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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
2Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin in Gänze mit ihren Leistungen gemäß § 3 Nr. 13 des Gewerbesteuergesetzes 2002 (GewStG 2002) von der Gewerbesteuer befreit ist.
3Die Klägerin, eine GmbH, ist ein Institut, das im Bereich der Psychotherapeutenausbildung tätig ist. Sie bietet entsprechend der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Psychologische Psychotherapeuten (PsychTh-APrV) eine Kombination aus Theorie- und Praxisstunden an. Die Bezirksregierung N erkannte die Klägerin zu diesem Zweck als Ausbildungsstätte i.S. des § 6 des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (PsychThG) an. Die Ausbildung umfasst 4.200 Stunden und besteht aus
4- einer praktischen Tätigkeit,
5- einer theoretischen Ausbildung,
6- einer praktischen Ausbildung mit Krankenbehandlung unter Supervision und
7- einer Selbsterfahrung, die die Ausbildungsteilnehmer zur Reflexion eigenen therapeutischen Handelns befähigt.
8Die Klägerin gewährleistet die Ausbildung in allen vier Ausbildungsbereichen. Die monatlichen Kosten für die Ausbildung betrugen 330 €. Darin sind 600 Theorie- und 120 Selbsterfahrungsstunden enthalten. Von den Gebühren abgedeckt sind zudem sämtliche Unterrichtsmaterialien, das einwöchige Prüfungstraining und die Kosten für die mündliche Abschlussprüfung.
9Zur Gewährleistung der ambulanten psychotherapeutischen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Abs. 3 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch --Gesetzliche Krankenversicherung-- (SGB V) genannten Personen erteilte der Zulassungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen für den Regierungsbezirk N am 17.3.2000 der Klägerin als Ausbildungsstätte i.S. des § 6 PsychThG eine Institutsermächtigung gemäß § 117 Abs. 2 SGB V. Die Ermächtigung erstreckt sich auf Behandlungsverfahren, die vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nach § 92 Abs. 6a SGB V anerkannt sind, sofern die Krankenhausbehandlung unter der Verantwortung von Personen stattfindet, die die fachliche Qualifikation für die psychotherapeutische Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erfüllen. Der Zulassungsausschuss beschränkte die Institutsermächtigung auf 16 Ausbildungsplätze pro Jahr in Vollzeit für das Vertiefungsgebiet „Verhaltenstherapie“.
10Zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung einerseits und der … (zwecks Neutralisierung wurden die aufgeführten Krankenkassen entfernt), sowie der Klägerin wurde am 2.3.2004 ein Vertrag über die Durchführung der vom Zulassungsausschuss erteilten Ermächtigung geschlossen. Die Vergütung der in der Ambulanz der Klägerin bzw. in ausgelagerten Stellen gemäß § 6 Abs. 3 PsychThG erbrachten Leistungen richtete sich ab dem 1.1.2003 nach der zwischen der Ambulanz und den Verbänden der Krankenkassen in Westfalen-Lippe gemäß § 120 Abs. 3 Satz 4 SGB V abgeschlossenen Vereinbarung (§ 9 Abs. 2 des Vertrages). Die Durchführung der Abrechnung mit den Krankenkassen erfolgte über die Kassenärztliche Vereinigung (§ 9 Abs. 3 des Vertrages). Hinsichtlich der Einzelheiten des Vertrages wird auf dessen Ausdruck in der Gerichtsakte Bezug genommen.
11Zur Vorlage beim Finanzamt (FA) bescheinigte die Bezirksregierung N der Klägerin mit Verfügung vom 7.2.2006, dass diese gemäß § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb des Umsatzsteuergesetzes 2005 (UStG 2005) mit der Bildungsmaßnahme „Weiterbildung in Verhaltenstherapie“ ordnungsgemäß auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereite. Bei unveränderter Fortführung der genannten Leistung gelte diese widerrufliche Bescheinigung für die Zeit ab 1.1.2006.
