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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten darüber, ob bestimmte mit Erbbaurechten belastete Grundstücke bei ihrer Veräußerung noch als landwirtschaftliches Betriebsvermögen steuerverstrickt waren.
3Im Jahr 1969 übertrug der Vater des Klägers auf den Kläger im Wege der vorweggenommenen Erbfolge seinen landwirtschaftlichen Betrieb unter Zurückbehaltung künftiger Baulandflächen. Durch einen Nachtrag vom 1.7.1971 zum Hofübergabevertrag wurden die zunächst zurückbehaltenen Flächen ebenfalls auf den Kläger übertragen. Zu den auf den Kläger übertragenen Flächen gehörte insbesondere das Grundstück Gemarkung I, Flur x1, Flurstück y1. Hierfür war auf den 1.7.1970 auf Antrag des Klägers für eine Fläche von 14.000 qm ein höherer Teilwert von 23,00 DM/qm (11,76 EUR/qm) festgesetzt worden, welcher ihm am 12.7.1979 durch das Finanzamt S mitgeteilt wurde.
4In den siebziger und achtziger Jahren wurden Flächen baureif gemacht; an ihnen wurden Erbbaurechte bestellt und die Flächen im Nachgang veräußert. Im Rahmen eines Scheidungsverfahrens Anfang der 1990er Jahre übertrug der Kläger weitere mit Erbbaurechten belastete Grundstücke auf seine Ehefrau.
5Zum 1.7.1989 wurde der Kläger nach § 4 Abs. 1 EStG buchführungspflichtiger Landwirt. In seinem ersten Anlageverzeichnis wies er einen Bilanzansatz für Grund und Boden in Höhe von 611.853 DM aus.
6In den Jahren 2012/2013 veräußerte der Kläger insgesamt 14 Flurstücke in der Gemarkung I, Flur x1, aus dem Bestandblatt zzz1 an sechs verschiedene Erwerber. Der erzielte Kaufpreis betrug insgesamt 551.415 EUR. Die Grundstücke waren ursprünglich im Grundbuch von I verzeichnet, unter Blatt zzz2, Flur x1, Flurstück y1. Im Einzelnen:
7Flurstück y2, 527 qm, Kaufpreis 50.065 EUR, Erwerber T T , Kaufvertrag vom 17.2.2013, Übergabe am 1.4.2013 (im folgenden „Vorgang 1“)
Flurstück y3, 436 qm, Kaufpreis 41.420 EUR, Erwerber I K , Kaufvertrag vom 12.4.2013, Übergabe am 16.5.2013 (im folgenden „Vorgang 2“);
Flurstück y4, 675 qm, Kaufpreis 64.125 EUR, Erwerber Y A und D A , Kaufvertrag vom 26.3.2013, Übergabe am Tag der Kaufpreiszahlung (im folgenden „Vorgang 3“);
Flurstücke y5 und y6, 364 qm, Kaufpreis 34.580 EUR, Erwerber D T , Kaufvertrag vom 29.5.2013, Übergabe am 31.7.2013 (im folgenden „Vorgang 4“);
Flurstück y7, 629 qm, Kaufpreis 60.455 EUR, Erwerber N X und R K , Kaufvertrag vom 21.5.2013, Übergabe am Tag der Kaufpreiszahlung (im folgenden „Vorgang 5“);
Flurstücke y8, y9, y10, y11, y12, y13, y14, y15, Kaufpreis 300.770 EUR, Erwerber E B und H L, Kaufvertrag vom 23.12.2013, Übergabe mit Zugang des Kaufpreises (im folgenden „Vorgang 6“).
Zu dem Verkauf der Erbbaugrundstücke erläuterte der Kläger in seinen Einkommensteuererklärungen 2013 und 2014 jeweils zur Anlage V – Erbbauzinsen, dass sich die Erbbauzinsen gemindert hätten, weil im Jahr 2013 der Verkaufserlös für 5 Erbbaugrundstücke in Höhe von insgesamt 250.645 EUR und im Jahr 2014 für ein weiteres Erbbaugrundstück ein Betrag in Höhe von 300.770 EUR vereinnahmt worden sei.
