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Der Körperschaftsteuerbescheid vom 2.7.2015 für 2011 sowie der Gewerbesteuermessbescheid vom 23.6.2015 für 2011, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 18.11.2016, werden entsprechend den Urteilsgründen geändert. Der Beklagte hat die festzusetzenden Beträge zu errechnen und das Ergebnis der Neuberechnung mitzuteilen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über verdeckte Gewinnausschüttungen aufgrund von Forderungsberichtigungen von Darlehen in den Streitjahren 2010 und 2011.
3Die Klägerin ist eine mit Gesellschaftsvertrag vom 10.3.2010 gegründete GmbH, deren Unternehmensgegenstand ... ist. Alleiniger Gesellschafter ist Herr A. X.. Der Sitz der Gesellschaft ist in C., wobei die Gesellschaft ihren Sitz zwischenzeitlich nach ... D. verlegt (Eintragung im Handelsregister am 5.9.2011) und danach wieder nach C. zurückverlegt hatte (Eintragung im Handelsregister des Amtsgerichts C. unter HRB 00001 am 10.7.2014).
4Geschäftsführer der Klägerin waren nach ihrer Gründung zunächst allein Herr B. X., ab dem 14.10.2010 (Datum der Eintragung im Handelsregister) allein Herr A. X..
5Die Klägerin ermittelte ihren Gewinn durch Bestandsvergleich gemäß §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG –. Zum 1.3.2010 erstellte sie eine Eröffnungsbilanz. Darin waren lediglich der Kassenbestand, das gezeichnete Kapital und ausstehende Einlagen erfasst. Zum 31.12.2010 ermittelte die Klägerin einen Jahresüberschuss von 2.423,02 €, zum 31.12.2011 einen Jahresfehlbetrag von 34.445,49 €.
6In der Bilanz zum 31.12.2010 waren Forderungen i.H.v. 168.518,55 € ausgewiesen, in der Bilanz zum 31.12.2011 Forderungen i.H.v. 159.314,87 €. Die in den Jahresabschlüssen der Klägerin enthaltenen Kontennachweise zu den Bilanzen enthielten u.a. folgende Angaben:
7Kto. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände 31.12.2010 31.12.2011
81505 Darlehen X. L. GmbH 68.689,99 0,00
91506 B. X. 5.000,00 0,00
101507 Forderung gg. M. GmbH & Co. KG 16.262,40 0,00
11In der Gewinn- und Verlustrechnung zum 31.12.2010 waren sonstige betriebliche Aufwendungen i.H.v. 381.271,39 € ausgewiesen, in der Gewinn- und Verlustrechnung zum 31.12.2011 i.H.v. 973.705,44 €. Die in den Jahresabschlüssen enthaltenen Kontennachweise zu den Gewinn- und Verlustrechnungen enthielten u.a. die folgenden Angaben:
12Kto. sonstige betriebliche Aufwendungen 31.12.2010 31.12.2011
132400 Forderungsverluste 95.189,99 145.906,48
14Der Anhang zum Jahresabschluss 2011 der Klägerin enthielt unter C. (Erläuterungen zur Bilanz) folgende Ausführungen:
15„Im Berichtsjahr wurden folgende aktivische Verrechnungskonten jeweils in voller Höhe ausgebucht:
161. Firma X. L. Handelsgesellschaft mbH, € 105.184,46
17C. (Insolvenzverfahren läuft)
182. Herrn B. X., C. € 22.013,57
19(Privatinsolvenzverfahren läuft)
203. X. N. GmbH & Co.KG, C. € 18.708,45
21Die Summe der Forderungsausfälle im Berichtsjahr beträgt € 145.906,48.“
22Im Anhang zum Jahresabschluss 2010 waren vergleichbare Ausführungen zur Ausbuchung von Verrechnungskonten nicht enthalten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Jahresabschlüsse zum 31.12.2010 und 2011 verwiesen.
23Die Klägerin reichte beim Finanzamt neben ihren Jahresabschlüssen auch Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärungen für die Streitjahre ein. Der Beklagte veranlagte die Klägerin mit Bescheid vom 10.8.2011 für 2010 erklärungsgemäß zur Körperschaftsteuer und in derselben Weise auch zum Gewerbesteuermessbetrag. Die Bescheide ergingen ohne Vorbehalt der Nachprüfung und wurden bestandskräftig. Für das Streitjahr 2011 führte das örtlich zuständige Finanzamt E. die Veranlagungen durch, und zwar ebenfalls erklärungsgemäß durch Bescheide vom 12.2.2013. Auch diese Bescheide ergingen ohne Vorbehalt der Nachprüfung und wurden bestandskräftig.
24Den in den Jahresabschlüssen ausgewiesenen Forderungsverlusten lag folgender Sachverhalt zugrunde:
25Die X. L. Handelsgesellschaft mbH (im Folgenden: „X-GmbH“) ist eine mit Gesellschaftsvertrag vom 17.9.1984 gegründete und im Handelsregister des Amtsgerichts C. unter HRB 0002 eingetragene GmbH. Alleiniger Gesellschafter war Herr A. X., alleiniger Geschäftsführer in den Streitjahren Herr B. X.. Die X-GmbH stellte am 31.1.2011 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Durch Beschluss des Amtsgerichts F. vom 11.2.2011 (Az. ... IN .../11) wurde ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und zusätzlich angeordnet, dass Verfügungen der Gesellschaft nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam waren. Im Sachverständigengutachten vom 25.3.2011 führte der vorläufige Insolvenzverwalter aus (Seite 8, 9), nach den Angaben des Geschäftsführers sei es bei der X-GmbH im dritten Quartal 2010 zu einem „dramatischen Umsatzeinbruch“ gekommen, weil ein Hauptauftraggeber die Vertragsbeziehungen fristlos gekündigt habe. Der damit verbundene Umsatzrückgang von rund 60 % habe angabegemäß nicht mehr kompensiert werden können. Der Geschäftsbetrieb sei bereits im dritten Quartal 2010 weitestgehend zum Erliegen gekommen. Ein weiterer Grund für die jetzt eingetretene Insolvenz seien die Forderungen der X-GmbH gegenüber dem Gesellschafter, dessen nahen Angehörigen und verbundenen Unternehmen gewesen. Die Gesamtforderungen der X-GmbH (per 31.12.2008: 3.518.533,76 €) hätten nicht mehr zum Ausgleich gebracht werden können. Weiter führte der vorläufige Insolvenzverwalter auf Seite 19 des Gutachtens aus, vor diesem Hintergrund müsse die Werthaltigkeit des Forderungsbestandes der X-GmbH infrage gestellt werden, wobei er für die Fragestellung der Überschuldung dem Forderungsbestand der X-GmbH „allenfalls einen werthaltigen Anteil von 20 %“ zumesse. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten vom 25.3.2011 verwiesen. Durch Beschluss des Amtsgerichts F. vom 25.3.2011 wurde über das Vermögen der X-GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Insolvenzverfahren wurde durch Beschluss vom 10.9.2018 aufgehoben.