12In den Streitjahren 2009 bis 2011 unterhielt die Klägerin an zwei Standorten in N Räumlichkeiten, in denen sowohl Schulungsräume als auch psychotherapeutische Ambulanzen vorgehalten wurden. In der Ambulanz werden Patienten behandelt, die gesetzlich krankenversichert sind. Die Ausbildungsteilnehmer werden bei der von ihnen durchgeführten Therapiemaßnahme und in schwierigen Behandlungssituationen von dem Ambulanzleiter und Supervisoren unterstützt. Vier psychologische Psychotherapeuten führen die Fachaufsicht durch.
13Die Teilnehmer erhalten von der Institutsambulanz oder der Lehrpraxis, in der sie tätig werden, für die von ihnen abzuleistenden Behandlungsstunden ein Honorar in Höhe von 20 €. Dieses stellen sie der Ambulanz oder der Lehrpraxis unter Hinweis auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG 2005 in Rechnung.
14In den Streitjahren erwirtschaftete die Klägerin durch die Behandlungen folgende Erlöse:
152009 … €
162010 … €
172011 … €.
18Die Klägerin beließ zunächst sowohl die Anmeldegebühren als auch die Umsätze aus den Behandlungsleistungen unter Hinweis auf § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG 2005 umsatzsteuerfrei. Zugleich ging sie von einer Gewerbesteuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 13 GewStG 2002 aus.
19Dieser Beurteilung folgte der Beklagte (das FA) zunächst und setzte für die Streitjahre 2009 bis 2011 keine Gewerbesteuermessbeträge fest.
20Im Rahmen einer Außenprüfung für die Streitjahre stellte sich jedoch das FA für Groß- und Konzernbetriebsprüfung N (GKBP) auf den Standpunkt, die Umsätze der Klägerin fielen nicht zur Gänze unter § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG 2005. Mit den Behandlungsleistungen würden nicht unmittelbar Schul- und Bildungszwecke verfolgt. Vielmehr handele es sich um Tätigkeiten, die unter § 4 Nr. 14 UStG 2005 zu subsumieren seien. Dies reiche für eine Gewerbesteuerbefreiung nicht aus. Zur Ermittlung des unstreitig steuerbefreiten Teils des Gewerbeertrags und des Teils des Gewerbeertrags, hinsichtlich dessen die Steuerbefreiung streitig ist, erfolgte eine Aufteilung des körperschaftsteuerlichen Einkommens im Verhältnis der Umsatzerlöse. Diese Aufteilung ist --wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage nochmals ausdrücklich klargestellt hat-- zwischen den Beteiligten unstreitig.
21Das FA schloss sich der Auffassung der GKBP an und erließ unter Zugrundelegung der genannten Erlöse Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 2009 bis 2011, gegen die die Klägerin erfolglos Einspruch einlegte.
22Mit der daraufhin erhobenen Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, die Behandlungsleistungen im Rahmen der praktischen Ausbildung fielen unter § 4 Nr. 21 UStG 2005. Dieser Charakter gehe nicht dadurch verloren, dass aufgrund der Institutsermächtigung gegenüber den Leistungsträgern abgerechnet werden könne. Die praktische Ausbildung sei vielmehr Teil der vertieften Ausbildung. Nach der Gesetzesbegründung (Hinweis auf BRDrucks. 881/98, 31 f.) bereite die praktische Ausbildung maßgebend auf die spätere Berufstätigkeit vor. Es sei zwar nicht zulässig, den Ausbildungsteilnehmer ausdrücklich mit der Patientenbehandlung zu beauftragen. Jedoch könne sich die Ausbildungsstätte zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen ermächtigen lassen.
23Erst die Gewährleistung aller in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung vorgeschriebenen Ausbildungsinhalte rechtfertige die von der Bezirksregierung zur Vorlage beim FA ausgestellten Bescheinigungen. Die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 UStG 2005 seien damit ebenso erfüllt wie die des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006 L 347/1) --Mehrwertsteuersystemrichtlinie--. Eine Aufspaltung zwischen theoretischen und praktischen Ausbildungsinhalten und dort zwischen vergüteten und nicht vergüteten Ausbildungsinhalten sei nicht gerechtfertigt.
24Dem FA könne nicht darin gefolgt werden, dass die gegenüber den Krankenkassen abgerechneten Leistungen getrennt von dem Ausbildungsverhältnis zu betrachten seien. Vielmehr seien die Leistungen wesentlicher Bestandteil des Ausbildungsverhältnisses. Die Höhe der Vergütung bemesse sich einzig anhand der Belange der Ausbildung. Die Tätigkeit der Auszubildenden laufe auch entscheidend anders ab als die der approbierten Ärzte. Dies schlage sich insbesondere darin nieder, dass die Behandlungen der Auszubildenden auf Video aufgenommen würden. Darüber hinaus seien die Behandlungen noch nicht in einem vergleichbaren Maße professionell aufgebaut wie bei einem approbierten Psychotherapeuten.
25Wenn die Vergütung auch nicht höher sei, als wenn die Behandlungen durch approbierte Mediziner durchgeführt würden, habe der Gesetzgeber durch die Kostentragung seitens der Leistungsträger doch deren Beteiligung an der Ausbildung zukünftiger Psychotherapeuten angestrebt.
26Hinzuweisen sei auch darauf, dass die Leistungen der Auszubildenden mangels Approbation keine Heilbehandlung i.S. des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG 2005 darstellen könne. Erst das Zusammenwirken mit dem Supervisor führe zu einer gemäß § 117 Abs. 2 SGB V abrechenbaren Heilbehandlung.
27§ 3 Nr. 13 GewStG 2002 bezwecke schließlich wie § 4 Nr. 21 UStG 2005 eine Gleichstellung der öffentlichen Ausbildungsstellen mit privaten Anbietern. Soweit öffentliche Ausbilder steuerbefreit seien, solle dies auch für private Ausbilder gelten. Öffentliche Schulen unterlägen aber regelmäßig wegen § 2 Abs. 3 UStG 2005 nicht der Umsatzsteuer.
28Die Klägerin beantragt,
29die Bescheide für 2009 bis 2011 über den Gewerbesteuermessbetrag, jeweils vom 3.3.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6.6.2014, aufzuheben.
30Das FA beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Das FA ist der Auffassung, entscheidend für die gewerbesteuerliche Behandlung sei im vorliegenden Fall, dass zwei Leistungsverhältnisse zu unterscheiden seien. Das Verhältnis zwischen der Klägerin und den angehenden Therapeuten stelle ein Ausbildungsverhältnis dar. Hiervon zu trennen sei jedoch das Leistungsverhältnis zwischen der Klägerin und den von ihr behandelten Patienten. Dieses Rechtsverhältnis sei auf die Behandlung der Patienten gerichtet. Nicht von Bedeutung sei, ob die Leistung durch einen Ausbildungsteilnehmer unter Aufsicht eines Supervisors oder durch einen staatlich geprüften psychologischen Psychotherapeuten erfolge. Die den Patienten gegenüber erbrachten Leistungen seien nach § 4 Nr. 14 UStG 2005 umsatzsteuerfrei.
33Zu keinem anderen Ergebnis führe die Bescheinigung der Bezirksregierung. Diese bescheinige nicht, dass die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung auch tatsächlich vorlägen. Vielmehr müsse dies anhand der konkreten Leistungsbeziehungen geprüft werden. Insoweit verbleibe es dabei, dass zwei Leistungsverhältnisse zu unterscheiden seien.
34Das FA trägt vor, seiner Auffassung stehe Art. 132 Abs. 1 Buchst. i der Mehrwertsteuersystemrichtlinie nicht entgegen. Eine Befreiung von der Gewerbesteuer komme auch bei Vorliegen seiner Voraussetzungen nicht in Betracht, da § 3 Nr. 13 GewStG 2002 allein an § 4 Nr. 21 UStG 2005 anknüpfe. Darüber hinaus lägen auch die Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i der Mehrwertsteuersystemrichtlinie nicht vor.
35Vergleichbar seien die Tätigkeiten der Auszubildenden im vorliegenden Fall mit den Tätigkeiten von Referendaren in Anwaltskanzleien. Wenngleich auch hier die Referendarstätigkeit ein Teil der Ausbildung sei, führe dies nicht dazu, dass die Leistungen an die Mandanten des Rechtsanwalts nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG 2005 umsatzsteuerfrei seien.
36Ebenso sei der vorliegende Fall vergleichbar mit dem Sachverhalt, der dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26.10.1989 V R 25/84 zugrunde gelegen habe. Dort sei es um eine Friseurschule gegangen. Der BFH habe hier ausdrücklich klargestellt, dass ein selbständiger wirtschaftlicher Erfolg gegenüber den Kunden bezweckt gewesen sei.
37In dem Verfahren hat die Klägerin eine „Gutachterliche Stellungnahme zur Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 13 GewStG in Bezug auf Leistungen einer staatlich anerkannten Ausbildungsstätte für Psychotherapie“ des Prof. Dr. O vorgelegt. Diese gelangt zu dem Ergebnis, dass nicht nur die Schul- und Bildungsleistungen, sondern auch die damit eng verbundenen Leistungen umsatzsteuerbefreit seien. Hiervon ausgehend seien auch die Erlöse aus den Behandlungen von der Umsatzsteuerbefreiung des § 4 Nr. 21 UStG 2005 erfasst. Die mit der praktischen Tätigkeit verbundenen heilbehandelnde Tätigkeit stelle eine bloße Nebenleistung zur Ausbildungsleistung dar. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Gutachtens Bezug genommen.
38Darüber hinaus ist der Sach- und Streitstand am 2.4.2015 mit den Beteiligten erörtert worden. Hinsichtlich des Inhalts des Erörterungstermins wird auf das Protokoll vom 2.4.2015 verwiesen.
39Wegen der Einzelheiten der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31.8.2015 Bezug genommen.
40Entscheidungsgründe
41Die Klage ist unbegründet. Denn die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Entgegen der Auffassung der Klägerin liegen die Voraussetzungen für eine Gewerbesteuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 13 GewStG 2002 in Bezug auf die von ihr erzielten Behandlungserlöse nicht vor.
42I. Von der Gewerbesteuer befreit sind nach der vorgenannten Norm private Schulen und andere allgemein bildende oder berufsbildende Einrichtungen, soweit ihre Leistungen gemäß § 4 Nr. 21 UStG 2005 von der Umsatzsteuer befreit sind. Von der Umsatzsteuer sind hiernach --unter weiteren, hier nicht interessierenden Voraussetzungen-- allein die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemein bildender oder berufsbildender Einrichtungen oder die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer befreit.
43II. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
441. Dass die Klägerin eine berufsbildende Einrichtung darstellt, ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig und bedarf daher keiner weiteren Vertiefung.
452. Die Leistungen der Klägerin sind indes nicht nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG 2005 steuerbefreit, soweit sie durch ihre Auszubildenden Heilbehandlungen an Patienten erbringt.
46a) Umsatzsteuerbefreit sind --unter weiteren hier nicht interessierenden Voraussetzungen-- allein die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen. Das Tatbestandsmerkmal „unmittelbar“ bezieht sich nicht auf den Inhalt der Leistungen (z.B. auf einen bestimmten Lehrstoff), sondern beschreibt die Art und Weise, in der die Leistungen bei der Erfüllung des Schul- und Bildungszwecks der Einrichtung eingesetzt werden müssen (BFH-Urteil vom 23.8.2007 V R 10/05, BFHE 217, 332; BFH-Beschluss vom 29.10.1997 V B 86/97, BFH/NV 1998, 626; Kulmsee in Reiß/Kraeusel/Langer, § 4 Nr. 21 UStG Rz. 56). Diese müssen auf den Erfolg des Schul- und Bildungszwecks gerichtet sein. Sie dienen dem Schul- und Bildungszweck unmittelbar, wenn sie den Schul- und Bildungszweck nicht nur ermöglichen, sondern diesen gerade durch die jeweils in Frage stehende Leistung selbst bewirken (BFH-Urteile vom 3.5.1989 V R 83/84, BFHE 157, 458, BStBl. II 1989, 815, und vom 21.3.2007 V R 28/04, BFHE 217, 59, BStBl. II 2010, 999; Tehler in Rau/Dürrwächter, § 4 Nr. 21 Rz. 241). Die begünstigten Bildungseinrichtungen erbringen daher nur insoweit steuerbefreite Leistungen, als die Leistungen ihrer Art nach die allgemeine Schulbildung oder die Berufsaus- oder Berufsfortbildung fördern, ergänzen oder erleichtern, ohne dass eine weitere Leistung dazwischengeschaltet ist (BFH-Urteil vom 10.6.1999 V R 84/98, BFHE 188, 462, BStBl. II 1999, 578; Kulmsee, a.a.O.).
47b) Zuzustimmen ist der Klägerin zwar darin, dass sie ihren Auszubildenden gegenüber grundsätzlich steuerbefreite Ausbildungsleistungen erbringt. Dabei erbringt die Klägerin gegenüber ihren Auszubildenden auch insoweit eine Leistung, als sie diesen die Möglichkeit eröffnet, durch Behandlungsmaßnahmen die für die Berufsausbildung notwendige Praxiserfahrung zu sammeln. D.h. sie eröffnet ihren Auszubildenden für Ausbildungszwecke den „Zugang“ zu den Patienten. Gleichwohl existiert daneben eine gesonderte weitere Leistungsbeziehung zwischen der Klägerin und Dritten. Denn Begünstigte der zu erbringenden Heilbehandlung sind allein die Patienten, mit denen eine eigenständige, von dem Ausbildungsverhältnis mit den Auszubildenden zu trennende Rechtsbeziehung besteht. Dies wird im Übrigen auch anhand der Abrechnung deutlich. Nur für die den Patienten gegenüber erbrachten Behandlungen kann die Klägerin mit den Krankenkassen abrechnen; ohne Behandlungen erhielte sie von den Krankenkassen keine Zahlungen.
48Der Senat vermag nicht der Auffassung zu folgen, es handele sich jedenfalls um einen einheitlich mit der Ausbildung zu betrachtenden Vorgang. § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG 2005 verlangt ausdrücklich die unmittelbare Dienlichkeit für den Schul- und Bildungszweck, die nach allgemeinen umsatzsteuerlichen Grundsätzen durch die jeweilige Leistungsbeziehung bestimmt wird (zu § 4 Nr. 21 UStG vgl. BFH-Urteile vom 26.10.1989 V R 25/84, BFHE 158, 488, BStBl. II 1990, 98, und vom 15.7.1993 V R 52/89, BFH/NV 1994, 203; zu § 4 Nr. 18 Satz 1 Buchst. b UStG 1973 s. BFH-Urteil vom 18.10.1990 V R 35/85, BFHE 162, 502, BStBl. II 1991, 157). Hierdurch verbietet es sich, zwei unverbunden nebeneinander stehende selbständige Leistungsbeziehungen als Einheit zu begreifen.
49c) Der Senat hat auch nicht feststellen können, dass die Vergütung für die Behandlungsleistungen teilweise eine Beteiligung der Krankenkassen an den (anderenfalls durch die Auszubildenden zu zahlenden) Ausbildungskosten und damit eine Entgeltzahlung durch Dritte i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG 2005 beinhaltet, die als Zahlung auf eine von der Umsatzsteuer befreite Leistung anzusehen wäre.
50aa) Maßgebend hierfür ist, dass der Dritte für die Leistung des Unternehmers an den Leistungsempfänger zahlt und der Unternehmer die Zahlung hierfür erhält, so dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Drittzahlung besteht. Ob die Zahlung des Dritten zugleich Teil eines anderen Geschäftsvorganges ist, ist unerheblich. Bei der Zahlung des Dritten darf es sich jedoch nicht um ein Entgelt für eine an ihn erbrachte Leistung handeln (BFH-Urteile vom 22.7.2010 V R 14/09, BFHE 231, 273, BStBl. II 2012, 428, und vom 16.10.2013 XI R 39/12, BFHE 243, 77, BStBl. II 2014, 1024; Urteil des Finanzgerichts --FG-- Rheinland-Pfalz vom 7.8.2014 6 K 1387/11, EFG 2014, 2090). Soweit ein eigenständiger Leistungsgrund für die Zahlung vorliegt, scheidet eine Drittzahlung i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG 2005 aus.
51bb) Letzteres ist hier der Fall. Die Krankenkassen zahlen allein aufgrund der durchgeführten Behandlungen, nicht aber wegen der Ausbildungsmaßnahmen. Ohne Behandlungen erhielte die Klägerin --dies wurde in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt-- keinerlei Vergütung.
52Der Senat hat auch nicht feststellen können, dass sich die Krankenkassen mittels der von ihnen gezahlten Vergütungen an den Ausbildungskosten der Teilnehmer beteiligen wollten. Insbesondere bestehen weder Anhaltspunkte dafür, dass die Krankenkassen die Auszubildenden für ihre Behandlungen anteilig von gegenüber der Klägerin geschuldeten Teilnahmegebühren freigestellt hätten, noch dafür, dass die Krankenkassen die Ausbildungsleistungen der Klägerin vergüten wollten. Nach den Erläuterungen der Klägerin ist es vielmehr so, dass die Klägerin die von den Auszubildenden zu tragenden Kosten von vornherein deshalb anders kalkulieren kann, weil die Behandlungskosten mit den Krankenkassen abgerechnet werden können, obwohl es sich hierbei nicht um Leistungen handelt, die von approbierten Medizinern durchgeführt werden. Hiermit ist aber lediglich die allgemeine betriebswirtschaftliche Kalkulation der Klägerin angesprochen. Dies bedeutet demgegenüber nicht, dass die Krankenkassen für die Ausbildung zahlen wollten. Sie zahlten vielmehr allein aufgrund der durchgeführten Behandlungsmaßnahmen.
53Eine andere Beurteilung ist nicht deshalb geboten, weil --wie die Klägerin geltend macht-- die Vergütung für die von der Klägerin mittels der Auszubildenden erbrachten Behandlungen sich --anders als bei approbierten Psychotherapeuten-- nicht als Teilhabeanspruch an der Gesamtvergütung gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung darstellt, sondern vielmehr insoweit gemäß § 120 Abs. 2, 3 SGB V ein von der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung losgelöster unmittelbarer Vergütungsanspruch gegenüber den Krankenkassen besteht (vgl. dazu Sozialgericht Hamburg, Urteil vom 30.4.2003 S 3 KA 438/02, Medizinrecht --MedR-- 2003, 706; Köhler-Hohmann in Egelmann/Schlegel, jurisPK-SGB V, § 120 SGB V Rz. 41 f.). Diese Sonderregelung mag zwar im Interesse der Ausbildung die Vergütungsfähigkeit von Leistungen nicht approbierter Psychotherapeuten unter der Aufsicht/Verantwortung der entsprechenden Ausbilder regeln, und zwar unabhängig von der Sicherstellung der Versorgung. Dies ändert jedoch nichts an dem Umstand, dass die Vergütungen der Krankenkassen an die Klägerin nicht für die Ausbildung gezahlt werden. Vielmehr können die Leistungserbringer (wie hier die Klägerin) von den Krankenkassen eine Vergütung nur für diejenigen Leistungen verlangen, die die Versicherten von den Krankenkassen beanspruchen können (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24.4.2002 L 4 KR 133/99, Niedersächsischer Rechtspfleger --NdsRpfl-- 2002, 350; Köhler-Hohmann in Egelmann/Schlegel, jurisPK-SGB V, § 120 SGB V Rz. 54 ff.). Die Erklärung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, wonach sie zur Zeit für die Behandlungen den gleichen Betrag erhalte, wie er für die Behandlung durch ausgebildete Therapeuten bezahlt werde, bestätigt die vorgenannten Annahmen.
