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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Streitig ist die Höhe des Veräußerungsgewinns aus einem im Jahr 2002 durchgeführten Aktientausch.
3Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Ehemann war zu Beginn des Streitjahres mit 61.250 Stückaktien im Nennwert von je 1 EUR an der M AG beteiligt (entspricht einem Anteil von 34,02 %). Darüber hinaus waren zu Beginn des Streitjahres Herr H mit 15.550 Aktien, Frau S mit 4.200 Aktien, Herr A mit 6.750 Aktien, Herr R mit 2.250 Aktien (nachfolgend zusammen unter Einschluss des Klägers „Altaktionäre“) und die V Systems GmbH & Co. KG (nachfolgend “V KG”) mit 90.001 Aktien an der M AG beteiligt.
4Die Beteiligung der V KG – eine einhundertprozentige Tochtergesellschaft der börsennotierten V International AG (nachfolgend „V AG“) – geht zurück auf eine zwischen den Altaktionären, der V KG und der V AG abgeschlossenen Beteiligungsvereinbarung vom 12.01.2001 (lag dem Senat nicht vor). In Durchführung dieser Beteiligungsvereinbarung hat sich die V KG in der Weise an der M AG beteiligt, dass sie 90.001 neue auf den Inhaber lautende Aktien im Nennbetrag von je 1 EUR aus einer am gleichen Tage beschlossenen Barkapitalerhöhung bei der M AG gezeichnet hat. Die Kapitalerhöhung wurde am 11.06.2001 in das Handelsregister eingetragen.
5Unter dem 28.02.2002 schlossen die Altaktionäre der M AG, die V KG und die V AG eine als „Aktionärsvereinbarung“ bezeichnete notariell beurkundete Vereinbarung, nach welcher die M-Aktien der Altaktionäre – insgesamt 90.000 Aktien im Nennwert von je 1 EUR – an die V KG und die V AG veräußert wurden. In Ziffer 4 der Vorbemerkung der Aktionärsvereinbarung heißt es dazu einleitend wörtlich:
6„Die Vertragschließenden sind übereingekommen, dass die Altaktionäre die von ihnen gehaltenen 90.000 M-Aktien nunmehr vorzeitig nach Maßgabe dieser Aktionärsvereinbarung an die V KG und die V AG veräußern. Die Gesamtvergütung soll vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen EUR 7.840.000,00 entsprechen.“
7Die vorstehend genannte Gesamtvergütung wurde nach Ziffer 3 der Vorbemerkung der Aktionärsvereinbarung auf der Grundlage des Jahresüberschusses der M AG vor Zinsen und Steuern (so genanntes „EBIT“) ermittelt.
8Der Kläger veräußerte seine Aktien sodann wie folgt:
9- Gemäß Abschnitt I der Aktionärsvereinbarung in Verbindung mit Anlage A zur Aktionärsvereinbarung verkaufte der Kläger 13.258 Aktien an die V KG und trat diese mit Wirkung zum 28.02.2002 an die V KG ab. Als Gegenleistung vereinbarten die Vertragsparteien einen Kaufpreis in Höhe von 1.154.901 EUR, der unstreitig in bar an den Kläger ausgezahlt wurde.
10- Die übrigen 47.992 Aktien brachte der Kläger mit Wirkung zum 28.02.2002 in die V AG ein (Abschnitt III der Aktionärsvereinbarung in Verbindung mit Anlage E zur Aktionärsvereinbarung). Im Gegenzug erhielt der Kläger ein Zeichnungsrecht für 174.194 „neue“ Aktien der V AG. Hierzu führte die V AG eine Kapitalerhöhung durch, die am 13.12.2002 in das Handelsregister eingetragen wurde. Zu diesem Zeitpunkt erfolgte auch die Lieferung der gezeichneten V-Aktien an den Kläger mittels Gutschrift in seinem Depot (Girosammelverwahrung). Für den Fall, dass die Kapitalerhöhung der V AG nicht bis zum 31.12.2002 in das Handelsregister der V AG eingetragen worden wäre, regelte die Aktionärsvereinbarung, dass dann die Vereinbarungen über die Einbringung der M Aktien unwirksam werden sollten (auflösende Bedingung). Ferner sieht die Aktionärsvereinbarung für eine bestimmte Anzahl der vom Kläger erhaltenen „neuen“ Aktien der V AG gestaffelte Haltefristen vor. Wegen der Einzelheiten wird auf die Aktionärsvereinbarung vom 28.02.2002 verwiesen.
