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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Streitig ist die Anwendung von § 8b Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in Verbindung mit § 40a Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) in der Fassung des Artikels 6 des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz (im Folgenden: Korb-II-Gesetz) vom 22.12.2003 (BGBl I 2003, 2840) auf negative Aktiengewinne aus der Veräußerung von Sonder-Wertpapiervermögen.
3Die Klägerin bildet einen Gleichordnungskonzern im Sinne des § 18 Abs. 2 des Aktiengesetzes (AktG).
4Im Jahr 2003 veräußerte die Klägerin die folgenden Anteilsscheine an drei Spezialfonds und erzielte hieraus die folgenden Buchgewinne:
5Fonds |
Anzahl der Anteile |
Veräußerung am |
Buchgewinn |
Fonds |
X |
00.00.2003 |
|
Fonds |
X |
00.00.2003 |
|
Fonds |
X |
00.00.2003 |
X € |
Fonds |
X |
00.00.2003 |
|
Fonds |
X |
00.00.2003 |
X € |
Fonds |
x |
00.00.2003 |
X € |
Gesamt |
X € |
Aus der Veräußerung der Anteilsscheine an dem Fonds B erzielte die Klägerin einen buchtechnischen Verlust in Höhe von X €.
7Im Rahmen ihrer Körperschaftsteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2003 erklärte die Klägerin diese Buchgewinne in Höhe von X € als nach § 8b Abs. 2 und 3 KStG 2002 steuerfrei („Steuerfreie Erträge aus dem Abgang von Investmentfondsanteilen“). Einen Anleger-Aktiengewinn oder –verlust ermittelte die Klägerin nicht.
8Mit Körperschaftsteuerbescheid 2003 vom 06.07.2005, der gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, und mit Bescheid vom 06.01.2009, der den Ausgangsbescheid aus nicht das Klageverfahren betreffenden Gründen änderte, veranlagte der Beklagte die Klägerin hinsichtlich der Buchgewinne aus der Veräußerung der Anteilsscheine an den drei Spezialfonds erklärungsgemäß. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb im Änderungsbescheid vom 06.01.2009, mit dem die Körperschaftsteuer 2003 auf X € festgesetzt wurde, bestehen.
9Für die Veranlagungszeiträume 2003 bis 2007 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung eine Außenprüfung bei der Klägerin durch, die mit Prüfungsbericht vom 09.03.2011, auf den verwiesen wird, abgeschlossen wurde.
10Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung ermittelte – ausweislich der Tz. 2.11.8 des Prüfungsberichts vom 09.03.2011 – hinsichtlich der Veräußerung der Anteilsscheine an den Fonds C, D und E die folgenden Anleger-Aktienverluste, die der Höhe nach zwischen den Beteiligten unstreitig sind:
11Fonds |
Anleger-Aktienverlust |
C |
X € |
D |
X € |
E |
X € |
Gesamt |
X € |
Die negativen Aktiengewinne in Höhe von X € seien dem zu versteuernden Einkommen der Klägerin hinzuzurechnen. Die im Rahmen der Körperschaftsteuererklärung 2003 erfolgte Steuerfreistellung der Buchgewinne nach § 8b Abs. 2 und 3 KStG sei rückgängig zu machen. Der Verlust aus dem Verkauf des Fonds B sei nicht gemäß § 8b Abs. 3 KStG hinzuzurechnen.
13Der Betrag der Einkommenskorrektur sei daher wie folgt zu ändern:
14bisher X €
15abzgl. bisher steuerfrei belassene Buchgewinne ./. X €
16errechneter Anleger-Aktienverlust ./. X €
17Korrektur Verkauf Rentenfonds X €
18./. X €
19Die Einkommenserhöhung betrage folglich X € und der Betrag der nicht abziehbaren Kosten mindere sich um X €. Insoweit wird auf den Betriebsprüfungsbericht Bezug genommen.
20Der Beklagte schloss sich den Prüfungsfeststellung an und erließ am 12.04.2011 einen nach § 164 Abs. 2 AO korrigierten Körperschaftsteuerbescheid, mit dem er die Körperschaftsteuer 2003 auf X € festsetzte. Hierbei rechnete er unter anderem die Anleger-Aktienverluste in Höhe von insgesamt X € dem Einkommen hinzu.