543. Den Senat vermag auch nicht die Ansicht der Klägerin zu überzeugen, die Voraussetzungen des § 3 Nr. 13 GewStG 2002 seien erfüllt, weil Art. 132 Abs. 1 Buchst. i der Mehrwertsteuersystemrichtlinie u.a. die Aus- und Fortbildung sowie die berufliche Umschulung sowie eng damit verbundene Dienstleistungen von der Umsatzsteuer befreie. § 3 Nr. 13 GewStG 2002 knüpft ausdrücklich nur an § 4 Nr. 21 UStG 2005 an, so dass es für die unmittelbare Anwendung der Gewerbesteuerbefreiung nicht ausreichend ist, wenn die Voraussetzung der unionsrechtlichen Richtlinie, die § 4 Nr. 21 UStG 2005 zugrunde liegt, erfüllt sind.
554. Auch eine Gewerbesteuerbefreiung in analoger Anwendung des § 3 Nr. 13 GewStG 2002 scheidet im vorliegenden Fall aus.
56a) Eine Analogie setzt zunächst einmal eine planwidrige Regelungslücke voraus. Eine solche besteht nur, wo das Gesetz, gemessen an seinem eigenen Ziel und Zweck, unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist und eine Ergänzung nicht einer dem Gesetz gewollten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht (BFH-Urteil vom 13.5.2013 I R 39/11, BFHE 241, 1, m.w.N.). Darüber hinaus bedarf es einer vergleichbaren Interessenlage des zu regelnden Falls mit der analog anzuwendenden Norm (vgl. BFH-Urteile vom 9.5.2006 VII R 15/05, BFHE 212, 428, BStBl. II 2006, 738, und vom 11.2.2015 X R 36/11, BFHE 249, 159, BStBl. II 2015, 545).
57b) Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall bezogen auf § 3 Nr. 13 GewStG 2002 nicht vor.
58aa) Zu überlegen wäre eine analoge Anwendung des § 3 Nr. 13 GewStG 2002 ggf. in dem Fall, dass die Umsatzsteuerbefreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i der Mehrwertsteuersystemrichtlinie eine weiter reichende Befreiung gebietet als sie durch den deutschen Gesetzgeber mit § 4 Nr. 21 UStG 2005 umgesetzt worden ist. Die dann gebotene unmittelbare Anwendung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i der Mehrwertsteuersystemrichtlinie für Zwecke der Umsatzsteuer (eine unmittelbare Anwendung für einen bestimmten Fall in Betracht ziehend etwa Urteil des Niedersächsischen FG vom 23.5.2007 5 K 365/02, EFG 2007, 1818 --aufgehoben durch BFH-Urteil vom 12.2.2009 V R 47/07, BFHE 225, 178, BStBl. II 2009, 677--) könnte dann ggf. ebenfalls eine entsprechende Anwendung des § 3 Nr. 13 GewStG 2002 rechtfertigen, wenn es keine gewerbesteuerlich spezifischen Gründe gäbe, die eine Beschränkung auf den Tatbestand des § 4 Nr. 21 UStG 2005 gebieten würden.
59Im vorliegenden Fall führt dieser Ansatz schon deshalb nicht weiter, weil auch Art. 132 Abs.1 Buchst. i der Mehrwertsteuersystemrichtlinie keine Befreiung der Heilbehandlungen als eng mit der Aus- und Fortbildung verbundene Leistung gebietet. Dienstleistungen können nur dann eng verbunden mit der Aus- und Fortbildung sein, wenn sie tatsächlich als Nebenleistungen zum Unterricht, der die Hauptleistung ist, erbracht werden. Eine Leistung kann aber nur dann als Nebenleistung zu einer Hauptleistung angesehen werden, wenn sie keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung unter den bestmöglichen Bedingungen zu erhalten (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 14.6.2007 C-434/05, Horizon College, Slg. 2007, I-4793 Rz. 28 f.). Demgegenüber verfolgen die Heilbehandlungen einen eigenständigen Zweck neben der Ausbildung, nämlich die Heilung und Linderung der Patienten von ihren Krankheiten.
60bb) Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 3 Nr. 13 GewStG 2002 liegen auch nicht etwa deshalb vor, weil der Wortlaut des Befreiungstatbestandes durch die Bezugnahme auf § 4 Nr. 21 UStG 2005 sinnwidrig zu eng formuliert worden wäre und unter den Umständen des vorliegenden Falls eine Einbeziehung auch von Heilbehandlungen in den Befreiungstatbestand gebieten würde. Zweck des § 3 Nr. 13 GewStG 2002 ist die Behebung der beeinträchtigten Leistungsfähigkeit der privaten Bildungsträger durch die Gewerbesteuerbelastung (BFH-Urteil vom 14.4.1993 I R 33/92, BFHE 171, 309, BStBl. II 1993, 764). Privatschulen und sonstige Bildungseinrichtungen waren bereits vor der Einfügung des § 3 Nr. 13 GewStG 2002 gewerbesteuerbefreit, soweit sie den Status der Gemeinnützigkeit hatten oder eine freiberufliche Tätigkeit ausübten. Da eine --wenn auch nur geringe-- Anzahl privater Bildungsträger diese Anforderungen nicht erfüllten, sollte durch § 3 Nr. 13 GewStG 2002 in Anlehnung an das Umsatzsteuerrecht eine umfassende Gewerbesteuerbefreiung eingeführt werden, um die Wettbewerbsgleichheit der Bildungsträger zu gewährleisten (BTDrucks. VI/1844). Dieser Zweck kann durch eine zusätzliche Einbeziehung der Heilbehandlungen in die Gewerbesteuerfreiheit nicht gefördert werden. Aus der Gesetzesbegründung wird deutlich, dass lediglich ein Gleichklang mit der Umsatzsteuerbefreiung und damit lediglich eine vollständige Gewerbesteuerbefreiung von unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen angestrebt werden sollte. Dieser Zweck würde konterkariert, wenn nun im Wege der analogen Anwendung des § 3 Nr. 13 GewStG 2002 sogar eine weitergehende Steuerbefreiung als nach § 4 Nr. 21 UStG 2005 erreicht werden könnte.
61cc) Schließlich ist eine analoge Anwendung auch nicht deshalb geboten, weil es anderenfalls zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung mit Krankenhäusern (gewerbesteuerbefreit nach § 3 Nr. 20 GewStG 2002) bzw. freiberuflich tätigen Psychotherapeuten kommen würde. Dies wirft im erstgenannten Fall allenfalls die Fragestellung auf, ob der Tatbestand des § 3 Nr. 20 GewStG 2002 ggf. erweiternd auszulegen ist, weil es um Heilbehandlungen geht. Dass die Klägerin, die in der Rechtsform einer GmbH betrieben wird, demgegenüber mit einer freiberuflichen psychotherapeutischen Ambulanz ungleich behandelt wird, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zu beanstanden (BVerfG-Beschluss vom 15.1.2008 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1).
62III. Die zuvor angerissene Frage, ob eine Gewerbesteuerbefreiung in analoger Anwendung des § 3 Nr. 20 GewStG 2002 in Betracht kommt, um eine Gleichstellung mit Krankenhäusern herzustellen, ist ebenfalls zu verneinen. Denn die Befreiung der Krankenhäuser von der Gewerbesteuer zielt allein darauf ab, die bestehenden Versorgungsstrukturen bei der Behandlung kranker und pflegebedürftiger Personen zu verbessern und die Sozialversicherungsträger von Aufwendungen zu entlasten. Sie steht in Einklang mit den entsprechenden gesetzlichen Intentionen sowohl des Krankenhausfinanzierungsgesetzes als auch der gesetzlichen Krankenversicherung und soll diese absichern (BFH-Urteil vom 22.10.2003 I R 65/02, BFHE 204, 278, BStBl. II 2004, 300). Aus diesem Gesetzeszweck und der im Übrigen eng begrenzten Gesetzesfassung des § 3 Nr. 20 GewStG 2002, die sich nur auf bestimmte Einrichtungen bezieht, kann geschlossen werden, dass eine weiter reichende Befreiung ärztlicher Tätigkeiten vom Gesetzgeber nicht gewollt war.
63IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.