11Im Hinblick auf die Festlegung der Anzahl der V-Aktien, die der Kläger für die Einbringung seiner Aktien an der M AG erhalten sollte, regelten die Vertragsparteien unter Abschnitt II Ziffer 3 der Aktionärsvereinbarung wörtlich was folgt:
12„Derzeit liegt der Kurs der V Aktie bei ca. EUR 20,-. Für die Zwecke der Kapitalerhöhung bei der V AG wird der Ausgabekurs nunmehr einvernehmlich auf EUR 24,- pro V Aktie festgelegt. Herr [der Kläger] und Herr H erhalten aus der Sachkapitalerhöhung somit 216.261 V Aktien (bei einem rechnerischen Ausgabekurs von EUR 24,-). Die entsprechende Berechnung ist in der Anlage B 2 zu dieser Aktionärsvereinbarung dargestellt“
13Aus Anlage B2 zur Aktionärsvereinbarung ergibt sich, dass von den 216.261 „neuen“ V-Aktien 174.194 auf den Kläger entfielen und dass diesen Aktien ein rechnerischer Wert von 4.180.655 EUR beigemessen worden ist. Weitere Regelungen zur Gegenleistung für die eingebrachten M-Aktien enthält die Aktionärsvereinbarung nicht. Insbesondere finden sich keine Bestimmungen dazu, welche Auswirkungen Kursveränderungen in dem Zeitraum zwischen der Einbringung der M-Aktien und der Lieferung der V-Aktien haben sollten.
14Laut Handelsregistereintragung vom 14.08.2002 hat der einzige Kommanditist der V KG, die V AG, seine Kommanditeinlage auf den einzigen persönlich haftenden Gesellschafter der V KG, die V Vermietungsgesellschaft mbH, übertragen, so dass die V KG erloschen ist. Die V Vermietungsgesellschaft mbH wurde sodann mit Verschmelzungsvertrag vom 24.08.2002 (liegt dem Senat nicht vor) als übertragender Rechtsträger auf die M AG (zwischenzeitlich firmierend unter V M AG) als übernehmenden Rechtsträger verschmolzen. Die Verschmelzung ist im Handelsregister der M AG am 10.12.2002 eingetragen worden. Sämtliche Aktien der M AG wurden nunmehr von der V AG gehalten.
15Der Börsenkurs der V-Aktie betrug am 28.02.2002 18,69 EUR und am 13.12.2002, dem Zeitpunkt der Lieferung der neuen V-Aktien an den Kläger, 2,20 EUR.
16Der Kläger ermittelte die Einkünfte aus der Veräußerung seiner M-Aktien nach § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Halbeinkünfteverfahren wie folgt:
17- Verkauf von 13.258 Aktien an die V KG:
18Veräußerungspreis (1.154.901,00 EUR x ½) 577.450,00 EUR
19abzüglich Anschaffungskosten: 6.629,00 EUR
20Veräußerungsgewinn: 570.821,00 EUR
21- Einbringung von 47.992 Aktien in die V AG (Aktientausch)
22Veräußerungspreis (171.194 V-Aktien x 2,20 EUR x ½): 191.613,00 EUR
23abzüglich Anschaffungskosten: 23.996,00 EUR
24Veräußerungsgewinn: 167.617,00 EUR
25Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung berücksichtigte der Beklagte den Veräußerungsgewinn erklärungsgemäß im Halbeinkünfteverfahren als Einkünfte aus Gewerbebetrieb und setzte die Einkommensteuer 2002 mit Bescheid vom 28.05.2004 auf 350.887,00 EUR fest.
26Am 12.07.2007 ging beim Beklagten eine Kontrollmitteilung des Finanzamts B Nord ein. Im Rahmen einer bei der M AG (nunmehr firmierend unter V GmbH) durchgeführten Betriebsprüfung sei festgestellt worden, dass die V AG die erhaltenen M-Aktien in der Handels- und Steuerbilanzmit dem Kurswert der V-Aktie am 28.02.2002 in Höhe von 18,69 EUR bilanziere.
27Der Beklagte ermittelte anlässlich dieser Kontrollmitteilung den Veräußerungsgewinn des Klägers aus dem Aktientausch unter Zugrundelegung des Börsenkurses der V-Aktie am 28.02.2002 in Höhe von 18,69 EUR neu und setzte mit Bescheid vom 30.07.2007 die Einkommensteuer für 2002 auf 1.050.963,00 EUR fest.
28Im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren machten die Kläger geltend, dass der Veräußerungsgewinn aus dem Aktientausch in unzutreffender Höhe festgesetzt worden sei. Wie im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2002 angegeben, sei für die Einbringung der 47.992 M Aktien in die V AG nicht der Kurswert der V-Aktie am 28.02.2002 in Höhe von 18,69 EUR, sondern der Kurswert am 13.12.2002 in Höhe von 2,20 EUR zugrunde zu legen. Zwar sei bei einem Aktientausch als Veräußerungspreis für die „eigenen“ Aktien grundsätzlich der Kurswert der erhaltenen Aktien im Zeitpunkt der Veräußerung der eigenen Aktien maßgeblich. Ändere sich aber im Zeitraum zwischen der Veräußerung der „eigenen“ Aktien und dem Erwerb der Gegenleistung der Kurswert der erhaltenen Aktien, so sei der veränderte Kurswert zugrunde zu legen. Demnach wirke der veränderte Kurswert der erhaltenen Aktien auf den Zeitpunkt der Veräußerung der eigenen Aktien zurück. Dies ergebe sich aus der Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 21.12.1993 (BStBl. II 1994, 648) und dem Leistungsfähigkeitsprinzip, welches in verfassungswidriger Weise verletzt wäre, wenn ein Veräußerungsgewinn zugrunde gelegt würde, den der Kläger aufgrund der zwischenzeitlichen Kursveränderung in dieser Höhe nicht erzielt hätte. Unabhängig davon sei zu berücksichtigen, dass die V-Aktien erst im Zeitpunkt der Eintragung der Kapitalerhöhung rechtlich zur Entstehung gelangt seien und der Kläger in dem Zeitraum zwischen der Übertragung seiner M-Aktien und der Lieferung der V-Aktien über letztere naturgemäß nicht verfügen konnte. Es habe deshalb eine Verfügungsbeschränkung im Hinblick auf die V-Aktien bestanden, die einen Bewertungsabschlag rechtfertige.
