten in dem Objekt ihren Wohnsitz haben.
29Sie, die Klägerin, habe nicht für die Mieterinnen geworben, auch nicht auf den Internetseiten … und … . Der Betreiber der Internetseite „…“ gestalte den Inhalt seiner Seite völlig frei nach seinen eigenen Vorstellungen und ohne vorher überhaupt mit den dort aufgeführten Adressen Kontakt aufgenommen zu haben. Soweit der Beklagte auf aktuelle Internetauftritte verweise, sei dies für den zu beurteilenden Sachverhalt im Kalenderjahr 2014 unmaßgeblich.
30Sie selbst habe lediglich für ihre Mieträume in der B Straße geworben, wie z.B. auf … unter der Rubrik „… Vermietungen“. Sie habe aber nicht auch für die Mieterinnen geworben. Im Übrigen sei es auch bei Mietern eines Einkaufszentrums üblich, dass gemeinsam geworben würde. Zudem sei es auch bei anderen gewerblichen Vermietungen regelmäßig von Bedeutung, ob die Räumlichkeiten z.B. in einem Einkaufszentrum mit vielen gewerblichen Mietern liegen würden, so dass sie entsprechend von potentiellen Kunden frequentiert werden und ob Werbeflächen zur Verfügung stehen.
31Für den Fall, dass es bei der Umsatzsteuerpflicht bleiben sollte, werde der vom Beklagten ermittelte und berücksichtigte Vorsteuerbetrag von 7.315,28 € nicht beanstandet.
32Die Klägerin beantragt,
33den Bescheid über Umsatzsteuer 2014 vom 30.05.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.07.2017 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf 0 € festgesetzt wird,
34hilfsweise, die Revision zuzulassen.
35Der Beklagte beantragt,
36die Klage abzuweisen,
37hilfsweise, die Revision zuzulassen.
38Er nimmt auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung Bezug und führt darüber hinaus wie folgt aus:
39Entgegen der Auffassung der Klägerin habe diese neben der reinen Zimmerüberlassung diverse Maßnahmen getroffen und Leistungen erbracht, die der Ausübung der gewerblichen Tätigkeit der Prostituierten dienen und diese sogar fördern würden. Dadurch stehe nicht die Gebrauchsüberlassung der Zimmer an Prostituierte, sondern die Möglichkeit, dort Prostitution auszuüben, im Vordergrund. Die von der Klägerin erbrachten zusätzlichen Leistungen würden der Gesamtleistung ein anderes Gepräge geben, so dass keine reine Vermietung vorliege.
40Es sei als reine Schutzbehauptung zu werten, wenn die Klägerin vortrage, dass es sich bei den transportablen Funkklingelgongs um eine kostengünstige Alternative handele und die Sicherung durch ein Codeschloss keine besondere Sicherheitseinrichtung sei. Auch wenn die vorhandene Kamera nach Aussage des Geschäftsführers nicht funktionstüchtig gewesen sein sollte, diente sie doch der Abschreckung allein durch ihre Anbringung. Ein Monitor zur Sichtung der von den Kameras gemachten Aufnahmen sei ebenfalls vorhanden gewesen. Der Vortrag der Klägerin, es gebe nur eine Kamera, widerspreche den Angaben auf der Internetseite … (Gerichtsakte Blatt 48).
41Der vom Prüfer im Rahmen der Ortsbesichtigung vorgefundene große unsortierte Haufen an benutzter Wäsche (Bettlaken, Hand- und Duschtücher, keine persönliche Wäsche) würde dafür sprechen, dass eine zentrale Reinigung der Wäsche erfolgt sei.
42Außerdem habe die Klägerin entgegen ihres Vortrags auf diversen Internetportalen (…) für ihre Mieterinnen und nicht nur für ihre Mieträume geworben. So werde auf der Internetseite … (Gerichtsakte Bl. 52) mit „ständig wechselnde(n) internationale(n) Damen" geworben, die „mit eigener Klingel und Appartement besuchbar“ seien. Die Klägerin werbe dort auch mit „diskreten Parkmöglichkeiten". Auf der Internetseite … (Gerichtsakte Bl. 53) werde mit einer Rund-um-die-Uhr-Videoüberwachung geworben. Aus den informatorischen Stichpunkten im linken Balken dieser Webseite würden sich Angaben wie „Security vor Ort" und Videoüberwachung im Haus, Eingangs- und Außenbereich entnehmen lassen, mit denen die Klägerin für ihre möblierten Zimmer werbe. Außerdem werde mit „TOP Verdienstmöglichkeiten" und einer einmalig guten Lage geworben. Aus den im AdV-Verfahren 5 V 1847/16 U, vorgelegten Rechnungen der … GmbH vom 26.03.2014, 24.04.2014 und 21.05.2014 sei erkennbar, dass die Klägerin auf der Internetseite … (… Vermietungen) Anzeigen im Rahmen mehrerer 4-Wochen-Pakete geschaltet habe (Gerichtsakte 5 V 1847/16 U, Bl. 83-85). Den Inhalt der auf der Internetseite gemachten Werbung habe die Klägerin demnach maßgeblich mitbestimmt. Auf der Internetseite … würden potentielle Kunden und nicht potentielle Mieter angesprochen. Dort heiße es: „Im Haus X befinden sich viele nette Damen in einem gemütlichen Ambiente. Hier bist du gut aufgehoben und bekommst alles was Du brauchst" (Gerichtsakte Bl. 49). Daneben seien die Öffnungszeiten und die Adresse von „Haus X " sowie der Vermerk „Bordell" angegeben.
43Die Verwendung von „Künstlernamen" in den Mietverträgen sei entgegen der Behauptung der Klägerin nicht auf Vorgaben des Beklagten im Rahmen der Umsetzung des „Düsseldorfer Verfahrens" zurückzuführen. Dass der Beklagte die Klägerin intensiv zur Beteiligung am „Düsseldorfer Verfahren" gedrängt haben soll, sei unzutreffend. Die Teilnahme am „Düsseldorfer Verfahren" sei freiwillig und könne nicht erzwungen werden. Bei der Teilnahme der Klägerin am „Düsseldorfer Verfahren" handele sich nicht um eine Auflage des Beklagten, sondern um eine zusätzlich erbrachte Leistung der Klägerin.