21Mit ihrem hiergegen erhobenen Einspruch wandte sich die Klägerin gegen die Hinzurechnung der negativen Aktiengewinne aus der Veräußerung von Investmentfonds. § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG dürfe als Verweisungsnorm auf § 8b Abs. 3 KStG nicht herangezogen werden, da diese Regelung erst mit dem Korb-II-Gesetz vom 22.12.2003 eingeführt worden sei. Vor Einführung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG habe es keine, dem § 8b Abs. 3 KStG entsprechende Regelung für Wertpapier-Sondervermögen gegeben. Die rückwirkende Einführung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG durch § 43 Abs. 18 KAGG sei unzulässig. Insoweit sei unter dem Aktenzeichen 1 BvL 5/08 bereits ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig.
22Im Hinblick auf das beim Bundesverfassungsgericht unter dem Aktenzeichen 1 BvL 5/08 anhängige Verfahren zu der Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 43 Abs. 18 KAGG, der eine rückwirkende Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG in der Fassung des Korb-II-Gesetzes anordnet, stellte der Beklagte das Einspruchsverfahren nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO ruhend.
23Nachdem das Bundesverfassungsgericht am 17.12.2013 eine Entscheidung in dem Verfahren 1 BvL 5/08 getroffen und das Bundesministerium für Finanzen am 25.07.2016 ein BMF-Schreiben zur Berücksichtigung negativer Aktiengewinne nach § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG und § 8b Abs. 3 KStG erlassen hatte, wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin gegen den Änderungsbescheid vom 12.04.2011 als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung vom 12.12.2016).
24Mit ihrer Klage macht die Klägerin geltend, die Hinzurechnung der negativen Aktiengewinne in Höhe von insgesamt X € sei unrechtmäßig und daher rückgängig zu machen. Das zu versteuernde Einkommen des Jahres 2003 sei entsprechend zu mindern, denn es fehle an einer gesetzlichen Grundlage für die Hinzurechnung.
25Im Zeitpunkt der Veräußerung der jeweiligen Anteilsscheine sei das Korb-II-Gesetz vom 22.12.2003 noch nicht verkündet gewesen. Das Gesetz sei erst am 27.12.2003 verkündet worden. Sie, die Klägerin, habe daher auf den Fortbestand des § 40a KAGG in der Fassung vor dem Korb-II-Gesetz vertrauen dürfen.
26§ 40a Abs. 1 KAGG sei vor dem Hintergrund des Systemwechsels im Körperschaftsteuerrecht vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren eingeführt worden. Hierdurch sollten die Änderungen im Bereich der Körperschaftsteuer für die Wertpapier-Sondervermögen nachvollzogen werden. Gemäß § 43 Abs. 18 KAGG sei § 40a Abs. 1 KAGG – und insbesondere die hier streitige Regelung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG – auf alle Veranlagungszeiträume anzuwenden, für die es noch keine bestandskräftige Steuerfestsetzung gebe.
27Für das Streitjahr 2003 ergebe sich daher die Frage nach der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer unechten Rückwirkung, da der Veranlagungszeitraum 2003 bei Verkündung des Korb-II-Gesetzes vom 22.12.2003 am 27.12.2003 noch nicht abgeschlossen, die hier betroffenen Anteilsscheine aber bereits veräußert gewesen seien.
28Rückwirkende steuerrechtliche Änderungen für einen noch laufenden Veranlagungszeitraum seien zwar nicht grundsätzlich unzulässig, sie seien jedoch besonders streng am Maßstab des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit zu messen.
29Das Vertrauen der Steuerpflichtigen in das gegenwärtig geltende Recht entfalle grundsätzlich mit der Einbringung eines Gesetzentwurfs in den Bundestag. Ab diesem Zeitpunkt müsse ein Steuerpflichtiger mit zukünftigen Gesetzesänderungen rechnen. Da der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Korb-II-Gesetz vom 15.08.2003, der bereits Änderungen zu § 40a KAGG enthielt, erst am 08.09.2003 in den Bundestag eingebracht worden sei, sei ihr Vertrauen in die bisherige Rechtslage schutzwürdig. Sämt-liche betroffene Anteilsscheine seien vor dem 08.09.2003 veräußert worden. Eine rückwirkende Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG in der Fassung des Korb-II-Gesetzes vom 22.12.2003 auf die hier streitigen Veräußerungsvorgänge verstoße gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes. Rechtfertigungsgründe hierfür seien nicht ersichtlich.