26Das Darlehenskonto der X-GmbH bei der Klägerin (Kto. 1505) entwickelte sich im Streitjahr 2010 wie folgt:
27Datum |
Buchungstext |
Soll |
Haben |
|
25.03.2010 |
Einlage gezahlt von X-GmbH |
12.500,00 |
||
06.05.2010 |
Überweisung |
12.000,00 |
||
21.05.2010 |
Umbuchung |
496,73 |
||
11.06.2010 |
Überweisung |
59.489,03 |
||
11.06.2010 |
a.Storno: Überweisung |
-59.489,03 |
||
11.06.2010 |
Überweisung |
58.375,19 |
||
11.06.2010 |
ZE ... |
1.113,84 |
||
24.06.2010 |
Überweisung |
20.000,00 |
||
30.06.2010 |
ZA ... DBV Vers. S.X. |
40,00 |
||
08.07.2010 |
Überweisung |
27.000,00 |
||
29.07.2010 |
ZE S. X. Telefongeb. |
60,00 |
||
31.07.2010 |
ZA Debeka ... S.X. |
106,92 |
||
31.07.2010 |
ZA DBV ..., S.X. 07/ |
40,00 |
||
12.08.2010 |
ZA ... |
573,08 |
||
12.08.2010 |
ZA ... |
377,56 |
||
12.08.2010 |
ZA ... Gehalt 07/ |
1.737,39 |
||
12.08.2010 |
ZA ... |
3.480,75 |
||
31.08.2010 |
ZA 02.08. Debeka S.X. LV |
106,92 |
||
31.08.2010 |
ZA 03.08 DBV Vers. S.X. |
40,00 |
||
31.08.2010 |
ZA 12.08. ... Abschla |
1.000,00 |
||
10.09.2010 |
Überweisung |
26.000,00 |
||
10.09.2010 |
ZA Berufsgen. Säumnisgeb. KG |
110,50 |
||
30.09.2010 |
Generalumkehr |
-110,50 |
||
30.09.2010 |
ZA 01.09. Debeka S.X. LV |
106,92 |
||
30.09.2010 |
ZA 02.09. DBV Vers. S.X. |
40,00 |
||
30.09.2010 |
Debeka S.X. Bel |
534,60 |
||
30.09.2010 |
[ohne Text] |
110,50 |
||
Zwischensumme bis 30.9.2010 |
150.685,80 |
15.154,60 |
135.531,20 |
|
07.10.2010 |
ZA AOK |
15.000,00 |
||
07.10.2010 |
Umbuchung |
300,00 |
||
28.10.2010 |
ZA Zinsen/Säumnisgeb. Ust 200 |
2.567,50 |
||
28.10.2010 |
ZA FA Aussetzungszinsen 2003-2 |
197,00 |
||
28.10.2010 |
ZA FA LSt.07/Rest |
21.098,80 |
||
28.10.2010 |
ZA FA LSt.07/Säumnisgeb. |
343,50 |
||
28.10.2010 |
ZA ... |
469,57 |
||
28.10.2010 |
ZA ... |
1.600,94 |
||
28.10.2010 |
ZA ... |
2.800,65 |
||
31.10.2010 |
ZA 04.10. DBV Vers./S.X. |
40,00 |
||
31.10.2010 |
ZA 25.10. S.X. Gehalt 09/ |
1.153,46 |
||
31.10.2010 |
ZA 21.10. ... 09/ |
200,00 |
||
22.11.2010 |
ZA ... Lohn 10/ |
344,28 |
||
30.11.2010 |
ZA 02.11 DBV Vers./S.X. |
40,00 |
||
30.11.2010 |
ZA 09.11 ... Auslöse 10/ |
300,00 |
||
23.12.2010 |
Auszahlung |
5.000,00 |
||
Zwischensumme vor EWB |
200.108,04 |
17.188,06 |
182.919,98 |
|
31.12.2010 |
EWB 50% wg.InsO O.-GmbH |
95.189,99 |
||
31.12.2010 |
Auszahlung B. |
5.000,00 |
||
31.12.2010 |
Miete MV 06-12.2010 |
14.000,00 |
||
31.12.2010 |
ZA 02.12. DBV Vers. S.X. |
40,00 |
||
Gesamtsumme |
200.108,04 |
131.418,05 |
68.689,99 |
|
Summe 1.10. bis 31.12.2010 ohne EWB |
49.422,24 |
Bei der Einzelwertberichtigung „EWB 50% wg.InsO O.-GmbH“ vom 31.12.2010 in Höhe von 95.189,99 € handelte es sich um einen Wert von 52,03914 % im Vergleich zum Stand des Darlehenskontos zu diesem Zeitpunkt (182.919,98 €).
29Im Streitjahr 2011 entwickelte sich das Darlehenskonto der X-GmbH bei der Klägerin wie folgt:
30Datum |
Buchungstext |
Soll |
Haben |
|||
01.01.2011 |
EB-Wert |
68.689,99 |
0,00 |
|||
01.01.2011 |
ZA GA ... |
500,00 |
0,00 |
|||
06.01.2011 |
Auszahlung |
2.000,00 |
0,00 |
|||
06.01.2011 |
ZA ... Abschla.g 11/ |
1.000,00 |
0,00 |
|||
14.01.2011 |
Barauszahlung |
5.000,00 |
0,00 |
|||
14.01.2011 |
ZA Metro |
385,34 |
0,00 |
|||
14.01.2011 |
ZA Westfalen AG |
2.500,00 |
0,00 |
|||
17.01.2011 |
ZA Hornbach |
505,53 |
0,00 |
|||
20.01.2011 |
ZA ... Vorlage Auslö |
2.000,00 |
0,00 |
|||
21.01.2011 |
ZA ... 2011-0616 |
7.245,60 |
0,00 |
|||
24.01.2011 |
Barabholung ... |
600,00 |
0,00 |
|||
24.01.2011 |
ZA Vodafone ... |
44,60 |
0,00 |
|||
24.01.2011 |
ZA ... |
165,90 |
0,00 |
|||
24.01.2011 |
ZA ... |
165,80 |
0,00 |
|||
25.01.2011 |
ZA ...t |
200,00 |
0,00 |
|||
27.01.2011 |
Barauszahlung |
500,00 |
0,00 |
|||
28.01.2011 |
Barauszahlung |
200,00 |
0,00 |
|||
02.02.2011 |
Barauszahlung |
6.500,00 |
0,00 |
|||
03.02.2011 |
ZA ... Rest 11/2010 |
657,72 |
0,00 |
|||
03.02.2011 |
ZA ... Abschlag 12/2010 |
342,28 |
0,00 |
|||
03.02.2011 |
ZA ... X. 11/2010 |
1.893,88 |
0,00 |
|||
11.02.2011 |
ZA ... |
24,55 |
0,00 |
|||
11.02.2011 |
ZA ... |
21,42 |
0,00 |
|||
03.03.2011 |
ZA AXA / ... |
75,03 |
0,00 |
|||
15.04.2011 |
ZA AXA / versch. Kfz.-Versiche |
1.510,17 |
0,00 |
|||
20.04.2011 |
ZE ... |
0,00 |
104,00 |
|||
06.07.2011 |
KST VZ ... |
132,93 |
0,00 |
|||
18.11.2011 |
... |
2.427,72 |
0,00 |
|||
31.12.2011 |
Forderungsausfall 100 % wg. INSO |
0,00 |
105.184,46 |
|||
Summe |
105.288,46 |
105.288,46 |
||||
Summe ohne Übertrag aus 2010 |
36.598,47 |
Bei der in den Jahresabschlüssen der Klägerin so bezeichneten „M. GmbH & Co. KG“ handelt es sich um die mit Gesellschaftsvertrag vom 5.4.1999 gegründete und im Handelsregister des Amtsgerichts C. unter HRA 0003 eingetragene X. L. GmbH & Co. ... KG (im Folgenden: „X-KG“). Persönlich haftende Gesellschafterin war in den Streitjahren die X. GmbH (eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts C. unter HRB 0004). Alleiniger Kommanditist und Inhaber des insgesamt 50.000 DM betragenden Festkapitals war Herr A. X.. Der Beklagte stellte mit Schreiben vom 21.10.2010 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der X-KG. Durch Beschluss des Amtsgerichts F. vom 10.1.2011 (Az. ... IN .../10) wurde ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und zusätzlich angeordnet, dass Verfügungen der Gesellschaft nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam waren. Im Sachverständigengutachten vom 1.7.2011 führte der vorläufige Insolvenzverwalter aus (Seite 19, 20), dass bereits im ersten Quartal 2009 der einzige Auftraggeber der X-KG weggebrochen sei. Ausweislich eines Gesellschafterversammlungsprotokolls sei die sofortige Betriebseinstellung beschlossen worden. Jedoch sei erst am 21.10.2010 der Insolvenzantrag gestellt worden, und zwar durch die Finanzverwaltung. Durch Beschluss des Amtsgerichts F. vom 8.7.2011 wurde über das Vermögen der X-KG das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Insolvenzverfahren wurde durch Beschluss vom 12.7.2017 eingestellt.
