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Die Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 2011 und 2012 werden dahingehend abgeändert, dass Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ./. 136.425 € (2011) sowie in Höhe von ./. 5.694 € (2012) berücksichtigt werden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern zu 1/4 und dem Beklagten zu 3/4 auferlegt.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Streitig ist, ob Verluste, die aus einem betrügerischen Anlagesystem im Zusammenhang mit der beabsichtigten - letztlich aber nicht vollzogenen - Anschaffung und Nutzung von Blockheizkraftwerken entstanden sind, steuerlich abzugsfähig sind.
3Die Kläger sind Eheleute und werden für die Streitjahre zur Einkommensteuer zusammen veranlagt.
4Der Kläger schloss im Jahr 2010 mit der inzwischen insolventen A-GmbH aus B-Stadt (im weiteren A-GmbH genannt) mehrere Verträge über den Ankauf von mit Rapsöl zu betreibenden Blockheizkraftwerken sowie hiermit verbundene Nutzungs- bzw. Verwaltungsverträge ab. Im Einzelnen:
5Am 18.5.2010 bestellte der Kläger bei der A-GmbH das erste Blockheizkraftwerk zu einem Kaufpreis von brutto 44.625 € (Anlagenleistung: 50 kwh). Mit Schreiben vom 21.5.2010 bestätigte die A-GmbH den Kaufvertragsschluss und teilte mit, dass das Blockheizkraftwerk voraussichtlich 14 Wochen nach Geldeingang geliefert und in dem von ihm - dem Kläger - angemieteten Container montiert werde. Der Stellplatz für den Container sollte zu späterer Zeit festgelegt werden. Den Kaufpreis, den der Kläger über ein privates Darlehen finanzierte, beglich er Anfang Juni 2010. Am 10./12.6.2010 schlossen der Kläger und die Firma AB, ein mit der A-GmbH verbundenes Unternehmen, einen Vertrag über die Anmietung einer Standortfläche für das erworbene Blockheizkraftwerk ab. Der Standort sollte sich im Großraum B-Stadt befinden, die monatliche Standplatzmiete betrug 7,00 € (netto) je kwh Anlagenleistung. Der Vertrag sollte ab Inbetriebnahme des Kraftwerks für 21 Kalenderjahre laufen. Mit einer mit „Verwaltungsvertrag“ überschriebenen weiteren Vereinbarung vom 10./12.6.2010 erteilte der Kläger der Firma AB zudem umfassende Verwaltungskompetenzen für den Betrieb des gekauften Blockheizkraftwerks. So übernahm es die AB u.a., alle Rechte und Pflichten des Klägers gegenüber Behörden und Unternehmen zu besorgen, die sich im Zusammenhang mit der Aufstellung und dem Betrieb des Heizkraftwerks ergäben. Ferner sollte es zu den Aufgaben der AB gehören, alle aus dem Betrieb des Blockheizkraftwerks entstehenden Forderungen einzuziehen und aus den vereinnahmten Beträgen alle anfallenden Kosten zu bezahlen. Darüber hinaus war die AB vertraglich verpflichtet, die im Blockheizkraftwerk erzeugte Energie anzubieten. Im Falle einer fehlenden Energieabnahme durch Dritte war die AB nicht einstandsverpflichtet. Die AB war gegenüber dem Kläger zur monatlichen Rechnungslegung verpflichtet. Hierbei war vereinbart, dass der Kläger monatlich einen Abschlag auf den voraussichtlichen Jahresüberschuss erhalten sollte; dieser sollte für das erste Betriebsjahr 1/12 von 40% des Nettokaufpreises des Blockheizkraftwerks betragen. Etwaige Über- bzw. Unterdeckungen waren zu späterer Zeit auszugleichen. Die Verwaltervergütung für die AB betrug 100,00 € (netto) jährlich je kwh Anlagenleistung. Die AB verpflichtete sich, den Verwaltungsvertrag bis zum Ablauf des 21. Kalenderjahres nach Inbetriebnahme des Blockheizkraftwerks zu erfüllen. Der Kläger sollte gemäß den „gesetzlichen Vorschriften“ nur für die Dauer von zwei Jahren an den Vertrag gebunden sein. Darüber hinaus schloss der Kläger mit der AB am 10./12.6.2010 einen „Premium Service Vertrag“, durch den sich die AB insbesondere verpflichtete, den Betrieb des Blockheizkraftwerks durch Aufrechterhaltung der Betriebsfähigkeit und Betriebssicherheit der technischen Anlage und durch die Beschaffung des Kraftstoffs sicherzustellen, für eine kontinuierliche Stromausbeute zu sorgen sowie die regelmäßige Wartung und Pflege zu übernehmen; der Kraftstoff sollte vom Kläger bezahlt werden. Ferner verpflichtete sich die AB zur umfassenden Versicherung des Blockheizkraftwerks. Als Vergütung für die Dienstleistungen wurde ein jährlicher Betrag von 100 € (netto) je kwh Anlagennennleistung festgelegt. Der Kläger und die AB vereinbarten eine grundsätzliche Vertragslaufzeit von 20 Jahren, wobei u.a. zu Gunsten der AB eine dreimonatige Sonderkündigungsfrist für den Fall bestand, dass der Kläger den Verwalter des Blockheizkraftwerks wechselt.
6Nach Maßgabe des vorgenannten Vertragsgeflechts investierte der Kläger aufgrundeiner Bestellung vom 4.8.2010 in ein weiteres Blockheizkraftwerk mit einer Anlagennennleistung von 75 kwh. Den an die A-GmbH gezahlten Kaufpreis von (brutto) 66.937,50 € finanzierte er ebenfalls fremd.
7Das dritte Blockheizkraftwerk (50 kwh Anlagennennleistung) bestellte der Kläger am 11.8.2010 von der zur A-Gruppe gehörenden, in der Schweiz ansässigen AC AG. Der Kaufvertragsschluss erfolgte Ende Oktober 2010, der vom Kläger gezahlte Kaufpreis - ebenfalls fremdfinanziert - betrug (brutto) 44.625 €. Noch zeitlich vorher, nämlich am 24.9./6.10.2010, schloss der Kläger mit der A-GmbH einen Pachtvertrag über das zu erwerbende Blockheizkraftwerk. Hiernach verpachtete der Kläger das Kraftwerk für die Dauer von zunächst zehn Jahren an die A-GmbH. Dieser sollte als „Ertrag des Pachtgegenstands“ die zu erzeugende Energie ausschließlich zustehen. Als jährliche Pacht wurde ein Nettobetrag von 27.000 € vereinbart, der in monatlichen Teilleistungen auszuzahlen war.
8Im September 2010 meldete der Kläger bei der Stadt D-Stadt das Gewerbe „Energieerzeugung mit erneuerbarer Energie; Blockheizkraftwerk mit Rapsöl“ an.
