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Die Beklagte wird unter Änderung des Ablehnungsbescheides vom 14.07.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.11.2017 verpflichtet, Kindergeld für den am 11.08.1991 geborenen Sohn E. für den Zeitraum November 2014 bis August 2016 in gesetzlicher Höhe festzusetzen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt zu 70 v.H. und der Kläger zu 30 v.H. die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
T a t b e s t a n d
2Zu entscheiden ist, ob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung für den Sohn des Klägers ab Februar 2014 zu Recht abgelehnt hat.
3Der am 11.08.1991 geborene Sohn E. absolvierte nach dem Abitur von August 2011 bis Januar 2014 eine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Bank C.. Nach dem Ausbildungsabschluss als Bankkaufmann beschäftigte die Bank C. den Sohn des Klägers im Rahmen einer Vollzeittätigkeit weiter. Seit dem 01.05.2014 ist er an der Hochschule D. immatrikuliert und absolviert bei der dort angegliederten Business School ein Bachelor Studium im Fachbereich „Management und Finance“. Der 01.05.2014 war der frühestmögliche Immatrikulationszeitpunkt für diesen Studiengang.
4Zulassungsvoraussetzung für das Bachelor Studium ist bei Bestehen einer Hochschulzulassungsberechtigung in Form der allgemeinen Hochschulreife eine mindestens zweijährige Berufserfahrung, die durch eine Ausbildung nachgewiesen werden kann. Wegen der Einzelheiten zur Studienordnung, zu den Zulassungsvoraussetzungen und dem Studienverlauf wird auf die Ausdrucke der Internetseiten der Hochschule und der Business School Bezug genommen, die zur Gerichtsakte genommen wurden. Das Projekt-Kompetenz-Studium der Hochschule D. setzt auf eine konsequente Praxisausrichtung auf einem soliden wissenschaftlichen Fundament mit Gewährleistung des erforderlichen akademischen Standards. Neben der Berufstätigkeit spielt das studienbegleitende Projekt eine wesentliche Rolle. Auf das Schreiben der Business School vom 27.10.2017, welches sich in der Kindergeldakte der Beklagten befindet, wird verwiesen. Das von E. absolvierte Bachelor-Studium dauert in der Regel drei Jahre. Die Bank C. bestätigte mit Schreiben vom 26.10.2017, dass das Studium erforderlich sei, um die notwendigen Qualifikationen für die Stelle in der Unternehmenssteuerung/Treasury zu erwerben.
5Am 07.10.2014 beantragte der Kläger Kindergeld für E.. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Kindergeldbescheid vom 21.10.2014 ab, der von dem Kläger nicht angefochten wurde.
6Am 28.06.2017 beantragte der Kläger erneut für seinen Sohn E. rückwirkend ab Februar 2014 die Bewilligung von Kindergeld, da dieser zum 01.05.2014 unmittelbar nach Abschluss seiner Ausbildung als Bankkaufmann das Studium zum „Bachelor of Arts Management & Finance“ begonnen habe.
7Mit Bescheid vom 14.07.2017 lehnte die Beklagte die Kindergeldfestsetzung ab dem Monat Februar 2014 erneut ab. Zur Begründung führte sie aus, E. habe bereits eine Berufsausbildung abgeschlossen und übe neben seiner weiteren Berufsausbildung eine Erwerbstätigkeit aus, die den Kindergeldanspruch nach § 32 Abs. 4 S. 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausschließe. Den hiergegen eingelegten Einspruch vom 14.08.2017 wies die Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 06.11.2017 als unbegründet zurück.
8Mit der hiergegen erhobenen Klage macht der Kläger weiterhin geltend, er habe einen Anspruch auf Bewilligung von Kindergeld für seinen Sohn für den Zeitraum Februar 2014 bis August 2016 (Vollendung 25. Lebensjahr). E. sei es nie darum gegangen, Bankfachwirt zu werden. Er habe sich vielmehr schon nach Beginn der Erstausbildung unter dem 12.09.2013 über den Hochschulstudiengang für den Bachelor auf Management & Finance informiert und sich unmittelbar nach Beendigung der Ausbildung für einen solchen Studienplatz beworben. Es liege somit eine einheitliche Erstausbildung vor. Der Abschluss des Studiums sei Voraussetzung für den von ihm angestrebten Arbeitsplatz.
9Der Kläger hat schriftsätzlich angekündigt zu beantragen,
10die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 14.07.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.11.2017 zu verpflichten, Kindergeld für seinen Sohn E. für den Zeitraum Februar 2014 bis August 2016 festzusetzen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen;
13hilfsweise, die Revision zuzulassen.