44Der dem BFH-Urteil vom 24.09.2015, V R 30/14, zugrunde liegende Sachverhalt sei mit dem vorliegenden Streitfall nicht vergleichbar. Zum einen handele es sich im dortigen Fall um die stundenweise Zimmerüberlassung in einem „Stundenhotel", zum anderen seien die Zimmer dort nicht an Prostituierte vermietet worden und die dortige Klägerin habe auch keine gegenüber einer Vermietung andersartige Leistung erbracht. Im Urteil des BFH vom 22.08.2013 V R 18/12, BStBl 2013, 1058, sei ausgeführt, dass bei einer Vermietung in einem „Bordell" von einer andersartigen Leistung ausgegangen werden könne. In solchen Fällen würden oftmals andere wesentliche Leistungselemente hinzutreten, so dass die Gebrauchsüberlassung des Grundstücks gegenüber diesen Leistungen zurücktrete und dadurch eine andersartige Leistung vorliege, die der Gebrauchsüberlassung ein anderes Gepräge gebe.
45Die Sache wurde am 23.01.2019 vor der Berichterstatterin erörtert. Anlässlich des Erörterungstermins wurde der Geschäftsführer der Komplementärin der Klägerin, Herr K I angehört. Es wird auf das Protokoll über den Erörterungstermin Bezug genommen.
46Der Senat hat am 06.03.2019 beschlossen, dass Beweis erhoben werden soll über die räumlichen, organisatorischen und personellen Gegebenheiten in den Räumlichkeiten B Straße ... in I im Jahr 2014, und zwar durch Vernehmung von Frau G, Frau N, Frau C, Frau V , Frau L , Frau T und Frau M. Mit der Durchführung der Befragung wurde die Berichterstatterin beauftragt.
47Mit Senatsbeschluss vom 28.03.2019 ist der Beweisbeschluss vom 06.03.2019 dahingehend erweitert worden, dass zusätzlich auch durch Vernehmung von Frau L I Beweis erhoben werden soll. Auch insoweit wurde die Berichterstatterin mit der Durchführung der Befragung beauftragt. Es wird Bezug auf die genannten Beweisbeschlüsse genommen.
48Die beauftragte Berichterstatterin hat die Zeuginnen G, N, C und T am 08.05.2019 und die Zeuginnen L, U, M am 10.05.2019 vernommen. Auf die Protokolle über die Beweistermine wird Bezug genommen.
49Anlässlich des Beweistermins vom 10.05.2019 hat der Beklagte ein Schreiben des Steuerberaters W vom 29.04.2015 zu den Akten gereicht, in dem es auszugsweise heißt: „Frau N führt Vorarbeiten durch wie Quittungen ausstellen, Ablage und ist die Vertretung für Herrn I bei Abwesenheit. Daneben werden diverse Arbeiten wie Gartenreinigung, Flur- und Treppenhausreinigung sowie eingeschränkter Winterdienst verrichtet.“ Daraufhin haben die Beteiligten einvernehmlich auf die Vernehmung der Zeugin L I, die der Beklagte zuvor als Zeugin benannt hatte, verzichtet. Der Senat hat am selben Tag die Aufhebung des Beschlusses vom 28.03.2019, mit dem in Erweiterung des Beweisbeschlusses vom 06.03.2019 auch durch Vernehmung von Frau L I Beweis erhoben werden sollte, und mit dem die Berichterstatterin mit der Durchführung der Befragung beauftragt worden war, beschlossen. Es wird Bezug auf den Beschluss vom 10.05.2019 genommen.
50Die Sache ist am 04.07.2019 vor dem Senat mündlich verhandelt worden. Es wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
51Die Gerichtsakte 5 V 1847/16 U ist zum Verfahren beigezogen worden.
52Entscheidungsgründe
53Die Klage ist unbegründet.
54Der Umsatzsteuerbescheid für 2014 vom 30.05.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.07.2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO). Die streitigen Leistungen an die Mieterinnen der B Straße … in I sind nicht nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG umsatzsteuerbefreit.
55Von der Steuer befreit ist nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG u.a. die Vermietung von Grundstücken. Die Steuerfreiheit erstreckt sich dabei auch auf die Vermietung einzelner Räume (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 08.10.1991 V R 95/89, BStBl II 1992, 209, unter II.1.a; vom 21.04.1993 XI R 55/90, BStBl II 1994, 266, unter II.2.b; vom 24.04.2014 V R 27/13, BStBl II 2014, 732, Rz 18; vom 17.12.2014 XI R 16/11, BStBl II 2015, 427). Nicht befreit ist nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG u.a. die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält. Die Vorschriften beruhen auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. l, Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL), wonach die Vermietung von Grundstücken grundsätzlich steuerfrei ist.
56Ob eine Vermietungstätigkeit vorliegt, richtet sich umsatzsteuerrechtlich aufgrund richtlinienkonformer Auslegung nicht nach den Vorschriften des nationalen Zivilrechts, sondern nach dem Unionsrecht (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 16.01.2003 C-315/00, Maierhofer, BFH/NV Beilage 2003, 104, Rz 26; BFH-Urteile vom 07.07.2011 V R 41/09, BStBl II 2014, 73, Rz 19; vom 21.02.2013 V R 10/12, BFH/NV 2013, 1635, Rz 26; vom 13.02.2014 V R 5/13, BFH/NV 2014, 1159, Rz 19; vom 17.12.2014 XI R 16/11, BStBl II 2015, 427, Rn. 22). Maßgebend ist der objektive Inhalt des Vorgangs, unabhängig von der Bezeichnung, die die Vertragspartner ihm gegeben haben (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19.02.2014 XI R 1/12, BFH/NV 2014, 1398; EuGH-Urteil vom 16.12.2010 C-270/09, Mac Donald Resorts, UR 2011, 462, Rz 46, m.w.N.).
57Das grundlegende Merkmal des unionsrechtlichen Begriffs der „Vermietung von Grundstücken“ besteht darin, dass dem Vertragspartner auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als wäre er dessen Eigentümer, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen (EuGH-Urteile vom 04.10.2001 C-326/99, Goed Wonen, BFH/NV Beilage 2002, 10, Rz 55; vom 09.10.2001 C-108/99, Cantor Fitzgerald International, BFH/NV Beilage 2002, 19, Rz 21; vom 12.06.2003 C-275/01, Sinclair Collis, BFH/NV Beilage 2003, 216, Rz 25; vom 18.11.2004 C-284/03, Temco Europe, BFH/NV Beilage 2005, 86, Rz 19; vom 16.12.2010 C-270/09, MacDonald Resorts, UR 2011, 462, Rz 46; vgl. auch BFH-Urteil vom 27.09.2007 V R 73/05, BFH/NV 2008, 252, unter II.1., m.w.N.).