15Der Jahresabschluss zum 30.6.2012 listete bei den „Einlagen aus Privatvermögen“ ausschließlich Beträge auf mit der Bezeichnung „Sparkonto“ und „Erbbauzinsen“. Der Jahresabschluss zum 30.6.2013 führte für den Zeitraum 1.1.2013 bis 30.6.2013 unter dem Posten „Einlagen aus Privatvermögen“ u.a. der Betrag von 155.610 EUR mit der Bezeichnung „Verkauf Erbpachtgrundstück“ auf. Der Jahresabschluss zum 30.6.2014 weist „Einlagen“ in Höhe von 513.355,92 EUR und „Entnahmen“ in Höhe von 472.165,22 EUR aus.
16Am 28.7.2014 zeichnete der Bearbeiter beim Beklagten den ersten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 ab, welcher am 6.8.2014 erging und in dem – der Steuererklärung folgend – der Gewinn aus der Veräußerung der Erbbaurechtsgrundstücke nicht berücksichtigt war.
17Die Einkommensteuern für 2013 und 2014 wurden zunächst beide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt; die Bescheide erfassten die Veräußerungsgewinne aus den Erbbaurechtsgrundstücken nicht.
18Das beklagte Finanzamt erbat am 4.4.2016 und erhielt am 13.6.2016 eine Stellungnahme des …-Sachverständigen des Finanzamts D , in der dieser die veräußerten Erbbaurechtsgrundstücke als landwirtschaftliches Betriebsvermögen einordnete.
19Am 25.7.2017 ergingen daraufhin geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2012 bis 2014, in denen der Beklagte wegen der Veräußerung der Erbbaugrundstücke Veräußerungsgewinne berücksichtigte. Für das Jahr 2012, für den der letzte Einkommensteuerbescheid vom 6.8.2014 nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand, stützte er die Änderung verfahrensrechtlich auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO), für die beiden Folgejahre auf § 164 Abs. 2 AO. Die veräußerten Grundstücke seien land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen gewesen. Dabei ordnete der Beklagte die Veräußerungsvorgänge 1 bis 3 dem Wirtschaftsjahr 2012/2013 und die Veräußerungsvorgänge 4 bis 6 dem Wirtschaftsjahr 2013/2014 zu. Den Buchwert ermittelte er jeweils unter Ansatz von 11,76 €/qm, entsprechend der Feststellung eines erhöhten Teilwertes von 322.000 DM für 14.000 qm. Auf diese Weise errechnete er Veräußerungsgewinne für den Vorgang 1 von 43.867,48 EUR, für den Vorgang 2 von 36.292,64 EUR, für den Vorgang 3 von 56.187 EUR, für den Vorgang 4 von 30.299,36 EUR, für den Vorgang 5 von 53.057,96 EUR und für den Vorgang 6 von 263.537,84 EUR. Die Einkommensteuern für das Jahr 2012 erhöhten sich dadurch um rund 24 T€, für 2013 um rund 101 T€, für 2014 um rund 72 T€.
