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Der Körperschaftsteuerbescheid für 2005 vom 06.05.2010 wird nach Maßgabe der Entscheidungsgründe geändert.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
Tatbestand:
2Streitig ist, ob durch die im Streitjahr 2005 erfolgte Liquidation der A North America Inc. (nachfolgend: ANA), einer Tochtergesellschaft der Klägerin, ein steuerpflichtiger Liquidationsgewinn bei der Klägerin entstanden ist.
3Umstrukturierung 1999:
4Im Jahr 1999 wurde innerhalb der A-Gruppe eine Umstrukturierung vorgenommen. Diese Umstrukturierung betraf u.a. die C D E GmbH & Co. KG (nachfolgend: C D E). An dieser Gesellschaft war als Komplementärin ohne Kapitalanteil die C D GmbH beteiligt; als Kommanditisten (teilweise mittels einer Treuhandvereinbarung) waren C D, F D, G H, I J und K D beteiligt. Weiterhin erfasste diese Umstrukturierung die L A E-gesellschaft mbH. An dieser Gesellschaft waren ebenfalls die vorgenannten natürlichen Personen beteiligt; das Stammkapital der GmbH betrug 9,35 Mio. DM.
5Durch Gesellschafterbeschluss vom ….1999 wurde zunächst das Stammkapital der L A E-gesellschaft mbH auf Euro umgestellt und unter Wahrung der Beteiligungsverhältnisse im Wege der Barkapitalerhöhung geringfügig auf 4,785 Mio. EUR erhöht. Durch denselben Beschluss wurde die GmbH sodann in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien unter der Bezeichnung A M AG & Co. KGaA (nachfolgend: A-KGaA) formwechselnd umgewandelt. Das Kommanditkapital der A-KGaA entsprach dem Stammkapital der bisherigen GmbH; die Aktien wurden den Kommanditaktionären gemäß den bisherigen Beteiligungsverhältnissen zugeteilt. Die A AG trat als Komplementärin ohne Kapitaleinlage in die A-KGaA ein. Als weitere Komplementärin trat die C D E ein. Diese sollte eine nicht auf das Grundkapital zu leistende Vermögenseinlage in Höhe von 43,065 Mio. EUR durch Einbringung von Beteiligungen an insgesamt elf Gesellschaften erbringen, darunter die ANA. Die Einbringung erfolgte gemäß dem Gesellschafterbeschluss zu Buchwerten. Soweit der Buchwert der eingebrachten Beteiligungsrechte über den Betrag der vereinbarten Vermögenseinlage hinausging, sollte der überschießende Betrag in eine Kapitalrücklage eingestellt werden.
6Ebenfalls am ….1999 schlossen die C D E und die A-KGaA einen notariell beurkundeten Einbringungsvertrag. Hierin wurde die Übertragung der Gesellschaftsanteile – soweit es sich um Gesellschaften deutschen Rechts handelte – vollzogen. Hinsichtlich der weiteren Gesellschaften wurde die Verpflichtung bestätigt, diese nach den Formvorschriften des jeweiligen Ansässigkeitsstaats gesondert zu übertragen. Der Gegenwert der Gesellschaftsanteile wird in dem Einbringungsvertrag mit 47,179 Mio. EUR angegeben. Gemäß Ziffer 4 Abs. 3 des Einbringungsvertrages wird hiervon ein Teilbetrag in Höhe von 43,065 Mio. EUR dem Kapitalkonto I der C D E bei der A-KGaA gutgeschrieben, der Restbetrag dem Kapitalkonto II.
7Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss der Gesellschafterversammlung der L A E-gesellschaft mbH vom ….1999 (nebst Anlage), dem Einbringungsvertrag zwischen der C D E und der A-KGaA vom ….1999 und der Satzung der A-KGaA vom ….1999 mit späteren Änderungen vom ….2000, ….2000 und ….2000 verwiesen.
8Gründung der Klägerin (A B GmbH) im Jahr 2002:
9Im Jahr 2002 wurde die Klägerin gegründet. An dieser waren die A-KGaA mit einem Gesellschaftsanteil von 275,00 EUR und die A GmbH & Co. KG mit einem Gesellschaftsanteil von 27.225,00 EUR beteiligt.
10Umstrukturierung 2005:
11Im Jahr 2005 erfolgte eine weitere Umstrukturierung innerhalb der A-Gruppe.
12Mit Vertrag vom ….2005 verkaufte und übertrug die A GmbH & Co. KG einen Gesellschaftsanteil an der Klägerin von 27.225,00 EUR auf die A-KGaA. Mit Gesellschafterbeschluss vom ….2005, auf den wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, wurde das Stammkapital der Klägerin um 82.500,00 EUR auf 110.000,00 EUR erhöht. Der neue Gesellschaftsanteil wurde der A-KGaA zugewiesen, die im Gegenzug ihre Beteiligung an der A North America Inc. einbrachte. Die Einbringung erfolgte ausweislich des Gesellschafterbeschlusses „als Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten nach § 20 UmwStG“. Der Wert der eingebrachten Beteiligung wurde mit dem Betrag des steuerlichen Buchwerts der einzubringenden Beteiligung festgesetzt. Der den Ausgabebetrag des neuen Geschäftsanteils (82.500 EUR) übersteigende Betrag sollte in die Kapitalrücklage eingestellt werden.
13Mit Wirkung zum ….2005 wurde die ANA liquidiert. In der Folge wurde das Betriebsvermögen der ANA von der Klägerin übernommen. Die Schlussbilanz der ANA stellte sich wie folgt dar (Gerichtsakte Bl. 141f.):
14Aktiva (in USD) |
Passiva (in USD) |
||||
Beteiligung A Inc. |
71.150,65 |
Stammkapital("common stock") |
7.485.195,30 |
||
Forderungen A Inc. |
14.846.451,50 |
Gewinnrücklage("PY retained earnings") |
8.975.963,30 |
||
E A Ltd. (Canada) |
266.776,15 |
Gewinnrücklage("retained earnings") |
-222.828,42 |
||
Jahresüberschuss("net income") |
-1.053.951,90 |
||||
15.184.378,30 |
15.184.378,29 |
Aus der Auflösung der ANA ergab sich bei der Klägerin ein Liquidationsgewinn in Höhe von 5.602.120,38 EUR. Dieser beruhte darauf, dass die von der ANA übernommenen Wirtschaftsgüter mit einem – der Höhe nach unstreitigen – Wert von 12.677.847,98 EUR eingebucht und die untergegangene Beteiligung an der ANA mit einem Buchwert von 7.076.827,59 EUR ausgebucht wurde.
16In ihrer Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2005 behandelte die Klägerin den Liquidationsgewinn als nach § 8b Abs. 1 KStG steuerfreien Bezug, so dass der Liquidationsgewinn lediglich in Höhe von 5% (280.106,20 EUR) der Besteuerung unterlag. Am 23.04.2007 erließ der Beklagte einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Körperschaftsteuerbescheid für 2007, mit dem die Klägerin erklärungsgemäß veranlagt wurde.
17In den Jahren 2009/10 fand eine Betriebsprüfung bei der Klägerin statt. Der Prüfer war der Auffassung, dass der Liquidationsgewinn in voller Höhe zu besteuern sei. Der Liquidationsgewinn stehe einem Veräußerungsgewinn i.S. des § 8b Abs. 2 KStG gleich und bleibe daher grundsätzlich steuerlich außer Ansatz. Allerdings greife die Ausnahmeregelung des § 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 KStG. Die Rückausnahmen des § 8b Abs. 4 Satz 2 KStG seien nicht einschlägig. Zum einen sei die Liquidation innerhalb von sieben Jahren nach den Einbringungen erfolgt (daher keine Anwendung der Rückausnahme des § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 KStG). Zum anderen beruhte der Anteil der Klägerin an der ANA auf einer – jedenfalls mittelbaren – Einbringung durch einen nicht begünstigten Steuerpflichtigen (daher keine Anwendung der Rückausnahme des § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 KStG).
