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Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes gemäß § 15a EStG vom 07.02.2012 und der Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag vom 05.03.2012, jeweils in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 04.08.2014, werden nach Maßgabe der Entscheidungsgründe geändert.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Berechnung wird dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung einer Teilwertabschreibung auf eine Forderung der Klägerin gegenüber ihrer polnischen Tochtergesellschaft.
3Die Klägerin ist eine Familiengesellschaft, an der im Streitjahr 2005 neben der Komplementärin, der E 1 GmbH, die Herren E 3 und E 2 zu jeweils gleichen Anteilen als Kommanditisten beteiligt waren. Sie waren gleichzeitig alleinvertretungsberechtigte und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreite Geschäftsführer (vgl. Gesellschafterbeschluss vom 05.05.1998, Vertragsakte). Nach dem Tod von Herrn E 3 am 00.00.0000 folgten diesem seine Ehefrau und seine Tochter in die Gesellschafterstellung nach.
4Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Produktion, der Einbau und der Vertrieb von Stahlschutzplanken und Durchlässen. Um auf dem polnischen Markt Fuß zu fassen und auch öffentliche Aufträge annehmen zu können, gründeten die Herren E mit jeweils gleich hoher Beteiligung im Jahr 2002 die E Ausland Sp.z.o.o. (E Ausland), die Bauaufträge über die Lieferung und Montage von Leitplanken und Durchlässen in Polen durchführen sollte. Darüber hinaus wurde für die Produktion von speziellen Leitplanken die E-R Sp.z.o.o. (E-R) gegründet. Gesellschafter dieser Gesellschaft war zunächst ein polnischer Partner. Dies war aus immobilienrechtlichen Gründen erforderlich, damit die E-R in 2004 ein Betriebsgrundstück erwerben konnte. 2007 erwarb die E Ausland 80 % der Gesellschaftsanteile an der E-R. Das geschäftliche Engagement in Polen wurde dabei maßgeblich durch Herrn E 3 initiiert und bis zu seinem Tod betrieben. Er hatte die dortige Marktsituation positiv eingeschätzt und an dem Engagement festgehalten, obwohl die positive Einschätzung in der Folge durch die Geschäftsentwicklung nicht bestätigt wurde.
5In der Folgezeit belieferte die Klägerin die E Ausland mit Leitplanken, Durchlassbauwerken und anderen Fertigprodukten. Die daraus entstehenden Forderungen wurden als Forderungen aus Lieferung und Leistung verbucht, die jedoch von der E Ausland wegen schlecht laufender Geschäfte nur in geringem Umfang zurückgeführt werden konnten. Zum 31.12.2006 nahm die Klägerin daher eine Wertberichtigung auf die Forderungen aus Lieferung und Leistung in Höhe von X Euro vor. Da die Erwartung bestand, dass die Forderungen letztlich aus der Veräußerung des Betriebsgrundstücks der E-R gedeckt werden könnten, erfolgte zum 31.12.2007 eine entsprechende Wert-aufholung. Tatsächlich wurden die Forderungen aus Lieferung und Leistung aus der Veräußerung des Betriebsgrundstücks in 2008 zurückgeführt.
6Daneben übernahm die Klägerin in erheblichem Umfang Kosten für die E Ausland. Sie trug laufende Kosten, übernahm Bürgschaften (auch gegenüber polnischen Lieferanten), beglich Rechnungen fremder Unternehmer an die E Ausland und nahm auch Darlehn auf, die sie zur Erhöhung der Liquidität an die E Ausland weiterleitete. Die Klägerin verbuchte diese Beträge als „kurzfristige Darlehn E Ausland“, die sich zum 31.12.2006 auf X Euro und zum 31.12.2007 auf X Euro beliefen.