58Der BFH hat in ständiger Rechtsprechung die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG für die Vermietung möblierter Räume oder Gebäude bejaht, wenn es sich um eine auf Dauer angelegte und nicht um eine kurzfristige Überlassung handelt (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 20.08.2009 V R 21/08, BFH/NV 2010, 473, Rz 15, m.w.N.; vom 08.08.2013 V R 7/13, BFH/NV 2013, 1952, Rz 16, m.w.N.; vom 22.08.2013 V R 18/12, BStBl II 2013, 1058; vom 19.02.2014 XI R 1/12, BFH/NV 2014, 1398, Rz 23, m.w.N.; vom 17.12.2014 XI R 16/11, BStBl II 2015, 427). Dies steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 13 Teil B Buchst. b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – 6. EG-Richtlinie – (seit dem 01.01.2007 Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL), wonach „die Dauer der Grundstücksnutzung ein Hauptelement eines Mietvertrags“ bildet (EuGH-Urteile vom 12.02.1998 C-346/95, Blasi, UR 1998, 189; und vom 18.01.2001 C-150/99, Stockholm Lindöpark, BFH/NV Beilage 2001, 44, UR 2001, 153). Das Merkmal der nicht nur kurzfristigen Überlassung von möblierten Räumlichkeiten führt für sich aber nicht zu einer Verneinung einer Vermietungsleistung i. S. d. § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG. Der Unterscheidung zwischen lang- und kurzfristiger Vermietung bei der Überlassung möblierter Zimmer kommt nur bei der Prüfung des Ausnahmetatbestands des § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG eine wesentliche Bedeutung zu. Dessen Einschlägigkeit setzt aber zwingend voraus, dass die allgemeine Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 12 Satz 1 UStG zunächst erfüllt ist (vgl. BFH-Urteil vom 22.08.2013 V R 18/12, BStBl. II 2013, 1058; FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 31.01.2018, 3 K 99/16, EFG 2018, 1310; Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 22.08.2018, 11 K 18/18, EFG 2018, 1917).
59Der Begriff „Vermietung von Grundstücken“ i.S. von § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG und Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL ist eng auszulegen, da diese Bestimmungen eine Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz vorsehen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Umsatzsteuer unterliegt (EuGH-Urteile vom 04.10.2001 C-326/99, Goed Wonen, BFH/NV Beilage 2002, 10, Rz 46, und vom 18.11.2004 C-284/03, Temco Europe, BFH/NV Beilage 2005, 86, Rz 17). Allerdings können mehrere Leistungen auch derart untrennbar miteinander verbunden sein, dass sie eine einheitliche (komplexe) Leistung bilden, die nicht als Vermietung von Grundstücken umsatzsteuerfrei, sondern umsatzsteuerpflichtig ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 31.05.2001 V R 97/98, BStBl II 2001, 658, unter II.2.a; vom 24.01.2008 V R 12/05, BStBl II 2009, 60, unter II.2.a; vom 04.05.2011 XI R 35/10, BStBl II 2011, 836, Rz 25 ff.; EuGH-Urteil vom 27.09.2012 C-392/11, Field Fisher Waterhouse, HFR 2012, 1210, Rz 15 ff.).
60Steuerfreie Vermietungsleistungen liegen demnach nicht vor, wenn nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse die Raumüberlassung zum Gebrauch von anderen wesentlicheren Leistungen überdeckt wird (vgl. BFH-Urteile vom 10.08.1961 V 111/60, HFR 1962, 145; vom 17.12.2014 XI R 16/11, BStBl II 2015, 427; BFH-Beschluss vom 26.04.2002 V B 168/01, BFH/NV 2002, 1345, unter II.2.c). Für die Vermietung an Prostituierte gelten dieselben Grundsätze wie für jede andere gewerbliche Vermietung an andere Unternehmer auch. Mithin greift die Steuerbefreiung bei einer Vermietung an Prostituierte insbesondere dann nicht, wenn die Raumüberlassung durch Leistungselemente, die der Förderung der gewerblichen Tätigkeit der Prostituierten dienen, geprägt wird und damit nicht die Grundstücksnutzung, sondern die Möglichkeit, die Prostitution auszuüben, aus der Sicht des Leistungsempfängers im Vordergrund steht. Es kommt hierbei nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift dabei nicht darauf an, ob die Prostituierten im dem Objekt ihren Wohnsitz haben (vgl. zum Ganzen BFH-Urteil vom 17.12.2014 XI R 16/11, BStBl II 2015, 427, Rz. 45, 28; BFH-Beschluss vom 13.09.2002 V B 51/02, BFH/NV 2003, 212, unter II.2.a).
61Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und Würdigung der Gesamtumstände stellen die Leistungen der Klägerin im Zusammenhang mit der entgeltlichen Überlassung der Zimmer in der B Straße … an Prostituierte bei einer Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls und der hier gebotenen engen Auslegung der Steuerbefreiung für Grundstücksvermietungen keine reinen Grundstücksvermietungen dar. Es handelt sich vielmehr um Leistungen eigener Art, die sich wesentlich von der steuerbefreiten Grundstücksvermietung unterscheiden, so dass eine Steuerbefreiung dieser Leistungen nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG ausscheidet.
62Zwar hat die Klägerin den Mieterinnen an dem jeweiligen Apartment eine Besitzoption dergestalt eingeräumt, dass diese während der Mietdauer mit den Apartments „wie Eigentümer“ verfahren konnten und andere von der Inbesitznahme derselben nach eigenem Belieben ausschließen konnten. So haben die Zeuginnen sämtlich übereinstimmend erklärt, dass sie einen Schlüssel zu ihrem Apartment hatten und selbst bestimmen konnten, ob sie die Apartmenttür abschlossen oder nicht. Auch hat keine der Mieterinnen bestätigt, dass Herr I, der nach den Zeugenaussagen das Haus B Straße …. einschließlich des Obergeschosses ohne Weiteres und ohne ausdrückliche Einwilligung der Mieterinnen betreten konnte, einen Schlüssel zu ihren Apartments hatte.