29Mit Einspruchsentscheidung vom 04.04.2011 wies der Beklagte den Einspruch der Kläger als unbegründet zurück. Auf den veränderten und in der Einkommensteuererklärung 2002 angegebenen Kurswert der erhaltenen V-Aktien komme es nicht an. Maßgeblich sei der Kurswert der V-Aktien im Zeitpunkt der Veräußerung der M Aktien. Aus der Entscheidung des Großen Senats ergebe sich nichts gegenteiliges, denn in dem durch den Großen Senat zu entscheidenden Fall sei es zwischen den Vertragsparteien zu Leistungsstörungen gekommen mit der Folge, dass der Kaufpreis für die veräußerten Aktien im Nachhinein uneinbringlich geworden sei. Vorliegend sei der Aktientausch allerdings wie vertraglich vereinbart durchgeführt worden. Die in der Entscheidung des Großen Senats aufgestellten Grundsätze seien deshalb auf den Streitfall nicht übertragbar. Im Übrigen stelle die zwischenzeitlich eingetretene Kursveränderung auch keine Minderung des Kaufpreises dar. Denn nach der Aktionärsvereinbarung hätten Kursveränderungen der V-Aktie keinen Einfluss auf die Anzahl der zu übertragenden V-Aktien. Aufgrund der vertraglichen Festlegung des Ausgabekurses in Höhe von 24,00 EUR und der sich danach ergebenden Anzahl der auszugebenden V-Aktien ohne die Vereinbarung einer salvatorischen Klausel habe der Kläger bewusst das Risiko einer negativen Kursentwicklung, aber auch die Chance einer Wertsteigerung übernommen. Ein Bewertungsabschlag sei nicht vorzunehmen, weil die Möglichkeit, die erworbenen V-Aktien bis zu deren Lieferung nicht veräußern zu können, keine Veräußerungsbeschränkung darstelle. Im Zeitpunkt des Abschlusses der Aktionärsvereinbarung habe Einigkeit über den Wert der Gegenleistung – der V-Aktien – bestanden und der Kläger sei sich darüber im Klaren gewesen, dass sich die Aktien aufgrund diverser Einflüsse sowohl negativ als auch positiv entwickeln könnten.
30Mit ihrer am 06.05.2011 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter und tragen ergänzend vor, dass die zwischenzeitlich eingetretene Kursveränderung der V-Aktie eine Änderung der streitigen Steuerfestsetzung in entsprechender Anwendung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) rechtfertige, denn eine zwischenzeitliche Kursveränderung sei wirtschaftlich und rechtlich mit den Fällen vergleichbar, bei denen der Veräußerungspreis im Sinne des § 17 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) nachträglich – etwa durch Zahlungsunfähigkeit des Erwerbers - endgültig ausfällt.
31Die Kläger beantragen,
32die mit Änderungsbescheid vom 30.07.2007 festgesetzte Einkommensteuer 2002 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 04.04.2011 auf 354.379,00 EUR herabzusetzen
33und im Falle des Unterliegens die Revision zuzulassen.
34Der Beklagte beantragt,
35die Klage abzuweisen
36und für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.
37Er verweist im Wesentlichen auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, dass durch den Ansatz des Kurswertes der V-Aktie am 28.02.2002 (18,69 EUR) anstelle des in der Aktionärsvereinbarung vertraglich vereinbarten Kurswertes in Höhe von 24,00 UR bereits ein Bewertungsabschlag vorgenommen worden sei.
38In der Sache hat am 19.03.2013 im Finanzamt Recklinghausen ein Erörterungstermin stattgefunden. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen.
39E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
40Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 sowie die Einspruchsentscheidung sind jedenfalls nicht zu Lasten der Kläger rechtswidrig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
41Der Beklagte hat bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns aus dem Aktientausch den Veräußerungspreis der M-Aktien zu Recht nicht anhand des Börsenkurses der V-Aktie am 13.12.2002 in Höhe von 2,20 EUR ermittelt. Der Senat kann dabei offen lassen, ob der Börsenkurs der V-Aktie am 28.02.2002 in Höhe von 18,69 EUR oder aber die in der Aktionärsvereinbarung vorgesehene Gesamtvergütung (Ziffer 4 der Vorbemerkung), der ein Börsenkurs von 24,00 EUR zu Grunde liegt, für die Bestimmung des Veräußerungspreises maßgeblich ist. Käme es auf den von dem Beklagten zugrunde gelegten Kurswert der V-Aktie am 28.02.2002 an, wäre dieser entgegen des hilfsweise erhobenen Einwandes des Klägers nicht um einen Bewertungsabschlag zu mindern. Der Beklagte hat der Besteuerung deshalb allenfalls einen zu niedrigen, nicht aber einen zu hohen Veräußerungsgewinn zu Grunde gelegt. Unbeschadet der Frage, ob der angefochtene Einkommensteuerbescheid rechtmäßig ist, fehlt es daher jedenfalls an einer Rechtsverletzung.