14Sie ist der Auffassung, der Kläger erfülle die Anspruchsvoraussetzungen für die Bewilligung von Kindergeld nicht. Eine einheitliche Erstausbildung sei nicht gegeben. Nach der aktuellen Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem EStG würden Erklärungen, die eine Absicht glaubhaft machen sollten, nur ab dem Zeitpunkt des Eingangs der schriftlichen Erklärung bei der Familienkasse wirken. Die Erklärung, dass das angestrebte Berufsziel noch nicht erreicht sei, müsse daher spätestens im Folgemonat nach Abschluss des vorangegangenen Ausbildungsabschnitts bei der Familienkasse eingehen. Eine Mitteilung darüber, dass der Sohn E. neben dem Abschluss „Bankkaufmann“ ein anderes oder weiteres Berufsziel angestrebt habe, sei nach Aufhebung der Kindergeldfestsetzung im Januar 2014 nicht erfolgt. Eine diesbezügliche Erklärung sei erstmals mit der Antragstellung im Juli 2017 abgegeben worden. Nach alledem sei ein enger zeitlicher Zusammenhang und damit eine Erstausbildung nicht anzuerkennen.
15Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie die Verfahrensakte Bezug genommen.
16Die Streitsache ist am 06.12.2018 vor dem Senat mündlich verhandelt worden. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.
17E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
18Die Klage ist unbegründet, soweit die Beklagte bereits mit Kindergeldbescheid vom 21.10.2014 einen Antrag auf Kindergeld bis einschließlich Oktober 2014 bestandskräftig abgelehnt hat. Im Übrigen ist die Klage begründet.
19Die Bindungswirkung eines bestandskräftigen, die Gewährung von Kindergeld ablehnenden Bescheids erstreckt und beschränkt sich nach ständiger Rechtsprechung auf die Zeit bis zum Ende des Monats seiner Bekanntgabe (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 25.07.2001 VI R 78/98, BStBl. II 2002, 88). Daher steht die Bestandskraft eines solchen Bescheids einem - neuerlichen - Antrag auf Festsetzung von Kindergeld für frühere Zeiträume, für die die Familienkasse nach sachlicher Prüfung das Bestehen eines Kindergeldanspruchs verneint hat, entgegen (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 23.11.2001 VI R 125/00, BStBl. II 2002, 296 und BFH-Beschluss vom 25.10.2002 VI B 121/02, BFH/NV 2003, 168).
20Im Streitfall hatte die Beklagte bereits den Antrag des Klägers vom 07.10.2014 auf Kindergeld für das Kind E. mit Kindergeldbescheid vom 21.10.2014 abgelehnt. Dieser Bescheid ist von dem Kläger nicht angefochten worden und entfaltet daher Bindungswirkung für den (Streit-)Zeitraum Februar bis einschließlich Oktober 2014. Insofern ist der Ablehnungsbescheid vom 14.07.2017 rechtmäßig.
21Im Übrigen ist der Ablehnungsbescheid vom 14.07.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.11.2017 rechtswidrig. Der Kläger hat für den Zeitraum November 2014 bis August 2016 einen Anspruch auf Kindergeld für seinen Sohn E..
22Der Sohn des Klägers ist im Streitzeitraum zu berücksichtigen, da er in diesem Zeitraum eine Ausbildung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG absolvierte und noch keine erstmalige Berufsausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG abgeschlossen hatte.
23Gemäß §§ 62 Abs. 1 Satz 1, 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG besteht ein Anspruch auf Kindergeld unter anderem für ein Kind, welches das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird. Handelt es sich um eine Ausbildung nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums, wird das Kind nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG aber nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Nach § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG ist u.a eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit unschädlich.
24In Berufsausbildung befindet sich, wer „sein Berufsziel“ noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Dieser Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlagen für die Ausübung des „angestrebten“ Berufs geeignet sind. Hierbei braucht die Ausbildungsmaßnahme die Zeit und Arbeitskraft des Kindes nicht überwiegend in Anspruch zu nehmen. Insoweit wird der Tatbestand der Berufsausbildung auch nicht durch eine daneben ausgeübte Teilzeit- oder Vollzeiterwerbstätigkeit ausgeschlossen, wenn die Ausbildung ernsthaft und nachhaltig betrieben wird (BFH-Urteile vom 02.04.2009 III R 85/08, BStBl. II 2010, 298; vom 21.01.2010 III R 68/08, BFH/NV 2010, 872 und vom 08.09.2016 III R 27/15, BStBl. II 2017, 278).
25So liegt es im Streitfall. Das Bachelorstudium im Bereich Business Administration mit dem Schwerpunkt „Management & Finance“ bei der Business School stellt eine Berufsausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG dar. Die Erlangung des akademischen Grades „Bachelor of Arts“ ist das Ausbildungsziel von E.. Das Studium vermittelt ihm die hierzu erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten, die Grundlage des avisierten Ausbildungsziels sind. Dies ist den Informationen über das Bachelorstudium auf der Internetseite der Business School sowie der Bestätigung der Bank C. vom 26.10.2017 zu entnehmen.
26Der Kindergeldanspruch ist auch nicht wegen der Erwerbstätigkeit von E. im Umfang von 39 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit ausgeschlossen. Denn E. hatte im Streitzeitraum noch keine erstmalige Berufsausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG abgeschlossen. Das Bachelorstudium stellt vielmehr einen Teil der Erstausbildung dar. Mangels Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG war die Erwerbstätigkeit nicht anspruchsausschließend und eine Prüfung des § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG entfällt.
27Da es im Rahmen des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG auf das angestrebte Berufsziel des Kindes ankommt, muss der Tatbestand „Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung“ nicht bereits mit dem ersten (objektiv) berufsqualifizierenden Abschluss (z. B. in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang) erfüllt sein. Dies folgt unter anderem aus einer gegenüber § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG („Kind, das für einen Beruf ausgebildet wird“) engeren Auslegung des Berufsausbildungsbegriffs (vgl. BFH-Urteile vom 03.07.2014 III R 52/13, BStBl. II 2015, 152; vom 03.09.2015 VI R 9/15, BStBl. II 2016, 166 und vom 08.09.2016 III R 27/15, BStBl. II 2017, 278; BFH-Beschluss vom 29.08.2017 IX B 57/17, BFH/NV 2018, 22).
28Für die Frage, ob bereits der erste (objektiv) berufsqualifizierende Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang zum „Verbrauch“ der Erstausbildung führt oder ob bei einer mehraktigen Ausbildung auch ein nachfolgender Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang Teil der Erstausbildung sein kann, ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs darauf abzustellen, ob sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt (vgl. BFH-Urteile vom 04.02.2016 III R 14/15, BStBl. II 2016, 615 und vom 15.04.2015 V R 27/14, BStBl. II 2016, 163, BFH-Beschluss vom 29.08.2017 IX B 57/17, BFH/NV 2018, 22).
29Insoweit kommt es vor allem darauf an, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang (z. B. dieselbe Berufssparte oder derselbe fachliche Bereich) zueinander stehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden. Hierfür ist es erforderlich, dass auf Grund objektiver Beweisanzeichen erkennbar wird, dass das Kind die für sein angestrebtes Berufsziel erforderliche Ausbildung nicht bereits mit dem ersten erlangten Abschluss beendet hat (vgl. BFH-Urteile vom 04.02.2016 III R 14/15, BStBl. II 2016, 615 und vom 15.04.2015 V R 27/14, BStBl. II 2016, 163).
30Der Bundesfinanzhof hat insoweit entschieden, dass der notwendige enge Zusammenhang regelmäßig nicht mehr vorliegt, wenn die Aufnahme des zweiten Ausbildungsabschnitts voraussetzt, dass vorher eine Berufstätigkeit bzw. berufspraktische Erfahrung ausgeübt wurde (BFH-Urteil vom 04.02.2016 III R 14/15, BStBl. II 2016, 615, betreffend ein Studium an der VWA, welches eine berufspraktische Tätigkeit von in der Regel nicht unter einem Jahr voraussetzte). Gleiches gilt, wenn das Kind den zweiten Ausbildungsabschnitt erst nach einer zwischenzeitlichen Berufstätigkeit beginnt, welche nicht nur der zeitlichen Überbrückung dient (BFH-Urteile vom 11.04.2018 III R 18/17, BStBl. II 2018, 548 und vom 04.02.2016 III R 14/15, BStBl. II 2016, 615; BFH-Beschluss vom 29.08.2017 XI B 57/17, BFH/NV 2018, 22; FG Saarland, Urteil vom 15.02.2017 2 K 1290/16, juris - Revision anhängig unter III 43/17; FG Düsseldorf, Urteil vom 06.12.2017 2 K 1605/17 Kg, juris - Revision anhängig unter III R 3/18 Niedersächsisches FG, Urteil vom 17.10.2017 13 K 76/17, juris).
31Hiernach hat der erste berufsqualifizierende Abschluss von E. zum Bankkaufmann noch nicht zu einem „Abschluss der erstmaligen Berufsausbildung“ im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG geführt. Das Bachelorstudium im Bereich Business Administration mit dem Schwerpunkt „Management & Finance“ steht in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zur ersten berufsqualifizierenden Maßnahme als Bankkaufmann bei der Bank C.. Um den Abschluss „Bachelor of Arts“ zu erlangen, war E. auf ein weiterführendes Studium angewiesen, das auf seiner Ausbildung als Bankkaufmann aufbaut. Dass dies bezogen auf das Bachelorstudium bei der Business School an der Hochschule der Fall ist, ergibt sich aus den Informationen zu den Studieninhalten auf den Internetseiten der Hochschule und der Business School sowie der Bescheinigung der Bank C. vom 26.10.2017. Mit dem Schwerpunkt „Management & Finance“ baut der Studiengang auf der Banklehre auf und bereitet zudem auf eine spätere höherwertige Tätigkeit in der Finanzbranche vor.
32Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Ausbildung als Bankkaufmann und dem Bachelorstudium an der Hochschule ist ebenfalls gegeben. E. hat sich nach Beendigung seiner Bankausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt, d.h. für das Sommersemester 2014 (01.05.2014), an der Hochschule immatrikuliert. Bereits im September 2013 hatte er sich über den Studiengang informiert und sich im März 2014 beworben. Der enge Zusammenhang scheitert im Streitfall des Weiteren nicht daran, dass die Aufnahme des Bachelorstudiums bei der Business School nach § 3 der Rahmenstudienordnung der Hochschule neben der allgemeinen Hochschulreife eine mindestens zweijährige Berufserfahrung voraussetzt, denn die Erfahrung kann nach der Studienordnung sowohl in der Praxis als auch in der Ausbildung erworben werden. Da die geforderte mindestens zweijährige Berufserfahrung auch durch eine entsprechende Ausbildung nachgewiesen werden kann, hatte der Sohn des Klägers die Zugangsvoraussetzungen für das Bachelorstudium bereits während seiner Ausbildung zum Bankkaufmann, und zwar nach einer zweijährigen Ausbildungszeit, erfüllt. Die allgemeine Hochschulreife hatte er bereits vor der Aufnahme der Banklehre erworben. Die erforderliche praktische Berufstätigkeit stellt daher im Streitfall keine Zäsur im Sinne der Rechtsprechung dar.
33Nach den vorgenannten Rechtsprechungsgrundsätzen entfällt eine einheitliche Erstausbildung, wenn der erstrebte weitere Abschluss voraussetzt, dass vor Ablegung des Abschlusses eine Berufstätigkeit bzw. eine berufspraktische Erfahrung ausgeübt wurde. Dies gilt unabhängig davon, ob die Berufstätigkeit vor Beginn der zweiten und zu dem weiteren Abschluss führenden Ausbildungsmaßnahme ausgeübt wird, oder ob die Berufstätigkeit und die weitere Ausbildungsmaßnahme parallel aufgenommen werden. Der Senat versteht diese Rechtsprechung so, dass die dort benannte, zu einer Zäsur führende und damit anspruchsausschließende Berufstätigkeit jeweils außerhalb der ersten Ausbildungsmaßnahme ausgeübt werden muss (vgl. auch Urteil FG Münster vom 16.08.2018 10 K 3767/17 Kg, juris m.w.N.). Vorliegend liegt der Sachverhalt insoweit anders, als die für die Zulassung notwendige mindestens zweijährige Berufserfahrung bereits durch Absolvierung des ersten Ausbildungsabschnitts – hier der Ausbildung zum Bankkaufmann – abgeleistet werden kann. Die Berufserfahrung ist nicht vor oder während des zweiten Ausbildungsabschnitts zu sammeln. Der Sohn des Klägers erfüllte daher bereits zu Beginn seines Bachelorstudiums alle Zulassungsvoraussetzungen.
34Die Regelung in der Dienstanweisung der Familienkasse, wonach Erklärungen, die eine Absicht glaubhaft machen sollen, nur ab dem Zeitpunkt des Eingangs der schriftlichen Erklärung bei der Familienkasse wirken, ist für das Gericht nicht bindend.
35Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
36Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung sowie zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung der einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Beim Bundesfinanzhof sind derzeit mehrere Revisionsverfahren zu der Frage anhängig, ob eine während des zweiten Ausbildungsabschnitts parallel ausgeübte Erwerbstätigkeit eine schädliche Zäsur bildet, die eine Erstausbildung entfallen lässt.