9Die vom Kläger gekauften Blockheizkraftwerke wurden zu keiner Zeit geliefert undin Betrieb genommen. Ende November 2010 durchsuchte die Staatsanwaltschaft die Betriebsräume der Gesellschaften der A-Gruppe und nahm die Verantwortlichen, gegen die sich die strafrechtlichen Ermittlungen richteten, in Untersuchungshaft. Mit Beschluss des Amtsgerichts B-Stadt vom 30.11.2010 wurde über das Vermögen der A-GmbH die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet. Am 1.3.2011 folgte der Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, das bis heute noch nicht abgeschlossen wurde. Aufgrund der Insolvenz der Gesellschaften der A-Gruppe machte der Kläger keine zivilrechtlichen Ersatzansprüche gegen seine Vertragspartner geltend.
10Das Landgericht B-Stadt stellte in dem im Jahr 2014 rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahren gegen die Verantwortlichen der A-Gruppe fest, dass neben dem Kläger mehr als 1.400 weitere Käufer Opfer eines umfassenden betrügerischen „Schneeballsystems“ geworden seien. Tatsächlich sei nie beabsichtigt gewesen, die Blockheizkraftwerke zu liefern und in Betrieb zu setzen.
11Im Jahr 2010 bezog der Kläger Gutschriften von der A-Gruppe in Höhe von insgesamt 13.070 € nebst Umsatzsteuer in Höhe von 2.483,30 €. Diese setzen sich zusammen aus den Pachterträgen betreffend das dritte Blockheizkraftwerk sowie Eigenprovisionen des Klägers für die Vermittlung des zweiten und dritten Blockheizkraftwerks.
12Der Beklagte erkannte die vom Kläger in seinen Umsatzsteuervoranmeldungen fürdie Zeiträume Juni, August und Oktober 2010 geltend gemachten Vorsteuern aus der(beabsichtigten) Anschaffung der drei Blockheizkraftwerke zunächst an. Aufgrund einer zu Beginn des Jahres 2011 durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung versagte der Beklagte dagegen den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Das gegen die Änderungsbescheide beim Finanzgericht Münster geführte Klageverfahren (Az. 5 K 3875/12 U) blieb ohne Erfolg. Der Vorsteuerabzug des Klägers sei - so die Begründung - ausgeschlossen, da die in den an den Kläger gerichteten Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer keine „gesetzlich geschuldete Steuer“ i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG darstelle; es handele sich um unberechtigte Steuerausweise nach § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG. Das Urteil vom 16.10.2014 (EFG 2015, 84) ist rechtskräftig.
13Der Kläger erklärte für die Streitjahre 2010 bis 2012 aus dem beabsichtigten Betrieb der Blockheizkraftwerke nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelte negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG), und zwar in folgender Höhe:
142010 |
2011 |
2012 |
|
Betriebseinnahmen |
|||
Pachterträge / Provisionen |
13.071,43 € |
0,00 € |
0,00 € |
USt auf Betriebseinnahmen |
2.483,57 € |
0,00 € |
0,00 € |
Umsatzsteuererstattung |
17.994,41 € |
0,00 € |
0,00 € |
Summe Betriebseinnahmen |
33.479,41 € |
0,00 € |
0,00 € |
Betriebsausgaben |
|||
AfA |
12.187,50 € |
13.125,00 € |
13.125,00 € |
Schuldzinsen |
4.703,62 € |
8.683,35 € |
8.424,35 € |
Reisekosten |
584,11 € |
2.058,00 € |
|
Rechts- und Beratungskosten |
165,01 € |
1.203,38 € |
|
Telekommunikationskosten |
30,00 € |
||
gezahlte Vorsteuer |
25.069,97 € |
||
sonstige Betriebsausgaben |
1.158,99 € |
104,00 € |
116,00 € |
Summe Betriebsausgaben |
43.315,09 € |
23.699,84 € |
23.723,35 € |
Verlust |
9.835,68 € |
23.699,84 € |
23.723,35 € |
Für die Streitjahre 2010 und 2012 erkannte der Beklagte die erklärten Verluste von Beginn an nicht an und vertrat die Auffassung, dass der Kläger mangels Lieferung undInbetriebnahme der Blockheizkraftwerke keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb erziele, da er sich nicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr i.S. von § 15 Abs. 2 EStG beteilige. Für das Jahr 2011 berücksichtigte der Beklagte den geltend gemachten Verlust im ursprünglichen Einkommensteuerbescheid vom 19.6.2013 zunächst, änderte die Festsetzung aber mit weiterem Bescheid vom 1.8.2013 zu Lasten der Kläger und versagte den gewerblichen Verlustabzug.
16Der Beklagte lehnte auch im Einspruchsverfahren eine Berücksichtigung der Verluste aus Gewerbebetrieb ab. In den für das Jahr 2010 einerseits und die Jahre 2011 und 2012 andererseits getrennten Einspruchsentscheidungen vom 2.10.2014 nahm der Beklagte Bezug auf eine durch die Finanzverwaltung bundeseinheitlich abgestimmte Rechtsauffassung, wonach die vorliegenden - durch Betrug der Verantwortlichen der A-Gruppe veranlassten - Investitionen in Blockheizkraftwerke nicht den Tatbestand der Einkünfte aus Gewerbebetrieb erfüllten. Soweit die betrogenen Anleger den Betrieb des Blockheizkraftwerks über einen „Verwaltungsvertrag“ mit einer Gesellschaft der A-Gruppe hätten abwickeln wollen (Modell I), läge den tatsächlichen Vereinbarungen ein partiarisches Darlehen zu Grunde; die Erträge hieraus seien Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Soweit der Investor das Blockheizkraftwerk nach der Anschaffung an ein Unternehmen der A-Gruppe hätte verpachten sollen (Modell II), stellten die Pachterträge Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar. Hiermit im Zusammenhang stehende Aufwendungen könnten aufgrund des Werbungskostenabzugsverbots des § 20 Abs. 9 EStG nicht berücksichtigt werden.
