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Der Bescheid vom 28.7.2008 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2004 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 2.10.2013 und der Einspruchsentscheidung vom 8.10.2013 wird geändert und der verbleibende Verlustabzug zur Körperschaftsteuer auf 52.935 EUR festgestellt.
Der Bescheid vom 6.8.2008 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8.10.2013 wird geändert und der vortragsfähige Gewerbeverlust auf 14.823 EUR festgestellt.
Der Bescheid vom 8.7.2008 gegenüber der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Z-GmbH & Co. oHG über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2004 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 2.10.2013 und der Einspruchsentscheidung vom 8.10.2013 wird geändert und der vortragsfähige Gewerbeverlust auf 53.410 EUR festgestellt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Hinweis betreffend die Neutralisierung: Die im Text enthaltenen Beträge entsprechen nicht den tatsächlichen Werten. Sie wurden proportional zu einander verändert.
2Tatbestand:
3Die Beteiligten streiten über die Fortführung von Verlusten im Streitjahr 2004.
4Die Klägerin ist eine im Handelsregister des Amtsgerichts C. eingetragene GmbH, deren alleinige Gesellschafterin im Streitzeitraum die X.-GmbH war. Die X.-GmbH hatte die Anteile mit Vertrag vom 23.2.1999 erworben. Die Klägerin firmierte bis zum 22.11.2005 als L- Verwaltungs GmbH und hatte ihren Sitz in K..
5Weitere Tochtergesellschaften der X.-GmbH waren die Gf-GmbH und die Vw-GmbH. Die Vw-GmbH war zu 100 % an der Y.-GmbH beteiligt. Zwischen der Vw-GmbH und der Y.-GmbH bestand ein Ergebnisabführungsvertrag („EAV“), der sowohl körperschaftsteuerlich als auch gewerbesteuerlich zur Anerkennung einer Organschaft i.S.d. §§ 14 ff des Körperschaftsteuergesetzes – KStG – führte. Darüber hinaus war die Vw-GmbH an der Y. GmbH & Co. oHG, im Folgenden: „Y.-oHG“ zu 100 % beteiligt. Mit 0 % war die Gf-GmbH am Gesellschaftsvermögen der Y.-oHG beteiligt. Die Beteiligungsverhältnisse lassen sich wie folgt darstellen:
6[...]
7Mit notariellem Vertrag vom 17.8.2005 wurde die Vw-GmbH zu Buchwerten auf die Klägerin im Wege der Aufnahme verschmolzen, und zwar zum steuerlichen Übertragungsstichtag 31.12.2004. Zu demselben steuerlichen Übertragungsstichtag wurde die Y.-GmbH mit notariellem Vertrag vom 17.08.2005 zu Buchwerten auf die Klägerin im Wege der Aufnahme verschmolzen. Die Verschmelzungen wurden am 25.10.2005 im Handelsregister der übernehmenden Gesellschaft eingetragen. Daraus ergab sich die folgende Beteiligungsstruktur:
8[...]
9In einem nächsten Schritt trat die Gf-GmbH aus der Y.-oHG aus. Der Austritt erfolgte mit Wirkung zum 31.12.2005 und wurde am 28.3.2006 in das Handelsregister eingetragen. Dadurch wuchs das Vermögen der Y.-oHG der Klägerin an, die Y.-oHG wurde vollbeendet. Im Ergebnis ist durch die vorbeschriebenen drei Schritte das Vermögen der Vw-GmbH, der Y.-GmbH und der Y.-oHG auf die Klägerin übertragen worden. Sie ist Rechtsnachfolgerin dieser drei Gesellschaften.
10Die Klägerin gab am 30.1.2006 eine Körperschaftsteuererklärung mit Erklärung zur gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags für das Jahr 2004 sowie eine Gewerbesteuererklärung mit Erklärung zur gesonderten Feststellung des Gewerbeverlustes ab. Sie erklärte eigene steuerpflichtige Einkünfte von 2.071 EUR. Ausweislich ihrer Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2004 erzielte sie Umsätze von 2 EUR und einen Jahresüberschuss von 1 EUR. Die Bilanzsumme betrug 31 EUR. In ihrer Steuererklärung erklärte sie zudem einen auf sie als übernehmende Körperschaft nach § 12 Abs. 3 Satz 2 des Umwandlungssteuergesetzes – UmwStG – übergegangenen verbleibenden Verlustabzug zum 31.12.2004 von 58.214 EUR. Der durch die Verschmelzung übergegangene Gewerbeverlust betrug nach der Gewerbesteuererklärung 13.931 EUR. Die ertragsteuerlichen Verluste resultierten hierbei überwiegend aus der Y.-oHG, so dass die diesbezüglichen Verluste nur in die Körperschaftsteuer-, nicht aber in die Gewerbesteuererklärung der Klägerin Eingang fanden.
11Bei der Vw-GmbH betrugen die Verlustvorträge, welche die Klägerin zu übernehmen begehrt, ausweislich des Bescheids des Beklagten vom 16.8.2013 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2004 52.937 EUR und ausweislich des Bescheids des Beklagten vom 22.12.2008 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2004 14.816 EUR. Bereits auf den 31.12.2003 war ein vortragsfähiger Gewerbeverlust von 13.848 EUR ebenfalls mit Bescheid vom 22.12.2008 – bestandskräftig – festgestellt worden. Die Bescheide waren an die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin der Vw-GmbH gerichtet. Wegen der Einzelheiten wird hierauf verwiesen. Für die Y.-GmbH hatte der Beklagte keine Verlustfeststellungsbescheide erlassen, da ihre Verluste aufgrund des Ergebnisabführungsvertrags von der Vw-GmbH übernommen worden waren.
12Die Vw-GmbH wies in ihren Bilanzen ein Aktivvermögen von 46.967 EUR zum 31.12.2004 und 46.022 EUR zum 31.12.2003 aus, das im Wesentlichen aus Beteiligungen und Forderungen gegen verbundene Unternehmen bestand. Ihre Umsätze betrugen ausweislich ihrer Gewinn- und Verlustrechnungen 0 EUR im Jahr 2004 und 1 EUR im Jahr 2003.
13Nach den für die Y.-GmbH erstellten Bilanzen verfügte diese zum Stichtag 31.12.2004 über ein Aktivvermögen von 28.381 EUR und zum 31.12.2004 über ein Aktivvermögen von 28.346 EUR. Ihre Umsatzerlöse betrugen in den Jahren 2003 und 2004 nach ihren Gewinn- und Verlustrechnungen jeweils 0 EUR, wobei sie Verluste, die aufgrund des Ergebnisabführungsvertrags von der Vw-GmbH zu übernehmen waren, i.H.v. 945 EUR im Jahr 2004 und 500 EUR im Jahr 2003 auswies. Diese Verluste waren im Wesentlichen auf Abschreibungen (921 EUR im Jahr 2004 und 442 EUR im Jahr 2003) zurückzuführen.
14Der Beklagte veranlagte die Klägerin am 3.3.2006 erklärungsgemäß zur Körperschaft-steuer und zum Gewerbesteuermessbetrag und erließ auch entsprechende Verlustfeststellungsbescheide, und zwar unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung – AO –.
15Darüber hinaus gab die Y.-oHG am 30.1.2006 eine Gewerbesteuererklärung für 2004 mit Erklärung zur gesonderten Feststellung des Gewerbeverlustes ab. Sie erklärte einen Gewerbeertrag von 869 EUR und einen zum 31.12.2003 gesondert festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlust von 54.510 EUR, der in dieser Höhe zuvor vom Beklagten bestandskräftig festgestellt worden war. Ausweislich der Bilanz der Y.-oHG zum 31.12.2004 betrug ihr Aktivvermögen 24.718 EUR, die Umsätze betrugen ausweislich der Gewinn- und Verlustrechnung 36.343 EUR, der Gewinn 771 EUR.
16Der Beklagte veranlagte auch die Y.-oHG mit Bescheiden vom 6.3.2006 zunächst erklärungsgemäß und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
17Bereits mit Schreiben vom 16.5.2002 hatte die Klägerin, deren Sitz sich seinerzeit in K. befunden hatte, bei dem örtlich hierfür zuständigen Finanzamt E. einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft auf der Grundlage des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen – BMF – vom 24.6.1987 (Bundessteuerblatt – BStBl – I 1987, 474) gestellt. Sie hatte u.a. dargelegt, die „Z. Gruppe“ solle aufgrund ihrer schlechten wirtschaftlichen Situation umstrukturiert werden. Das besondere Interesse an der verbindlichen Auskunft ergebe sich daraus, dass die Voraussetzungen für den Verlustübergang gemäß § 12 Abs. 3 UmwStG nicht explizit steuerlich normiert seien für den Fall, dass die Anteile an den verlustverursachenden Betrieben (hier: Y.-oHG und Y.-GmbH) im Zuge der Umstrukturierung untergingen, die Betriebe jedoch nicht von der früheren Holdinggesellschaft (hier: Vw-GmbH), sondern von der Klägerin fortgeführt würden. Es sei nämlich geplant gewesen, im Rahmen der Reorganisation mit Wirkung zum 31.12.2001 die Y.-GmbH, die Gf-GmbH und die Vw-GmbH auf die Klägerin zu verschmelzen. Die Produktion und der Vertrieb sollten hingegen unverändert fortgeführt werden. Lediglich bei der Y.-GmbH solle der Bereich „Produkt I.“ aufgegeben werden, der aber weniger als 1 % vom Gesamtumsatz umfasse. Die übrige Produktion der Y.-GmbH solle von F. nach C. verlagert werden.
18Das Finanzamt E. hatte mit Schreiben vom 4.7.2002, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, u.a. die folgende Auskunft gegeben:
19„1. […] Für die Möglichkeit der Fortführung eines zu diesem Zeitpunkt etwa noch vorhandenen Verlustvortrages bei der übertragenden Körperschaft (…) durch die übernehmende Körperschaft, ist für die Körperschaftsteuerverluste nach 10d EstG als auch für die vortragsfähigen Gewerbesteuerfehlbeträge im Sinne des § 10a GewStG über § 19 (2) UmwStG der § 12 (3) UmwStG anzuwenden.
20[…] Das setzt aber nach § 12 (3) S. 2 voraus, dass der Betrieb, der den Verlust verursacht hat, über den Verschmelzungsstichtag hinaus in einem nach dem Gesamtbild der Verhältnisse vergleichbaren Umfang in den folgenden fünf Jahren fortgeführt wird.
21Die dabei einzuhaltenden Kriterien ergeben sich aus dem BMF-Schreiben vom 16.04.1999 (BStBl I/1999 S. 455) Tz. 36-50.
22Inwieweit diese Bedingungen im Fall einer Betriebsfortsetzung der Verwaltungsgesellschaft Z. mbH erfüllt werden, ist nur nach einem Vergleich der tatsächlich realisierten zu denen am Übertragungsstichtag vorhandenen Parametern zu beurteilen und kann deshalb zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht eingeschätzt werden.
