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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nicht erstattungsfähig sind.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Beteiligten streiten darüber, ob Zinsvergünstigungen aus einem von der Beigeladenen an den Kläger gewährten Arbeitgeberwohnbaudarlehen gem. § 3 Nr. 58 EStG steuerfrei sind.
3Der Kläger ist (seit dem xx.xx.xxxx) verheiratet und wurde in den Streitjahren zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Die Eheleute haben ein Kind (geb. am xx.xx.xxxx). Der Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus seiner Tätigkeit für die Beigeladene, die Handwerkskammer A-Stadt, in Höhe von über 50.000 € (2006-2009). Darüber hinaus erzielte der Kläger Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von xxx (2006), xxx (2007), xxx (2008) und xxx (2009).
4Die Beigeladene gewährte dem Kläger und seiner Ehefrau (wie auch weiteren Arbeitnehmern) mit Darlehensvertrag vom 18.10.1999 ein sog. zinsvergünstigtes Arbeitgeberwohnbaudarlehen über 18.000 DM zur Finanzierung ihres gemeinschaftlich erworbenen Familienheimes. Die Annuität des Darlehens betrug 4,5% p.a. (0,5% Zinsen, 4% Tilgung). Die Darlehensrückzahlung war nach § 4 des Darlehensvertrages in gleichbleibenden Raten für Zins und Tilgung jeweils nachträglich fällig für die Zeit vom 01. Januar bis 30. Juni am 30. Juni und für die Zeit vom 01. Juli bis zum 31. Dezember am 31. Dezember. Die Abschreibung der Tilgungsbeträge erfolgte einmal jährlich zum 31. Dezember.
5Die Beigeladene behandelte die Zinsvergünstigungen gegenüber dem Kläger und den anderen Arbeitnehmern als nach § 3 Nr. 58 EStG steuerfreien Arbeitslohn.
6Der Beklagte führte bei der Beigeladenen in der Zeit vom 22.10.2010 bis zum 10.11.2010 eine Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum 01.01.2006 bis 30.09.2010 durch. Im Bericht über die Lohnsteueraußenprüfung vom 17.12.2010 (Tz. 4) vertrat der Beklagte den Standpunkt, dass die gewährten Zinszuschüsse zum steuerpflichtigen Arbeitslohn gehörten. Eine Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 58 EStG liege nicht vor, da die Darlehen nicht aus einem öffentlichen Haushalt gewährt worden seien.
7Mit Haftungs- und Nachforderungsbescheid vom 22.12.2010 nahm der Beklagte die Beigeladene für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis zum 30.09.2010 in Höhe von insgesamt xxxx € in Anspruch.
8Auf den Kläger entfallen folgende Beträge, deren Berechnung zwischen den Beteiligten unstreitig ist:
9Jahr |
Geldwerter Vorteil |
LSt |
KiSt |
SolZ |
|
2006 |
310,68 € |
86,00 € |
7,73 € |
4,73 € |
|
2007 |
293,64 € |
80,00 € |
7,19 € |
4,40 € |
|
2008 |
309,62 € |
88,00 € |
7,92 € |
4,84 € |
|
2009 |
290,30 € |
82,00 € |
7,38 € |
4,51 € |
Summe Steuer |
Summe |
1.204,24 € |
336,00 € |
30,22 € |
18,48 € |
384,70 € |
Gegenüber der Beigeladenen ist der Haftungsbescheid bestandskräftig geworden und die Beigeladene hat die Steuerschuld beglichen.
11Der Kläger erfuhr von der Haftungsinanspruchnahme durch Schreiben der Beigeladenen vom 17.02.2011, in dem ihm zugleich die Rückforderung der auf ihn entfallenden Steuer durch Verrechnung mit dem Gehalt angekündigt wurde. Er legte mit Schreiben vom 01.03.2011 in seiner Eigenschaft als betroffener Arbeitnehmer/Steuerschuldner im Umfang des ihn betreffenden Teils Einspruch gegen den Lohnsteuerhaftungsbescheid ein. Er begründete diesen damit, dass auch der Haushalt der Handwerkskammer einen öffentlichen Haushalt darstelle. Dies ergebe sich daraus, dass die Handwerkskammer eine landesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts sei, die der Rechtsaufsicht der zuständigen Landesbehörde – im vorliegenden Fall dem Wirtschaftsministerium – unterliege. Insbesondere unterlägen Satzungsänderungen, die Feststellung des Haushaltsplans und die Festsetzung der Beiträge bzw. die Erhebung von Gebühren der Genehmigung durch die oberste Landesbehörde.
12Es könne dahinstehen, ob der Gesetzgeber lediglich die in § 6 Abs. 1 des II. Wohnungsbaugesetzes (WoBauG) genannten öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften von der Steuerbefreiung habe erfassen wollen. Denn jedenfalls sei eine solche Einschränkung des Begriffes „öffentlicher Haushalt“ in § 3 Nr. 58 EStG, die im Übrigen keinen Niederschlag im Wortlaut der Vorschrift gefunden habe, aufgrund der Verabschiedung des Wohnraumförderungsgesetzes (WoFG) und dem Wegfall des § 6 II. WoBauG im Jahr 2001 nicht mehr geboten.
13Ferner stellten nach R. 23 LStR 2004 auch die Sozialversicherungsträger öffentliche Haushalte im Sinne des § 3 Nr. 58 EStG dar. Diese seien mit den Handwerkskammern vergleichbar, da diese ebenfalls rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts darstellten, die unter staatlicher Aufsicht stünden. Ebenso wie bei Handwerkskammern seien die Haushaltspläne und Satzungen der Sozialversicherungsträger von der zuständigen Aufsichtsbehörde zu genehmigen. Zudem habe die Oberfinanzdirektion der Beigeladenen mit Schreiben vom 21.09.2004 durch verbindliche Auskunft mitgeteilt, dass die Zinsvergünstigungen gem. § 3 Nr. 58 EStG steuerfrei seien.
14Mit Einspruchsentscheidung vom 17.02.2012 wies der Beklagte den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Eine steuerfreie Zahlung aus einem öffentlichen Haushalt liege nicht vor, weil die Beigeladene keinen öffentlichen Haushalt im Sinne des R 3.58 LStR 2011 unterhalte. Öffentliche Haushalte im Sinne des § 3 Nr. 58 EStG seien die Haushalte des Bundes, der Länder, der Gemeinden, der Gemeindeverbände und der kommunalen Zweckverbände sowie der Sozialversicherungsträger. Die Handwerkskammer gehöre nicht zu diesen Einrichtungen, sondern sei ein Berufsverband mit öffentlich-rechtlichem Charakter. Insbesondere sei die Handwerkskammer nicht mit den Sozialversicherungsträgern vergleichbar, da die Handwerkskammer in erster Linie ein Berufsverband sei, der lediglich in Teilbereichen für den Staat förderlich tätig sei. Die Sozialversicherungsträger seien dagegen dem Staat eingegliederte Körperschaften des öffentlichen Rechts, die Aufgaben in mittelbarer Staatsverwaltung, insbesondere den Vollzug einer detaillierten Sozialgesetzgebung wahrnehmen.
15Mit der am 15.03.2012 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er ist der Auffassung, dass sich seine Klagebefugnis gegen den Lohnsteuerhaftungsbescheid gegenüber der Beigeladenen aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ergebe. Ergänzend trägt er im Klageverfahren zur Sache vor, dass die Handwerkskammer kein Berufsverband im Sinne eines Interessenverbandes sei, sondern als öffentlich-rechtliche Körperschaft öffentliche Aufgaben wahrnehme. Ferner unterlägen die Handwerkskammern dem nationalen und europäischen Vergaberecht. Bei der Rechtsmaterie des Vergaberechts handele es sich aber um Haushaltsrecht. Haushalte von Körperschaften des öffentlichen Rechts seien immer „Öffentliche Haushalte“. Zudem bedürften die Gründungen von Unterstützungskassen der Innungen (insbes. der Innungskrankenkassen) der Genehmigung der Handwerkskammern. Die Handwerkskammer sei folglich für die Genehmigung von Sozialversicherungsträgern zuständig. Es sei vor diesem Hintergrund nicht nachzuvollziehen, warum der Sozialversicherungsträger einen öffentlichen Haushalt darstelle, nicht aber dessen Genehmigungsbehörde. Des Weiteren seien auch Bund, Länder und Kommunen nicht ausschließlich hoheitlich tätig, sondern unterhielten wirtschaftliche Geschäftsbetriebe (sog. Betriebe gewerblicher Art). Ferner stelle der auf die Ehefrau entfallende (hälftige) Anteil des Darlehens keinen Arbeitslohn des Klägers dar.
16Der Kläger beantragt,
17den Lohnsteuerhaftungsbescheid des Beklagten vom 22.12.2010 an die Beigeladene in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.02.2012 an den Kläger insoweit aufzuheben, als er den Kläger hinsichtlich der Versteuerung der Zinsvorteile aus Arbeitnehmerdarlehen als geldwerte Vorteile für die Veranlagungszeiträume 2006 bis 2009 mit einem Betrag in Höhe von insgesamt 384,70 € belastet;
18hilfsweise, für den Fall des Unterliegens oder Teilunterliegens die Revision zuzulassen.
19Der Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen;
21hilfsweise, für den Fall des Unterliegens oder Teilunterliegens die Revision zuzulassen.
22Der Haushalt der Handwerkskammer umfasse nicht ausschließlich staatliche Aufgaben und sei deshalb nicht mit dem öffentlichen Haushalt von Bund, Land und Gemeinde vergleichbar. Auch bestehe keine Vergleichbarkeit mit dem Haushalt der Sozialversicherungsträger, denn diese übten ausschließlich (mittelbar) Staatsgewalt aus. Der Beklagte ist – insoweit übereinstimmend mit dem Kläger – der Auffassung, dass ein Anfechtungsrecht des Klägers gegen den Haftungsbescheid besteht.
23Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
24Der Senat hat in öffentlicher Sitzung am 21.09.2016 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
25E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
26Der Senat konnte trotz des Ausbleibens der Beigeladenen im Termin zur mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden. Die Beigeladene ist mit Postzustellungsurkunde, nach der die Ladung am 21.07.2016 einem Beschäftigten der Beigeladenen übergeben worden ist, ordnungsgemäß geladen worden. Die Beigeladene ist in der Ladung auf die Rechtsfolge des § 91 Abs. 2 FGO hingewiesen worden.
27Die Klage hat keinen Erfolg.
28Der Lohnsteuerhaftungsbescheid des Beklagten vom 22.12.2010 an die Beigeladene in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.02.2012 ist im angefochtenen Umfang rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
29I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Kläger zur Anfechtung des Lohnsteuerhaftungsbescheides berechtigt.
30Der Senat folgt insoweit – übereinstimmend mit den Beteiligten – der Auffassung des Bundesfinanzhofs, wonach der Arbeitnehmer auch den gegen den Arbeitgeber gerichteten Haftungsbescheid anfechten kann, wenn er persönlich für die nachgeforderte Steuer in Anspruch genommen werden kann (BFH, Urt. vom 29.06.1973 – VI R 311/69, BStBl II 1973, 780; FG Münster, Urt. vom 26.02.1997 – 8 K 5883/94 L, EFG 1997, 783; Blümich/Wagner, EStG, § 42d Rdn. 159; a.A. Trzaskalik, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 42d Rdn. A 59).
31Im Streitfall ist der Kläger als Schuldner der Lohnsteuer (§ 38 Abs. 2 Satz 1 EStG) von der Beigeladenen für die nachgeforderte Lohnsteuer in Anspruch genommen worden.
32Mangels Bekanntgabe des Haftungsbescheides an den Kläger war die Anfechtung auch noch nach Ablauf der Einspruchsfrist möglich (vgl. Wagner, in: Blümich, EStG, § 43d Rdn. 159: Anfechtung innerhalb der Jahresfrist nach § 356 Abs. 2 AO nach Kenntnis; FG Münster, Urt. vom 26.02.1997 – 8 K 5883/94 L, EFG 1997, 783: Anfechtung bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung möglich).
33II. Die Klage ist jedoch unbegründet.
341. Die dem Kläger von der Beigeladenen gewährten Zinsvorteile stellen steuerpflichtigen Arbeitslohn dar.
35Nach § 19 Abs. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit neben Gehältern und Löhnen auch andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Es ist gleichgültig, ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie gewährt werden (§ 2 Abs. 1 Satz 3 LStDV). Zu den Einnahmen gehören auch geldwerte Vorteile gem. § 8 Abs. 2 EStG (BFH, Urt. vom 10.05.2006 – IX R 82/98, BStBl II 2006, 669). Der einem Arbeitnehmer aufgrund der Unverzinslichkeit oder der nicht marktüblich niedrigen Verzinsung eines Arbeitnehmerdarlehens zufließende Vorteil ist danach dem Grunde nach Arbeitslohn im Sinne von § 19 EStG (FG Hamburg, Urt. vom 27.03.2001 – II 68/00, EFG 2001, 1124). Auch Leistungen des Arbeitgebers an Dritte können als Arbeitslohn zu behandeln sein, wenn sie sich wirtschaftlich als Ertrag der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers darstellen (FG Hessen, Urt. vom 04.09.2001 – 10 K 1604/00 m.w.N.).
36Im Streitfall stellen die Zinsvorteile aus der niedrigen Verzinsung des Arbeitnehmerdarlehens in vollem Umfang Arbeitslohn dar.
37Soweit der Kläger der Auffassung ist, dass der auf seine Ehefrau entfallende hälftige Darlehensbetrag keinen Ansatz hätte finden dürfen, weil diese nicht bei der Beigeladenen beschäftigt sei, so folgt der Senat dem nicht.
38Im Streitfall hat der Kläger schon nicht vorgetragen, dass die Handwerkskammer der Klägerin einen eigenständigen Vorteil zuwenden wollte. Die Einbeziehung des Ehepartners in Immobilienfinanzierungsdarlehen erfolgt auch bei Bankdarlehen regelmäßig, um Vermögensverlagerungen der Eheleute zu verhindern und um bei Miteigentümern eine Vollstreckung in das gesamte Grundstück zu ermöglichen. Es ist davon auszugehen, dass die Beigeladene ebenfalls diese Ziele verfolgt hat und nicht etwa der Ehefrau des Klägers einen eigenständigen Vorteil zuwenden wollte.
39a) Die gewährten Zinsvorteile stellen keine steuerfreien Sachbezüge gem. § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG dar. Gem. § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG in der im Streitzeitraum geltenden Fassung bleiben Sachbezüge außer Ansatz, wenn die sich nach Anrechnung der vom Steuerpflichtigen gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile insgesamt 44 € im Kalendermonat nicht übersteigen. Bei § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG handelt es sich um eine monatliche Freigrenze, eine Übertragung in den Folgemonat und eine Hochrechnung auf einen Jahresbetrag scheidet aus (vgl. Schmidt/Krüger, EStG, 35. Aufl. 2016, § 8 Rdn. 68). Maßgebend ist der jeweilige Zuflusszeitpunkt, auch bei zeitraumbezogenen Sachbezügen fließt der geldwerte Vorteil vollumfänglich bereits bei Ausübung (Erwerb) des Rechts zu (BFH, Urt. vom 14.11.2012 – VI R 56/11, BStBl II 2013, 382; Glenk, in: Blümich, EStG, 132. Aufl. 2016, § 8 Rdn. 167; Kister, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 8 Rdn. 141).
40Da die Zinsen im Streitfall vom Kläger halbjährlich zum 30.06. bzw. 31.12. und nicht etwa monatlich (vgl. BMF, Schreiben vom 01.10.2008, BStBl I 2008, 892 Rdn. 8 und BMF, Schreiben vom 19.05.2015, BStBl I 2015, 484 Rdn. 13) zu zahlen waren, ist die Freigrenze nach diesen Grundsätzen im Streitfall überschritten, auch wenn der anteilige Monatswert der gezahlten Zinsen unter 44 € liegt.
41b) Der Arbeitslohn ist auch nicht gem. § 3 Nr. 58 EStG steuerfrei.
42Nach § 3 Nr. 58 EStG sind unter anderem Zinsvorteile bei Darlehen, die aus öffentlichen Haushalten gewährt werden, für eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung im eigenen Haus oder eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung, soweit die Zuschüsse und Zinsvorteile die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung mit öffentlichen Mitteln nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz, dem Wohnraumförderungsgesetz oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung nicht überschreiten, steuerfrei.
43aa) Im Streitfall stellt der Haushalt der Handwerkskammer keinen öffentlichen Haushalt im Sinne des § 3 Nr. 58 EStG dar.
44Öffentliche Haushalte sind nach Auffassung im Schrifttum sowie nach Auffassung der Finanzverwaltung die Haushalte des Bundes, der Länder, der Gemeinden, der Gemeindeverbände und der Sozialversicherungsträger (Ross, in: Frotscher, EStG, 152. Lfg. 2009, § 3 Nr. 58 Rdn. 2; Steiner, in: Lademann, EStG, 205. Lfg. 2014, § 3 Rdn. 359; R 3.58 LStR 2011). Zuschüsse und Zinsvorteile von anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sollen dagegen nicht erfasst werden (Ross, in: Frotscher, EStG, 152. Lfg. 2009, § 3 Nr. 58 Rdn. 2).
45(1) Bereits der Wortlaut „öffentlicher“ Haushalt spricht dafür, dass der Haushalt der Handwerkskammer nicht von der Vorschrift des § 3 Nr. 58 EStG erfasst werden soll.
46Die Handwerkskammer ist zwar eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, sie finanziert sich aber durch die Beiträge ihrer Pflichtmitglieder. Aufgabe der Handwerkskammern ist es, die Interessen des Handwerks zu vertreten und die Belange des Handwerks im Zuge der Selbstverwaltung zu regeln. Neben der Regelung und Durchführung von Ausbildung und Prüfung für die einzelnen Handwerke und der Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen unterstützen die Handwerkskammern ihre Mitglieder unter anderem auch durch eine Beratung in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht. Neben hoheitlichen Aufgaben nehmen die Handwerkskammern mithin auch Funktionen wahr, die ausschließlich den Interessen ihrer Mitglieder dienen.
47Vor diesem Hintergrund sind die Haushalte der Handwerkskammern nach Auffassung des Senates nicht mit den öffentlichen Haushalten des Bundes, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände vergleichbar, die von der Allgemeinheit finanziert werden und deren Vermögen der Allgemeinheit dient.
48(2) Auch aus der Gesetzeshistorie ergibt sich, dass der Begriff des öffentlichen Haushalts den Haushalt der Handwerkskammer nicht umfasst.
49Die Regelung des § 3 Nr. 58 EStG wurde durch das Gesetz zur Neuregelung der steuerrechtlichen Wohneigentumsförderung vom 15.12.1995 (BGBl I 1995, 1783, BStBl I 1995, 775) ab dem Veranlagungszeitraum 1996 dahingehend geändert, dass erstmalig auch Zinsvorteile bei aus öffentlichen Haushalten gewährten Darlehen in die Steuerbefreiung aufgenommen wurden. Aus den Gesetzgebungsmaterialien ergibt sich, dass steuerfrei nur eine allgemeine Förderung aus öffentlichen Haushalten nach dem II. WoBauG sein sollte (BT-Drucks. 13/2784, S. 42). Das II. WoBauG enthielt zwar keine unmittelbare Definition der öffentlichen Haushalte, in dessen § 6 waren aber öffentliche Mittel als Mittel des Bundes, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände definiert. Hieraus ergibt sich nach Auffassung des Senates zugleich, dass der Gesetzgeber bei der im Rahmen der Neufassung des § 3 Nr. 58 EStG nur den Haushalt des Bundes, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände erfassen wollte.
50Soweit die Finanzverwaltung in den Lohnsteuerrichtlinien - und ihr ohne weitere Begründung folgend das Schrifttum - darüber hinausgehend seit dem Jahr 2001 (vgl. Information der OFD Münster Nr. 17/2001 vom 15.03.2001, Mitteilung der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen vom 22.11.2001, WzS 2002, 48) den Standpunkt vertritt, dass auch bei den Trägern der Sozialversicherung öffentliche Haushalte im Sinne des § 3 Nr. 58 EStG gegeben sind, so folgt der Senat dem im Hinblick auf die Motive des Gesetzgebers, der seinerzeit von einer anderen Definition des öffentlichen Haushalts ausgegangen ist, nicht. Auch nach der Ablösung des II. WoBauG durch das WoFG und der späteren Ersetzung zum 01.01.2010 durch das Gesetz zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land Nordrhein-Westfalen (WFNG NRW) im Rahmen der Föderalismusreform ist keine abweichende Definition des öffentlichen Haushalts geboten. Weder der Begriff der öffentlichen Mittel noch der Begriff des öffentlichen Haushalts ist im WoFG bzw. im WFNG NRW (neu) definiert worden. Es ist damit davon auszugehen, dass der Gesetzgeber diese Begriffe unverändert so wie im II. WoBauG verstanden hat.
51(3) Ferner stellt der Haushalt der Handwerkskammer auch nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes keinen öffentlichen Haushalt dar.
52Sinn und Zweck des § 3 Nr. 58 EStG ist es, eine staatliche Leistungsgewährung zu unterstützen. Denn anderenfalls müssten die staatlichen Leistungsgewährungen um die zu erwartende Steuer erhöht werden (Erhard, in: Blümich, EStG, § 3 Nr. 58 Rdn. 1). Für den Staat ergäbe sich mithin wirtschaftlich insgesamt das gleiche Ergebnis.
53Die Handwerkskammern werden jedoch – anders als der Staat – nicht von der Allgemeinheit finanziert, sondern über Mitgliedsbeiträge, so dass die Ausweitung der Steuerbefreiung auf die Handwerkskammern für den Staat nicht zum wirtschaftlich gleichen Ergebnis führt. Vielmehr würden die Handwerkskammern bei einer Anwendung der Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 58 EStG gegenüber anderen Arbeitgebern bevorteilt, da diese geringere Vergünstigungen an ihre Mitarbeiter gewähren könnten. Dies ist vom Gesetzgeber nach Auffassung des Senates nicht beabsichtigt.
54bb) Die Vorschrift des § 3 Nr. 58 EStG findet nach Auffassung des Senates auch deshalb keine Anwendung, weil der Kläger die Einkommensgrenzen des WoFG überschreitet.
55Der Wortlaut des § 3 Nr. 58 EStG lässt offen, ob die Vorschrift bei der Gewährung von Zuschüssen und Zinsvergünstigungen aus öffentlichen Haushalten nur dann Anwendung findet, wenn die Einkommensgrenzen des II. WoBauG, des WoFG bzw. des WFNG NRW nicht überschritten werden oder ob die Förderung lediglich der Höhe nach insoweit begrenzt ist (vgl. Hessisches Finanzgericht, Urt. vom 07.12.2004 – 2 K 2030/02, EFG 2005, 1834). Nach Auffassung in der Literatur ist auch insoweit zu prüfen, ob für den Arbeitnehmer nach seinen Einkommensverhältnissen eine Förderung aus allgemeinen Fördermitteln in Betracht käme (so Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, 107. Lfg. August 2015, „Darlehen“, Rdn. 73). Der Senat folgt dieser Auffassung, weil keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Neuregelung der steuerrechtlichen Wohneigentumsförderung die Bediensteten des öffentlichen Dienstes besser stellen wollte als andere Arbeitnehmer und diesen unabhängig von der Erfüllung der Einkommensgrenzen steuerfreie Zuschüssen und Zinsvorteile gewähren wollte. Für ein solches Verständnis spricht auch, dass im WoFG keine klar bezifferbaren Grenzen zur Höhe der Förderung enthalten sind, während die Berechnung der Einkommensgrenzen detailliert gesetzlich geregelt ist.
56Gem. § 9 des WoFG beträgt die Einkommensgrenze für einen Zweipersonenhaushalt 18.000 € pro Jahr, für jedes zum Haushalt rechnende Kind erhöht sich die Grenze um 500 €.
57Das Jahreseinkommen bildet grundsätzlich die Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 EStG (vgl. § 21 WoFG). In Abzug zu bringen ist ein pauschaler Abschlag von 10% für die Leistung von Steuern sowie Kranken-, Pflege und Rentenversicherungsbeiträgen (§ 23 WoFG). In Abzug zu bringen ist ferner ein Freibetrag von 600 € für das Kind des Klägers (§ 24 Abs. 1 Nr. 4 WoFG).
58Nach diesen Grundsätzen überschreitet der Kläger die Einkommensgrenzen nach dem während des gesamten Streitzeitraums ausschließlich geltenden WoFG aufgrund seiner Einkünfte aus nichtselbständiger und selbständiger Arbeit deutlich.
592. Der Beklagte ist auch nicht aufgrund des Schreibens der OFD vom 21.09.2004 verpflichtet, die Zinsvergünstigungen als nach § 3 Nr. 58 EStG steuerfreien Arbeitslohn zu behandeln. In dem Schreiben hat der zuständige Bearbeiter der OFD der Beigeladenen lediglich mitgeteilt, dass die Information Nr. 17/2001 nicht nur für Sozialversicherungsträger, sondern für alle öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber (öffentliche Haushalte) gilt. Bei dem Schreiben handelt es sich allerdings bereits deshalb nicht um eine verbindliche Auskunft im Sinne des § 89 AO, weil diese nicht vom Beklagten als der nach § 89 Abs. 2 Satz 2 AO zuständigen Behörde erteilt worden ist.
603. Hinsichtlich der Höhe des geldwerten Vorteils herrscht nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung nunmehr Einigkeit darüber, dass die vom Beklagten zugrunde gelegten Beträge zutreffend berechnet wurden.
61Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
62Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig. Die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt (§ 139 Abs. 3 FGO). Im Regelfall entspricht es der Billigkeit, der Beigeladenen Kostenerstattung zuzubilligen, wenn sie Sachanträge gestellt hat, weil sie dann auch das Risiko getragen hat zu unterliegen und mit Kosten belastet zu werden (BFH, Urt. vom 15.10.1997 – I R 10/92, BStBl II 1998, 63). Im vorliegenden Fall hat die nicht zur mündlichen Verhandlung erschienene Beigeladene keinen Sachantrag gestellt.
63Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.