421.
43Unstreitig erzielte der an der M AG mit 34,02 % wesentlich beteiligte Kläger aus dem Tausch seiner Anteile gegen 171.194 V-Aktien einen nach § 17 Abs. 1 EStG steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn. Die Vorschriften zur Ermittlung dieses Veräußerungsgewinns ergeben sich aus § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG. Danach ist der Veräußerungsgewinn definiert als der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Veräußerungspreis im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG ist der Wert der Gegenleistung. Dazu gehört alles, was der Veräußerer aus dem Veräußerungsgeschäft als Gegenleistung erhält. Der Veräußerungspreis ist grundsätzlich ohne Rücksicht darauf anzusetzen, ob die Veräußerung bedingt oder befristet ist oder ob der Kaufpreis gestundet ist (BFH, Urteil vom 02.04.2008, BFH/NV 2008, 1658).
442.
45Im Streitfall ist die Aktionärsvereinbarung Grundlage für die Bestimmung der Gegenleistung und des Veräußerungspreises. Die Vereinbarung ist in dieser Hinsicht auslegungsbedürftig, denn ihr ist nicht zweifelsfrei zu entnehmen, ob die eigentliche Leistungsverpflichtung der V AG in der Lieferung einer bestimmten Anzahl von V-Aktien bestand oder aber in erster Linie ein (Bar-)Kaufpreis (Gesamtvergütung) geschuldet war, den die V AG durch die Lieferung von V-Aktien, denen ein bestimmter Kurswert zugeordnet wurde, aufbringen (ersetzen) durfte. Auf letzteres deutet die Formulierung in Ziffer 4 der Vorbemerkung hin, wonach die Altaktionäre für die Übertragung ihrer M-Aktien eine Gesamtvergütung in Höhe von 7.840.000,00 EUR erhalten sollten. Bei einem solchen Verständnis wäre der vertraglich festgelegte Ausgabekurswert der V-Aktie in Höhe von 24,00 EUR für die Bestimmung des Veräußerungspreises maßgeblich, denn aus dem vertraglich festgelegten Ausgabekurs ergibt sich der auf den Kläger entfallende Anteil der Gesamtvergütung.
46Im Ergebnis kommt es auf die Auslegung der Aktionärsvereinbarung nicht an, denn auch dann, wenn als Veräußerungspreis für die 47.992 M-Aktien nicht die in der Aktionärsvereinbarung aufgeführte Gesamtvergütung und damit der vertraglich vereinbarte Ausgabekurs der V-Aktie in Höhe von 24,00 EUR zugrunde zu legen ist – wofür der in Ziffer 4 der Vorbemerkung aufgenommene Vorbehalt spricht – hat die Klage keine Aussicht auf Erfolg.
473.
48Geht man – wie der Beklagte – davon aus, dass der in der Aktionärsvereinbarung festgelegte Ausgabekurs der V-Aktie in Höhe von 24,00 EUR nicht relevant ist, ist folgerichtig der Kurswert der V-Aktie am 28.02.2002 für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns maßgebend:
49a)
50Bei einem Tausch von Wirtschaftsgütern besteht die Gegenleistung aus dem Wert des Wirtschaftsgutes, das der Tauschende erhält, beim Tausch von Anteilen an Kapitalgesellschaften ist dies der Wert der Anteile, die der Tauschpartner im Gegenzug hingibt (BFH, Urteil vom 25.08.2009, IX R 41/08).