232. […] Als weitere Voraussetzung für eine Gewerbeverlustnutzung nach § 10a GewStG muss außer der Unternehmeridentität auch wie bereits gesagt die Unternehmensidentität gewahrt sein. Hierbei kommt es vor allem auf den wirtschaftlichen, finanziellen und organisatorischen Zusammenhang zwischen den nacheinander (vor und nach dem Vermögensübergang) ausgeübten gewerblichen Tätigkeit - wie Fortbestehen der Art des Gewerbebetriebes, des Kunden- und Lieferantenkreises, Weiterbeschäftigung der bisherigen Arbeitnehmerschaft, Beibehaltung der bisherigen Betriebsstätten, Fortführung des Aktivvermögens - an. Entscheidend ist das Gesamtbild und nicht das einzelne Kriterium bei der Weiterführung des Betriebs bzw. Betriebsstätte. Betriebsbedingte - auch strukturelle - Anpassungen der gewerblichen Betätigungen an unveränderte wirtschaftliche Verhältnisse stehen der Annahme einer identischen Tätigkeit nicht entgegen. […]
24Nach den Darlegungen im Antrag kann noch nicht erkannt werden, ob diese Anforderungen tatsächlich erfüllt werden. Auch hier muss auf die tatsächliche Realisierung zum Zeitpunkt der Verlustverrechnung bzw. des Zeitablaufes abgestellt werden.“
25Bereits mit Schreiben vom 16.7.2002 hatte sich die Klägerin erneut an das Finanzamt E. gewandt und ausgeführt, entsprechend der verbindlichen Auskunft vom 4.7.2002 seien also die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 UmwStG auch dann erfüllt, wenn die Klägerin unmittelbar die verlustverursachenden Betriebe fortführe, die Beteiligungen an diesen Gesellschaften jedoch durch die Verschmelzungen untergingen. Darüber hinaus stünden die Umstrukturierungsmaßnahmen nach der verbindlichen Auskunft also einer Fortführung des Verlustabzugs nicht entgegen.
26Mit Schreiben vom 17.3.2005 wandte sich die Klägerin erneut an das Finanzamt E. und bat um Bestätigung, dass die verbindliche Auskunft vom 4.7.2002 weiterhin ihre Gültigkeit besitze. Der Sachverhalt habe sich nur insoweit verändert, dass Geschäftsaktivitäten physisch nach C. verlagert, die Verlustvorträge angestiegen, Gesellschaften umfirmiert, neue Steuernummern vergeben und die Restrukturierungsmaßnahmen zeitlich gestreckt worden seien. Die Frage der tatsächlichen Weiterführung der Verlustbetriebe sei mit der verbindlichen Auskunft hingegen nicht beantwortet worden, diese Beurteilung könne auch erst nach Zeitablauf erfolgen. Das Finanzamt E. antwortete darauf mit Schreiben vom 23.6.2005 – nach Absprache mit dem Beklagten:
27„Ich kann Ihnen bestätigen, dass die verbindliche Auskunft vom 4.7.2002 nach wie vor Bindungswirkung entfaltet.
28Die zwischenzeitlich eingetretenen Sachverhaltsänderungen, wie Verlagerung der Geschäftsaktivitäten nach C., veränderte Verlustvorträge, andere Gesellschaftsbezeichnungen, neue Steuernummern und eine zeitliche Streckung der Restrukturierungsmaßnahmen haben am grundlegenden Sachverhalt nichts geändert.“
29Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung G. (im Folgenden: „GKBP“) führte bei der Klägerin in den Jahren 2006 und 2007 eine Betriebsprüfung zur Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer u.a. für das Streitjahr durch. Im Prüfungsbericht vom 7.1.2008 erklärte der Prüfer unter Tz. 6.4 und 6.6, die von der Klägerin geltend gemachten Verluste der Vw-GmbH stammten wiederum aus übernommenen Verlusten von der Y.-GmbH im Rahmen der körperschaftsteuerlichen Organschaft sowie aus der mitunternehmerischen Beteiligung an der Y.-oHG. Jedoch seien diese Verluste im Zuge der Verschmelzung nicht auf die Klägerin übergegangen. Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 UmwStG lägen nicht vor.
30Hinsichtlich der Verluste der Y.-GmbH führte der Prüfer unter Tz. 6.7 aus, die Y.-GmbH habe in den Jahren 1996 bis 2004 ein saldiertes Einkommen von ./. 7.308 EUR ausgewiesen. Da in diesem Einkommen aber auch durchgeleitete Gewinne i.H.v. 513 EUR aus einer 50 %-igen mitunternehmerischen Beteiligung an der L- oHG, K. (im Folgenden: „AM-oHG“), die wiederum alleinige Gesellschafterin der SW GmbH & Co. KG (im Folgenden: „SW-KG“) sei, enthalten gewesen seien, entstamme dem originären Geschäftsbetrieb der Y.-GmbH ein Verlust von 7.822 EUR aus den Jahren 1996 bis 2004. Dieser Verlust könne jedoch nach der Verschmelzung nicht fortgeführt werden, da die Y.-GmbH schon zwei Jahre vor der Verschmelzung, im Jahr 2002, ihren Betrieb in F. vollständig eingestellt habe. Das Personal (ehemals … Arbeitnehmer) sei freigestellt worden, das Aktivvermögen von ehemals 18.800 EUR habe zum 1.1.2003 nur noch 500 EUR betragen, der Umsatz (17.100 EUR zum Stand 1.1.1995) sei vollständig entfallen. In den Jahren 2003 und 2004 seien nur noch nachlaufende Kosten angefallen.
31Auch die Verluste aus der mitunternehmerischen Beteiligung an der Y.-oHG könnten nicht über den Verschmelzungsstichtag hinaus fortgeführt werden (Tz. 6.8 des Prüfungsberichts). Der von der Klägerin zum 31.12.2004 erklärte körperschaftsteuerliche Verlustvortrag aus der Vw-GmbH sei i.H.v. 59.345 EUR auf Verluste der Y.-oHG zurückzuführen (vgl. Anlage 4 zum Prüfungsbericht). Diese Verluste, die aber höher seien als die Verlustvorträge, stammten aus den Jahren 1993 bis 2003. Voraussetzung für eine Verlustfortführung gemäß § 12 Abs. 3 UmwStG sei jedoch, dass der ursprüngliche verlustverursachende Betrieb vor dem Verschmelzungsstichtag nicht eingestellt worden sei. Ebenso dürfe der verlustverursachende Betrieb vor dem Übertragungsstichtag nicht im Umfang erheblich reduziert worden sein. Letzteres sei im Streitfall jedoch geschehen. Der verlustverursachende Geschäftsbetrieb sei bis zum Ende des Verlustzeitraums um mehr als die Hälfte seines Umfangs abgeschmolzen worden, was für den Verlustabzug in voller Höhe schädlich sei (BMF-Schreiben vom 16.4.1999, BStBl I 1999, 455, Tz. 38 und 16 bis 17). Im Einzelnen sei der fragliche Geschäftsbetrieb hinsichtlich der Merkmale Umsatz, Arbeitnehmer und Anlagevermögen wie folgt reduziert worden:
321.1.1993 |
31.12.2003 |
% |
|
Umsatz |
175.000 |
33.350 |
19,1 |
Arbeitnehmer |
… |
… |
12,2 |
Aktivvermögen |
91.174 |
23.414 |
25,7 |
Stelle man hingegen nicht auf die genannten Anfangs- und Endzeitpunkte ab, sondern auf den Durchschnitt der Jahre, betrage die Reduzierung beim Umsatz 46,93 %, bei den Arbeitnehmern 39,14 % und beim Aktivvermögen 47,91 %. Nach allen Kriterien sei der Betrieb also um mehr als die Hälfte seines Umfangs abgeschmolzen worden.
34Bei dieser Betrachtung der Verluste der Vw-GmbH aus den Quellen der Y.-GmbH und der Y.-oHG dürften auch nicht – anders als die Klägerin gegenüber der Betriebsprüfung vorgebracht habe – die Betriebsmerkmale aus allen Enkel- und Urenkelgesellschaften einbezogen werden (Tz. 6.9 des Prüfungsberichts). Insbesondere die betriebswirtschaftlichen Merkmale der Enkelgesellschaft AM-oHG und der Urenkelgesellschaft SW-KG dürften bei der Beurteilung der Abschmelzung nicht einbezogen werden. Anders als die Klägerin meine, ergebe sich eine derartige Sichtweise nicht aus Tz. 39 des BMF-Schreibens vom 16.4.1999. Vielmehr seien die verlustverursachenden Betriebe getrennt zu betrachten, da es sich um eigenständige Betriebe bzw. Betriebsstätten handle. Auch das BMF-Schreiben vom 16.4.1999 fordere keine Gesamtbetrachtung der Vergleichskriterien.
35Im Übrigen habe die Klägerin auch nicht nachgewiesen, dass Verluste aus bestimmten Betriebsteilen im Rahmen der Verschmelzung auf die aufnehmende Gesellschaft übergegangen seien (Tz. 6.10 des Prüfungsberichts). Zwar sei aus den vorliegenden Bilanzen und weiteren Unterlagen zu erkennen, dass als verlustträchtige Betriebsteile die Bereiche „Produkt II.“, „Produkt III.“, „Produkt IV.“, „Produkt V.“, „Produkt VI.“ und „Produkt VII.“ vorhanden gewesen seien. Sämtliche Bereiche seien aber im Zeitpunkt der Verschmelzung eingestellt bzw. nicht mehr vorhanden gewesen. So habe etwa die Y.-oHG eine Beteiligung an einer 100 %-igen Tochtergesellschaft, der MG-GmbH, C. (im Folgenden: „MG-GmbH“) im Jahr 2001 in Höhe von 1.616 EUR abgeschrieben. Dieser Verlust, der im betrieblichen Ergebnis der Y.-oHG enthalten sei, könne wegen der Einstellung des Betriebs der MG-GmbH nicht auf die Klägerin übergegangen sein. Im Übrigen habe die Klägerin zu sämtlichen Bereichen trotz Aufforderung der Betriebsprüfung keine Unterlagen vorgelegt.
36Ein anderes Ergebnis ergebe sich auch nicht aus der verbindlichen Auskunft des Finanzamts E. vom 4.7.2002 und 17.3.2005 (Tz. 6.11 des Prüfungsberichts). Das FA E. habe in seinen Auskunftsschreiben lediglich den Gesetzestext zitiert und auf das BMF-Schreiben vom 16.4.1999 verwiesen. Die Voraussetzungen einer Betriebsfortführung habe es aber nicht beurteilen können. Die Klägerin habe auf den Aspekt der Betriebsfortführung in ihrem Schreiben vom 17.3.2005 auch selbst verzichtet.
37Auch der vortragsfähige Gewerbeverlust der Klägerin zum 31.12.2004 sei mit 0 EUR festzustellen (Tz. 8 des Prüfungsberichts). Der Gewerbeverlust auf der Ebene der Klägerin nach der Verschmelzung stamme von Verlusten aus der Y.-GmbH, welche die Vw-GmbH vor der Verschmelzung aufgrund der steuerlichen Organschaft übernommen habe. Verluste aus dem Zeitraum 1996 bis 2004 i.H.v. 5.903 EUR könnten gemäß § 12 Abs. 3 UmwStG nicht übernommen werden, weil der verlustverursachende Betrieb über den Umwandlungsstichtag hinaus nicht fortgeführt worden sei. Die vor dem Jahr 1993 entstandenen Verluste in Höhe von rund 9.100 EUR könnten nicht fortgeführt werden, weil nicht aufzuklären sei, aus welchem Geschäftsbetrieb dieser Verlust entstanden sei. Die Klägerin habe trotz Aufforderung keine Auskünfte erteilt.