17Trotz der Vertragsschlüsse und der Gewerbeanmeldung des Klägers - so die weitere Begründung des Beklagten in den Einspruchsentscheidungen - sei zu berücksichtigen, dass die Blockheizkraftwerke nicht existent gewesen seien und es von Anfang an nicht beabsichtigt gewesen sei, zu liefern. Dies sei Grundlage des durch die Verantwortlichen der A-Gruppe aufgebauten betrügerischen „Schneeballsystems“ gewesen. Es fehle an dem für die Verwirklichung des Tatbestands von § 15 EStG erforderlichen Merkmal der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Selbst im Falle der Auslieferung der Blockheizkraftwerke wäre zudem fraglich gewesen, ob der Kläger als Investor tatsächlich gewerbliche Einkünfte erzielt hätte. Denn bei einer Gesamtwürdigung des gesamten Vertragsbündels sei festzustellen, dass es dem Kläger im Ergebnis nicht darum gegangen sei, durch eine Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr gewerblich tätig zu werden. Vielmehr sei das gesamte Handeln darauf ausgerichtet gewesen, eine möglichst hohe Rendite zu erwirtschaften. Der Kläger hätte keinerlei Möglichkeit gehabt, auf die betrieblichen Abläufe Einfluss zu nehmen. Er hätte nicht einmal Kenntnis darüber gehabt, wann und wo die Blockheizkraftwerke hätten aufgestellt werden sollen. Deshalb hätte es auch an dem für die gewerbliche Tätigkeit erforderlichen Merkmal der Selbständigkeit gefehlt. Aufgrund der umfassend erteilten Vollmachten hätte er seine unternehmerische Selbständigkeit abgegeben. Die Aussicht auf die versprochene 30%ige Jahresrendite sei der entscheidende Grund für den Kläger gewesen, die Kaufverträge zu unterzeichnen und sich auf entsprechende Finanzierungen einzulassen.
18Nach einem entsprechenden Verböserungshinweis erfasste der Beklagte im Zuge der Einspruchsentscheidung betreffend die Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 2010 die in jenem Jahr vom Kläger vereinnahmten „Pachterträge“ und Eigenprovisionen in Höhe von 13.070 € (netto) als Erträge aus einem partiarischen Darlehen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG.
19Mit ihrer Klage tragen die Kläger im Wesentlichen vor:
20Er, der Kläger, sei sowohl durch die Vertragsschlüsse als auch durch die Gewerbeanmeldung bei der Stadt D-Stadt tatsächlich unternehmerisch i.S. von § 15 EStG tätig geworden. Die gewerbliche Tätigkeit beginne bereits mit den ersten Vorbereitungshandlungen. Er, der Kläger, habe die Tatsache, dass es nach dem Kauf der Blockheizkraftwerke nicht zur Lieferung und Inbetriebnahme gekommen sei, nicht zu vertreten. Es sei für ihn zum Zeitpunkt der Vertragsschlüsse auch nicht zu erkennen gewesen, dass die Investitionen auf einem betrügerischen Anlagekonzept beruht hätten. Wäre es tatsächlich zur Lieferung gekommen, wäre er gewerblich tätig geworden. Die vom Beklagten vorgenommene Zuordnung der Vertragsschlüsse zu einem partiarischen Darlehen sei nicht nachzuvollziehen, da weder ein entsprechender Vertrag geschlossen worden sei noch die Mindestanforderungen an partiarischen Darlehen erfüllt würden. Zwar gebe es für den Darlehensvertrag keine gesetzlichen Vorgaben und damit auch keine Mindestinhalte; entscheidend sei aber, dass die Parteien sich darüber einig seien, dass der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer einen bestimmten Betrag zuwende, den dieser zurückzuzahlen habe. Weiter müsse klar sein, dass die Verzinsung sich aus dem Jahresergebnis des Unternehmens ergebe. Diese Voraussetzungen seien nach Maßgabe der vorliegenden Vertragslage nicht gegeben.
21Die Kläger beantragen,
22die Einkommensteuerfestsetzungen für das Jahr 2010 (Bescheid vom 27.12.2011), für das Jahr 2011 (Bescheide vom 19.6.2013 und 1.8.2013) sowie für das Jahr 2012 (Bescheide vom 23.4.2014 und 10.7.2014), jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2.10.2014, dahingehend abzuändern, dass bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb des Ehemannes Verluste in Höhe von 9.835 € für das Jahr 2010, in Höhe von 136.425 € für das Jahr 2011 sowie in Höhe von 5.694 € für das Jahr 2012 berücksichtigt werden;
23hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
24Der Beklagte beantragt,
25die Klage abzuweisen;
26hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
27Der Beklagte führt ergänzend zu seiner Einspruchsentscheidung an:
28Der Kläger sei bei wirtschaftlicher Betrachtung als Kapitalgeber und eben nicht alsGewerbetreibender aufgetreten. Die Rendite für das unter dem Deckmantel des Kaufpreises für die Blockheizkraftwerke hingegebene Kapital habe in der (monatlichen) Auszahlung der Pachteinnahmen bzw. Eigenproduktionen bestanden. Der (vermeintliche) Betrieb des Blockheizkraftwerks als auch die (vermeintlichen) unternehmerischen Entscheidungen hätten allein in der Hand der Unternehmensgruppe A gelegen.
29Hinsichtlich des Modells II sprächen folgende Umstände gegen die Annahme einer über die Kapitalgestellung hinausgehenden gewerblichen Tätigkeit: Der Kläger habe keine Kenntnis über Zeitpunkt und Umfang der Inbetriebnahme und Bewirtschaftung der Blockheizkraftwerke gehabt. Zudem habe es an einer Verfügungsmacht gefehlt. Faktisch hätten dem Kläger keine (Mit-)Entscheidungsmöglichkeiten zugestanden, mit wem und zu welchen Konditionen Einspeisungsverträge geschlossen worden wären. Die Kontrollmöglichkeiten hinsichtlich der tatsächlich erzeugten Strommenge der Blockheizkraftwerke sowie deren Abrechnung wären eingeschränkt gewesen.
30Nach Maßgabe der Vertragsabreden habe der Kläger beim Modell II entgeltlich bewegliche Wirtschaftsgüter überlassen sollen. Unter Einbeziehung der gesamten Verhältnisse sei allerdings festzustellen, dass der Kläger keine eigenwirtschaftlichen Interessen verfolgt habe, die über die reine Entgeltentrichtung hinausgingen. Dies rechtfertige sich zum einen daraus, dass der Kläger keine Möglichkeiten der Einflussnahme bzw. Entscheidungsgewalt über den Anlagenstandort gehabt habe. Zum anderen sei die Lieferzeit für das Blockheizkraftwerk Nr. 3 mit ca. sechs Monaten sehr lang gewesen. Die Pachtzahlungen hätten unabhängig von der erst für April 2011 avisierten Lieferung bereits ab dem zweiten Monat nach Abschluss des Pachtvertrags und somit unabhängig von der Existenz des Blockheizkraftwerks aufgenommen werden sollen. Es wäre dem Kläger nicht möglich gewesen, eine vertragsgemäße Lieferung zu kontrollieren, da keine körperliche Abnahme des Blockheizkraftwerks Nr. 3 vereinbart worden sei. Für den Kläger wäre die Funktionsfähigkeit bzw. die Betriebsbereitschaft für die Stromerzeugung unerheblich gewesen, da er keine Garantie hierfür übernommen habe und auch nicht die Gefahr des zufälligen Untergangs getragen habe.
31Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten und ihren Vertretern am 23.11.2015 den Sach- und Streitstand erörtert und hierbei den Kläger persönlich gehört. Mit dem Sitzungsprotokoll, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat der Berichterstatter im Einzelnen dargelegt, dass bei vorläufiger Rechtseinschätzung die Zuordnung der Vertragsabreden zu den Einkünften aus Kapitalvermögen unzutreffend sein dürfte.
32Der Senat hat in dieser Sache am 11.3.2016 mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll vom selben Tag wird Bezug genommen.
33Entscheidungsgründe:
34Die Klage hat für die Jahre 2011 und 2012 Erfolg, für das Jahr 2010 ist sie unbegründet.
35Soweit der Beklagte die Einkünfte des Klägers aus dem beabsichtigten Betrieb der Blockheizkraftwerke Nr. 1 und Nr. 2 nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. von § 15 EStG, sondern als solche aus einem partiarischen Darlehen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG (sog. Modell I) qualifiziert, ist dies rechtlich unzutreffend. Aus diesem Grund findet für die - vergeblichen - Aufwendungen des Klägers das Werbungskostenabzugsverbot gemäß § 20 Abs. 9 Satz 1 Halbs. 2 EStG keine Anwendung (siehe hierzu unten II. 1.).
36Soweit der Beklagte die vertraglichen Ausgestaltungen hinsichtlich des „Verpachtungs-Modells“ (sog. Modell II) als Kapitalgestellung des Klägers ansieht, die zu Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG führt, ist dies ebenfalls rechtswidrig. Vielmehr sind die hieraus resultierenden Einnahmen und Ausgaben den sonstigen Einkünften i.S. von § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG zuzuordnen (siehe hierzu unten II. 2.).
37Die Zuordnung der Erträge und Aufwendungen aus dem fehlgeschlagenen Investitionsvorhaben hinsichtlich des Modells I zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb führt jedenfalls für die Streitjahre 2011 und 2012 zu steuerlich ausgleichs- und abzugsfähigen Verlusten des Klägers. Insoweit sind die angefochtenen Einkommensteuerbescheide sowie die hierauf ergangene Einspruchsentscheidung rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Soweit die Kläger auch für das Jahr 2010 einen Verlust aus Gewerbebetrieb berücksichtigt wissen wollen (./. 9.835 €), ist die Klage unbegründet. Nach den Berechnungen des Senats ergibt sich für jenes Jahr sogar ein Gewinn in Höhe von 23.972 €, der im Hinblick auf das im gerichtlichen Verfahren geltende Verböserungsverbot - erfasst wurden vomBeklagten Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 13.071 € - allerdings nicht zum Ansatz kommt (vgl. hierzu unten III.).
38Soweit die Erträge und Aufwendungen bezüglich des Modells II den sonstigen Einkünften zuzuweisen sind, können Verluste aus dieser Einkunftsart im Verlustentstehungsjahr nicht mit anderen Einkünften ausgeglichen werden. Sie sind nach Maßgabe von § 10d Abs. 4 EStG in einem separaten Verfahren gesondert festzustellen und innerhalb der Einkünfte des § 22 Nr. 3 EStG rücktrags- sowie vortragsfähig (§ 22 Nr. 3 Sätze 3 bis 6 EStG), vgl. unten III.
39II. Einkünftequalifikation
401. Aus dem beabsichtigten Betrieb der Blockheizkraftwerke Nr. 1 und Nr. 2(Modell I) erzielte der Kläger in den Streitjahren Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
41a. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG ist eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, Gewerbebetrieb, sofern die Betätigungweder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist. Ferner darf es sich nicht um eine Betätigung aus dem Bereich der privaten Vermögensverwaltung handeln.
42b. Zwar hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt einen werbenden Gewerbebetrieb in Vollzug gesetzt. Sämtliche Investitionen von ihm beruhten auf einem gewerbsmäßigen Betrugsmodell der Verantwortlichen der A-Gruppe. Wäre das Vorhaben allerdings nach Maßgabe der Vertragsabreden umgesetzt worden, wäre der Tatbestand eines Gewerbebetriebs i.S. von § 15 Abs. 2 EStG erfüllt gewesen, zumal auch Vorbereitungshandlungen, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der beabsichtigten Betriebseröffnung stehen, bereits den Einkünftetatbestand des § 15 EStG auslösen können (vgl. Wacker in Schmidt, EStG, 34. Aufl., § 15 Rdnr. 129). Der Kläger hätte sich insbesondere - anders als der Beklagte meint - am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt. Dies erfordert, dass der Steuerpflichtige als Anbieter von Gütern oder Leistungen, auch immaterieller Art, über den internen (privaten) Bereich hinaus am allgemeinen Markt gegen Entgelt und für Dritte erkennbar auftritt (vgl. statt vieler Wacker in Schmidt, EStG, 34. Aufl., § 15 Rdnr. 20 m.w.N.). Hierbei ist allerdings nicht notwendig, dass der Steuerpflichtige die Leistungen in eigener Person am Markt anbietet; insoweit kann er sich eines Vertreters bedienen, deren Tätigkeit er sich zurechnen lassen muss (BFH-Urteil vom 7.12.1995 IV R 112/92, BStBl II 1996, 367).
43aa. Im Streitfall wäre der Kläger im Falle der vertragsgemäßen Lieferung und Inbetriebnahme der Blockheizkraftwerke sowohl zivilrechtlicher als auch wirtschaftlicherEigentümer geworden. Allein ihm hätte das Ertragsrecht aus der einzuspeisenden Energie zugestanden. Ebenso wäre allein auf ihn das Verlustrisiko entfallen.
44bb. Der Kläger wäre zudem derjenige gewesen, in dessen Namen und auf dessen Rechnung und Gefahr die durch die Blockheizkraftwerke zu erzeugende Energie insöffentliche Netz eingespeist worden wäre (vgl. Ziff. 2. Abs. 4 des Verwaltungsvertrags).
45cc. Dem Kläger als Investor hätte das gesamte Betriebsergebnis - abzüglich der Verwaltervergütung, der Standortmiete sowie der Vergütung für die Serviceleistungen - zustehen sollen (vgl. auch die Regelungen zur Über- und Unterdeckung der Abschlagszahlungen, Ziff. 3. Abs. 4 des Verwaltungsvertrags). Die A- B wäre über Erträge und Aufwendungen in vollem Umfang auskunfts- und rechenschaftsverpflichtet gewesen (vgl. Ziff. 3. Abs. 1 des Verwaltungsvertrags). Für den Senat ist hierbei nicht ersichtlich, dass für den Kläger - wie der Beklagte vorträgt - die Kontrollmöglichkeiten hinsichtlich der tatsächlich erzeugten Strommenge der Blockheizkraftwerke hätten erschwert werden sollen.
