Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
2Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die gesonderte Feststellung nach § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 und § 38 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 (KStG 2002) auf den 31.12.2006 wegen einer offenbaren Unrichtigkeit geändert werden muss bzw. ob diese Feststellung nichtig ist.
3An dem Stammkapital der Klägerin waren zunächst B D mit 165.000 € und F mit 135.000 € beteiligt.
4Am 22.4.2006 veräußerten B D und F ihre Anteile an die G NV aus Belgien (Nummer …/2006 der Urkundenrolle des Notars H mit dem Amtssitz J). Nach Punkt 5 der Vorbemerkungen zum Vertrag beabsichtigte die G NV neben den Anteilen an der Klägerin auch die zukünftigen Anteile an der K GmbH zu erwerben, die am 20.4.2006 als 100%-ige Tochtergesellschaft der Klägerin gegründet worden war.
5Der Verkauf der Anteile an der Klägerin erfolgte mit wirtschaftlicher Wirkung zum Stichtag 1.1.2006, 00:00 Uhr. Unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung und der Kartellfreigabe traten die beiden Altgesellschafter ihre Anteile an die G NV ab (§ 1 Abs. 1 und 2 des Vertrages).
6Gemäß § 2 Abs. 1 des Vertrages betrug der Kaufpreis insgesamt 22.500.000 €. Der Kaufpreis war fällig und wie folgt zu zahlen (§ 2 Abs. 2 des Vertrages):
7- Ein Teilkaufpreis von 20.000.000 € entfiel in Höhe von 1.800.000 € auf das Geschäft der K GmbH und in Höhe von 18.200.000 € auf die Anteile an der Gesellschaft. Der Betrag wurde drei Bankarbeitstage nach Kartellfreigabe fällig. Auf B D entfielen 10.910.000 €, von denen 10.010.000 € auf sein Konto zu überweisen waren. Der Differenzbetrag von 900.000 € war auf ein Konto der Klägerin zu überweisen und sollte in die Kapitalrücklage (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 des Handelsgesetzbuches) eingezahlt werden. Der auf F entfallende Teil des Kaufpreises sollte in Höhe von 8.190.000 € auf sein Konto überwiesen werden; der Differenzbetrag von auch hier 900.000 € war ebenfalls unmittelbar in die Kapitalrücklage der Klägerin einzuzahlen.
8B D und F waren verpflichtet, rechtzeitig vor dem Closing einen Gesellschafterbeschluss zu fassen, in dem sie sich verpflichteten, jeweils 900.000 € am Closing in die Kapitalrücklage der Gesellschaft zum Zweck der Finanzierung des Kaufs des …geschäfts durch K GmbH einzulegen. Die G NV hatte als Käuferin der Anteile dafür Sorge zu tragen, dass die Gesellschaft die erhaltenen Einlageleistungen noch am selben Tag als Einlagenzahlung der Gesellschaft in die Kapitalrücklage der K GmbH einzahlt. Ebenso hatte die G NV Sorge dafür zu tragen, dass die K GmbH den Kaufpreis bezahlte, der zur Erfüllung des zwischen K GmbH und L GmbH bis spätestens zum Closing abzuschließenden Kaufvertrags geschuldet wurde.
9- Ein weiterer Teilbetrag von 1.250.000 € war sechs Monate nach dem Teilkaufpreis 1 fällig und im Verhältnis 687.500 € und 562.500 € an die Verkäufer zu zahlen.
10- Ein weiterer Teil des Kaufpreises in Höhe von 1.000.000 € war am 31.12.2007 fällig und auf das Sicherheitenkonto zu zahlen.
11- Ein letzter Teil wurde am 31.12.2008 fällig; der Restbetrag von 250.000 € war ebenfalls auf das Sicherheitenkonto einzuzahlen.
12Eine Fotokopie des vorgenannten Vertrages vom 22.4.2006 und die Fotokopie eines Gesellschafterbeschlusses vom 3.7.2006 betreffend das Geschäftsjahr der Klägerin befanden sich bereits im Mai/Juli 2006 in der Vertragsakte des Beklagten (des Finanzamts --FA--). In dem vorgenannten Gesellschafterbeschluss wurde u.a. ausgeführt: „Erst kurz vor Closing wurde festgestellt, dass die Abschlüsse nicht auf das Ende des durch Satzung bestimmten Geschäftsjahres aufgestellt wurden.“
13Der Kaufvertrag wurde --was zwischen den Beteiligten heute unstreitig ist-- ordnungsgemäß erfüllt. Insbesondere gehen die Beteiligten aufgrund der in der Klagebegründung vom 16.5.2017 (nebst der dortigen Anlage 2) ausdrücklich dargelegten Einzahlung der Einlagen nunmehr übereinstimmend davon aus, dass die vereinbarten Einlagen in Höhe von 1.800.000 € bereits im Streitjahr 2006 an die Klägerin geleistet worden sind.
14In einem handschriftlichen Aktenvermerk der Sachbearbeiterin, der Zeugin M, das sich in der Vertragsakte zwischen einem Schreiben des FA vom 9.5.2006 und einem Schreiben des Amtsgerichts E vom 4.8.2006 befindet, wird das Geschehen bildlich dargestellt. Dargestellt wird, dass der Teilkaufpreis 1 von 20.000.000 € in Höhe von 18.200.000 € auf die Klägerin und in Höhe von 1.800.000 € auf die „K GmbH (neu)“ aufzuteilen ist. Dargestellt hat die Sachbearbeiterin ferner, dass sich dieser Betrag in Höhe von jeweils 900.000 € auf B D und F verteilt und als „Einlage in die Kapitalrücklage der neuen K GmbH“ geleistet werden soll.
15Am 5.9.2007 reichte die Klägerin die --nicht unterschriebene und nur mit einem Firmenstempel versehene-- Körperschaftsteuererklärung 2006 und die Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos (§ 27 Abs. 2 KStG 2002), des durch Umwandlung von Rücklagen entstandenen Nennkapitals (§ 28 Abs. 1 Satz 3 KStG 2002), des Körperschaftsteuerguthabens (§ 37 Abs. 2 Satz 4 KStG 2002) und des fortgeschriebenen Endbetrags i.S. des § 36 Abs. 7 KStG 2002 aus dem Teilbetrag i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG 1999 – EK 02 (§ 38 Abs. 1 Satz 1 und 2 KStG 2002) zum 31.12.2006 ein. In der Körperschaftsteuererklärung 2006 wurden in den Zeilen 30 bis 34 betreffend „Einlagen der Gesellschafter, die nicht das Nennkapital erhöht haben …“ keine Eintragungen vorgenommen. In den Zeilen 21 und 22 der Anlage WA zur Körperschaftsteuererklärung 2006 wurden als Anteilseigner lediglich B D und F benannt; Angaben zur Höhe der Beteiligung und zur Besitzdauer erfolgten nicht. In der Feststellungserklärung auf den 31.12.2006 gab die Klägerin unter den festzustellenden Beträgen in Zeile 5 das steuerliche Einlagekonto in der Zwischensumme mit „0“ an. In der Anlage zur Feststellungserklärung KSt 1 F „Ermittlung des steuerlichen Einlagekontos (§ 27 Abs. 2 Satz 1 KStG) und des durch Umwandlung von Rücklagen entstandenen Nennkapitals (§ 28 Abs. 1 Satz 3 KStG)“ erklärte die Klägerin den Bestand gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG 2002 zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres mit „0“. Auch nach dem Gliederungspunkt „Verrechnung von Leistungen mit dem steuerlichen Einlagekonto“ trug sie als Zwischensumme eine „0“ ein.
16In der Bilanz zum 31.12.2006 wies die Klägerin in der Kapitalrücklage einen Betrag von 1.800.000 € (Vorjahr: 0 €) und Anteile an verbundenen Unternehmen in Höhe von 1.825.000 € (Vorjahr: 0 €) aus. Weitere Erläuterungen zu diesen Ansätzen enthält der eingereichte Jahresabschluss nicht. Die Bilanz ging am 21.9.2007 bei dem FA ein. Neben der Bilanzposition „Anteile an verbundenen Unternehmen“ befindet sich eine undatierte handschriftliche Notiz der damaligen Sachbearbeiterin S („…/… gez. … 25.000,- Kapitalrückl. 1.800.000,-“).
17Aus dem Jahresabschluss der K GmbH auf den 31.12.2006 --Sachbearbeiterin im FA war auch hier die Zeugin M -- ist ebenfalls erkennbar, dass ein Betrag von 1.800.000 € in die Kapitalrücklage eingestellt worden war. Im Erläuterungsteil wird hierzu ausgeführt: „Die Zuführung in die Kapitalrücklage in Höhe von TEUR 1.800 erfolgte am 04.07.2006 durch die „A GmbH“ (alleinige Gesellschafterin) aufgrund einer entsprechenden Verpflichtung aus dem Kaufvertrag über die Gesellschaftsanteile der A GmbH vom 22. April 2006 (UR-Nr. …/2006 des Notars H, J).“ Diesen Jahresabschluss hat die K GmbH am 4.1.2008 beim FA eingereicht. In der bereits zuvor am 12.10.2007 eingegangenen Feststellungserklärung auf den 31.12.2006 u.a. betreffend das steuerliche Einlagekonto der K GmbH war dessen Höhe mit 0 € beziffert worden.
18Bereits zuvor war im Januar 2007 beim FA der Bericht des Finanzamts für Groß- und Konzernbetriebsprüfung N betreffend die Betriebsprüfung bei der Klägerin für die Jahre 2001 bis 2005 eingegangen, auf den wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird. Bezug genommen wird außerdem auf die Verwaltungsvorgänge betreffend die Umsatzsteuersonderprüfung (Anlage zum Schriftsatz des FA vom 30.10.2017).
19Aufgrund der ihm vorliegenden Akten stellte das FA am 5.10.2007 den Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2006 mit 0 € fest. In dem nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) erlassenen Änderungsbescheid vom 14.12.2007 änderte das FA allein die Höhe des Körperschaftsteuerguthabens (nunmehr 396.244 €). Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
20Mit Schreiben vom 23.6.2015 stellte die Klägerin den Antrag, die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos auf den 31.12.2006 wegen des Vorliegens einer offenbaren Unrichtigkeit zu ändern, weil die Einlage in Höhe von 1.800.000 € bei der Feststellung nicht berücksichtigt worden sei.
21Den vorgenannten Änderungsantrag lehnte das FA mit Bescheid vom 2.10.2015 ab. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA durch Einspruchsentscheidung vom 2.2.2017 als unbegründet zurück.
22Daraufhin hat die Klägerin Klage erhoben und vertritt die Auffassung, die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2006 sei offenbar unrichtig und deshalb nach § 181 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5, § 129 Satz 1 AO zu ändern. Die Unrichtigkeit ergebe sich im vorliegenden Fall aus der Nichterfassung des Betrages von 1.800.000 € im steuerlichen Einlagekonto. Die Unrichtigkeit sei offenbar. Mit der Feststellungserklärung sei im vorliegenden Fall die Bilanz zum 31.12.2006 beim FA eingereicht worden. Da die Bilanz auch den Vorjahresvergleich enthalten habe, sei ihr unzweifelhaft zu entnehmen gewesen, dass die Kapitalrücklage von vorher 0 € auf 1.800.000 € gestiegen sei. Zugleich habe dem FA die notarielle Urkunde vom 22.4.2006 vorgelegen.
23Dem FA seien mithin im Zeitpunkt des Ergehens des Bescheides vom 5.10.2007 sowohl die Bilanz, aus der sich die Zuführung zur Kapitalrücklage ergeben habe, als auch die Verpflichtung zur Leistung der Rücklage und der Umstand, dass die Einlage tatsächlich geleistet worden sei, bekannt gewesen. Von Letzterem müsse ausgegangen werden, weil die Übertragung der Anteile eine vollständigen Zahlung der Einlage vorausgesetzt habe und dem FA bei Ergehen des Bescheids bekannt gewesen sei, dass die Gesellschaftsanteile übergegangen seien. Angesichts dieser eindeutigen Rechtslage seien abweichende Vorstellungen rein theoretischer Natur.
24Dem Vermerk der Sachbearbeiterin lasse sich nicht entnehmen, welche rechtlichen Überlegungen sie angestellt habe. Darüber hinaus lasse er nicht erkennen, wann er angefertigt worden sei. Die Vernehmung der Zeugin M in der mündlichen Verhandlung habe diese Unklarheiten nicht ausräumen können.
25Hilfsweise sei davon auszugehen, dass der Feststellungsbescheid nichtig sei, da dieser an einem schwerwiegenden Mangel leide, der offenkundig sei. Vorliegend fehle es an einer ordnungsgemäßen Feststellungserklärung auf den 31.12.2006, da diese nicht unterschrieben worden sei. Dies habe zur Folge, dass die Klägerin keine wirksame Steuererklärung abgegeben habe. Für den zuständigen Veranlagungsbeamten sei dies erkennbar gewesen. Da die Klägerin nicht zur Abgabe einer ordnungsgemäßen Feststellungserklärung aufgefordert worden sei, könne der Wert allein im Wege der Schätzung ermittelt worden sein. Das FA habe trotz offensichtlich fehlender Erklärung zur Höhe des steuerlichen Einlagekontos einen selbst ermittelten Wert in dem Bescheid festgestellt, was nur im Wege der Schätzung erfolgt sein könne.
26Dieser Schätzungsbescheid sei nichtig. Ein Schätzungsbescheid sei wegen objektiver Willkür nichtig, wenn (1) trotz vorhandener Möglichkeiten, den Sachverhalt aufzuklären und Schätzungsgrundlagen zu ermitteln, (2) krass von den tatsächlichen Gegebenheiten abgewichen werde und (3) in keiner Weise erkennbar sei, dass überhaupt und ggf. welche Schätzungsgrundlagen angestellt worden seien. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Das FA habe eine Vielzahl von Möglichkeiten gehabt, den Sachverhalt aufzuklären und die Schätzungsgrundlagen zu ermitteln. Unter Zugrundelegung der dem FA vorliegenden Unterlagen sei es ausgeschlossen gewesen, dass das steuerliche Einlagekonto zum 31.12.2006 mit 0 € festzustellen gewesen sei. Dass die Feststellung krass von den tatsächlichen Gegebenheiten abweiche, sei unstreitig. Schließlich sei nicht erkennbar, dass das FA überhaupt Schätzungserwägungen angestellt habe und wenn ja, welche dies seien.
27Die Klägerin beantragt,
28das FA unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 2.10.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2.2.2017 zu verpflichten, den Bescheid über die gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 und § 38 Abs. 1 KStG 2002 zum 31.12.2006 dahingehend zu ändern, dass das steuerliche Einlagekonto mit 1.800.000 € gesondert festgestellt wird,
29hilfsweise festzustellen, dass die Bescheide über die gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 und § 38 Abs. 1 KStG 2002 zum 31.12.2006 vom 5.10.2007 und vom 14.12.2007 nichtig sind,
30hilfsweise, die Revision zuzulassen.
31Das FA beantragt,
32die Klage abzuweisen.
33Es trägt vor, im vorliegenden Fall sei die Entscheidung hinsichtlich des Vorliegens einer offenbaren Unrichtigkeit bezogen auf den Bescheid vom 5.10.2007 zu treffen, da der nachfolgende Bescheid vom 14.12.2007 die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos nicht betroffen habe. Es seien im Zeitraum zwischen den beiden Bescheiden keine Erkenntnisse gewonnen worden, die die offenbare Unrichtigkeit als solche erkennen ließen.
34Fraglich sei bereits, ob die Feststellung lediglich einen mechanischen Fehler enthalte. Nicht auszuschließen sei, dass die Bedeutung der maßgeblichen steuerrechtlichen Bestimmungen nicht erkannt worden sei. Gänzlich fehlende bzw. falsche Eintragungen in den Feststellungserklärungen 2007 und 2008 gäben Anlass zu derartigen Rückschlüssen.
35Selbst wenn man aber davon ausgehe, dass bei der Erstellung der Feststellungserklärung eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit unterlaufen sei, könne dies im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung des § 129 Satz 1 AO führen. Nach Würdigung der dem Sachbearbeiter bei Erlass des fehlerhaften Bescheids vorliegenden Unterlagen sei der Fehler nicht offenbar gewesen. Er sei nicht ohne Weiteres aus der Feststellungserklärung und den vorliegenden Akten erkennbar und mechanisch änderbar gewesen. Aus dem Jahresabschluss sei lediglich eine Kapitalrücklage in Höhe von 1.800.000 € ersichtlich gewesen. Allein durch diese Kenntnis sei die Sachbearbeiterin nicht in der Lage gewesen, die zutreffende Höhe des steuerlichen Einlagekontos zu bestimmen. Die Kapitalrücklage und das steuerliche Einlagekonto müssten nicht übereinstimmen. Es wäre notwendig gewesen, dass der Sachbearbeiter anhand der vorliegenden Bilanzunterlagen unter Hinzuziehung der Vertragsakte die Frage beantworte, ob sich tatsächlich für das festzustellende Einlagekonto ein Zugang ergeben habe. Bereits insoweit liege eine mangelnde Erfüllung der Amtsermittlungspflicht vor, die eine offenbare Unrichtigkeit ausschließe. Ferner sei aus den Akten nicht erkennbar, dass der Vertrag vom 22.4.2006 tatsächlich vollzogen worden sei. Das Closingprotokoll zum Kaufvertrag über die Gesellschaftsanteile vom 4.7.2006 befinde sich nicht in den Akten.
36Auch unter Beachtung der Ausführungen im Bericht über die Betriebsprüfung sei die Unrichtigkeit nicht offenbar gewesen. Aus den Ausführungen im Bericht lasse sich nicht erkennen, dass ein das Einlagekonto erhöhender Zufluss erfolgt sei. Selbst wenn aber die Sachbearbeiterin einen Zufluss erkannt habe, habe sie sich unmittelbar anschließend die Frage stellen müssen, ob durch die Weiterleitung des Betrages nicht eine Minderung des steuerlichen Einlagekontos erfolgt sei.
37Das FA gibt zu bedenken, dass sich die Sachbearbeiterin, die Zeugin M, nicht erinnere, wann sie ihren handschriftlichen Vermerk angefertigt habe. Aus dem Inhalt der Vertragsakte könne geschlossen werden, dass die Erstellung des Vermerks mit dem Eingang des Vertragswerks im ersten Halbjahr 2006 im Zusammenhang gestanden habe.
38Der Sach- und Streitstand ist am 21.8.2017 mit den Beteiligten erörtert worden. Wegen des Inhalts des Erörterungstermins wird auf den Inhalt des Protokolls Bezug genommen.
39In dem Verfahren hat der Senat am 8.11.2017 mit den Beteiligten mündlich verhandelt. In der mündlichen Verhandlung ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung der Zeugin M. Wegen der Einzelheiten ihrer Zeugenaussage und der weiteren Details der mündlichen Verhandlung wird auf den Inhalt des Protokolls Bezug genommen.
40Entscheidungsgründe
41Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
42I. Die Ablehnung des FA, die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos von 0 € auf 1.800.000 € zu ändern, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 101 Satz 1 FGO).
431. Zwischen den Beteiligten ist zwar unstreitig, dass die Feststellung des steuerlichen Einlagenkontos auf den 31.12.2006 mit 0 € materiell unrichtig ist. Zutreffend wäre eine Feststellung des Einlagekontos mit 1.800.000 € gewesen.
442. Es fehlt indes an einer im vorliegenden Fall einschlägigen Korrekturnorm, auf die eine Anpassung des Feststellungsbescheids an die materielle Rechtslage gestützt werden kann.
45a) Zwar ergingen sowohl der ursprüngliche Feststellungsbescheid als auch der Änderungsbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Gleichwohl ist eine Änderung nach § 164 Abs. 2 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 AO nicht möglich, weil bei Ablauf der Feststellungsfrist der Vorbehalt der Nachprüfung wegfällt (§ 181 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 164 Abs. 4 Satz 1 AO); § 181 Abs. 5 AO ändert daran nichts (BFH-Urteile vom 31.10.2000 VIII R 14/00, BFHE 193, 392, BStBl II 2001, 156; vom 11.11.2014 I R 46/13, BFH/NV 2015, 353; Oellerich in Gosch, § 164 AO Rz. 155; Rüsken in Klein, Abgabenordnung, 13. Aufl. 2016, § 164 Rz. 52; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 164 AO Rz. 53). Feststellungsverjährung ist im vorliegenden Fall --vor Stellung des Änderungsantrags am 23.6.2015-- mit Ablauf des 31.12.2013 eingetreten, so dass auch mit Ablauf dieses Datums der Vorbehalt der Nachprüfung entfallen ist. Die vierjährige Feststellungsfrist begann gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO mit Ablauf des Jahres 2009, weil die Klägerin keine Feststellungserklärung i.S. dieser Vorschrift abgegeben hat. Eine Erklärung ist nur dann abgegeben worden, wenn sie wirksam ist (Rüsken, a.a.O., § 170 AO Rz. 12). Verlangt das Gesetz --wie im vorliegenden Fall § 27 Abs. 2 Satz 5 KStG 2002-- eine eigenhändige Unterschrift, ist die Erklärung so lange nicht abgegeben worden, bis sie dieser formellen Maßgabe entspricht (BFH-Urteil vom 10.11.2004 II R 1/03, BFHE 208, 33, BStBl II 2005, 244; Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 170 AO Rz. 12), was im vorliegenden Fall unstreitig nicht der Fall war.
46b) Die Änderung kann auch nicht auf das Vorliegen einer ähnlichen offenbaren Unrichtigkeit i.S. des § 129 Satz 1 AO gestützt werden. Gemäß § 129 Satz 1 AO kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen.
47aa) Eine --im vorliegenden Fall allein in Betracht kommende-- ähnliche offenbare Unrichtigkeit kann nur vorliegen, wenn sie auf ein mechanisches Versehen zurückzuführen und die Möglichkeit eines Rechtsirrtums ausgeschlossen ist (BFH-Urteile vom 17.6.2004 IV R 9/02, BFH/NV 2004, 1505; vom 4.6.2008 X R 47/07, BFH/NV 2008, 1801). § 129 Satz 1 AO ist nicht anwendbar, wenn auch nur die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass die Nichtbeachtung einer feststehenden Tatsache in einer fehlerhaften Tatsachenwürdigung oder einem sonstigen sachverhaltsbezogenen Denk- oder Überlegungsfehler begründet ist oder auf mangelnder Sachverhaltsaufklärung beruht (BFH-Urteil vom 14.6.2007 IX R 2/07, BFH/NV 2007, 2056). Es muss sich um einen Fehler handeln, der in einem sonstigen mechanischen, zumal unbewussten, gedankenlos-gewohnheitsmäßigen, unwillkürlichen Vertun besteht, beispielsweise Übersehen, falsches Ablesen, falsches Übertragen, Verwechseln, Vertauschen oder Vergessen. Hervorgerufen werden muss der Fehler durch Unachtsamkeit, Flüchtigkeit, Gedankenlosigkeit, Abgelenktheit o.ä. (Tehler, Deutsches Steuerrecht 2009, 1019). Ob ein solches mechanisches Versehen oder ein die Berichtigung nach § 129 Satz 1 AO ausschließender Tatsachen- oder Rechtsirrtum vorliegt, ist jeweils nach den Verhältnissen des Einzelfalls vom Finanzgericht als Tatsacheninstanz zu beurteilen (BFH-Urteile vom 27.5.2009 X R 47/08, BFHE 226, 8, BStBl II 2009, 946; vom 1.8.2012 IX R 4/12, BFH/NV 2013, 1).
48Der mechanische Fehler muss zudem ebenso mechanisch, also ohne weitere Prüfung, erkannt und berichtigt werden können (ständige Rechtsprechung des BFH, s. BFH-Urteile vom 29.3.1990 V R 27/85, BFH/NV 1992, 711; vom 31.7.1990 I R 116/88, BFHE 162, 115; vom 28.10.1992 II R 111/89, juris; vom 12.4.1994 IX R 31/91, BFH/NV 1995, 1; vom 16.3.2000 IV R 3/99, BFHE 191, 226, BStBl II 2000, 372; vom 27.5.2009 X R 47/08, BFHE 226, 8, BStBl II 2009, 946).
49bb) Das Vorliegen eines mechanischen Fehlers, der ebenso mechanisch beseitigt werden kann, ist aber nur eine notwendige, nicht aber eine hinreichende Voraussetzung für eine Berichtigung nach § 129 Satz 1 AO; der mechanische Fehler muss auch offenbar sein. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Fehler auf der Hand liegt, durchschaubar, eindeutig oder augenfällig ist (BFH-Beschluss vom 27.2.2014 X B 157/13, BFH/NV 2014, 825). Bei Offenlegung des Sachverhalts muss er für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und deutlich als offenbare Unrichtigkeit erkennbar sein (BFH-Urteile vom 4.6.2008 X R 47/07, BFH/NV 2008, 1801; vom 6.11.2012 VIII R 15/10, BFHE 239, 296, BStBl II 2012, 307). Dabei genügt die Offenbarkeit der Unrichtigkeit als solche; nicht dagegen ist erforderlich, dass für den Bescheidadressaten auch der an Stelle des unrichtigen zu setzende richtige Inhalt des Bescheids offenbar ist (BFH-Urteile vom 11.7.2007 XI R 17/05, BFH/NV 2007, 1810; vom 1.7.2010 IV R 56/07, BFH/NV 2010, 2004; vom 7.11.2013 IV R 13/11, BFH/NV 2014, 657). Unerheblich ist nämlich, ob der Steuerpflichtige selbst die Unrichtigkeit anhand des Bescheids und der ihm vorliegenden Unterlagen erkennen konnte (BFH-Urteil vom 7.11.2013 IV R 13/11, BFH/NV 2014, 657). Der Fehler darf nicht erst durch Abfrage subjektiver Einschätzungen seinerzeit Beteiligter ermittelt und auf diese Weise „offenbart“ werden können (BFH-Urteil vom 11.7.2007 XI R 17/05, BFH/NV 2007, 1810). Etwaige entgegenstehende innere Absichten des beteiligten Verwaltungsbeamten müssen sich sonach in einer irgendwie nach außen tretenden, „offenbaren“ Handlungsweise „beim Erlass“ (vgl. § 129 Satz 1 AO) des betreffenden Bescheides oder auch „im Vorfeld“ der Steuerfestsetzung niederschlagen; spätere Bekundungen des Beamten können dies nur verifizieren (BFH-Urteil vom 29.1.2003 I R 20/02, BFH/NV 2003, 1139). In der Regel können sich die Finanzgerichte daher allein auf den Akteninhalt stützen und sind nicht gehalten, den tätig gewordenen Bearbeiter als Zeugen zu hören (BFH-Urteil vom 11.7.2007 XI R 17/05, BFH/NV 2007, 1810).
50cc) Grundsätzlich muss der zu korrigierende Fehler in der Sphäre der den Verwaltungsakt erlassenden Behörde verursacht werden. Denn § 129 Satz 1 AO stellt für das Vorliegen einer offenbaren Unrichtigkeit ausdrücklich auf einen Fehler ab, der „beim Erlass des Verwaltungsakts“ entstanden ist (BFH-Urteile 31.7.1990 I R 116/88, BFHE 162, 115; vom 23.1.1991 I R 26/90, BFH/NV 1992, 359; vom 4.6.2008 X R 47/08, BFH/NV 2008, 1801). Fehler in der Steuererklärung vermögen für sich allein eine Berichtigung nach dieser Norm nicht zu rechtfertigen (BFH-Urteil vom 24.7.1984 VIII R 304/81, BFHE 141, 485, BStBl II 1984, 785). Fehler des Steuerpflichtigen können in der Regel nur im Wege des Einspruchs oder nach den Korrekturvorschriften gemäß §§ 130 ff., 172 ff. AO korrigiert werden. Das Vorbringen des Steuerpflichtigen, ihm sei eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, mag eine nachträglich bekannt gewordene Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO darstellen (Wernsmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 129 AO Rz. 74). Liegen dessen enge tatbestandliche Voraussetzungen (nachträgliches Bekanntwerden, kein Verschulden des Steuerpflichtigen) nicht vor, kann diese gesetzgeberische Wertung zugunsten der Bestandskraft nicht durch eine extensive Auslegung des § 129 Satz 1 AO unterlaufen werden.
51Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, kann eine offenbare Unrichtigkeit aber ausnahmsweise dann vorliegen, wenn das Finanzamt offenbar fehlerhafte Angaben des Steuerpflichtigen als eigene übernimmt (BFH-Urteile vom 17.6.2004 IV R 9/02, BFH/NV 2004, 1505; vom 3.6.1987 X R 61/81, BFH/NV 1988, 342; vom 14.6.2007 IX R 2/07, BFH/NV 2007, 2056; vom 27.8.2013 VIII R 9/11, BFHE 242, 302, BStBl II 2014, 439). Voraussetzung ist, dass der Fehler für das Finanzamt als offenbare Unrichtigkeit erkennbar war (BFH-Urteile vom 25.2.1972 VIII R 141/71, BFHE 105, 234, BStBl II 1972, 550; vom 24.7.1984 VIII R 304/81, BFHE 141, 485, BStBl II 1984, 785; vom 3.6.1987 X R 61/81, BFH/NV 1988, 342). Die Unrichtigkeit muss sich ohne Weiteres aus der Steuererklärung des Steuerpflichtigen oder Anlagen hierzu oder aus den Akten des Finanzamts des streitgegenständlichen Zeitraums ergeben (von Wedelstädt in Gosch, § 129 AO Rz. 43). Dies ist insbesondere dann nicht mehr der Fall, wenn der zuständige Sachbearbeiter Vorakten nicht einsieht oder eine anderweitig notwendige Sachverhaltsaufklärung nicht durchführt. Eine mangelhafte Amtsermittlung stellt keine offenbare Unrichtigkeit dar und steht einer solchen auch nicht gleich (BFH-Urteile vom 31.7.1990 I R 116/88, BFHE 162, 115; vom 23.1.1991 I R 26/90, BFH/NV 1992, 359; vom 27.5.2009 X R 47/08, BFHE 226, 8, BStBl II 2009, 946).
52dd) Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt im vorliegenden Fall keine ähnliche offenbare Unrichtigkeit vor.
53aaa) Bei Erlass des Feststellungsbescheides vom 5.10.2007 ist der Sachbearbeiterin kein eigenes mechanisches Versehen unterlaufen, das nach § 129 Satz 1 AO berichtigt werden könnte.
54(1) Es kann bereits das Vorliegen eines Rechtsanwendungsfehlers der Zeugin M nicht positiv ausgeschlossen werden. Nach der in der Vertragsakte enthaltenen handschriftlichen Skizze könnte sich die Zeugin M als zuständige Sachbearbeiterin bei Bearbeitung des Falls vorgestellt haben, dass die Zahlungen der Altgesellschafter B D und F allein zu einer Einlage bei der K GmbH, nicht aber bei der Klägerin geführt haben. Handschriftlich hatte die Zeugin M nämlich hinsichtlich der Zahlungen der beiden Teilbeträge von 900.000 € notiert: „als Einlage in die Kapitalrücklage der neuen K GmbH“. Nach der Skizze werden die Zahlungen unmittelbar der K GmbH zugeordnet, ohne graphisch darzustellen, dass die Leistung der Einlage über die Klägerin erfolgt ist.
55Der ernsthaften Möglichkeit eines Rechtsanwendungsfehlers steht nicht entgegen, dass sich die Zeugin M nicht mehr konkret daran erinnern konnte, wann sie die Zeichnung angefertigt hat und was sie sich dabei gedacht hat. Sie hat vermutet, dass sie den Vermerk bei der Einreichung des Vertrags angefertigt hat, um sich den Vertragsinhalt zu verdeutlichen. Dies wäre vor dem Erlass des Feststellungsbescheides gewesen und könnte auf ein unzutreffendes rechtliches Verständnis hindeuten. Gleiches wäre der Fall, wenn sie die Zeichnung erst im Zusammenhang mit den Veranlagungsarbeiten angefertigt hätte, was die Zeugin ebenfalls nicht ausschließen konnte. Entscheidend ist allein, dass weder aus der genannten Skizze noch aus einem anderen Aktenstück der Schluss gezogen werden kann, dass die Zeugin M den Vertrag bei ihrer Anfertigung nicht falsch verstanden hat bzw. dass sie jedenfalls zu einem späteren Zeitpunkt (und noch vor Erlass des Feststellungsbescheids) zu einem zutreffenden rechtlichen Schluss gelangt ist und damit das Vorliegen eines Rechtsanwendungsfehlers positiv ausgeschlossen werden kann.
56(2) Ungeachtet dessen kann ein rein mechanischer Fehler der Zeugin M nicht festgestellt werden, weil aus den vorliegenden Akten nicht ansatzweise hervorgeht, dass die Übernahme der 0 € aus der eingereichten Feststellungserklärung auf einem unwillkürlichen Irrtum beruhen könnte. Selbst wenn man den vorgenannten Aktenvermerk gedanklich ausblendet, bestehen keine Hinweise darauf, dass die Zeugin aus Unachtsamkeit, Flüchtigkeit, Gedankenlosigkeit, Abgelenktheit o.ä. einen unzutreffenden Wert übernommen haben könnte. Den Wert aus der „Feststellungserklärung“ hat M übernommen. Diese entsprach wegen der fehlenden Unterschrift zwar nicht den formellen Anforderungen, die an eine Feststellungserklärung im Rechtssinne zu stellen sind, doch ist nicht ersichtlich, dass die Zeugin M diesen Mangel erkannt hat, zumal die „Feststellungserklärung“ mit einem Schreiben unter dem Briefkopf der Kläger übersandt wurde und M auch Telefonate mit den jetzigen Prozessbevollmächtigen im Zusammenhang mit der gleichzeitig einreichten und ebenfalls nicht unterzeichneten „Körperschaftsteuererklärung“ für das Jahr 2006 führte, die sich nur auf den noch nachzureichenden Jahresabschluss und näher bezeichnete Belege bezogen. Nach Aktenlage gingen die Prozessbevollmächtigten anscheinend ebenfalls von bereits eingereichten Steuer- bzw. Feststellungserklärungen aus, denn weder vor dem Erlass des hier in Rede stehenden Feststellungsbescheids (und des Körperschaftsteuerbescheids 2006) noch im zeitlichen Zusammenhang mit den späteren Bescheiden wurde geltend gemacht, es seien noch keine Steuererklärungen abgegeben worden. Aus den übrigen ihr vorliegenden Akten konnte die Zeugin M nicht den Schluss ziehen, dass zum 31.12.2006 ein abweichender Wert von 1.800.000 € festzustellen gewesen wäre. Der Jahresabschluss weist nur die Erhöhung der Kapitalrücklage in entsprechender Höhe aus. Die Kapitalrücklage muss jedoch mit dem Bestand des steuerlichen Einlagekontos nicht identisch sein; insbesondere bemessen sich Änderungen der Kapitalrücklage nach bilanzsteuerrechtlichen Maßstäben, während sich Veränderungen des steuerlichen Einlagekontos nach dem Zu- und Abflussprinzip beurteilen (Senatsurteil vom 25.2.2014 – 9 K 840/12 K,F, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2014, 1155 --nachfolgend BFH-Beschluss vom 9.12.2014 I B 48/14, BFH/NV 2015, 472--). Für die Erhöhung der Kapitalrücklage genügt demnach bereits die Einräumung einer Forderung, während für die Erhöhung des steuerlichen Einlagekontos die Forderung erfüllt worden sein muss (vgl. Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 13.10.2016 – 10 K 10320/15, EFG 2017, 231; Urteile des Finanzgerichts Münster vom 13.10.2017 – 13 K 1204/16 F, juris --Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH eingelegt: I B 129/17--, und vom 13.10.2017 – 13 K 3113/16 F, juris). Genau das war für die Zeugin M im vorliegenden Fall bei Erlass des Feststellungsbescheids anhand der ihr vorliegenden Unterlagen (noch) nicht erkennbar. Allenfalls könnte sie geschlossen haben --was allerdings auch wiederum eine nicht unerhebliche rechtliche Wertung erfordert hätte--, dass aufgrund der Erhöhung der Kapitalrücklage um 1.800.000 € der Gesellschafterbeschluss, in dem sich die Altgesellschafter zu Einlagen von jeweils 900.000 € verpflichteten, bereits gefasst sein musste. Ob dieser jedoch auch bereits tatsächlich umgesetzt worden war, war allein aufgrund des Jahresabschlusses der Klägerin nicht erkennbar. Die Körperschaftsteuererklärung 2006 konnte jedenfalls auf Gegenteiliges schließen lassen, weil dort als Anteilseigner noch die Altgesellschafter genannt waren. Aus den bei Erlass des Feststellungsbescheids vorliegenden Unterlagen war nicht erkennbar, ob das Closing, zu dem eine Zahlung in die Kapitalrücklage hätte erfolgen sollen, zum 31.12.2006 bereits erfolgt war. Dies war insbesondere auch nicht aus dem in der Vertragsakte befindlichen Gesellschafterbeschluss vom 3.7.2006 zu ersehen. Aus ihm ergibt sich nicht, wann das Closing, zu dem auch die Einlagen geleistet werden mussten, letztendlich erfolgt ist, sondern nur, dass ihm entgegenstehende Probleme gelöst worden sind. Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt sich auch aus der Formulierung in Tz. 13 des Umsatzsteuer-Sonderprüfungsbericht vom 3.9.2007 „Zum 01.01.2006 wurde das Unternehmen … verkauft“ keine Anteilsübertragung (und im Rückschluss daraus ein Zufluss der Einlagen) bereits bis zum 31.12.2006 entnehmen. Entsprechendes gilt für die im Betriebsprüfungsbericht für die Jahre 2001 bis 2005 getroffene Feststellung, wonach sowohl die Betriebsaufspaltung wie auch die umsatzsteuerliche Organschaft zur O GbR im Jahr 2006 beendet wurden und die Geschäftsanteile an der Klägerin mit Vertrag vom 22.4.2006 veräußert wurden.
57Einen entsprechenden Schluss hätte die Zeugin M erstmals durch den Jahresabschluss der K GmbH zum 31.12.2006 ziehen können, in dem der Wert der Kapitalrücklage erläutert und ausgeführt wird, er beruhe auf einer Einlage seitens der Klägerin am 4.7.2006. Hieraus kann geschlossen werden, dass zuvor B D und F die geschuldeten Beträge in die Kapitalrücklage geleistet haben müssen. Gleichwohl kann hiermit eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit nicht begründet werden, weil M dieser Jahresabschluss bei Erlass des Feststellungsbescheids (und auch des Änderungsbescheids) nicht vorgelegen hat. Er wurde erst am 4.1.2008 bei dem FA eingereicht.
58(3) Aus den der Sachbearbeiterin nur rudimentär vorliegenden Unterlagen ergibt sich schließlich, dass der bei der Feststellung unterlaufene Fehler ebenfalls nicht mechanisch korrigierbar war, weil anhand der Akten nicht feststand, dass und in welcher Höhe die Einlage zum 31.12.2006 bereits tatsächlich geleistet war. Entsprechende Unterlagen hat die Klägerin erst im Verlauf des Gerichtsverfahrens vorgelegt.
59bbb) Ebenso scheidet eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit in Gestalt eines sog. Übernahmefehlers aus. Es mag dahinstehen, ob überhaupt auf der Ebene der Klägerin bei der Anfertigung der Feststellungserklärung ein mechanischer Fehler vorlag. Die unrichtige Eintragung der „0“ in das Feld zum steuerlichen Einlagekonto in der Feststellungserklärung war für das FA jedenfalls nicht als eine offenbare Unrichtigkeit erkennbar. Das FA hätte für die Frage, ob die Einlagen tatsächlich zum 31.12.2006 bereits geleistet worden waren, weitere Informationen einholen müssen. Dass ggf. Zweifel an der Erklärung zum 31.12.2006 bestehen konnten, weil die Kapitalrücklage im Jahresabschluss sich auf einen Wert von 1.800.000 € erhöht hatte, war für die Zeugin M nur aufgrund rechtlicher Überlegungen, nicht aber als eine offenbare Unrichtigkeit erkennbar. Sie hätte sich nämlich zuvörderst über das Verhältnis der Kapitalrücklage zum steuerlichen Einlagekonto klar werden und erkennen müssen, dass sie im Anschluss Nachfragen an die Klägerin hätte richten müssen.
60ccc) Soweit man nicht ohnehin davon ausgeht, dass es sich bei dem Feststellungsbescheid vom 14.12.2007 hinsichtlich der Feststellung des steuerlichen Einlagekontos um eine wiederholende Verfügung handelt, ist doch jedenfalls nicht erkennbar, dass die Sachbearbeiterin diesmal mechanisch von der gewollten Feststellung abgewichen wäre oder ihr vorliegende Umstände übersehen hätte. Dies ist auch zwischen den Beteiligten nicht streitig und bedarf keiner weiteren Vertiefung.
61c) Ebenso ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit, dass eine Änderung nicht auf § 181 Abs. 1 i.V.m. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO gestützt werden kann. Auch wenn das FA erst in Folge des Änderungsantrags und des sich anschließenden Klageverfahrens verlässliche Kenntnis darüber erlangt hat, dass die Einlagen tatsächlich zum 31.12.2006 bereits geleistet worden waren, scheidet eine Korrektur des Feststellungsbescheids deshalb aus, weil die nachträgliche Kenntniserlangung auf der groben Fahrlässigkeit der Klägerin beruht. Grobes Verschulden bedeutet Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit. Grob fahrlässig handelt, wer die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zuzumutende Sorgfalt in einem großen und in nicht entschuldbaren Maße verletzt. Nach der Rechtsprechung hat der Steuerpflichtige auch ein Verschulden seines steuerlichen Beraters, dessen er sich zur Ausarbeitung der Steuererklärung bedient, bei der Anfertigung der Steuererklärung zu vertreten; dabei werden an einen solchen Berater erhöhte Sorgfaltsanforderungen hinsichtlich der von diesem zu erwartenden Kenntnis und sachgemäßen Anwendung der steuerrechtlichen Vorschriften gestellt (BFH-Urteile vom 9.5.2012 I R 73/10, BFHE 238, 1, BStBl II 2013, 566, und vom 10.2.2015 IX R 18/14, BFHE 249, 195, BStBl II 2017, 7). Insofern kann im vorliegenden Fall nicht unberücksichtigt bleiben, dass dem steuerlichen Berater die Erhöhung der Kapitalrücklage ausweislich des Jahresabschlusses auf den 31.12.2006 bekannt war und er sich --wenn ihm der Zufluss bei Erstellung des Jahresabschlusses nicht ohnehin bekannt war (s. den entsprechenden zeitlich später erstellten Jahresabschluss der K GmbH vom selben Berater)-- jedenfalls hätte erkundigen müssen, ob der Zufluss der versprochenen Einlage nicht bereits zum Stichtag 31.12.2006 bewirkt war, um die Folgerungen für das steuerliche Einlagekonto abzuklären. Es durfte auch erwartet werden, dass der steuerliche Berater dies nicht übersieht, da es sich --ausgehend von dem absoluten Betrag und von der konkreten Bilanzsumme der Klägerin-- um einen Geschäftsvorfall von erheblicher Bedeutung handelte.
62II. Die Klage ist auch hinsichtlich des Hilfsantrags unbegründet; denn der Feststellungsbescheid ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht nichtig i.S. des § 125 Abs. 1 AO.
631. Ein Verwaltungsakt ist gemäß § 125 Abs. 1 AO nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Ein Verwaltungsakt ist hiernach nicht allein deshalb nichtig, weil er der gesetzlichen Grundlage entbehrt oder weil die in Betracht kommenden Rechtsvorschriften, auch die des formellen Rechts, unrichtig an-gewendet worden sind. Nichtig ist der Verwaltungsakt nur, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und der Bescheid die Fehlerhaftigkeit gewissermaßen auf der Stirn trägt. Dies muss bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommender Umstände offenkundig sein. Offenkundig ist ein Fehler nur, wenn jeder verständige Dritte, dem die Kenntnis aller in Betracht kommender Umstände unterstellt werden kann, in der Lage ist, den Fehler in seiner besonderen Schwere zu erkennen. Besonders schwerwiegend ist ein Fehler, der den Verwaltungsakt als schlechterdings unerträglich erscheinen lässt, insbesondere weil er mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar ist bzw. wenn er die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellende Anforderungen in einem so hohen und offenkundigen Maße verletzt, dass von niemandem erwartet werden kann, den Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen (Ratschow, in Klein, a.a.O., § 125 Rz. 2). Die Nichtigkeit stellt die Ausnahme dar; grundsätzlich besteht für einen Verwaltungsakt die Vermutung seiner Wirksamkeit (BFH-Beschluss vom 1.10.1981 IV B 13/81, BFHE 134, 223, BStBl II 1982, 133; BFH-Urteile vom 31.8.1994 X R 2/93, BFH/NV 1995, 467; vom 26.9.2006 X R 21/04, BFH/NV 2007, 186).
642. Diese Voraussetzungen für die Annahme einer Nichtigkeit sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Zwar mag der festgestellte Wert des steuerlichen Einlagekontos in einem ganz erheblichen Maße von dem zutreffenden Wert abweichen. Dies stellt indes aufgrund der Umstände des konkreten Falls keinen schwerwiegenden Fehler dar, den der Bescheid auf der Stirn trägt und der ihn als schlechterdings unerträglich erscheinen lässt. Wie bereits ausgeführt hätte es im Zeitpunkt seines Erlasses weiterer Nachforschungen bedurft, um die Abweichung von der materiellen Rechtslage feststellen zu können.
65Soweit die Klägerin der Auffassung ist, eine Nichtigkeit ergebe sich daraus, dass die Nullfeststellung auf einer objektiv willkürlichen Schätzung beruhe, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Es stellt sich bereits die Frage, ob die Nullfeststellung überhaupt auf einer Schätzung beruht, wenn die Klägerin zwar einen Wert von 0 € erklärt, die Feststellungserklärung im Weiteren dann aber nicht eigenhändig unterschreibt. Es mag dann zwar an einer wirksamen Steuererklärung fehlen; gleichwohl ist ein exakter Wert im Raum, den die Klägerin veranlasst hat. Hinzu kommt, dass nicht erkennbar ist, dass das FA die Unwirksamkeit der Feststellungserklärung erkannt und deshalb von der Notwendigkeit einer Schätzung ausgegangen ist.
66Jedenfalls liegt in einem solchen Fall keine nichtige Schätzung vor. Für die Annahme der Nichtigkeit genügt dem BFH ein grober Schätzungsfehler nicht, der auf einer Verkennung der tatsächlichen Gegebenheiten oder der wirtschaftlichen Zusammenhänge beruht (BFH-Beschluss vom 14.4.1989 III B 5/89, BFHE 156, 376, BStBl II 1990, 351). Der BFH erkennt nur zwei Fehler an, die zu einer Nichtigkeit führen: (1) Das FA weicht bewusst zu Lasten des Steuerpflichtigen von den wahrscheinlichen Besteuerungsgrundlagen ab (subjektive Willkür, BFH-Urteil vom 1.10.1992 IV R 34/90, BFHE 169, 503, BStBl II 1993, 259). (2) Trotz der vorhandenen Möglichkeiten der Sachverhaltsaufklärung weicht das FA krass von den tatsächlichen Gegebenheiten ab, und es ist in keiner Weise erkennbar, dass und welche Schätzungserwägungen angestellt wurden (objektive Willkür, BFH-Urteil vom 15.5.2002 X R 33/99, BFH/NV 2002, 1415). Von einer derartigen willkürlichen Schätzung kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Einen Fall der subjektiven Willkür nimmt auch die Klägerin zu Recht nicht an. Wenn die Nullfeststellung überhaupt auf einer Schätzung beruhen sollte, kann dem FA auch nicht als objektive Willkür vorgeworfen werden, dass seine Entscheidung, diesen Wert festzustellen, nicht nachvollziehbar sei, da das FA jedenfalls den Betrag übernommen hat, von dem die Klägerin selbst in ihrer --wenn auch aus formellen Gründen unwirksamen-- Feststellungserklärung ausgegangen ist (vgl. Oellerich in Gosch, § 162 AO Rz. 190 „Steuerliches Einlagekonto“).
67III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
68IV. Die Revision war nicht zuzulassen. Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Revisionszulassung Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Der Senat hat lediglich die vom BFH entwickelten allgemeinen Rechtsgrundsätze des BFH zu § 129 Satz 1 AO und zu § 125 Abs. 1 AO auf den konkreten Einzelfall übertragen.
69… … …