51Im Hinblick auf die Bewertung der aus dem Tausch erhaltenen Anteile und dem Zeitpunkt der Bewertung gelten dabei die folgenden Grundsätze:
52Der Veräußerungsgewinn ist gemäß § 17 Abs. 2 EStG für den Zeitpunkt zu ermitteln, in dem er entstanden ist. Dies ist regelmäßig der Zeitpunkt der Veräußerung, d. h. der Zeitpunkt zu dem das rechtliche oder zumindest das wirtschaftliche Eigentum an den veräußerten Anteilen auf den Erwerber übergegangen ist (BFH, Urteil vom 07.03. 1995, BStBl. II 1995, 693). Auf den Zufluss des Entgeltes kommt es hingegen regelmäßig nicht an. Daraus folgt, dass sich die Höhe des Veräußerungspreises im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG nach den Verhältnissen im Veräußerungszeitpunkt bestimmt (siehe BFH, Urteil vom 19.01.1978, BStBl. II 197 der, 295 zur Bewertung einer Kaufpreisforderung in fremder Währung). Besteht die Gegenleistung nicht in Geld, sondern in Sachgütern, so ist der Veräußerungspreis mit dem gemeinen Wert der erlangten Sachgüter im Zeitpunkt der Veräußerung zu bewerten (vgl. BFH, Urteil vom 25.06.2009, BStBl. II 2010, 182). Erhält der Veräußerer – wie im Streitfall – Sachgüter in Form von Aktien, so kommt es auf deren Wert im Zeitpunkt der Veräußerung der wesentlichen Beteiligung an (vgl. BFH, Urteil vom 17.10.1974, BStBl. II 1975, 58). Maßgeblich für die Bestimmung des Wertes der erworbenen Aktien sind dabei die allgemeinen Vorschriften des Bewertungsgesetzes (BewG), demnach die §§ 9 ff. BewG (BFH, Urteil vom 28.10.2008, BStBl. II 2009, 45). Gemäß §§ 9, 11 Abs. 1 BewG ist bei börsennotierten Aktien auf den niedrigsten für sie im regulierten Markt notierten Kurs abzustellen. Handelt es sich bei den zu bewertenden Aktien – wie im Streitfall – um so genannte „junge“ Aktien, die im Rahmen einer Kapitalerhöhung ausgegeben werden und für die demnach noch keine Börsennotierung vorliegt, so kann für deren Bewertung der Börsenkurs der bereits notierten „alten“ Aktien herangezogen werden (vgl. z.B. Riedel, in: Daagan/Halacinsky/ Riedel, 2. Aufl., § 11 Rn. 21; Mannek, in: Gürschinger/Stenger, § 11 BewG, Rn. 96).
53Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich hier Folgendes:
54Da der Kläger die 47.992 M-Aktien mit dinglicher Wirkung zum 28.02.2002 auf die V- AG übertragen hat, sind die als Gegenleistung vereinbarten V-Aktien auf diesen Zeitpunkt hin zu bewerten. Nicht von Belang ist der Umstand, dass die Übertragung der M-Aktien nach der Aktionärsvereinbarung unter der auflösenden Bedingung der Nichtdurchführung der Kapitalerhöhung bei der V AG stand, denn Rechtsbedingungen haben regelmäßig keinen Einfluss auf das Entstehen des Veräußerungsgewinns (siehe BFH, Urteil vom 02.04.2008, a. a. O.). Der Veräußerungspreis für die M-Aktien ist deshalb gemäß §§ 9, 11 Abs. 1 BewG anhand des Börsenkurses der V-Aktie am 28.02.2002 zu bestimmen. An diesem Tag betrug der Börsenkurs 18,69 EUR. Diesen Kurs hat der Beklagte bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns zu Grunde gelegt.
55b)
56Hinsichtlich der zwischenzeitlich eingetretenen Kurswertänderung der V-Aktie sind – entgegen der Rechtsauffassung der Kläger – die zu § 175 Abs. 1 Satz 2 AO entwickelten Rechtsgrundsätze nicht (entsprechend) anzuwenden. Denn der Umstand, dass der Kurswert der V-Aktie im Zeitpunkt ihrer Übertragung an den Kläger am 13.12.2002 lediglich 2,20 EUR betrug, stellt keine nachträgliche Veränderung des vereinbarten Veräußerungspreises dar, die auf den maßgeblichen Veräußerungszeitpunkt (28.02.2014) zurück zu beziehen ist.
57Der BFH hat in seinem Beschluss vom 19.07.1993 entschieden, dass im Hinblick auf die Ermittlung eines Veräußerungsgewinns nach § 16 EStG spätere (nachträgliche) Veränderungen des ursprünglich vereinbarten Kaufpreises solange und soweit materiell-rechtlich auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurück zu beziehen sind, als der Erwerber seine Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises noch nicht erfüllt hat. Dabei sei es unerheblich, welche Gründe für die Minderung des Veräußerungspreises maßgebend sind. Dieses Ergebnis leitet der BFH aus der § 16 EStG zugrunde liegenden Annahme ab, dass das Veräußerungsgeschäft ohne Störungen so abgewickelt wird, wie es vertraglich vereinbart wurde. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt war ein Teil der Kaufpreisforderung zwischenzeitlich uneinbringlich geworden, weil der Erwerber des veräußerten Betriebs die Eröffnung des Konkursverfahrens beantragt hatte. Der Veräußerungsgewinn war deshalb rückwirkend auf den Veräußerungszeitpunkt im Umfang des Forderungsausfalles zu mindern (siehe BFH-GrS, Beschluss vom 19.07.1993, BStBl. II 1993, 897). Mit dieser Entscheidung änderte der BFH seine bisherige Rechtsprechung, wonach die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns unverändert bestehen blieb, wenn der Veräußerer später mit seiner Kaufpreisforderung ausfiel. Schon nach der bisherigen Rechtsprechung konnte die Besteuerung des Veräußerungsgewinns geändert werden, wenn der Kaufvertrag aus Rechtsgründen ganz oder teilweise rückgängig gemacht wurde.