7Wegen der vorgenannten Vorgänge beantragte die Klägerin im November 2006 beim Beklagten, die Bilanz auf den 31.12.2004 gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) zu berichtigen und trug dazu vor, das Gesamtengagement in Polen habe sich von Beginn an als gravierende wirtschaftliche Fehlmaßnahme erwiesen, da die maschinellen Anlagen dort nicht wirtschaftlich zu betreiben und Konkurrenzprodukte billiger zu erwerben gewesen seien. Das Lohnniveau sei in Polen bereits so hoch gewesen, dass die Produktion am Markt nicht wettbewerbsfähig gewesen sei. Die Loyalität der Mitarbeiter sei erkennbar schlecht. Darüber hinaus sei die Auslastung schlecht. Die Produktionsanlagen seien als solche nicht veräußer- bzw. nur mit größerem Aufwand abbaubar. Die weiteren zivilrechtlichen und steuerlichen Risiken seien nicht zu überblicken. Die Überlassung von Liquidität an die E Ausland habe vor diesem Hintergrund insbesondere dazu gedient, im Auftrag befindliche Bauvorhaben vor- und weiter zu finanzieren. Darüber hinaus habe E Ausland die von der Klägerin gelieferten Waren nicht nur auf den eigenen Baustellen eingesetzt, sondern auch an die E-R für deren Produktion weitergeliefert. Jedoch habe die E-R ihre Verbindlichkeiten gegenüber der E Ausland nicht begleichen können, so dass mit den Zahlungen letztlich beide polnischen Gesellschaften finanziert worden seien. Die bereits hereingenommen und von Anfang an verlustbehafteten Baustellen hätten zur Vermeidung noch höherer Verluste fortgeführt werden müssen.
8Herr E 3, der das Polenengagement ohne ausreichende Marktkenntnisse und mit zu hohen Erwartungen an den polnischen Markt initiiert habe, habe sich den Fehlschlag bis zu seinem Tod nicht eingestehen wollen.
9Der Beklagte entsprach dem Antrag auf Bilanzberichtigung nicht. Die Klägerin führte Wertberichtigungen bezüglich der kurzfristigen Darlehnsforderungen zum 31.12.2004 in Höhe von X Euro und zum 31.12.2005 in Höhe von X Euro durch.
10Im Rahmen einer in 2009 bei der Klägerin begonnenen Außenprüfung durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung griff der Prüfer den vorgenannten Sachverhalt auf und vertrat die Auffassung, die Mittelzuführungen der Klägerin an die E Ausland seien nicht als Darlehn sondern als die Hingabe von Eigenkapital zu qualifizieren. Zum einen fehle es an schriftlichen Darlehnsvereinbarungen, insbesondere auch zur Verzinsung und Rückführung der überlassenen Beträge. Darüber hinaus seien die Zahlungen – wie die Klägerin im Rahmen ihres Antrags auf Bilanzberichtigung selbst geschildert habe – in der von Beginn an bestehenden Krise der polnischen Gesellschaft erfolgt. Mit einer Rückzahlung habe die Klägerin nicht rechnen können. Es sei deshalb nicht von Darlehn, sondern von gesellschaftsrechtlichen Einlagen auszugehen, die die Anschaffungskosten der Beteiligung erhöhten. Die von der Klägerin vorgenommene Wertberichtigung sei unter Berücksichtigung weiterer aus der Buchführung ersichtlicher Rückzahlungen der E Ausland in Höhe von X Euro gemäß § 3c Abs. 2 i. V. m. § 3 Nr. 40 EStG zur Hälfte außerbilanziell hinzuzurechnen. Der Betrag ist in der Höhe unter den Beteiligten unstreitig. Zu den Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 16.08.2011, Tz. 2.7, in der Betriebsprüfungsakte (Veranlagungsstelle) hingewiesen.