32Das Darlehenskonto der X-KG bei der Klägerin (Kto. 1507) entwickelte sich in den Streitjahren wie folgt:
33Datum |
Buchungstext |
Soll |
Haben |
31.12.2010 |
Bank urspr. KG lt. A. B. |
16.262,40 |
0,00 |
Summe 2010 |
16.262,40 |
0,00 |
|
01.01.2011 |
EB-Wert |
16.262,40 |
0,00 |
18.11.2011 |
KG Rg. 13217 JA 09 |
2.446,05 |
0,00 |
31.12.2011 |
100 % Forderungsausfall wg INSO |
0,00 |
18.708,45 |
Summe 2011 |
18.708,45 |
18.708,45 |
|
Summe ohne Übertrag aus 2010 |
2.446,05 |
Herr B. X. ist der Vater des Herrn A. X.. Durch Beschluss des Amtsgerichts F. vom 15.2.2012 (Az. ... IN .../11) wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Herrn B. X. eröffnet. Im Rahmen des Insolvenz-Eröffnungsverfahrens der X-GmbH führte der vorläufige Insolvenzverwalter im o.g. Sachverständigengutachten vom 25.3.2011 auf Seite 18 aus, auch Herr B. X. habe Verbindlichkeiten gegenüber der X-GmbH (per 31.12.2008: 63.397,60 €) gehabt. Diese Forderungen hätten bei Gutachtenerstellung nicht mehr zum Ausgleich gebracht werden können. Die Werthaltigkeit der Forderungen der X-GmbH müsse infrage gestellt werden, wobei der Gutachter für die Fragestellung der Überschuldung dem Forderungsbestand der X-GmbH „allenfalls einen werthaltigen Anteil von 20 %“ zumaß (Seite 19).
35Das Darlehenskonto des Herrn B. X. bei der Klägerin (Kto. 1506) entwickelte sich in den Streitjahren wie folgt:
36Datum |
Buchungstext |
Soll |
Haben |
30.09.2010 |
110,50 |
0,00 |
|
30.09.2010 |
Generalumkehr |
-110,50 |
0,00 |
31.12.2010 |
Auszahlung B. |
5.000,00 |
0,00 |
Summe 2010 |
5.000,00 |
0,00 |
|
01.01.2011 |
EB-Wert |
5.000,00 |
0,00 |
19.07.2011 |
... Rate |
1.500,00 |
0,00 |
03.08.2011 |
Auszahlung |
3.800,00 |
0,00 |
17.08.2011 |
Auszahlung für was |
919,56 |
0,00 |
24.08.2011 |
Auszahlung |
29,00 |
0,00 |
02.09.2011 |
Audibank Volvo |
1.225,04 |
0,00 |
16.09.2011 |
Auszahlung |
50,35 |
0,00 |
16.09.2011 |
Auszahlung |
300,00 |
0,00 |
21.09.2011 |
Audi |
806,62 |
0,00 |
27.09.2011 |
Schalke |
225,00 |
0,00 |
06.10.2011 |
Audi |
1.225,04 |
0,00 |
25.10.2011 |
Volvo Bank |
806,62 |
0,00 |
25.10.2011 |
Audibank Volvo |
1.225,04 |
0,00 |
31.10.2011 |
Volvo |
1.483,24 |
0,00 |
18.11.2011 |
W. X. Kosten |
150,10 |
0,00 |
29.11.2011 |
W. X. Audi |
806,62 |
0,00 |
29.11.2011 |
Auslagen W. X. |
353,28 |
0,00 |
30.11.2011 |
Kasse |
7,70 |
0,00 |
30.11.2011 |
Kasse |
8,00 |
0,00 |
30.11.2011 |
Kasse |
4,00 |
0,00 |
30.11.2011 |
Kasse |
4,00 |
0,00 |
30.11.2011 |
Kasse |
13,00 |
0,00 |
30.11.2011 |
Kasse |
4,00 |
0,00 |
30.11.2011 |
Kasse |
8,00 |
0,00 |
30.11.2011 |
Kasse |
8,00 |
0,00 |
06.12.2011 |
Volvo |
1.225,04 |
0,00 |
14.12.2011 |
... Imbiss |
5,00 |
0,00 |
15.12.2011 |
... Imbiss |
5,00 |
0,00 |
16.12.2011 |
... Imbiss |
4,70 |
0,00 |
17.12.2011 |
... Imbiss |
5,00 |
0,00 |
27.12.2011 |
806,62 |
0,00 |
|
31.12.2011 |
Forderungsausfall 100% wg. INSO |
0,00 |
22.013,57 |
Summe 2011 |
22.013,57 |
22.013,57 |
|
Summe ohne Übertrag aus 2010 |
17.013,57 |
||
Alle vorgenannten Darlehen waren nicht besichert. Schriftliche vertragliche Abreden zu den Darlehen liegen nicht vor.
38Mit Vertrag vom 9.11.2010 beauftragten die X-GmbH, die X-KG, Herr B. und Frau G. X. sowie Herr A. X. als Auftraggeber die Unternehmensberatung Q. & Kollegen GmbH, H., die betriebswirtschaftliche Situation der Auftraggeber, primär der X-GmbH, zu untersuchen und die Auftraggeber zu beraten. Zu den Leistungen gehörte u.a. die Erstellung eines Sanierungsgutachtens. Aufgrund der daraus gewonnenen Erkenntnisse gelangte die Klägerin zu der Forderungsabschreibung i.H.v. ca. 50 % des Bestands des Darlehenskontos Nr. 1505 (95.189,99 €) zum 31.12.2010.
39Der – nach der Sitzverlegung der Klägerin wieder örtlich zuständige – Beklagte führte in den Jahren 2013 bis 2015 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für die Streitjahre durch. In seinem Prüfungsbericht (ohne Datum) führte der Prüfer unter Tz. 2.1.4 aus, die gewinnmindernd erfassten Forderungsabschreibungen gegenüber der X-GmbH, der X-KG sowie Herrn B. X. seien als verdeckte Gewinnausschüttungen – vGA – an den Alleingesellschafter A. X. zu erfassen. Dies führe zu vGA aus der erstgenannten Forderung i.H.v. 95.189,99 € (2010) und 105.184,46 € (2011), aus der zweiten Forderung i.H.v. 18.708,45 € (2011) und aus der letztgenannten Forderung i.H.v. 22.013,57 € (2011).