38Darüber hinaus führte die GKBP in den Jahren 2006 und 2007 bei der Y.-oHG eine Betriebsprüfung u.a. zur Gewerbesteuer für das Streitjahr durch. Im Prüfungsbericht vom 7.1.2008 erklärten die Prüfer, die Y.-oHG habe zum 31.12.2004 über einen gewerbesteuerlichen Verlustvortrag von 53.410 EUR verfügt, der aus den Jahren 1993 bis 2003 resultiere. Werde eine Kapitalgesellschaft (hier: Vw-GmbH), die Mitunternehmerin einer Personengesellschaft sei (hier: Y.-oHG) auf eine andere Kapitalgesellschaft verschmolzen (hier: Klägerin), gehe der auf die Überträgerin entfallende gewerbesteuerliche Fehlbetrag in analoger Anwendung des § 19 Abs. 2 UmwStG auf die Übernehmerin über, sofern die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG erfüllt seien. Dies sei – wie im Bericht über die bei der Klägerin durchgeführte Prüfung erklärt – nicht der Fall, weil der verlustverursachende Geschäftsbetrieb vor dem Verschmelzungsstichtag um mehr als 75 % im Vergleich zum Beginn der Verlustphase abgeschmolzen worden sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die beiden Prüfungsberichte verwiesen.
39Der Beklagte schloss sich der Auffassung der GKBP an und erließ Änderungsbescheide gemäß § 164 Abs. 2 AO. Mit Bescheid vom 28.7.2008 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2004 stellte er gegenüber der Klägerin fest, eine gesonderte Feststellung sei nicht durchzuführen, weil ein verbleibender Verlust nicht bestehe. Der auf die übernehmende Körperschaft übergegangene Verlustabzug betrage 0 EUR. Mit Bescheid vom 6.8.2008 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2004 stellte er bei der Klägerin einen vortragsfähigen Gewerbeverlust von 7 EUR fest, wobei der durch Verschmelzung übernommene Gewerbeverlust 0 EUR betrage. Gegen diese beiden Bescheide legte die Klägerin am 25.8.2008 Einsprüche ein.
40Da die Gf-GmbH zwischenzeitlich aus der Y.-oHG ausgetreten und deren Vermögen der Klägerin angewachsen war, erließ der Beklagte gemäß § 164 Abs. 2 AO weiterhin gegenüber der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Y.-oHG am 8.7.2008 einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2004, wonach eine gesonderte Feststellung nach § 10a des Gewerbesteuergesetzes – GewStG – nicht durchzuführen sei, weil ein vortragsfähiger Gewerbeverlust nicht bestehe. Der Gewerbeverlust zum 31.12.2004 i.H.v. 53.410 EUR (54.510 EUR Gewerbeverlust zum 31.12.2003 zzgl. Gewinn aus Gewerbebetrieb in 2004 i.H.v. 1.173 EUR) entfalle auf ausgeschiedene Gesellschafter und sei nicht mehr zu berücksichtigen. Hiergegen legte die Klägerin am 18.7.2008 Einspruch ein.
41Im Einspruchsverfahren änderten die GKBP und ihr folgend auch der Beklagte ihre Rechtsauffassung aufgrund des zwischenzeitlich ergangenen BFH-Urteils vom 25.8.2009 I R 95/08 (Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 226, 246, BStBl II 2010, 940). Die GKBP erläuterte mit Schreiben vom 6.6.2013, nach dem neuen BFH-Urteil komme es für den Umfang des den Verlust verursachenden Betriebs nur auf die Verhältnisse am Verschmelzungsstichtag an. Im Anschluss an dieses Urteil sei mit BMF-Schreiben vom 4.10.2010 (BStBl I 2010, 837) auch die Tz. 38 des BMF-Schreibens vom 16.4.1999 neu gefasst worden. Die Übertragung des Verlustvortrags sei aber an die Übertragung des verlustverursachenden Betriebs oder Betriebsteils geknüpft (BFH-Urteil vom 14.3.2012 I R 13/11, BFHE 236, 516).
42Hinsichtlich der aus der Y.-GmbH resultierenden Verluste verbleibe es daher dabei, dass die Verluste insoweit nicht fortgeführt werden könnten, weil dieser Betrieb bereits vor dem Verschmelzungsstichtag eingestellt worden sei. Dies betreffe den körperschaftsteuerlichen Verlust von 7.822 EUR aus den Jahren 1996 bis 2004 sowie den gewerbesteuerlichen Verlust von 5.694 EUR aus den Jahren 1996 bis 2004 und von 9.121 EUR aus den Jahren vor 1993 (Summe GewSt: 14.816 EUR). Demgegenüber seien von dem Betrieb der Y.-oHG, aus dem Verluste von rd. 48.000 EUR resultierten, zumindest bestimmte Betriebsteile fortgeführt worden. Abweichend vom Wortlaut der Tz. 38 des BMF-Schreibens vom 16.4.1999 könne der fortführungsfähige Verlust auch im Wege der Schätzung ermittelt werden, da mangels Mitwirkung der Klägerin eine eindeutige Zuordnung der Verluste auf einzelne Betriebsteile nicht möglich sei. Die Aufteilung sei nach pauschalen Maßstäben (Umsätze, Arbeitnehmer, Aktivvermögen) vorzunehmen. Da – wie schon im Prüfungsbericht dargestellt – bei der Y.-oHG im Zeitraum 1993 bis 2004 die Umsätze um ca. 20 %, die Zahl der Arbeitnehmer auf ca. 14 % und das Aktivvermögen auf ca. 25 % gemindert worden sei, weiterhin diese Werte aber zur Abgeltung von Unsicherheiten auf 40 % / 28 % / 50 % verdoppelt werden könnten, könne insgesamt eine geschätzte Verlustfortführung von 40 % (Kürzungsquote 60 %) angewandt werden. Daraus ergebe sich bei der Klägerin bzw. der Vw-GmbH ein körperschaftsteuerlicher Verlustvortrag aus der Y.-oHG von 19.200 EUR, der sich wie folgt ermittle:
43Zusammenstellung Vw-GmbH 31.12.2004: |
bislang |
davon anzuerkennen: |
Verluste Y.-GmbH |
-7.822 |
0 |
Verluste Y.-oHG |
-48.000 |
(40% =) -19.200 |
Gewinne aus anderen Quellen |
2.897 |
|
Verlustvortrag 31.12.2004 |
-52.924 |
-19.200 |
Der anzuerkennende gewerbesteuerliche Verlustvortrag betrage, so die GKBP, 40 % von 53.410 EUR, abgerundet mithin 21.000 EUR. Dieser sei bei der Y.-oHG festzustellen. Bei der Klägerin hingegen sei weiterhin kein gewerbesteuerlicher Verlustvortrag anzuerkennen, da die von ihr erklärten gewerbesteuerlichen Verlustvorträge lediglich aus der Y.-GmbH resultierten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben der GKBP vom 6.6.2013 verwiesen.
45Der Beklagte erließ daraufhin am 2.10.2013 im Einspruchsverfahren gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO einen Änderungsbescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2004 und stellte den verbleibenden Verlust auf 19.197 EUR fest. Gegenüber der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Y.-oHG erließ er weiterhin am 2.10.2013 gem. § 35b Abs. 2 GewStG einen Änderungsbescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2004, wonach der vortragsfähige Gewerbeverlust auf 21.000 EUR festgestellt wurde.
46Mit drei Einspruchsentscheidungen vom 8.10.2013 wies der Beklagte – nach der Teilabhilfe – die Einsprüche als unbegründet zurück.
47Daraufhin hat die Klägerin am 8.11.2013 Klagen erhoben, und zwar wegen der gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2004 (13 K 3636/13 F), womit sie eine Feststellung von 52.935 EUR begehrt, wegen der gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2004 (13 K 3634/13 F), womit sie eine Feststellung von 14.823 EUR begehrt, und – als Rechtsnachfolgerin der Y.-oHG – wegen der gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2004 (13 K 3639/13 F), womit sie eine Feststellung von 53.410 EUR begehrt. Die Verfahren sind mit Beschluss des Senats vom 29.10.2015 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden.
48Die Klägerin begründet ihre Klage damit, die streitigen Verlustvorträge seien durch die Verschmelzungen nicht untergegangen.
49Es sei nämlich nahezu einhellige Meinung in der Literatur, dass das Fortsetzungserfordernis des verlustverursachenden „Betriebs oder Betriebsteils“ gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG dahingehend auszulegen sei, dass bei Übergang und Fortsetzung eines verlustverursachenden Betriebs der gesamte Verlustvortrag übergehe, selbst wenn der verlustverursachende Betriebsteil bereits eingestellt worden sein sollte (Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, UmwStG, § 12 UmwStG nF Tz. 74; Schießl in Widmann/Mayer, UmwStG, § 12 Tz. 629, Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 12 Tz. 98; a.A. nur Wisniewski in Haritz/Benkert, UmwStG, § 12 Tz. 6). Auch das BMF-Schreiben vom 16.4.1999 (BStBl I 1999, 455) stelle zunächst lediglich auf den (Gesamt-) Betrieb ab. Nur wenn für diesen das Fortsetzungserfordernis nicht erfüllt werde, dürfe hilfsweise auf Betriebsteile abgestellt werden, um einen teilweisen Übergang der Verlustvorträge zu ermöglichen. Im Streitfall sei aber unzweifelhaft das Fortsetzungserfordernis für den gesamten Betrieb erfüllt. Dieser sei fünf Jahre fortgeführt worden. Der Beklagte bzw. die GKBP dürfe daher weder darauf abstellen, ob der ursprüngliche verlustverursachende Betriebsteil vor dem Übertragungsstichtag eingestellt oder ob der Betrieb erheblich reduziert worden sei, noch müsse eine Verlustquellengliederung vorgenommen werden. Selbst wenn man zunächst der Auffassung von Wisniewski in Haritz/Benkert, UmwStG, § 12 Tz. 6, folgen wolle, welche eine Verlustquellengliederung als erforderlich erscheinen lasse, führe dies nicht zu anderen Ergebnissen. Auch nach der von Wisniewski vertretenen Rechtsauffassung müsse im Ergebnis der Verlustvortrag vollständig übergehen, da eine Verlustquellengliederung mit unüberwindbaren Hindernissen verbunden und in der praktischen Umsetzung unmöglich wäre. Daher könne sich der Beklagte im Rahmen seiner Schätzung der Verlustquellen die Gliederung auch nicht auf eine verweigerte Mitwirkung der Klägerin berufen, sondern das erforderliche Zahlenmaterial sei schlichtweg nicht vorhanden.
50Nichts anderes ergebe sich aus dem BFH-Urteil vom 14.3.2012 I R 13/11 (BFHE 236, 516). Hiernach müsse der verlustverursachende Betriebsteil am Stichtag der Verschmelzung beim übertragenden Rechtsträger tatsächlich vorhanden sein. Die Formulierung „Betrieb oder Betriebsteil“ gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG sei nicht aus Sicht der übertragenden Gesellschaft, sondern aus Sicht der übernehmenden Gesellschaft zu verstehen. Es müsse nur ein verlustverursachender Betrieb übertragen werden, der über mindestens fünf Jahre fortzusetzen sei, ohne dass auf Betriebsteile abzustellen sei. Dies werde auch im Schrifttum (Dötsch a.a.O.) bestätigt. Es sei auch zu berücksichtigen, dass es sich bei dem BFH-Urteil vom 14.3.2012 I R 13/11 um einen – insoweit mit dem Streitfall nicht vergleichbaren – Fall der Aufspaltung gehandelt habe. Zudem ergebe sich auch aus dem BFH-Urteil vom 25.8.2009 I R 95/08 (BFHE 226, 246, BStBl II 2010, 940), dass eine historische Analyse der Vorjahre bezüglich eines kritischen Abschmelzens nicht erforderlich sei, da für die Frage der Abschmelzung lediglich auf einen zukunftsgerichteten Fünfjahreszeitraum ab der Verschmelzung abzustellen sei, wobei als Vergleichsmerkmal der Betrieb im Zeitpunkt der Verschmelzung anzusehen sei.