63Auch gibt die bereits vorhandene Möblierung der Zimmer der Vermietung der Klägerin keinen anderen Charakter. Denn das Vorhandensein von Bett, Schrank, Kochgelegenheiten, Waschmaschine und Trockner geben der Leistung kein anderes Gepräge. Dass ein Handtuch- und Bettwäscheservice oder Reinigungsdienst vorhanden war, konnte das Gericht anhand der Zeugenaussagen nicht feststellen. Die Zeuginnen G, N und M, die Apartments im 1. Obergeschoss gemietet hatten, haben übereinstimmend ausgesagt, dass jede Mieterin auf Sauberkeit geachtet und bei Bedarf nicht nur das eigene Apartment, sondern auch die Gemeinschaftsflächen gereinigt habe. Die Zeugin T konnte dies zumindest für das eigene Apartment und den Küchenbereich bestätigen.
64Auch die Tatsache, dass sich die Klägerin nach den übereinstimmenden Zeugenaussagen und den Ausführungen des Geschäftsführers Herrn I den Mietzins in bar hat übergeben lassen, spricht noch nicht für eine andersartige Leistung der Klägerin, da die Prostituierten ihr Geld entsprechend ihrer übereinstimmenden Aussagen auch in bar vereinnahmten und hiervon einen Teil für die jeweilige Mietzahlung entnahmen.
65Zunächst unschädlich ist auch der Umstand, dass die Vermietung vorliegend offenbar tatsächlich ausschließlich an Prostituierte erfolgte, die die Apartments für die Ausübung ihres Gewerbes nutzten (siehe aber die Ausführungen unten). Denn für sich gesehen nimmt dies den Leistungen der Klägerin nicht den Charakter einer Vermietungsleistung. Auch soweit die Klägerin die verkehrsgünstige Lage des Hauses in ihren Anzeigen zur Mietersuche, z.B. auf … herausgestellt hat, gibt dies der Vermietung kein anderes Gepräge. Die Besonderheiten hinsichtlich Objektlage sind auch bei anderen Gewerberäumen durchaus von Belang und dürften daher auch dort regelmäßig Einfluss auf die Miethöhe haben.
66Im Anwendungsbereich der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift im Übrigen nicht darauf an, ob die Prostituierten in dem Objekt ihren Wohnsitz hatten (BFH-Urteil vom 17.12.2014 XI R 16/11, BStBl II 2015, 427), was hier entsprechend der Zeugenaussagen größtenteils nicht der Fall war.
67In der Gesamtschau unterscheiden sich jedoch die Leistungen der Klägerin wesentlich von einer steuerbefreiten Vermietungsleistung, weil die vorhandenen Leistungselemente einer Vermietung durch andere Leistungselemente, welche der Förderung der gewerblichen Tätigkeit der Prostituierten dienen, überdeckt werden. Zur Überzeugung des Senats steht bei der vorliegenden Vermietung an Prostituierte aus der Sicht der Leistungsempfänger nicht die Grundstücksnutzung im Vordergrund, sondern die Möglichkeit, die Prostitution auszuüben.
68So wird vorliegend das Gepräge der Leistungen der Klägerin aus Sicht ihrer Leistungsempfängerinnen – der Mieterinnen und zugleich Prostituierten – in erster Linie durch die Möglichkeit zur Ausübung der gewerblichen Prostitution in den überlassenen Wohnungen bestimmt. Da die Apartments – wie die Zeuginnen N und C zu berichten wussten und die Aussagen der anderen Zeuginnen insofern jedenfalls keine anderen Erkenntnisse brachten – nur an solche Frauen vermietet wurden, die der Prostitution nachgingen, steht hier aus der Sicht der Leistungsempfänger bereits insoweit nicht die Grundstücksnutzung, sondern die Möglichkeit, eine bestimmte Betätigung auszuüben, im Vordergrund. Das an Damen von Erotikdienstleistungen gerichtete Zimmerangebot auf … führt explizit besondere Eigenschaften des Hauses auf, um interessierten Prostituierten ein für die Ausübung ihres Gewerbes interessantes und abgerundetes Angebot zu unterbreiten. In der Anzeige hervorgehoben wird zudem, dass das Haus sehr gut besucht sei und dadurch „TOP-Verdienstmöglichkeiten“ biete, was für potentielle Mieterinnen die im „Haus X “ vorhandene Möglichkeit der Ausübung des Prostitutionsgewerbes deutlich in den Vordergrund stellt. Ferner kommt die von der Klägerin eingeräumte Möglichkeit der nur kurzfristigen Raumüberlassung nur für einige Tage oder wenige Wochen mit der Vereinbarung einer Tagesmiete und auch die uneingeschränkte Möglichkeit der Untervermietung dem Prostitutionsgewerbe entgegen. Zur Überzeugung des Senats wird eine „normale“ Vermietung zur reinen Wohnnutzung oder Gewerbenutzung von der Klägerin nicht angeboten und wäre auch faktisch nicht in Betracht gekommen. Herr I hat in seiner Befragung ausgeführt, dass „er“ vorrangig an Prostituierte vermiete, da er damit eine relativ hohe Miete erwarten könne. Dies zeigt, dass die Apartments schon aufgrund der Miethöhe nicht nur zur reinen Wohnnutzung angemietet würden. So stellt die Miete von 900 € monatlich bzw. bei nur kurzzeitiger Anmietung von 60 € täglich für ein ca. 10 qm großes Apartment in dieser Lage nach Einschätzung des Senats auch tatsächlich eine Miete in beträchtlicher Höhe dar. Dementsprechend hat die Klägerin die Vermietungsanzeigen im Internet nur auf den für das Prostitutionsgewerbe einschlägigen Seiten „…“ und „…“ geschaltet und hat dort auch deutlich hervorgehoben, dass gute Verdienstmöglichkeiten bestehen würden. Der Mieterkreis war zudem dadurch eingeschränkt, dass nach der Aussage der Zeugin N in dem Haus nur Frauen geduldet wurden, so dass Mieter, welche nicht dem Prostitutionsgewerbe nachgehen, ausgeschlossen waren und deren Besucher nur Frauen hätten sein dürfen. Auch die Zeugin L führte aus, dass Männer, die keine Kunden waren, sich nicht regelmäßig im Haus aufhielten. Selbst wenn eine fremde dritte Person, die nicht der Prostitution oder Ähnlichem nachgeht, für ein Apartment in dem Haus B Straße … ihr Interesse angemeldet hätte, wäre ein Mietverhältnis zur Überzeugung des Senats nicht zustande gekommen. Für den Senat ist es schwer vorstellbar, dass ein Zimmer in diesem Haus, in dem Prostituierte und Freier ein- und ausgehen, von Personen, die sich außerhalb dieses Gewerbes aufhalten, zur normalen Wohnnutzung oder zu anderen gewerblichen Nutzungen angemietet wird. Eine Nutzung der Räumlichkeiten ausschließlich durch Prostituierte zum Zwecke der Prostitution macht aus der Immobilie einen bordellartigen Betrieb, der die Prostitution fördert.
