Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
G r ü n d e
2I.
3Die Beteiligten streiten in der Sache materiell darüber, ob erklärte Verluste aus einer ausländischen Betriebsstätte als negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb anzuerkennen sind. Formell stellt sich die Frage, ob die Klage als Untätigkeitsklage zulässig ist.
4Die früher unter E GmbH & Co. KG firmierende Klägerin erwarb mit Vertrag vom 21.12.2000 einen Kommanditanteil von 20 v.H. (= X €) an der T GmbH & Co. KG mit Sitz in P, Österreich (im Folgenden T KG). Die Beteiligung erfolgte durch eine Sacheinlage in Form der Einbringung des Teilbetriebs der Klägerin zur Produktion und zum Vertrieb von F für die Industrie. Die Einbringung erfolgte mit wirtschaftlicher Wirkung zum 28.02.2001 (Einbringungsstichtag - Ziffer A.II. § 4 des Einbringungsvertrages vom 21.12.2000). Die T KG hatte ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 01.03. bis 28. bzw. 29. 02. des Kalenderjahres.
5Wegen der Einzelheiten der Einbringung wird auf den Vertrag vom 21.12.2000 zwischen der E GmbH & Co. KG, der T KG, der T GmbH und dem Fabrikanten T sowie die Betriebsprüfungsberichte betr. die Klägerin für die Jahre 2000 bis 2003 (Teilziffer 2.5) und 2004 bis 2007 (Teilziffer 2.1.8) Bezug genommen.
6In den drei folgenden Wirtschaftsjahren erzielte die T KG unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Betriebsprüfung des Finanzamtes G bei der T KG für die Jahre 2001/2002 bis 2003/2004 folgende Einkünfte aus Gewerbebetrieb:
72001/2 2002/3 2003/4
8Gewinn ./. X ./. X ./. X
9Anteil Klägerin ./. X ./. X ./. X
10Mit Vertrag vom 17.04.2003 zwischen der Klägerin, der T KG und deren Gesellschaftern wurde die Übertragung der Beteiligung der Klägerin an der T KG vereinbart. Die Klägerin verpflichtete sich, ihre Beteiligung an der T KG mit Wirkung vom 29.02.2004 an Herrn T zu übertragen, der neben der Klägerin einziger Kommanditist der T KG war. Auf diese Übertragung wird im Abtretungsvertrag vom 29.10.2004 (A 4; B 5) Bezug genommen.
11In dem zwischen den Gesellschaftern am 21.12.2000 abgeschlossenen Einbringungsvertrag war u.a. dem Gesellschafter T eine Call-Option in Bezug auf die Beteiligung der Klägerin an der T KG und der T GmbH eingeräumt worden. Die beteiligten Gesellschafter stritten nach Ausübung der Call-Option durch Herrn T u.a. über den zu zahlenden Optionspreis sowie über den Zeitpunkt der Rückgabeverpflichtungen. Zur Vermeidung eines Rechtsstreites wurde durch den Rückübertragungsvertrag vom 17.04.2003 endgültig eine vergleichsweise Einigung über die Streitpunkte der Abwicklung der Rückübertragung erzielt.
12Die bis zum 29.02.2004, dem Tag der Rückübertragung des Kommanditanteils an der T KG, nach Anwendung deutscher Gewinnermittlungsvorschriften angefallenen finalen Verluste bezifferte die Klägerin mit ./. X €.
13Zunächst beantragte die Klägerin in den Feststellungserklärungen 2002 bis 2004, die ausländischen Verluste aus der Beteiligung an der T KG im Rahmen des negativen Progressionsvorbehaltes phasenungleich zu berücksichtigen. Erstmals mit den Einsprüchen gegen die Feststellungsbescheide 2001 bis 2003 beantragte sie unter dem 06.12.2007, die laufenden ausländischen Verluste für die Jahre des Betriebsprüfungszeitraums bis 2003 phasengleich bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens vollständig in Abzug zu bringen. Mit Blick auf die Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 15.05.2008, C-414/06, Lidl Belgium, DStR 2008, 1030; Urteil vom 13.12.2005, C-446/03, Marks & Spencer, DStR 2005, 2168) und die Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 09.06.2010, I R 100/09, IStR 2010, 663 und I R 107/09, IStR 2010, 670) - dort verlangt der BFH verfahrensrechtlich den Abzug finaler ausländischer Betriebsstättenverluste in voller Höhe im Jahr der Finalität, beantragte die Klägerin unter dem 05.10.2010 erstmals, die gesamten ausländischen Betriebsstättenverluste aus der Beteiligung an der T KG in Höhe von ./. X € bei der Feststellung der Einkünfte für das Veranlagungsjahr 2004 steuermindernd zu berücksichtigen. An den Antrag auf Änderung der Veranlagung für das Jahr 2004 erinnerte die Klägerin durch Schreiben vom 21.12.2010.
14Der Beklagte stellte mit Schriftsatz vom 27.12.2010 die Befassung mit dem Änderungsantrag betr. Feststellung und Gewerbesteuer-Messbetrag 2004 unter Hinweis auf eine noch ausstehende Regelung der OFD weiter zurück. Gegen diese als Ablehnung des Änderungsantrages betr. Feststellung der Besteuerungsgrundlagen und des Gewerbesteuer-Messbetrages 2004 ausgelegte Entscheidung des Beklagten legte die Klägerin mit Schreiben vom 15.02.2011 Einspruch ein. Nach Abschluss der Betriebsprüfung erging unter dem 22.03.2011 ein geänderter Feststellungsbescheid 2004, gegen den die Klägerin unter dem 15.04.2011 Einspruch erhob. In der Begründung hielt sie an ihrer Rechtsauffassung fest, die ausländischen Betriebsstättenverluste der Klägerin aus der Beteiligung an der T KG im Bescheid 2004 mit ./. X € zu berücksichtigen. Der Beklagte schlug unter Hinweis auf das beim BFH anhängige Verfahren I R 48/11 das (weitere) Ruhen des Einspruchsverfahrens gegen den Feststellungsbescheid 2004 vor. Damit war die Klägerin nicht einverstanden. Der Beklagte änderte den streitbefangenen Feststellungsbescheid 2004 unter dem 22.03.2012 erneut aus nicht streitbefangenen Gründen. Darüber hinaus trat der Beklagte in der streitigen Frage im Jahr 2012 in weitere Sachverhaltsermittlungen ein, in deren Rahmen die Klägerin zuletzt durch eMail vom 19.06.2012 antwortete.
15Schließlich erhob die Klägerin mit Schreiben vom 28.10.2014, bei Gericht eingegangen am 30.10.2014, Untätigkeitsklage. Die Klageerhebung ohne Abschluss des Einspruchsverfahrens sei zulässig, weil der Beklagte über den Einspruch vom 15.04.2011 betreffend den Feststellungszeitraum 2004 weder in zureichender Zeit entschieden noch das Verfahren zum Ruhen gebracht habe. Zureichende Gründe für die überlange Verfahrensdauer habe er nicht mitgeteilt. Insbesondere sei die fehlende Anweisung der übergeordneten Behörde kein zureichender Grund für den fehlenden Abschluss des Vorverfahrens.
16In der Sache verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Der Beklagte habe die ausländischen Betriebsstättenverluste der Klägerin aufgrund ihrer Beteiligung an der österreichischen T KG in Höhe von ./. X € zu Unrecht nicht erfasst, obwohl die Berücksichtigung dieser finalen Verluste im Inland ausnahmsweise steuerlich angezeigt sei.
17Für die Klägerin und die an ihr beteiligten mittelbaren Mitunternehmer seien grundsätzlich Verluste aus einem gewerblichen Unternehmen gemäß Art. 7 Abs. 1 DBA-Österreich i.V.m. Art. 23 Abs. 1 DBA-Österreich und damit auch Verluste aus der T KG von der deutschen Besteuerung auszunehmen.
18Im Streitfall seien die Verluste jedoch ausnahmsweise zur Wahrung der Niederlassungsfreiheit im Rahmen der inländischen Besteuerung zu berücksichtigen. Die Niederlassungsfreiheit verbiete es den Mitgliedsstaaten, die nach ihrem Recht gegründeten Gesellschaften bei der Niederlassung in einem anderen Staat zu behindern. Gegen die Niederlassungsfreiheit werde verstoßen, wenn Mitgliedsstaaten die Berücksichtigung von Verlusten einer inländischen Betriebsstätte bei der Ermittlung des Gewinns der steuerpflichtigen Einkünfte des Stammhauses erlaubten, dieser Steuervorteil jedoch nicht gewährt werde, wenn die Verluste aus einer Betriebsstätte stammten, die in einem anderen Mitgliedsstaat belegen sei. Eine Einschränkung der Verrechnung von Auslandsverlusten stelle eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar.
19Eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit sei nur statthaft, wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sei. Insbesondere die symmetrische Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse, nach der spiegelbildlich nicht nur die Gewinne, sondern korrespondierend auch die Verluste aus ausländischen Betriebsstätten nur in den Betriebsstättenstaaten Besteuerungsfolgen auslösen würden, stelle grundsätzlich einen anerkannten Rechtfertigungsgrund dar.
20Die ausnahmslose Versagung der Nutzung ausländischer Betriebsstättenverluste sei jedoch unverhältnismäßig. Eine unverhältnismäßige Regelung liege vor, wenn der Steuerpflichtige nachweise, dass seine gebietsfremde Niederlassung oder Tochtergesellschaft die Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Verlusten in dem Mitgliedsstaat ihrer Niederlassung bzw. ihres Sitzes für den betreffenden Steuerzeitraum ausgeschöpft habe und keine Möglichkeit bestehe, solche „finalen“ Verluste der Niederlassung bzw. Tochtergesellschaft in diesem Staat für künftige Steuerzeiträume zu berücksichtigen.
21Der Bundesfinanzhof habe durch Urteil vom 05.02.2014 (I R 48/11, IStR 2014, 37) klargestellt, dass die von der Finanzverwaltung bezweifelte Fortgeltung der Marks & Spencer-Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 13.12.2005 C-446/03, DStR 2005, 2168) zu „finalen Verlusten“ Bestand habe.
22Bundesfinanzhof und Finanzgerichte, zuletzt das Finanzgericht Hamburg durch Urteil vom 06.08.2014 (2 K 355/12, EFG 2014, 2084), hätten eine Reihe von Voraussetzungen aufgestellt und konkretisiert, die die Annahme von finalen Verlusten rechtfertigten. Vor diesem Hintergrund liege im Streitfall eine derartige „Finalität“ vor. Die Klägerin habe nachgewiesen, dass der Verkauf der Betriebsstätte in Österreich als anerkannter tatsächlicher Grund zur ausnahmsweisen Verlustnutzung im Inland führe und ausschließende rechtliche Gründe nicht maßgeblich gewesen seien. Es sei aus tatsächlichen Gründen so gut wie ausgeschlossen, dass die nach deutschem Steuerrecht ermittelten Verluste, die die Klägerin nicht in missbräuchlicher Weise habe final werden lassen, in Österreich noch genutzt werden könnten. Außerdem könne ein wider Erwarten dennoch später erfolgender Abzug im Inland verfahrensrechtlich noch rückwirkend nachvollzogen werden.
23Die Klägerin teile die Auffassung des Beklagten nicht, dass der EuGH mit dem Urteil in der Rechtssache Timac Agro (Urteil vom 17.12.2015 C – 388/14, IStR 2016, 74) seine Finalitätsrechtsprechung in Betriebsstättenfällen bei Anwendung der Freistellungsmethode aufgegeben habe. Es sei nicht zutreffend, dass der EuGH die Niederlassungsfreiheit bei Anwendung der Freistellungsmethode nicht als beeinträchtigt angesehen habe. Die Entscheidung des EuGH vom 17.12.2015 bestätige vielmehr die Rechtsprechungsentwicklung und definiere nun klarer den Anwendungsbereich der Finalitätsrechtsprechung.
24Vor dem Hintergrund einer differenzierten Analyse der Rechtsprechungsentwicklung sei in der Entscheidung „Timac Agro“ keine Abkehr von der Finalitätsrechtsprechung des EuGH zu sehen. Dies sei auch daran zu erkennen, dass der EuGH ausdrücklich in dem Urteil auf die Rechtsprechung in Sachen „Marks & Spencer“ sowie „Lidl Belgium“ verweise. Letztlich sei es so, dass es eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit darstelle, wenn ein Unternehmen Verluste im Ausland erziele, die auch bei Finalität steuerlich nicht berücksichtigt werden könnten. Nur im Finalitätsfall unterschieden sich Inlands- und Outbound-Fall, weil die DBA-bedingte Nichtberücksichtigung finaler Verluste geeignet sei, die Outbound-Investition gegenüber einer reinen Inlandsinvestition weniger attraktiv zu gestalten und zu behindern und damit zugleich die Niederlassungsfreiheit zu beschränken.
25Die Rechtfertigung, finale Verluste von der Berücksichtigung auszuschließen, sei nur in ganz besonderen Ausnahmefällen gegeben, etwa bei Missbrauch der Verlustnutzung durch Doppelverwertung der Verluste. Die Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse sei als Rechtsfertigungsgrund nicht geeignet, weil finale Verluste zumindest einmal berücksichtigt werden müssten, um die Niederlassungsfreiheit nicht zu beschränken.
26Auch gewerbesteuerlich sei die Berücksichtigung des Auslandsverlustes angezeigt. Es sei zwar zutreffend, dass bei der Ermittlung des Gewerbeertrages gemäß § 7 Satz 1 GewStG einbezogene Verluste aus der Beteiligung an einer inländischen wie auch ausländischen Personengesellschaft der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 6 GewStG unterlägen. Diese Vorschrift müsse sich aber an einer europarechtskonformen Besteuerung messen. Ihre Anwendung im Fall von finalen Auslandsverlusten sei im Ergebnis europarechtswidrig. Während Verluste im Inland durch § 8 Nr. 8 GewStG nicht ausgeschlossen seien, sondern lediglich gewerbesteuersystematisch auf der Ebene der verlusterleidenden Tochtergesellschaft Berücksichtigung fänden, bestünde bei Auslandsgesellschaften keine Möglichkeit einer entsprechenden Verlustberücksichtigung im Ausland. Es wäre daher auf der Basis der EuGH-Rechtsprechung systemwidrig, die finalen Auslandsverluste bei der Einkommensbesteuerung anzusetzen, nicht jedoch bei der Gewerbesteuer.
27Es sei auch nicht zutreffend, dass – wie der Beklagte meine - bei der Ermittlung des Gewerbeertrages gemäß § 7 Satz 1 GewStG noch nicht berücksichtigte Verluste mangels einer eigenen Kürzungsvorschrift im Sinne des § 9 GewStG keine Korrektur des Gewerbeertrages auslösen könnten. Ebenso wie finale Auslandsverluste im Inland auch ohne ausdrückliche Anordnung in den Steuergesetzen Berücksichtigung finden müssten, sei zur Vermeidung einer Europarechtswidrigkeit eine Kürzung des Gewerbeertrages aufgrund einer Finalität dieser Verluste geboten, um die Europarechtswidrigkeit zu verhindern (BFH, Urteil vom 09.06.2010, I R 107/09, IStR 2010, 663).
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages wird auf die Klageschrift Bezug genommen.
29Die Klägerin beantragt,
30den Bescheid für 2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 22.03.2012 zu ändern und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um X € niedriger auf ./. X € festzustellen,
31den Ablehnungsbescheid vom 27.01.2015 sowie die Einspruchsentscheidung vom 15.04.2015 aufzuheben und den Beklagte zu verpflichten, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in dem Bescheid über den Gewerbesteuer-Messbetrag für 2004 um X auf ./.X € herabzusetzen.
32hilfsweise, im Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen und
33die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
34Der Beklagte beantragt,
35die Klage abzuweisen.
36Zur Begründung trägt er vor, der Streitfall zeichne sich dadurch aus, dass die österreichischen Betriebsstättenverluste durch eine doppelstöckige Personengesellschaft erzielt worden seien. Vor dem Hintergrund des geltenden Transparenzprinzips bestünden Zweifel, ob es für die Annahme „finaler“ Betriebsstättenverluste ausreichend sei, wenn lediglich die Klägerin erkläre, zu keiner Zeit eine anderweitige Beteiligung an einer Gesellschaft in Österreich gehalten oder eine eigene Betriebsstätte in Österreich unterhalten zu haben bzw. zu keiner Zeit nach der Beendigung der Beteiligung an der österreichischen Personengesellschaft geplant zu haben, eine solche Beteiligung erneut einzugehen oder eine eigene Betriebsstätte zu unterhalten. Das Transparenzprinzip scheine zu erfordern, dass
371. die Verluste in Person des jeweils letztendlich in Deutschland einkommen- bzw. körperschaftsteuerplichtigen Gesellschafters das von der Rechtsprechung aufgestellte Finalitätserfordernis erfüllten.
382. die jeweils letztendlich in Deutschland einkommen- bzw. körperschaftsteuerpflichtigen Gesellschafter im Streitjahr 2004 mit den Personen identisch seien, denen in der Verlustphase 2002 bis 2004 die laufenden Verluste auch steuerlich nach dem DBA-Österreich als steuerfreie Betriebsstätteneinkünfte zuzurechnen gewesen wären.
39Ein Gesellschafterwechsel bei der Klägerin oder einer weiteren Obergesellschaft in der Rechtsform einer Personengesellschaft in den Jahren 2002 und 2003 dürfe damit beschränkend auf die Zurechnung entsprechender „finaler“ Betriebsstättenverluste im Jahr 2004 wirken.
40Diese Erfordernisse seien beschränkend im Rahmen eines inländischen mehrstufigen Feststellungsverfahrens zu berücksichtigen. Diese Feststellung habe zudem – unter Hinweis auf die im Falle eines Verstoßes gegen die Niederlassungsfreiheit allenfalls geltungserhaltende Reduktion des Artikels 23 Abs. 1 DBA-Österreich – bereits im streitgegenständlichen Feststellungsverfahren zu erfolgen.
41Aus den Aufstellungen zur Beteiligungsstruktur ergebe sich, dass die jeweils letztendlich in Deutschland einkommensteuerpflichtigen Gesellschafter im Streitjahr 2004 nicht vollständig identisch seien mit den Personen, denen in der Verlustphase 2002 bis 2004 die laufenden Verluste steuerlich – nach dem DBA-Österreich als steuerfreie Betriebsstätteneinkünfte – zuzurechnen seien.
42Soweit die Klageschrift darstelle, dass an der Klägerin im Streitjahr 2004 eine in Österreich ansässige und in Deutschland nur beschränkt einkommensteuerpflichtige Person (Herr S) beteiligt gewesen sei, habe insoweit keine anteilige Feststellung „finaler“ ausländischer Betriebsstättenverluste zu erfolgen, weil dies für ein deutsches Besteuerungsverfahren ohne jede Bedeutung sei. Gleiches gelte für die mittelbar beteiligte M, die in Großbritannien ansässig sei.
43Eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit liege nach Auffassung des Beklagten im Streitfall im Übrigen nicht vor. Dabei beziehe er sich auf das Urteil des EuGH vom 17.07.2014 (Nordea, C-48/13, IStR 2014, 563). Entscheidendes Kriterium für die Prüfung, ob der grenzüberschreitende Sachverhalt mit einem rein inländischen vergleichbar sei, sei der bestehende oder eben nicht bestehende Besteuerungszugriff.
44In der Rechtssache C – 388/14 (Timac Agro, IStR 2016, 75) habe der EuGH mit Urteil vom 17.12.2015 eine unionsrechtliche Verpflichtung zur Berücksichtigung der ausländischen Betriebsstättenverluste beim inländischen Stammhaus verneint. Die Annahme einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit werde vom EuGH von vornherein abgelehnt, weil sich eine inländische Betriebsstätte und eine ausländische Freistellungsbetriebsstätte nicht in einer vergleichbaren Situation befänden.
45Weil keine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit gegeben sei, könne der EuGH nicht mehr zur Prüfung der Rechtfertigung und der Verhältnismäßigkeit kommen, die bisher grundsätzlich auf der sog. „Marks & Spencer Ausnahme (EuGH, Urteil vom 13.12.2005 C – 446/03, DStR 2005, 2168) beruht habe. Nach den Entscheidungsgründen des EuGH liege letztlich in den Fällen einer Freistellung keine unionsrechtliche Verpflichtung zur grenzüberschreitenden Berücksichtigung finaler Verluste (mehr) vor. Auf die Finalität der steitgegenständlichen Verluste komme es nicht mehr an.
46In Deutschland würden Einkünfte aus einer österreichischen Betriebsstätte unter Anwendung der Freistellungsmethode steuerfrei gestellt. Lediglich im Rahmen des Progressionsvorbehaltes erfolge eine Berücksichtigung dieser ausländischen Einkünfte. Ein für die Vergleichbarkeit maßgeblicher Besteuerungszugriff Deutschlands auf die streitgegenständlichen ausländischen mitunternehmerischen Betriebsstätteneinkünfte erfolge daher gerade nicht. Die österreichische Betriebsstätte befände sich nicht in einer Situation, die mit der Situation gebietsansässiger Betriebsstätten vergleichbar sei. Eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit liege deshalb nicht vor.
47Wenn ein Mitgliedsstaat die Gewinne gleichfalls nicht der Besteuerung unterwerfe, stelle dies einen sich geradezu aufdrängenden besonders guten Grund dafür dar, dass ein Mitgliedsstaat auch nicht die Verluste einer ausländischen Freistellungsbetriebsstätte berücksichtige.
48Gehe man vom Vorliegen einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit aus, wäre sie gerechtfertigt. Mangels anderer nationaler Vorschriften beruhe die Nichtberücksichtigung der Verluste letztlich auf der nach dem Doppelbesteuerungsabkommen anzuwendenden Freistellungsmethode. Die gegebenenfalls hierdurch mögliche Beschränkung der Niederlassungsfreiheit sei aus Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt. Sie sei nach der bisherigen EuGH-Rechtsprechung europarechtlich unbedenklich.
49In der Rechtssache Lidl Belgien (Urteil vom 15.05.2008, C-414/06, DStR 2008. 1030) habe der EuGH festgestellt, dass der Mitgliedsstaat, in dem sich der Sitz der Gesellschaft befinde, der die Betriebsstätte gehöre, ohne ein Doppelbesteuerungsabkommen das Recht habe, die von dieser Einheit erwirtschafteten Gewinne zu besteuern. Folglich sei das Ziel, die Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den betroffenen Mitgliedsstaaten zu wahren, das sich in den Bestimmungen des Abkommens widerspiegele, geeignet, die fragliche Sonderregelung zu rechtfertigen, wenn die Symmetrie zwischen dem Recht zur Besteuerung der Gewinne und der Möglichkeit, Verluste in Abzug zu bringen, gewahrt bleibe. Genau diese Symmetrie werde in Deutschland im Verhältnis zu Österreich nach dem DBA durch die Nichtberücksichtigung der Betriebsstättengewinne ebenso wie der Verluste gewahrt. Nur bei „finalen“ Verlusten sei eine Ausnahme möglich. Sie seien gegeben, wenn eine gebietsfremde Tochtergesellschaft die im Sitzstaat vorgesehenen Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Verlusten ausgeschöpft habe und keine Möglichkeit bestehe, dass die Verluste der ausländischen Tochtergesellschaft im Sitzstaat für künftige Zeiträume berücksichtigt würden.
50Im Streitfall sei zu beachten, dass eine spätere Berücksichtigung der Verluste in Österreich zumindest nicht vollständig ausgeschlossen sei. Österreich gewähre grundsätzlich einen unbegrenzten Verlustvortrag. Durch die Neugründung einer österreichischen Betriebsstätte, eine konzerninterne Umstrukturierung oder einen Umzug der einkommensteuerpflichtigen Gesellschafter nach Österreich könnten die in Österreich erzielten Verluste nach Ablauf des Streitjahres wieder aufleben und verrechenbar sein. Sehe das österreichische Recht die Möglichkeit der Verlustnutzung nicht vor, z.B. weil es die Klägerin unterlassen habe, diese Verluste für sich bzw. ihre einkommen- bzw. körperschaftsteuerpflichtigen Gesellschafter zeitgerecht in einem dafür in Österreich erforderlichen Verfahren gesondert feststellen zu lassen, so seien diese ungünstigen Auswirkungen Deutschland nicht zuzurechnen.
51Bei der Ermittlung des Gewerbeertrages gemäß § 7 Satz 1 GewStG berücksichtigte Verluste aus der Beteiligung an einer (auch ausländischen) Personengesellschaft sei die Hinzurechnungsvorschrift § 8 Nr. 8 GewStG zu berücksichtigen. Danach seien die Anteile am Verlust einer in- oder ausländischen offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebes anzusehen seien, dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden seien. Demnach käme es selbst bei Berücksichtigung bei der Einkommen- oder Körperschaftsteuer im Ergebnis zu keiner gewerbesteuerlichen Auswirkung.
52Bei der Ermittlung des Gewerbeertrages käme es hinsichtlich nicht berücksichtigter (in- oder ausländischer) Verluste mangels Kürzungsvorschrift im Sinne des § 9 GewStG zu keiner Korrektur des Gewerbeertrages, so dass sich auch hier im Ergebnis keine Auswirkungen auf den Gewerbeertrag ergäben.
53Eine Berücksichtigung der ausländischen Verluste scheide demnach aus. Eine gewerbesteuerrechtliche und damit gegen Unionsrecht verstoßende Ungleichbehandlung von Verlusten aus einer in- oder ausländischen mitunternehmerischen Beteiligung sei nicht ersichtlich.
54Zur Ergänzung werde auf das BFH-Urteil vom 02.12.2015 (I R 13/14, IStR 2016, 428) Bezug genommen.
55Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Akten verwiesen.
56Der Senat hat am 28.03.2017 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
57II.
581) Zulässigkeit der Untätigkeitsklage
59Die Klage ist als Untätigkeitsklage nach § 46 Abs. 1 FGO zulässig, weil der Beklagte über die mit Schreiben vom 17.11.2013 gegen den Feststellungsbescheid 2011 vom 11.07.2013 und gegen den Gewerbesteuermessbetragsbescheid 2011 vom 11.07.2013 erhobenen Einsprüche nicht innerhalb von sechs Monaten entschieden hat, ohne einen zureichenden Grund dafür zu benennen.
60Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die zuständige Sachbearbeiterin und der Sachgebietsleiter den Rechtsbehelf als erledigt betrachteten, nachdem sie dem Hilfsantrag der Klägerin entsprochen hatten und der Fall deshalb nicht der Rechtsbehelfsstelle zugeleitet worden war. Ein hinreichender Grund für die ausstehende Entscheidung über den Hauptantrag im Einspruchsverfahren ist darin ebenso wenig zu sehen wie in der fehlenden Weisung der übergeordneten Behörde an den Beklagten.
61Da der Beklagte im gerichtlichen Verfahren deutlich gemacht hat, dass er das Begehren der Klägerin ablehnt, ist eine Aussetzung des Verfahrens zum Zwecke der Nachholung der Einspruchsentscheidung nicht sachgerecht.
622) Begründetheit
63Die Klage ist nicht begründet. Der Beklagte hat die als final geltend gemachten Verluste der österreichischen Tochtergesellschaft bei der Klägerin zu Recht bei der Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb nicht berücksichtigt.
64Die Einkünfte der österreichischen Tochtergesellschaft der Klägerin, der T KG, unterliegen grundsätzlich nach Art. 7 in Verbindung mit Art. 23 Abs. 1a DBA Österreich 2000 der Besteuerung durch Österreich.
65Da sich der Begriff „Betriebsstätteneinkünfte“ in Art. 7 DBA Österreich 2000 auf einen Nettobetrag bezieht, sind neben den Betriebsstättengewinnen auch die Betriebsstättenverluste aus der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen (sog. Symmetriethese – vgl. z.B. BFH, Urteil vom 05.02.2014 I R 48/11, IStR 2014, 377, BFH/NV 2014, 963).
66Die in Österreich erlittenen, aber nach deutschem Steuerrecht zu ermittelnden (BFH, Urteile vom 05.02.2014 I R 48/11, IStR 2014, 377, BFH/NV 2014, 963; vom 09.06.2010 I R 197/09, BFH/NV 2010, 1744) und ermittelten Verluste der Tochtergesellschaft der Klägerin sind nicht ausnahmsweise trotz der prinzipiellen Freistellung zur Wahrung der unionsrechtlich verbürgten Niederlassungsfreiheit (Art. 49 i.V.m. Art. 54 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV) in Deutschland als dem Ansässigkeitsstaat zu berücksichtigen.
67Die Bestimmungen über die Niederlassungsfreiheit verbieten es, dass der Herkunftsmitgliedsstaat die Niederlassung eines seiner Staatsangehörigen oder einer nach seinem Recht gegründeten Gesellschaft in einem anderen Mitgliedsstaat behindert (EuGH, Urteil vom 15.05.2008 Rs. C-414/06 Lidl Belgium, DStR 2008, 1030 m.w.N.).
68Nach der Rechtsprechung des EuGH wird die Niederlassungsfreiheit behindert, wenn nach einer Regelung eines Mitgliedsstaats eine gebietsansässige Gesellschaft, die eine Tochtergesellschaft oder eine Betriebsstätte in einem anderen Mitgliedsstaat oder in einem anderen Staat des EWR-Abkommens unterhält, gegenüber einer gebietsansässigen Gesellschaft mit einer Betriebsstätte oder einer Tochtergesellschaft im erstgenannten Mitgliedsstaat in nachteiliger Weise steuerlich unterschiedlich behandelt wird (EuGH, Urteil vom 17.07.2014 C-48/13, Nordea Bank Danmark A/S Skatteministeriet, IStR 2014, 563).
69Die Berücksichtigung von Verlusten einer gebietsfremden Betriebsstätte bei der Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte der Gesellschaft, zu der diese Betriebsstätte gehört, stellt einen Steuervorteil dar (EuGH, Urteil vom 17.07.2014 C – 48/13, Nordea Bank Danmark A/S Skatteministeriet, IStR 2014, 563).
70Die Einkünfte aus der österreichischen Tochtergesellschaft der Klägerin sind in Deutschland nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Österreich von der deutschen Besteuerung freigestellt. Handelte es sich um eine Tochtergesellschaft mit Sitz in Deutschland, wären die Verluste in Deutschland zu berücksichtigen. Eine Bestimmung, die die Berücksichtigung von Verlusten einer Betriebsstätte für die Ermittlung des Gewinns und die Berechnung der steuerpflichtigen Einkünfte des Stammhauses erlaubt, stellt einen Steuervorteil dar. Dieser Vorteil wird im Streitfall gewährt, wenn es sich um eine Tochtergesellschaft mit Sitz im Inland handelt, aufgrund der Regelungen im Doppelbesteuerungsabkommen jedoch nicht, wenn die Tochtergesellschaft ihren Sitz in Österreich hat.
71Aufgrund dieser unterschiedlichen steuerlichen Behandlung könnte eine deutsche Gesellschaft davon abgehalten werden, ihre Tätigkeiten über eine in einem anderen Mitgliedsstaat belegene Tochtergesellschaft auszuüben.
72Die abkommensrechtliche Konzeption der Tochtergesellschaft/Betriebsstätte als selbständige Einheit entspricht der internationalen rechtlichen Praxis, wie sie sich etwa im OECD-Musterabkommen (dort insbesondere in Art. 5 und 7) widerspiegelt. Insoweit hat der EuGH festgestellt, dass es für die Mitgliedsstaaten nicht sachfremd ist, sich zum Zweck der Aufteilung der Steuerhoheit an der internationalen Praxis und den von der OECD erarbeiteten Musterabkommen zu orientieren (EuGH, Urteile vom 23.02.2006 C-513/03, van Hilten-van der Heijden, DStR 2006, 851; vom 15.05.2008 Rs. C-414/06 Lidl Belgium, DStR 2008, 1030 m.w.N.). Die Mitgliedsstaaten bleiben in Ermangelung unionsrechtlicher Vereinheitlichungs- oder Harmonisierungsmaßnahmen befugt, insbesondere zur Beseitigung der Doppelbesteuerung die Kriterien für die Aufteilung ihrer Steuerhoheit vertraglich oder einseitig festzulegen. Die Wahrung dieser Aufteilung ist ein vom Europäischen Gerichtshof anerkanntes legitimes Ziel (EuGH, Urteil vom 17.07.2014, C-48/13, Nordea Bank Danmark A/S ./. Skatteministeriet, IStR 2014, 563).
73Die Niederlassungsfreiheit erfordert es grundsätzlich, dass die in einem Mitgliedsstaat erlittenen sog. finalen Verluste in Deutschland ausnahmsweise abzugsfähig sind, wenn deren Nutzung im Betriebsstättenstaat unter allen Umständen ausgeschlossen ist (vgl. EuGH, Urteile vom 13.12.2005 Rs. C-446/03 Marks & Spencer, DStR 2005, 2168; vom 15.05.2008 Rs. C-414/06 Lidl Belgium, DStR 2008, 1030; vom 21.02.2013 Rs. C-123/11 A Oy, IStR 2013,239).
74Eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit ist nur statthaft, wenn sie Situationen betrifft, die nicht objektiv miteinander vergleichbar sind, oder wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist.
75Betriebsstätten, die in einem anderen als dem betreffenden Mitgliedsstaat belegen sind, befinden sich in Bezug auf Maßnahmen dieses Mitgliedsstaats, die zur Vermeidung oder Abschwächung einer Doppelbesteuerung der Gewinne einer gebietsansässigen Gesellschaft dienen, grundsätzlich nicht in einer mit der Situation gebietsansässiger Betriebsstätten vergleichbaren Situation (EuGH, Urteil vom 17.12.2015 – C – 388/14, Timac Agro Deutschland GmbH/FA Sankt Augustin, IStR 2016, 74; Urteil vom 17.07.2014 – C – 48/13, Nordea Bank Danmark A/S ./. Skatteminsteriet, IStR 2014, 563).
76Im Fall Timac Agro war ungeachtet der nach dem Doppelbesteuerungsabkommen vereinbarten Freistellung der Einkünfte aus der in Österreich gelegenen Betriebsstätte in der Bundesrepublik Deutschland der Abzug von Verlusten nach § 2a Abs. 3 Satz 1 EStG a.F. zugelassen worden. Dadurch war eine Vergleichbarkeit mit der Betriebsstätte im Inland gegeben. Diese Situation ist im vorliegenden Streitfall nicht gegeben. § 2a Abs. 3 Satz 1 EStG a.F. gilt seit 1999 nicht mehr.
77Im Streitfall ist daher die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit statthaft und die Nichtberücksichtigung möglicher finaler Verluste im Rahmen der Ertragsteuer und der Gewerbesteuer auch unter Berücksichtigung des Unionsrechts nicht zu beanstanden.
78Die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit wäre darüber hinaus bei vergleichbaren Situationen zulässig, wenn sie durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet ist, die Erreichung des verfolgten Ziels zu gewährleisten. Dabei darf sie nicht über das hinausgehen, was hierzu erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 17.07.2014 – C – 48/13, Nordea Bank Danmark A/S ./. Skatteminsteriet, IStR 2014, 563). Ob diese Voraussetzungen im Entscheidungsfall gegeben sind, ist zwischen den Beteiligten streitig. Dieser Streit ist jedoch im Ergebnis ebenso wenig entscheidungserheblich wie die Fragen, die der Beklagte im Anschluss an die Betriebsprüfung bei der Klägerin aufwarf (SS v. 01.02.2017 mit Anlage) und auf die die Klägerin erwiderte (SS v. 07.03.2017). Die Niederlassungsfreiheit ist schon deshalb nicht verletzt, weil die Vergleichbarkeit der Situationen nicht gegeben ist.
79Im Streitfall ist festzustellen, dass die Situation einer in Österreich belegenen Betriebsstätte, über deren Ergebnisse Deutschland keine Steuerhoheit ausübt und deren Verluste in Deutschland nicht abzugsfähig sind, in Bezug auf Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung oder Abschwächung einer Doppelbesteuerung der Gewinne/Verluste einer gebietsansässigen Gesellschaft nicht mit der Situation einer in Deutschland belegenen Betriebsstätte vergleichbar ist (EuGH, Urteil vom 17.12.2015 – C-388/14, Timac Agro Deutschland GmbH/FA Sankt Augustin, IStR 2016, 74 m.w.N.).
80Im Fall einer Freistellungsbetriebsstätte besteht nach der nach Ansicht des Senats eindeutigen Rechtsprechung des EuGH (Urteile vom 17.07.2014 – C – 48/13, Nordea Bank Danmark A/S ./. Skatteminsteriet, IStR 2014, 563 und vom 17.12.2015 – C-388/14, Timac Agro Deutschland GmbH/FA Sankt Augustin, IStR 2016, 74 m.w.N.) keine unionsrechtliche Verpflichtung zur grenzüberschreitenden Berücksichtigung von finalen Verlusten (siehe auch Anmerkungen zum Urteil des EuGH vom 17.12.2015 – C-388/14, Timac Agro Deutschland GmbH/FA Sankt Augustin, von Dr. Schiefer/Noerr, IStR 2016, 79; Benecke/Dr. Staats, IStR 2016, 80; a.A. Dr. Niemann/Dr. Dodos: Verrechnung von „finalen“ Auslandsverlusten – auch nach „Timac Agro“!, in: DStR 2016, 1057-1063).
81Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
82Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.