40Der Beklagte schloss sich der Auffassung seines Prüfers an und erließ, gestützt auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung – AO –, Körperschaftsteuer-Änderungsbescheide. Mit Bescheiden vom 2.7.2015 setzte er die Körperschaftsteuer für 2010 auf 20.863 € und für 2011 auf 18.457 € fest, wobei er von Steuerbilanzgewinnen von ./. 1.457 € für 2010 und ./. 64.345 € für 2011 sowie von vGA i.H.v. 95.189 € für 2010 und 145.905 € für 2011 ausging. Entsprechend setzte er die Gewerbesteuermessbeträge, gestützt auf § 35b Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes – GewStG –, mit Bescheiden vom 18.5.2015 auf 4.865 € für 2010 und vom 23.6.2015 auf 4.305 € für 2011 fest.
41Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 27.5.2015 und 29.6.2015 (Gewerbesteuermessbescheide) sowie vom 15.7.2015 und 20.7.2015 (Körperschaftsteuerbescheide) Einsprüche ein.
42Mit Einspruchsentscheidungen vom 18.11.2016 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, er sei zutreffend von vGA ausgegangen. Die Forderungsabschreibungen gegenüber der X-GmbH, der X-KG und Herrn B. X. hätten zu Vermögensminderungen bei der Klägerin geführt. Diese seien durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, und zwar zugunsten von dem Gesellschafter nahestehenden Personen. Das Nahestehen der X-GmbH zu der Klägerin ergebe sich daraus, dass die Gesellschafter von beiden Gesellschaften identisch seien. Dasselbe gelte für die X-KG hinsichtlich des Kommanditisten. Weiterhin sei Herr B. X. Angehöriger des Gesellschafters der Klägerin. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis liege vor, weil ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter sämtliche Zahlungen, welche die Klägerin für die X-GmbH, die X-KG und Herrn B. X. geleistet habe und welche als Darlehen auf den Konten 1505, 1507 und 1506 gebucht worden seien, nicht veranlasst hätte gegenüber gesellschaftsfremden Personen. Es sei von vornherein klar gewesen, dass mit einer Rückzahlung der übernommenen Darlehen nicht zu rechnen gewesen sei. Daher sei der Vorgang nicht als eine Gewährung von Darlehen zu würdigen, sondern als eine Hingabe von Geld.
43Die Klägerin hat daraufhin am 16.12.2016 Klagen erhoben wegen der Körperschaftsteuer (13 K 3923/16 K) und den Gewerbesteuermessbeträgen (13 K 3926/16 F). Mit Beschluss des Senats vom 16.1.2019 sind die Klageverfahren verbunden worden.
44Ihre Klage begründet die Klägerin damit, die Änderungsbescheide seien zumindest für das Jahr 2011 verfahrensrechtlich zu beanstanden, da die Voraussetzungen für eine Änderung gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 35 Abs. 1 GewStG nicht vorgelegen hätten. Es seien keine Tatsachen nachträglich bekannt geworden. Bereits aus dem Anhang zur Bilanz habe sich ergeben, dass sich die Forderungsausfälle in Höhe von 145.906,48 € auf die drei Darlehen gegenüber den drei dort namentlich genannten Personen bezogen hätten. Die Verflechtung zwischen diesen Personen sei dem Beklagten bekannt gewesen.
45In der Sache seien die Darlehensgewährungen nicht geeignet, beim Empfänger einen sonstigen Bezug i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen. Der Darlehensgewährung stehe nämlich eine Rückzahlungsverpflichtung gegenüber, so dass es nicht zu einem „sonstigen Bezug“ beim Gesellschafter gekommen sein könne.
46Darüber hinaus fehle es für die Annahme von vGA an einer Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis, weil ab dem 7.10.2010 die Geschäftsführer der Klägerin und der X-GmbH nicht mehr personenidentisch gewesen seien. Hierbei komme es auf die Person des Geschäftsführers an, da dieser die Gesellschaft organschaftlich vertrete.
47Außerdem hielten die Darlehensgewährungen dem Fremdvergleich stand. Zum Zeitpunkt der jeweiligen Darlehensgewährung sei nicht zu erkennen gewesen, dass eine Rückzahlung nicht würde erfolgen können. Ansonsten wären die Darlehenshingaben nicht erfolgt. Insbesondere seien die im Gutachten des vorläufigen Insolvenzverwalters der X-GmbH vom 25.3.2011 beschriebenen Umstände, wonach es bei der X-GmbH im dritten Quartal 2010 zu einem dramatischen Umsatzeinbruch gekommen sei, der Klägerin bei der jeweiligen Darlehensauszahlung nicht bekannt gewesen. Bis zum Wegfall des Hauptauftraggebers bei der X-GmbH („P.“) sei es auch niemals zu Zahlungsschwierigkeiten der Darlehensnehmerin gekommen. Vielmehr sei die Klägerin von einer sehr guten Eigenkapitalausstattung der X-GmbH ausgegangen, weshalb der Insolvenzantrag auch erst im Januar 2011 habe gestellt werden müssen.
48Selbst wenn die fehlende Rückzahlbarkeit des der X-GmbH gewährten Darlehens vor dem Hintergrund des mit der Q. & Kollegen GmbH abgeschlossenen Vertrags vom 9.11.2010 vorhersehbar gewesen sein sollte, würde dies höchstens für die Soll-Buchungen des Kontos 1505 im vierten Quartal 2010 zu vGA führen. Bei einer solchen Sichtweise sei aber zu berücksichtigen, dass die Soll-Buchung vom 23.12.2010 i.H.v. 5.000 € am 31.12.2010 storniert worden sei. Diese Stornobuchung dürfe nicht berücksichtigt werden. Als Auszahlungen in diesem vierten Quartal seien deshalb nicht 49.422,24 €, sondern nur 44.422,24 € zu berücksichtigen.
49Die Klägerin beantragt sinngemäß,
50die Körperschaftsteuerbescheide vom 2.7.2015 für 2010 und 2011 sowie die Gewerbesteuermessbescheide vom 18.5.2015 für 2010 und vom 23.6.2015 für 2011, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 18.11.2016, in der Weise zu ändern, dass die vGA in Höhe von insgesamt 95.189,99 € (2010) bzw. 145.906,48 € nicht mehr in Ansatz gebracht werden,
51hilfsweise,
52die Revision zuzulassen.
53Der Beklagte beantragt,
54die Klage abzuweisen.
55Er verweist auf seine Einspruchsentscheidung. Nach seiner Auffassung ist eine Änderung der ursprünglichen Bescheide gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 35b Abs. 1 GewStG verfahrensrechtlich zulässig. Aus den eingereichten Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen habe sich lediglich der jeweilige Endstand der Darlehen ergeben sowie die Summe der Forderungsverluste. Daraus habe sich nicht erkennen lassen, welchen Verlauf die Darlehen unterjährig gehabt hätten. Es sei unklar gewesen, auf welche Forderungen der Forderungsverlust sich jeweils bezogen habe. Außerdem habe sich aus der Angabe der im Anhang zur Bilanz genannten Personen (Darlehensschuldner) nicht ergeben, dass dies nahe stehende Personen gewesen seien. Aus Namensgleichheiten ergebe sich keine Verpflichtung des Finanzamts zu weiteren Ermittlungen.
56In der Sache sei von vGA in Höhe von insgesamt 200.174,45 € auszugehen. Die Forderungen seien bereits ab dem Zeitpunkt der ersten Überweisung an die X-GmbH am 6.5.2010 uneinbringlich gewesen. Die Klägerin habe keine schriftlichen Darlehensverträge vorgelegt. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nicht bereits bei Übernahme der Zahlungsverpflichtung von deren Uneinbringlichkeit ausgehen musste, lägen nicht vor. Vor diesem Hintergrund müssten sogar die Darlehen in voller Höhe von 163.879,98 € im Jahr 2010 als Forderungsabschreibung und vGA behandelt werden. Für das Jahr 2011 verblieben dann noch eine Forderungsabschreibung und vGA i.H.v. 36.494,47 €.
57Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 26.2.2018 und 22.3.2018 übereinstimmend auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.
58Entscheidungsgründe:
59Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gem. § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung.
60Die Klage ist nur für das Jahr 2011 teilweise begründet.
61I. Der Körperschaftsteuerbescheid vom 2.7.2015 und der Gewerbesteuermessbescheid vom 23.6.2015 für 2011, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 18.11.2016, sind teilweise rechtswidrig und verletzen die Klägerin insoweit in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat die vGA zu hoch angesetzt. Der Körperschaftsteuerbescheid vom 2.7.2015 und der Gewerbesteuermessbescheid vom 18.5.2015 für 2010, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 18.11.2016, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
621) Die angefochtenen Bescheide sind nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen zu beanstanden. Die Voraussetzungen für eine Änderung der Körperschaftsteuerbescheide gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO und – in der Folge – der Gewerbesteuermessbescheide gem. § 35b Abs. 1 GewStG lagen vor.
63Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen.
64a) Tatsache in diesem Sinne ist alles, was Merkmal oder Teilstück eines gesetzlichen Steuertatbestandes sein kann, also Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften materieller oder immaterieller Art (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 22.3.2016 VIII R 58/13, Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 253, 495; Bundessteuerblatt – BStBl – II 2016, 774). Keine Tatsachen i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind demgegenüber Schlussfolgerungen aller Art, insbesondere juristische Subsumtionen (BFH-Urteile vom 22.3.2016 VIII R 58/13, BFHE 253, 495; BStBl II 2016, 774; vom 19.2.2013 IX R 24/12, BFHE 240, 265, BStBl II 2013, 484, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 26.6.2014 VI R 94/13, BFHE 246, 182, BStBl II 2014, 864). Nachträglich bekannt geworden ist eine Tatsache, wenn sie das Finanzamt beim Erlass des zu ändernden Steuerbescheids noch nicht kannte (BFH-Urteile vom 22.3.2016 VIII R 58/13, BFHE 253, 495; BStBl II 2016, 774; vom 13.1.2011 VI R 61/09, BFHE 232, 5, BStBl II 2011, 479). Die Tatsache oder das Beweismittel muss im Zeitpunkt des Erlasses des Steuerbescheids also bereits vorhanden und nur nicht bekannt gewesen sein (BFH-Urteil vom 25.2.2003 VIII R 98/01, Entscheidungssammlung Deutsches Steuerrecht – DStRE – 2003, 949). Außerdem muss die Tatsache für die auf § 173 AO gestützte Korrektur erheblich sein (BFH-Urteil vom 22.3.2016 VIII R 58/13, BFHE 253, 495; BStBl II 2016, 774).
65b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, sind im Streitfall Tatsachen nachträglich bekannt geworden, die zu einer höheren Steuer führen.
66Denn dem Finanzamt waren bei Erlass der geänderten Bescheide nur die Steuererklärungen der Klägerin und deren Jahresabschlüsse mit Anhängen bekannt. Diese enthielten nicht alle erforderlichen Informationen, um die Voraussetzungen der vGA beurteilen zu können. Die in den Jahresabschlüssen der Klägerin enthaltenen Kontennachweise zu den Bilanzen enthielten lediglich die Information, dass zum 31.12.2010 das an die X-GmbH ausgegebene Darlehen 68.689,99 € betrage, das an Herrn B. X. ausgegebene Darlehen 5.000,00 € und das an die X-KG ausgegebene Darlehen 16.262,40 €. Zum 31.12.2011 sollten die drei Darlehen nach den Kontennachweisen zu den Bilanzen je 0,- € betragen. Daraus ergab sich nicht, aus welchen Gründen (z.B. Tilgung oder Forderungsabschreibung) die Darlehen diese Verläufe verzeichneten.
67Die in den Jahresabschlüssen enthaltenen Kontennachweise zu den Gewinn- und Verlustrechnungen wiesen Forderungsverluste in Höhe von 95.189,99 € zum 31.12.2010 und von 145.906,48 € zum 31.12.2011 aus. Daraus ergab sich nicht, gegenüber welchen Personen und aufgrund welcher Umstände die Forderungsverluste realisiert wurden.
68Der Anhang zum Jahresabschluss 2011 der Klägerin enthielt unter C. (Erläuterungen zur Bilanz) die Angabe, dass aktivische Verrechnungskonten jeweils in voller Höhe ausgebucht worden seien, und zwar gegenüber der X-GmbH in Höhe von 105.184,46 €, Herrn B. X. in Höhe von 22.013,57 € und der X-KG in Höhe von 18.708,45 €. Zu der X-GmbH und Herrn B. X. war weiterhin auf ein Insolvenzverfahren hingewiesen. Im Anhang zum Jahresabschluss 2010 waren vergleichbare Ausführungen zur Ausbuchung von Verrechnungskonten nicht enthalten. Aus den Angaben für das Jahr 2011 ergaben sich jedoch nicht die Beteiligungsverhältnisse der X-GmbH und der X-KG und auch nicht das Verwandtschaftsverhältnis zu Herrn B. X.. Daher konnte aufgrund der Angaben nicht geprüft werden, ob es sich bei den drei Personen aus Sicht der Klägerin um nahestehende Personen handelte. Darüber hinaus waren die Hintergründe der Insolvenzverfahren und der Zeitpunkt, ab dem von einer Uneinbringlichkeit der Forderungen auszugehen war, nicht näher erläutert. Das Finanzamt konnte aufgrund dieser Angaben also auch nicht prüfen, ob ggf. (Teil-)beträge der Darlehen zu einem Zeitpunkt ausgegeben worden waren, zu dem bereits von einer Uneinbringlichkeit auszugehen war. Schließlich waren auch Details der Darlehensabreden, etwa das Bestehen von Sicherheiten, nicht angegeben. Diese Tatsachen wurden vielmehr erst nach Erlass der gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Bescheide bekannt. Hierbei handelte es sich um die für die Beurteilung einer vGA erheblichen Tatsachen.
692) Der Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden zu Recht vGA angesetzt, jedoch ist deren Höhe im Jahr 2011 zu korrigieren.
70a) Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der I. Senat des BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Außerdem muss der Vorgang geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (BFH-Urteile vom 7.8.2002 I R 2/02, BFHE 200, 197, BStBl II 2004, 131; vom 8.9.2010 I R 6/09, BFHE 231, 75, BStBl II 2013, 186; vom 27.7.2016 I R 8/15, BFHE 255, 32, BStBl II 2017, 214). Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA ferner dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn oder an eine ihm nahe stehende Person erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (sog. formeller Fremdvergleich, z.B. BFH-Urteile vom 17.1.2018 I R 74/15, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2018, 836; vom 17.12.1997 I R 70/97, BFHE 185, 224, BStBl II 1998, 545, jeweils m.w.N.).
71Eine vGA kann auch dann in Betracht kommen, wenn die Zuwendung nicht unmittelbar an den Gesellschafter, sondern an eine ihm nahe stehende Person bewirkt wird. Entscheidend ist in diesem Fall, ob die Kapitalgesellschaft dem Dritten einen Vermögensvorteil zugewendet hat, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Person, die dem betreffenden Gesellschafter nicht nahe steht, nicht gewährt hätte (BFH-Urteile vom 11.11.2015 I R 5/14, BFHE 252, 353, BStBl II 2016, 491, Rz. 13; vom 18.12.1996 I R 139/94, BFHE 182, 184, BStBl II 1997, 301). Da das "Nahestehen" lediglich ein Indiz für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist, reicht zu dessen Begründung jede Beziehung zwischen einem Gesellschafter und dem Dritten aus, die den Schluss zulässt, sie habe die Vorteilszuwendung der Kapitalgesellschaft an den Dritten beeinflusst. Derartige Beziehungen können familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein (BFH-Urteile vom 11.11.2015 I R 5/14, BFHE 252, 353, BStBl II 2016, 491, Rz. 13; vom 18.12.1996 I R 139/94, BFHE 182, 184, BStBl II 1997, 301).
72Wird bei einer Darlehensvereinbarung ein Darlehensbetrag ausgereicht, so genügt dies allein nicht, um eine Vermögensminderung anzunehmen, da der Darlehenshingabe ein Rückzahlungsanspruch als aktives Betriebsvermögen gegenübersteht; löst hingegen eine Uneinbringlichkeit der Forderung eine Teilwertabschreibung aus, so ist hierin eine Einkommens- und Vermögensminderung zu sehen (BFH-Urteile vom 11.11.2015 I R 5/14, BFHE 252, 353, BStBl II 2016, 491, Rz. 14; vom 5.6.2013 I R 37/12, BFH/NV 2013, 1628, Rz. 25). Ebenso führt ein von vornherein nicht ernstlich vereinbartes Darlehen zu einer Vermögensminderung, und zwar bereits im Zeitpunkt der Hingabe der „Darlehensvaluta“ (BFH-Urteil vom 16.6.2015 IX R 28/14, BFH/NV 2015, 2489, Rz. 27, 28; Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG, Rz. 571). Eine Vermögensminderung liegt also vor, wenn bereits bei Darlehensauszahlung aufgrund der wirtschaftlichen Situation des Gesellschafters mit einer Rückzahlung der „Darlehensbeträge“ nicht gerechnet werden kann, da in diesem Fall der Darlehensgewährung von vornherein kein Gegenwert gegenübersteht und davon auszugehen ist, dass eine Rückzahlungsverpflichtung nicht begründet werden sollte (BFH-Urteil vom 16.6.2015 IX R 28/14, BFH/NV 2015, 2489, Rz. 28).
73Das Merkmal der Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis entscheidet sich in Darlehensfällen nicht nach der Verwendung der Mittel bzw. dem Zweck der Darlehensaufnahme, sondern nach den geschäftlichen Bedingungen der Darlehensvergabe (Verzinsung, Sicherheiten, Rückzahlungsrisiko) nach Maßgabe eines Fremdvergleichs (BFH-Urteil vom 5.6.2013 I R 37/12, BFH/NV 2013, 1628, Rz. 28). Eine Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis kann deshalb nicht dadurch begründet werden, dass eine wirtschaftlich vollwertige Darlehensforderung später aus in der Sphäre des Schuldners liegenden Gründen uneinbringlich wird (BFH-Urteil vom 5.6.2013 I R 37/12, BFH/NV 2013, 1628, Rz. 28; Gosch, KStG, 3. Aufl., § 8, Rz. 688; Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG, Rz. 579). Eine vGA kann hingegen im Zeitpunkt der Darlehensgewährung anzunehmen sein, wenn eine behauptete Darlehensvereinbarung zwischen der Kapitalgesellschaft und dem Gesellschafter mangels Fremdüblichkeit nicht anzuerkennen ist, weil der Darlehensvertrag von Anfang an mangels nennenswerter Tilgungsleistungen und Zinszahlungen seitens des Gesellschafters nicht ernsthaft durchgeführt worden ist (vgl. BFH-Urteile vom 16.6.2015 IX R 28/14, BFH/NV 2015, 2489, Rz. 28; vom 7.11.1990 I R 35/89, BFH/NV 1991, 839, Rz. 25; Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG, Rz. 575). Im Übrigen kann in einem späteren ausdrücklichen oder stillschweigenden Verzicht auf Rückzahlung der Darlehensvaluta eine vGA zu sehen sein (BFH-Urteil vom 16.6.2015 IX R 28/14, BFH/NV 2015, 2489, Rz. 29). Wird das Darlehen nach seiner Hingabe uneinbringlich und hat es die Gesellschaft unterlassen, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um das Darlehen zu sichern und zurückzuerhalten, kann dies einem Verzicht auf Rückzahlung gleichkommen und damit als vGA anzusehen sein (BFH-Urteile vom 16.6.2015 IX R 28/14, BFH/NV 2015, 2489, Rz. 29; vom 11.11.2015 I R 5/14, BFHE 252, 353, BStBl II 2016, 491, Rz. 14; vom 7.3.2007 I R 45/06, BFH/NV 2007, 1710, Rz. 18; vom 14.3.1990 I R 6/89, BFHE 160, 459, BStBl II 1990, 795, Rz. 15; Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG, Rz. 578).
74b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, ist von vGA in beiden Streitjahren auszugehen. Im Jahr 2010 verbleibt es bei der vom Beklagten angenommenen vGA in Höhe von 95.189 €, während im Jahr 2011 die vGA auf 121.060,01 € zu vermindern ist. Gegenläufig ist im Jahr 2011 aber der Steuerbilanzgewinn um 16.262,40 € zu erhöhen, so dass die Einkommenserhöhung 137.322,41 € beträgt anstatt, wie vom Beklagten angenommen, 145.905 €.
75aa) Bei den an die X-GmbH, die X-KG und Herrn B. X. ausgereichten Darlehen handelt es sich um Darlehen der Klägerin an nahestehende Personen.
76Alleiniger Gesellschafter der Klägerin war Herr A. X.. Dieser war ebenfalls alleiniger Gesellschafter der X-GmbH. Außerdem war er alleiniger Inhaber des insgesamt 50.000 DM betragenden Festkapitals der X-KG. Herr A. X. ist darüber hinaus der Sohn des Herrn B. X.. Damit ergibt sich ein „Nahestehen“ im Sinne der zitierten Rechtsprechung aus einer gesellschaftsrechtlichen Beziehung des Gesellschafters der Klägerin zu der X-GmbH und der X-KG sowie aus einer familiären Beziehung zu Herrn B. X..
77Der Einwand der Klägerin, ab dem 7.10.2010 seien die Geschäftsführer der Klägerin und der X-GmbH nicht mehr personenidentisch gewesen, ist daher unbeachtlich. Für die Frage des „Nahestehens“ kommt es auf den Gesellschafter der Klägerin, nicht den Geschäftsführer an.
78bb) Aufgrund der Darlehensbeziehungen der Klägerin zur X-GmbH, zur X-KG und zu Herrn B. X. ist es zu Vermögensminderungen gekommen.
79(1) Durch die Darlehensbeziehung der Klägerin zur X-GmbH kam es zu einer Vermögensminderung in Höhe von 119.951,52 € im Jahr 2010 und 101.600,39 € im Jahr 2011.
80Da der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden für das Jahr 2010 nur eine vGA in Höhe von 95.189 € zugrunde gelegt hat, bleibt die vGA für das Jahr 2010 unter Beachtung des Grundsatzes, dass das Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen darf (Verböserungsverbot, § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO) auf 95.189 € beschränkt.
81(a) Für das Jahr 2010 ergibt sich eine Vermögensminderung aus einer Forderungsabschreibung i.H.v. 70.529,28 € und aus einer nicht ernstlich begründeten „Darlehenshingabe“ i.H.v. 49.422,24 €, zusammen 119.951,52 €.
82Unter Berücksichtigung der zitierten BFH-Rechtsprechung ergibt sich eine Vermögensminderung nicht bereits daraus, dass Darlehensbeträge ausgereicht wurden; denn ihnen stand ein Rückzahlungsanspruch als aktives Betriebsvermögen gegenüber. Jedoch ist eine Vermögensminderung in der von der Klägerin am 31.12.2010 vorgenommenen Forderungsabschreibung in Höhe von 95.189,99 € (52,03914 % des Darlehensstands von 182.919,98 €) zu sehen. Diese Forderungsabschreibung führte zu bilanziellem Aufwand.
83Der Senat berücksichtigt diese Forderungsabschreibung bei der Beurteilung der vGA aber nur in Höhe von 70.529,28 €. Er stellt hierbei auf den Darlehensstand zum 30.9.2010 ab, der 135.531,20 € betrug. 52,03914 % dieses Darlehensstands ergeben 70.529,28 €.
84Ab dem 1.10.2010 ergibt sich die Vermögensminderung in Bezug auf das Darlehen der X-GmbH nämlich daraus, dass das Darlehen von vornherein nicht ernstlich vereinbart war. Entsprechend der zitierten BFH-Rechtsprechung liegt ab diesem Zeitpunkt eine Vermögensminderung vor, da bereits bei Darlehensauszahlung aufgrund der wirtschaftlichen Situation der X-GmbH mit einer Rückzahlung der „Darlehensbeträge“ nicht gerechnet werden konnte, da der „Darlehensgewährung“ von vornherein kein Gegenwert mehr gegenüberstand und nicht davon auszugehen war, dass eine Rückzahlungsverpflichtung begründet werden sollte. Die in der Zeit vom 1.10. bis 31.12.2010 ausgegebenen „Darlehensbeträge“ betrugen 49.422,24 €.
85Zu dieser Würdigung gelangt der Senat aufgrund folgender Umstände: Zwar wurde der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens der X-GmbH erst am 31.1.2011 gestellt. Jedoch ist im Sachverständigengutachten vom 25.3.2011 des vorläufigen Insolvenzverwalters auf Seite 8 und 9 ausgeführt, nach den Angaben des Geschäftsführers sei es bei der X-GmbH im dritten Quartal 2010 zu einem „dramatischen Umsatzeinbruch“ gekommen, weil ein Hauptauftraggeber die Vertragsbeziehungen fristlos gekündigt habe. Der damit verbundene Umsatzrückgang von rund 60 % habe angabegemäß nicht mehr kompensiert werden können. Der Geschäftsbetrieb sei bereits im dritten Quartal 2010 weitestgehend zum Erliegen gekommen. Der Senat schließt aus diesen Angaben, dass sich die wirtschaftliche Situation der X-GmbH spätestens ab Beginn des vierten Quartals 2010 nachhaltig verschlechtert hatte und mit einer Rückzahlung von Darlehensbeträgen nicht gerechnet werden konnte. Ein weiteres Indiz für die fehlende Ernsthaftigkeit der Darlehenshingaben spätestens ab dem vierten Quartal 2010 ist der Auftrag der Unternehmensberatung Q. & Kollegen GmbH vom 9.11.2010 zur Erstellung eines Sanierungsgutachtens, das sich primär auf die X-GmbH bezog.
86In diesem Zusammenhang kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, zum Zeitpunkt der jeweiligen Darlehensgewährung sei nicht zu erkennen gewesen, dass eine Rückzahlung nicht würde erfolgen können, und die im Gutachten des vorläufigen Insolvenzverwalters der X-GmbH vom 25.3.2011 beschriebenen Umstände seien der Klägerin bei der jeweiligen Darlehensauszahlung nicht bekannt gewesen. Denn da die Gesellschafter der Klägerin und der X-GmbH personenidentisch waren, ist davon auszugehen, dass die entsprechenden Sachverhaltskenntnisse bei beiden Gesellschaften vorhanden waren.
87Bei der Berechnung der in der Zeit vom 1.10. bis 31.12.2010 ausgegebenen „Darlehensbeträge“ i.H.v. 49.422,24 € kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, dass die Soll-Buchung vom 23.12.2010 i.H.v. 5.000 € am 31.12.2010 storniert worden sei. Denn nach dem Buchungstext handelte es sich nicht um ein Storno, sondern um zwei „Auszahlungen“ mit einem achttägigen Abstand. Selbst wenn es sich bei der Buchung vom 31.12.2010 um eine Rückzahlung an die Klägerin handeln würde, wäre dies als eine Rückgewähr einer vGA anzusehen, die von der Rechtsprechung als verdeckte Einlage behandelt wird (BFH-Urteile vom 14.7.2009 VIII R 10/07, BFH/NV 2009, 2142; vom 29.8.2000 VIII R 7/99, BFHE 192, 554, BStBl II 2001, 173).
88(b) Für das Jahr 2011 beträgt die Vermögensminderung aus der Darlehensbeziehung der Klägerin zur X-GmbH 101.600,39 €.
89Diese ergibt sich zunächst aus den im Jahr 2011 neue ausgegebenen „Darlehensbeträgen“ i.H.v. 36.598,47 €. Angesichts des Insolvenzeröffnungsverfahrens der X-GmbH kann, ebenso wie aus den für das vierte Quartal 2010 beschriebenen Gründen, nicht von einer ernsthaften Darlehensvereinbarung ausgegangen werden.
90Darüber hinaus ist die von der Klägerin vorgenommene Forderungsabschreibung als Vermögensminderung zu berücksichtigen. Diese beträgt aber nicht, wie von der Klägerin zugrunde gelegt, 105.184,46 €. Vielmehr ist der Darlehensstand, soweit er als ernstlich vereinbart angesehen werden kann, aus dem Jahr 2010 in das Jahr 2011 fortzuführen. Da der Senat bei einem (ernstlich vereinbarten) Darlehensstand von 135.531,20 € am 30.9.2010 eine Forderungsabschreibung i.H.v. 70.599,28 € angenommen hat (s.o.), beträgt der in das Jahr 2011 fortgeführte Betrag 65.001,92 €. Dieser Betrag wird von der Forderungsabschreibung der Klägerin erfasst.
91(2) Durch die Darlehensbeziehung der Klägerin zur X-KG kam es zu einer Vermögensminderung in Höhe von 16.262,40 € im Jahr 2010 und von 2.446,05 € im Jahr 2011.
92(a) Für das Jahr 2010 ergibt sich eine Vermögensminderung aus der Darlehensauszahlung vom 31.12.2010 i.H.v. 16.262,40 €. Der Senat ist davon überzeugt, dass das Darlehen zu diesem Zeitpunkt von vornherein nicht ernstlich vereinbart war. Denn bereits mit Schreiben vom 21.10.2010 ist ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der X-KG gestellt und durch Beschluss des Amtsgerichts F. vom 10.1.2011 (Az. ... IN .../10) ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden. Außerdem bezieht sich der Auftrag der Unternehmensberatung Q. & Kollegen GmbH vom 9.11.2010 zur Erstellung eines Sanierungsgutachtens auch auf die X-KG. Unter diesen Umständen stand der Darlehensgewährung von vornherein kein Gegenwert gegenüber.
93Da die Klägerin diese Vermögensminderung jedoch bislang nicht als Aufwand erfasst hat, ist der Steuerbilanzgewinn 2010 zugleich um diesen Betrag zu mindern. Die Erfassung dieses Betrags als vGA führt zu einer Saldierung, so dass sich beide Effekte im Jahr 2010 gegeneinander aufheben.
94(b) Für das Jahr 2011 beträgt die Vermögensminderung 2.446,05 €. Diese ergibt sich sowohl aus der Ausgabe weiterer „Darlehensbeträge“ in dieser Höhe im Jahr 2011 an die X-KG als auch durch die von der Klägerin vorgenommene Forderungsabschreibung.
95Im Jahr 2011 ist darüber hinaus der Steuerbilanzgewinn um 16.262,40 € zu erhöhen. Die von der Klägerin vorgenommene Minderung des Steuerbilanzgewinns (Forderungsabschreibung) in dieser Höhe im Jahr 2011 ist nach der beschriebenen Sichtweise des Senats im Jahr 2010 vorzunehmen und demnach im Jahr 2011 rückgängig zu machen.
96(3) Durch die Darlehensbeziehung der Klägerin zu Herrn B. X. kam es zu einer Vermögensminderung im Jahr 2011 in Höhe von 17.013,57 €.
97Der Senat ist davon überzeugt, dass die im dritten und vierten Quartal an Herrn B. X. erfolgten „Darlehensauszahlungen“ in Höhe von 17.013,57 € von vornherein nicht ernstlich vereinbart waren. Dies schließt er aus den Ausführungen des vorläufigen Insolvenzverwalters im Sachverständigengutachten vom 25.3.2011. Auf Seite 18 führte dieser aus, Herr B. X. habe Verbindlichkeiten gegenüber der X-GmbH (per 31.12.2008: 63.397,60 €) gehabt. Diese Forderungen hätten bei Gutachtenerstellung nicht mehr zum Ausgleich gebracht werden können. Die Werthaltigkeit der Forderungen der X-GmbH müsse infrage gestellt werden, wobei der Gutachter für die Fragestellung der Überschuldung dem Forderungsbestand der X-GmbH „allenfalls einen werthaltigen Anteil von 20 %“ zumaß (Seite 19). Unter weiterer Berücksichtigung des Auftrags der Unternehmensberatung Q. & Kollegen GmbH vom 9.11.2010 zur Erstellung eines Sanierungsgutachtens, das sich auch auf Herrn B. X. bezog, ist von einer fehlenden Ernsthaftigkeit der „Darlehensbeträge“ im Jahr 2011 auszugehen.
98cc) Diese Vermögensminderungen waren durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst.
99(1) Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ergibt sich bereits nach den Kriterien des formellen Fremdvergleichs. Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann nach der zitierten Rechtsprechung des BFH eine vGA dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn oder an eine ihm nahe stehende Person erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt. Wie beschrieben waren alleinige Gesellschafter der Klägerin und der X-GmbH Herr A. X., der auch beherrschender Gesellschafter der X-KG war. Bei allen Gesellschaften handelte es sich also um nahe stehende Personen. Gegenüber Herrn A. X. war zudem Herr B. X. eine nahe stehende Person, nämlich sein Vater.
100Vorliegend fehlt es an klaren und im Voraus getroffenen Vereinbarungen über die Darlehen. Schriftliche vertragliche Abreden zu den Darlehen liegen nicht vor. Auch mündliche Abreden über die Höhe der Darlehen, deren Rückzahlungsmodalitäten und Verzinsungen sind den Akten und dem Vortrag der Beteiligten nicht zu entnehmen.
101(2) Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ergibt sich im Streitfall aber auch aus materiellen Kriterien.
102Nach der zitierten Rechtsprechung entscheidet sich in Darlehensfällen das Merkmal der Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis nach den geschäftlichen Bedingungen der Darlehensvergabe (Verzinsung, Sicherheiten, Rückzahlungsrisiko) nach Maßgabe eines Fremdvergleichs (BFH-Urteil vom 5.6.2013 I R 37/12, BFH/NV 2013, 1628, Rz. 28). Im Streitfall waren die Darlehen an die X-GmbH, die X-KG und an Herrn B. X. nicht besichert. Darüber hinaus gab es ausweislich der Entwicklung der drei Darlehenskonten in den Streitjahren keine Zinszahlungen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass Zinszahlungen vereinbart gewesen wären. Weiterhin hat es bei den an die X-KG und an Herrn B. X. gewährten Darlehen auch keine Rückzahlungen gegeben. Der Senat schließt aus diesen Umständen, dass die Darlehensvergabe nicht fremdüblich war.
103Nichts anderes ergibt sich aus dem Umstand, dass in Bezug auf das an die X-GmbH gewährte Darlehen zumindest im Jahr 2010 Rückzahlungen stattgefunden haben. Denn aus den oben beschriebenen Umständen, aus denen der Senat eine fehlende Ernsthaftigkeit der Darlehensvereinbarung mit der X-GmbH zumindest ab dem vierten Quartal 2010 abgeleitet hat, ist auch von einem hohen Rückzahlungsrisiko auszugehen. Dieses ergibt sich aus den bereits zitierten, im Sachverständigengutachten des vorläufigen Insolvenzverwalters vom 25.3.2011 auf Seite 8 und 9 beschriebenen Umständen. Es erscheint nicht fremdüblich, dieses Risiko ohne Besicherung des Darlehens einzugehen.
104Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist darüber hinaus spätestens ab dem vierten Quartal 2010 hinsichtlich des der X-GmbH gewährten Darlehens zudem von einer Uneinbringlichkeit auszugehen. Wird das Darlehen aber nach seiner Hingabe uneinbringlich und hat es die Gesellschaft unterlassen, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um das Darlehen zu sichern und zurückzuerhalten, kann nach der Rechtsprechung des BFH dies einem Verzicht auf Rückzahlung gleichkommen und damit als vGA anzusehen sein (BFH-Urteile vom 16.6.2015 IX R 28/14, BFH/NV 2015, 2489, Rz. 29; vom 11.11.2015 I R 5/14, BFHE 252, 353, BStBl II 2016, 491, Rz. 14). Vor dem Hintergrund der Uneinbringlichkeit geht der Senat aufgrund des Umstands, dass die Klägerin keine Maßnahmen ergriffen hat, die bereits ausgezahlten Darlehensbeträge zu sichern, von einer fehlenden Fremdüblichkeit aus. Dies erschien auch nicht von vornherein aussichtslos, denn nach den Feststellungen des Insolvenzverwalters verfügte die X-GmbH am 31.1.2011 noch über ein Guthaben bei der Bank I. ... in Höhe von 37.540,67 € und am 11.2.2011 noch über ein Guthaben bei der Bank II. in Höhe von 95.766,07 €.
105c) In der Summe verbleibt es im Jahr 2010 bei einer vGA i.H.v. 95.189 € aus der Darlehensbeziehungen zur X-GmbH, so wie es der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden zugrunde gelegt hat.
106Im Jahr 2011 ergibt sich in der Summe eine vGA i.H.v. 121.060,01 €. Diese resultiert in Höhe von 101.600,39 € aus der Darlehensbeziehung zur X-GmbH. Gegenüber der X-KG ergibt sich eine vGA i.H.v. 2.446,05 €, gegenüber Herrn B. X. i.H.v. 17.013,57 €. Darüber hinaus ist im Jahr 2011 eine Erhöhung der Steuerbilanzgewinns von 16.262,40 € zu berücksichtigen aufgrund der Gewinnminderung im Jahr 2010 und der spiegelbildlichen Gewinnerhöhung im Jahr 2011. Daraus ergibt sich für 2011 insgesamt eine Einkommenserhöhung von 137.322,41 € anstatt von 145.905 €, wie vom Beklagten zugrunde gelegt. Die nichtabziehbaren Aufwendungen (§ 10 Nr. 2 KStG) sind in der Folge anzupassen.
107II. Die Verpflichtung des Beklagten, die festzusetzenden Beträge zu errechnen und das Ergebnis der Neuberechnung mitzuteilen, beruht auf § 100 Abs. 2 Sätze 2 und 3 FGO.
108III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Der Beklagte ist nur zu einem geringen Teil unterlegen.
109IV. Die Nichtzulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 FGO.