69Das Mietverhältnis entspricht zudem bereits nach Vertragslage nicht „normalen“ Wohnraum/Gewerbemietverträgen. Die Klägerin gewährleistete den Prostituierten schon bei Abschluss des Mietvertrags Anonymität, indem sie es zuließ, dass in den mit „Mietvertrag“ überschriebenen formularmäßigen Verträgen die Mieterinnen nur mit Namen (teils nur Künstlernamen) und ohne Adresse angegeben wurden. Soweit die Klägerin anführt, dass sie dies im Hinblick auf die Teilnahme am Düsseldorfer Verfahren so anonymisiert gehandhabt habe, sieht der Senat dies als reine Schutzbehauptung an. Denn dies würde nicht erklären, weshalb es auch Verträge gibt, bei denen die Prostituierten mit vollem Vor- und Nachnamen angegeben waren (Gerichtsakte Bl. 103 – ... T aus dem Jahr 2014, Bl. 108 – Frau N aus dem Jahr 2014, Bl. 116 – Frau S aus dem Jahr 2014, Bl. 124 – Frau M aus dem Jahr 2012) und damit für das Finanzamt eine Abfrage beim Einwohnermeldeamt möglich gewesen wäre, wie es z. B. das Gericht für Frau T (Gerichtsakte Bl. 77) und Frau L , geb. N, (Gerichtsakte Bl. 78. 191) vorgenommen hat.
70Zur Überzeugung des Senats sorgte Herr I als Geschäftsführer neben der den Prostituierten gewährleisteten Anonymität dafür, dass diese ihr Gewerbe ungestört ausüben konnten. Denn er trug dafür Sorge, dass das Haus B Straße ... insgesamt am sog. Düsseldorfer Verfahren teilnahm. Bei dem Düsseldorfer Verfahren handelt es sich um ein vereinfachtes Vorauszahlungsverfahren, bei dem die Bordellbetreiber und Betreiber bordellartiger Betriebe nach einer jeweils mit den Finanzämtern getroffenen Vereinbarung eine Pauschale für jede in ihren Betrieben tätige Prostituierte an die Finanzämter abführen. Bei dieser Pauschale handelt es sich um eine Vorauszahlung auf die Steuerschuld der jeweiligen Prostituierten, die weder von der Abgabe einer Steuererklärung noch von der Zahlung der tatsächlich angefallenen Steuern entbindet und die bei der individuellen Berechnung der Steuerschuld auf die tatsächlich zu zahlenden Steuern angerechnet wird (vgl. Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten -Prostitutionsgesetz-, BT-Drucks 16/4146, S. 40). Steuerschuldner der Einkommen- und Umsatzsteuer sind weiterhin die Prostituierten, eine abschließende Berechnung der Steuerhöhe erfolgt im Festsetzungsverfahren und eine etwaige Überzahlung wird an die Prostituierten erstattet (vgl. BFH-Urteil vom 12.05.2016 VII R 50/14, BStBl II 2016, 730). Die Teilnahme des Hauses B Straße ... am Düsseldorfer Verfahren ist unvereinbar mit dem Vortrag, die Klägerin vermiete nur Zimmer und habe mit der Ausübung der Prostitution nichts zu tun. Denn die Klägerin leistete dadurch, dass sie die Meldungen zum Düsseldorfer Verfahren für die in ihrem Haus tätigen Prostituierten vornahm, Vorauszahlungen auf die Einkommen- und Umsatzsteuer dieser Prostituierten und bediente damit keine eigene Steuerschuld. Mit der Abführung der Beträge für das Düsseldorfer Verfahren beteiligte sich die Klägerin am Besteuerungsverfahren der Prostituierten und förderte die Prostitution. Dass die Klägerin sich am Düsseldorfer Verfahren beteiligte, damit die Prostituierten im Haus ihr Gewerbe ungestört ausüben konnten, zeigt sich auch darin, dass sich die Klägerin – ausweislich der Ausführungen des Herrn I in dessen Befragung – unter Druck gesetzt gesehen hatte, da für den Fall der Nichtteilnahme häufige Besuche der Finanzverwaltung im Haus B Straße ... angedroht worden waren. Dies macht deutlich, wie wichtig auch der Klägerin war, dass die Prostituierten in Ruhe ihrer Arbeit nachgehen konnten und keine geschäftsschädigenden Besuche der Finanzverwaltung stattfanden. Ein bloßer Vermieter hätte dies den Prostituierten weitergegeben, sich aber nicht selbst um die Meldungen und Zahlungen im Rahmen des Düsseldorfer Verfahrens gekümmert. Nach den glaubhaften Ausführungen der Zeuginnen G, C, V und T war es aber Herr I als Geschäftsführer, der sich darum bemühte, dass die Prostituierten sich am Düsseldorfer Verfahren beteiligten und um Akzeptanz warb bzw. bei Neuanmietung erklärte, dass „das Haus“ am Düsseldorfer Verfahren teilnimmt. Die Initiative für die Teilnahme am Düsseldorfer Verfahren ging demnach nicht von den Prostituierten aus, sondern von der Klägerin in Person des Herrn I. Dieser führte die Teilnahme am Düsseldorfer Verfahren im Haus ein und achtete darauf, dass die Damen ihre fälligen Beträge zahlten. Die Klägerin hat sich als Melde- und Zahlstelle installiert und damit nach Auffassung des erkennenden Senats weitere Leistungselemente erbracht, die über ein normales Mietverhältnis hinausgehen und die der Förderung der gewerblichen Tätigkeit der Prostituierten dienten. Unmaßgeblich ist in diesem Zusammenhang, ob es sich bei dem Zettel, auf dem die Prostituierten ihre Anwesenheitstage für das Düsseldorfer Verfahren notierten, um ein Formular der Finanzverwaltung oder um ein klägerseits erstelltes Formular handelte.