11Aufgrund der Prüfungsfeststellungen erließ der Beklagte am 07.02.2012 einen geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG sowie einen geänderten, durch die Stadt Lennestadt am 05.03.2012 bekannt gegebenen Gewerbesteuermessbetragsbescheid 2005. Mit den dagegen am 01.03.2012 und am 23.03.2012 eingelegten Einsprüchen hielt die Klägerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH daran fest, dass die streitigen Gelder der E Ausland darlehnsweise zugeführt worden seien. Im Übrigen lägen die Voraussetzungen der §§ 3c Abs. 2, 3 Nr. 40 EStG nicht vor. Denn die Klägerin habe aus den Beziehungen zur E Ausland keine Erträge erhalten, die in Deutschland dem Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren unterlegen hätten. Dass mit den Erträgen aus der Veräußerung des Betriebsgrundstücks der E-R, die originäre Erträge der polnischen Gesellschaft darstellten, Verbindlichkeiten der E Ausland bei der Klägerin beglichen worden seien, führe nicht zu Erträgen der Klägerin gemäß § 3 Nr. 40 EStG.
12§ 1 Außensteuergesetz (AStG) sei nicht anwendbar, da der Beklagte davon ausgehe, dass die Mittelzuführungen der Klägerin an die E Ausland auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage erfolgt seien. Es fehle insoweit an der von § 1 AStG vorausgesetzten Geschäftsbeziehung. Im Übrigen sei § 1 AStG eine offensichtlich europarechtswidrige Norm, da die vergleichbare Situation unter der Beteiligung inländischer Gesellschaften steuerliche Anerkennung finden würde.
13Durch Einspruchsentscheidung vom 04.08.2014 stellte der Beklagte den Gewinn anderweitig fest, korrigierte dabei nach entsprechendem Verböserungshinweis die von der Klägerin vorgenommenen Wertberichtigungen nicht mehr nur zur Hälfte, sondern rechnete den vollen Betrag in Höhe von X Euro außerbilanziell zu und stützte die Änderung auf § 1 AStG. Dementsprechend setzte er durch Einspruchsentscheidung vom gleichen Tage auch den Gewerbesteuermessbetrag höher fest. Maßgeblich sei dabei, dass nach dem Vortrag der Klägerin die Mittel der E Ausland nicht als Eigenkapital und damit nicht auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage, sondern als Fremdkapital und damit im Rahmen einer Geschäftsbeziehung zu einer nahestehenden Person i.S.d § 1 Abs. 4 AStG zu unter Fremden unüblichen Konditionen zugeführt worden seien. Unter Berücksichtigung der Entscheidung des EuGH vom 20.01.2010 C-311/08 (BFH/NV 2010, 571) sei auch nicht von einer Europarechtswidrigkeit von § 1 AStG auszugehen.
14Mit ihrer Klage vom 03.09.2014 verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Anerkennung der Teilwertabschreibung auf die Darlehnsforderung gegenüber der E Ausland auf den 31.12.2005 weiter. Bei der Zuführung der Mittel handele es sich um Fremdkapital. Die Klägerin habe mit dem bilanziellen Ausweis dieser Mittel als Darlehnsforderung ihre freie Finanzierungsentscheidung bezüglich der E Ausland ausreichend dokumentiert. Diese Entscheidung sei nicht steuerlich korrigierbar.
15Weder seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 AStG erfüllt noch sei die Vorschrift vom Sinn und Zweck her anwendbar. Zwar sei mit der darlehnsweisen Mittelüberlassung an die E Ausland eine Geschäftsbeziehung begründet worden. Jedoch sei die Einkünfteminderung – die nach handels- und steuerrechtlichen Grundsätzen rechtmäßig vorgenommene Teilwertabschreibung – nicht aufgrund von zwischen der Klägerin und der E Ausland vereinbarten, unter fremden Dritten nicht üblichen Bedingungen eingetreten. Soweit der Beklagte den notwendigen Zusammenhang zwischen der Einkünfteminderung und den vereinbarten Darlehnsbedingungen damit begründen wolle, dass die Klägerin – anders als fremde Dritte – von der E Ausland keine Sicherheiten verlangt habe, sei dem nicht zu folgen. Denn der BFH und die finanzgerichtliche Rechtsprechung habe der Gewährung von Sicherheiten keinen Einfluss auf die Vornahme von Teilwertabschreibungen zugemessen. Im Übrigen sehe § 1 AStG die Nichtanerkennung einer rechtmäßig vorgenommenen Teilwertabschreibung nicht als Rechtsfolge vor.