30Der Beklagte hat den Körperschaftsteuerbescheid 2003 aus nicht das Klageverfahren betreffenden Gründen am 11.05.2018 geändert.
31Die Klägerin beantragt daher,
32den Körperschaftsteuerbescheid 2003 vom 11.05.2018 dahingehend zu ändern, dass die außerbilanzielle Hinzurechnung der negativen Aktiengewinne in Höhe von X € rückgängig gemacht und das zu versteuernde Einkommen entsprechend gemindert wird.
33Der Beklagte beantragt,
34die Klage abzuweisen,
35hilfsweise, die Revision zuzulassen.
36Die negativen Aktiengewinne seien dem Steuerbilanzgewinn gemäß § 8b Abs. 3 KStG in Verbindung mit § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG zutreffend hinzugerechnet worden.
37Der Gesetzgeber habe sich in dem Gesetzgebungsverfahren zum Investmentmodernisierungsgesetz mit der Frage auseinandergesetzt, ob der in § 8b Abs. 3 KStG in der ab dem 01.01.2001 geltenden Fassung vorgesehene Ausschluss der Berücksichtigungs-fähigkeit von Teilwertabschreibungen auch auf Kapitalanlagegesellschaften Anwendung finde, obwohl § 40a KAGG keinen Verweis auf diese Vorschrift enthalte. Mit § 40a Abs. 1 Satz 2 und § 43 Abs. 18 KAGG habe der Gesetzgeber die Anwendung von § 8b Abs. 3 KStG auf Kapitalanlagegesellschaften normiert und diese zugleich auf die Vergangenheit erstreckt. Aus Sicht des Gesetzgebers habe es sich nur um eine klarstellende Regelung gehandelt.
38Aufgrund der ausdrücklichen Verweisung in § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG finde die Abzugsbeschränkung des § 8b Abs. 3 KStG im Veranlagungszeitraum 2003 Anwendung. Eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung bestehe für das Jahr 2003 nicht. Der Veranlagungszeitraum 2003 sei im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Korb-II-Gesetzes im Bundesgesetzblatt (BGBl I 2003, 2840) am 27.12.2003 noch nicht abgelaufen gewesen. Ein Verstoß gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes liege nicht vor. Die rückwirkende Anwendung der streitigen Norm sei vielmehr im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und einer einheitlichen Rechtsanwendung geboten.
39Bereits die frühere Rechtslage habe kein Vertrauen begründen können, da bereits hinsichtlich der alten Fassung des § 40a Abs. 1 KAGG mit einer entsprechenden Auslegung habe gerechnet werden müssen. Die Frage, ob § 40a Abs. 1 KAGG in seiner ursprünglichen Form zugleich die Rechtsfolge des § 8b Abs. 3 KStG umfasste, habe allein nach dem Wortlaut nicht beantwortet werden können. Es habe vielmehr einer höchstrichterlichen Auslegung bedurft. Missverständnisse und Zweifelsfragen hätten nur in einer Zusammenschau von Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Gesetzessystematik und Gesetzesintention geklärt werden können.
40Mangels einer vertrauensbegründenden Rechtslage sei die rückwirkende Klärung einer offenen Rechtsfrage als verfassungsrechtlich unbedenklich anzusehen.
41Der Beklagte verweist weiter darauf, dass in Absprache mit der Klägerin auf eine abweichende Ermittlung der negativen Anleger-Aktiengewinne unter Berücksichtigung der Regelungen im BMF-Schreiben vom 25.07.2016 verzichtet worden sei. Zudem sei im Rahmen einer Kompromisslösung bereits ein Abschlag in Höhe von 9,9 Mio. € auf die ursprünglichen Prüfungsfeststellungen gewährt worden, mit dem ein etwaiger Änderungsumfang zugunsten der Klägerin aufgrund der Neuerungen im BMF-Schreiben vom 25.07.2016 abgegolten sei.
42Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie die Verfahrensakte Bezug genommen.
43Entscheidungsgründe
44Die Klage ist unbegründet.
45Der Körperschaftsteuerbescheid 2003 vom 11.05.2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
461. Der Beklagte hat zu Recht die negativen Aktiengewinne in Höhe von insgesamt X € gemäß § 8b Abs. 3 KStG in Verbindung mit § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG in der Fassung des Art. 6 des Korb-II-Gesetzes vom 22.12.2003 (BGBl I 2003, 2840) dem Steuerbilanzgewinn der Klägerin außerhalb der Bilanz hinzugerechnet.
47Gemäß § 40a Abs. 1 Satz 1 KAGG sind auf Einnahmen aus der Rückgabe oder Ver-äußerung von Anteilsscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen, die zu einem Betriebsvermögen gehören, § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und § 8b Abs. 2 KStG anzuwenden, soweit sie dort genannte, dem Anteilsscheininhaber noch nicht zugeflossene oder als zugeflossen geltende Einnahmen enthalten oder auf Beteiligungen des Wertpapier-Sondervermögens an Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen entfallen, deren Leistungen beim Empfänger zu den Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören. Auf die Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit Anteilsscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen stehen, sind gemäß § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG in der Fassung des Art. 6 des Korb-II-Gesetzes zudem § 3c Abs. 2 EStG und § 8b Abs. 3 KStG anzuwenden, soweit die Gewinnminderungen auf die in Satz 1 genannten Beteiligungen des Wertpapier-Sondervermögens entfallen. Die Vorschrift wird derart umgesetzt, dass der von der Kapitalanlagegesellschaft gemäß § 41 Abs. 5 KAGG zu ermittelnde, so genannte Aktiengewinn vom Gewinn des Anteilsscheininhabers außerbilanziell abgezogen wird. Im Falle eines negativen Aktiengewinns kommt es deshalb im Ergebnis zur außerbilanziellen Hinzurechnung des Verlustbetrages.
48Der Beklagte hat die Anleger-Aktienverluste – unter Berücksichtigung eines Abschlags in Höhe von X € – mit insgesamt X € ermittelt und – dem § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG in Verbindung mit § 8b Abs. 3 KStG entsprechend – im Kalenderjahr 2003 außerbilanziell hinzugerechnet. Dies entspricht der nach § 43 Abs. 18 KAGG ab dem Veranlagungszeitraum 2003 geltenden Rechtslage.
49Die Höhe der hinzugerechneten negativen Aktiengewinne ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
502. § 43 Abs. 18 KAGG, der die Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG in der Fassung des Korb-II-Gesetzes auf alle noch nicht bestandskräftigen Festsetzungen anordnet, ist für das Streitjahr 2003 nicht wegen einer unzulässigen Rückwirkung verfassungswidrig.
51a) Grundsätzlich ist der rückwirkende Erlass belastender Gesetze aus Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes verboten. Dieses Verbot schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte. Wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert, bedarf dies einer besonderen Rechtfertigung vor dem Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten, unter deren Schutz Sachverhalte „ins Werk gesetzt" worden sind. Die Grundrechte wie auch das Rechtsstaatsprinzip garantieren im Zusammenwirken die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und damit als eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen. Es würde Einzelne in ihrer Freiheit erheblich gefährden, dürfte die öffentliche Gewalt an ihr Verhalten oder an sie betreffende Umstände ohne Weiteres im Nachhinein belastendere Rechtsfolgen knüpfen, als sie zum Zeitpunkt ihres rechtserheblichen Verhaltens galten (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.11.2017 4 K 3397/15, EFG 2018, 401, Rev. anhängig: BFH IV R 19/17).
52Eine Rechtsnorm entfaltet danach eine – grundsätzlich unzulässige – "echte" Rückwirkung, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen"). Erst mit der Verkündung ist eine Norm rechtlich existent. Bis zu diesem Zeitpunkt, zumindest aber bis zum endgültigen Gesetzesbeschluss, muss der von einem Gesetz Betroffene grundsätzlich darauf vertrauen können, dass seine auf geltendes Recht gegründete Rechtsposition nicht durch eine zeitlich rückwirkende Änderung der gesetzlichen Rechtsfolgenanordnung nachteilig verändert wird (BVerfG-Beschlüsse vom 07.07.2010 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1 und vom 07.07.2010 2 BvL 1/03, 2 BvL 57/06, 2 BvL 58/06, BVerfGE 127, 31).