18Am 06.05.2010 erließ der Beklagte einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Körperschaftsteuerbescheid unter Zugrundelegung der Feststellungen der Betriebsprüfung. Hiergegen erhob die Klägerin Sprungklage, der der Beklagte innerhalb eines Monats nach Klagezustellung zustimmte.
19Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Liquidationsgewinn der Steuerbegünstigung gem. § 8b Abs. 1, 2 KStG unterliegt. Die Ausnahmeregelung des § 8b Abs. 4 KStG in der im Streitjahr geltenden Fassung (nachfolgend: „KStG“) sei unwirksam, da sie gegen höherrangiges Recht verstoße:
20§ 8b Abs. 4 KStG sei formell verfassungswidrig. Die Vorschrift des § 8b KStG sei durch das Steuersenkungsgesetz vom 23.10.2000 – in Zusammenhang mit der Abschaffung des Anrechnungsverfahrens und der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens – umfassend reformiert worden. Im ursprünglichen Regierungsentwurf vom 15.02.2000 sei zunächst die generelle Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinn vorgesehen gewesen. Die Ausnahmeregelung des § 8b Abs. 4 KStG sei erstmals im Rahmen der Verhandlungen im Vermittlungsausschuss in das Gesetzgebungsverfahren eingeführt worden. Hierdurch habe der Vermittlungsausschuss seine Kompetenzen im Gesetzgebungsverfahren überschritten, da er eine Änderung, Ergänzung oder Streichung der vom Bundestag beschlossenen Vorschriften nur vorschlagen dürfe, wenn und soweit dieser Einigungsvorschlag im Rahmen des Anrufungsbegehrens und des ihm zugrunde liegenden Gesetzgebungsverfahrens verbleibt. Diese Voraussetzungen seien im Hinblick auf § 8 Abs. 4 KStG nicht erfüllt.
§ 8b Abs. 4 KStG sei materiell verfassungswidrig, da die Bestimmung gegen den Grundsatz der Normenklarheit verstoße. Es sei nach dem Gesetzeswortlaut insbesondere unklar, ob die Regelung des § 8b Abs. 4 KStG auch im Falle eines Liquidationsgewinns anwendbar sei. Es handele sich bei § 8b Abs. 4 KStG um eine typisierende Missbrauchsvorschrift. Da im Fall einer Liquidation keine missbräuchliche Gestaltung vorliegen könne, dürfe § 8b Abs. 4 KStG in einem solchen Fall keine Anwendung finden.
§ 8b Abs. 4 KStG sei weiterhin deshalb materiell verfassungswidrig, weil eine unzulässige Rückwirkung vorliege. Die Bestimmung knüpfe an Vorgänge an, die vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmung verwirklicht worden seien. Denn in die Sieben-Jahres-Frist gem. § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 KStG könnten auch solche Einbringungen fallen, die – wie vorliegend – noch vor Inkrafttreten des Steuersenkungsgesetzes am 23.10.2000 durchgeführt worden seien. Nach Rechtslage im Jahr 1999 wäre der streitige Liquidationsgewinns als steuerfrei zu behandeln gewesen. Auch nach Inkrafttreten des Steuersenkungsgesetzes vom 23.10.2000 wäre der Liquidationsgewinn noch als steuerfrei zu behandeln gewesen, da die Rückausnahme des § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 KStG in ihrer ursprünglichen Fassung nicht ausdrücklich auch für Anteile gegolten habe, die nur mittelbar aufgrund eines Einbringungsvorgangs nach § 20 UmwStG a. F. erworben worden seien. Eine entsprechende Verschärfung des § 8 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 KStG sei erst durch das Korb-II-Gesetz vom 22.12.2003 eingeführt worden, also lange nach der hier im Jahr 1999 erfolgten Einbringung.
Die Regelung des § 8b Abs. 4 KStG verstoße gegen die Vorgaben der sog. Fusionsrichtlinie (Richtlinie 90/434/EWG). Zweck des § 8b Abs. 4 KStG sei die Verhinderung missbräuchlicher Gestaltungen. Tatsächlich schieße die Regelung weit über dieses Ziel hinaus. Zudem könne sich die Klägerin auch im Hinblick auf die Beteiligung an der ANA – die nicht nach dem Recht eines EU-Mitgliedstaates errichtet worden sei – auf einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit gem. Art. 63 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, vormals Art. 56 EGV) berufen.
Selbst wenn man die Bestimmung des § 8b Abs. 4 KStG als verfassungs- und europarechtskonform ansähe, könnte sie im vorliegenden Fall keine Anwendung finden, da die tatbestandlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien:
29Die Einbringung im Jahr 1999 könne nicht als Einbringung unter dem Teilwert i.S. des § 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 KStG qualifiziert werden. Denn die Einbringung im Jahr 1999 falle weder unter § 20 UmwStG 1995 noch unter § 24 UmwStG 1995 Tatsächlich habe es sich um eine Einlage gehandelt, die richtigerweise – entgegen der damaligen Behandlung durch die Beteiligten – gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG zum Teilwert hätte erfolgen müssen. Die bislang unterbliebene Aufstockung auf den Teilwert könne nur gewinnneutral nachgeholt werden.
Selbst wenn unterstellt würde, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG erfüllt seien, würde – entgegen der Auffassung der Betriebsprüfung – die Rückausnahme gem. § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 KStG greifen. Die Norm sei schon ihrem Wortlaut nach anwendbar, da die dort genannten Voraussetzungen nicht kumulativ erfüllt seien. Zudem beruhten die Anteile an der ANA aus Sicht der Klägerin auf der Einbringung eines von § 8b Abs. 2 KStG begünstigten Steuerpflichtigen, nämlich der A-KGaA. Zudem sei eine teleologische Reduktion des § 8b Abs. 4 KStG geboten, wenn es sich – wie vorliegend – nicht um einen „Missbrauchsfall“ handelt.
§ 8b Abs. 4 KStG sei auf Liquidationsgewinne generell nicht anwendbar, da es an einer entsprechenden ausdrücklichen Regelung fehle. Auch in diesem Zusammenhang weist die Klägerin darauf hin, dass eine teleologische Reduktion des § 8b Abs. 4 KStG geboten sei, da bei einer Liquidation grundsätzlich nicht von einem „Missbrauchsfall“ ausgegangen werden könne. Unter Geltung des aktuellen § 22 UmwStG führe die Liquidation der Gesellschaft, deren Gesellschaftsanteile eingebracht worden sind, im Übrigen nicht zu einer rückwirkenden Aufdeckung der stillen Reserven.
Bei der Liquidation einer ausländischen Kapitalgesellschaft sei der Liquidationsgewinn in Bezüge i.S. des § 8b Abs. 1 KStG und Gewinne i.S. des § 8b Abs. 2 KStG aufzuteilen. Es ergebe sich eine nach § 8b Abs. 1 KStG steuerfreie Dividende in Höhe von 6.428.306,74 EUR sowie ein – unter Zugrundelegung der Auffassung des Finanzamts – voll steuerwirksamer Veräußerungsverlust in Höhe von -826.186,36 EUR.
Der Liquidationsgewinn unterliege gemäß dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Vermeidung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern nach dem Abkommen vom 29.08.1989 (DBA-USA 1989) nur teilweise der deutschen Besteuerung.
In Bezug auf die im Rahmen des Klageverfahrens aufgeworfene Frage der steuerrechtlichen Behandlung der A-KGaA vertritt die Klägerin die Auffassung, dass die KGaA als intransparent anzusehen sei und damit stets in vollem Umfang den Begünstigungen gem. § 8b Abs. 1, 2 KStG unterliege, also auch insoweit, als an der KGaA natürliche Personen als Komplementäre beteiligt sind.
40Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin wird auf die von dieser eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
41Die Klägerin beantragt,
42den Körperschaftsteuerbescheid vom 06.05.2010 dergestalt zu ändern, dass der Liquidationsgewinn in Höhe von 5.602.120,70 EUR zu 95% als steuerfrei behandelt wird,
43hilfsweise, für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.
44Der Beklagte beantragt,
45die Klage abzuweisen,
46hilfsweise, die Revision zuzulassen.
47Er folgt der von der Betriebsprüfung vertretenen Auffassung, dass der von der Klägerin erziele Liquidationsgewinn nicht gem. 8b KStG von der Körperschaftsteuer befreit sei. Es greife die Ausnahmeregelung des § 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 KStG; die Rückausnahmen des § 8b Abs. 4 Satz 2 KStG seien nicht einschlägig. Den rechtlichen Einwendungen der Klägerin könnte nicht gefolgt werden.
48Auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung am 22.11.2017 wird Bezug genommen.
49Entscheidungsgründe:
50I.
51Die Klage ist als Sprungklage gem. § 45 Abs. 1 FGO zulässig. Der Beklagte hat der Sprungklage innerhalb der Monatsfrist gem. § 45 Abs. 1 Satz 1 FGO zugestimmt.
52II.
53Die Klage ist ganz überwiegend begründet.
54Der Erlös der Klägerin aus der Liquidation der ANA ist Teil ihres Einkommens i.S. des § 8 KStG und unterliegt somit grundsätzlich der Körperschaftsteuer (siehe nachfolgend unter Gliederungspunkt 1). Das DBA-USA 1989 schließt eine inländische Besteuerung des Liquidationserlöses nicht aus (siehe nachfolgend unter Gliederungspunkt 2.). Zwar fällt der Liquidationserlös unter die Steuerbefreiungsvorschrift des § 8b Abs. 2 KStG in der im Streitjahr 2005 geltenden Fassung (nachfolgend: „KStG“), jedoch dürfte er aufgrund der Ausnahmeregelung des § 8b Abs. 4 KStG von dieser Steuerbefreiung im Ergebnis ausgenommen sein (s. hierzu nachfolgend unter Gliederpunkt 3. bis 5.). Die Besteuerung des Liquidationserlöses in voller Höhe verstößt jedoch gegen die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 56 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft – EGV – (jetzt Art. 63 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV –; hierzu nachfolgend unter Gliederungspunkt 6.).
551.
56Die Klägerin ist eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG), die nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs (HGB) zur Führung von Büchern verpflichtet ist (§§ 6, 238 ff. HGB), und bei der dementsprechend alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln sind (§ 1 Abs. 2, § 8 Abs. 1, 2 KStG i.V.m. § 5 EStG). Dazu zählt grundsätzlich auch der von der Klägerin erzielte Gewinn aus der Auflösung ihrer in den USA ansässigen Tochtergesellschaft ANA.
572.
58Die inländische Besteuerung des Gewinns aus der Auflösung der ANA wird nicht durch das DBA-USA 1989 ausgeschlossen. Nach Art. 13 Abs. 5 DBA-USA 1989 können Gewinne aus der Veräußerung des in den vorhergehenden Absätzen nicht genannten Vermögens nur in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem der Veräußerer ansässig ist. Unter diese Regelung fällt auch die Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, sofern deren Vermögen nicht ganz oder überwiegend aus in den USA gelegenem unbeweglichem Vermögen besteht oder bestand (vgl. zur letztgenannten Ausnahme Art. 13 Abs. 2 Buchstabe b DBA-USA 1989). Für Abkommenszwecke wird der Liquidationsgewinn aus der Auflösung einer in den USA ansässigen Tochterkapitalgesellschaft einem Veräußerungsgewinn gleichgestellt (vgl. Kroninger, IStR 2003, 729; Wassermeyer-Wolff, Doppelbesteuerung, DBA-USA, Art. 10 Rz. 127; Wassermeyer-Eimermann, Doppelbesteuerung, DBA-USA, Art. 13 Rz. 29). Da die Anteile an der ANA unstreitig nicht der Regelung in Art. 13 Abs. 2 Buchstabe b DBA-USA 1989 unterfielen, steht das Besteuerungsrecht bezüglich des Liquidationsgewinns der Klägerin aus der Auflösung der ANA somit der Bundesrepublik Deutschland zu.
593.
60Der Erlös der Klägerin aus der Liquidation der ANA fällt nicht unter die Steuerbefreiung gem. § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG.
61Nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG bleiben Bezüge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchstabe a EStG bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz. Die im Streitjahr 2005 geltende Fassung des § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG betraf jene Bezüge, die nach der Auflösung einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft anfallen und die nicht in der Rückzahlung von Nennkapital bestehen. Vorliegend handelt es sich indes nicht um die Auflösung einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft i.S. von § 1 Abs. 1 KStG. Die ANA war zwar unstreitig eine nach US-amerikanischem Recht gegründete Körperschaft, jedoch hatte sie - ebenso unstreitig - weder ihren Sitz noch ihre Geschäftsleitung im Inland. Da § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG ausweislich des insoweit eindeutigen Gesetzeswortlauts nur für Bezüge aus der Auflösung einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft galt, fallen die Bezüge aus der Auflösung der ANA nicht hierunter.
62Eine erweiternde Auslegung des § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG in der Weise, dass auch Bezüge aus der Liquidation ausländischer Körperschaften erfasst werden, ist aufgrund des insoweit eindeutigen Gesetzeswortlauts nach Auffassung des Senats nicht möglich (im Ergebnis ebenso z.B. Dötsch/Pung/Möhlenbrock-Pung, Die Körperschaftsteuer, § 8b Rz. 28; Herrmann/Heuer/Raupach-Intemann, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 122). Zwar wurde der Anwendungsbereich von § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG durch das Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) vom 07.12.2006 dahingehend erweitert, dass nunmehr Bezüge aus der Auflösung aller Körperschaften – ohne die Beschränkung auf unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften – erfasst werden. Unter der nach dem SEStEG geltenden Rechtslage würde der streitbefangene Auflösungsgewinn somit unter die Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG fallen. Da die neue Fassung des § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG erst ab dem Veranlagungszeitraum 2007 gilt (§ 52 Abs. 1 EStG i.d.F. des SEStEG), kann dies im vorliegenden Fall, welcher das Streitjahr 2005 betrifft, keine Berücksichtigung finden. Die Bestimmung eines Anwendungsbereichs der Gesetzesänderung, der erst nach dem Streitjahr 2005 beginnt, beruht ersichtlich auch nicht auf einem Versehen des Gesetzgebers. Vielmehr beurteilte die Begründung zum Gesetzentwurf des SEStG die Änderung des § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG als redaktionelle Folgeänderung auf Grund des erweiterten Anwendungsbereichs des § 27 KStG, der seinerseits erst mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2006 eingefügt wurde (Art. 3 Nr. 13 SEStEG; vgl. zu diesem systematischen Zusammenhang auch Herrmann/Heuer/Raupach-Intemann, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 122; Früchtl/Prokscha, BB 2007, 2147).