16Darüber hinaus solle § 1 AStG Gewinnverlagerungen ins Ausland verhindern. Eine Teilwertabschreibung im Inland führe jedoch nicht unmittelbar zu einer Gewinnverlagerung, weil eine korrespondierende Erhöhung des Einkommens der ausländischen Person nicht durch die Abschreibung, sondern erst durch einen entsprechenden Forderungsverzicht erfolge. Auch komme es zu einer Doppelbelastung, wenn eine Teilwertabschreibung später infolge einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse durch eine Wertaufholung zu korrigieren sei. Eine Korrekturmöglichkeit für diese Fälle sehe § 1 AStG dagegen nicht vor.
17Die Klägerin beantragt sinngemäß,
18den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes gemäß § 15a EStG vom 07.02.2012 und den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag vom 05.03.2012, jeweils in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 04.08.2014, zu ändern und dabei einen Gewinn ohne außerbilanzielle Hinzurechnung eines Betrages in Höhe von X Euro zugrunde zu legen,
19hilfsweise, für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.
20Der Beklagte beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung vertritt er die Auffassung, § 1 AStG sei eine Einschränkung des Anwendungsbereichs nur auf Vergütungen, Preise oder Zinssätze nicht zu entnehmen. Der Wortlaut der Vorschrift lasse das nicht erkennen. Im vorliegenden Fall sei deshalb eine außerbilanzielle Zurechnung der Teilwertabschreibung vorzunehmen, weil unter fremden Dritten eine Darlehnsgewährung nicht ohne Sicherheiten erfolgt und eine Teilwertabschreibung deshalb nicht notwendig geworden wäre.
23Soweit der BFH eine Sperrwirkung von DBA-Normen, die inhaltlich Artikel 9 Abs. 1 OECD – Musterabkommen entsprechen, gegenüber § 1 AStG annehme, folge die Finanzverwaltung dem nicht. Eine Beschränkung auf Verrechnungspreise sei § 9 OECD – Musterabkommen nicht zu entnehmen. Gegenstand der Regelung sei eine Gewinn- und nicht lediglich eine Preisberichtigung. Eine einengende Auslegung widerspreche auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift, da die Bedingungen eines Geschäfts im Einzelfall so gestaltet sein könnten, dass allein durch eine Preiskorrektur ein Ergebnis, dass dem Fremdvergleichsgrundsatz entspreche, nicht erzielt werden könne.
24Außerdem hält der Beklagte an seiner Einschätzung fest, dass es sich bei der Zuführung der Mittel an die E Ausland um verdeckte Einlagen gehandelt habe.
25Die Berichterstatterin hat den Sach- und Streitstand am 12.05.2016 mit den Beteiligten erörtert. Auf das Protokoll des Erörterungstermins wird Bezug genommen.
26Die Beteiligten stimmen darin überein, dass wegen der Zinslosigkeit der von der Klägerin an die E Ausland ausgereichten Darlehn eine Hinzurechnung von Zinsen gemäß § 1 AStG zu erfolgen hat. Sie haben den Hinzurechnungsbetrag 2005 einvernehmlich mit 60.111,17 Euro berechnet.
27Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO).
28Entscheidungsgründe
29Die Klage ist teilweise begründet. Die angefochtenen Bescheide in der Gestalt der Einspruchsentscheidungen sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO), soweit der Beklagte eine außerbilanzielle Hinzurechnung in Höhe der Teilwertabschreibung auf die Darlehn vorgenommen hat. Allerdings ist eine außerbilanzielle Hinzurechnung von Zinsen in der zwischen den Beteiligten unstreitigen Höhe vorzunehmen.