51In diesem zukunftsgerichteten Fünfjahreszeitraum würden sich die Vergleichsparameter der Bilanzsumme, des Umsatzes und der Mitarbeiter wie folgt darstellen:
522005 |
2006 |
2007 |
2008 |
2009 |
|
Bilanzsumme |
50.762 |
48.955 |
53.109 |
55.367 |
80.361 |
in % |
100 |
96 |
105 |
109 |
158 |
Umsatz |
32.019 |
34.353 |
35.355 |
34.932 |
37.604 |
in % |
100 |
107 |
110 |
109 |
117 |
Arbeitnehmer |
226 |
207 |
203 |
194 |
261 |
in % |
100 |
92 |
90 |
86 |
115 |
Um eine Vergleichbarkeit über den gesamten Fünfjahreszeitraum herzustellen, sei sie – die Klägerin – bei der Berechnung wie folgt vorgegangen: Für das Jahr 2005 seien die Werte der Klägerin und der Y.-oHG addiert und der Beteiligungsbuchwert eliminiert worden. Ab dem Jahr 2006 sei die Klägerin Rechtsnachfolgerin der Y.-oHG, die Buchführung dieser Betriebe sei zusammengeführt worden. Ab dem Jahr 2006 seien zudem aber bestimmte Beteiligungsbuchwerte gekürzt worden von Gesellschaften, welche erst im Jahr 2006 in die Klägerin eingebracht worden seien. Ebenso seien Forderungen gegen diese Gesellschaften eliminiert worden. Um auch weiterhin eine Vergleichbarkeit sicherzustellen, seien ab dem Jahr 2009 Umsätze aus der neu aufgenommenen …-technik herausgerechnet worden. Schließlich sei die Zahl der Mitarbeiter als die Zahl der Vollzeitstellen zu verstehen („Full Time Equivalent“). Soweit in der obigen Tabelle geringfügig rückläufige Werte enthalten seien, sei dies mit Effizienzgewinnen und dem Rückgang der Marktpreise zu erklären. Das Kerngeschäft sei hingegen in vergleichbarer Form fortgeführt worden, insbesondere sei der Ausstoß produzierter … nicht signifikant zurückgegangen.
54Für den Fall jedoch, dass es rechtlich auf eine historische Verlustquellengliederung der Vorjahre vor der Verschmelzung ankommen sollte, sei es im Streitfall sowohl hinsichtlich des Sachverhalts als auch der Zahlen nicht möglich, eine solche Gliederung zu erstellen. Sie – die Klägerin – habe eine einheitliche Gewinn- und Verlustrechnung erstellt für sämtliche Vorjahre. Es existierten keine vorlegbaren Berechnungen, in welcher Weise bestimmte Betriebsteile oder bestimmte – auch nicht abgrenzbare – Teile sich hinsichtlich eines Verlustes entwickelt haben könnten. Letztlich müsse dieser Aspekt aber nicht weiter verfolgt werden, weil – anders als es die GKBP im Prüfungsbericht (Tz. 6.10) und der Beklagte in seiner Einspruchsentscheidung dargestellt hätten – tatsächlich keine Betriebsteile eingestellt worden seien. Vielmehr seien die Umstrukturierungen in den Herstellungsprozessen in der Weise durchgeführt worden, dass zuvor mehrere Vorfertigungsprozesse selbstständig in der eigenen Gesellschaft durchgeführt worden seien; aufgrund verschiedener betriebswirtschaftlicher Gründe habe sich dies nicht weiter fortführen lassen. Daher hätten die Zwischenprodukte nun eingekauft werden müssen. In dieser Veränderung, nämlich dem Einkauf von Vorfertigungsprodukten anstatt der eigenen Herstellung, habe die wesentliche Umstrukturierung im Fertigungsprozess gelegen. Weiterhin seien Standortverlegungen hinzugekommen. So sei etwa die Fertigung der Y.-GmbH von F. nach C. verlagert worden. Lediglich der Bereich Produkt I. sei eingestellt und die entsprechenden Produkte fortan eingekauft worden. All dies ändere aber nichts daran, dass die Endprodukte dieselben seien; selbst die Stückzahlen hätten sich nicht wesentlich geändert. Der Umsatzrückgang sei nur auf eine geänderte Preisstruktur zurückzuführen. Es lägen hingegen keine abgrenzbaren Betriebsteile vor, die eingestellt worden seien. In diesem wesentlichen Aspekt sei der vorliegende Sachverhalt auch zu unterscheiden von dem Sachverhalt des BFH-Urteils vom 14.03.2012 I R 13/11 (BFHE 236, 516).
55Der einzige der in Tz. 6.10 des Prüfungsberichts der GKBP genannten Bereiche, welcher von der Klägerin schon lange nicht mehr betrieben werde, sei derjenige der Produkt II.. Dieser Bereich (ehemaliges „Werk II“) sei bereits zum 1.8.1994 in eine GmbH & Co. KG ausgegliedert worden, deren Anteile sodann mit Wirkung zum 1.1.1995 für 32.000 DM veräußert worden seien. Dies sei also lange vor der Übernahme der Anteile an der Klägerin durch die X.-GmbH im Jahr 1999 geschehen. Auf diesen ausgegliederten Bereich (ehemaliges „Werk II“) sei ein Gesamtverlust i.H.v. 4.605 EUR (9.007 DM) bis zum 31.7.1994 und weitere 368 EUR (720 DM) vom 1.8. bis 31.12.1994 entfallen; dieser Verlust sei aber durch den weit höheren Veräußerungsgewinn im Jahr 1995 kompensiert worden. Es sei ein Gewinn von 22.200 DM erwirtschaftet worden.
56Darüber hinaus sei es zu einer weiteren Ausgliederung gekommen, die hinsichtlich der Verlustvorträge genau abgrenzbar sei: Die sog. Produkt III.-technik („Werk IV“) sei zum 1.8.1994 in eine GmbH & Co. KG ausgegliedert worden. Deren Anteile seien im Jahr 1995 abgetreten worden. Auf diese KG sei ein Gesamtverlust von 624 EUR (1.220 DM) bis zum 31.7.1994 und weitere 366 EUR (717 DM) vom 1.8. bis 31.12.1994 entfallen. Der Käufer dieser KG-Anteile (H. J. Z.) habe als Gegenleistung Anteile an der Vw-GmbH an die übrigen Gesellschafter der Vw-GmbH übertragen. Die Beteiligung des H.-J. Z. am gezeichneten Kapital der Vw-GmbH (3,6 Mio. DM) sei im Jahr 1995 von 318 DM auf 216 DM gesunken. Von dem Käufer sei dann aber das entsprechende Produkt („…“) wieder an die Klägerin geliefert worden, so dass auch diese Übertragung im Ergebnis lediglich als Zukauf anstatt der Eigenproduktion zu sehen sei.
57Zudem sei ihr – der Klägerin – der geltend gemachte Verlustvortrag auch aufgrund der verbindlichen Auskunft vom 4.7.2002 nach den Grundsätzen von Treu und Glauben weiterhin zu gewähren. Die Klägerin habe bereits im damaligen Antrag explizit darauf hingewiesen, dass die Produktion und der Vertrieb nach der Umstrukturierung unverändert fortgeführt werden sollten. Lediglich einige Betriebsstandorte sollten verlagert werden. Außerdem sei im Antrag ausgeführt worden, bei der Y.-GmbH solle der Bereich „Produkt I.“ aufgegeben werden, der aber weniger als 1 % vom Gesamtumsatz umfasst habe. Die Klägerin habe im Antrag ausdrücklich die Rechtsfrage aufgeworfen, ob die Verluste übergehen könnten. Dies sei für sie wirtschaftlich von großer Wichtigkeit gewesen. Der Antrag auf verbindliche Auskunft sei dann positiv beschieden worden. Aus dem Auskunftstext ergebe sich eindeutig, dass der Bindungswille des Finanzamts nur hinsichtlich der Voraussetzung der Betriebsfortführung in den folgenden fünf Jahren eingeschränkt worden sei. Das Finanzamt E. habe außerdem mit Schreiben vom 23.6.2005 bestätigt, dass auch unter Berücksichtigung des geänderten Restrukturierungsplans die verbindliche Auskunft nach wie vor Bindungswirkung entfalte. Der Beklagte könne daher nun nicht argumentieren, die verbindliche Auskunft sei zu unbestimmt gewesen; vielmehr sei der gesamte Schriftverkehr, insbesondere die Anträge, bei der Auslegung zu berücksichtigen, weil sich der positive Bescheid auf die im Antrag explizit gestellten Fragen beziehe. Gegebenenfalls sei der Sachbearbeiter des Finanzamts E. hierzu als Zeuge zu vernehmen.
58Die Klägerin beantragt,
59den Bescheid vom 28.7.2008 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2004 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 2.10.2013 und der Einspruchsentscheidung vom 8.10.2013, den Bescheid vom 6.8.2008 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8.10.2013 sowie den Bescheid vom 8.7.2008 gegenüber der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Z-GmbH & Co. oHG über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2004 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 2.10.2013 und der Einspruchsentscheidung vom 8.10.2013 zu ändern und den verbleibenden Verlustabzug der Klägerin zur Körperschaftsteuer auf 52.935 EUR, den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf 14.823 EUR und den vortragsfähigen Gewerbeverlust der Z-GmbH & Co. oHG auf 53.410 EUR festzustellen.
60Der Beklagte beantragt,
61die Klage abzuweisen,
62hilfsweise,
63die Revision zuzulassen.
64Er verweist auf seine Einspruchsentscheidungen. Aus dem BFH-Urteil vom 14.3.2012 I R 13/11 (BFHE 236, 516) ergebe sich, dass der verlustverursachende Betriebsteil am Stichtag der Verschmelzung beim übertragenen Rechtsträger noch vorhanden sein müsse. Sei ein solcher Betriebsteil nicht mehr vorhanden, so könne der Betriebsteil und die hierauf beruhenden Verluste auch nicht fortgeführt werden.
65Als Betriebsteile im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG seien jedenfalls die Beteiligungen an der Y.-GmbH und der Y.-oHG anzusehen. Letztere sei wiederum in weitere Betriebsteile zu untergliedern, wie die Klägerin auch selbst erklärt habe. Der Betrieb der Y.-GmbH sei bereits eineinhalb Jahre vor der Verschmelzung eingestellt worden, was sich an ihren Umsätzen erkennen lasse. Ein bereits eingestellter Betrieb könne jedoch nicht fortgeführt werden, da nur eine am Stichtag aktive wirtschaftliche Betätigung fortgeführt werden könne. Die auf die Y.-GmbH entfallenden Verluste könnten daher jedenfalls nicht fortgeführt werden. Es könne auch nicht auf ein in einer anderen Gesellschaft der Gruppe gefertigtes Endprodukt abgestellt werden.
66Auch die Verluste der Y.-oHG könnten nicht vollständig fortgeführt werden. Die Klägerin habe selbst erklärt, dass der Bereich der Produkt II. sowie der Bereich der Produkt III.-technik in den Jahren 1994 und 1995 ausgegliedert und veräußert worden seien. Es handle sich um abgrenzbare Betriebsteile, welche nicht fortgeführt worden seien, auf die allein für das Jahr 1994 Verluste i.H.v. 6.810 EUR (Produkt II.) und 3.358 EUR (Produkt III.-technik) entfielen. Darüber hinaus sei aber mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ein Teil des Verlustes der Y.-oHG aus dem Jahr 1993 (insgesamt 4.711 DM) auf die beiden vorgenannten Betriebsteile entfallen. Der entsprechende Anteil könne wegen der fehlenden Mitwirkung der Klägerin nur geschätzt werden. Eine Zuordnung von je einem Drittel (= 1.570 DM) zu den Bereichen Produkt II., Produkt III.-technik und …-herstellung erscheine aus Sicht des Beklagten angemessen. Damit ergebe sich insgesamt ein nicht fortführungsfähiger Verlust von 7.595 EUR.
67Hinsichtlich des Produkt III. sei weiterhin zu berücksichtigen, dass dieser zum 1.1.1995 ausgegliederte Betrieb im Jahr 1997 durch eine Tochtergesellschaft der Y.-oHG, nämlich die MG-GmbH fortgeführt worden sei. Diese habe aber ihren laufenden Betrieb zum 31.10.2002 eingestellt. Die Umsätze hätten fortan 0 EUR betragen. Die Verluste der MG-GmbH seien handelsrechtlich freiwillig von der Y.-oHG übernommen worden, und zwar i.H.v. 1.616 EUR. Wegen der Einstellung dieses abgrenzbaren Betriebsteils könnten die Verluste ebenfalls nicht fortgeführt werden.
68Soweit Betriebsteile fortgeführt worden seien, sei es zwischen den Beteiligten unstreitig – allerdings erst aufgrund der im Klageverfahren vorgelegten Unterlagen –, dass von einer unverminderten Fortführung über fünf Jahre nach der Verschmelzung auszugehen sei.
69Im Übrigen sei hinsichtlich der Anwendung des § 12 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 19 Abs. 2 UmwStG keine verbindliche Auskunft erteilt worden. Es habe kein Antrag auf Auskunft über eine konkrete Rechtsfrage vorgelegen, weil die Frage der Anwendbarkeit des § 12 Abs. 3 UmwStG zum Zeitpunkt des Antrags nicht beantwortbar gewesen sei. Es habe sich lediglich um eine Sachverhaltsfrage gehandelt. Die Klägerin habe in ihrem Schreiben vom 17.3.2005 auch selbst erklärt, dass die Frage der tatsächlichen Weiterführung der Verlustbetriebe mit der verbindlichen Auskunft nicht beantwortet worden sei. Darüber hinaus sei im Rahmen des Antrags auch der geplante Sachverhalt nicht ausführlich und vollständig dargelegt worden, sondern erst im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellt worden. Schließlich habe sich die Finanzbehörde erkennbar nicht binden wollen. Das Finanzamt E. habe erklärt, die Anwendung des § 12 Abs. 3 UmwStG könne zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht eingeschätzt werden. Es habe vielmehr lediglich auf die im Gesetzestext und im BMF-Schreiben aufgeführten Kriterien verwiesen.
70In der mündlichen Verhandlung vom 25.11.2016 hat der Beklagte weiterhin erklärt, im Rahmen der gesonderten Feststellung der vortragsfähigen Gewerbeverluste stehe einer Fortführung der Verluste bei der Klägerin bzw. bei der Y.-oHG auch die fehlende Unternehmensidentität entgegen. Voraussetzung für einen Verlustabzug im Rahmen der Gewerbesteuer sei nämlich, dass die aufnehmende Körperschaft das übergehende Unternehmen fortführe (Schnitter in Frotscher/Drüen, GewStG, § 10a Rz. 66). Dies sei im Streitfall nicht der Fall.
71Der Senat hat am 25.11.2016 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
72Entscheidungsgründe:
73Die zulässige Klage ist begründet.
74Der Bescheid vom 28.7.2008 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2004 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 2.10.2013 und der Einspruchsentscheidung vom 8.10.2013, der Bescheid vom 6.8.2008 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8.10.2013 sowie der Bescheid vom 8.7.2008 gegenüber der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Z-GmbH & Co. oHG über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2004 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 2.10.2013 und der Einspruchsentscheidung vom 8.10.2013 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
75Der Beklagte hat die von der Klägerin erklärten, aus der Y.-oHG und der Y.-GmbH resultierenden Verluste zu Unrecht nicht anerkannt.
76I.
77Der verbleibende Verlustabzug der Klägerin zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2004 ist gem. § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 10d des Einkommensteuergesetzes – EStG – auf 52.935 EUR festzustellen.
78Nach § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 10d Abs. 4 Satz 1 EStG ist der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustvortrag gesondert festzustellen. Nach Satz 2 dieser Regelung sind verbleibender Verlustvortrag die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte, vermindert um die nach Absatz 1 abgezogenen und die nach Absatz 2 abziehbaren Beträge und vermehrt um den auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten verbleibenden Verlustvortrag.
79Der zum 31.12.2004 bei der Vw-GmbH gem. § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 10d Abs. 4 Satz 1 EStG gesondert festgestellte verbleibende Verlustabzug zur Körperschaftsteuer in Höhe von 52.937 EUR abzüglich des Gewinns der Klägerin aus Gewerbebetrieb 2004 in Höhe von 2 EUR ist auf die Klägerin gem. § 12 Abs. 3 UmwStG 2002 übergegangen.
801. Nach § 1 Abs. 2 und 5 UmwStG in der im Streitfall anzuwendenden Fassung der Bekanntmachung vom 15.10.2002 (BGBl I 2002, 4133) gelten bei einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft für die Verschmelzung i.S.d. § 2 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) – wie im Streitfall die Verschmelzung der Vw-GmbH und der Y.-GmbH auf die Klägerin mit Verträgen vom 17.8.2005 – u.a. der dritte und siebte Teil des UmwStG. Die körperschaftsteuerlichen Regelungen für eine Verschmelzung einer Körperschaft auf eine andere Körperschaft – wie im Streitfall – sind im dritten Teil (§§ 11 ff) des UmwStG 2002 enthalten.
81Gem. § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 2002 tritt die übernehmende Körperschaft in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft ein, insbesondere bezüglich der Bewertung der übernommenen Wirtschaftsgüter, der Absetzungen für Abnutzung und der den steuerlichen Gewinn mindernden Rücklagen. Gem. § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 2002 gilt das auch für einen verbleibenden Verlustvortrag i.S.d. § 10d EStG unter der Voraussetzung, dass der Betrieb oder Betriebsteil, der den Verlust verursacht hat, über den Verschmelzungsstichtag hinaus in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang in den folgenden fünf Jahren fortgeführt wird.
82Bei der Prüfung des Fortführungskriteriums des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 2002 ist als Vergleichsmaßstab eine erste Vergleichsgröße zu bestimmen („Vergleichsgröße 1“, dazu a), welche über fünf Jahre fortgeführt worden sein muss („Vergleichsgröße 2“, dazu b).
83a) Die Rechtsprechung hatte bereits mehrfach Gelegenheit, die für das Fortführungskriterium des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 2002 erforderliche Ausgangsgröße zu konkretisieren.
84aa) Als Ausgangsgröße oder „Vergleichsgröße 1“ für die notwendige Vergleichsbetrachtung sind nach der Rechtsprechung des BFH die Verhältnisse des Verlustbetriebs am Verschmelzungsstichtag heranzuziehen (BFH-Urteil vom 25.8.2009 I R 95/08, BFHE 226, 246, BStBl II 2010, 940).
85Nach dieser Rechtsprechung des BFH ist zur Bestimmung der Ausgangsgröße in zeitlicher Hinsicht also nicht auf die historischen Durchschnittswerte des den Verlust verursachenden Betriebs während der Verlustphase abzustellen (so aber BMF-Schreiben vom 16.4.1999,BStBl I 1999, 455, Tz. 38 i.V.m. Tz. 15). Der Übergang des Verlustabzugs ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Unternehmen zunächst durch betriebswirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen eine eingetretene Verlustsituation beseitigen will und erst nach dem Scheitern dieser Bemühungen auf ein anderes Unternehmen verschmolzen wird (BFH-Urteil vom 25.8.2009 I R 95/08, BFHE 226, 246, BStBl II 2010, 940, unter II.2.b, dd der Gründe). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Auch der Beklagte hatte in seinen Einspruchsentscheidungen vom 8.10.2013 das genannte BFH-Urteil bereits berücksichtigt.
86Der BFH hat in diesem Zusammenhang zwar offengelassen, ob eine andere Beurteilung geboten wäre, wenn das übertragende Unternehmen mit dem alleinigen Ziel der "Rettung" des Verlustabzugs abgeschmolzen wurde (BFH a.a.O.). Da der Senat eine derartige Konstellation im Streitfall aber nicht feststellen kann und sie auch von den Beteiligten nicht dargelegt worden ist, kann der Senat offenlassen, ob in einem solchen Fall eine andere Beurteilung geboten wäre.
87bb) In einem weiteren Urteil hat der BFH – unter Bezugnahme auf die herrschende Auffassung im Schrifttum – ausgeführt, dass ein Verlustabzug auch dann übergehen kann, wenn der verlustverursachende Betriebsteil vor dem Verschmelzungsstichtag aufgegeben worden ist, der Betrieb als solcher aber bestehen bleibt (BFH-Urteil vom 14.3.2012 I R 13/11, BFHE 236, 516, BFH/NV 2012, 1271, unter II.2.b, dd der Gründe, unter Bezugnahme auf Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 12 UmwStG Rz 98; Hofmeister in Wassermeyer/Mayer/Rieger [Hrsg.], Umwandlungen im Zivil- und Steuerrecht, Festschrift für Siegfried Widmann, 2000, S. 413, 418; Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 12 UmwStG (vor SEStEG), Rz. 74).
88Zwar musste der BFH im Urteil vom 14.3.2012 I R 13/11 nicht abschließend entscheiden, ob er sich der zitierten herrschenden Auffassung im Schrifttum anschließt. Jedoch schließt sich der erkennende Senat dieser Auffassung an (ebenso FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9.9.2014 10 V 10043/14, EFG 2014, 2185). Diese Auffassung basiert nämlich auf der im Wortlaut des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 2002 gründenden Annahme, dass der durch einen "Betriebsteil" verursachte Verlust zugleich auch ein vom "Betrieb" verursachter Verlust ist (BFH-Urteil vom 14.3.2012 I R 13/11, BFHE 236, 516, BFH/NV 2012, 1271, unter II.2.b, dd der Gründe und unter Bezugnahme auf Hofmeister in Festschrift Widmann, a.a.O., S. 413, 417). Solange also ein Betrieb fortgeführt wird, kommt es auf die Bestimmung einzelner Betriebsteile nicht an, sondern diese können ohne Schaden für den Verlustabzug aufgegeben oder auch etwa ausgegliedert und veräußert werden (ebenso Schießl in Widmann/ Mayer, Umwandlungsrecht, § 12 UmwStG Rz 629). Das Bestehen und Übernehmen eines einzelnen Betriebsteils ist dann nicht bedeutsam, wenn der von § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 2002 vorausgesetzte „Betrieb“ fortgeführt wird (FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9.9.2014 10 V 10043/14, EFG 2014, 2185).
89Diese Sichtweise ist nach Auffassung des Senats unter Berücksichtigung des Gesetzeswortlauts zwingend. § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 2002 verknüpft nämlich die Begriffe „Betrieb“ und „Betriebsteil“ mit dem Wort „oder“. Das Gesetz stellt also eine Alternativität her. Wird der „Betrieb“ fortgeführt, kann es auf die Fortführung eines bestimmten „Betriebsteils“ nicht ankommen. Die Aufgabe (z.B. Ausgliederung oder Veräußerung) eines verlustverursachenden Betriebsteils vor dem Verschmelzungsstichtag muss dann unschädlich sein.