63Entgegen der Ansicht der Klägerin gebietet auch das DBA-USA 1989 keine Aufteilung des Liquidationserlöses in eine Dividende und einen Veräußerungsgewinn für Zwecke der Anwendung des § 8b KStG. Denn da für Abkommenszwecke – wie unter Nr. 2. dargelegt – der Liquidationsgewinn einem Veräußerungsgewinn gleichgestellt und nach Art. 13 Abs. 5 DBA-USA 1989 (und gerade nicht nach dem Dividenden betreffenden Art. 10 DBA-USA 1989) beurteilt wird, droht kein Qualifikationskonflikt, wenn auch das inländische Recht den Liquidationsgewinn nicht den Dividenden i.S.d. § 8b Abs. 1 KStG i.V.m. § 20 Abs. 1 EStG gleichstellt, sondern den Veräußerungsgewinnen i.S.d. § 8b Abs. 2 KStG. Das von der Klägerin zur Stützung ihrer gegenteiligen Auffassung zitierte Schrifttum bezieht sich teilweise explizit auf § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG i.d.F. des SEStEG (so z.B. Wassermeyer-Wolff, Doppelbesteuerung, DBA-USA, Art. 10 Rz. 127), der – wie dargelegt – im Streitjahr 2005 gerade noch nicht anwendbar war.
644.
65Ausgehend von Rechtslage im Streitjahr 2005 fällt der Auflösungsgewinn aus der Liquidation der ANA zwar grundsätzlich unter die Steuerbefreiung des § 8b Abs. 2 KStG, doch neigt der erkennende Senat zu der Auffassung, dass diese Steuerbefreiung im Streitfall wegen der Ausnahmebestimmungen in § 8b Abs. 4 KStG einfachgesetzlich keine Anwendung findet. Eine abschließende Beurteilung der letztgenannten Frage bedarf es aus den unter dem Gliederungspunkt 6. aufgeführten Gründen jedoch nicht.
66a.
67Nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG bleiben (u.a.) Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchstabe a EStG gehören, bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz. Satz 1 gilt (u.a.) entsprechend für die Gewinne aus der Auflösung oder der Herabsetzung des Nennkapitals (§ 8b Abs. 2 Satz 3 KStG).
68b.
69Die Anwendung der Steuerbefreiung gem. § 8b Abs. 2 KStG dürfte – was keiner abschließenden Entscheidung bedarf – im vorliegenden Fall jedoch gem. § 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 KStG ausgeschlossen sein. Die Klägerin hat die Anteile an der ANA jedenfalls mittelbar von einem Einbringenden erworben, der nicht zu den von § 8b Abs. 2 KStG begünstigten Steuerpflichtigen gehört, wobei dieser Erwerb zu einem Wert unter Teilwert erfolgt sein dürfte. Auch liegen die Voraussetzungen der Rückausnahmen gemäß § 8b Abs. 4 Satz 2 KStG im Streitfall nicht vor.
70aa.
71Nach § 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 KStG ist § 8b Abs. 2 KStG nur anzuwenden, soweit die Anteile nicht durch eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse unmittelbar, mittelbar oder mittelbar über eine Mitunternehmerschaft von einem Einbringenden, der nicht zu den von Abs. 2 begünstigten Steuerpflichtigen gehört, zu einem Wert unter dem Teilwert erworben worden sind.
72Entgegen der Auffassung der Klägerin kann § 8b Abs. 4 KStG nicht auf einfachgesetzlicher Grundlage dahingehend einschränkend ausgelegt werden, dass er auf Liquidationsgewinne generell keine Anwendung findet. In § 8b Abs. 2 Satz 3 KStG wird angeordnet, dass Satz 1 desselben Absatzes entsprechend für Gewinne aus der Auflösung bzw. der Liquidation einer Tochtergesellschaft gilt. Wenn in § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG angeordnet wird, das § 8b Abs. 2 KStG unter den näheren weiteren Voraussetzungen keine Anwendung findet, so muss diese Ausnahmeregelung nach Gesetzeswortlaut und -systematik auch für die über § 8b Abs. 2 Satz 3 KStG erfassten Liquidationsgewinne gelten, denn § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG erklärt die Steuerbefreiung nach Absatz 2 insgesamt für nicht anwendbar, ohne nach der Art der von dieser Vorschrift erfassten Gewinne zu differenzieren (im Ergebnis ebenso Gosch, KStG, 3. Aufl., § 8b Rz. 111; Dötsch/Pung/Möhlenbrock-Pung, Die Körperschaftsteuer, § 8b Rz. 152).
73Hiervon ausgehend hat die Klägerin die Anteile an der ANA möglicherweise unmittelbar, jedenfalls aber mittelbar von einem Einbringenden, der nicht zu den von § 8b Abs. 2 KStG begünstigten Steuerpflichtigen gehört, erworben. Unmittelbar hat die Klägerin diese Anteile von der A-KGaA erworben. Insoweit kann der Senat die Streitfrage offenlassen, ob eine KGaA als intransparent anzusehen ist und damit stets und in vollem Umfang die Steuerbefreiungen des § 8b Abs. 1, 2 KStG in Anspruch nehmen kann oder ob sie als eine Mitunternehmerschaft i.S. des § 8b Abs. 6 KStG anzusehen ist, so dass auf der Ebene des persönlich haftenden Gesellschafters, sofern dieser seinerseits keine Körperschaft ist, § 8b Abs. 1, 2 KStG keine Anwendung fände (s. allg. zur hybriden Rechtsnatur der KGaA z.B. Rödder/Herlinghaus/Neumann-Hageböke, KStG, § 9 Rz. 1 ff., und speziell zur streitigen Anwendung des § 8b KStG z.B. Rödder/Herlinghaus/Neumann-Hageböke, KStG, § 9 Rz. 33; Rödder/Herlinghaus/Neumann-Herlinghaus, § 8b Rz. 489; Gosch, KStG, 3. Aufl., § 8b Rz. 521a; Gosch-Märtens, KStG, 3. Aufl., § 9 Rz. 14; Herrmann/Heuer/Raupach-Watermeyer, EStG/KStG, § 8b KStG Rz. 203, jeweils m.w.N.), und welche Konsequenzen sich aus der letztgenannten Auffassung für die Anwendung des § 8b Abs. 4 KStG ergäben. Denn zumindest liegt ein schädlicher mittelbarer Erwerb vor. Die A-KGaA hatte die Anteile an der ANA von der C D E erworben und damit hat die Klägerin ihrerseits die Anteile an der ANA mittelbar von der C D E erworben. Bei dieser – bzw. bei den hinter der C D E stehenden Gesellschaftern – handelte es sich um nicht nach § 8b Abs. 2 KStG begünstige Steuerpflichtige sondern ausschließlich um natürliche Personen, die die Steuerbegünstigung gem. § 8b Abs. 2 KStG nicht in Anspruch nehmen können.
74Der Erwerb dürfte auch – wie von § 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 KStG vorausgesetzt – zu einem Wert unter dem Teilwert erfolgt sein. Denn die Einbringung der Anteile an der ANA durch die C D E in die A-KGaA gemäß dem Gesellschafterbeschluss und dem Einbringungsvertrag vom ….1999 erfolgte zu Buchwerten und seitens der Beteiligten wird nicht in Frage gestellt, dass diese Buchwerte unter dem tatsächlichen Teilwert der Beteiligung lagen. Letzteres folgt auch aus den hohen Jahresüberschüssen der ANA zum 31.12.1998 und 31.12.1999 von jeweils über 3,3 Mio. US-$ im Vergleich zu den Buchwerten zu diesen Stichtagen i.H.v. rd. 14,3 Mio. bzw. 20,9 Mio. US-$ (vgl. die Aufstellungen des Anteilsbesitzes als Anlagen zu den jeweiligen Jahresabschlüssen zum 31.12.1999 und 31.12.2000). Die Einbringung der Anteile an der ANA durch A-KGaA in die Klägerin erfolgte gleichermaßen zu Buchwerten und damit – wie sich bereits aus dem späteren Liquidationsgewinn ergibt – ebenfalls zu einem Wert unter dem Teilwert.
75Allerdings weist die Klägerin im Ansatz zu Recht darauf hin, dass kein Erwerb unter dem Teilwert i.S. des § 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 KStG vorliegt, wenn die aufnehmende Kapitalgesellschaft die Anteile in ihren Bilanzen fehlerhaft mit einem geringeren Wert als dem Teilwert ansetzt (BFH-Urteil vom 04.03.2009 – I R 32/08, BStBl. II 2012, 341). Ein derartiger Sachverhalt dürfte im Streitfall jedoch nicht vorliegen. Die Einbringung der Beteiligung durch die A-KGaA in die Klägerin gegen den Erhalt von Gesellschaftsanteilen durfte gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 UmwStG zu einem unter dem Teilwert liegenden Buchwert erfolgen. Dies stellt auch die Klägerin nicht in Abrede. Entgegen der Ansicht der Klägerin neigt der Senat zu der Auffassung zu, dass auch die Einbringung der Anteile an der ANA durch die C D E in die A-KGaA als Sacheinlage auf das Kommanditkapital (vgl. § 9 der Satzung der A-KGaA) zu dem unter dem Teilwert liegenden Buchwert erfolgen bzw. beibehalten werden durfte. Zwar ist streitig, ob Einlagen in eine KGaA in den Anwendungsbereich des § 20 UmwStG 1995 fallen können (weil das Komplementärkapital insoweit als Anteil an einer Kapitalgesellschaft angesehen wird) oder ob § 24 UmwStG 1995 einschlägig ist, bzw. inwieweit bei der KGaA Besonderheiten zu berücksichtigen sind (vgl. dazu – wenngleich zum UmwStG 2006 – Rödder/Herlinghaus/van Lishaut-Rasche, UmwStG, 2. Aufl., § 24 Rz. 49). Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass keine der beiden Normen Anwendung findet und deshalb eine Einbringung in eine KGaA zu einem unter dem Teilwert liegenden Buchwert ausgeschlossen wäre; vielmehr kann es nach Auffassung des Senats nur darum gehen, welche der beiden Normen wegen des hybriden Charakters der KGaA als eher einschlägig angesehen wird. Für die vorgenannte Frage ist das von der Klägerin zitierte BFH-Urteil vom 07.09.2016 (I R 57/14, BFH/NV 2017, 423) eher unergiebig, weil es dort nicht um eine Wertaufstockung betreffend die von dem persönlich haftenden Gesellschafter erbrachte Einlage (dort eine Bareinlage) ging, sondern darum, ob eine Wertaufstockung durch die Kommanditaktionäre zulässig war. Allerdings soll die Einbringung einer 100%-igen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft nach Auffassung des Bundesfinanzhofs nur Gegenstand einer Einbringung i.S. des § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG 1995 sein können, nicht aber einer Einbringung i.S. des § 24 Abs. 1 UmwStG 1995 (BFH-Urteil vom 17.07.2008 I R 77/06, BStBl. II 2009, 465, entgegen BMF-Schreiben vom 25.03.1998, BStBl. I 1998, 268, Tz. 24.03). Die Finanzverwaltung wendet diese Entscheidung jedoch nicht an (BMF-Schreiben vom 20.05.2009, BStBl. I 2009, 671; s. dazu auch Rödder/Herlinghaus/van Lishaut-Rasche, UmwStG, 2. Aufl., § 24 Rz. 42; Blümich-Nitzschke, EStG/KStG/GewStG, § 24 UmwStG 2006, Rz. 39), und der Beklagte hätte diese Entscheidung im Streitfall wohl auch aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht gegen den Willen der Klägerin anwenden können (§ 176 Abs. 2 AO). Die Klägerin selbst hat es im Streitjahr 2005 bilanziell unverändert bei dem Buchwertansatz belassen und auf dieser Basis den Liquidationsgewinn ermittelt. Unter diesen Umständen neigt der Senat dazu, dass einfachgesetzlich auch von einer Buchwerteinbringung unter dem Teilwert auszugehen ist. Einer abschließenden Entscheidung der vorgenannten Fragen bedarf es aus den unter dem Gliederungspunkt 6. dargestellten Gründen jedoch nicht.
76bb.
77Die Voraussetzungen der Rückausnahmen gem. § 8b Abs. 4 Satz 2 KStG sind vorliegend nicht erfüllt.
78aaa.
79Gemäß § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 KStG gilt die Ausnahmeregelung des § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG dann nicht, wenn die zu beurteilende Veräußerung oder Liquidation später als sieben Jahre nach der Einbringung stattfinden. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Sieben-Jahres-Frist wird nicht überschritten, da die maßgebliche Einbringung im Jahr 1999 und die Liquidation der ANA im Jahr 2005 vorgenommen wurde.
80bbb.
81Gemäß § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 KStG gilt die Ausnahmeregelung des § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG weiterhin nicht, soweit die Anteile nicht unmittelbar oder mittelbar auf einer Einbringung i.S. des § 20 Abs. 1 Satz 1 oder § 23 Abs. 1 bis 3 UmwStG 1995 und auf einer Einbringung durch einen nicht von Abs. 2 begünstigten Steuerpflichtigen innerhalb der in Nr. 1 bezeichneten Frist beruhen (zur Auslegung des § 8b Abs. 4 KStG siehe BFH-Urteil vom 18.03.2009 – I R 37/08, BStBl. II 2011, 894). Auch diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Steuerfreiheit – bzw. die Rückausnahme von der Ausnahme zur Steuerfreiheit – scheitert an der im zweiten Halbsatz von § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 KStG normierten Voraussetzung, dass die Anteile auf einer Einbringung durch einen von § 8b Abs. 2 KStG begünstigten Steuerpflichtigen beruhen müssen. Dies ist vorliegend nicht der Fall, da die Einbringung im Jahr 1999 durch die C D E vorgenommen worden ist, an deren Kapital ausschließlich nicht begünstigte Steuerpflichtige beteiligt waren.
825.
83Die von der Klägerseite vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelungen in § 8b Abs. 1, 2 und 4 KStG greifen nach Auffassung des Senats nicht durch.
84a.
85Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass § 8b Abs. 4 KStG, obwohl sich Bedeutung und Regelungsgehalt der Norm allein unter Zugrundelegung des Gesetzeswortlauts nur schwer erschließen lassen, nicht gegen das Gebot der Normenklarheit verstößt (BFH-Urteil vom 18.03.2009 – I R 37/08, BStBl. II 2011, 894).
86b.
87Die Ausnahmeregelung des § 8b Abs. 4 KStG ist nicht deshalb formell verfassungswidrig, weil sie in verfahrensfehlerhafter Weise erst im Rahmen der Verhandlungen des Vermittlungsausschusses in das Gesetzgebungsverfahren eingeführt worden ist. Selbst wenn das Gesetzgebungsverfahren zum Steuersenkungsgesetz vom 23.10.2000 an einem Mangel leiden sollte, weil der Vermittlungsausschuss seine Kompetenzen überschritten hat, so ist dieser Mangel durch die nachfolgenden Änderungen des § 8b KStG, welche durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz und das Steuervergünstigungsabbaugesetz erfolgt sind, behoben worden. Durch die nachfolgenden Änderungen des § 8b Abs. 4 KStG hat der Gesetzgeber zugleich die zuvor erfolgte Änderung des § 8b Abs. 4 KStG durch das Steuersenkungsgesetz in seinen Willen aufgenommen (zur Möglichkeit einer solchen Heilung eines Verfahrensfehlers in nachfolgenden Gesetzgebungsverfahren vgl. BVerfG-Beschluss vom 15.01.2008 – 2 BvL 12/01, BGBl. I 2008, 481, Juris Rz. 73).
88c.
89§ 8b Abs. 4 KStG ist auch nicht deshalb verfassungswidrig, weil er gegen das steuerliche Rückwirkungsverbot verstößt (s.a. – wenngleich zu einer anderweitigen Fallkonstellation – BFH-Urteil vom 15.04.2015 – I R 54/13, BStBl. II 2017, 136). Ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin, dass die Liquidation der ANA ungeachtet der im Jahr 1999 erfolgten Einbringung ganz oder teilweise steuerfrei erfolgen kann, hat nach Auffassung des Senats zu keinem Zeitpunkt bestanden.
90Auch unter der im Jahr 1999 geltenden Rechtslage hätte ein etwaiger Gewinn aus der Liquidation der ANA der Besteuerung unterlegen. Dies folgt aus § 8b Abs. 2 und 3 KStG in der damals geltenden Fassung (KStG a.F.). § 8b Abs. 2 S. 1 KStG a.F. sah zwar grundsätzlich vor, dass bei der Ermittlung des Einkommens einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer ausländischen Kapitalgesellschaft oder bei deren Auflösung oder der Herabsetzung von deren Nennkapital außer Ansatz blieben, wenn Gewinnausschüttungen dieser Gesellschaft nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung begünstigt wären und eine derartige Begünstigung ergab sich vorliegend aus Art. 10 DBA-USA 1989. Nach § 8b Abs. 3 Nr. 2 KStG a.F. war der vorgenannte Abs. 2 aber nicht anzuwenden, wenn eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft nach § 20 Abs. 1 Satz 2 oder § 23 Abs. 4 des Umwandlungssteuergesetzes von einem Einbringenden, der mit Gewinnen aus der Veräußerung der Anteile an der ausländischen Gesellschaft oder bei deren Auflösung oder der Herabsetzung von deren Nennkapital im Inland steuerpflichtig ist und nicht zu den nach Abs. 2 begünstigten Körperschaften gehört, zu einem unter dem Teilwert anzusetzenden Wert erworben hat, wenn die Veräußerung, Auflösung oder Kapitalherabsetzung innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach dem Zeitpunkt der Einbringung stattfindet. Die letztgenannte Ausnahme von der Steuerbefreiung lag vor, weil auch in Bezug auf § 8b Abs. 3 Nr. 2 KStG a.F. wie nachfolgend hinsichtlich § 8b Abs. 4 S. 2 Nr. 2 KStG i.d.F. des Unternehmensteuerfortentwicklungsgesetzes (UntStFG) vom 20.12.2001 (Rückausnahme für nicht von Abs. 2 begünstigte Steuerpflichtige eingefügt mit Wirkung für Veräußerungen nach dem 15.8.2001, s. § 34 Abs. 4 S. 7 KStG i.d.F. des UntStFG (s. dazu Gosch-Bauschatz, KStG, 3. Aufl., § 8b Rz. 434) und des § 8b Abs. 4 S. 2 Nr. 2 KStG i.d.F. des ProtErklG v. 22.12.03) davon auszugehen ist, dass die Steuerfreiheit stets ausgeschlossen war, wenn die Einbringung innerhalb der Siebenjahresfrist durch eine nicht begünstigte Person erfolgt war. Damit bestand zwar für Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften, für die § 8b Abs. 2 KStG bereits ab dem Veranlagungszeitraum 2001 galt (vgl. dazu BFH-Urteil vom 22.04.2009 I R 57/06, BStBl. II 2011, 66; der dort angesprochene Verstoß gegen das EU-Recht betrifft nur die benachteiligende Wirkung der vorzeitigen Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG, nicht aber die begünstigende vorzeitige Anwendung des § 8b Abs. 2 KStG), für einen kurzen Zeitraum von weniger als einem Jahr keine Rückausnahme für nicht von § 8b Abs. 2 KStG a.F. oder n.F. begünstigte Steuerpflichtige. Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt sich daraus aber kein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin auf die Steuerfreiheit eines nach dem 15.08.2001 angefallenen Liquidationsgewinns bezogen auf die bis zum 15.08.2001 entstandenen stillen Reserven ableiten. Die Fallkonstellation ist insoweit nicht mit derjenigen vergleichbar, die dem zu § 17 EStG ergangenen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 07.07.2010 2 BvR 748/05 u.a. (BStBl. II 2011, 86) zugrunde lag. Denn vorliegend geht es nicht um einen langjährigen Wertzuwachs, der in der Vergangenheit durchgehend keiner Besteuerung unterlegen hatte und dessen Besteuerung nunmehr nachgeholt würde, sondern um einen Wertzuwachs, der in der Vergangenheit annähernd durchgehend einer (nur zeitlich versetzten) Besteuerung unterworfen war und der nur aufgrund einer lückenhaften Gesetzesfassung im Rahmen eines umfassenden Systemwechsels während weniger Monate von der Besteuerung nicht erfasst wurde. Hinzu kommt, dass die Klägerin selbst den Geschäftsanteil an der ANA erst durch die Einbringung am ….2005 erworben hat, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die letzte Fassung des § 8b Abs. 4 KStG bereits galt.
91Nach Einführung des neuen § 8b Abs. 4 KStG durch das Steuersenkungsgesetz vom 23.10.2000 bestand Uneinigkeit hinsichtlich der Frage, ob der Ausnahmetatbestand des § 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 KStG auch bei einem bloß mittelbaren Erwerb von einem nicht nach § 8b Abs. 2 KStG begünstigten Steuerpflichtigen galt (vgl. Gosch, Kommentar zum KStG, § 8b Rz. 358). Erst durch das Gesetz vom 22.12.2003 zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz (sog. Korb II-Gesetz) wurde § 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 KStG dahingehend ergänzt, dass auch mittelbare Erwerbe von einem nicht begünstigen Steuerpflichtigen von der Ausnahmebestimmung ausdrücklich erfasst waren. Auch diese bis zum Inkrafttreten des Korb II-Gesetzes bestehende Unsicherheit konnte ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin in die Steuerfreiheit des Liquidationsgewinns nicht begründen. Denn die Klägerin hat den Geschäftsanteil an der ANA erst durch die Einbringung am ….2005 erworben, zu einem Zeitpunkt also, als das Korb II-Gesetz längst in Kraft getreten war.
926.
93Die Besteuerung des Liquidationserlöses verstößt nach Auffassung des Senats gegen die Kapitalverkehrsfreiheit, die grundsätzlich alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verbietet (Art. 56 EGV, jetzt Art. 63 AEUV).
94a.
95Der sachliche Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit ist eröffnet. Die Kapitalverkehrsfreiheit wird im Streitfall nicht durch die Niederlassungsfreiheit (Art. 43ff. EGV, jetzt Art. 49 ff. AEUV) verdrängt, die in Drittstaatensachverhalten keinen Schutz bieten würde.
96Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs folgt, dass für die Frage, ob eine nationale Regelung unter die Kapitalverkehrsfreiheit fällt oder aber durch die Niederlassungsfreiheit verdrängt wird, auf den Gegenstand der betreffenden Regelung abzustellen ist. Eine nationale Regelung, die nur auf Beteiligungen anwendbar ist, die es ermöglichen, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen einer Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen, fällt in den Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit. Demgegenüber soll z.B. eine Vorschrift über die steuerliche Behandlung von Dividenden aus einem Drittstaat, die nicht ausschließlich für Situationen gilt, in denen die Muttergesellschaft entscheidenden Einfluss auf die Gesellschaft ausübt, die die Dividenden ausschüttet, nach der Kapitalverkehrsfreiheit zu beurteilen sein, und zwar unabhängig vom tatsächlichen Umfang der Beteiligung (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 11.09.2014, C-47/12, ABl. EU 2014, Nr. C 409, 2).
97Von diesen Maßstäben ausgehend sind die hier maßgeblichen Regelungen des § 8b Abs. 1, 2 und 4 KStG nicht vorrangig am Maßstab der Niederlassungsfreiheit, sondern jedenfalls auch am Maßstab der Kapitalverkehrsfreiheit zu messen. Denn diese gesetzlichen Regelungen sind in ihrem Anwendungsbereich nicht auf Beteiligungen, die einen entscheidenden Einfluss auf die Tochtergesellschaft zulassen, beschränkt.
98b.
99Die Regelung des § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG ist geeignet, Drittstaaten-Investitionen zu benachteiligen, und begründet daher einen Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit.
100Gewinne aus der Liquidation inländischer (unbeschränkt steuerpflichtiger) Tochtergesellschaften fallen unter § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Dies hat zur Folge, dass ein Gewinn aus der Liquidation inländischer Tochtergesellschaften stets nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG von der Körperschaftsteuer befreit ist, ohne dass die Ausnahmeregelung des § 8b Abs. 4 KStG Anwendung findet. Gewinne aus der Liquidation ausländischer (nicht unbeschränkt steuerpflichtiger) Tochtergesellschaften fallen hingegen unter § 8b Abs. 2 KStG, mit der Folge, dass bei einer vorangegangen Einbringung der Liquidationsgewinn – wie im vorliegenden Fall – aufgrund der Ausnahmeregelung des § 8b Abs. 4 KStG in voller Höhe der Körperschafsteuer unterliegen kann. Diese unterschiedliche steuerliche Behandlung und der daraus resultierende Nachteil für ausländische Gesellschaften bzw. für Investitionen in ausländische Gesellschaften sind grundsätzlich geeignet, Auslandsinvestitionen zu behindern.
101c.
102Ein Rechtfertigungsgrund für die vorstehend dargestellte Ungleichbehandlung ist nicht erkennbar.
103Die Grundfreiheiten des EGV (jetzt AEUV) können eingeschränkt werden, wenn zwingende Gründe des Allgemeininteresses dies gebieten. Die Beschränkung muss aber geeignet sein, die Erreichung des erfolgten Ziels zu gewährleisten und darf nicht über das hinausgehen, was hierzu erforderlich ist. Als zwingende Gründe des Allgemeininteresses hat der Europäische Gerichtshof insbesondere die Wahrung einer ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedsstaaten, die Bekämpfung der Steuerhinterziehung und -umgehung sowie die Gewährleistung der wirksamen steuerlichen Überwachung anerkannt (z.B. EuGH-Urteil vom 14.09.2017 – C-646/15, ABl. EU 2017, Nr. C 382, 11-12; EuGH-Urteil vom 24.11.2016 – C-464/14, ABl. EU 2017, Nr. C 30, 5-7).
104Nach Auffassung des Senats ist kein zwingender Grund des Allgemeininteresses ersichtlich, der es erlaubt, den Gewinn aus der Liquidation einer zuvor eingebrachten Gesellschaft bei reinen Inlandssachverhalten nach § 8b Abs. 1 KStG stets steuerfrei zu stellen, während bei Sachverhalten mit Auslandsbezug zwar grundsätzlich die Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 2 KStG gewährt wird, diese jedoch in bestimmten Fallkonstellationen – so wie im Streitfall – in Anwendung von § 8b Abs. 4 KStG entfällt. Die Regelung des § 8b Abs. 4 KStG dient dem grundsätzlich legitimen Ziel, Steuergestaltungen zur Erreichung der Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen zu vermeiden (vgl. hierzu Gosch, KStG, 3. Aufl., § 8b Rz. 290). Diese Zielsetzung lässt nach Auffassung des Senats eine Unterscheidung danach, ob die Einbringung und die anschließende Liquidation eine inländische oder ausländische Körperschaft betrifft, indes nicht zu (hierzu auch Gosch, KStG, 3. Aufl., § 8b Rz. 111; Füger/Rieger, IStR 2003, 543). Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass die unterschiedliche steuerliche Behandlung der Einbringung und anschließenden Liquidation von inländischen und ausländischen Gesellschaft der angemessenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedsstaaten dienen könnte. Denn das Besteuerungsrecht des deutschen Fiskus im Hinblick auf die Geschäftsanteile an der ANA – und der hierin enthaltenen stillen Reserven – wird durch die Einbringung dieser Geschäftsanteile durch die C D E in die KGaA nicht berührt.
105Die anderen in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anerkannten Rechtfertigungsgründe – Bekämpfung der Steuerhinterziehung und Gewährleistung einer wirksamen steuerlichen Überwachung – sind nach Auffassung des Senats ebenfalls nicht einschlägig. Soweit die Differenzierung in § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG zwischen unbeschränkt steuerpflichtigen und anderen Gesellschaften, an die § 8b Abs. 1, 2, 4 KStG anknüpft, auf dem Umstand beruhen mag, dass nach der Rechtslage im Jahr 2005 nur für unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften ein steuerliches Einlagekonto gemäß § 27 KStG zu führen war (weil die Führung eines steuerlichen Einlagekontos für ausländische Gesellschaften als nicht handhabbar bzw. nicht überprüfbar angesehen wurde), rechtfertigt dies ebenfalls keine Benachteiligung von Drittstaaten-Gesellschaften (vgl. dazu Senatsurteil vom 19.11.2015 – 9 K 1900/12, EFG 2016, 756, Rev. I R 15/16).
106d.
107Der Anwendung der Kapitalverkehrsfreiheit steht im vorliegenden Fall auch Art. 57 Abs. 1 EGV (jetzt Art. 64 Abs. 1 AEUV) nicht entgegen. Danach berührt Art. 56 EGV (jetzt Art. 63 AEUV) nicht die Anwendung derjenigen Beschränkungen auf dritte Länder, die am 31.12.1993 aufgrund einzelstaatlicher oder gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften für den Kapitalverkehr mit dritten Ländern im Zusammenhang mit Direktinvestitionen bestehen.
108Diese sog. Stillhalteklausel ist im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Zwar ist die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG – die die Differenzierung zwischen unbeschränkt und unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften enthält – in einer weitgehend identischen Fassung bereits vor dem 31.12.1993 Teil des Einkommensteuergesetzes gewesen. § 20 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG in der am 30.12.1993 geltenden Fassung hatte folgenden Wortlaut: „[Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören …] Bezüge, die aufgrund einer Kapitalherabsetzung oder nach der Auflösung unbeschränkt steuerpflichtiger Körperschaften oder Personengesellschaften im Sinne der Nummer 1 anfallen, soweit bei diesen für Ausschüttungen verwendbares Eigenkapital im Sinne des § 29 des Körperschaftsteuergesetzes als verwendet gilt und die Bezüge nicht zu den Einnahmen im Sinne der Nummer 1 gehören“. Auch wenn die Beschränkung des § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG auf Bezüge aus der Liquidation unbeschränkt steuerpflichtiger Körperschaften bereits vor dem 31.12.1993 im Einkommensteuergesetz enthalten war, schließt dies die Anwendung der Kapitalverkehrsfreiheit nicht aus. Denn für die hier festgestellte Ungleichbehandlung ist § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG lediglich mittelbar von Bedeutung. Unmittelbare Ursache der Ungleichbehandlung ist die Regelung in § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG, der auf § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG verweist. § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG und die korrespondierenden Regelungen in Absatz 2 und 4 derselben Gesetzesnorm sind indes erst durch das Steuersenkungsgesetz vom 23.10.2000 eingeführt worden. Ob der Gesetzgeber die steuerbegünstigten Bezüge in § 8b Abs. 1 KStG unmittelbar benennt oder anstelle dessen auf § 20 Abs. 1 EStG verweist, ist lediglich eine formale Frage der Regelungstechnik, die für die Anwendbarkeit der Kapitalverkehrsfreiheit nicht maßgeblich sein kann. Wenn sich – wie im vorliegenden Fall – die Beeinträchtigung der Kapitalverkehrsfreiheit erst aus dem Zusammenwirken mehrerer Gesetzesnormen ergibt, erscheint es nach Auffassung des Senats geboten, für Zwecke der Anwendung der Stillhalteklausel gem. § 57 Abs. 1 EGV auf das Datum des Inkrafttretens der zuletzt erlassenen Gesetzesnorm abzustellen. § 8b Abs. 1-4 KStG n.F. seinerseits unterscheidet sich inhaltlich jedoch entscheidend von § 8b a.F., mögen auch punktuell zwischen § 8b Abs. 2, 3 KStG a.F. (der ebenfalls bereits zum 31.12.1993 gültig war) und § 8b Abs. 2, 4 KStG n.F. gewisse Übereinstimmungen bestehen. Denn für die Beurteilung der Frage, ob die sog. Stillhalteklausel einschlägig ist, ist der gesamte Regelungszusammenhang zu berücksichtigen, in den die Vorschrift eingebettet ist (vgl. EuGH-Vorlage zu § 9 Nr. 7 GewStG durch Senatsbeschluss vom 20.09.2016 9 K 3911/13, EFG 2017, 323, Rz. 88 m.w.N., EuGH-Az. C-685/16). § 8b KStG n.F. ist untrennbar mit dem Systemwechsel vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren verbunden und führt – anders als zuvor – grundsätzlich zur Steuerbefreiung von Dividenden und Veräußerungs- oder Liquidationserlösen unabhängig davon, ob diese aus Anteilen an einer unbeschränkt steuerpflichtigenen, beschränkt steuerpflichtigen oder im Inland nicht steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft stammen. Die Regelungen in § 8b n.F. können deshalb nicht als bloße Fortführung der bisherigen Rechtslage verstanden werden, sondern sind Teil einer vollständigen Neuregelung der Besteuerung von Dividenden und Gewinnen aus der Veräußerung oder Liquidation von Kapitalgesellschaften.
109e.
110Von einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 AEUV sieht der Senat ab. Das Finanzgericht ist gemäß § 267 Abs. 3 AEUV nicht zur Vorlage an den EuGH verpflichtet, da gegen seine Entscheidung nach innerstaatlichem Recht die Revision zum Bundesfinanzhof gegeben ist. Durch das vorliegende Urteil wird dem unterlegenen Finanzamt die Revision zum Bundesfinanzhof eröffnet. Dies erscheint deshalb zweckmäßig, weil sich im vorliegenden Fall auch Fragen der Auslegung und Anwendung innerstaatlichen Rechts sowie verfassungsrechtliche Zweifelsfragen stellen. Falls den diesbezüglichen Einwendungen der Klägerseite gefolgt würde, könnte sich die Frage der Europarechtswidrigkeit des § 8b Abs. 1, 2 und 4 KStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG 2005 als nicht entscheidungserheblich erweisen.
1117.
112Der Liquidationserlös ist – entsprechend der Berechnung der Klägerin im Schriftsatz vom 15.09.2017 (Gerichtsakte Bl. 127, 133f.) – aufzuteilen in die Rückzahlung des Stammkapitals sowie die Auskehrung der Gewinnrücklagen der ANA.
113Die Rückzahlung des Stammkapitals der ANA („common stock“) in Höhe von 6.249.641,23 EUR (7.485.195,30 USD) kann bei der Klägerin nicht gewinnerhöhend berücksichtigt werden. Denn Kapitalrückzahlungen aufgrund einer handelsrechtlich wirksamen Kapitalherabsetzung stellen – auch bei einer ausländischen Kapitalgesellschaft – in Höhe des Betrags der Nennkapitalherabsetzung keinen Ertrag dar (vgl. BFH-Urteil vom 20.10.2010 – I R 117/08, BFH/NV 2011, 669; BFH-Urteil vom 14.10.1992 I R 1/91, BStBl. II 1993, 189). Die im Rahmen der Liquidation an die Klägerin ausgekehrten Wirtschaftsgüter sind in Höhe der Rückzahlung des Stammkapitals der ANA mit dem Buchwert der Beteiligung an der ANA in Höhe von 7.075.827,00 EUR zu verrechnen. Es ergibt sich ein Verlust in Höhe von 826.186,36 EUR, der gem. § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG steuerlich nicht berücksichtigungsfähig ist.
114Die Auskehrung der Gewinnrücklagen der ANA („retained earnings“ abzgl. „net income“) führt zu Betriebseinnahmen der Klägerin in Höhe von 6.428.306,74 EUR (7.699.182,99 USD). Diese sind jedoch – zur Beseitigung der oben dargestellten europarechtswidrigen Benachteiligung der Klägerin – in entsprechender Anwendung von § 8b Abs. 2 Satz 1, 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 KStG nur zu 5% der Besteuerung zu unterwerfen. Der Gewinn der Klägerin aus der Liquidation der ANA ist somit nicht wie im angefochtenen Steuerbescheid mit 5.602.120,70 EUR, sondern nur mit (5% von 6.428.306,74 EUR =) 321.415,34 EUR anzusetzen.
1158.
116Die Besteuerung des Liquidationsgewinns – wie vorstehend ausgeführt allerdings gem. § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG beschränkt auf fiktive Betriebsausgaben in Höhe von 5% der ausgekehrten Gewinnrücklagen – ist nicht durch das DBA-USA 1989 ausgeschlossen.
117Aus Sicht Deutschlands ist der Liquidationserlös – den vorstehenden Erwägungen zur europarechtlich gebotenen Einordnung unter § 8b Abs. 1 KStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG folgend – auch für Abkommenszwecke in die Rückzahlung des Stammkapitals und die Auskehrung der Gewinnrücklagen aufzuteilen (vgl. auch Wassermeyer-Wolff, Doppelbsteuerung, DBA-USA, Art. 10 Rz. 127 zu § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG i.d.F. des SEStEG). Die Auskehrung der Gewinnrücklagen führt dementsprechend aus amerikanischer Sicht zu einem Besteuerungsrecht Deutschlands nach Art. 13 Abs. 5 DBA-USA 1989 (s. bereits unter Gliederungspunkt 2.) und aus deutscher Sicht zu Beteiligungseinkünften, die dem abkommensrechtlichen Schachtelprivileg gem. Art. 23 Abs. 2 Buchst. a Satz 3 DBA-USA 1989 unterfallen und deshalb in Deutschland grundsätzlich von der Besteuerung freizustellen sind. Dies verbietet es dem deutschen Steuergesetzgeber jedoch nicht, die mit den steuerfreien Einnahmen zusammenhängenden Betriebsausgaben pauschal in Höhe von 5% der Einnahmen vom Betriebsausgabenabzug auszuschließen (BFH-Urteil vom 22.09.2016 – I R 29/15, BFH/NV 2017, 324; FG Düsseldorf, Urteil vom 16.09.2014 – 6 K 2018/12, EFG 2015, 155; s.a., wenngleich einen anderen Steuerbefreiungstatbestand betreffend: BFH-Urteil vom 26.04.2017 – I R 84/15, BFHE 258, 310, Juris Rz. 15; zur früheren Rechtslage unter § 8b Abs. 7 KStG 1999: BFH-Urteil vom 29.08.2012 – I R 7/12, BStBl. II 2013, 89, Rz. 16; vgl. außerdem Gosch, Kommentar zum KStG, § 8b Rz. 483).
118III.
119Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Die Verfahrenskosten waren dem Beklagten zur Gänze aufzuerlegen, da die Klägerin nur zu seinem sehr geringen Teil unterlegen ist. Der Kläger hat beantragt, dass der vom Beklagten angesetzte Liquidationsgewinn in Höhe von 5.602.120,70 EUR nur zu 5% gewinnerhöhend berücksichtigt wird. Dies entspricht einer begehrten Minderung der Steuerbemessungsgrundlage um 5.322.014,67 EUR. Durch dieses Urteil hat die Klägerin eine Minderung der Steuerbemessungsgrundlage um 5.280.705,36 EUR erstritten. Dies entspricht einer Unterliegensquote der Klägerin von weniger als 1%.
120Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zuzulassen.
121Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
122… … …