30Die Klägerin hat der polnischen Gesellschaft entgegen der Auffassung des Beklagten Darlehn und keine verdeckten Einlagen gewährt.
31Verdeckte Einlage ist die Zuwendung eines bilanzierbaren Vermögensvorteils aus gesellschaftsrechtlichen Gründen ohne Entgelt in Gestalt von Gesellschaftsrechten. Dazu sind nur Wirtschaftsgüter geeignet, die das Vermögen der Kapitalgesellschaft vermehrt haben, sei es durch den Ansatz oder die Erhöhung eines Aktivpostens, sei es durch den Wegfall oder die Verminderung eines Passivpostens. Dazu müsste festgestellt werden können, dass das zugeführte Kapital dauerhaft in das Vermögen der empfangenden Gesellschaft übergehen sollte und eine Rückzahlung nicht beabsichtigt war (vgl. BFH, Urteil vom 06.11.2003 IV R 10/01, BStBl. II 2004, 416).
32Danach ist im vorliegenden Fall von einer darlehnsweisen Überlassung der zugeführten Mittel auszugehen. Dass die Klägerin auf die Rückzahlung dieser Beträge verzichtet oder einen Verzicht auch nur in Erwägung gezogen hat, ist nicht ersichtlich. Denn sie hat in ihrer Bilanz eine entsprechende Darlehnsforderung ausgewiesen. Zwar fehlt es im vorliegenden Fall – anders als im o. a. Urteilsfall – an einer Verzinsung und an Beschlüssen zur Umwandlung in eigenkapitalersetzende Darlehn. Gleichwohl sind die Mittel aber nach den finanziellen Möglichkeiten der E Ausland durch Verrechnung teilweise wieder zurückgeführt worden, was ebenfalls für eine Qualifizierung als Darlehn spricht.
33Auf diese Darlehnsforderungen hat die Klägerin zu Recht eine Teilwertabschreibung vorgenommen.
34Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG sind Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens, zu dem auch die hier streitigen Darlehnsforderungen der Klägerin gegenüber der E Ausland gehören, mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Das ist bei Darlehnsforderungen der Nennwert. Ist der Teilwert aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger, so kann dieser angesetzt werden, § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG.
35Die Investition in Polen hatte sich für die Klägerin von Beginn an als Fehlinvestition erwiesen. Das Engagement wurde bis zur Abwicklung der bereits begonnen Baustellen und Aufträge und bis zur Veräußerung des Betriebsgrundstücks der E-R aufrechterhalten, um noch höhere Verluste zu vermeiden. Nach Veräußerung des Betriebsgrundstücks durch die E-R ist das Engagement in Polen beendet worden. Eine Teilwertabschreibung war daher gerechtfertigt, und zwar auch im Jahr 2005, da bereits damals mit einer vollumfänglichen Rückzahlung nicht mehr zu rechnen war.
36Die Voraussetzungen für eine außerbilanzielle Zurechnung der Teilwertabschreibung gemäß § 1 AStG liegen nicht vor.
37Eine Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG ist vorzunehmen, wenn Einkünfte eines Steuerpflichtigen aus Geschäftsbeziehungen (§ 1 Abs. 4 AStG) mit einer ihm nahestehenden Person (§ 1 Abs. 2 AStG) dadurch gemindert werden, dass er im Rahmen solcher Geschäftsbeziehungen zum Ausland Bedingungen vereinbart, die von denen abweichen, die voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen vereinbart hätten. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers dient die Vorschrift dazu, Gewinnverlagerungen ins Ausland zur Ausnutzung von Steuergefällen zu begegnen, zu denen es kommt, wenn im Inland ansässige Unternehmen in ihren gegenseitigen Geschäftsbeziehungen zu im Ausland ansässigen, nahestehenden Unternehmen Bedingungen vereinbaren, durch die Gewinne in den ausländischen Unternehmenskreis abgespalten und damit der deutschen Besteuerung entzogen werden und so zu Wettbewerbsverzerrungen auf dem deutschen Markt führen (so BT-Drs. VI/2883, Ziffer 15).