90Soweit an dieser von der herrschenden Meinung im Schrifttum vertretenen Auffassung kritisiert wird, dass der Begriff „Betrieb“ nicht als Regelfall und der „Betriebsteil“ nicht nur als ein dahinter zurücktretender Auffangtatbestand verstanden werden dürfe (so Wisniewski in Haritz/Benkert, UmwStG, 2. Aufl., § 12 Rz 77), sondern der Verlust einem Unternehmenssubstrat „Betrieb“ oder „Betriebsteil“ zugeordnet werden müsse mithilfe einer Kostenstellenrechnung bzw. Verlustquellengliederung (so Wisniewski in Haritz/Benkert, a.a.O. Rz 66, 85) und folglich jede Umstrukturierungsmaßnahme nach einem Verlustjahr im Hinblick auf eine spätere Verschmelzung prinzipiell schädlich sei (so Wisniewski in Haritz/Benkert, a.a.O. Rz 65), schließt sich der Senat dieser Rechtsauffassung nicht an. Vielmehr folgt nach Auffassung des Senats aus der gesetzlich angeordneten Alternativität der Begriffe „Betrieb oder Betriebsteil“ in § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 2002, dass die Fortführung nur eines dieser beiden Elemente genügt, um den Tatbestand des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 2002 zu erfüllen (ebenso Schießl in Widmann/ Mayer, Umwandlungsrecht, § 12 UmwStG Rz 629). Im Übrigen bemerkt auch Wisniewski (in Haritz/Benkert, a.a.O. Rz 86), dass die nach seiner Auffassung stets erforderliche Abgrenzung von Betriebsteilen zu praktischen Schwierigkeiten führt, welche die Frage der Verfassungswidrigkeit aufwerfen könnte. Auch aus diesem Grund erscheint die von Wisniewski (a.a.O.) vertretene Rechtsauffassung nicht vorzugswürdig.
91cc) Der BFH hat im Urteil vom 14.3.2012 I R 13/11 (BFHE 236, 516, BFH/NV 2012, 1271, unter II.2.b der Gründe) ausgeführt, dass ein Übergang eines verbleibenden Verlustabzugs voraussetze, dass der verlustverursachende Betriebsteil am Stichtag der Verschmelzung oder Spaltung beim übertragenden Rechtsträger tatsächlich vorhanden ist (ebenso z.B. Schmitt/ Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 12 UmwStG Rz 98; Dötsch in Dötsch/Patt/ Pung/Jost, Umwandlungssteuerrecht, § 12 Rz 81; Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 12 UmwStG (vor SEStEG), Rz. 81, 87; Schießl in Widmann/ Mayer, Umwandlungsrecht, § 12 UmwStG Rz 694; Wisniewski in Haritz/Benkert, UmwStG, 2. Aufl., § 12 Rz 65). Die übernehmende Körperschaft könne nämlich – so der BFH – nur fortführen, was im Zeitpunkt der Verschmelzung oder Spaltung bei ihr noch vorhanden ist (BFH-Urteil vom 14.3.2012 I R 13/11, BFHE 236, 516, BFH/NV 2012, 1271, unter II.2.b, aa der Gründe). Die interpersonale Übertragung eines Verlustvortrags sei danach an den Bestand des verlustverursachenden Betriebs oder Betriebsteils geknüpft; der Fortführungstatbestand des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 2002 enthalte insoweit ein retrospektives Element (BFH-Urteil vom 14.3.2012 I R 13/11, BFHE 236, 516, BFH/NV 2012, 1271, unter II.2.b, aa der Gründe; ebenso Wisniewski in Haritz/Benkert, UmwStG, § 12 Rz 65).
92Mit dieser Entscheidung hat sich der BFH nicht, wie er unter II.2.b, dd der Gründe seines Urteils vom 14.3.2012 I R 13/11 betont hat, in Widerspruch zu der soeben unter bb) beschriebenen Rechtsauffassung gesetzt. Das BFH-Urteil vom 14.3.2012 I R 13/11 ist nämlich zu einem Fall der Abspaltung durch Neugründung (§ 123 Abs. 2 Nr. 2 UmwG) ergangen. Die dortige Klägerin hatte im Wege der Abspaltung einen Geschäftsbereich übernommen, der den dort streitigen Verlust ursprünglich nicht verursacht hatte. Diejenigen Geschäftsbereiche, welche den streitigen Verlust verursacht hatten, waren bereits zuvor von der abspalteten Gesellschaft auf Dritte übertragen worden. Die Klägerin in dem vom BFH entschiedenen Fall hatte also durch das von ihr übernommene Vermögen zu keiner Zeit den Verlustbetrieb erworben (vgl. BFH-Urteil vom 14.3.2012 I R 13/11, BFHE 236, 516, BFH/NV 2012, 1271, unter II.2.b, bb der Gründe). Diese Fallkonstellation ist nicht vergleichbar mit der oben unter bb) beschriebenen Konstellation der Verschmelzung, in der nur ein verlustverursachender Betriebsteil vor dem Verschmelzungsstichtag aufgegeben worden ist, der Betrieb als solcher aber bestehen bleibt. In der hier einschlägigen Konstellation ist die Verlustquelle vielmehr an einen Betrieb geknüpft, der fortgesetzt wird, und dementsprechend am Stichtag der Verschmelzung beim übertragenden Rechtsträger tatsächlich vorhanden ist. In dem vom BFH im Urteil vom 14.3.2012 I R 13/11 entschiedenen Fall wurde der Verlustbetrieb hingegen von der dortigen Klägerin weder erworben noch fortgeführt.
93b) Zur Bestimmung der „Vergleichsgröße 2“ ist bei der gebotenen Vergleichsbetrachtung in der fünfjährigen Fortführungsphase das in § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 2002 genannte "Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse" u.a. anhand der Umsatzzahlen, Vermögenswerte, Auftragsvolumen und Anzahl der Arbeitnehmer zu bestimmen (BFH-Urteil vom 25.8.2009 I R 95/08, BFHE 226, 246, BStBl II 2010, 940, unter II.2.c der Gründe; BMF-Schreiben vom 16.4.1999,BStBl I 1999, 455, Tz. 38 i.V.m. Tz. 16).
94Hierbei ist aber stets auf die Verhältnisse des Einzelfalls abzustellen (BFH-Urteil vom 25.8.2009 I R 95/08, BFHE 226, 246, BStBl II 2010, 940).
952. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze folgt daraus für den Streitfall:
96a) Ein verbleibender Verlustabzug der Klägerin zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2004 in Höhe von 45.112 EUR, der seinen Ursprung im Betrieb der Y.-oHG hat, ist gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 2002 fortführungsfähig.
97Dieser Verlust der Y.-oHG wurde aufgrund der mitunternehmerischen Beteiligung der Vw-GmbH dieser als Gesellschafterin gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG zugerechnet. Nach der Verschmelzung der Vw-GmbH auf die Klägerin mit notariellem Vertrag vom 17.8.2005 kann diese den Verlust fortführen, und zwar aufgrund der umwandlungsrechtlichen Rückwirkung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG bereits mit Wirkung zum Stichtag 31.12.2004.
98aa) Als „Vergleichsgröße 1“ ist hierbei auf den Betrieb der Vw-GmbH am Verschmelzungsstichtag abzustellen.
99Zu diesem Betrieb gehört auch die mitunternehmerische Beteiligung an der Y.-oHG. Deren Aktivvermögen betrug nach ihrer Bilanz zum 31.12.2004 24.718 EUR, die Umsätze betrugen ausweislich der Gewinn- und Verlustrechnung 36.343 EUR, der Gewinn 771 EUR. Bei der Vw-GmbH waren in der Bilanz auf der Aktivseite im Wesentlichen Beteiligungen und Forderungen gegen verbundene Unternehmen ausgewiesen, die Umsatzerlöse betrugen 0 Euro.
100bb) Bei dieser Betrachtung kann entgegen der Auffassung der GKBP die Fortführung der Verluste aus der Y.-oHG nicht mit dem Argument versagt werden, als „Vergleichsgröße 1“ sei auf eine historische Betrachtung der Verlustentstehungsphase bis in das Jahr 1993 abzustellen. Die im Betriebsprüfungsbericht vom 7.1.2008 vertretene Rechtsauffassung, die Verluste aus der mitunternehmerischen Beteiligung an der Y.-oHG könnten nicht über den Verschmelzungsstichtag hinaus fortgeführt werden, weil der verlustverursachende Betrieb vor dem Übertragungsstichtag im Umfang erheblich reduziert worden sei, entspricht nicht der zitierten Rechtsprechung des BFH (BFH-Urteil vom 25.8.2009 I R 95/08, BFHE 226, 246, BStBl II 2010, 940). Hiernach sind lediglich die Verhältnisse des Verlustbetriebs am Verschmelzungsstichtag heranzuziehen.
101Darüber hinaus steht der Fortführung der Verluste auch nicht entgegen – wie im Schreiben der GKBP vom 6.6.2013 und in der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 8.10.2013 vertreten – dass bei der Y.-oHG nur einige bestimmte Betriebsteile fortgeführt worden sein sollen und der fortführungsfähige Verlust anhand der vom Beklagten dargestellten Verminderung der Umsätze, der Arbeitnehmer und des Aktivvermögens zu schätzen sei.
102Gegen eine solche Sichtweise spricht bereits, dass entgegen der Auffassung des Beklagten keine abgrenzbaren Betriebsteile erkennbar sind, welche nicht fortgeführt worden sind – mit Ausnahme der Bereiche der Produkt II. sowie der Produkt III.-technik. Als Betriebsteil im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 2002 wird nach überwiegender Auffassung, der sich der Senat anschließt, eine abgrenzbare wirtschaftliche Aktivität verstanden, der bestimmte personelle und sachliche Ressourcen zugeordnet werden können, z.B. eine Produktlinie oder bei einer Holdinggesellschaft die einzelne Beteiligung (BMF-Schreiben vom 16.4.1999, BStBl I 1999, 455, Tz. 37; Schießl in Widmann/ Mayer, Umwandlungsrecht, § 12 UmwStG Rz 606; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 12 UmwStG Rz 98; Hofmeister in Wassermeyer/Mayer/Rieger [Hrsg.], Umwandlungen im Zivil- und Steuerrecht, Festschrift für Siegfried Widmann, 2000, S. 413, 416; a.A.: Wisniewski in Haritz/Benkert, UmwStG, 2. Aufl., § 12 Rz 84, der diese Definition für zu unbestimmt hält). Nach der Darstellung der Klägerin, welche der Senat für glaubhaft hält und welche vom Beklagten auch nicht substantiiert bestritten worden ist, sind jedoch bei der Y.-oHG – mit Ausnahme der Bereiche Produkt II. sowie Produkt III.-technik – keine Betriebsteile eingestellt worden. Vielmehr ist der Fertigungsprozess der Armaturen im Wesentlichen dadurch umstrukturiert worden, dass bestimmte Vorfertigungsprodukte eingekauft anstatt selbst hergestellt und Standorte verlegt worden sind. Die Endprodukte (…) waren jedoch dieselben. Auch die Stückzahlen haben sich nicht wesentlich verändert. Der Umsatzrückgang war vielmehr auf eine geänderte Preisstruktur zurückzuführen.
103Soweit jedoch abgrenzbare Betriebsteile vorhanden waren, hier die Bereiche der Produkt II. sowie der Produkt III.-technik, steht auch dies einem vollständigen Übergang der Verlustvorträge nicht entgegen. Diese beiden Bereiche können wohl – was aber im Ergebnis dahinstehen kann – als Betriebsteile im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 2002 angesehen werden. Der Bereich der Produkt II. (ehemaliges „Werk II“) ist nämlich, so der Vortrag der Klägerin, bereits zum 1.8.1994 in eine GmbH & Co. KG ausgegliedert worden, deren Anteile sodann mit Wirkung zum 1.1.1995 veräußert worden sind. Auch der Bereich der Produkt III.-technik („Werk IV“) ist, so die Klägerin, zum 1.8.1994 in eine GmbH & Co. KG ausgegliedert worden. Deren Anteile sind dann im Jahr 1995 abgetreten worden. Allein der Vorgang der Ausgliederung mit späterer Veräußerung lässt darauf schließen, dass es sich bei beiden Bereichen jeweils um eine abgrenzbare wirtschaftliche Aktivität handelt, der bestimmte personelle und sachliche Ressourcen zugeordnet werden können, so dass Betriebsteile anzunehmen sind.
104Jedoch kann ein Verlustabzug nach der zitierten Rechtsprechung auch dann übergehen, wenn der verlustverursachende Betriebsteil vor dem Verschmelzungsstichtag aufgegeben worden ist – hier durch Ausgliederung und Veräußerung –, aber der Betrieb als solcher bestehen bleibt (FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9.9.2014 10 V 10043/14, EFG 2014, 2185). Der Betriebsteil tritt in diesem Fall hinter den Betrieb zurück; die Verlustquelle wird dem Betrieb zugeordnet. Da dieser Betrieb im Streitfall fortgeführt worden ist, sind die Ausgliederungen der beiden Betriebsteile zum 1.8.1994 und deren Veräußerung im Jahr 1995 für die Fortführung der Verlustvorträge gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 2002 unschädlich.
105cc) Unter Berücksichtigung der „Vergleichsgröße 2“ ergibt sich, dass der verschmolzene Betrieb der Vw-GmbH über den Verschmelzungsstichtag hinaus in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang in den folgenden fünf Jahren fortgeführt worden ist. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
106Denn nach der Darstellung der Klägerin sind ihre Werte der Bilanzsumme, des Umsatzes und der Arbeitnehmer in den Jahren 2005 bis 2009 angestiegen (Bilanzsumme auf 158 %, Umsatz auf 117 %, Arbeitnehmer auf 115 %). Hierbei sind zur Herstellung einer Vergleichbarkeit die Werte der Y.-oHG und der Klägerin auch im Jahr 2005 konsolidiert worden. Da die Werte der Klägerin zur Bilanzsumme, zum Umsatz und zur Arbeitnehmerzahl höher sind als diejenigen der Vw-GmbH und der Y.-oHG zum 31.12.2004, ist von einer Fortführung des Betriebs der Vw-GmbH und – nach der Anwachsung – auch des Betriebs der Y.-oHG innerhalb des Betriebs der Klägerin auszugehen.
107Für das Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 2002 ist es hierbei nicht schädlich, dass die Bilanzsumme der Klägerin im Jahr 2006 nur 96 % gegenüber dem Jahr 2005 und die Zahl der Arbeitnehmer im Jahr 2006 nur 92 %, im Jahr 2007 90 % und im Jahr 2008 86 % gegenüber dem Jahr 2005 betrug. Denn insgesamt ist eine steigende Tendenz erkennbar. Die geringen Abweichungen bewegen sich im Bereich nachvollziehbarer betriebswirtschaftlicher Gründe, welche die Fortführung des Betriebs im Gesamtbild nicht als fragwürdig erscheinen lassen.
108b) Der übrige verbleibende Verlustabzug der Klägerin zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2004 in Höhe von 7.822 EUR ist gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 2002 ebenfalls fortführungsfähig.
109Dieser Verlust hat seinen Ursprung im Betrieb der Y.-GmbH, die mit notariellem Vertrag vom 17.8.2005 auf die Klägerin verschmolzen worden ist.
110Die Verlustvorträge aus der Y.-GmbH sind aufgrund des Ergebnisabführungsvertrags nicht der Y.-GmbH, sondern der Vw-GmbH zuzuordnen. Damit kommt es nicht auf die Fortführung des Betriebs der Y.-GmbH, sondern nur der Vw-GmbH an. Deren Betrieb ist, wie unter a) dargelegt, fortgeführt worden.
111Wegen der Fortführung des Betriebs der Vw-GmbH ist es nicht schädlich, dass die Y.-GmbH im Vorfeld der Verschmelzung ihren Betrieb eingestellt hatte. Anders als die GKBP und der Beklagte meinen, kommt es deshalb auch nicht darauf an, aus welchem Geschäftsbetrieb diese Verluste entstanden sind, und zwar auch soweit sie vor dem Jahr 1993 entstanden sind.
112Für diese Sichtweise spricht, dass sämtliche körperschaftsteuerlichen Verluste auf der Ebene der Vw-GmbH festgestellt wurden, nicht auf der Ebene der Y.-GmbH. Denn es bestand ein Ergebnisabführungsvertrag mit der Vw-GmbH. Es sind folglich auf der Ebene der Y.-GmbH keine Verluste vorhanden, die entfallen sein könnten. Auf die Einstellung des Betriebs der Y.-GmbH kann es dann nicht ankommen.
1133. Die Regelung des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 2002, die auf Regelungsänderungen durch Art. 3 Nr. 4 Buchst. b des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (BGBl I 1997, 2590) – UntStRFoG – zurückgeht, verstößt schließlich nicht gegen formelles Verfassungsrecht. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
114Das Bundesverfassungsgericht hat durch Beschluss vom 15.1.2008 2 BvL 12/01 (BVerfGE 120, 56) zwar darauf erkannt, dass Art. 3 Nr. 4 Buchst. a UntStRFoG wegen Verstoßes gegen das Demokratieprinzip in Gestalt des Parlamentsvorbehalts (Art. 20 Abs. 3, Art. 76 Abs. 1 des Grundgesetzes) mit dem Grundgesetz unvereinbar sei; die Grenzen, die den Beschlussempfehlungen des Vermittlungsausschusses zwischen Bundestag und Bundesrat gesetzt seien, seien überschritten worden. Die Regelung bleibe aber trotz des festgestellten Verfassungsverstoßes gültig, weil es an der nötigen Evidenz des Verfahrensverstoßes fehle. An diese Entscheidung des BVerfG ist der erkennende Senat gebunden. Das betrifft § 12 Abs. 2 UmwStG 1995 i.d.F. des UntStRFoG, ist aber gleichermaßen für die insoweit parallele Regelungslage nach § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. einschlägig (vgl. BFH-Urteil vom 14.3.2012 I R 13/11, BFHE 236, 516, BFH/NV 2012, 1271 unter II.3 der Gründe).
115II.
116Der vortragsfähige Gewerbeverlust der Klägerin auf den 31.12.2004 ist gem. § 10a Satz 4 GewStG 2004 auf 14.823 EUR festzustellen.
117Der zum 31.12.2004 bei der Vw-GmbH als Organträgerin der Y.-GmbH gesondert festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust von 14.816 EUR ist in voller Höhe auf die Klägerin übergegangen. Diesem Betrag ist der von dem Beklagten im Bescheid vom 6.8.2008 festgestellte laufende Verlust der Klägerin i.H.v. 7 EUR hinzuzurechnen.
118Gem. § 10a Satz 1 GewStG 2004 wird der maßgebende Gewerbeertrag bis zu einem Betrag in Höhe von 1.000 EUR um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 GewStG ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. Die Höhe der vortragsfähigen Fehlbeträge ist gemäß § 10a Satz 4 GewStG 2004 gesondert festzustellen.
119Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist Voraussetzung für den Verlustabzug im Sinne des § 10a GewStG über den Gesetzeswortlaut hinaus sowohl die sog. Unternehmensidentität als auch die sog. Unternehmeridentität (z.B. BFH-Urteile vom 14.3.2006 I R 1/04, BFHE 213, 38, BStBl II 2006, 549; vom 6.9.2000 IV R 69/99, BFHE 193, 151, BStBl II 2001, 731).
1201. Die danach erforderliche Unternehmeridentität liegt im Streitfall vor.
121Unternehmeridentität bedeutet, dass der Steuerpflichtige, der den Gewerbeverlust in Anspruch nimmt, diesen zuvor in eigener Person erlitten haben muss (BFH-Urteil vom 14.3.2006 I R 1/04, BFHE 213, 38, BStBl II 2006, 549).
122Ist eine Kapitalgesellschaft – wie im Streitfall die Vw-GmbH – auf eine andere Kapitalgesellschaft, hier die Klägerin, verschmolzen worden, so gelten hinsichtlich der gewerbesteuerlichen Unternehmeridentität besondere gesetzliche Vorschriften. Gemäß § 19 Abs. 2 UmwStG 2002 gelten nämlich für die vortragsfähigen Fehlbeträge der übertragenden Körperschaft im Sinne des § 10a GewStG die § 12 Abs. 3 Satz 2 sowie Abs. 5 Satz 3, § 15 Abs. 4 und § 16 Satz 3 UmwStG 2002 entsprechend. Hiernach besteht die Unternehmeridentität unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG also auch im Nachgang einer Verschmelzung fort.
123Wie oben unter I.2.b dargelegt, sind die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 2002 im Streitfall erfüllt, so dass der streitige vortragsfähige Gewerbeverlust der Klägerin auf den 31.12.2004 in voller Höhe auf die Klägerin übergegangen und damit gemäß § 19 Abs. 2 UmwStG i.V.m. § 10a GewStG fortführungsfähig ist.
124Der streitige Verlust hat nämlich seinen Ursprung im Betrieb der Y.-GmbH, die mit notariellem Vertrag vom 17.8.2005 auf die Klägerin verschmolzen worden ist. Aufgrund des Ergebnisabführungsvertrags mit der Vw-GmbH war der vortragsfähige Gewerbeverlust aus dem Betrieb der Y.-GmbH bereits zuvor von der Vw-GmbH übernommen worden, so dass ihn die Klägerin nach der Verschmelzung mit der Vw-GmbH wie beschrieben übernommen hat.
1252. Der Übernahme des vortragsfähigen Gewerbeverlustes steht, anders als es der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 25.11.2016 vertreten hat, auch nicht eine fehlende Unternehmensidentität entgegen.
126Unternehmensidentität bedeutet, dass der Gewerbeverlust bei demselben Gewerbebetrieb entstanden sein muss, dessen Gewerbeertrag in dem maßgeblichen Erhebungszeitraum gekürzt werden soll (BFH-Urteile vom 14.3.2006 I R 1/04, BFHE 213, 38, BStBl II 2006, 549; vom 16.4.2002 VIII R 16/01, BFH/NV 2003, 81). Dabei ist unter Gewerbebetrieb die tatsächlich ausgeübte gewerbliche Betätigung (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 2 EStG) zu verstehen. Ob diese die gleiche geblieben ist, muss nach dem Gesamtbild der Tätigkeit unter Berücksichtigung ihrer wesentlichen Merkmale beurteilt werden (BFH-Urteil vom 14.3.2006 I R 1/04, BFHE 213, 38, BStBl II 2006, 549).
127a) Im Streitfall steht der Annahme, die Unternehmensidentität sei bis zum 31.12.2003 entfallen, die Bindungswirkung bestandskräftiger Verlustfeststellungsbescheide entgegen.
128Gemäß § 182 Abs. 1 Satz 1 AO sind Feststellungsbescheide u.a. für Steuermessbescheide bindend, soweit die in den Feststellungsbescheiden getroffenen Feststellungen für diese Folgebescheide von Bedeutung sind. Der Umfang der Bindungswirkung eines Feststellungsbescheids bestimmt sich grundsätzlich nach dessen Verfügungssatz und damit danach, in welchem Umfang und mit welchem Inhalt die Behörde Besteuerungsgrundlagen in den Tenor dieses Verwaltungsakts aufgenommen hat (BFH-Urteile vom 8.11.2005 VIII R 11/02, BFHE 211, 277, BStBl II 2006, 253; vom 16.6.2011 IV R 11/08, BFHE 234, 353, BStBl II 2011, 903). Dasselbe gilt für Feststellungsbescheide, die auf bestandskräftigen früheren Feststellungsbescheiden aufbauen.
129Wird daher in einem bestandskräftigen Verlustfeststellungsbescheid ein vortragsfähiger Gewerbeverlust festgestellt, so wird bis zu diesem Stichtag sowohl die Unternehmer- als auch die Unternehmensidentität bestandskräftig festgestellt. Hieraus ergibt sich eine Bindungswirkung für die Folgebescheide. Denn nach gefestigter Rechtsprechung erschöpft sich die Feststellung nicht bloß in der Höhe des verbleibenden Verlustvortrags, sondern auch die steuerliche Abzugsfähigkeit dieses Betrags wird nach Maßgabe der im Feststellungszeitpunkt geltenden Rechtslage für spätere Abzugsjahre verbindlich festgelegt (BFH-Urteile vom 1.10.2014 I R 95/04, BFHE 247, 246, BStBl II 2015, 612; vom 22.10.2003 I R 18/02, BFHE 204, 273, BStBl II 2004, 468, zu § 10a Satz 2 GewStG i.V.m. § 8 Abs. 4 KStG a.F.; FG Köln, Urteil vom 4.9.2014 13 K 2600/14, Betriebsberater – BB – 2014, 3030; Kleinheisterkamp in Lensky/Steinberg, GewStG, § 10a Rz. 386; Drüen in Blümich, EStG, § 10a GewStG Rz. 117; Schwarz/Pahlke, AO, Vorbemerkungen zu § 179 Rz. 60). Nichts anderes ergibt sich aus den vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung bezeichneten Fundstellen aus dem Schrifttum.
130Im Streitfall war bei der Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin der Vw-GmbH ein vortragsfähiger Gewerbeverlust von 13.848 EUR auf den 31.12.2003 mit Bescheid vom 22.12.2008 bestandskräftig festgestellt worden. Dieser entfaltet Bindungswirkung für die bis zum 31.12.2003 eingetretenen Sachverhalte.
131b) Im Zeitraum vom 31.12.2003 bis 31.12.2004, für den kein bestandskräftiger Verlustfeststellungsbescheid vorliegt, ist die Unternehmensidentität nicht entfallen.
132Weder den Akten noch dem Vortrag der Beteiligten sind Umstände zu entnehmen, die auf einen Entfall der Unternehmensidentität schließen lassen könnten. Die von der Vw-GmbH ausgeübte gewerbliche Betätigung hat sich in diesem Zeitraum nicht verändert.
133III.
134Der vortragsfähige Gewerbeverlust der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Z-GmbH & Co. oHG auf den 31.12.2004 ist gem. § 10a Satz 4 GewStG 2004 auf 53.410 EUR festzustellen.
135Der zum 31.12.2003 gesondert festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust von 54.510 EUR ist bei der Y.-oHG nicht untergegangen. Zum 31.12.2004 ist dieser vortragsfähige Gewerbeverlust bestehen geblieben und um den laufenden Gewinn aus Gewerbebetrieb 2004 i.H.v. 1.173 EUR zu vermindern.
136Bei der Y.-oHG liegt sowohl die erforderliche Unternehmeridentität als auch die Unternehmensidentität vor.
1371) Die erforderliche Unternehmeridentität liegt vor. Sie ist nicht aufgrund der Verschmelzung des Gesellschafters, der Vw-GmbH, auf die Klägerin entfallen.
138Unternehmeridentität bedeutet auch bei einer Personengesellschaft – wie im Streitfall der Y.-oHG –, dass der Steuerpflichtige, der den Verlustabzug in Anspruch nimmt, den Gewerbeverlust zuvor in eigener Person erlitten haben muss. Der Steuerpflichtige muss danach sowohl zur Zeit der Verlustentstehung als auch im Jahre der Entstehung des positiven Gewerbeertrags Unternehmensinhaber gewesen sein. Bei einer Personengesellschaft sind die Gesellschafter, soweit sie Mitunternehmerrisiko tragen und Mitunternehmerinitiative ausüben, die Unternehmer des Betriebs. Dies gilt auch für die gewerbesteuerrechtliche Sicht (BFH-Beschluss vom 3.5.1993 GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616; BFH-Urteil vom 17.1.2006 VIII R 96/04 in BFH/NV 2006, 885). Dementsprechend entfällt grundsätzlich beim Ausscheiden von Gesellschaftern aus einer Personengesellschaft der Verlustabzug gemäß § 10a GewStG, soweit der Fehlbetrag anteilig auf die ausgeschiedenen Gesellschafter entfällt (BFH-Beschluss vom 31.08.1999 VIII B 74/99, BStBl. II 1999, 794).
139Wird jedoch eine Kapitalgesellschaft (hier: Vw-GmbH), die Mitunternehmerin einer Personengesellschaft ist (hier: Y.-oHG), auf eine andere Kapitalgesellschaft verschmolzen (hier: Klägerin), geht der auf die Überträgerin entfallende gewerbesteuerliche Verlustvortrag in analoger Anwendung des § 19 Abs. 2 UmwStG 2002 auf die Übernehmerin über, sofern die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 2002 erfüllt sind (vgl. FG Münster, Urteil vom 17.5.2006 7 K 5976/02 F, EFG 2006, 1536; Abschnitt 68 Abs. 3 Nr. 6 der Gewerbesteuerrichtlinien – GewStR – 1998).
140Der streitige vortragsfähige Gewerbeverlust der Y.-oHG auf den 31.12.2004 in Höhe von 53.410 EUR ist daher analog § 19 Abs. 2 i.V.m. § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 2002 fortführungsfähig. Die Unternehmeridentität bleibt bestehen, weil bei ihrer Gesellschafterin die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG – wie oben unter I.2.a dargestellt – erfüllt sind.
1412) Auch die erforderliche Unternehmensidentität ist gewahrt. Hierzu gilt das oben unter II.2. Ausgeführte entsprechend.
142Denn bei der Y.-oHG ist der vortragsfähige Gewerbeverlust zum 31.12.2003 in Höhe von 54.510 EUR bestandskräftig festgestellt worden. Dies umfasst wie beschrieben auch die Feststellung der Unternehmensidentität bis zum 31.12.2003. Nach dem 31.12.2003 ergeben sich bei der Y.-oHG keine Anhaltspunkte für einen Entfall der Unternehmensidentität. Auch der Beklagte hat hierzu nichts vorgetragen.
143IV.
144Die Schreiben des Finanzamts E. vom 4.7.2002 und vom 23.6.2005 entfalten – unabhängig von dem unter I. bis III. Ausgeführten – keine rechtliche Wirkung. Hierbei handelt es sich nämlich nicht um eine verbindliche Auskunft.
145Bereits vor Einführung des § 89 Abs. 2 AO mit Wirkung ab dem 12.9.2006 konnten die Finanzämter nach Maßgabe der BFH-Rechtsprechung (BFH-Urteile vom 4.8.1961 VI 269/60 S, BStBl III 1961, 562, vom 19.3.1981 IV R 49/77, BStBl II 1981, 538, und vom 16.3.1983 IV R 36/79, BStBl II 1983, 459) außerhalb der Regelungen der §§ 204 ff. AO und des § 42 e EStG verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse bestand (BMF-Schreiben vom 24.6.1987, BStBl I 1987, 474). Der Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft war hiernach schriftlich beim Finanzamt zu stellen, das bei Verwirklichung des Sachverhalts voraussichtlich zuständig sein würde. Er musste u.a. die Darlegung des besonderen steuerlichen Interesses enthalten, eine umfassende und in sich abgeschlossene Darstellung eines ernsthaft geplanten Sachverhalts (keine unvollständige, alternativ gestaltete oder auf Annahme beruhende Darstellung, Verweisung auf Anlagen nur als Beleg), weiterhin eine ausführliche Darlegung des Rechtsproblems mit eingehender Begründung des eigenen Rechtsstandpunktes sowie die Formulierung konkreter Rechtsfragen (wobei globale Fragen nach den eintretenden Rechtsfolgen nicht ausreichten) (BMF-Schreiben vom 24.6.1987, BStBl I 1987, 474). Die Rechtsfolge einer verbindlichen Auskunft ist, dass die Finanzbehörde nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gehindert ist, einen nach dem Gesetz entstandenen Steueranspruch geltend zu machen oder Besteuerungsgrundlagen in der dem Gesetz entsprechenden Höhe festzustellen, wenn sie einem Steuerpflichtigen zugesagt hat, einen Sachverhalt bei der Besteuerung (bzw. bei der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen) in einem bestimmten Sinne zu beurteilen (BFH-Urteile vom 19.3.1981 IV R 49/77, BStBl II 1981, 538, und vom 16.3.1983 IV R 36/79, BStBl II 1983, 459).
146Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.
147Es kann dahinstehen, ob die Schreiben der Klägerin vom 16.5.2002 und vom 17.3.2005 die Voraussetzungen des BMF-Schreibens vom 24.6.1987 (BStBl I 1987, 474) erfüllten und einen hinreichend präzise formulierten Antrag enthielten. Jedenfalls enthielten die Antwortschreiben des Finanzamts E. vom 4.7.2002 und vom 23.6.2005 keine verbindliche Auskunft. Das Finanzamt E. hat in den genannten Schreiben nämlich im Wesentlichen nur den Inhalt von gesetzlichen Vorschriften (§ 10d EStG, § 10a GewStG, § 12 Abs. 3, § 19 Abs. 2 UmwStG 2002) und von Verwaltungsanweisungen (BMF-Schreiben vom 16.4.1999) wiedergegeben. Daraus ergibt sich keine Auskunft des Finanzamts E., dass die Verlustvorträge fortgeführt werden können. Vielmehr hat das Finanzamt ausdrücklich erklärt, dass die Bedingungen einer Betriebsfortführung zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht eingeschätzt werden könnten. Darüber hinaus hat es betont, dass es noch nicht erkennen könne, ob eine Unternehmensidentität gewahrt werde.
148V.
149Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
150Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. § 709 der Zivilprozessordnung.
151Die Entscheidung über die Zulassung der Revision ergibt sich aus § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
152Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung liegen nicht vor. Eine zu klärende Rechtsfrage hat regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung, wenn sie – wie im Fall des § 12 Abs. 3 UmwStG 2002 – ausgelaufenes Recht betrifft. In einem solchen Fall müssen besondere Gründe vorliegen, die ausnahmsweise eine Abweichung von dieser Regel rechtfertigen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 13.12.2012 X B 211/11, BFH/NV 2013, 546 m.w.N.). Eine Rechtsfrage, die ausgelaufenes Recht betrifft, hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie sich entweder mit Blick auf eine Nachfolgeregelung oder in einer nicht ganz unerheblichen Zahl noch anhängiger Verfahren stellt (so BFH-Beschlüsse vom 13.12.2012 X B 211/11, BFH/NV 2013, 546; vom 26.10.2011 IV B 96/10, BFH/NV 2012, 285). Dies ist hier nicht der Fall, da das UmwStG in der Fassung des Gesetzes vom 7.12.2006 (BGBl. I 2006, 2782, „SEStEG“) eine dem § 12 Abs. 3 UmwStG 2002 entsprechende Regelung nicht enthält. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Rechtsfrage eine nicht ganz unerhebliche Zahl noch anhängiger Verfahren betreffen würde.