46dd. Ferner wäre der Kläger rechtlich nicht für die Dauer der wirtschaftlichen Nutzbarkeit der Blockheizkraftwerke an den Verwaltungsvertrag gebunden gewesen. Für ihn hätte ein vertragliches Kündigungsrecht nach zwei Jahren bestanden (vgl. Ziff. 7. Abs. 2 des Verwaltungsvertrags). Aus diesem Grund hätte er - einerlei ob wirtschaftlich sinnvoll oder nicht - die Verwaltung der Blockheizkraftwerke nach Ablauf von zwei Jahren selbst übernehmen können oder einen fremden Verwalter beauftragen können.
47ee. Der Kläger hätte die Blockheizkraftwerke frei veräußern und damit den Einkünftetatbestand beenden können. Die 21jährige Laufzeit des Mietvertrags (Container und Stellfläche) steht dem im Hinblick auf die Rechtsnachfolgeregelung im Mietvertrag (vgl. dort Ziff. 5. Abs. 1) nicht entgegen. Gleiches gilt für den sog. PremiumService-Vertrag (vgl. dort Ziff. 11. Abs. 1).
48ff. Den Einwand des Beklagten, der Kläger hätte keine Verfügungsbefugnis über die zu liefernden Blockheizkraftwerke erlangt, teilt der Senat nicht. Vertraglich war verabredet, dass die AB - wenn auch umfassende - treuhänderische Aufgaben im Zusammenhang mit dem Betrieb und der Verwaltung der Blockheizkraftwerke für den Kläger übernehmen sollte. Wirtschaftlich Berechtigter des Betriebs der Blockheizkraftwerke hätte der Kläger werden sollen. Der AB wäre nur eine Verwaltungs- und hieraus abzuleitende Nutzungsbefugnis zugekommen, die die Verfügungsbefugnis des Klägers nicht hätte einschränken können und sollen.
49gg. Auch das weitere Argument des Beklagten, dem Kläger hätten faktisch keine (Mit-)Entscheidungsmöglichkeiten zugestanden, mit wem und zu welchen Konditionen Einspeisungsverträge geschlossen werden sollten, kann die (beabsichtigte) Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht in Frage stellen. Aufgrund des Verwaltungsvertrags vom 10./12.6.2010, der sich zivilrechtlich als Geschäftsbesorgungsvertrag darstellt (§ 675 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB -), war die AB verpflichtet, die Inbetriebnahme der Blockheizkraftwerke im Sinne des wirtschaftlich Berechtigten - des Klägers - zu gestalten und hierbei insbesondere auch wirtschaftlich günstige Einspeiseverträge abzuschließen. Auch insoweit wäre die AB dem Kläger gegenüber auskunfts- und rechenschaftsverpflichtet gewesen (§§ 675 Abs. 1, 666 BGB). Im Falle etwaiger schuldhafter Schlechtleistungen wäre die AB schadensersatzverpflichtet gewesen. Hieraus ergibt sich zugleich, dass die rechtsgeschäftliche Übertragung von Bewirtschaftungs-, Verwaltungs- und den hiermit einhergehenden Entscheidungskompetenzen die Teilnahme des aus der Geschäftsbesorgung Berechtigten am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unberührt lässt.
50c. Die Zuordnung der vertraglichen Abreden zwischen dem Kläger und den Gesellschaften der A-Gruppe zu einem partiarisches Darlehensverhältnis überzeugt nicht.
51Ein partiarisches Rechtsverhältnis, das zu Einkünften i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG führt, liegt vor, wenn der Darlehensgeber für die Darlehenshingabe einen Gewinnanteil an dem Geschäft erhält, dem das Darlehen dient (vgl. statt vieler von Beckerath in Kirchhof, EStG, 14. Aufl., § 20 Rdnr. 95). In keinem der vorliegenden Verträge finden sich Andeutungen dahingehend, dass die Vertragsbeteiligten von einem dementsprechenden Rechtsverhältnis ausgegangen sind. Es wurde insbesondere kein Kapitalrückzahlungsanspruch vereinbart. Dass die Verantwortlichen der A-Gruppe mit hohen „Renditen“ geworben haben, begründet ebenfalls nicht die Annahme einer zu Einkünften aus Kapitalvermögen führenden Beteiligung der Investoren. Die „Rendite“ drückt ganz allgemein das Verhältnis zwischen den Auszahlungen (Erträgen) und Einzahlungen einer Anlage aus und ist nicht auf Erträge aus dem Einkünftekatalog des § 20 EStG beschränkt. Unabhängig hiervon indizieren die hohen „Renditeversprechen“ (vgl. Ziff. 3. Abs. 2 des Verwaltungsvertrags) eher die Betrugsanfälligkeit des Systems, nicht aber die Einordnung der Vertragsverhältnisse als partiarisches Darlehen. Hinzu kommt, dass die „Renditeversprechen“ (1/12 von 40% des Nettokaufpreises) nur für die Vorauszahlungen/Abschläge des Erstjahres gelten sollten. Letztlich maßgeblich dürfte das jeweilige tatsächliche Jahresergebnis sein (vgl. Ziff. 3. Abs. 4 des Verwaltungsvertrags). Deshalb hätte auch nicht ausgeschlossen werden können, dass die Jahreserlöse aus dem Betrieb der Blockheizkraftwerke (deutlich) unter den erwarteten Ergebnissen gelegen hätten. Sogar Verluste wären möglich gewesen, was einem partiarischen Rechtsverhältnis fremd ist (vgl. Ratschow in Blümich, EStG, § 20 Rdnr. 252).
52d. Soweit die BFH-Rechtsprechung „Scheinerträge“ aus sog. Schneeballsystemen den Einkünften aus Kapitalvermögen zuordnet (vgl. hierzu die zahlreichen Nachweise bei Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 34. Aufl., § 20 Rdnr. 173), war insoweit unstreitig jeweils über Kapitalanlagemodelle zu befinden. Vorliegend hat der Kläger sich allerdings nicht an einem Kapitalanlagemodell beteiligt. Denn wie dargelegt, hätte er nach der zivilrechtlichen Vertragslage die in den Blockheizkraftwerken erzeugte Energie ins öffentliche Netz einspeisen und damit selbst Gewerbetreibender und nicht nur Kapitalanlagebeteiligter werden sollen.
53e. Für die Ertragsbesteuerung des Klägers unerheblich ist, dass sich das Werbe- und Verkaufskonzept „Blockheizkraftwerke“ aus Sicht der Verantwortlichen der A-Gruppe in betrügerischer Absicht vollzog, d.h. die verkauften Blockheizkraftwerke weder geliefert noch in Betrieb genommen werden sollten und der Abschluss der Verträge auf einer arglistigen Täuschung beruhte. Maßgeblich ist allein die Perspektive des Klägers, der ganz offensichtlich auf die Redlichkeit seiner Geschäftspartner vertraute und davon ausging, mit der Inbetriebnahme der Blockheizkraftwerke als Gewerbetreibender tätig zu werden. Soweit die Rechtsprechung des BFH für einen Vorsteuerabzug aus einer Anzahlung nach § 15 Abs. 1 Satz 3 UStG im Falle eines betrügerisch geprägten Rechtsgeschäfts voraussetzt, dass die noch ausstehende Lieferung aus der objektivierten Sicht des Zahlenden nicht „unsicher“ erscheint (vgl. BFH-Urteil vom 29.1.2015V R 51/13, BFH/NV 2015, 708 unter Hinweis auf die EuGH-Entscheidung vom 13.3.2014 C-107/13 [„Firin“], UR 2014, 705), handelt es sich um eine umsatzsteuerliche Besonderheit, die sich darauf stützt, dass der Vorsteuerabzug auf (bloße) Anzahlungen einen Ausnahmetatbestand darstellt. Denn grundsätzlich entsteht der Vorsteuerabzug erst dann, wenn auch der Anspruch auf die abziehbare Vorsteuer entsteht. Zieht man dieses Recht auf eine Anzahlung vor, müssen alle maßgeblichen Elemente des Steuertatbestands der künftigen Lieferung zum Zeitpunkt der Anzahlung bereits genau bestimmt sein (BFH-Urteil vom 29.1.2015 V R 51/13, BFH/NV 2015, 708). Diese enge Wechselwirkung zwischen dem Umsatzsteueranspruch auf der einen und dem Vorsteuerabzugsanspruch auf der anderen Seite stellt sich bei ertragsteuerlicher Betrachtung nicht, so dass selbst bei sich objektiv klar aufdrängenden Zweifeln über die Leistungswillig- und -fähigkeit des Geschäftspartners für die Besteuerung des betrogenen Steuerpflichtigen allein dessen Perspektive entscheidend ist.
542. Rechtlich unzutreffend ist die Auffassung des Beklagten, dass der beabsichtigte Erwerb des Blockheizkraftwerks Nr. 3 und die sodann mit der A-GmbH vertraglich vereinbarte Verpachtung (sog. Modell II) bei ertragsteuerlicher Wertung eine Kapitalforderung des Klägers begründet hätte und positive Erträge hieraus zu Einkünften ausKapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG geführt hätten. Die (betrügerisch geprägten) Vertragsvereinbarungen geben hierzu keinerlei Anhaltspunkte.
55a. Die vertraglich vereinbarte und vom Kläger auch so beabsichtigte Verpachtungstätigkeit hätte zu sonstigen Einkünften gemäß § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG geführt. Hierzu gehören Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 EStG) noch zu den sonstigen Einkünften gemäß § 22Nr. 1, 1a, 2 oder 4 EStG gehören, z.B. Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen und aus der Vermietung beweglicher Gegenstände. Es handelt sich um einen Auffangtatbestand, der zur Besteuerung eines Leistungsaustauschverhältnisses dann eingreift, wenn die entgeltliche Nutzungsüberlassung - einerlei ob nur kurz- oder aber langfristig angelegt (vgl. Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 34. Aufl., § 22 Rdnr. 139) - weder den gewerblichen (Vermietungs-)Einkünften noch den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzuordnen ist.
56Im Streitfall wäre insoweit kein anderer - vorrangiger - Einkünftetatbestand in Betracht gekommen. Insbesondere wäre nicht der Tatbestand der Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 Abs. 2 EStG erfüllt worden. Der Kläger hätte das Blockheizkraftwerk Nr. 3 nicht selbst betrieben, sondern beabsichtigte, durch die Nutzungsüberlassung Pachterträge zu erzielen. Es hätte zudem keine gewerbliche Betriebsverpachtung im Ganzen vorgelegen, da nach den vertraglichen Vereinbarungen die A- GmbH von vornherein die Pächterrolle hätte übernehmen sollen, so dass kein vom Kläger zunächst selbst betriebener Gewerbebetrieb verpachtet worden wäre. Ferner hätte der Kläger auch keine gewerblichen Vermietungseinkünfte erzielt, da lediglich ein einzelnes Wirtschaftsgut an nur einen einzigen Pächter ohne weitere Zusatzleistungen überlassen worden wäre (vgl. zur Abgrenzung zwischen gewerblicher und vermögensverwaltender Nutzungsüberlassung einzelner Wirtschaftsgüter u.a. Reiß in Kirchhof, EStG, 14. Aufl., § 15 Rdnr. 73 m.w.N.). Schließlich wäre auch nicht der Einkünftetatbestand des § 21 Abs. 1 Nr. 2 EStG erfüllt worden, da keine Sachgesamtheit hätte vermietet werden sollen, sondern lediglich ein einzelnes - bewegliches - Wirtschaftsgut.
57b. Die Einwendungen des Beklagten gegen die Annahme eines steuerlich zu berücksichtigenden Pachtverhältnisses greifen nicht durch. Unerheblich ist insbesondere, dass nach der Vertragslage dem Kläger das gekaufte Blockheizkraftwerk nicht hätte körperlich übergeben werden sollen, sondern er seinen zivilrechtlichen Übergabeanspruch gegen die Verkäuferin an die Pächterin, die A-GmbH, abtrat.
58Der vom Beklagten angeführte zeitliche Versatz zwischen der beabsichtigten Lieferung des Blockheizkraftwerks und der Invollzugsetzung des Pachtvertrags ändert nichts an der Zuordnung der Erträge/Aufwendungen zu den sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG. Zum einen enthält die Auftragsbestätigung vom 25.10.2010 keinen eindeutigen Hinweis darauf, dass die avisierte Lieferung tatsächlich erst am 23.4.2011 erfolgen sollte; vielmehr handelte es sich insoweit um den spätestmöglichen Zeitpunkt. Zum anderen sollte der Pachtanspruch erst ab Beginn des zweiten Monats nach Abschluss des Pachtvertrags entstehen und hierfür Voraussetzung sein, dass beide Parteien den Pachtvertrag unterzeichneten (vgl. Ziff. 4. des Pachtvertrags); vor diesem Hintergrund lag es in der Hand der A-GmbH, den Zeitpunkt der erstmaligen Pachtzahlungspflicht zu bestimmen bzw. nach hinten zu verlagern. Schließlich gilt es zu berücksichtigen, dass eine für den Kläger günstige Vertragslage keine Auswirkungen darauf haben kann, ob die Vereinbarungen auch steuerlich als Pachtverhältnis zu würdigen sind.
59Der Senat hält ferner die vertragliche Regelung, wonach der Kläger seine zivilrechtliche Einstandspflicht für die Tauglichkeit des Blockheizkraftwerks gegen eine Abtretung aller Gewährleistungs- und Garantieansprüche zu Gunsten der A-GmbH ausschließt, für wirtschaftlich üblich, sofern - wie hier - ein neu herzustellendes Wirtschaftsgut Gegenstand des Pachtverhältnisses ist.
60Darüber hinaus teilt der Senat auch nicht die Würdigung des Beklagten, dass es die A- GmbH als Pächterin gewesen sein soll, die nach den vertraglichen Vereinbarungen die Gefahr des zufälligen Untergangs des Blockheizkraftwerks hätte tragen sollen. Richtig ist hierbei, dass der Betrieb des Blockheizkraftwerks - wie auch sonst bei Pachtverhältnissen üblich - ausschließlich auf Risiko und Gefahr der A-GmbH als Pächterin hätte erfolgen sollen. Zur Absicherung einer etwaigen eigenen Einstandspflicht des Klägers als Eigentümer war die A-GmbH vertraglich verpflichtet, insoweit eine Haftpflichtversicherung abzuschließen (vgl. Ziff. 5. Abs. 3 des Pachtvertrags). Die Gefahr der zufälligen Beschädigung oder des zufälligen Untergangs des Blockheizkraftwerks hätte der Kläger als Eigentümer selbst tragen müssen. Ganz offensichtlich zur Absicherung der Durchsetzbarkeit von Schadensersatzansprüchen im Falle einer durch den Betrieb des Blockheizkraftwerks veranlassten (schuldhaften) Beschädigung/Zerstörung war die A- GmbH zudem verpflichtet, eine Maschinenbruchversicherung auf eigene Kosten abzuschließen (vgl. Ziff. 5. Abs. 3 des Pachtvertrags). Auch insoweit handelt es sich um eine vertragsübliche Klausel bei der Begründung von Pachtverhältnissen.
61III. Einkünftehöhe
62Der Kläger hat eine einheitliche Gewinnermittlung für sein gesamtes Investitionsvorhaben erstellt. Nach Maßgabe der vorgenannten Grundsätze müssen diese Einkünfte aufgeteilt werden in solche aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 EStG (Blockheizkraftwerke Nr. 1 und Nr. 2) sowie in solche aus § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG (Blockheizkraftwerk Nr. 3), wobei die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung - losgelöst von der Frage der steuerrechtlichen Qualifizierung der Einkünfte an sich - gegen folgende Verteilung der Höhe nach keine Einwendungen erhoben:
631. Streitjahr 2010
64Einkünfte aus Gewerbebetrieb |
||
(BHKW Nr. 1 und Nr. 2) |
||
Betriebseinnahmen |
||
Eigenprovisionen (netto) |
8.570,00 € |
|
vereinnahmte Umsatzsteuer auf Eigenprovisionen |
1.628,30 € |
|
Vorsteuererstattungen auf Anzahlungen |
17.812,50 € |
|
sonstige Vorsteuererstattungen (2/3) |
77,77 € |
|
28.088,57 € |
||
Betriebsausgaben |
||
AfA |
- € |
|
Schuldzinsen (2/3) |
3.135,75 € |
|
Rechts- und Beratungskosten (2/3) |
110,01 € |
|
Telekommunikationskosten (2/3) |
20,00 € |
|
gezahlte Vorsteuer (2/3) |
77,77 € |
|
sonstige Betriebsausgaben (2/3) |
772,66 € |
|
4.116,19 € |
||
Gewinn |
23.972,38 € |
Einkünfte aus § 22 Nr. 3 EStG |
||
(BHKW Nr. 3) |
||
Einnahmen |
||
Pachterträge (netto) |
4.500,00 € |
|
vereinnahmte Umsatzsteuer auf Pachterträge |
855,00 € |
|
Vorsteuererstattung auf Anzahlung |
7.125,00 € |
|
sonstige Vorsteuererstattungen (1/3) |
38,89 € |
|
12.518,89 € |
||
Werbungskosten |
||
AfA |
- € |
|
Schuldzinsen (1/3) |
1.567,87 € |
|
Rechts- und Beratungskosten (1/3) |
55,00 € |
|
Telekommunikationskosten (1/3) |
10,00 € |
|
gezahlte Vorsteuer (1/3) |
38,89 € |
|
sonstige Werbungskosten (1/3) |
386,33 € |
|
2.058,09 € |
||
Einkünfte |
10.460,80 € |
2. Streitjahr 2011
68Einkünfte aus Gewerbebetrieb |
||
(BHKW Nr. 1 und Nr. 2) |
||
Betriebseinnahmen |
- € |
|
Betriebsausgaben |
||
AfA |
- € |
|
vergebliche Anzahlungen (brutto) |
111.562,50 € |
|
Schuldzinsen (2/3) |
5.788,90 € |
|
Reisekosten (2/3) |
389,41 € |
|
Rechts- und Beratungskosten (2/3) |
802,25 € |
|
sonstige Betriebsausgaben (2/3) |
69,33 € |
|
118.612,39 € |
||
vorläufiger Verlust |
- 118.612,39 € |
|
zuzügl. Übergangsverlust wegen Betriebsaufgabe |
- 17.812,50 € |
|
Verlust |
- 136.424,89 € |
Einkünfte aus § 22 Nr. 3 EStG |
||
(BHKW Nr. 3) |
||
Einnahmen |
- € |
|
Werbungskosten |
||
AfA |
- € |
|
vergebliche Anzahlungen (brutto) |
44.625,00 € |
|
Schuldzinsen (1/3) |
2.894,45 € |
|
Reisekosten (1/3) |
194,70 € |
|
Rechts- und Beratungskosten (1/3) |
401,13 € |
|
sonstige Werbungskosten (1/3) |
34,67 € |
|
48.149,95 € |
||
Einkünfte |
- 48.149,95 € |
3. Streitjahr 2012
71Einkünfte aus Gewerbebetrieb |
||
(BHKW Nr. 1 und Nr. 2) |
||
nachträgliche Betriebsausgaben |
||
Schuldzinsen (2/3) |
5.616,23 € |
|
sonstige Betriebsausgaben (2/3) |
77,33 € |
|
5.693,56 € |
Einkünfte aus § 22 Nr. 3 EStG |
||
(BHKW Nr. 3) |
||
nachträgliche Werbungskosten |
||
Schuldzinsen (1/3) |
2.808,12 € |
|
sonstige Werbungskosten (1/3) |
38,67 € |
|
2.846,79 € |
4. Zu den einzelnen Positionen:
74a. Die vom Kläger geltend gemachte AfA ist weder als Betriebsausgabe noch als Werbungskosten zu berücksichtigen. Die Inanspruchnahme von Abschreibungen setzt voraus, dass das Wirtschaftsgut tatsächlich angeschafft wurde. Gerade hieran fehlte es im Streitfall.
75b. Der Kläger hat (vollständige) Anzahlungen auf die drei von ihm gekauften Blockheizkraftwerke in Höhe von insgesamt 156.187,50 € erbracht. Wird - wie im Streitfall - die erwartete Lieferung nicht erbracht, entsteht gegen den Vertragspartner ein zivilrechtlicher Rückforderungsanspruch. Muss die Forderung auf Rückzahlung wegen der Insolvenz des Vertragspartners verlorengegeben werden, so ist sie bei einer Gewinnermittlung nach §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG als Betriebsausgabe auszubuchen. Dieselben Grundsätze gelten bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG. Sobald deutlich wird, dass die zur Erlangung abnutzbarer Wirtschaftsgüter geleistete Anzahlung (ganz oder zum Teil) ohne Gegenleistung bleibt und insoweit auch eine Rückzahlung nicht zu erlangen ist, ist die Anzahlung als verausgabt anzusehen (BFH-Beschluss vom 4.7.1990 GrS 1/89, BStBl II 1990, 830). Selbiges gilt bei den Überschusseinkunftsarten.
76Die Beteiligten haben sich in der mündlichen Verhandlung darauf tatsächlich verständigt, dass (erst) im Jahr 2011 die größtmögliche Wahrscheinlichkeit dafür bestand, dass die vom Kläger geleisteten Anzahlungen nicht mehr von der A-GmbH bzw. der AC AG zurückerlangt werden konnten. Hierfür spricht zum einen, dass (erst) am 1.3.2011 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A-GmbH eröffnet wurde und auch der Kläger - so seine Ausführungen im Erörterungstermin - zu Beginn des Jahres 2011 von den Betrugsvorwürfen gegen die Verantwortlichen der A-Gruppe Kenntnis erlangte.
77Dies führt dazu, dass der Kläger bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb (Modell I)Betriebsausgaben in Höhe von 111.562,50 € sowie bei den sonstigen Einkünften(Modell II) Werbungskosten in Höhe von 44.625 € in Abzug bringen kann.
78c. Zum Zeitpunkt der Insolvenz der Gesellschaften der A-Gruppe im März 2011 und der klaren Erkenntnis, dass die Blockheizkraftwerke nicht mehr geliefert werden können, d.h. auch der Gewerbebetrieb keine Existenzberechtigung mehr hat, ist voneiner Betriebsaufgabe/Betriebszerschlagung i.S. von § 16 EStG auszugehen. Da der Kläger seinen laufenden Gewinn aus Gewerbebetrieb durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt, muss er zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe/Betriebszerschlagung zum Bestandsvergleich wechseln (§ 16 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 EStG). Auf der Aktivseite der Schlussbilanz sind keine Übergangskorrekturen angezeigt; die Schadensersatzforderung des Klägers gegen die A-Gruppe ist wirtschaftlich wertlos. Auf der Passivseite ist eine Rückstellung für die zu erwartende Umsatzsteuerrückforderung des Beklagten (die sich durch den rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens 5 K 3875/12 U auch tatsächlich realisierte) in Höhe von 17.812,50 € (Vorsteuererstattungen aus Anzahlungen der Blockheizkraftwerke Nr. 1 und Nr. 2) zu erfassen, die im Streitjahr 2011 zu einem Übergangsverlust in nämlicher Höhe führt.
79d. Die vom Kläger im Jahr 2010 an die A-GmbH bzw. AC AG gezahlte Umsatzsteuer für den beabsichtigten Erwerb der drei Blockheizkraftwerke stellt im Jahr 2010 weder eine Betriebsausgabe bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb noch Werbungskosten bei den Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG dar. Im Hinblick darauf, dass der 5. Senat des Finanzgerichts Münster in der Entscheidung vom 16.10.2014 rechtskräftig festgestellt hat, dass die gezahlte Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abzugsfähig sei (5 K 3875/12 U, EFG 2015, 84), gehört sie grundsätzlich zu den (vermeintlichen) Anschaffungskosten der Blockheizkraftwerke und wäre daher - im Falle einer tatsächlichen Anschaffung - nur über die Abschreibung zu berücksichtigen (§ 9b EStG). Ertragsteuerlich ist die gezahlte Umsatzsteuer Bestandteil der geleisteten Anzahlungen, die sodann im Jahr 2011 wegen der Uneinbringlichkeit des Rückforderungsanspruchs zu Betriebsausgaben/Werbungskosten führt (vgl. oben unter b.).
80e. Die Vorsteuererstattungen aus der Anschaffung der drei Blockheizkraftwerke sind als Betriebseinnahme (§ 15 EStG) bzw. als Einnahme bei den Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG im Streitjahr 2010 zu erfassen. Denn der Beklagte hatte im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldungen zunächst die vom Kläger geltend gemachte Vorsteuer erstattet.
81f. Mangels vom Kläger vorgelegter genauer Zuordnung der Schuldzinsen, Rechts- und Beratungskosten, Telekommunikationskosten, Reisekosten sowie sonstigen Kosten geht der Senat im Schätzungswege und im Einverständnis der Beteiligten davon aus, dass 2/3 jener Aufwendungen den Einkünften aus Gewerbebetrieb und 1/3 den sonstigen Einkünften aus § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG zuzuordnen sind.
82g. Die im zeitlichen Nachgang zur Betriebsaufgabe/Betriebszerschlagung bzw. Einstellung der Einkünftequelle nachlaufenden notwendigen Aufwendungen stellen nachträgliche Betriebsausgaben bzw. nachträgliche Werbungskosten i.S. von § 24 Nr. 2 EStG i.V.m. § 15 bzw. § 22 Nr. 3 EStG dar. Die für das Streitjahr 2012 geltend gemachten Reisekosten (km-Geld) in Höhe von 2.058 € waren nicht zu berücksichtigen, da sie von den Klägern nicht substantiiert dargelegt wurden.
83h. Für das Streitjahr 2010 errechnet sich ein Gewinn aus Gewerbebetrieb bzw. ein Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften aus § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG, der die vom Beklagten bislang berücksichtigten Kapitalerträge in Höhe von 13.070 € übersteigt. Der Gewinn/Überschuss resultiert im Wesentlichen daraus, dass dem Kläger Provisionen und Pachterträge zugeflossen sind und er im Streitjahr 2010 durch den Beklagten die an die A-GmbH bzw. AC AG gezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer erstattet bekam. Aus Gründen des Verböserungsverbots verbleibt es daher bei der bisherigen Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 2010.
84e. Die Verluste aus den sonstigen Einkünften gemäß § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG der Jahre 2011 und 2012 sind für jene Jahre weder ausgleichs- noch abzugsfähig. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Beklagten einen Antrag auf gesonderte Verlustfeststellung nach § 22 Nr. 3 Satz 4 Halbs. 2 i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG gestellt.
85IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.
86V. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
87VI. Die Zulassung der Revision erfolgt wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und berücksichtigt insbesondere den Umstand, dass die vom Beklagten vorgenommene Zuordnung der Erträge/Aufwendungen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 7 EStG) auf einer bundeseinheitlichen Abstimmung der beteiligten Finanzbehörden beruht.
88Haferkamp Dr. Reddig Dipl.-Kfm. Dr. Böwing-Schmalenbrock