38Unabhängig von der Frage der Europarechtswidrigkeit der Regelung des § 1 AStG (verneint im Urteil des EuGH vom 21.10.2010 C-311/08 SGI (BFH/NV 2010, 571), erneut vorgelegt durch das Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28.06.2016 1 K 1472/13 (EFG 2016, 1678)) ist umstritten, ob eine Teilwertabschreibung auf ein einer ausländischen Tochter gewährtes Darlehn dem Regelungsbereich der Vorschrift unterfällt.
39Der BFH hat die außerbilanzielle Hinzurechnung mit der Begründung abgelehnt, dass
40Art. 9 OECD-Musterabkommen entsprechende Regelungen in Doppelbesteuerungsabkommen (hier: Art. 9 DBA Pol.) die Anwendung von § 1 AStG sperren, soweit die vereinbarten Bedingungen nicht die Überprüfung der Verrechnungspreise betreffen, sondern darüber hinausgehen (vgl. BFH, Urteile vom 17.12.2014 I R 23/13, BStBl. II 2016, 261 (vorhergehend FG Brandenburg, Urteil vom 30.01.2013 12 K 12056/12, EFG 2013, 1560, Rz. 32 und 33, und vom 24.06.2015 I R 29/14, BStBl. II 2016, 258 (vorhergehend FG Düsseldorf, Urteil vom 28.03.2014 6 K 4087/11 F, EFG 2014, 1275)). Eine fehlende Besicherung, die letztlich zu einer Teilwertabschreibung führt, ist danach keine die Rechtsfolge des § 1 AStG auslösende Bedingung. Für diese einschränkende Auslegung ist der BFH insbesondere von der Finanzverwaltung kritisiert worden (siehe Nichtanwendungserlass vom 30.03.2016 IV B 5 – S 1341/11/10004-07, BStBl. I 2016, 455).
41Der Senat folgt für den vorliegenden Fall der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Danach sperrt Art. 9 des DBA Pol., der Art. 9 OECD-Musterabkommen entspricht, die Anwendung von § 1 AStG, so dass die von der Klägerin vorgenommene Teilwertabschreibung nicht außerbilanziell hinzuzurechnen ist. Nach Auffassung des Senats steht dieses Ergebnis auch im Einklang mit dem Sinn und Zweck des § 1 AStG, der eine – letztlich willkürliche – Gewinnverlagerung ins Ausland zur Ausnutzung von Steuervorteilen verhindern will. Daran fehlt es aber im Fall der Teilwertabschreibung, die nicht aufgrund etwaiger fremdunüblicher Bedingungen vorzunehmen ist, sondern weil sich wirtschaftliches Engagement der Klägerin als Fehlschlag erwiesen und auch nicht zu einer Erhöhung des Gewinns der polnischen Gesellschaft geführt hat (so auch FG Düsseldorf, Urteil vom 28.03.2014 6 K 4087/11 F, EFG 2014, 1275; Andresen, IStR 2014, 207; Prinz, DB 2011, 1415).
42Eine Hinzurechnung hat allerdings insoweit gemäß § 1 Abs. 1 AStG zu erfolgen, als mit der Zinslosigkeit der vereinbarten Darlehn dem Fremdvergleichsgrundsatz widersprechende Vereinbarungen getroffen wurden. Der Hinzurechnungsbetrag für das Streitjahr beläuft sich nach den übereinstimmenden Berechnungen der Beteiligten auf 60.111,17 Euro.
43Die Berechnung des festzustellenden Gewinns obliegt dem Beklagten gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.
44Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.
45Die Revision war weder wegen grundsätzlicher Bedeutung noch zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO). Die Entscheidung beruht auf der – auch im Bundessteuerblatt veröffentlichten – Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs.