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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten darüber, ob die an einer ausländischen Kapitalgesellschaft beteiligten Kläger aufgrund einer von dieser veranlassten Zuteilung von Aktien eines dritten Unternehmens, verbunden mit einer zusätzlichen Zahlung, steuerpflichtige Einkünfte i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes 2009 (EStG 2009) erzielt haben.
3Die Kläger sind im Streitzeitraum 2014 zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute.
4Seit mindestens 31.12.2008 hielten die Kläger in ihrem Depot bei der Y-Bank 709.933 Stück Aktien der Fa. Vodafone Group PLC (Vodafone), einer Aktiengesellschaft nach dem Recht Großbritanniens. Nach dem Jahresdepotauszug zum 31.12.2008 verfügten die Kläger zu diesem Zeitpunkt über 709.933 Stück à 1,32 € (= 937.111,56 €). Nach dem Jahresdepotauszug zum 31.12.2013 hatte sich die Stückzahl nicht verändert; deren Wert war zu diesem Zeitpunkt bis auf 2,82 €/Stück gestiegen (insgesamt 2.002.011,06 €).
5Vodafone war mittelbar zu 100 % beteiligt an der Vodafone 4 Ltd., die ihrerseits wiederum unmittelbar an der Vodafone Americas Finance 1 beteiligt war. Die Vodafone Americas Finance 1 hielt (mittelbar) Anteile (45 %) an dem US-amerikanischen Unternehmen Verizon Wireless. Mit Vertrag vom 2.9.2013 veräußerte Vodafone 4 Ltd. ihre Beteiligung an der Vodafone Americas Finance 1 an Verizon Communications Inc. (Verizon). Diese Veräußerung erfolgte gegen Zahlung eines Geldbetrages zuzüglich Gewährung von Anteilen an Verizon (Art. II Abs. 2.2 des Vertrages vom 2.9.2013).
6An dem Erlös aus dem Verkauf sollten die Aktionäre von Vodafone beteiligt werden. Nach den Beschlüssen auf der Hauptversammlung vom 28.1.2014 sollte dies auf folgendem Weg erfolgen. Auf der ersten Stufe sollten Anteile an Verizon an die Anteilseigner der Vodafone ausgegeben werden. Beschlossen wurde die Ausgabe sog. B-shares und C-shares. Optierte der Anteilseigner für die B-shares, war die Zuteilung steuerrechtlich nach den britischen Regeln über die Capital Gains Tax Rules zu behandeln. Entschied sich der Anteilseigner hingegen für C-shares, unterlag die Zuteilung von Verizon-Anteilen der britischen Income Tax. Nach den britischen Regeln war die Zuteilung dann wie eine herkömmliche Dividende zu behandeln. Nach den Feststellungen in der mündlichen Verhandlung spielt diese Differenzierung in Deutschland keine Rolle. Die an die Aktionäre in Deutschland ausgegebenen Anteile entsprechen den C-shares. Nach den Feststellungen des Senats bestand auch keine Wahlmöglichkeit der Aktionäre, anstelle der Zuteilung von Verizon-Aktien eine Barausschüttung zu erhalten.
7Vodafone gab am 19.2.2014 bekannt, dass die Gesamtzahl der Verizon-Stammaktien, die als Teil der Verizon Wireless-Transaktion ausgegeben werde, 1.274.764.121 betragen werde. Für die berechtigten Aktionäre werde erwartet, dass sie 0,026 Verizon-Stammaktien für jede Vodafone-Stammaktie erhielten. Den Klägern wurden aufgrund dessen 18.671 Verizon-Aktien zugeteilt. Die Y-Bank sah die Einbuchung der neu zugeteilten Aktien als eine steuerpflichtige Sachausschüttung an. Dem Ertrag legte sie --wie auch den Anschaffungskosten der Anteile-- den aktuellen Börsenwert der Verizon-Aktie von 33,7306 € zugrunde. Das ergab nach Auffassung der Y-Bank einen Kapitalertrag von 629.783,25 € (= 18.671 * 33,7305 €). Die Y-Bank behielt aufgrund dessen Kapitalertragsteuer in Höhe von 157.445,81 € nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 8.659,51 € ein.
8Ferner erhielt jeder Aktionär eine Bardividende von 0,4928 US-$ je Vodafone-Aktie. Nach der Abrechnung vom 7.3.2014 führte dies bei den Klägern zu einer Dividendengutschrift in Höhe von umgerechnet 253.923,17 € (= 709.933 * 0,49280050 US-$). Davon behielt die Y-Bank 63.480,79 € Kapitalertragsteuer und 3.491,44 € Solidaritätszuschlag ein.
9Im Anschluss wurden die Vodafone-Aktien im Verhältnis 11 zu 6 zusammengelegt (Reverse split). Den Umtausch der alten in neue Vodafone-Aktien behandelte die Y-Bank als steuerneutral. Die Kläger erhielten für 709.933 alte 387.236 neue Vodafone-Aktien. Der Spitzenausgleich (Rundungsdifferenz) von 0,1818 wurde mit 0,48 € den Klägern gutgeschrieben.
10In der Steuerbescheinigung und der Jahreserträgnisaufstellung wies die Y-Bank sowohl die Zuteilung der Verizon-Aktien in Höhe von 629.783,25 € als auch die Barausschüttung von 253.923,17 € als Kapitalertrag aus.
11Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2014 stellten sich die Kläger auf den Standpunkt, dass der Einbehalt von Kapitalertragsteuer für die ersten beiden Vorgänge rechtswidrig erfolgt und die abgeführte Kapitalertragsteuer zu erstatten sei. Bei der Zuteilung der 18.671 Verizon-Aktien handele es sich um eine steuerneutrale Abspaltung i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG 2009. Hinsichtlich der Barausschüttung auf die Vodafone-Anteile liege eine rückwirkende Steuerverstrickung vor. Wären die Anteile vor dem Tag der Ausschüttung verkauft worden, wäre der Kaufpreis insgesamt steuerfrei gewesen, da die Anteile vor der Einführung der Abgeltungssteuer zum 1.1.2009 erworben worden seien.
12Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) folgte diesem Ansatz nicht, sondern rechnete die entrichtete Kapitalertragsteuer lediglich auf die festgesetzte Einkommensteuer an. Zur Begründung wies das FA darauf hin, dass die Vorgänge keine Kapitalmaßnahme i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG 2009 darstellten. Insbesondere bei der Zuteilung der Verizon-Aktien handele es sich um eine Sachausschüttung. Eine gesellschaftsrechtliche Abspaltung liege nicht vor. Die Barausschüttung sei nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2009 zu erfassen und falle nicht in den Anwendungsbereich des § 20 Abs. 4a EStG 2009.
13Gegen den dieser Rechtsauffassung entsprechenden Einkommensteuerbescheid 2014 vom 28.4.2016 legten die Kläger Einspruch ein, den das FA durch Einspruchsentscheidung vom 15.6.2016 als unbegründet zurückwies. Zur Begründung führte es aus, zu den Kapitalerträgen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2009 zählten neben den Bardividenden auch Sachausschüttungen einer Kapitalgesellschaft an ihren Anteilseigner. Demgegenüber enthalte § 20 Abs. 4a EStG 2009 Sonderregelungen, wonach bestimmte Kapitalmaßnahmen für den Anteilseigner steuerneutral seien. Nach § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG 2009 liege ein solcher steuerneutraler Vorgang insbesondere dann vor, wenn Vermögen einer Körperschaft durch Abspaltung auf Grund gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen auf eine andere Körperschaft übergehe. Die übernommenen Anteile träten dann an die Stelle der bisherigen Anteile. Ein steuerlicher Ertrag werde in diesen Fällen zunächst nicht realisiert. Voraussetzung hierfür sei jedoch, dass der Anteilseigner die neuen Anteile aufgrund einer Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) oder aufgrund eines vergleichbaren ausländischen Vorganges erhalte (Hinweis auf Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 18.1.2016, BStBl I 2016, 85 Rz. 115). Im Streitfall lägen die Voraussetzungen für eine Abspaltung nicht vor. Die Kläger hätten nicht darlegen können, dass die 2013 erfolgte Veräußerung der Beteiligung Verizon Wireless durch Vodafone die Voraussetzungen einer Abspaltung erfüllt habe. Insbesondere sei weder der Spaltungsbeschluss noch der Spaltungsplan vorgelegt worden. Des Weiteren hätten die Kläger nicht nachgewiesen, dass sie als Anteilseigner der Vodafone-Aktien aufgrund des Veräußerungsvorgangs unmittelbar die Anteile an der übernehmenden Körperschaft erhalten hätten. Eine ggf. erforderliche Aufteilung der historischen Anschaffungskosten der Vodafone-Anteile anhand des Spaltungsvertrags bzw. des Spaltungsplans sei daher nicht möglich. Nach dem mitgeteilten Sachverhalt sei es vielmehr so gewesen, dass die Zuteilung (Ausschüttung) der Verizon-Anteile erst in einem zweiten Schritt beschlossen worden sei. Sie sei nicht aufgrund gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen erfolgt, sondern habe ihren Grund in dem Gewinnbezugsrecht der Kläger als Aktionäre von Vodafone gehabt.
14Auch im Hinblick auf die begehrte Nichtbesteuerung der Barausschüttung habe der Einspruch keinen Erfolg. Lägen im Hinblick auf die Zuteilung der 18.671 Stück Verizon-Aktien weder ein Tausch noch eine Abspaltung aufgrund gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen i.S. des § 20 Abs. 4a Sätze 1 und 7 EStG 2009 vor, stelle sich in der Folge nicht die Frage, ob die zusätzliche Barausschüttung von 253.923,17 € im Hinblick auf den Ausgang des Revisionsverfahrens VIII R 10/13 steuerfrei sein könne. Denn das Revisionsverfahren betreffe ausschließlich die Frage der steuerlichen Behandlung einer zusätzlichen Barabfindung nach § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG 2009. Ein solcher Vorgang bzw. eine gleichgestellte Abspaltung liege im vorliegenden Fall nicht vor.
15Daraufhin haben die Kläger Klage erhoben. Der Tausch der alten Vodafone-Aktien gegen Verizon-Stammaktien, der Barausgleich und die neuen Vodafone-Aktien seien im Rahmen eines einheitlichen Gesellschafterbeschlusses entschieden worden. Die Verizon-Aktien, der Barausgleich und die neuen Vodafone-Aktien entsprächen in ihrem Wert exakt dem Wert, den die alten Vodafone-Aktien gehabt hätten. Wirtschaftlich sei lediglich eine Vermögensumschichtung eingetreten. Aufgrund des Ablaufs der Spekulationsfrist sei der erfolgte Tausch nicht steuerbar. Da es sich bei den alten Vodafone-Aktien um Altanteile handele, die vor dem 1.1.2009 erworben worden seien, sei § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG 2009 hierauf nicht anwendbar (§ 52a Abs. 10 Satz 1 EStG 2009 a.F.). Die Veräußerung dieser Aktien könne nur im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG 2009 steuerbar sein. Im Jahr 2014 sei die einjährige Spekulationsfrist aber bereits abgelaufen gewesen.
16Hilfsweise seien die Vorgänge steuerneutral zu behandeln, da sie als Anteilstausch i.S. des § 20 Abs. 4a Sätze 1, 2 und 7 EStG 2009 im Wege der Abspaltung erfolgt seien. Rechtsfolge sei, dass die erhaltenen Anteile an die Stelle der hingegebenen Anteile träten (sog. Fußstapfentheorie). Insbesondere habe dies zur Folge, dass kein Veräußerungsgeschäft gegeben sei und die Kapitalmaßnahme sich steuerneutral beim Anteilsinhaber auswirke.
17Ein Anteilstausch sei gegeben, wenn es sich tatsächlich um einen Tauschvorgang von Anteilen an einer Körperschaft, einer Vermögensmasse oder einer Personenvereinigung handele oder wenn es sich um Vorgänge handele, bei denen für steuerliche Zwecke ein Tausch fingiert werde. Ob ein Tauschvorgang gegeben sei, orientiere sich dabei nicht an dem UmwG oder dem Umwandlungssteuergesetz (UmwStG).
18Für Abspaltungen gelte die Regelung des § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG 2009 nach Satz 7 sinngemäß. Dies bedeute, dass für steuerliche Zwecke die Anteile am übernehmenden Rechtsträger nicht neben, sondern partiell an die Stelle der Anteile am übertragenden Rechtsträger träten. § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG 2009 sei auch bei Auslandssachverhalten anwendbar.
19Die Kriterien nach dem BMF-Schreiben vom 18.1.2016 – IV C 1 – S 2253/08/100004:017, BStBl I 2016, 85 Rz. 115 für das Vorliegen einer Abspaltung seien im vorliegenden Fall zwar nicht vollständig erfüllt. Jedoch handele es sich um einen vergleichbaren Vorgang. So habe die Vodafone-Group Anteile an der Verizon Wireless auf die Verizon übertragen und im Gegenzug Anteile der Verizon erhalten. Ferner habe sie einen finanziellen Ausgleich erhalten. Auf der Hauptversammlung sei beschlossen worden, auch die Anteilseigner zu beteiligen, was zur Folge gehabt habe, dass diese nicht nur Anteilseigner von Vodafone, sondern auch von Verizon geworden seien. Dies sei genau die Rechtsfolge, die auch bei einer Abspaltung eintrete.
20Entgegen der Auffassung des FA sei unerheblich, dass weder ein Spaltungsplan noch ein Spaltungsbeschluss vorgelegt werden könne. Denn ausreichend sei ein ähnlicher Vorgang. Da es sich nur um einen vergleichbaren Vorgang handeln müsse, sei auch gleichgültig, dass die Aktienzuteilung und die Barausschüttung erst nachfolgend auf der Hauptversammlung beschlossen worden seien.
21Auch die Argumentation des FA, die Y-Bank als depotführendes Kreditinstitut habe die Zuteilung der 18.671 Verizon-Aktien mit deren Anschaffungskosten von insgesamt 629.783,25 € in das Depot der Kläger eingebucht, so dass bei einem späteren Verkauf sichergestellt sei, dass diese Anschaffungskosten mit dem Verkaufserlös verrechnet werden könne, vermöge nicht zu überzeugen. Zum einen gebe die Behandlung des in Rede stehenden Vorgangs seitens des depotführenden Kreditinstituts keinerlei Aufschluss über die korrekte steuerliche Behandlung des Vorgangs. Zum anderen komme es auf die mögliche Behandlung bei einer etwaigen späteren Veräußerung der Verizon-Aktien für die steuerliche Behandlung zum Zeitpunkt des Erwerbs bzw. bei der Einbuchung der Aktien in das Depot der Kläger nicht an. Ob, wann und wie die Anteile veräußert würden, liege im Bereich der Spekulation und könne daher nicht als Begründung für die Besteuerung zum jetzigen Zeitpunkt herangezogen werden.
