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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
2Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob in bestandskräftige Bescheide nachträglich ein Nachprüfungsvorbehalt aufzunehmen ist bzw. ob bestandskräftig gewordene Bescheide über die gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos geändert werden können.
3Durch Gesellschafterbeschluss vom 19. November 2007 wurde das Stammkapital der Klägerin zunächst auf 52.000 € erhöht, wobei die Erhöhung durch Aufstockung des Geschäftsanteils (zum Nennwert) der alleinigen Gesellschafterin und Geschäftsführerin N (N) erfolgte. Zugleich wurde das Stammkapital der Gesellschaft durch Ausgabe neuer Geschäftsanteile um 52.000 € auf 104.000 € aufgestockt. Die neuen Stammeinlagen waren in Geld zu erbringen, wurden zum Nennbetrag mit einem Aufgeld von 248.000 € ausgegeben und von F (F) übernommen. Das Agio in Höhe von 248.000 € zahlte F im Januar 2008 ein.
4Mit Gesellschafterbeschluss vom 27. Dezember 2007 beschlossen N und F, das von N der Klägerin gewährte Darlehen in Höhe von 900.000 € in eine Kapitalrücklage einzustellen. Soweit Entnahmen aus dieser Rücklage beschlossen würden, sollten diese ausschließlich N zustehen.
5Im Jahresabschluss auf den 31. Dezember 2007 bildete die Klägerin (erstmals) eine Kapitalrücklage in Höhe von 1.148.000 €, die sich aus dem Aufgeld in Höhe von 248.000 € („Anteile über Nennbetrag“) und den aus dem Gesellschafterdarlehn gegenüber N stammenden „anderen Zuzahlungen in das Eigenkapital“ in Höhe von 900.000 € zusammensetzte. Der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag zum 31. Dezember 2007 betrug danach noch 530.177,89 € (zum 31.12.2006: 1.823.220,97 €). Im Bilanzbericht zum 31. Dezember 2007 ist hierzu ausgeführt, dass im Anlagevermögen der Klägerin erhebliche stille Reserven enthalten seien. Das Gesellschafterdarlehn sei als eigenkapitalersetzend anzusehen. Des Weiteren habe die Gesellschafterin für die Bankverbindlichkeiten Bürgschaften übernommen, so dass eine Insolvenzantragspflicht nicht gegeben sei.
6Am 15. Januar 2008 fassten N und F als Gesellschafter der Klägerin den Beschluss, im selben Jahr 60.000 € aus der Kapitalrücklage zu entnehmen und dem Darlehenskonto der N zuzuführen. In der Bilanz auf den 31. Dezember 2008 wurde die Kapitalrücklage entsprechend gemindert, und 60.000 € wurden dem Gesellschafterdarlehn gegenüber N hinzugerechnet.
7Schließlich minderte sich die Kapitalrücklage im Jahre 2009 um 407.000 €, die dem Gesellschafterdarlehen der N hinzugerechnet wurden. Gleichzeitig leistete F Einzahlungen in die Kapitalrücklage in Höhe von 352.000 €, so dass die Kapitalrücklage nunmehr insgesamt 1.033.000 € betrug.
8In ihrer Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos für die Jahre 2007 und 2008 wies die Klägerin 0 € aus; für das Jahr 2009 gab sie keinen Wert an, sondern ließ das Feld frei. In dem Vordruck KSt 1 A (Körperschaftsteuererklärung) trug die Klägerin in Zeile 33 (Einlagen der Gesellschafter, die nicht das Nennkapital erhöht haben) in den Streitjahren ebenfalls keine Werte ein.
9Der Beklagte setzte daraufhin die Körperschaftsteuer für die Streitjahre 2007 bis 2009 erklärungsgemäß mit jeweils 0 € fest, und stellte den verbleibenden Verlustabzug zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2007 bis 2009 erklärungsgemäß (31. Dezember 2007: 1.982.489 €; 31. Dezember 2008: 1.889.853 €; 31. Dezember 2009: 1.774.284 €) und das steuerliche Einlagekonto auf den 31. Dezember 2007 bis 2009 mit jeweils 0 € fest. Die Bescheide ergingen jeweils ohne einen Vorbehalt der Nachprüfung.
10Nach Eintritt der Bestandskraft beantragte die Klägerin, die vorgenannten Bescheide gemäß § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO) unter den Vorbehalt der Nachprüfung zu stellen. Der Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 4. August 2011 ab. Die Fälle seien abschließend geprüft. Im Übrigen besitze die Klägerin keinen Anspruch auf eine Vorbehaltsfestsetzung. Das Setzen eines Vorbehalts liege im Ermessen der Finanzbehörde.
11Nach erfolglos durchgeführtem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 2012) hat die Klägerin Klage auf Beifügung eines Vorbehalts der Nachprüfung erhoben. Im Klageverfahren begehrt die Klägerin zudem erstmals hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, die Feststellungsbescheide nach § 129 Satz 1 AO zu korrigieren und das steuerliche Einlagekonto jeweils in Höhe der in den Bilanzen ausgewiesenen Kapitalrücklage festzustellen. In der mündlichen Verhandlung vom 25. Februar 2014 hat der Beklagte erklärt, den Antrag der Klägerin auf Änderung der Bescheide über die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 (KStG 2002) zum 31. Dezember der Jahre 2007 bis 2009 abzulehnen. Darüber hinaus werde auch der Antrag auf Änderung der Körperschaftsteuerbescheide 2007 bis 2009 und der Feststellung des Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember der Jahre 2007 bis 2009 abgelehnt. Auch gegen diese zu Protokoll erklärten Bescheide hat die Klägerin noch in der mündlichen Verhandlung vom 25. Februar 2014 Klage erhoben. Der Beklagte hat zugleich die Zustimmung zur Sprungklage erteilt. Übereinstimmend haben die Beteiligten des Weiteren erklärt, die Frage einer Korrektur der Bescheide solle im Wege einer Klageänderung/Klageerweiterung i.S. des § 67 der Finanzgerichtsordnung (FGO) berücksichtigt werden.
12Die Klägerin trägt vor, die Aufnahme eines Vorbehalts der Nachprüfung sei für sie neutral. Sie werde begehrt, um die Änderung des steuerlichen Einlagekontos beantragen zu können. Ob und inwieweit diese Änderung mittelbar steuerliche Auswirkungen auf die Einkommensteuerbescheide ihrer Anteilseigner habe, müsse bei ihr unberücksichtigt bleiben.
13Ferner ist die Klägerin der Auffassung, der Ermessensspielraum für die Aufnahme eines Vorbehalts der Nachprüfung sei im vorliegenden Fall auf Null reduziert. Trotz Gesellschafterwechsels und deutlich erkennbarer Abweichungen der Steuer- und Feststellungserklärungen von den Jahresabschlussberichten habe die Veranlagungsstelle im Rahmen der Veranlagung keinerlei Unterlagen angefordert.
14Die Bescheide seien aufgrund eines Übernahmefehlers i.S. des § 129 AO zu korrigieren. Aus den Erläuterungen in dem Bilanzbericht zum 31. Dezember 2007 ergebe sich eindeutig die Umwandlung des Gesellschafterdarlehens in Höhe von 900.000 € in die Kapitalrücklage. Dieser Bilanzbericht habe dem Beklagten bei der Veranlagung auch vorgelegen. Für den Beklagten sei deshalb offenkundig gewesen, dass in Höhe eines Betrags von 900.000 € und eines Betrags von 248.000 € eine Einlage erfolgt sei. Offenkundig sei damit auch, dass die Angabe zu dem Einlagekonto in der Feststellungserklärung (0 €) unrichtig sei.
15Der Fehler in den Feststellungserklärungen beruhe auf einem Fehler im DATEV-Programm. Hiernach seien die Einlagen, die nicht das Nennkapital, wohl aber den Bilanzgewinn erhöht hätten, in Zeile 33 des Vordrucks KSt 1 A zu erfassen. Diese würden vom Programm grundsätzlich automatisch in Zeile 15 KSt 1 F 27/28 oder in Zeile 31 KSt 1 F übernommen. Dies sei aufgrund des Programmfehlers im vorliegenden Fall nicht geschehen.
16Hinsichtlich des Minderungsbetrages von 60.000 € sei demgegenüber eine gegenläufige Korrektur nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO möglich. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) stelle der Verzicht auf eine Forderung gegen Besserungsschein eine Einlage dar; bei Eintritt der Besserung komme es weder zu einer Ausschüttung noch zu einer verdeckten Gewinnausschüttung. Vielmehr stelle die Rückzahlung ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO dar, das zu einer Korrektur des Einlagebetrages führe.
17Schließlich sei das Verfahren gemäß § 74 FGO auszusetzen. Aufgrund der nach der Außenprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheide seien derzeit sowohl hinsichtlich des F als auch hinsichtlich der N Einspruchsverfahren offen, in denen fraglich sei, ob Einkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 2002 bzw. 2009 vorlägen. Die Entscheidung in diesen Verfahren habe unmittelbare Auswirkungen auf die Feststellung des Einlagekontos gemäß § 27 Abs. 2 KStG 2002. Gemäß § 32a Abs. 2 KStG 2002 seien Steuer- oder Feststellungsbescheide hinsichtlich der Berücksichtigung von verdeckten Einlagen aufzuheben, zu erlassen oder zu ändern, wenn ein Steuerbescheid eines Gesellschafters hinsichtlich der Berücksichtigung einer verdeckten Einlage erlassen, aufgehoben oder geändert werde. Das Ermessen sei in einem Fall wie dem vorliegenden auf Null reduziert.
18Die Klägerin beantragt,
191. das Verfahren bis zur Entscheidung über die Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide von Herrn F und Frau N auszusetzen,
2. unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 4. August 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 27. Januar 2012 den Beklagten zu verpflichten, in den Körperschaftsteuerbescheiden 2007 bis 2009, den Bescheiden über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs auf den 31. Dezember 2007 bis 2009 sowie den Bescheiden über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2 und § 28 Abs.1 KStG 2002 die Nebenbestimmung aufzunehmen, dass diese Bescheide gemäß § 164 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergehen,
3. unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 25. Februar 2014 über die Änderung der gesonderten Feststellung gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 KStG 2002 den Beklagten zu verpflichten, zum 31. Dezember 2007 ein Einlagekonto in Höhe von 1.148.000 € festzustellen, zum 31. Dezember 2008 ein Einlagekonto in Höhe von 1.088.000 € festzustellen und zum 31. Dezember 2009 ein Einlagekonto in Höhe von 1.033.000 € festzustellen,
4. hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
25die Klage abzuweisen.
26Er vertritt die Auffassung, dass die formelle Bestandskraft eines Steuerbescheides nicht dadurch durchbrochen werden dürfe, dass ein Nachprüfungsvorbehalt den Bescheiden nachträglich beigefügt werde, wenn damit die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Änderung des Bescheides unterlaufen würden. Durch die Aufnahme des Nachprüfungsvorbehalts versuche die Klägerin den Steuerfall offen zu halten, damit ihr uneingeschränkte Änderungsmöglichkeiten zu ihren Gunsten im Hinblick auf die von ihr in den Jahren 2007 bis 2009 nicht erklärten Zugänge zum steuerlichen Einlagekonto eröffnet würden.
27Eine schlichte Änderung zu Gunsten der Klägerin könne nur vor Ablauf der Einspruchsfrist beantragt werden. Dies sei vorliegend nicht geschehen; vielmehr sei die Einspruchsfrist im Zeitpunkt der Antragstellung bereits für alle Bescheide abgelaufen gewesen.
28Eine Änderung der Feststellungsbescheide nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO komme nicht in Betracht. Denn eine Besserungsabrede ergebe sich aus dem Gesellschafterbeschluss vom 27. Dezember 2007 nicht.
29Entscheidungsgründe
30I. Das Verfahren war nicht gemäß § 74 FGO auszusetzen. Wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, kann das Gericht nach der vorgenannten Norm anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen ist. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.
31Die Klägerin beruft sich zur Begründung ihres Antrags auf Aussetzung des vorliegenden Klageverfahrens lediglich auf offene Einspruchsverfahren hinsichtlich der Einkommensteuerfestsetzungen gegenüber den Gesellschaftern N und F. Streitig sei in diesen Einspruchsverfahren, ob Einkünfte i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2002/2009 vorlägen. Ausgehend von dem von der Klägerin bezeichneten Gegenstand der Einspruchsverfahren wird dort jedoch kein Rechtsverhältnis festgestellt, welches für das hier zu entscheidende Klageverfahren in Bezug auf die materiell-rechtliche Höhe des steuerlichen Einlagekontos oder hinsichtlich der verfahrensrechtlichen Änderbarkeit der bisherigen Feststellungen des steuerlichen Einlagekontos vorgreiflich sein könnte.
32Zwar mag die Beantwortung der in den Einspruchsverfahren zu klärenden Frage, ob N und F Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG 2002/2009 erzielt haben, auch davon abhängen, ob Ausschüttungen vorliegen, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto i.S. des § 27 KStG 2002 als verwendet gelten und die deshalb gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG 2002/2009 nicht zu den Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG 2002/2009 gehören. Insoweit hat jedoch das einkommensteuerliche Verfahren keine Auswirkungen auf die Höhe des gemäß § 27 KStG 2002 festzustellenden Einlagekontos. Vielmehr entfaltet umgekehrt der Feststellungsbescheid gemäß § 27 Abs. 2 KStG 2002 über § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG 2002/2009 materiell-rechtliche Bindungswirkung auch für die Anteilseigner (BFH-Urteil vom 19. Mai 2010 I R 51/09, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs --BFHE-- 230, 128).
33Dahingestellt bleiben kann im Streitfall des Weiteren, ob § 8 Abs. 3 Satz 4 KStG 2002 zu einer Vorgreiflichkeit des Einkommensteuerverfahrens für die Höhe des festzustellenden Einlagekontos führen könnte (Auswirkungen für das steuerliche Einlagekonto ablehnend z.B. Gosch, KStG, 2. Aufl., § 8 Rz. 124b; Schulte in Erle/Sauter, 3. Aufl., KStG, § 8 Rz. 385). Denn diese Norm betrifft nur verdeckte Einlagen, die das Einkommen des Gesellschafters gemindert haben. Einen derartigen Sachverhalt hat die Klägerin jedoch nicht vorgetragen und auch nach Aktenlage (Einlagen in Form eines Agios bzw. mittels Darlehensverzichts) ergeben sich dafür keine Anhaltspunkte.
34Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich eine Vorgreiflichkeit der Einkommensteuerverfahren des Weiteren nicht aus § 32a Abs. 2 KStG 2002. Nach dieser Norm kann ein Steuerbescheid gegenüber einer Körperschaft, die von ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil erhalten hat, geändert werden, falls gegenüber dem Gesellschafter ein Steuerbescheid hinsichtlich der Berücksichtigung einer verdeckten Einlage erlassen, aufgehoben oder geändert wird. Der Senat kann offen lassen, ob § 32a Abs. 2 KStG 2002 grundsätzlich auch eine Änderung der Feststellung des steuerlichen Einlagekontos ermöglichen könnte. Denn diese Norm betrifft nur im Streitfall nicht vorliegende „verdeckte Einlagen“. Darüber hinaus setzt sie eine Änderung eines Steuer- oder Feststellungsbescheids auf der Gesellschafterebene wegen der steuerlichen Beurteilung einer Einlage des Gesellschafters in die Kapitalgesellschaft voraus. Die Norm ist nicht anzuwenden, falls es nicht um eine Vermögensverschiebung in die Kapitalgesellschaft geht, sondern umgekehrt um die steuerliche Beurteilung einer Ausschüttung von der Kapitalgesellschaft an ihre Anteilseigner. Nur Letzteres ist aber nach den Angaben der Klägerin in den Einkommensteuerverfahren ihrer Gesellschafter streitig.
35II. Die Klage ist unzulässig, soweit die Klägerin beantragt hat, den Beklagten zu verpflichten, in den Körperschaftsteuerbescheiden 2007 bis 2009 und in den Bescheiden über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs auf den 31. Dezember der Jahre 2007 bis 2009 einen Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 AO aufzunehmen. Die Klägerin hat insoweit bereits nicht vorgetragen, inwieweit sie durch die Ablehnung in ihren Rechten verletzt sein könnte (vgl. § 40 Abs. 2 FGO). Das Begehren der Klägerin, über die Aufnahme eines Vorbehalts der Nachprüfung eine Korrektur des steuerlichen Einlagekontos zu erreichen, kann sich auf die Körperschaftsteuerbescheide und die Verlustfeststellungsbescheide nicht auswirken.
36III. Soweit die Klägerin die Aufnahme eines Vorbehalts der Nachprüfung in die Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2 und § 28 Abs.1 KStG 2002 begehrt, ist die Klage unbegründet. Die diesbezügliche Ablehnung des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 101 FGO). Die Aufnahme eines Vorbehalts der Nachprüfung kann die Klägerin nicht auf eine sog. schlichte Änderung gemäß §§ 181 Abs. 1 Satz 1, 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO stützen (vgl. zu den verfahrensrechtlichen Möglichkeiten Buciek in Beermann/Gosch, § 164 AO Rz. 52). Ein Feststellungsbescheid darf hiernach nur, soweit er nicht vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO aufgehoben oder geändert werden, soweit der Steuerpflichtige zustimmt oder seinem Antrag der Sache nach entsprochen wird; dies gilt jedoch zugunsten des Steuerpflichtigen nur, soweit er vor Ablauf der Einspruchsfrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat oder soweit die Finanzbehörde einem Einspruch oder einer Klage abhilft. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.
371. Zwar mag die Klägerin einen Antrag gerichtet auf die Aufnahme von Nachprüfungsvorbehalten in die Feststellungsbescheide gestellt haben. Diesem Antrag darf jedoch nicht entsprochen werden, weil er nach Ablauf der Einspruchsfrist gestellt worden ist und die Änderung zugunsten der Klägerin erfolgen würde. Dem kann die Klägerin nicht entgegen halten, die Aufnahme eines Vorbehalts der Nachprüfung wirke sich auf ihrer Ebene steuerlich neutral aus; unbeachtlich müsse es sein, dass durch die hierdurch eintretende Änderbarkeit Vorteile auf der Ebene der Anteilseigner eintreten könnten.
38a) Zwar ist für die Beantwortung der Frage, ob eine Änderung zugunsten oder zuungunsten des Steuerpflichtigen erfolgt, grundsätzlich die Veränderung des Tenors des zu ändernden Bescheides entscheidend (BFH-Urteil vom 16. März 1990 VI R 90/86, BFHE 160, 213, BStBl. II 1990, 610); hierauf aufbauende Folgeregelungen werden in die Betrachtung grundsätzlich nicht mit einbezogen (Koenig in Pahlke/Koenig, AO, 2. Aufl., § 172 Rz. 38; von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 172 AO Rz. 140). Dies gilt jedoch nicht ausnahmslos. Beispielsweise ist eine Gesamtschau anzustellen, wenn eine Änderung beantragt wird, die sich unmittelbar zu Lasten des Steuerpflichtigen auswirkt, sich aufgrund von damit im Zusammenhang stehenden Auswirkungen die Stellung des Steuerpflichtigen jedoch verbessert (vgl. zum Lohnsteuerrecht BFH-Urteil vom 16. März 1990 VI R 90/86, BFHE 160, 213, Bundessteuerblatt --BStBl.-- II 1990, 610). Dieser Rechtsprechung liegt erkennbar der Wille zugrunde, die Folgewirkungen in die Betrachtung einzubeziehen, wenn die Änderung selbst nur ein Zwischenziel zur Erreichung eines dahinter stehenden weitergehenden Ziels ist, woraus zu schließen ist, dass Gleiches gilt, wenn eine isoliert betrachtet neutrale Änderung erstrebt wird, hinter der aber die konkrete Absicht weitergehender Ziele --wie hier die Erhöhung des steuerlichen Einlagekontos-- erkennbar wird. Unter Zugrundelegung einer solchen Gesamtschau wirkt sich die Änderung zugunsten des Steuerpflichtigen aus. Durch die Erhöhung des steuerlichen Einlagekontos besteht die Möglichkeit, steuerneutral Einlagen zurückzahlen zu können, was sich nicht allein vorteilhaft auf der Ebene des Gesellschafters auswirkt, dem keine Einkünfte aus Kapitalvermögen zufließen würden, weil gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 des EStG 2002/2009 Bezüge nicht zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen gehören, soweit sie aus Ausschüttungen einer Körperschaft stammen, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto i.S. des § 27 KStG 2002 als verwendet gelten. Für die Klägerin selbst wäre die Änderung der Feststellungsbescheide deshalb vorteilhaft, weil sie im Falle der Einlagenrückgewähr mangels Vorliegen steuerpflichtiger Einnahmen aus Kapitalvermögen nicht gemäß § 44 Abs. 1 Satz 3 Alternative 1 EStG 2002/2009 verpflichtet wäre, Kapitalertragsteuer im Zeitpunkt des Zuflusses bei den Gesellschaftern abzuführen.
39b) Der Senat verkennt bei seiner Würdigung nicht, dass die Erhöhung des steuerlichen Einlagekontos unmittelbar nicht zu einer Minderung von Belastungen führt. Insoweit gilt es aber zu berücksichtigen, dass bei Bescheiden über die gesonderte Feststellung, für die die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung nur sinngemäß anwendbar sind (§ 181 Abs. 1 Satz 1 AO), regelmäßig die Folgewirkungen der Feststellung in die Betrachtung einbezogen werden müssen, weil es dem gestuften Verfahren (Grundlagenbescheid, Folgebescheid) wesensimmanent ist, dass die unmittelbare Be- oder Entlastung erst auf der Stufe des Folgebescheides erfolgt und ohne eine Einbeziehung der Folgewirkungen aus der Feststellung nie beurteilt werden könnte, wann sich Änderungen in gesonderten Feststellungen zugunsten oder zulasten des Steuerpflichtigen auswirken.
402. Darüber hinaus kann über § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO die formelle Bestandskraft eines Steuerbescheids nicht auf die Weise durchbrochen werden, dass dem Bescheid auf Antrag des Steuerpflichtigen der Vorbehalt der Nachprüfung nachträglich beigefügt wird, wenn damit --wie im Streitfall-- die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Änderung des Bescheids unterlaufen würden (BFH-Beschluss vom 24. Februar 2010 VIII B 208/09, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs --BFH/NV-- 2010, 1080). Die Klägerin war auch im vorliegenden Fall nicht gehindert, innerhalb der Rechtsbehelfsfrist Einspruch gegen die rechtswidrige Feststellung des steuerlichen Einlagekontos einzulegen, um hierdurch eine zutreffende Feststellung zu erwirken.
41IV. Soweit die Klägerin schließlich im Wege der Klageänderung gemäß § 67 FGO beantragt, den Beklagten zu verpflichten, zum 31. Dezember 2007 ein Einlagekonto in Höhe von 1.148.000 €, zum 31. Dezember 2008 ein Einlagekonto in Höhe von 1.088.000 € und zum 31. Dezember 2009 ein Einlagekonto in Höhe von 1.033.000 € festzustellen, ist die Klage zwar zulässig, aber ebenfalls unbegründet.
421. Der erkennende Senat wertet den Antrag als Klageänderung i.S. des § 67 FGO, nicht aber als eine selbständige Klage, die ggf. mit dem Klageverfahren 9 K 840/12 K, F zu verbinden gewesen wäre. Zwar hat die Klägerin in Folge der in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärten Ablehnung des Änderungsantrags handschriftlich Klage gegen den Ablehnungsbescheid erhoben. Gemeint hat die Klägerin aber eine Klageänderung. Die von den Beteiligten angestrebte Einbeziehung des auf eine Erhöhung des steuerlichen Einlagekontos gerichteten Verpflichtungsbegehrens in das bereits anhängige Klageverfahren im Wege der Klageänderung bzw. Klageerweiterung war bereits vor Erlass der Ablehnungsbescheide in der mündlichen Verhandlung Gegenstand der Erörterung mit den Beteiligten. Es entsprach von vornherein dem erkennbaren Willen der Klägerin, die Frage der Aufnahme eines Vorbehalts der Nachprüfung bzw. einer Änderung nach § 129 AO möglichst prozessökonomisch im Rahmen eines Verfahrens geltend machen zu können und eine einheitliche Entscheidung hierüber zu erhalten. Dementsprechend hat die Klägerin in Folge ihres Schriftsatzes ausdrücklich den Willen erklärt, dass die Klage im Wege einer Klageänderung/Klageerweiterung i.S. des § 67 FGO berücksichtigt werden solle. In der mündlichen Verhandlung erklärte die Klägerin auch ihren Willen, dass die Frage einer Korrektur der Bescheide in der mündlichen Verhandlung mitverhandelt und mitentschieden werden solle.
432. Der Antrag ist zulässiger Gegenstand einer Klageänderung i.S. des § 67 FGO. Zu den Fällen der Klageänderung gehören auch die Fälle, in denen --wie hier-- im Wege der Klagehäufung ein weiterer Klagegegenstand in das Verfahren eingeführt wird (BFH-Urteile vom 5. Juni 1991 II R 83/88, BFH/NV 1992, 267; vom 19. April 2007 V R 48/04, BFHE 217, 194, BStBl. II 2009, 315).
443. Die Klageänderung i.S. des § 67 FGO ist auch im Übrigen zulässig.
45a) Ungeachtet der Tatsache, dass der Senat eine Klageänderung für sachdienlich erachtet, hat der Beklagte der Klageänderung zugestimmt (vgl. § 67 Abs. 1 FGO). Er erklärte ausdrücklich sein Einverständnis zu einer Klageänderung und zu einer Mitverhandlung und –entscheidung in der mündlichen Verhandlungen am 25. Februar 2014.
46b) Auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klageänderung liegen vor. Die Sachurteilsvoraussetzungen für den neuen Klagegegenstand sind erfüllt (vgl. BFH-Urteile vom 9. August 1989 II R 145/86, BFHE 158, 11, BStBl. II 1989, 981; vom 19. April 2007 V R 48/04, BFHE 217, 194, BStBl. II 2009, 315; BFH-Beschluss vom 10. September 1997 VIII B 55/96, BFH/NV 1998, 282; Paetsch in Beermann/Gosch, § 67 FGO Rz. 3, 35). Zwar mag entgegen § 44 Abs. 1 FGO vor Klageerhebung nicht erfolglos ein Einspruchsverfahren durchgeführt worden sein; gleichwohl ist die Klage als Sprungklage gemäß § 45 Abs. 1 FGO zulässig, weil der Beklagte in der mündlichen Verhandlung unmittelbar nach der Klageerhebung der Sprungklage zugestimmt hat. Er hat seinen Wunsch zu Protokoll erklärt, dass die Frage der Korrektur der Feststellungsbescheide in der mündlichen Verhandlung mitverhandelt und mitentschieden wird.
474. Der auf Änderung der Feststellungen des steuerlichen Einlagekontos gerichtete Antrag ist jedoch unbegründet. Denn ein Anspruch auf Änderung besteht nicht.
48a) Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht aus § 129 Satz 1 AO. Die Finanzbehörde kann hiernach nur Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.
49aa) Ein Schreib- oder Rechenfehler des Beklagten liegt im Streitfall nicht vor. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit und bedarf daher keiner weiteren Vertiefung.
50bb) Auch eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit liegt nicht vor.
51(1) (a) Eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit, die im Streitfall allein in Betracht kommt, kann neben den Schreib- und Rechenfehlern nur vorliegen, wenn sie auf ein mechanisches Versehen zurückzuführen und die Möglichkeit eines Rechtsirrtums ausgeschlossen ist (BFH-Urteile vom 17. Juni 2004 IV R 9/02, BFH/NV 2004, 1505; vom 4. Juni 2008 X R 47/07, BFH/NV 2008, 1801). § 129 Abs. 1 AO ist nicht anwendbar, wenn auch nur die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass die Nichtbeachtung einer feststehenden Tatsache in einer fehlerhaften Tatsachenwürdigung oder einem sonstigen sachverhaltsbezogenen Denk- oder Überlegungsfehler begründet ist oder auf mangelnder Sachverhaltsaufklärung beruht (BFH-Urteil vom 14. Juni 2007 IX R 2/07, BFH/NV 2007, 2056). Es muss sich um einen Fehler handeln, der in einem sonstigen mechanischen, zumal unbewussten, gedankenlos-gewohnheitsmäßigen, unwillkürlichen Vertun besteht, beispielsweise Übersehen, falsches Ablesen, falsches Übertragen, Verwechseln, Vertauschen oder Vergessen. Hervorgerufen werden muss der Fehler durch Unachtsamkeit, Flüchtigkeit, Gedankenlosigkeit, Abgelenktheit o.ä. (Tehler, Deutsches Steuerrecht 2009, 1019). Ob ein solches mechanisches Versehen oder ein die Berichtigung nach § 129 Satz 1 AO ausschließender Tatsachen- oder Rechtsirrtum vorliegt, ist jeweils nach den Verhältnissen des Einzelfalls vom FG als Tatsacheninstanz zu beurteilen (BFH-Urteile vom 27. Mai 2009 X R 47/08, BFHE 226, 8, BStBl. II 2009, 946; vom 1. August 2012 IX R 4/12, BFH/NV 2013, 1).
52(b) Das Vorliegen eines mechanischen Fehlers ist nur eine notwendige, nicht aber eine hinreichende Voraussetzung für eine offenbare Unrichtigkeit. Offenbar ist der mechanische Fehler nur, wenn er bei Offenlegung des Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und deutlich als offenbare Unrichtigkeit erkennbar ist (BFH-Urteile vom 4. Juni 2008 X R 47/07, BFH/NV 2008, 1801; vom 6. November 2012 VIII R 15/10, BFHE 239, 296, BStBl. II 2012, 307). Der mechanische Fehler muss ebenso mechanisch, also ohne weitere Prüfung, erkannt und berichtigt werden können (BFH-Urteile 31. Juli 1990 I R 116/88, BFHE 162, 115; vom 28. Oktober 1992 II R 111/89, juris; vom 16. März 2000 IV R 3/99, BFHE 191, 226, BStBl. II 2000, 372; vom 27. Mai 2009 X R 47/08, BFHE 226, 8, BStBl. II 2009, 946).
53(c) Grundsätzlich muss ein solcher Fehler in der Sphäre der den Verwaltungsakt erlassenden Behörde verursacht werden. Denn § 129 Satz 1 AO stellt für das Vorliegen einer offenbaren Unrichtigkeit ausdrücklich auf einen Fehler ab, der „beim Erlass des Verwaltungsakts“ entstanden ist (BFH-Urteile 31. Juli 1990 I R 116/88, BFHE 162, 115; vom 23. Januar 1991 I R 26/90, BFH/NV 1992, 359; vom 4. Juni 2008 X R 47/08, BFH/NV 2008, 1801). Fehler in der Steuererklärung vermögen daher für sich allein eine Berichtigung nach dieser Norm nicht zu rechtfertigen (BFH-Urteil vom 24. Juli 1984 VIII R 304/81, BFHE 141, 485, BStBl. II 1984, 785). Fehler des Steuerpflichtigen können deshalb in der Regel nur im Wege des Einspruchs oder nach den Korrekturvorschriften gemäß §§ 130 ff., 172 ff. AO korrigiert werden. Das Vorbringen des Steuerpflichtigen, ihm sei eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, mag eine nachträglich bekannt gewordene Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO darstellen (Pahlke in Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 129 Rz. 46; Wernsmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 129 AO Rz. 74). Liegen dessen enge tatbestandliche Voraussetzungen (nachträgliches Bekanntwerden, kein Verschulden des Steuerpflichtigen) nicht vor, kann diese gesetzgeberische Wertung zugunsten der Bestandskraft nicht durch eine extensive Auslegung des § 129 Satz 1 AO unterlaufen werden.
54Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, kann eine offenbare Unrichtigkeit aber ausnahmsweise dann vorliegen, wenn das Finanzamt offenbar fehlerhafte Angaben des Steuerpflichtigen als eigene übernimmt (BFH-Urteile vom 17. Juni 2004 IV R 9/02, BFH/NV 2004, 1505; vom 3. Juni 1987 X R 61/81, BFH/NV 1988, 342; vom 14. Juni 2007 IX R 2/07, BFH/NV 2007, 2056; vom 27. August 2013 VIII R 9/11, BFHE 242, 302). Voraussetzung ist, dass der Fehler für das Finanzamt als offenbare Unrichtigkeit erkennbar war (BFH-Urteile vom 25. Februar 1972 VIII R 141/71, BFHE 105, 234, BStBl. II 1972, 550; vom 24. Juli 1984 VIII R 304/81, BFHE 141, 485, BStBl. II 1984, 785; vom 3. Juni 1987 X R 61/81, BFH/NV 1988, 342). Die Unrichtigkeit muss sich ohne Weiteres aus der Steuererklärung des Steuerpflichtigen oder Anlagen hierzu oder aus den Akten des Finanzamts des streitgegenständlichen Zeitraums ergeben (von Wedelstädt in Beermann/Gosch, § 129 AO Rz. 43). Dies ist insbesondere dann nicht mehr der Fall, wenn der zuständige Sachbearbeiter Vorakten nicht einsieht oder eine anderweitig notwendige Sachverhaltsaufklärung nicht durchführt. Eine mangelhafte Amtsermittlung stellt keine offenbare Unrichtigkeit dar und steht einer solchen auch nicht gleich (BFH-Urteile 31. Juli 1990 I R 116/88, BFHE 162, 115; vom 23. Januar 1991 I R 26/90, BFH/NV 1992, 359; vom 27. Mai 2009 X R 47/08, BFHE 226, 8, BStBl. II 2009, 946).
55(2) Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der Feststellungen des steuerlichen Einlagekontos mit 0 € zum 31. Dezember 2007 nicht erfüllt.
56(a) Ein eigenes mechanisches Versehen des Sachbearbeiters liegt nicht vor. Dieser hat vielmehr die Angaben der Klägerin zum steuerlichen Einlagekonto --insoweit fehlerfrei-- übernommen.
57(b) Eine offenbare Unrichtigkeit i.S. eines Übernahmefehlers liegt entgegen dem Vortrag der Klägerin nicht deshalb vor, weil das DATEV-Programm Zeile 33 des Vordrucks KSt 1 A und Zeile 15 KSt 1 F 27/28 bzw. Zeile 31 KSt 1 F nicht automatisch synchronisiert hat. Denn nach der dem Senat vorliegenden Körperschaftsteuererklärung hat die Klägerin in Zeile 33 keine Eintragung vorgenommen, die mit der Erklärung zur Feststellung des steuerlichen Einlagekontos hätte synchronisiert werden können.
58(c) Ebenso liegt nicht deshalb ein Übernahmefehler vor, weil die Klägerin in der Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos dessen Bestand zum 31. Dezember 2007 mit 0 € angegeben hat und der Sachbearbeiter bei dem Beklagten diesen mechanischen Fehler ebenso mechanisch ohne weitere Prüfung in die Feststellung übernommen hat. Jedenfalls ist dieser Fehler nicht offenbar. Weder ergibt sich die Unrichtigkeit unmittelbar aus der Feststellungserklärung noch ohne Weiteres aus den dem Finanzamt mit der Feststellungserklärung eingereichten Unterlagen.
59Bei isolierter Betrachtung der Feststellungserklärung und auch bei Hinzunahme der Körperschaftsteuererklärung ist nicht erkennbar, dass die Angabe zum steuerlichen Einlagekonto unzutreffend ist.
60Selbst unter Zuhilfenahme der Bilanz zum 31. Dezember 2007 war für den Sachbearbeiter nicht ohne Weiteres erkennbar, dass das steuerliche Einlagekonto entgegen der Feststellungserklärung nicht mit 0 € festzustellen war. Die Bilanz enthält keine ausdrücklichen Angaben zum steuerlichen Einlagekonto. Eine Aussage zum steuerlichen Einlagekonto hätte der Sachbearbeiter der Bilanz nur entnehmen können, wenn er zusätzliche rechtliche Würdigungen und tatsächliche Ermittlungen anhand der Bilanz angestellt hätte, was eine offenbare Unrichtigkeit im Streitfall ausschließt. Der Sachbearbeiter hätte sich im Rahmen einer rechtlichen Würdigung verdeutlichen müssen, dass die Kapitalrücklage Ausgangspunkt für die Ermittlung des steuerlichen Einlagekontos ist, mit diesem aber nicht zwingend identisch sein muss (vgl. hierzu Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 27 Rz. 28, 34; Nordmeyer in Schnitger/Fehrenbacher, Kommentar Körperschaftsteuer, § 27 Rz. 37) und im Streitfall auch tatsächlich nicht übereinstimmt. Er hätte den rechtlichen Schluss ziehen müssen, dass die Kapitalrücklage in einer Höhe von 248.000 € mit dem steuerlichen Einlagekonto nicht übereinstimmen kann, weil sich insoweit aus der Bilanz ergab, dass zum 31. Dezember 2007 lediglich eine Forderung der Klägerin gegenüber F bestand, sich die Veränderungen des steuerlichen Einlagekontos aber nach dem Zu- und Abfluss bemessen (Urteil des FG Köln vom 6. März 2012 13 K 1250/10, juris; Berninghaus in Herrmann/Heuer/Raupach, § 27 Rz. 28; Gosch/Heger, KStG, 2. Aufl., § 27 Rz. 16; Lühn in Mössner/Seeger, KStG, § 27 Rz. 121 f.; Nordmeyer in Schnitger/Fehrenbacher, Kommentar Körperschaftsteuer, § 27 Rz. 51; a.A. Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 27 Rz. 41). Auch hinsichtlich des verbleibenden Betrages von 900.000 € war für den Sachbearbeiter anhand der Bilanz nicht ohne Weiteres ersichtlich, dass sich insoweit das steuerliche Einlagekonto erhöhte. Erkennbar war für ihn allein, dass ein Gesellschafterdarlehen der N umgebucht worden war. Die Umbuchung allein besagt indes nichts über die Werthaltigkeit des Darlehens. An dieser konnten im Streitfall anhand der Bilanz ohne weitere Prüfung deshalb Zweifel bestehen, weil die Klägerin in der Bilanz konkret Überlegungen zu einer Insolvenzantragspflicht anstellte und diese nur wegen erheblicher stiller Reserven, dem eigenkapitalersetzenden Charakter des Gesellschafterdarlehens und der von N übernommenen Bürgschaften verneinte. Ob gleichwohl mit einer Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens gerechnet werden durfte, wäre für den Sachbearbeiter nur anhand näherer Ermittlungen feststellbar gewesen.
61(3) Ausgehend von den dargestellten abstrakten Grundsätzen liegt des Weiteren durch die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos zum 31. Dezember 2008 mit 0 € keine offenbare Unrichtigkeit vor. Mangels Vorliegens eines eigenen mechanischen Fehlers des Sachbearbeiters kommt insoweit allein das Vorliegen eines sog. Übernahmefehlers in Betracht, an dem es allerdings auch für die Feststellung dieses Jahres fehlt.
62Wiederum war für den Sachbearbeiter aus den übrigen Angaben in der Feststellungserklärung oder anhand der Körperschaftsteuererklärung nicht erkennbar, dass die Angabe der Klägerin, der Stand des steuerlichen Einlagekontos betrage auch zum 31. Dezember 2008 0 €, unrichtig war. Anhand einer isolierten Betrachtung der Feststellungserklärung war für den Sachbearbeiter insoweit gar nichts erkennbar.
63Aber auch anhand der Bilanz auf den 31. Dezember 2008 waren für den Sachbearbeiter keine Informationen ersichtlich, wonach das steuerliche Einlagekonto nicht mit 0 € festzustellen war; bei isolierter Betrachtung der Bilanz und der Feststellungserklärung musste der Sachbearbeiter vielmehr davon ausgehen, dass die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos mit 0 € zutreffend war. Nachdem das steuerliche Einlagekonto zum 31. Dezember 2007 bestandskräftig mit 0 € festgestellt worden war, konnte der Sachbearbeiter der Bilanz nur eine Minderung der Kapitalrücklage um 60.000 € entnehmen. Dieser Vorfall allein konnte nur zu einer erneuten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos mit 0 € führen, da ein Einlagekonto gemäß § 27 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 in der Fassung des Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (SEStEG) vom 7. Dezember 2006 (BGBl. I 2006, 2782) nicht negativ werden kann. Dass F demgegenüber das Agio in Höhe von 248.000 € im Jahre 2008 zahlte, kann der Bilanz auf den 31. Dezember 2008 nicht entnommen werden. Insoweit enthält die Bilanz auf den 31. Dezember 2008 allein die Angabe „Kapitalrücklage/Anteile ü. Nennbetrag“, die sowohl zum 31. Dezember 2007 als auch zum 31. Dezember 2008 248.000 € betrug. Die Zahlung des Agios und die daraus resultierende Erhöhung des steuerlichen Einlagekontos, hätte dem Sachbearbeiter nur durch einen Vergleich der Bilanzen auf den 31. Dezember 2007 und auf den 31. Dezember 2008 auffallen können. Dass der Sachbearbeiter des Beklagten dies nicht getan hat, stellt allein eine unterlassene Sachaufklärung dar, die eine offenbare Unrichtigkeit nicht zu begründen vermag.
64(4) Schließlich liegt auch im Hinblick auf die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos auf den 31. Dezember 2009 keine offenbare Unrichtigkeit vor. Die Feststellung ist schon nicht unrichtig. Ausgehend von der Feststellung zum 31. Dezember 2008, die gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 KStG 2002 als Grundlagenbescheid für die folgende Feststellung zum 31. Dezember 2009 bindend ist, konnte keine andere Feststellung des steuerlichen Einlagekontos als mit 0 € erfolgen. Im Jahre 2009 standen der Einzahlung des F in Höhe von 352.000 € Abgänge aus der Kapitalrücklage in Höhe von 407.000 € gegenüber, die die Zugänge überkompensieren.
65b) Ein Anspruch auf Änderung der angefochtenen Feststellungsbescheide kann auch nicht auf §§ 181 Abs. 1 Satz 1, 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AO gestützt werden. Hiernach sind gesonderte Feststellungen aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer für den Steuerpflichtigen günstigeren Feststellung führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.
66aa) Für die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos auf den 31. Dezember 2009 folgt dies bereits aus der durch § 27 Abs. 2 Satz 2 KStG 2002 gebotenen zwingenden Anknüpfung an den festgestellten Endbestand des Vorjahres in Verbindung mit den unstreitig zutreffend berücksichtigten Zugängen zum Einlagekonto im Jahr 2009.
67bb) Hinsichtlich der Feststellungen zum 31. Dezember 2007 und zum 31. Dezember 2008 sind demgegenüber keine neuen Tatsachen bekannt geworden. Die Umstände, aus denen sich die Höhe des steuerlichen Einlagekontos ergab, waren jedenfalls anhand der vorliegenden Bilanzen bekannt. Diese sind lediglich durch den Beklagten nicht in der richtigen Weise ausgewertet, überprüft und gewürdigt worden.
68V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
69VI. Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO bestehen im vorliegenden Fall nicht. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundlegende Bedeutung; eine im Revisionsverfahren klärungsbedürftige Frage wirft der Streitfall nicht auf. Der erkennende Senat ist bei seiner Entscheidungsfindung von den in ständiger Rechtsprechung verwandten Grundsätzen des BFH für das Vorliegen einer offenbaren Unrichtigkeit ausgegangen. Diese Grundsätze hat der Senat lediglich auf die besonderen Umstände des konkreten Einzelfalls angewandt.