58Mit Urteil vom 21.12.1993 entschied der BFH, dass die Rechtsprechung zu § 16 EStG, wonach nachträgliche Änderungen des Veräußerungspreises steuerrechtlich auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurückwirken, entsprechend für § 17 Abs. 2 EStG gilt, und zwar unabhängig davon, ob das Ereignis, das für die Änderung ursächlich war, erst nach dem Zeitpunkt der Veräußerung eingetreten ist. Weiterhin komme es nicht darauf an, welche Gründe rechtlicher oder tatsächlicher Art zu der rückwirkenden Sachverhaltsänderung geführt haben, ob diese Gründe „im Kern“ bereits im ursprünglichen Rechtsgeschäft angelegt waren und ob es sich hierbei um private Motive handelt (siehe BFH, Urteil vom 21.12.1993, a.a.O.). In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall machte der Kläger als Veräußerer einer wesentlichen Beteiligung von einem ihm zustehenden vertraglichen Rücktrittsrecht Gebrauch und trat von dem Anteilskaufvertrag zurück, wodurch es zu einer Rückübertragung der entsprechenden Gesellschaftsanteile und einer „Stornierung“ des von den Erwerbern noch nicht entrichteten Kaufpreises kam.
59Die vorstehend dargestellten Grundsätze sind nach Auffassung des erkennenden Senats nicht auf den Streitfall überragbar. Die Rechtsprechung des BFH zu der Frage, wann eine nachträgliche Änderung des Veräußerungspreises im Rahmen der §§ 16, 17 EStG gegeben ist, ist insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass die als relevant beurteilten Änderungen regelmäßig auf einer Störung des Leistungsverhältnisses zwischen Veräußerer und Erwerber beruhen. Soweit das Leistungsverhältnis gestört ist, erhält der Erwerber nämlich nicht die vertraglich geschuldete Gegenleistung und damit nicht dasjenige, was der Besteuerung ursprünglich zugrunde gelegt wurde. Da es sich bei § 17 EStG um einen Besteuerungstatbestand handelt, der an einen einmaligen Vorgang anknüpft und Änderungen bei der Gegenleistung deshalb nicht in der Folgezeit steuerlich berücksichtigt werden können, besteht die Notwendigkeit der Rückbeziehung von derartigen Änderungen auf den maßgeblichen Veräußerungszeitpunkt. Die nachträgliche Änderung muss sich allerdings auf die Forderung des Veräußerers auf die geschuldete Gegenleistung auswirken, denn (nur) in diesem Fall trifft die der Besteuerung nach §§ 16, 17 EStG zugrunde liegende Annahme, dass das Veräußerungsgeschäft störungsfrei durchgeführt wird, nicht zu.
60Im Streitfall machen die Kläger demgegenüber eine zwischenzeitlich eingetretene Änderung des gemeinen Werts der Gegenleistung und damit einen Vtand geltend, der sich außerhalb des zwischen ihnen und der V-AG bestehenden Vertragsverhältnisses ereignet hat. Der gesunkene Kurswert der V-Aktien wirkt sich dabei nicht auf die im Gegenzug für die Übertragung der M-Aktien von dem Kläger erworbene Forderung auf Lieferung der V-Aktien aus, denn nach der Aktionärsvereinbarung war lediglich die Lieferung einer bestimmten Anzahl an Aktien geschuldet, eine salvatorische Abrede für den Fall eines Kursverfalls (oder einer Kurssteigerung) trafen die Parteien gerade nicht. Mit der Übertragung der V-Aktie in der vertraglich geschuldeten Anzahl hat der Erwerber der M-Aktien – die V AG – die ihr obliegende Leistung vollständig erbracht. Raum für die Annahme einer nachträglichen Änderung des Veräußerungspreises besteht deshalb nicht. Dem steht auch nicht entgegen, dass der BFH in den beiden vorgenannten Entscheidungen darauf abstellt, dass Besteuerungsgrundlage bei §§ 16, 17 EStG nur der (tatsächlich) erzielte Veräußerungserlös sein kann. Der erkennende Senat versteht diese Formulierung nicht dahingehend, dass nur dasjenige Besteuerungsgrundlage sein kann, was dem Betroffenen am Ende tatsächlich zugeflossen ist, denn das Zu- und Abflussprinzip (§ 11 EStG) gilt im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 17 EStG gerade nicht. Der erkennende Senat ist unter Berücksichtigung des Sachverhalts, der den Entscheidungen des BFH jeweils zugrunde lag, vielmehr der Auffassung, dass der Begriff „erzielen“ deutlich machen soll, dass die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns ggf. zu ändern ist, wenn die Gegenleistung nicht vollständig erbracht wird.
61c)
62Das vorstehend gefundene Ergebnis wird durch die folgende Kontrollüberlegung gestützt: Käme es im Hinblick auf die Ermittlung des Veräußerungsgewinns – wie die Kläger meinen - auf den Wert der V-Aktie am 13.12.2002 an, so würde dies bedeuten, dass in jedem Fall der Gegenleistung in Form von nicht bereits bei Vertragsschluss zu übergebenden Aktien die gesetzliche Grundentscheidung der Gewinnermittlung zum Stichtag der Veräußerung regelmäßig in ihr Gegenteil verkehrt würde, nämlich in die Gewinnermittlung zum Zeitpunkt der Erlangung der Gegenleistung in Form der erhaltenen Anteile (so auch die Rechtsprechung des FG München, Urteil vom 16.07.2008, EFG 2009, 898, der sich der Senat anschließt). Ein Abstellen auf den Kurswert der V-Aktie am 13.12.2002 entspräche im Streitfall darüber hinaus nicht dem wirtschaftlichen Gehalt der Aktionärsvereinbarung, denn durch die vertragliche Festlegung der Anzahl der V-Aktie ohne salvatorische Klausel haben die Parteien der Aktionärsvereinbarung bewusst eine vertragliche Risiko- und Chancen-Verteilung vorgenommen, nach welcher der Kläger einerseits das Risiko eines fallenden, aber andererseits auch die Chance eines steigenden Kurswertes der V-Aktie übernommen hat.
63d)
64Eine andere Entscheidung ergibt sich nach Auffassung des Senats auch nicht unter Berücksichtigung des von den Klägern herangezogenen Beschlusses des BFH vom 19.09.2012 (BFH/NV 2012, 1962). In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt veräußerten die dortigen Kläger (im Rahmen einer Betriebsveräußerung i. S. d.§ 16 EStG) mit notariellem Kaufvertrag vom 07.01.2000 mit sofortiger dinglicher Wirkung GmbH- Gesellschaftsanteile an eine Schweizer Aktiengesellschaft. Am 31.01.2000 vereinbarten die Vertragsparteien, dass die zweite, am 30.06.2000 fällig werdende Kaufpreisrate zu 50 % in bar und zu 50 % in Namensaktien der börsennotierten Erwerbsgesellschaft geleistet wird. Außerdem wurde eine Erhöhung des Kaufpreises, der gleichfalls durch die Übertragung von Namensaktien erfüllt werden sollte, vereinbart. Die Abgeltung des Kaufpreises in Namensaktien sollte zum Kurswert vom 31.01.2000 erfolgen. Mit Abtretungserklärung vom 15.09.2000 wurden die Namensaktien der Erwerbsgesellschaft auf die dortigen Kläger übertragen. Der dortige Beklagte legte – ebenso wie das angerufene Finanzgericht (FG) – bei der Berechnung des Veräußerungserlöses aus dem Verkauf der GmbH- Anteile als gemeinen Wert der erhaltenen Aktien den geschätzten Börsenwert zum Zeitpunkt der Abtretung im September zugrunde. Der BFH führt in seiner Entscheidung, mit der er die Beschwerde der dortigen Kläger als unbegründet abwies aus, dass der geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz nicht vorliege, weil das Urteil des FG nicht von der Entscheidung des BFH vom 25.06.2009 (a.a.O.), nach der bei Ermittlung des Veräußerungserlöses nach § 16 Abs. 2 EStG der Veräußerungspreis mit dem gemeinen Wert der erlangten Sachgüter im Zeitpunkt der Veräußerung zu bewerten sei, abweicht. Der Sachverhalt der Entscheidung des BFH vom 25.06.2009 (Divergenzentscheidung) und der Sachverhalt des angefochtenen FG- Urteils unterschieden sich dahingehend, dass der Anteilstausch in der Divergenzentscheidung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang erfolgt sei, wohingegen die Gegenleistung in der angefochtenen Entscheidung nicht unmittelbar bei der Veräußerung der Geschäftsanteile erbracht worden sei. Demnach läge eine die Rechtssicherheit gefährdende Abweichung nicht vor. Das FG sei vielmehr in seiner Entscheidung der ständigen Rechtsprechung des BFH, nach der mit dem Veräußerungspreis in § 16 Abs. 2 EStG der tatsächlich erzielte Erlös aus der Betriebsveräußerung gemeint sei, gefolgt, so dass eine Anrechnungsabrede nicht zur Folge habe, dass lediglich die von den Vertragsparteien veranschlagte Höhe des Gesamtkaufpreises als Gegenleistung für die Veräußerung anzusehen wäre.
65Der erkennende Senat vermag der Entscheidung des BFH vom 19.09.2012 nicht zu entnehmen, dass es im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 17 EStG bei einer in Sachgütern bestehenden Gegenleistung regelmäßig dann auf den gemeinen Wert der Sachgüter zu dem Zeitpunkt ankommt, zu dem die Sachgüter an den Veräußerer der wesentlichen Beteiligung übertragen werden, wenn die Sachgüter nicht in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung der wesentlichen Beteiligung übertragen werden. Eine solche Interpretation erscheint dem Senat aufgrund der in §§ 16, 17 EStG enthaltenen Grundentscheidung der Gewinnermittlung zum Veräußerungsstichtag fernliegend. Der erkennende Senat entnimmt der Entscheidung vielmehr die Klarstellung, dass Veräußerer und Erwerber den gemeinen Wert der Gegenleistung vertraglich nicht frei bestimmen können und zwar auch dann nicht, wenn die als Gegenleistung erhaltenen Sachgüter auf einen Gesamtkaufpreis angerechnet werden.