20Mit Einspruchsentscheidung vom 7.2.2018 wies der Beklagte den Einspruch zurück. Alle übertragenen Grundstücke hätten ursprünglich zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehört. Da an weniger als 10vH der Flächen Erbbaurechte bestellt worden seien, sei es hierdurch nicht zu einer Entnahme aus dem Betriebsvermögen gekommen. Dass die streitige Fläche zum Betriebsvermögen gehört habe, ergebe sich ferner aus entsprechenden Einheitsbewertungen und daraus, dass am 12.7.1979 dem Antrag auf Feststellung des Teilwerts für Grund und Boden auf den 1.7.1970 nach § 55 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entsprochen worden sei; diese Teilwertfeststellung habe nur für betriebliches Vermögen durchgeführt werden können. Der Kläger habe die streitgegenständlichen Grundstücke vor ihrer Veräußerung nicht aus dem Betriebsvermögen entnommen. Der Erlass des BMF vom 15.3.1979, welcher mit Erlass vom 20.3.1998 aufgehoben worden sei, enthalte nach dem BFH-Urteil vom 7.11.1996 IV R 69/95 keine Rechtsgrundlage für eine lediglich durch Nutzungsänderung bewirkte Entnahme von Grundstücken aus dem Betriebsvermögen. Dass der Kläger die Grundstücke im Rahmen seiner Buchführung nach § 4 Abs. 1 EStG nicht im Inventarverzeichnis aufgeführt habe, habe keine Auswirkung auf die Zuordnung zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehabt.
21Der zuständige Sachbearbeiter habe erst mit dem Sachverständigengutachten vom 13.6.2016 Kenntnis davon erlangt, dass die Grundstücke zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörten. Die Verträge, aus denen hervorgehe, dass die Flächen zum gewillkürten Betriebsvermögen des 1971 übertragenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes gehört hatten, seien dem zuständigen Veranlagungsbezirk erst am 4.5.2017 zugegangen. Einer Änderung wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsachen stehe auch der Grundsatz von Treu und Glauben nicht entgegen, weil die finanzbehördliche Ermittlungspflicht nicht verletzt sei.
22Eine Billigkeitsmaßnahme nach dem BMF-Erlass vom 20.3.1998 komme nicht in Betracht. Der Kläger habe gegenüber dem Finanzamt bis zum 31.12.1998 keine eindeutige und zweifelsfreie Erklärung abgegeben, dass die Grundstücke mit der Nutzungsänderung entnommen worden seien. Pachteinnahmen als solche aus Vermietung und Verpachtung zu erklären, reiche nicht aus.
23Im Klageverfahren geht der Kläger ebenfalls davon aus, dass die streitgegenständlichen Grundstücke ursprünglich zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörten. Im Veräußerungszeitpunkt habe es sich indes um Privatvermögen gehandelt. Infolge der Bestellung der Erbbaurechte und der damaligen Erlasslage seien die Grundstücke bereits 1976 ins Privatvermögen überführt worden. Die Bestellung der Erbbaurechte sei eine Nutzungsänderung vor dem 1.7.1979 gewesen, die nach dem BMF-Schreiben vom 15.3.1979 (BStBl. 1979 I, S. 162) bei nicht buchführenden Betrieben zu einer Entnahme ohne Gewinnrealisierung geführt habe. Diese Rechtsauffassung habe die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 28.7.1983 (BStBl. 1983 II, S. 383) bestätigt.
24Bei einer Prüfung des klägerischen Betriebes durch den Sachgebietsleiter des Sachverständigen F und den Sachverständigen E seien im Jahr 1981, in dem man sich üblicherweise mit den steuerlichen Auswirkungen der vorgenannten BMF-Schreiben für den jeweils geprüften Betrieb (Zuordnung von Grundstücken zum Betriebs- bzw. Privatvermögen) befasst habe, keine Feststellungen dahingehend getroffen worden, dass die streitgegenständlichen Grundstücke weiterhin zum Betriebsvermögen gehört hätten.
25Das Inventarverzeichnis zum 1.7.1988 bzw. 1.7.1989 enthalte für Grund und Boden einen Bilanzansatz von 611.853 DM, der anlässlich der Veräußerungsvorgänge in den Jahren 1992/93 auf 78.753 DM korrigiert worden sei. In dieser Anfangsbilanz beim Übergang zur Buchführung seien die Erbbaugrundstücke nicht als Betriebsvermögen ausgewiesen worden; angesichts des damals bereits festgestellten höheren Teilwertes von insgesamt 322.000 DM für das Flurstück y1 wäre der Wert sonst höher ausgefallen. Das habe das Finanzamt aus den eingereichten Jahresabschlüssen erkennen können. Die Finanzverwaltung habe diese Werte nie korrigiert, insbesondere nicht um die im höheren Teilwert festgestellten Werte für die Erbbaurechtsgrundstücke. Durch die Nichterfassung der streitgegenständlichen Grundstücke im Inventarverzeichnis habe man gezeigt, dass sie entnommen worden seien.
26Im Übrigen verweist der Kläger darauf, dass die Einnahmen aus den Erbbaurechten stets bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt worden seien. Die früheren Veräußerungs- und Übertragungsvorgänge, insbesondere im Zuge des Scheidungsverfahrens, hätten nie zu einer Besteuerung geführt. Das Finanzamt sei stets davon ausgegangen, dass es sich um Privatvermögen gehandelt habe.
27Verfahrensrechtlich ist der Kläger der Ansicht, dass der Beklagte nicht befugt gewesen sei, die vorbehaltlos festgesetzte Einkommensteuer 2012 wegen des nachträglichen Bekanntwerdens von Tatsachen bzw. Beweismitteln zu ändern. Dem stehe der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen. Aus der Einkommensteuererklärung 2012/2013 sei eindeutig erkennbar gewesen, dass Grundstücke veräußert worden seien und der Veräußerungserlös dem privaten Bereich zugeordnet worden sei. Das beklagte Finanzamt habe es pflichtwidrig unterlassen, durch Rückfrage sofort den zugrunde liegenden Sachverhalt zu klären. Es hätte es durch organisatorische Maßnahmen auch sicherstellen können, dass das für die Einheitsbewertung zuständige Finanzamt M die notariellen Veräußerungsanzeigen weiterleitet. Erfahrungsgemäß frage das Finanzamt bei wesentlich unbedeutenderen Sachverhalten nach. Er, der Kläger, habe davon ausgehen dürfen, dass die von ihm vorgenommene Zuordnung unverändert fortbestehe, nachdem eine vorgesehene Betriebsprüfung sich mit dem gesamten Akteninhalt befasst und den Betrieb nicht als prüfungswürdig angesehen habe. Üblicherweise würden bei der Prüfungsvorbereitung die Frage der Zuordnung zwischen Betriebs- und Privatvermögen untersucht.
28Der Kläger beantragt,
29die geänderten Einkommensteuerbescheide 2012, 2013 und 2014 vom 25.7.2017, alle in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 7.2.2018, aufzuheben.
30Der Beklagte beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Zur Begründung bezieht er sich auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt er vor, dass zum 20.11.2009 für die Bearbeitung der Einkommensteuer ein Zuständigkeitswechsel vom Finanzamt M zum Finanzamt C stattgefunden habe, so dass die Tatsachen dem Finanzamt C bei der Bearbeitung des Veranlagungsjahres 2012 im Kalenderjahr 2014 nicht bekannt gewesen seien. Aus den Einheitswertmitteilungen betreffend die Erbbaugrundstücke, könne man nicht ohne weiteres erkennen, ob es sich um Privat- oder Betriebsvermögen handele, so dass das Finanzamt C zunächst von einer richtigen Bilanzierung ausgegangen sei und weitere Sachverhaltsermittlungen nicht vorgenommen habe. Erst mit dem Sachverständigengutachten aus dem Jahr 2016 seien dem zuständigen Veranlagungsbezirk die neuen Tatsachen bekannt geworden.
33Am 19.4.2018 hat ein Erörterungstermin vor der Berichterstatterin stattgefunden, und am 9.4.2019 die mündliche Verhandlung vor dem Senat. Auf die jeweiligen Protokolle wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
34Entscheidungsgründe
35Die Klage ist unbegründet.
36Die geänderten Einkommensteuerbescheide 2012, 2013 und 2014 vom 25.7.2017, alle in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 7.2.2018, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
37Die streitgegenständlichen Grundstücke gehörten im Zeitpunkt ihrer Veräußerung weiterhin zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen des Klägers.
38Dass die Grundstücke, als er sie von seinem Vater im Jahr 1971 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erhielt, zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen des Klägers gehörten, steht zur Überzeugung des Senats fest. Die Zurückhaltung der Baulandflächen führte beim Vater nicht zu einer Zwangsentnahme, weil die Betriebsfortführung, wenn auch in verkleinerter Form, möglich war (vgl. BFH-Urteil vom 29.10.1992 IV R 117/91, BFH/NV 1994, 533).
39Die streitgegenständlichen Grundstücke sind vor ihrer Veräußerung nicht ins Privatvermögen überführt worden.
40Eine Entnahme unter dem Regime des BMF-Schreibens vom 15.3.1979, IV B 2 – S 2135 – 279, BStBl. I 1979, S. 162, ist im Streitfall nicht gegeben. Nach diesem BMF-Schreiben sollte bei Betrieben, die ihren Gewinn nach § 13 a EStG, durch Vollschätzung oder nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelten, bei einer Änderung der Nutzung vor dem 1.7.1979, die dazu führte, dass ein Wirtschaftsgut nicht mehr notwendiges Betriebsvermögen darstellte, eine steuerfreie Entnahme möglich sein. Das BMF-Schreiben vom 15.03.1979 ist indes für das Gericht nicht verbindlich; es gibt die Rechtsprechung nicht zutreffend wieder (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 7.11.1996, IV R 69/95, BStBl. II 1997, 245) und dementsprechend aufgehoben worden (BMF-Schreiben vom 20.3.1998 IV B 2 – S 2135 – 4/98, BStBl. 1998, S. 356). Um sich aus Vertrauensschutzgründen auf das Schreiben vom 15.3.1979 berufen zu können, hätte der Kläger bis zum Ablauf des Jahres 1998 gegenüber dem Finanzamt in schriftlicher Form eine entsprechende Klarstellung abgeben müssen (BMF-Schreiben vom 20.3.1998 IV B2 – S 2135 – 4/98). Das ist im Streitfall unterblieben.
41Auch eine anderweitige Überführung der streitgegenständlichen Grundstücke ins Privatvermögen in der Zeit vor ihrer Veräußerung konnte der Senat nicht feststellen.
42Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens verlieren diese Eigenschaft nur durch eine Auflösung des sachlichen oder persönlichen Zusammenhangs mit dem Betrieb (BFH-Urteil vom 31.1.1985 IV R 130/82, BFHE 143, 335, BStBl II 1985, 395). Der sachliche betriebliche Zusammenhang wird --bei unveränderter subjektiver Zurechnung des Wirtschaftsguts-- durch eine Entnahme gelöst, die einen Entnahmewillen und eine Entnahmehandlung erfordert. Es muss sich um ein Verhalten handeln, das nach außen den Willen des Steuerpflichtigen erkennen lässt, ein Wirtschaftsgut nicht (mehr) für betriebliche Zwecke im betrieblichen Bereich, sondern für private Zwecke im privaten Bereich zu nutzen, also es nicht mehr zur Erzielung von Betriebseinnahmen, sondern von Privateinnahmen (z.B. aus Vermietung und Verpachtung) oder zu einkommensteuerrechtlich irrelevanten Zwecken einzusetzen (vgl. BFH-Urteil vom 14.5.2009 IV R 44/06, BFHE 225, 367).
43Eine Entnahmeerklärung kann auch in einem schlüssigen Verhalten liegen, durch das die Verknüpfung des Wirtschaftsguts mit dem Betriebsvermögen erkennbar gelöst wird. Sie muss jedoch unmissverständlich und von einem entsprechenden Entnahmewillen getragen sein (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 7.2.2002 IV R 32/01, BFH/NV 2002, 1135, m.w.N.). Dazu muss der Steuerpflichtige die sich aus der Entnahme ergebenden Folgerungen ziehen und regelmäßig den Gewinn aus der Entnahme des Grund und Bodens erklären (BFH-Urteil vom 21.8.1996 X R 78/93, BFH/NV 1997, 226; BFH-Beschluss vom 4.6.2007 IV B 88/06, BFH/NV 2007, 2088). Eine Erklärung der Einkünfte als solche aus Vermietung und Verpachtung genügt in der Regel nicht, weil es sich dabei nicht um eine unmissverständliche Kundgabe eines Entnahmewillens, sondern ggf. um eine objektiv unrichtige Einkommensteuererklärung handelt (BFH-Urteil vom 7.2.2002 IV R 32/01, BFH/NV 2002, 1135). Die bisherige Nutzung muss sich auf Dauer so ändern, dass das Grundstück seine Beziehung zum Betrieb verliert und dadurch zu notwendigem Privatvermögen wird (vgl. BFH-Urteil vom 14. Februar 2008 IV R 44/05, BFH/NV 2008, 1156). Dies gilt gleichermaßen für buchführende und nichtbuchführende Landwirte (BFH-Urteil vom 4.11.1982, IV R 159/79, BFHE 137, 294).
44Durch eine Nutzungsänderung ohne Entnahmeerklärung verlieren ursprünglich landwirtschaftlich genutzte Grundstücke nach ständiger Rechtsprechung ihre Eigenschaft als landwirtschaftliches Betriebsvermögen nur, wenn eine eindeutige Entnahmehandlung vorliegt. Grundstücke im Betriebsvermögen bleiben Betriebsvermögen, sofern nicht die Nutzungsänderung einen Umfang annimmt, durch den sich der Charakter des landwirtschaftlichen Betriebes derart verändert, dass die Vermögensverwaltung die landwirtschaftliche Betätigung verdrängt. Als unschädlich hat der BFH die Bestellung einer Vielzahl von Erbbaurechten angesehen, wenn die endgültige Nutzungsänderung einen Umfang von weniger als 10 % der landwirtschaftlichen Flächen betraf, auch wenn die Erträge aus der Vermögensverwaltung die land- und forstwirtschaftlichen Einkünfte überwogen (BFH-Urteile vom 10.12.1992 IV R 115/91, BFHE 170, 141, BStBl II 1993, 342 und vom 14.5.2009 IV R 44/06, BFHE 225, 367).
45Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat der für das Vorliegen einer Entnahme darlegungs- und beweispflichtige Kläger die streitgegenständlichen Grundstücke vor ihrer Veräußerung nicht aus dem Betriebsvermögen entnommen.
46Die Bestellung der Erbbaurechte stellt keine Entnahme durch Nutzungsänderung dar. Da sie unstreitig weniger als 10vH der damaligen landwirtschaftlichen Flächen betraf, veränderte sich der Charakter des landwirtschaftlichen Betriebes durch die Bestellung der Erbbaurechte nicht derart, dass eine Vermögensverwaltung die landwirtschaftliche Betätigung verdrängt hätte. Die Grenze für eine Fortführung der belasteten Grundstücke als Betriebsvermögen wurde im Streitfall gewahrt.
47Die Bestellung der Erbbaurechte ist auch nicht aus anderen Gründen als Entnahme zu werten. Insbesondere fehlt es an einer eindeutigen Entnahmehandlung. Anders als in den von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen, in denen der Steuerpflichtige durch die ausdrückliche Zuordnung von auf einem landwirtschaftlichen Grundstück errichteten Gebäuden zum Privatvermögen eine unmissverständliche Entnahmehandlung in Bezug auf die Grundstücke getätigt hatte (vgl. BFH-Urteil vom 14.5.2009 IV R 44/06, BFHE 225, 367), waren im Streitfall die mit den Erbbaurecht belasteten Grundstücke sämtlich unbebaut. Dementsprechend stand dem Kläger eine Zuordnung von Gebäuden zum Privatvermögen nicht offen.
48Auch aus dem Umstand, dass der Kläger die Grundstücke in seiner ersten Bilanz und in den Inventarverzeichnissen nicht aufführte und die vereinnahmten Erbbauzinsen durchgängig nicht als Einkünfte aus der Landwirtschaft, sondern als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in seinen Steuererklärungen angab, folgt keine Entnahme im steuerlichen Sinne. Denn dieses Verhalten lässt nicht den Schluss zu, dass der Kläger dabei in unmissverständlicher Weise einen Entnahmewillen kundgetan hätte, zumal er zu keinem Zeitpunkt in seinen Gewinnermittlungen alle naheliegenden steuerlichen Folgen aus einer Entnahme gezogen hat. Er hat gegenüber der Finanzverwaltung weder innerhalb seiner Gewinnermittlungen noch erläuternd dargelegt, dass die streitgegenständlichen Grundstücke durch einen bestimmten Akt ins Privatvermögen überführt werden sollten, sondern hat sie schlicht als Privatvermögen behandelt. Damit hat er lediglich kundgetan, dass die fraglichen Flächen nach seiner Auffassung im Zeitpunkt der jeweiligen Rechnungslegung bzw. Steuererklärung bereits zum Privatvermögen gehörten.
49Der Höhe nach ist die vom Beklagten vorgenommene Ermittlung des Veräußerungsgewinns nicht zu beanstanden. Er hat den jeweiligen Veräußerungspreis gemindert um den Wert der jeweiligen Grundstücke, der ihnen nach auf den 1.7.1970 festgesetzten höheren Teilwert von 11,76 EUR/qm zukam. Der Kläger hat gegen die Höhe der angesetzten Veräußerungsgewinne auch keine Einwendungen vorgebracht.
50Verfahrensrechtlich durften die Einkommensteuerbescheide 2012, 2013 und 2014 durch den Beklagten noch geändert werden.
51Die letzten Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 standen noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung; eine Änderung war nach § 164 Abs. 2 AO möglich.
52Den Einkommensteuerbescheid 2012 vom 6.8.2014 hatte der Beklagte nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zu ändern.
53Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Tatsache im Sinne der Norm ist, was Merkmal oder Teilstück eines gesetzlichen Tatbestands sein kann, also Zustände, Vorgänge, Beziehungen, Eigenschaften materieller oder immaterieller Art (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 26.2.2009 II R 4/08, BFH/NV 2009, 1599, m.w.N.). Eine Tatsache ist nachträglich bekannt geworden, wenn sie das Finanzamt bei Erlass des Steuerbescheides noch nicht kannte (z.B. BFH-Urteil vom 13.1.2011 VI R 61/09, BFHE 232, 5). Maßgeblicher Zeitpunkt für den Kenntnisstand ist die abschließende Zeichnung des für die Steuerfestsetzung zuständigen Beamten (BFH-Urteil vom 27.11.2001 VIII R 3/01, BFH/NV 2002, 473). Insoweit gilt der Inhalt der in der zuständigen Dienststelle geführten Steuerakten als bekannt, ohne dass es auf die individuelle Kenntnis des jeweiligen Bearbeiters ankommt (BFH-Beschluss vom 14. 5.2013 X B 33/13, BFHE 241, 9; BFH-Urteil vom 3.5.1991 V R 36/90, BFH/NV 1992, 221, m.w.N.). Bei Tatsachen, die sich nicht aus den Akten ergeben, ist hingegen die positive Kenntnis des zuständigen Bearbeiters erforderlich; ein Kennenmüssen reicht hier nicht aus (z.B. BFH-Beschluss vom 14. 5.2013 X B 33/13, BFHE 241, 9; BFH-Urteil vom 21.2.2017 VIII R 46/13, BFHE 257, 198, m.w.N.) Im Streitfall sind dem Beklagten erst im Jahr 2016, nach der Zeichnung des ursprünglichen Einkommensteuerbescheides 2012, die am 28.7.2014 erfolgte, durch das Gutachten des Sachverständigen die Umstände bekannt geworden, aus denen sich die fortbestehende Zugehörigkeit der streitgegenständlichen Grundstücke zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen ergab. Dem Beklagten ist insoweit nicht nur eine rechtliche Wertung nachträglich bekannt geworden, sondern zugleich der dieser Wertung zugrunde liegende Lebenssachverhalt, nämlich die gesamte Historie der streitgegenständlichen Grundstücke, ihre Herkunft und ihre auch ihre grundbuchrechtliche Entwicklung im Einzelnen. Diese Umstände ergaben sich – auch angesichts des Zuständigkeitswechsels vom Finanzamt M zum 20.11.2009 – nicht aus den beim beklagten Finanzamt C geführten Akten; dass sie dem zuständigen Bearbeiter nicht positiv bekannt waren, folgt bereits aus dem Umstand, dass bei der Bearbeitung der nachfolgenden Steuererklärungen der Sachverständige mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt wurde.
54Die nachträglich gewordenen Tatsachen waren für die höhere Steuer erheblich, weil der Beklagte bei rechtszeitiger Kenntnis der Umstände die Veräußerungsgewinne bei der Ermittlung der Einkünfte aus Landwirtschaft bereits gewinnerhöhend angesetzt hätte.
55Eine Änderung des Einkommensteuerbescheides 2012 war nicht nach Treu und Glauben ausgeschlossen.
56Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist eine Änderung eines Bescheids nach Treu und Glauben ausgeschlossen, wenn die neue Tatsache dem FA bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Ermittlungspflicht (§ 88 AO) nicht verborgen geblieben wäre. Das Finanzamt braucht allerdings eindeutigen Steuererklärungen nicht mit Misstrauen zu begegnen und kann regelmäßig von deren Richtigkeit und Vollständigkeit ausgehen. Nur wenn sich Unklarheiten oder Zweifelsfragen aufdrängen, ist das Finanzamt zu Ermittlungen verpflichtet. Andererseits muss aber auch der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten (§ 90 AO) erfüllt haben. Haben es sowohl der Steuerpflichtige als auch das FA versäumt, den Sachverhalt aufzuklären, trifft in der Regel den Steuerpflichtigen die Verantwortung, mit der Folge, dass der Steuerbescheid geändert werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 25.1.2017 I R 70/15, BFHE 257, 66, m.w.N.).
57Im Streitfall hat der Kläger über Jahre in sich schlüssige Steuererklärungen unter Mitwirkung seines Steuerberaters abgegeben, in denen er die Einkünfte aus den Erbbaurechten jeweils den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuordnete. Die streitgegenständlichen Grundstücke waren in seinen Inventarverzeichnissen nicht aufgeführt; im Jahresabschluss zum 30.6.2013 waren Einlagen aus Privatvermögen mit dem Zusatz „Verkauf Erbpachtgrundstück“ genannt. Auch angesichts der grundbuchrechtlich komplizierten Entwicklungen und der zwischenzeitlichen Veräußerungs- und Übertragungsvorgänge musste der Beklagte nicht aus der ihm nicht vorliegenden, von einem anderen Finanzamt im Jahr 1979 getroffenen Feststellung auf den Zeitpunkt 1.7.1970 positiv erkennen, dass im Veranlagungszeitraum landwirtschaftliches Betriebsvermögen veräußert worden war. Auch die notariellen Veräußerungsanzeigen bzw. die Einheitswertermittlungen ließen nicht ohne weiteres den Schluss zu, dass die veräußerten Erbbaurechtsgrundstücke zum Betriebsvermögen gehörten. Im Übrigen muss das Finanzamt nicht jeder theoretischen Möglichkeit nachgehen, sondern nur sich aufdrängenden Zweifeln, die im Streitfall nicht gegeben waren.
58Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 AO.