71Dass Herr I zu allen Zeiten freien Zutritt zum Haus, zum Barbereich und zum Flur sowie Gemeinschaftsbereich im 1. Obergeschoss hatte, und dies nach eigener Aussage auch rege nutzte, stellt sich für den erkennenden Senat als weiteres Element dar, welches das reine Vermietungselement in den Hintergrund drängt. Bei einer Vermietung von Wohn- und Gewerberaum üblich sind regelmäßig nur turnusmäßige Besuche des Vermieters nach vorheriger Ankündigung und Terminabsprache, die jedenfalls nicht wöchentlich sind. Auch wenn Herr I ins Haus musste, um die Post aus dem Briefkasten zu nehmen, wäre es als bloßer Vermieter nicht vonnöten gewesen, dass er noch bis ins 1. Obergeschoss geht, zumal die Miete laut den Mietverträgen auch hätte überwiesen werden können. Dass es in 2014 im Haus B Straße ... noch Büroräume gegeben hat, die Herr I aufgesucht haben könnte, konnte keine der Zeuginnen bestätigen. Auch Herr I hatte hiervon nicht gesprochen, er führte vielmehr aus, dass er täglich abends zwischen 18 und 20 Uhr im Haus B Straße ... anwesend gewesen sei und dort abgefragt habe, wer denn da sei. Häufigere Besuche erfolgen in anderen Mietverhältnissen – auch Gewerbemietverhältnisse – regelmäßig aber nur aus wichtigem Grund. Solch ein wichtiger Grund könnte hier allenfalls in der Zahlung der regelmäßig monatlich zu zahlenden Miete und der ebenfalls regelmäßig monatlich abgeführten Beträge für das Düsseldorfer Verfahren zu sehen sein. Dies erklärt aber nicht die offenbar noch häufigeren, nämlich täglichen Anwesenheitszeiten des Herrn I im Haus, der nach eigenen Angaben im Jahr 2014 nicht mehr im Haus B Straße ... wohnte. Die häufigen Anwesenheitszeiten des Herrn I erfolgten zur Überzeugung des erkennenden Senats vielmehr im Hinblick auf das im Haus stattfindende Prostitutionsgewerbe. Die Klägerin versetzte sich auf diese Weise in die Lage, auf die Belange der Prostituierten schnell reagieren zu können und förderte damit die Prostitution.
72Zudem hielt die Klägerin durch die häufigen – täglichen – Besuche von Herrn I zur Überzeugung des Senats den Überblick über die Anwesenheitszeiten der einzelnen Damen, auch wenn es keine Anwesenheitspflichten gab, was sicher auch dem Umstand geschuldet war, dass die Prostituierten größtenteils nach Termin arbeiteten. Auch wenn die Mieterinnen in ihren zeugenschaftlichen Vernehmungen und Herr I in seiner Befragung übereinstimmend aussagten, dass die Mieterinnen sich nicht krankmelden mussten und sie keine Anwesenheitspflichten hatten, so wusste der Geschäftsführer der Klägerin, Herr I, nach seinen eigenen Ausführungen immer Bescheid, welche Frauen anwesend waren. Der Senat sieht die Aussage des Herrn I, dass er täglich abends zwischen 18 und 20 Uhr bei den Damen vorbeischaute, als den Tatsachen entsprechend an. Soweit die Zeuginnen seltenere Besuche seitens des Herrn I angaben, dürften sie in ihren Angaben auch schon deshalb vorsichtiger gewesen sein, weil sie teilweise nicht täglich anwesend waren oder auch nur für die Mietzahlung bzw. für die Zahlungen für das Düsseldorfer Verfahren den Kontakt zu Herrn I suchten. Der Senat kann keinen Grund erkennen, der Aussage des Herrn I hier keinen Glauben zu schenken. Dafür, dass Herr I den Überblick über die Anwesenheitszeiten hielt, spricht auch die Aussage der Zeugin G wonach diese eine Liste mit ihren Arbeitstagen in der Küche, für Herrn I zugänglich, ausliegen hatte. Letztlich kontrollierte die Klägerin das Geschehen im Haus über die Meldungen im Düsseldorfer Verfahren ungeachtet dessen, dass es keine Anwesenheitskontrolle gegeben haben soll und alles auf Vertrauensbasis abgelaufen sei.
73Die Mietverträge wurden nach dem Ergebnis der Zeugenbefragungen außerdem nicht so gelebt wie geschlossen. Die Klägerin kam den Belangen der Prostituierten vielmehr entgegen. Die Zeugin T führte aus, dass sie für Urlaubszeiten (soweit kein spontaner Kurzurlaub) keine Miete zahlen musste. Hierzu fehlt eine Regelung im Mietvertrag und dies weicht zudem erheblich von „normalen“ Mietverhältnissen ab, bei denen es zum Nachteil des Mieters gereicht, wenn er die Räume wegen Verhinderung in eigener Person nicht nutzen kann. Auch ging die Klägerin auf Kündigungswünsche der Damen abweichend von den Kündigungsfristen – wie es aber Punkt 3 der Mietverträge vorsah – ein und entließ sie ohne Weiteres früher aus dem Mietverhältnis. So erklärte die Zeugin N: „Ich habe damals mündlich gekündigt. Ich habe es einfach gesagt, ich denke, eine Woche später war ich raus.“ Die Zeugin L erklärte, dass sie ihre Arbeit zweimal wegen Schwangerschaften unterbrochen habe und jeweils ca. einen Monat vorher das Zimmer gekündigt habe. Sie habe in den Unterbrechungszeiten keine Miete gezahlt. Die Zeugin T hat ausgesagt: „Ich habe das Zimmer nicht durchgängig gemietet gehabt. So gab es auch Zeiten, in denen ich diesen Beruf nicht mehr ausüben wollte. Ich […] habe Herrn I dann einen Monat im Voraus angekündigt, das Zimmer nicht mehr weiter haben zu wollen.“ Nur die Zeugin M wusste nicht mehr, wie lange sie im Voraus gekündigt hatte.
