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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
2Streitig ist, ob eine Ausgleichszahlung für rechtswidrig erbrachte Mehrarbeit als Schadensersatzzahlung steuerfrei zu belassen ist.
3Die Kläger werden als Eheleute mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Einkommensteuergesetz - EStG -) zur Einkommensteuer veranlagt.
4Der Kläger ist als Feuerwehrbeamter bei der Berufsfeuerwehr der Stadt beschäftigt.
5Im Rahmen der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2012 erklärte der Kläger Bruttoeinnahmen aus nichtselbständiger Arbeit i. H. v. 39.636,00 EUR. Gleichzeitig beantragte er den in Zeile 10 der Lohnsteuerbescheinigung ausgewiesenen Betrag i. H. v. 13.213,00 EUR (Versorgungsbezüge für mehrere Jahre) steuerfrei zu belassen, da es sich insoweit nicht um Arbeitslohn, sondern eine steuerfreie Entschädigung handele. Bei diesem Betrag handelt es sich um mit Abhilfebescheid vom 29.10.2012 festgesetzte Ausgleichszahlungen der Stadt für in den Jahren 2002 bis 2006 rechtswidrig zu viel geleistete Mehrarbeit.
6Wegen der Einzelheiten insoweit wird auf den bei den Finanzgerichtsakten befindlichen Abhilfebescheid in Fotokopie Bezug genommen.
7Das beklagte Finanzamt bezog den o. a. Betrag i. H. v. 13.213,00 EUR entsprechend dem Ausweis auf der elektronischen Lohnsteuerkarte als nach § 34 Abs. 1 EStG ermäßigt zu besteuernden Arbeitslohn für mehrere Jahre in die Veranlagung der Kläger für das Streitjahr 2012 ein. Der entsprechende Einkommensteuerbescheid datiert vom 01.08.2013.
8Die Kläger legten gegen diesen Einkommensteuerbescheid am 10.08.2013 Einspruch ein. Der Kläger vertrat insoweit die Auffassung, wie bereits in der Einkommensteuererklärung 2012 ausgeführt, sei die Zahlung seines Arbeitgebers für die geleistete Mehrarbeit als Schadensersatz steuerfrei zu stellen.
9Der Beklagte wies den Einspruch der Kläger mit Einspruchsentscheidung vom 14.11.2013 als unbegründet zurück. Er vertrat dabei die Auffassung, die streitbefangene Zahlung des Arbeitgebers des Klägers gehöre eindeutig zu dessen Arbeitslohn, da die vom Dienstherrn erbrachte Ausgleichszahlung dem Kläger nur wegen dessen tatsächlich geleisteter Mehrarbeit gezahlt und damit „für eine Beschäftigung“ gewährt worden sei (§ 19 Abs. 1 S. 1 EStG). Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
10Mit der am 28.11.2013 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.
11Zur Begründung führen sie ergänzend aus, Schadensersatzleistungen des Arbeitgebers seien nicht schon deswegen Arbeitslohn, weil sie tatsächlich oder rechtlich mit dem Arbeitsverhältnis zusammenhingen. Um als Arbeitslohn beurteilt werden zu können, müssten sie bei objektiver Betrachtung als Frucht der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers angesehen werden können. Schadensersatz erfülle nur dann das Tatbestandsmerkmal „für eine Beschäftigung“ im Sinne von § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG, wenn der Schadensersatz Entlohnung- oder Lohnersatzcharakter habe. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs der Schadensersatzanspruch bei rechtswidrig zu viel geleisteter Mehrarbeit zunächst vorrangig auf Freizeitausgleich also Naturalrestitution gerichtet sei. Nur ausnahmsweise habe auch eine Geldentschädigung gewährt werden können.
12Wegen der Klagebegründung im Einzelnen wird auf den Schriftsatz der Kläger vom 07.01.2014 Bezug genommen.
13Die Kläger beantragen,
14den Einkommensteuerbescheid 2012 vom 01.08.2013 und die Einspruchsentscheidung vom 14.11.2013 dahingehend zu ändern, dass Einkünfte i. H. v. 13.213,00 EUR nicht der Besteuerung unterworfen werden,
15im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.
16Der Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen,
18im Unterliegensfall die Revision zuzulassen
19Der Beklagte verweist zur Begründung auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
20Die Klage ist nicht begründet.
21Der Einkommensteuerbescheid vom 01.08.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.11.2013 ist rechtmäßig. Der Beklagte ist bei seiner Entscheidung im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die streitbefangenen Ausgleichszahlungen des Arbeitgebers des Klägers für die Kalenderjahre 2002 bis 2006 steuerpflichtige Einnahmen des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) sind. Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld- oder Geldeswert bestehen und die einem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen.
22Vorteile werden „für“ eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne objektiv als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (vgl. BFH-Urteil vom 23.04.2009, VI R 39/08, BStBl II 2009, 668, BFHE 224, 668).
23Kein Arbeitslohn liegt demgegenüber vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsverhältnisse oder aufgrund sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird.
24Allein der Umstand, dass eine Leistung des Arbeitgebers tatsächlich oder rechtlich im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis steht, reicht zur Bejahung des Tatbestandsmerkmals „für eine Beschäftigung“ nicht aus (BFH-Beschlüsse vom 17.01.2005 VI B 30/04, BFH/NV 2005, 884; vom 28.06.2007 VI B 23/07, BFH/NV 2007, 1870, jeweils mit weiteren Nachweisen; BFH-Urteile vom 01.02.2007 VI R 72/05, BFH/NV 2007, 898; vom 24.01.2001 I R 100/98, BFHE 195, 102, BStBl II 2001, 509; vom 22.03.1985 VI R 170/82, BFHE 143, 544, BStBl II 1995, 529; Schmidt/Drenseck EStG, 33. Aufl. § 19 RdZiff. 29).
25Unter Heranziehung dieser Grundsätze steht zur Überzeugung des Senates fest, dass dem Kläger die streitbefangene Ausgleichszahlung letztendlich für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zugeflossen ist.
26Für diese Entscheidung kann dahinstehen, ob die Entschädigung des Klägers Ausfluss eines unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs (vgl. insoweit EuGH, Urteil vom 25.11.2010, C – 429/09 Celex-Nr. 62009 CJ 0429) ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 27.07.2012 (Az. 2 C 29/11, BVerwGE 143, 381) insoweit ausgeführt, der zusätzliche Dienst eines Beamten und der damit verbundene Verlust an Freizeit und Erholungszeit stelle nach nationalem Recht keinen Schaden im Sinne des zivilrechtlichen Schadensersatzrechts dar. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts steht einem Betroffenen für die unionrechtswidrig geleistete Zuvielarbeit neben einem möglichen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch aus den Grundsätzen von Treu und Glauben in Verbindung mit den Regeln über den Ausgleich von Mehrarbeit zu (vgl. Bundesverwaltungsgericht Urteil vom 25.11.2010 a. a. O.).
27Diese Einordnung sowie auch die konkrete Berechnung der Entschädigungszahlung im Einzelfall durch den Arbeitgeber des Klägers in Anlehnung an das Gesetz über die Mehrarbeit von Feuerwehrleuten belegen eindeutig, dass die Ausgleichszahlung nach objektiven Grundsätzen dem Kläger für seine Beschäftigung im öffentlichen Dienst zugeflossen ist und damit Arbeitslohncharakter hat.
28Für diese Einordnung spricht im Übrigen auch, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (vgl. Urteil vom 21.02.2003 VI R 74/00, BStBl II 2003, 496, BFHE 201, 300) z. B. Entschädigungszahlungen in der Bauwirtschaft für verfallende Urlaubsansprüche als Lohnzahlung zu behandeln sind. Beide Sachverhalte sind bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise gleich zu behandeln.
29Der Einkommensteuerbescheid vom 01.08.2013 ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden, nachdem der Beklagte die Ausgleichszahlung des Arbeitgebers des Klägers, die für mehrere Jahre erfolgt ist, nach der Tarifvergünstigung des § 34 Abs. 1 S. 1 EStG begünstigt besteuert worden ist.
30Nach alledem war die Klage abzuweisen.
31Die Zulassung der Revision erfolgt nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
32Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.