53Soweit belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden ("tatbestandliche Rückanknüpfung"), liegt eine „unechte“ Rückwirkung vor. Eine solche unechte Rückwirkung ist nicht grundsätzlich unzulässig, denn die Gewährung vollständigen Schutzes zugunsten des Fortbestehens der bisherigen Rechtslage würde den dem Gemeinwohl verpflichteten Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Hinblick auf einen Wandel der Lebensverhältnisse in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen. Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht insbesondere nicht so weit, den Staatsbürger vor jeder Enttäuschung zu bewahren. Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (BVerfG-Beschlüsse vom 07.07.2010 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1 und vom 07.07.2010 2 BvL 1/03, 2 BvL 57/06, 2 BvL 58/06, BVerfGE 127, 31; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.11.2017 4 K 3397/15, EFG 2018, 401, Rev. anhängig: BFH IV 19/17).
54Im Steuerrecht liegt eine echte Rückwirkung nur vor, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändert. Für den Bereich des Einkommensteuerrechts bedeutet dies, dass die Änderung von Normen mit Wirkung für den laufenden Veranlagungszeitraum der Kategorie der unechten Rückwirkung zuzuordnen ist. Denn nach § 38 AO in Verbindung mit § 36 Abs. 1 EStG entsteht die Einkommen-steuer erst mit dem Ablauf des Veranlagungszeitraums, d.h. des Kalenderjahres (§ 25 Abs. 1 EStG). Entsprechendes gilt für das Körperschaftsteuerrecht (§ 30 Nr. 3 KStG).
55Sofern eine Steuerrechtsnorm nach diesen Grundsätzen unechte Rückwirkung entfaltet, gelten für deren Vereinbarkeit mit der Verfassung im Verhältnis zu sonstigen Fällen unechter Rückwirkung gesteigerte Anforderungen. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass rückwirkende Regelungen innerhalb eines Veranlagungszeitraums, die danach der unechten Rückwirkung zugeordnet werden, in vielerlei Hinsicht den Fällen echter Rückwirkung nahe stehen. Freilich ist auch in diesem Fall eine unechte Rückwirkung nicht grundsätzlich unzulässig.
56Der Gesetzgeber muss aber, soweit er für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte innerhalb des nicht abgeschlossenen Veranlagungszeitraums anknüpft, dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen der Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage sind abzuwägen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss gewahrt sein. Soweit daher an zurückliegende Sachverhalte innerhalb des nicht abgeschlossenen Veranlagungszeitraums angeknüpft wird, ist diese unechte Rückwirkung mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt. Wenn der Gesetzgeber das Ertragsteuerrecht während des laufenden Veranlagungszeitraums umgestaltet und die Rechtsänderungen auf dessen Beginn bezieht, bedürfen die belastenden Wirkungen einer Enttäuschung schutzwürdigen Vertrauens deshalb stets einer hinreichenden Begründung nach den Maßstäben der Verhältnismäßigkeit. Hier muss der Normadressat eine Enttäuschung seines Vertrauens in die alte Rechtslage nur hinnehmen, soweit dies aufgrund besonderer, gerade die Rückanknüpfung rechtfertigender öffentlicher Interessen unter Wahrung der Verhältnis-mäßigkeit gerechtfertigt ist (BVerfG-Beschlüsse vom 10.10.2012, 1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302 und vom 17.12.2013 1 BvL 5/08, BVerfGE 135, 1).
57b) Da die Körperschaftsteuer des Veranlagungszeitraums 2003 bei Inkrafttreten des Korb-II-Gesetzes am 27.12.2003 noch nicht entstanden war, entfaltet § 43 Abs. 18 KAGG für das Kalenderjahr 2003 eine unechte Rückwirkung (FG-Nürnberg, Urteil vom 21.07.2009 1 K 733/2007, EFG 2010, 163; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.11.2017 4 K 3397/15, EFG 2018, 401, Rev. anhängig: BFH IV R 19/17).
58c) Die unechte Rückwirkung durch die in § 43 Abs. 18 KAGG angeordnete Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG in der Fassung des Art. 6 des Korb-II-Gesetzes im Veranlagungszeitraum 2003 ist verfassungsrechtlich zulässig. Denn es bestand kein schützenswertes Vertrauen in die von der Klägerin für sich in Anspruch genommene Rechtslage. Zudem war die Neuregelung zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich und es wurde die Grenze der Zumutbarkeit bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens sowie dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe gewahrt.
59aa) Im Streitfall waren die die Abzugsbeschränkung auslösenden Verkäufe der Anteilsscheine an den drei Spezialfonds bereits abgeschlossen, bevor der Entwurf des Korb-II-Gesetzes am 08.09.2003 in den Bundestag eingebracht wurde. Im Zeitpunkt der Verwirklichung des Steuertatbestandes war das Vertrauen der Klägerin – anders als in dem vor dem Finanzgericht Nürnberg geführten Verfahren (FG Nürnberg, Urteil vom 21.07.2009 1 K 733/2007, EFG 2010, 163) – daher nicht allein deshalb erschüttert, weil der Gesetzentwurf bereits in den Bundestag eingebracht war und in der Öffentlichkeit diskutiert wurde.
60bb) Das Fehlen eines schutzwürdigen Vertrauens bei der Klägerin ist jedoch darauf zurückzuführen, dass die Rechtslage von Anfang an umstritten war.
61§ 40a Abs. 1 KAGG in der vor dem Korb-II-Gesetz, d.h. bis zum Veranlagungszeitraum 2002 geltenden Fassung enthielt keinen Verweis auf § 3c Abs. 2 EStG und § 8b Abs. 3 KStG. Nach der reinen Wortlautauslegung waren daher bis zum Veranlagungszeitraum 2002 Einnahmen aus der Rückgabe oder Veräußerung von Anteilsscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen, die zu einem Betriebsvermögen gehören, (anteilig) steuerfrei (§ 40a Abs. 1 Satz 1 KAGG), während Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit Anteilsscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen stehen, steuerlich beachtlich waren.
62Eine Rechtsnorm ist jedoch nicht allein anhand ihres Wortlautes auszulegen. Sie ist vielmehr in ihrem Gesamtzusammenhang auch unter Berücksichtigung ihrer Entstehungsgeschichte, ihrer Systematik und ihres Sinn und Zwecks zu würdigen.
63§ 40a Abs. 1 KAGG in der vor dem Korb-II-Gesetz geltenden Fassung wurde in Rechtsprechung und Literatur auch dahingehend ausgelegt, dass der Verweis auf § 8b Abs. 2 KStG weiter zu verstehen und demnach auch die Abzugsbeschränkung des § 8b Abs. 3 KStG erfasst war. Dieser Auslegung ist unter anderem der Gesetzgeber gefolgt, der der Neuregelung des § 40a Abs. 1 Satz 2 in der Fassung des Korb-II-Gesetzes – ausweislich der Gesetzesbegründung (BTags-Drucks. 15/1518, 17) – lediglich eine deklarato-rische Bedeutung beimaß.
64§ 40a Abs. 1 KAGG in der bis zum Korb-II-Gesetz geltenden Fassung konnte in vertretbarer Weise sowohl im Sinne der Anwendung von § 3c Abs. 2 EStG und § 8b Abs. 3 KStG als auch im Sinne der Nichtanwendung ausgelegt werden (BVerfG-Beschluss vom 17.12.2013 1 BvL 5/08, BVerfGE 135, 1). Dass bis zu der Verkündung des Korb-II-Gesetzes im Bundesgesetzblatt noch keine gerichtliche Entscheidung zu dieser Frage ergangen war, rechtfertigt keine andere verfassungsrechtliche Beurteilung (BVerfG-Beschluss vom 17.12.2013 1 BvL 5/08, BVerfGE 135, 1). Die Ungewissheit in der Auslegung von § 40a Abs. 1 KAGG in der bis zum Korb-II-Gesetz geltenden Fassung wurde durch die später ergangenen divergierenden Entscheidungen der Finanzgerichte bestätigt (BVerfG-Beschluss vom 17.12.2013 1 BvL 5/08, BVerfGE 135, 1; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.11.2017 4 K 3397/15, EFG 2018, 401, Rev. anhängig. BFH IV R 19/17).
65Es sprachen nicht nur gute Gründe für ein von der reinen Wortlautauslegung des § 40a Abs. 1 KAGG in der bis zum Korb-II-Gesetz geltenden Fassung abweichendes Auslegungsergebnis im Sinne der Anwendbarkeit von § 3c Abs. 2 EStG und § 8b Abs. 3 KStG, sondern es erschien im Gegenteil sogar systematisch fragwürdig, weshalb – ab-weichend vom neuen Körperschaftsteuersystem – positive Wertentwicklungen nicht der Besteuerung unterliegen, negative Wertentwicklungen hingegen steuerliche Berücksichtigung finden sollten (BVerfG-Beschluss vom 17.12.2013 1 BvL 5/08, BVerfGE 135, 1). Dies hatte eine systemwidrige und unbillige Begünstigung der Kapitalanlagegesellschaft zur Folge. Daher war die Auslegung im Sinne der Anwendung von § 3c Abs. 2 EStG und § 8b Abs. 3 KStG vertretbar und nach Auffassung von Masing sogar naheliegend und die gegenteilige Auffassung systemwidrig (vgl. Sondervotum Masing, BVerfGE 135, 29), weil sie zur Privatisierung der Gewinne bei gleichzeitiger Sozialisierung der Verluste führte (vgl. auch FG Nürnberg, Urteil vom 13.12.2016 1 K 1214/14, EFG 2017, 1606).
66Zwar hat der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 25.06.2014 (I R 33/09, BStBl II 2016, 699) die Auffassung vertreten, dass § 40a Abs. 1 KAGG in der bis zum Korb-II-Gesetz geltenden Fassung keine Rechtsgrundlage für die Anwendung von § 3c Abs. 2 EStG und § 8b Abs. 3 KStG darstellt. Dies ändert jedoch nichts daran, dass weder die eine noch die andere Auslegung von Verfassungs wegen zwingend geboten war. Die Fachgerichte hätten – von Verfassungs wegen – deshalb eine Auslegung von § 40a Abs. 1 KAGG in der bis zum Korb-II-Gesetz geltenden Fassung in Sinne der Anwendung von § 3c Abs. 2 EStG und § 8b Abs. 3 KStG ohne Weiteres herbeiführen können. Damit haben die betroffenen Kapitalanlagegesellschaften auch rechnen müssen (FG-Baden-Württemberg, Urteil vom 29.11.2017 4 K 3397/15, EFG 2018, 401, Rev. anhängig: IV R 19/17).
67Bereits die ursprüngliche Rechtslage vermittelte daher keinerlei berechtigtes Vertrauen in die Nichtanwendung von § 3c Abs. 2 EStG und § 8b Abs. 3 KStG (FG Nürnberg, Urteil vom 13.12.2016, 1 K 1214/14, EFG 2017, 1606; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.11.2017, EFG 2018, 401, Rev. anhängig: IV R 19/17).
68Da sich ein schützenswertes Vertrauen der Klägerin schon in die alte Rechtslage nicht feststellen lässt, ist die Neuregelung in § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG mit der über § 43 Abs. 18 KAGG angeordneten unechten Rückwirkung für den laufenden Veranlagungszeitraum 2003 zulässig.
69In seinem Beschluss vom 17.12.2013 (1 BvL 5/18) hat das Bundesverfassungsgericht zwar ausgeführt, die Rechtslage sei in Bezug auf § 40a Abs. 1 KAGG in der bis zur Änderung durch das Korb-II-Gesetz geltenden Fassung nicht verworren, sondern § 40a Abs. 1 KAGG sei lediglich auslegungsbedürftig gewesen, was eine echte Rückwirkung für die Veranlagungszeiträume 2001 und 2002 ausschließe (vgl. Rz. 73 des Beschlusses). Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings auch ausdrücklich klargestellt, dass das von ihm gefundene Ergebnis nicht auf den Veranlagungszeitraum 2003 erstreckt werden könne, da sich im Hinblick auf die Einordnung der gesetzlichen Rückwirkung für das Jahr 2003 eigene Probleme und Fragen ergäben (vgl. Rz. 37 des Beschlusses).
70cc) Selbst wenn der Senat ein schützenswertes Vertrauen der Klägerin und der übrigen Kapitalanlagegesellschaften sowie der Fondsanleger in die Nichtanwendung von § 3c Abs. 2 EStG und § 8b Abs. 3 KStG annähme, war die Neuregelung in § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG jedenfalls zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich. Zudem wurde die Grenze der Zumutbarkeit bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht sowie der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe gewahrt (FG Nürnberg, Urteil vom 13.12.2016, 1 K 1214/14, EFG 2017, 1606; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.11.2017, EFG 2018, 401, Rev. anhängig: BFH IV R 19/17).
71Die Nichtanwendung von § 3c Abs. 2 EStG und § 8b Abs. 3 KStG führte zu einer systemwidrig vom Transparenzprinzip abweichenden und unbilligen Begünstigung der Kapitalanlagegesellschaften und der Fondsanleger. Denn Gewinne blieben – ganz oder zum Teil – steuerfrei (§ 40a Abs. 1 KAGG a.F. in Verbindung mit § 3 Nr. 40 EStG und § 8b Abs. 2 KStG), wohingegen Verluste zu Lasten der Allgemeinheit das zu versteuernde Einkommen in voller Höhe minderten.
72§ 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG in der Fassung des Korb-II-Gesetzes vom 22.12.2003 war geeignet und erforderlich diese Systemwidrigkeit und die damit verbundene Besserstellung der Kapitalanlagegesellschaften und der Fondsanleger zu beseitigen (FG Nürnberg, Urteil vom 13.12.2016, 1 K 1214/14, EFG 2017, 1606). Die Interessen der Allgemeinheit an der Beseitigung der unbilligen Begünstigung der Kapitalanlagegesellschaften und ihrer Fondsanleger gegenüber den Direktanlegern waren höher zu bewerten, als das Vertrauen der Betroffenen in die Fortgeltung der alten Rechtslage. Denn dem Vertrauen der Betroffenen in die Nichtanwendung von § 3c Abs. 2 EStG und § 8b Abs. 3 KStG war wegen der unsicheren Rechtslage kein besonderes Gewicht beizumessen. Demgegenüber war die unbillige Begünstigung der Kapitalanlegegesellschaften und der Fondsanleger eklatant. Es bestand daher ein hohes Interesse der Allgemeinheit diese Systemwidrigkeit zu beenden und eine Neuregelung zu schaffen. Es war den Betroffenen – wie hier der Klägerin – daher zuzumuten, eine Änderung mit unechter Rückwirkung für den laufenden Veranlagungszeitraum hinzunehmen.
73dd) Der Dispositionsschutz der Kapitalanlagegesellschaften, d.h. im Streitfall der Klägerin, kann die Verfassungswidrigkeit der über § 43 Abs. 18 KAGG angeordneten rückwirkenden Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG auf den Veranlagungszeitraum 2003 ebenfalls nicht rechtfertigen. Denn der Schutz der Dispositionsfreiheit der Klägerin bzw. der übrigen Kapitalanlagegesellschaften tritt bei der hier gegebenen auslegungsbedürftigen Rechtslage hinter dem Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung der Systemwidrigkeit zurück. Die Klägerin kann sich auf ihren Dispositionsschutz nicht berufen, da sie bereits nach der alten Rechtslage mit einer Auslegung des § 40a Abs. 1 KAGG a.F. durch die Gerichte in der Form rechnen musste, die dem mit dem Korb-II-Gesetz einführten § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG entspricht.
743. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
754. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 43 Abs. 18 KAGG in der Fassung des Art. 6 des Korb-II-Gesetzes vom 22.12.2003 ist höchstrichterlich noch nicht geklärt. Hinsichtlich dieser Rechtsfrage ist unter dem Akten-zeichen IV R 19/17 derzeit ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof anhängig.