74Den Belangen der Prostituierten entgegenkommend und ungewöhnlich für eine Vermietung stellt sich auch dar, dass die Klägerin die Möglichkeit anbot, sich ein Zimmer und auch dementsprechend die Miete zu „teilen“. Zwar meint die Klägerin zu Recht, dass es auch bei normalen Wohnraummietverhältnissen durchaus vorkommt, dass sich mehrere Mieter die gemieteten Räumlichkeiten teilen. Doch werden dann zum einen regelmäßig keine getrennten Mietverträge abgeschlossen und zum anderen bezieht sich dies meist nicht auf ein 1-Zimmer-Apartment, welches zudem von den Mietern nicht gleichzeitig, sondern zeitversetzt genutzt wird. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Mieterinnen, die sich ein Zimmer „teilten“, sich offenbar hinsichtlich ihrer Anwesenheitszeiten nicht untereinander absprechen mussten, da die zeitlich abwechselnde Belegung dieses Apartments vielmehr durch Herrn I organisiert wurde, wodurch die Klägerin wiederum die Prostitution in ihrem Haus förderte. Dies belegen die Zeugenaussagen der Zeuginnen G mit dem Künstlernamen „O“ und M mit dem Künstlernamen „J“, die sich das Apartment … im 1. Obergeschoss teilten. Ausweislich der Mietverträge musste die Zeugin G eine monatliche Miete von 400 € und die Zeugin M eine monatliche Miete von 500 € zahlen (Gerichtsakte Bl. 122, 124). Die Zeugin G sagte aus, dass sie ca. 12 bis 14 Tage im Monat gearbeitet habe und nicht gewusst habe, was in der restlichen Zeit mit dem Zimmer geschah. Sie habe Herrn I jeweils mitgeteilt, an welchen Tagen sie arbeiten werde. Wenn sie mal einen Arbeitstag verschoben habe, habe sie dies Herrn I mitgeteilt, damit dieser Bescheid wisse. Die Zeugin M sagte aus, dass sie 5 bis 7 Tage im Monat anwesend gewesen sei. Aus der Aussage von Frau M geht zwar nicht hervor, dass sie Herrn I ihre Anwesenheitstage im Vorhinein mitteilte, doch hatte sie über ihre Kontakte mit Herrn I vor Gericht auch nur zögerlich gesprochen und erst später in ihrer Aussage erklärt, dass sie mit Herrn I Jahre zuvor mal liiert gewesen sei und zwischen ihnen nur das Nötigste gesprochen worden sei. Der Senat ist überzeugt, dass Herr I auch über die geplanten Anwesenheitstage der Zeugin M Bescheid wusste, zumal er bei seiner Befragung selbst ausgeführt hat, dass er den Mieterinnen vertraut hat, mit ihnen aber auch im ständigen Gespräch war und viel über ihre Arbeitszeiten wusste. Auch wussten die beiden, die sich das Apartment teilten, ausweislich ihrer Aussagen offenbar gar nicht recht voneinander. Die Zeugin G wusste nicht, was mit ihrem Zimmer in ihrer Abwesenheit geschieht; die Zeugin M glaubte lediglich, dass sie sich das Zimmer mit „O“ teilt. In dem Fall kommen damalige Absprachen zwischen den beiden Mieterinnen nicht in Betracht.
75Darüber hinaus ist es zwar auch bei einer Wohnraumvermietung denkbar und auch teilweise der Fall, dass die Eingangstür per Videokamera überwacht wird und jedes Zimmer ein Klingelschild hat. Das zusätzlich zum Eingang im 1. Obergeschoss angebrachte Code-Schloss ist zur Überzeugung des Senats aber dem dort ausgeübten Prostitutionsgewerbe geschuldet, da bereits unten aufgrund der vorhandenen Glasfront im Eingangsbereich auch bei verschlossener Haustür und nicht angeschlossener oder defekter Überwachungskamera geschaut werden konnte, wer das Gebäude zu betreten beabsichtigte. Das Code-Schloss im 1. Obergeschoss wirkte hier wie eine zweite Wohnungstür, die den Mieterinnen eine gewisse Sicherheit versprach und ihren Belangen entgegenkam. Die Zeugin G sagte hierzu aus, dass es ihr bei Anmietung insbesondere auch auf das Code-Schloss im 1. Obergeschoss angekommen sei. Die Klägerin hat auch in ihrer Vermietungsanzeige mit Sicherheitsaspekten geworben, was zeigt, dass dies das Prostitutionsgewerbe fördert, auch wenn die Mietinteressentinnen vor Ort dann feststellen mussten, dass es doch keine 24 Stunden-Videoüberwachung gab. Auch konnten die Zeuginnen nicht bestätigen, dass es in 2014 einen Notrufknopf gegeben hat. Trotz dessen wurde in der Vermietungsanzeige auf … hervorgehoben, dass das Haus rund um die Uhr videoüberwacht sei und somit höchste Sicherheit biete. Aus den informatorischen Stichpunkten im linken Balken der Anzeige konnte eine potentielle Interessentin zudem ersehen, dass eine Videoüberwachung im Haus, im Eingangsbereich und im Außenbereich stattfinde und eine „Security vor Ort“ existiere. Hierdurch wurde der besondere Sicherheitsgedanke von Prostituierten aufgegriffen und entsprechend bedient, auch obwohl dies nicht vollumfänglich den tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort entsprach.
76Dem Funkgong misst der Senat nur insofern besondere Bedeutung zu, als dass er transportabel ist und deshalb zu Zeiten, in denen ein Kunde im Apartment ist, für andere Mieterinnen zugänglich gemacht werden kann, damit diese auf das Klingeln von Kunden so reagieren können wie es von der Dame, zu der der Gong gehört, gewünscht ist. Das heißt, die Kunden können vertröstet oder hereingelassen werden, um zu warten, oder aber es kann sich eine andere Prostituierte des jeweiligen Kunden annehmen. Dies fördert das Prostitutionsgewerbe letztlich ebenfalls.
77Darüber hinaus hat die Klägerin nach Aussage der Zeuginnen N, L und T zumindest ein Wartezimmer, wenn nicht sogar zwei Wartezimmer eingerichtet, was ebenfalls die Prostitution im Haus fördert.
78Nach den Zeugenaussagen sieht es der Senat darüber hinaus als erwiesen an, dass die Klägerin sich auch an der Werbung für die Prostitutions-/Erotikdienstleistungen der Mieterinnen beteiligte, was ebenfalls bestimmend für die Leistungen der Klägerin war. So räumte die Klägerin den Prostituierten die Möglichkeit ein, für sich in einem von der Klägerin nicht deinstallierten Aushangkasten vor dem Hauseingang zu werben. Auch wenn die Mieterinnen entsprechend ihrer übereinstimmenden Aussagen ihren jeweiligen Aushang selbst und auf eigene Kosten gestalteten, war es die Klägerin, die den Aushangkasten als Medium zur Verfügung stellte und es war auch nach den Aussagen der Zeuginnen C, V, L und T die Klägerin in Person des Herrn I , die die Aushänge der Damen in den Aushangkasten vornahm und ab und zu auswechselte. Damit trug die Klägerin wesentlich zur Geschäftsanbahnung zwischen den Prostituierten und potentiellen Kunden bei. Soweit die Zeugen G und T sich nicht sicher waren, ob es den Aushangkasten bereits im Streitjahr 2014 gab, ist dem entgegen zu halten, dass der Aushangkasten noch von der in dem Haus betriebenen Gaststätte stammte und lediglich von der Klägerin nicht deinstalliert wurde. Es ergeben sich daher keine Anhaltspunkte dafür, dass der Aushangkasten in 2014 (noch) nicht existierte. Auch sieht der Senat die Aussage der Zeugin M, dass es keinen Aushang mit Fotos oder Ähnlichem gegeben habe, insofern als unergiebig an, weil diese selbst meinte, viel zu selten vor Ort gewesen zu sein, um dies zu wissen. Außerdem distanzierte sich die Zeugin trotz ihrer Eigenschaft als Kommanditistin der Klägerin sehr und ausdrücklich von der Klägerin. So führte sie unter anderem aus, dass sie mit dem allen nichts mehr zu tun habe und sie sogar noch nicht einmal etwas zu den Gesellschaftsverhältnissen sagen könne. Sie interessiere sich auch nicht dafür, solange die Firma nicht „pleite“ gehe. Dies sei auch schon in 2014 gewesen. Sie habe alles dem Geschäftsführer der Klägerin, Herrn I, überlassen, mit dem sie wegen ihrer noch vor dem Streitjahr beendeten Liebesbeziehung keinen Kontakt über das unbedingt Notwendige hinaus pflege.
79Außerdem hat die Klägerin in Person von Herrn I nach Aussage der Zeugin L ein- bis zweimal eine gemeinschaftliche Internetanzeige der Prostituierten im Haus B Straße ... insofern unterstützt, als er das Geld hierfür von Frau L entgegennahm und entsprechend weiterleitete. Auch dies zeigt, dass er als Organ der Vermieterin bereit war, kleine Gefälligkeiten zu leisten, die der Prostitution dienten. Während sich die Zeuginnen N, C und T nicht erinnern konnten, wie die in der Prüferhandakte befindliche gemeinschaftliche Internetanzeige zustande gekommen war, hat die Zeugin M unmittelbar bestätigen können, dass sich die Mieterinnen manchmal für so eine Anzeige zusammengetan hätten, da es im Paket günstiger gewesen sei. Auch sie erklärte, dass das die Mieterinnen selbst in die Hand genommen hätten, was aber nicht ausschließt, dass sich Herr I bei Bedarf auch um das Einsammeln des Geldes hierfür kümmerte.
80Schließlich stellen auch weitere Leistungselemente in der Gesamtschau weitere Aspekte dar, die der gewerblichen Tätigkeit der Prostituierten dienen konnten bzw. den speziellen Belangen der Prostituierten entgegenkam. Für die Zeugin L entfernte die Klägerin eigens das Bett aus dem Apartment, weil diese nur eine Massageliege benötigte. Nach den Aussagen der Zeuginnen N und V gab es einen Schrank mit Handtüchern und Bettwäsche, an dem sich die Prostituierten bedienen konnten. Es handelte sich hierbei nach Aussage der Klägerin zwar nur um liegengebliebene Wäschestücke, dies ermöglichte den Prostituierten aber im Bedarfsfall einen unmittelbaren Zugriff auf diese Hilfsmittel zur Prostitution. Außerdem erfolgte im Gebäude nach der Aussage der Zeugin N auch wöchentlich ein Verkauf von Kondomen, Gleitgel usw. Dieser Verkauf ist nach der vorgenannten Aussage zwar nicht von der Klägerin, sondern einem fremden Mann getätigt worden. Die Duldung eines solchen Verkaufs durch die Klägerin erleichtert aber die Ausübung der Prostitution der Mieterinnen. Zweifelhaft blieb der Vortrag der Klägerin, dass die Werbung auf der Internetseite … (Gerichtsakte Bl. 95) nicht von der Klägerin, sondern allein von dem Betreiber der Internetseite initiiert und gestaltet wurde. Denn die dort angegebene Handynummer stimmt mit der auf der Internetseite … angegebenen Handynummer überein, woraus geschlossen werden kann, dass der Geschäftsführer der Klägerin auch Kontaktperson für potentielle Kunden ist. Im Rahmen dieses von der Klägerin offenbar zumindest geduldeten Internetauftritts des „Haus X“ ist dieses als Bordell mit Adresse, Handynummer und Öffnungszeiten angegeben.
81Der Senat übersieht nicht, dass einzelne der aufgeführten Elemente für sich gesehen nicht von solchem Gewicht sind, dass sie allein die vorhandenen Leistungselemente einer Vermietung überdecken würden. Doch erbrachte die Klägerin als „Vermieterin“ eine Vielzahl von Leistungen, die zur Überzeugung des Senats in der Gesamtschau gesehen über die reine Wohnraum-/Gewerberaumüberlassung hinausgehen. Die Überlassung der Apartments war weniger durch die Leistungselemente der Vermietung als durch andere Leistungselemente, die den Bedürfnissen der Prostituierten entgegenkamen und damit der Förderung der gewerblichen Tätigkeit der Prostituierten dienten, geprägt.
82Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Für eine Revisionszulassung liegen keine Gründe i. S. v. § 115 Abs. 2 FGO vor.