22Die Kläger vertreten die Auffassung, im Zusammenhang mit einer Abspaltung oder einem vergleichbaren Vorgang vorgenommene Barauszahlungen seien ebenfalls nicht steuerverstrickt, wenn die Anteile bereits steuerentstrickt seien. Danach gebe es für eine Differenzierung in der steuerlichen Behandlung zwischen dem Aktientausch einerseits und der Barabfindung andererseits bei den sog. Altbeständen, bei denen die einjährige Spekulationsfrist abgelaufen sei, keinen Grund. In zeitlicher Hinsicht seien vielmehr in Fällen eines Aktientauschs mit Barkomponente die neu eingeführten Besteuerungstatbestände insgesamt erstmals auf Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen anzuwenden (§ 52a Abs. 10 Satz 1 EStG 2009 a.F.). Das Ziel des Gesetzgebers, eine praktikable Lösung für Altbestände zu finden, werde nur erreicht, wenn nicht nur der ausschließliche Tausch von Altaktien nicht der Besteuerung unterworfen, sondern auch in diesem Zusammenhang geleistete Barzahlungen steuerfrei belassen würden. Anderenfalls müssten der Barabfindung ggf. nachträgliche anteilige Anschaffungskosten gegenübergestellt werden, was dem gesetzgeberischen Ziel einer Vereinfachung des Abgeltungssteuer-Verfahrens zuwider liefe.
23Äußerst hilfsweise handele es sich um einen Vorgang gemäß § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG 2009. Würden einem Steuerpflichtigen Anteile zugeteilt, ohne dass eine gesonderte Gegenleistung zu entrichten sei, werde gemäß § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG 2009 der Ertrag und die Anschaffungskosten mit 0 € angesetzt, wenn die Voraussetzungen der Sätze 3 und 4 nicht vorlägen und die Ermittlung der Höhe des Kapitalertrags nicht möglich sei. Bonus- und Freianteile außerhalb einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln sowie im Wege von Sachdividenden empfangene Anteile seien typische Anwendungsfälle von Anteilszuteilungen ohne gesonderte Gegenleistung, die grundsätzlich unter § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG 2009 fielen. Rechtsfolge von § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG 2009 sei, dass die Übertragung zunächst keinen steuerbaren Vorgang auslöse; das betreffe allein die Anteilszuteilung, nicht aber die Bardividende, die bei dieser Hilfsargumentation weiterhin steuerpflichtig sei.
24Die Rechtsfolge des § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG 2009 trete aber nur ein, wenn die Ermittlung der Höhe des Kapitalertrags unmöglich sei. Nach Auffassung der Finanzverwaltung sei dies bei ausländischen Sachverhalten grundsätzlich der Fall. Dies gelte auch hier. Mit der Einführung des § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG 2009 habe der Gesetzgeber den Steuerpflichtigen und die Steuerabzugsverpflichteten gerade bei Auslandssachverhalten von den Schwierigkeiten entlasten wollen, die im Rahmen von Sachausschüttung und Spin-off-Vorgängen durch Anteilsbewertung, fehlenden Liquiditätszufluss und die Abgrenzung zwischen sofort steuerwirksamer Sachausschüttung und nicht steuerbarer Kapitalrückgewähr zwangsläufig entstünden.
25Die Kläger beantragen,
26den Bescheid für 2014 über Einkommensteuer vom 28.4.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.6.2016 dahingehend zu ändern, dass der Erhalt der Verizon-Aktien mit dem vom Finanzamt angesetzten Wert von 629.783,25 € und die Auszahlung in Höhe von 253.923,17 € betreffend Vodafone-Aktien als steuerfrei bzw. nicht steuerbar qualifiziert werden,
27hilfsweise, die Revision zuzulassen.
28Das FA beantragt,
29die Klage abzuweisen,
30hilfsweise, die Revision zuzulassen.
31Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung und hält daran fest, dass im Streitfall keine steuerneutrale Kapitalmaßnahme i.S. des § 20 Abs. 4a Sätze 1, 2 und 7 EStG 2009 vorliege. Die Kläger hätten die Verizon-Anteile nicht aufgrund gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen erhalten, sondern in einem zweiten Schritt aufgrund des Gewinnausschüttungsbeschlusses vom 28.1.2014. Hierbei handele es sich um eine steuerpflichtige Sachausschüttung.
32Der Sach- und Streitstand ist am 6.11.2017 mit den Beteiligten erörtert worden. Hinsichtlich der Einzelheiten des Erörterungstermins wird auf den Inhalt des Protokolls Bezug genommen.
33Am 28.2.2018 ist mit den Beteiligten mündlich verhandelt worden. Wegen der Details wird auf den Inhalt des Protokolls verwiesen.
34Entscheidungsgründe
35Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Zutreffend ist das FA davon ausgegangen, dass die Zuteilung der Verizon-Aktien und die Barausschüttung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2009 zu steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen geführt haben.
36I. Über die Frage, ob die Zuteilung der Verizon-Aktien und die Barausschüttung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2009 zu steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen geführt haben, war und ist entsprechend dem Antrag der Kläger im Rahmen des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 2014 zu entscheiden (§ 32d Abs. 4 EStG 2009). Dass bei Annahme derartiger Einkünfte der Sondertarif des § 32d Abs. 1 EStG 2009 Anwendung findet (§ 32d Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 EStG 2009), ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig.
37II. Die Zuteilung der Verizon-Aktien und die von der Vodafone zusätzlich geleisteten Barzahlungen haben gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2009 zu dem Grunde nach steuerpflichtigen Einkünften der Kläger aus Kapitalvermögen geführt.
381. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2009 zählen insbesondere Gewinnanteile (Dividenden), Ausbeuten und sonstige Bezüge aus Aktien und aus Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Hierzu gehören nicht nur Bardividenden, sondern auch Sachdividenden etwa in der Form einer Zuteilung von Aktien (vgl. Schmidt/Levedag, EStG, 37. Aufl., 2018, § 20 Rz. 32). Die Bezüge gehören nicht zu den Einnahmen, soweit sie aus Ausschüttungen einer Körperschaft stammen, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne des § 27 KStG 2002 als verwendet gelten.
39Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG 2009 zählen auch Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer Körperschaft i.S. des Abs. 1 Nr. 1 zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Die Norm ist allerdings erstmals auf Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen anzuwenden, die nach dem 31.12.2008 erworben worden sind (§ 52a Abs. 10 Satz 1 EStG 2009 in der vor seiner Aufhebung letzten Fassung; § 52 Abs. 28 S. 11 EStG 2009 in der für das Streitjahr 2014 maßgebenden Fassung vom 25.7.2014).
402. Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen kommen im Streitfall steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 28 S. 11 EStG 2009 i.d.F. vom 25.7.2014 nicht in Betracht, weil die hier in Rede stehenden Vodafone Anteile sich bereits zum 31.12.2008 im Depot der Kläger befanden. Vielmehr wäre in Bezug auf Veräußerungsgeschäfte betreffend die vorgenannten Vodafone Anteile --unstreitig-- allein § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in der am 1.1.1999 geltenden Fassung anwendbar (§ 52a Abs. 11 Satz 4 EStG 2009 in der vor seiner Aufhebung letzten Fassung; § 52 Abs. 31 Satz 2 EStG in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung vom 25.07.2014). Dies würde im vorliegenden Fall aber dazu führen, dass auf einen Veräußerungsgewinn steuerlich nicht mehr zugegriffen werden dürfte, weil seit der Anschaffung der Anteile --vor dem 31.12.2008-- im Streitzeitraum 2014 bereits mehr als ein Jahr verstrichen war.
413. Entgegen der Ansicht der Kläger ist im Streitfall von gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2009 dem Grunde nach steuerpflichtigen Dividenden (Sachdividende in Form der Zuteilung von Verizon-Stammaktien und Bardividende) auszugehen, d.h. weder von einem nicht steuerbaren Veräußerungsgeschäft oder veräußerungsähnlichen Vorgang noch von einer nicht steuerbaren Kapitalrückzahlung.
42a) Die Tatsache, dass neben die Sachdividende und die Bardividende der Reverse Split getreten ist, rechtfertigt es nicht, von einem Veräußerungstatbestand auszugehen. Die vorgenannten drei Stufen sind nicht dergestalt miteinander zu verklammern, dass die Sach- und Bardividende nicht mehr isoliert als Kapitaleinkünfte zu betrachten sind, sondern von einem einheitlichen Veräußerungstatbestand auszugehen wäre.
43Veräußerung bedeutet das entgeltliche Übertragen eines Wirtschaftsguts auf einen Dritten (Urteile vom Bundesfinanzhof --BFH-- vom 2.5.2000 IX R 73/98, BFHE 192, 435, BStBl II 2000, 614; vom 18.10.2006 IX R 7/04, BFHE 215, 193, BStBl II 2007, 258). Dies ist auch bei einem Tausch der Fall (BFH-Urteile in BFHE 192, 435, BStBl II 2000, 614; vom 27.6.2006 IX R 47/04, BFHE 214, 267, BStBl II 2007, 162). Im vorliegenden Fall kann der Erhalt der zugteilten Verizon-Aktien und die Barzahlung aber nicht --wie die Kläger meinen-- bei ihnen als Tausch bzw. als Bestandteil eines Tausches gewertet werden. Die Kläger haben nicht einen Teil ihrer Vodafone-Aktien gegen Verizon-Anteile eingetauscht. Im ersten Schritt haben die Kläger vielmehr neben ihren Vodafone-Aktien Anteile an Verizon erhalten, ohne dass sich der Bestand an Vodafone-Aktien verändert hätte. Dass es anschließend gleichwohl zu einer nominellen Veränderung der Vodafone-Aktien gekommen ist, lag allein an dem Reverse Split, durch den die ausgegebenen Aktien im Verhältnis 11:6 zusammengefasst worden sind. Es ist allerdings nicht angängig, den Reverse Split als Gegenleistung für den Erwerb der empfangenen Verizon-Anteile zu begreifen. Ebensowenig ist es durch den Reverse Split zu einem steuerlich relevanten Tausch der alten Vodafone Aktien gegen neue Aktien gekommen. Denn die Kläger haben durch den Reverse Split keine Vermögenseinbuße erlitten; die wertmäßige Beteiligung der Kläger an Vodafone ist unverändert geblieben. Diese wird allein durch eine nominell geringere Anzahl von Aktien repräsentiert. Unverändert geblieben ist ebenso die prozentuale Beteiligung der Kläger an Vodafone. Dass die Beteiligung der Kläger an Vodafone zum 31.12.2014 einen erheblich geringeren Wert aufwies, stellt einen Reflex der Ausschüttung dar, durch die sich Vodafone mittelbar enormer Vermögenswerte begeben hatte. Der Reverse Split hatte hierauf keinen Einfluss mehr; auch ohne ihn wäre der Wert der Beteiligung der Kläger gemindert gewesen. Für Vodafone hatte der Reverse Split allein den Vorteil, dass der Börsenkurs der Aktie durch die Ausschüttungen nicht drastisch einbrach; durch die Maßnahme konnte der Kurs bezogen auf den einzelnen nominellen Anteil stabilisiert werden.
44b) Eine Steuerfreiheit des Überschusses aufgrund der zugeteilten Verizon-Anteile kann auch nicht mit § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG 2009 begründet werden. Werden Anteile an einer Körperschaft gegen Anteile an einer anderen Körperschaft getauscht und wird der Tausch aufgrund gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen vollzogen, die von den beteiligten Unternehmen ausgehen, treten abweichend von § 20 Abs. 2 Satz 1 EStG 2009 und den §§ 13 und 21 UmwStG die übernommenen Anteile steuerlich an die Stelle der bisherigen Anteile, wenn das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der erhaltenen Anteile nicht ausgeschlossen oder beschränkt ist oder die Mitgliedstaaten der Europäischen Union bei einer Verschmelzung Art. 8 der Richtlinie 90/434/EWG anzuwenden haben (§ 20 Abs. 4a Satz 1 Halbsatz 1 EStG 2009). Die Anwendung dieser Vorschrift scheitert im vorliegenden Fall bereits aus den unter II.3.a dargestellten Gründen; es liegt in Bezug auf die Verizon-Anteile kein Tausch von Anteilen durch die Kläger vor.
45Dem kann nicht entgegen gehalten werden, es liege jedenfalls auf einer unteren Konzernstufe bei Vodafone insoweit ein Tausch vor, als die Anteile an der Vodafone Americas Finance 1 durch die Vodafone 4 Ltd. (auch) gegen Gewährung von Verizon-Anteilen weggegeben worden seien. Die steuerrechtlichen Folgen dieses Vorgangs interessieren im vorliegenden Fall nicht. Es stellt sich allein die Frage, wie die Zuteilung von Verizon-Anteilen von Vodafone an die Kläger steuerrechtlich zu beurteilen ist. Hierbei handelt es sich --wie erläutert-- nicht um einen Tausch.
46c) Ebenso kann eine Steuerfreiheit der Zuteilung der Verizon-Aktien nicht auf § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG 2009 gestützt werden. Hiernach gilt § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG 2009 entsprechend auch in den Fällen, in denen Vermögen durch Abspaltung auf andere Körperschaften übergeht (§ 20 Abs. 4a Satz 7 EStG 2009). Eine Abspaltung i.S. dieser Vorschrift liegt in Bezug auf die Kläger jedoch nicht vor.
47Auch wenn § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG 2009 In- wie Auslandsfälle erfassen soll (Blümich/Ratschow, § 20 EStG Rz. 439a; Buge in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 20 EStG Rz. 592) und daher bei einem ausländischen Vorgang möglicherweise nicht verlangt werden kann, dass die Vorgaben des § 123 Abs. 2 UmwG für eine Abspaltung exakt eingehalten werden, muss es sich doch jedenfalls um einen vergleichbaren Vorgang handeln. Nach der letztgenannten Norm liegt eine Abspaltung vor, wenn ein Rechtsträger (übertragender Rechtsträger) von seinem Vermögen einen Teil oder mehrere Teile abspaltet zur Aufnahme durch Übertragung dieses Teils oder dieser Teile jeweils als Gesamtheit auf einen oder mehrere bestehende Rechtsträger (übernehmende Rechtsträger) oder zur Neugründung durch Übertragung dieses Teils oder dieser Teile jeweils auf einen oder mehrere, von ihm dadurch gegründeten neuen oder gegründete neue Rechtsträger gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften dieses Rechtsträgers oder dieser Rechtsträger an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers. Stehen die gewährten Anteile hingegen dem übertragenden Rechtsträger zu, kann der der Vorgang allenfalls einer Ausgliederung i.S. des § 123 Abs. 3 UmwG entsprechen, die aber in § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG 2009 nicht genannt ist. Letzteres macht auch Sinn, da in Ausgliederungsfällen nicht der Anteilseigner, sondern die übertragende Gesellschaft die Gegenleistung erhält und sich die Frage von Kapitaleinkünften bei dem Anteilseigner insofern nicht stellt. Da es vorliegend um die Besteuerung der Kläger geht, muss hier außerdem eine Abspaltung vorliegen, welche die Kläger als Anteilseigner des übertragenden Rechtsträgers und als Empfänger an der übernehmenden bzw. neu gegründeten Gesellschaft betrifft. Nur dann liegt ein Vorgang vor, der mit dem durch § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG 2009 erfassten Tausch von Anteilen (dazu unter II.3.b) durch den unmittelbaren Anteilseigner vergleichbar ist.
48An den letztgenannten Voraussetzungen fehlt es aber im Streitfall. Die Veräußerung der Anteile an der Vodafone Americas Finance 1 (und damit mittelbar der Beteiligung an der Verizon Wireless) ist auf einer unteren Konzernstufe des Vodafone-Konzerns erfolgt. Die Kläger waren keine unmittelbaren Anteilseigner der Vodafone 4 Ltd. als übertragendem Rechtsträger, sondern nur mittelbar an dieser über die Vodafone beteiligt. Dementsprechend haben sie die Verizon-Aktien nicht als „Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers“ erhalten. Denn „Rechtsträger“ ist die jeweilige übertragende Kapitalgesellschaft und nicht die dieser übergeordnete Obergesellschaft eines Konzerns. Der Gesetzeswortlaut bietet keinen Ansatzpunkt für eine weitergehende Auslegung unter Einbeziehung mittelbarer Beteiligungen. Aus diesem Grund bedarf es keiner abschließenden Prüfung, ob die aufgrund des Stock Purchase Agreements gewährten Verizon-Anteile ausgehend von dem Recht des Staates New York (vgl. Art. X 10.11 des Stock Purchase Agreements) zunächst der veräußernden Vodafone 4 Ltd. oder einer dieser nachgeordneten Gesellschaft oder wegen Art. II 2.2 (a) (ii) und 2.4 (a) des Stock Purchase Agreements von vornherein den Aktionären der Vodafone zustehen sollten.
49Der vorgenannten Beurteilung steht der Zweck der Norm, die Abgeltungsteuer für Steuerpflichtige und die Kreditinstitute als steuerabführende Stellen praktikabel auszugestalten (vgl. BTDrucks 17/10000, S. 54) nicht entgegen. Denn zum einen würde die Einbeziehung mittelbarer Beteiligungen die erforderliche Sachverhaltsaufklärung eher erschweren und zum anderen sind umfangreiche Ermittlungen auch wegen der ggf. anzuwendenden Regelung in § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG 2009 entbehrlich (s. dazu nachfolgend unter III.1).
50cc) Auch die neben der Sachdividende an die Kläger geleistete Zahlung ist ebenfalls nicht steuerfrei. Vielmehr handelt es sich auch insoweit um eine (Bar-) Dividende i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2009. Zwar ist § 20 Abs. 4a Satz 2 EStG 2009 unanwendbar, wonach in den Fällen des § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG 2009 ein zusätzlicher Barausgleich als Ertrag i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2009 gilt. Denn diese Vorschrift ist im vorliegenden Fall schon deshalb nicht einschlägig, weil nach den vorstehenden Ausführungen kein Fall des § 20 Abs. 4a Sätze 1 bzw. 7 EStG 2009 durch die Ausgabe von Verizon-Anteilen an die Kläger gegeben ist. Es liegt bereits kein Tausch (dazu II.3.b) bzw. keine Abspaltung (dazu II.3.c aa) vor. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass § 20 Abs. 4a Satz 2 EStG 2009 nicht anwendbar ist, wenn ein Barausgleich beim Tausch bereits steuerentstrickter Anteile geleistet wird, die vor dem 1.1.2009 angeschafft worden sind (vgl. hierzu BFH-Urteile vom 20.10.2016 VIII R 10/13, BFHE 255, 537, BStBl II 2017, 262, und vom 20.10.2016 VIII R 42/13, BFH/NV 2017, 283). Da die Zuteilung der Verizon-Anteile und die Barkomponente eine Verwendung des Erlöses aus der Veräußerung der Anteile an der Vodafone Americas Finance 1 für Zwecke einer Gewinnausschüttung darstellt, unterliegen diese vielmehr unmittelbar § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2009 und müssen nicht über § 20 Abs. 4a Satz 2 EStG 2009 in Dividendeneinkünfte umqualifiziert werden (zum Charakter des § 20 Abs. 4a Satz 2 EStG 2009 s. Jochum in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, Kommentar --K/S/M--, § 20 Rz. Fa 23).
51d) Die von der Vodafone an die Kläger ausgekehrten Verizon-Aktien und Barauszahlungen können auch nicht als nicht steuerbare Kapitalrückzahlung beurteilt werden.
52Soweit das Nennkapital der Vodafone im Wirtschaftsjahr 2013/2014 um die B-shares erhöht und nachfolgend wieder herabgesetzt wurde (vgl. Vodafone Group Plc Annual Report 2014, Consolidated statement of changes in equity, Spalte „Share capital“), beruhte dies auf der „Cancellation of B-shares“ und betraf damit nicht die im Streitfall unstreitig ausschließlich in Rede stehenden C-shares (zu Letzterem s.a. das Protokoll der mündlichen Verhandlung zur Stellungnahme der Kläger). Die im vorgenannten Jahresbericht ausgewiesene Minderung um 74 „€m“ lässt ebenfalls keinen Zusammenhang zum hier in Rede stehenden Vorgang erkennen, sondern betraf soweit ersichtlich eine Umgliederung in das „Additional paid-in capital“. Soweit im Übrigen eine Kapitalrückzahlung aus Kapitalrücklagen in Betracht zu ziehen sein könnte (vgl. die Minderungen in den Spalten „Share premium account“, d.h. den Agiorücklagen, und „Capital redemption reserve“, d.h. den Rücklagen für Kapitalherabsetzungen“ laut Punkt 8 der Erläuterungen zum Jahresbericht 2014), kann dies aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht berücksichtigt werden. Weder nach Aktenlage noch nach dem Vorbringen der Beteiligten bestehen Anhaltspunkte dafür, dass von der Vodafone eine Feststellung nach § 27 Abs. 8 des Körperschaftsteuergesetzes --KStG 2002-- beantragt und positiv beschieden worden wäre. Ohne eine derartige Feststellung gelten die hier in Rede stehenden Leistungen aber als Gewinnausschüttungen, die bei den Klägern zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG führen (§ 27 Abs. 9 Satz 9 KStG 2002).
53III. Die vom Beklagten berücksichtigte Höhe der Kapitaleinkünfte ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Insbesondere ist der Kapitalertrag bezogen auf die Sachdividende nicht aufgrund des § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG 2009 lediglich mit 0 € anzusetzen.
541. Werden einem Steuerpflichtigen Anteile im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG 2009 zugeteilt, ohne dass dieser eine gesonderte Gegenleistung zu entrichten hat, werden der Ertrag und die Anschaffungskosten dieser Anteile mit 0 € angesetzt, wenn die Voraussetzungen des § 20 Abs. 4a Sätze 3 und 4 EStG 2009 nicht vorliegen und die Ermittlung der Höhe des Kapitalertrags nicht möglich ist.
55Diese Vorschrift mag insbesondere auch bei Sachausschüttungen an die Anteilseigner in Betracht kommen, die unter § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2009 zu subsumieren sind (BTDrucks. 16/11108, 16; Buge in HHR, § 20 EStG Rz. 590; Jochum in K/S/M, § 20 Rz. Fa 63). Wesentliche Voraussetzung des § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG 2009 ist aber auch dann, dass die Ermittlung der Höhe des Kapitalertrags unmöglich ist. Diese Unmöglichkeit muss aus Sicht des depotführenden Kreditinstituts bestehen (Schmidt in Kirchhof/Ratschow, BeckOK EStG, § 20 Rz. 1360). Während dies bei inländischen Sachverhalten nicht der Fall sein wird, soll in Fällen mit Auslandsbezug eine Vermutung gelten, dass eine Wertermittlung nicht möglich ist (BTDrucks. 16/11108, 16 f.; BMF-Schreiben vom 18.1.2016 – IV C 1-S 2252/08/10004:017, 2015/0468306, BStBl I 2016, 85 Rz. 114; Schmidt in Kirchhof/Ratschow, a.a.O.). Zur Begründung wird geltend gemacht, es sei bei Fällen mit Auslandsberührung schwer ermittelbar, ob die Einbuchung zusätzlicher Anteile eine sofort steuerwirksame Sachausschüttung oder lediglich eine Kapitalrückgewähr darstelle (Kirchhof/von Beckerath, EStG, 17. Aufl. 2018, § 20 Rz. 163). Diese Vermutung gilt nicht, wenn es dem Anleger nach dem bekannten ausländischen Recht freisteht, statt einer Bardividende Freiaktien zu empfangen (BTDrucks. 16/11108, 16 f.; BMF-Schreiben vom 18.1.2016 – IV C 1-S 2252/08/10004:017, 2015/0468306, BStBl I 2016, 85 Rz. 111; Blümich/Ratschow, § 20 EStG Rz. 438; Kirchhof/von Beckerath, a.a.O.).
562. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Selbst wenn von einer grundsätzlichen Vermutung auszugehen sein sollte, dass bei ausländischen Sachverhalten die Ermittlung des Kapitalertrags nicht möglich ist, was aus dem Wortlaut des § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG 2009 freilich nicht ansatzweise hervorgeht, gilt diese Vermutung im vorliegenden Fall nicht. Diese ist vielmehr nach den Umständen des konkreten Einzelfalls widerlegt. Hier ist nicht nur dem Grunde nach bekannt, dass eine steuerwirksame Sachausschüttung vorliegt; auch die Höhe der Sachausschüttung war ohne weitere Schwierigkeiten für das depotführende Kreditinstitut zu ermitteln.
57Dass dem Grunde nach hier nicht von einer nicht steuerbaren Kapitalrückgewähr auszugehen war, sondern eine Sachausschüttung vorgelegen hat, war ohne weitere Schwierigkeiten aus allgemein zugänglichen Quellen ersichtlich bzw. ermittelbar. Über die Vorgänge ist nicht nur von Vodafone, sondern auch in den Medien informiert worden. Angesichts der Größe und der hieraus resultierenden Bedeutung der Vorgänge waren die Informationen für das depotführende Kreditinstitut ohne weitere Schwierigkeiten zu erlangen, und es sind keine Umstände für den Senat erkennbar geworden, dass es hier praktische Probleme gegeben hat. Entsprechende Umstände sind auch seitens der Kläger nicht vorgetragen worden. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen bei EU/EWR-Gesellschaften im Hinblick auf das in § 27 Abs. 8 KStG 2002 vorgesehene Verfahren zur Feststellung einer Einlagenrückgewähr, die Frage einer Einlagenrückgewähr insoweit noch eine Anwendung des § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG 2009 rechtfertigen können sollte.
58Desgleichen gilt für die Ermittlung des Kapitalertrags der Höhe nach. Aufgrund der Börsennotierung der Verizon-Anteile war ohne Weiteres erkennbar, in welcher Höhe Kapitalerträge vorgelegen haben. Auch insoweit ist für den Senat nicht erkennbar geworden, dass es praktische Ermittlungsschwierigkeiten gegeben hätte. Die Klägerseite selbst hat die praktische Ermittlung des Kapitalertrags nicht angezweifelt.
59IV. Die Entscheidung zu den Kosten beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
60V. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zugelassen.
61… …
62(zugleich für den wegen Urlaubs an der
63Unterschrift gehinderten RaFG …)