66e)
67Ausgehend von der Ermittlung des Veräußerungspreises anhand des Börsenkurses der V-Aktie am 28.02.2002 hat der Beklagte zutreffend keinen Bewertungsabschlag von diesem Kurswert vorgenommen. Ein solcher Bewertungsabschlag rechtfertigt sich weder aus dem Umstand, dass für einen Teil der V-Aktien Haltefristen vereinbart worden sind, noch lässt sich ein Bewertungsabschlag damit begründen, dass die zu erwerbenden V-Aktien im Zeitpunkt des Abschlusses der Aktionärsvereinbarung noch nicht existierten, sondern erst durch eine Kapitalerhöhung bei der V- AG im Dezember 2002 geschaffen wurden.
68Bei vertraglich vereinbarten Haltefristen für erworbene Anteile an Kapitalgesellschaften handelt es sich nach der Rechtsprechung des BFH regelmäßig um persönliche Verhältnisse im Sinne des § 9 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 BewG, die bei der Ermittlung des gemeinen Wertes der Anteile außer Acht zu lassen sind (vgl. nur BFH, Urteil vom 17.06.1998, BFH/ NV 1999, 17). Ein Bewertungsabschlag scheidet daher aus.
69Auch der Umstand, dass der Kläger die V-Aktie bis zur Schaffung der Verfügungsmacht im Dezember 2002 nicht veräußern konnte, stellt keine Verfügungsbeschränkung dar, die einen Bewertungsabschlag zu begründen vermag. In der Literatur und finanzgerichtlichen Rechtsprechung werden für so genannte junge Aktien zwar zum Teil Bewertungsabschläge in Höhe von 10 % und höchstens 15 % vorgeschlagen (siehe Riedel, in: Daagan/Halacinsky/Riedel, 2. Aufl., § 11 Rn. 21; Mannek, in: Gürschinger/Stenger, § 11 BewG, Rn. 96; FG München, Beschluss vom 05.06.2002, 11 V 209/02). Der Senat hält einen Abschlag im Streitfall allerdings nicht für gerechtfertigt. Denn die für den Kläger vorgesehenen V-Aktien musste sich die V AG zwar erst durch eine Kapitalerhöhung „beschaffen“, die V- AG war im Zeitpunkt des Abschlusses allerdings bereits börsennotiert, wobei die Vertragsparteien in der Aktionärsvereinbarung nicht haben erkennen lassen, dass sich die Kapitalerhöhung negativ auf den Börsenkurs der V-Aktie auswirken könnte. Im Gegenteil, die Vertragsparteien sind bei der Festlegung der Anzahl der „jungen“ V-Aktien, die der Kläger für seine M-Aktien erhalten sollte, von einem Kurswert der V-Aktie in Höhe von 24 EUR und damit von steigenden Kursen ausgegangen. Im Übrigen sind Anhaltspunkte für einen sinkenden Kurs der V-Aktie weder vorgetragen noch für den Senat ersichtlich.
704.
71Der erkennende Senat weist abschließend darauf hin, dass es im Hinblick auf die Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung der M-Aktien nicht auf die Bewertung der M-Aktien in der Bilanz der V-AG ankommt, denn die in§ 20 Abs. 4 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) in der Fassung des Streitjahres angeordnete Fiktion, nach der als Veräußerungspreis für die übertragenen Anteile der Wert gilt, mit dem der Erwerber die Anteile in seiner Bilanz angesetzt hat, ist im Streitfall nicht anwendbar.
72Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG sind die Vorschriften des § 20 UmwStG nur unter der Voraussetzung anzuwenden, dass die übernehmende Kapitalgesellschaft (hier: die V AG) aufgrund ihrer Beteiligung einschließlich der übernommenen Anteile nachweisbar unmittelbar die Mehrheit der Stimmrechte an der Gesellschaft, deren Anteile eingebracht werden (hier: die M AG) hat. Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt, weil die V AG allein aufgrund der Einbringung der M-Aktien durch den Kläger und Herrn H zu weniger als 50 % an der M AG beteiligt war. Erst durch die Verschmelzung der V Vermietungsgesellschaft mbH auf die M AG erlangte die V AG eine Mehrheitsbeteiligung im Sinne des § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG an der M AG. Die auf der Grundlage des Verschmelzungsvertrages vom 24.08.2002 durchgeführte Verschmelzung ist zivilrechtlich allerdings erst zum 10.12.2002 wirksam geworden. Es fehlt deshalb an einem zeitlichen Zusammenhang zwischen den einzelnen Erwerben. Ein solcher zeitlicher Zusammen ist aber stets erforderlich ist, wenn die in § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG vorausgesetzte Mehrheitsbeteiligung nicht schon durch den in Rede stehenden Erwerb (hier: Einbringung der M-Aktien durch den Kläger), sondern erst durch einen weiteren Erwerb (hier: Verschmelzung der V Vermietungsgesellschaft mbH auf die M AG) vermittelt wird (vgl. dazu Widmann, in: Widmann/ Mayer,§ 20 UmwStG, Rn. 193).
735.
74Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.
756.
76Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen.