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Der Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 16.4.2014 wird dergestalt abgeändert, dass nach § 33 EStG abziehbare außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 3.614 € berücksichtigt werden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer wird dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu ¾ und der Beklagte zu ¼.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, sofern nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Gründe:
2I.
3Streitig ist der Abzug von Rechtsanwalts- und Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen.
4Der Kläger ist Alleinerbe seiner am 27.07.2004 verstorbenen Mutter Z, die an Alzheimer erkrankt war und für die seit dem 07.06.2004 die Schwester des Klägers, Frau Y, als Betreuerin u.a. für Vermögensangelegenheiten bestellt war. Die Mutter des Klägers verfügte über ein erhebliches Vermögen, u.a. über sog. Tafelpapiere diverser Banken sowie zu den Tafelpapieren gehörende Zinscoupons, die sie in ihrer Wohnung aufbewahrte und die die Schwester des Klägers im Rahmen der Betreuung in ihren Besitz nahm.
5Nach dem Tode der Mutter kam es zu Auseinandersetzungen zwischen dem Kläger und seiner Schwester, da die Schwester die Tafelpapiere und Zinscoupons nicht an den Kläger herausgegeben hatte. Der Kläger erstattete 2006 bei der Staatsanwaltschaft C gegen seine Schwester Strafanzeige wegen Unterschlagung und Untreue und nahm seine Schwester gerichtlich auf Herausgabe bzw. Schadensersatz in Anspruch. Mit Urteil des Landgerichts C vom 24.11.2006 (Az.: … O …/05), bestätigt durch Urteil des … Oberlandesgericht C vom 13.07.2007 (Az.: … O …/06) wurde die Schwester des Klägers letztendlich zur Zahlung von 665.793,22 € zuzüglich Zinsen und Kosten verurteilt, von denen der Kläger im Jahre 2007 einen Teilbetrag von 303.901,12 € durch Zwangsvollstreckung realisieren konnte. Ein weiteres Verfahren vor dem Landgericht C (Aktenzeichen: … O …/07), mit dem der Kläger seine Schwester auf Zahlung weiterer 71.396,74 € in Anspruch nahm, wurde durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen seiner Schwester (Az. …IK …/07 des Amtsgerichts C) unterbrochen.
6Am 10.04.2008 meldete der Kläger als noch offene „Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung“ 444.811,79 € aus dem Verfahren Landgericht C … O …/05/… Oberlandesgericht … O …/06 nebst Zinsen und Kosten sowie weitere Forderungen von insgesamt 71.396,74 € gemäß Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Landgerichts C vom 03.12.2007 (Aktenzeichen: … O …/05) und des Amtsgerichts C vom 24.01.2008 (Aktenzeichen: … M …/07) nebst Zinsen und Kosten zur Insolvenztabelle an. Der Insolvenzverwalter stellte diese Forderungen in Höhe von insgesamt 570.701,22 € am 6.11.2008 wie angemeldet, jedoch aufgrund des Widerspruchs der Schwester gegen den Rechtsgrund der Forderungen ohne die Erklärung zur Insolvenztabelle fest, dass die Forderungen auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruhen.
7Der Kläger beauftragte daraufhin die Rechtsanwälte D, die seine Schwester zunächst außergerichtlich unter Fristsetzung aufforderten, den Widerspruch gegen den Rechtsgrund aus vorsätzlich unerlaubter Handlung zurückzunehmen. Da die Schwester dies nicht tat, reichten die Rechtsanwälte D mit Schriftsatz vom 21.12.2009, der am 29.12.2009 beim Landgericht C einging, im Auftrag des Klägers Klage gegen die Schwester auf Feststellung ein, dass es sich bei den im Insolvenzverfahren … IK …/07 beim Amtsgericht C angemeldeten und festgestellten Forderungen i.H.v. 570.701,22 € um Forderungen aus vorsätzlich unerlaubter Handlung im Sinne von § 302 Nr. 1 Insolvenzordnung (InsO) handelt. Das Landgericht C gab der Klage mit Versäumnisurteil vom 1.6.2011 … O …/09 in vollem Umfang statt.
8Am 9.2.2009 stellten die Rechtsanwälte D dem Kläger für ihre Tätigkeit in der Angelegenheit „X ./. Y …“ für die „Leistungszeit: 15.12.2008 bis 9.2.2009“ einen Betrag von insgesamt 6.782,03 € in Rechnung, den der Kläger am 16.2.2009 beglich. Nach Abschluss des Verfahrens vor dem Landgericht C rechneten die Rechtsanwälte D ihre Tätigkeit in der Angelegenheit „X ./. Y …“ für die „Leistungszeit 15.12.2008 bis 7.6.2011“ nach dem vom Gericht festgesetzten Gegenstandswert von 125.000 € ab und stellten dem Kläger am 7.6.2011 insgesamt 7.201,83 € abzüglich gezahlter 6.782,03 € in Rechnung. Dieser Rechnungsbetrag setzt sich zusammen aus einem Betrag von 2.250,56 € für die „außergerichtliche Tätigkeit“ und einem Betrag in Höhe von insgesamt 4.951,27 € für das „gerichtliche Verfahren“. Bei dem Betrag für das gerichtliche Verfahren sind zum einen eine „Verfahrensgebühr § 13, Nr. 3100 VV RVG 0,65“ von 930,15 €, eine Terminsgebühr § 13, Nr. 3104 VV RVG 0,5“ von 715,50 €, Tage- und Abwesenheitsgelder von 35 €, Postpauschalen von 20 €, Ablichtungen von 50 € sowie Umsatzsteuern von 332,62 € und zum anderen „Gerichtskosten und sonstige Auslagen“ von 2.868,00 € in Rechnung gestellt. Abweichend hiervon berechneten die Rechtsanwälte D im Kostenfestsetzungsantrag vom 20.6.2011 im Verfahren … O …/09 die von der Schwester des Klägers zu erstattenden Kosten unter Ansatz einer „Verfahrensgebühr § 13, Nr. 3100 VV RVG 1,3“. Das Landgericht C setzte mit Beschluss vom 20.9.2011 die von der Schwester der Klägerin zu erstattenden Kosten wie beantragt auf 6.199,05 € fest.
9Außerdem zahlte der Kläger im Streitjahr insgesamt weitere 7.389,07 € an die Rechtsanwälte L und weitere 1.730,02 € an die Rechtsanwälte D.
10Die den Zahlungen an die Rechtsanwälte L zugrunde liegenden Rechnungen vom 13.2., 20.5. und 16.10.2009 über 3.445,05 €, 3.080,91 € und 863,11 € betrafen den Auftrag, nach zuvor erfolgter Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft C die Einleitung eines Strafverfahrens wegen Unterschlagung und Untreue gegen die Schwester durchzusetzen. Mit den weiteren Rechnungen der Rechtsanwälte D vom 7.5. und 16.10.2009 über 1.213,80 € und 516,22 € wurden deren Korrespondenz mit verschiedenen Banken bezüglich der Inbesitznahme und Einlösung von Wertpapieren durch seine Schwester bzw. in Zusammenhang mit der nach Sicht des Kläger nicht ordnungsgemäßen Bearbeitung seiner Strafanzeige erforderliche Einschaltung des Petitionsausschusses der … Bürgerschaft und ein Schreiben an den Senator für Justizminister und Verfassung berechnet.
11In seiner Einkommensteuererklärung für 2009 erklärte der Kläger u.a. vom Beklagten nicht anerkannte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von ./. 1.518 € und Werbungskosten zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit von 78 € sowie als außergewöhnliche Belastungen, die sich steuerlich aufgrund der anzurechnenden zumutbaren Belastung nicht auswirkten, u.a. Krankheitskosten von 1.210 € (für Zahnersatz, Zahnreinigung, Praxisgebühren).
12Im zunächst wegen der -inzwischen nicht mehr streitigen- Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit und des Verlustes aus Vermietung und Verpachtung geführten Klageverfahren wegen Einkommensteuer 2009 machte der Kläger im Erörterungstermin vom 18.3.2014 erstmals an die Rechtsanwaltskanzleien L sowie D gezahlte 13.957,10 € als außergewöhnliche Belastungen geltend.
13Hierzu trägt er im Wesentlichen vor, für das Zivilverfahren vor dem Landgericht C … O …/09 habe er letztendlich die in der Rechnung der Rechtsanwälte D vom 7.6.2011 aufgeführten Kosten in Höhe von 7.201,83 € gehabt, von denen im Streitjahr bereits 6.249,24 € entstanden seien. Bei Ansatz des zutreffenden Streitwerts von 125.000 € hätten die Rechtsanwaltsgebühren für die außergerichtliche Tätigkeit 2.225,56 € sowie für das Gerichtsverfahren insgesamt 1.330,67 € (hälftige Verfahrensgebühr von netto 930,15 € zuzüglich der Auslagenpauschale von 20,00 € zuzüglich Umsatzsteuer) betragen. Hinzu kämen die Gerichtkosten von 2.868,00 €. Diese Kosten von insgesamt 6.249,24 € seien durch die Zahlung vom 16.2.2009 über 6.782,03 ausgeglichen worden.
14Auch die weiteren Rechtsanwaltskosten seien durch das Zivilverfahren veranlasst.
15Wegen der schleppenden Ermittlungen sei die Beauftragung der Rechtsanwälte D mit Schreiben an den Justizsenator der Stadt C und den Petitionsausschuss notwendig gewesen, um Druck auf die Staatsanwaltschaft auszuüben, endlich nach dem Verbleib der veruntreuten Gelder zu forschen. Die weitere Beauftragung der Rechtsanwälte D mit der Korrespondenz mit den Banken habe der Ermittlung gedient, ob die entwendeten Wertpapiere bereits eingelöst gewesen seien oder noch hätten eingelöst werden können. Insoweit handele sich auch bei den auf die Rechnungen vom 16.10. und 07.05.2009 gezahlten 516,22 € und 1.213,80 € um notwendige Kosten, die ebenfalls als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen seien.
16Die Rechnungen der Rechtsanwaltskanzlei L vom 13.2.2009 über 3.445,05 €, vom 20.5.2009 über 3.080,91 € und vom 16.10.2009 über 863,11 € beträfen zwar nicht unmittelbar Zivilprozesskosten. Jedoch seien diese Kosten für das Zivilverfahren wegen der dadurch erreichten bzw. erhofften Möglichkeit der Beweisbarkeit der Unterschlagung seiner Schwester notwendig gewesen.
17Der Beklagte hat am 16.04.2014 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2009 erlassen, der gemäß § 68 Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Verfahrens geworden ist.
18Der Kläger beantragt,
19unter Änderung des Einkommensteuerbescheids für 2009 vom 16.4.2014 neben den Krankheitskosten von 1.210 € Aufwendungen für Rechtsanwalts- und Zivilprozesskosten von 13.957,10 € nach § 33 EStG als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.
20Der Beklagte beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Er trägt vor, nach dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts C seien gegenüber der Schwester des Klägers Kosten i.H.v. 6.199,05 € festgesetzt worden. Diese Ersatzleistungen seien auch dann abzusetzen, wenn sie erst in einem späteren Kalenderjahr gezahlt würden, der Steuerpflichtige aber bereits in dem Kalenderjahr der Belastung mit der Zahlung rechnen konnte. Inwieweit der Kläger Ersatz von seiner Schwester erhalten oder vergeblich geltend gemacht habe, sei nicht ersichtlich.
23Im Übrigen sei das BFH-Urteil vom 12.5.2011 VI R 42/10, BStBl. II 2011, 1015 nach dem BMF-Schreiben vom 20.12.2011, BStBl. I 2011,1286 nicht anzuwenden. Das Schreiben sei noch anzuwenden, da die (bisherige) gesetzliche Neuregelung in § 33 Abs. 2 S. 4 EStG nicht rückwirkend für das Streitjahr erfolgt sei.
24Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Steuerakten und die beigezogenen Akten des Landgerichts C in dem Verfahren … O …/09 Bezug genommen.
25II.
26Die Klage ist nur zum Teil begründet.
271. Der Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 16.4.2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO), soweit der Beklagte nach § 33 EStG abziehbare außergewöhnliche Belastungen i.H.v. 3.614 € nicht berücksichtigt hat. Dagegen hat es der Beklagte zu Recht abgelehnt, die darüber hinaus geltend gemachten Belastungen als abzugsfähig zu berücksichtigen.
28a) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), so wird die Einkommensteuer nach § 33 Abs. 1 EStG auf Antrag in bestimmtem Umfang ermäßigt. Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.
29Kosten eines Zivilprozesses erwachsen den Parteien nach der neuen Rechtsprechung des VI. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) unabhängig vom Gegenstand des Zivilrechtsstreits aus rechtlichen Gründen zwangsläufig (vgl. BFH-Urteil vom 12.05.2011 VI R 42/10, BStBl II 2011, 1015; offengelassen: BFH-Urteil vom 19.3.2013 IX R 41/12, BStBl II 2013, 536). Für die Frage der Zwangsläufigkeit von Prozesskosten ist nicht – wie nach der bisherigen Rechtsprechung – auf die Unausweichlichkeit des der streitgegenständlichen Zahlungsverpflichtung oder des dem strittigen Zahlungsanspruch zugrunde liegenden Ereignisses abzustellen. Denn der Steuerpflichtige muss, um sein Recht durchzusetzen, im Verfassungsstaat des Grundgesetzes den Rechtsweg beschreiten. Dieser Unausweichlichkeit steht nicht entgegen, dass mit den Kosten eines Zivilprozesses in der Regel nur die unterliegende Partei (§ 91 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung –ZPO-) belastet ist. Denn der Einwand, der Unterliegende hätte bei gehöriger Prüfung seiner Rechte und Pflichten erkennen können, der Prozess werde keinen Erfolg haben, wird der Lebenswirklichkeit nicht gerecht. Vorherzusagen wie ein Gericht entscheiden wird, ist "riskant". Denn nur selten findet sich der zu entscheidende Sachverhalt so deutlich im Gesetz wieder, dass der Richter seine Entscheidung mit arithmetischer Gewissheit aus dem Gesetzestext ablesen kann. Nicht zuletzt deshalb bietet die Rechtsordnung ihren Bürgern ein sorgfältig ausgebautes und mehrstufiges Gerichtssystem an.
30Als außergewöhnliche Belastungen sind Zivilprozesskosten jedoch auch nach der neuen Rechtsprechung des BFH nur dann zu berücksichtigen, wenn sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen hat. Er muss diesen vielmehr unter verständiger Würdigung des Für und Wider - auch des Kostenrisikos - eingegangen sein. Demgemäß sind Zivilprozesskosten des Klägers wie des Beklagten nicht unausweichlich, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung aus Sicht eines verständigen Dritten keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bot. Das Gericht hat die Gesamtumstände des Einzelfalls - ex ante - dahingehend zu würdigen, ob der Prozess, den der Kläger angestrengt hat, hinreichende Aussicht auf Erfolg bot und nicht mutwillig geführt worden ist. Eine nur entfernte, gewisse Erfolgsaussicht reicht nicht aus. Der Erfolg muss mindestens ebenso wahrscheinlich sein wie ein Misserfolg. Dies hat das Finanzgericht im Wege einer summarischen Prüfung zu untersuchen (BFH-Urteil vom 12.05.2011 VI R 42/10 a.a.O.).
31Zu den danach unter Berücksichtigung der neuen BFH-Rechtsprechung abziehbaren Prozesskosten rechnen zudem nur die Zivilprozesskosten im engeren Sinne. Denn angesichts des Umstandes, dass die Berücksichtigung von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen gerade mit Blick auf das staatliche Gewaltmonopol gerechtfertigt wird, erscheint es sachgerecht, auch nur die unmittelbar durch die Inanspruchnahme dieses Gewaltmonopols entstehenden Aufwendungen zum Abzug zuzulassen. Hiernach sind als außergewöhnliche Belastungen lediglich die unmittelbar durch den Zivilprozess verursachten Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen, etwa für die Entschädigung von Zeugen oder für die Einholung eines vom Gericht beauftragten Sachverständigen, etc.), Vergütungsansprüche des eigenen Prozessbevollmächtigten und ggf. Kostenerstattungsansprüche des Prozessgegners zu berücksichtigen. Nicht hierzu gehören dagegen solche Aufwendungen, die zur bloßen Vorbereitung oder im Rahmen des Prozesses freiwillig, d.h. aus eigenem Antrieb und ohne Veranlassung durch das Gericht getragen werden, auch wenn sie dem Prozess förderlich sein sollten (ebenso: Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 2.7.2013 13 K 985/13, EFG 2013, 1844). Den Umständen nach notwendig und angemessen sind Vergütungsansprüche des eigenen Prozessbevollmächtigten lediglich in Höhe der nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) ermittelten Höhe.
32Der Abzugszeitpunkt richtet sich gem. § 11 Abs. 2 EStG nach dem Zeitpunkt der Verausgabung, sodass nur die bereits im Streitjahr 2009 bezahlten Kosten eines Zivilverfahrens zu berücksichtigen sind.
33b) Bei Anwendung dieser Rechtsprechung sind von den geltend gemachten Gerichts- und Rechtsanwaltskosten lediglich die unmittelbar für das Verfahren vor dem Landgericht C auf Feststellung (Az. … O …/09) entstandenen und im Streitjahr aufgewandten Kosten von 4.531,47 € dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen.
34aa. Die Kosten des Klageverfahrens … O …/09 auf die Feststellung, dass es sich bei den im Insolvenzverfahren festgestellten Forderungen um Forderungen aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung im Sinne von § 302 Nr. 1 InsO handelt sind, sind zwangsläufig im Sinne der neuen BFH-Rechtsprechung. Die Schwester des Klägers hatte in dem Insolvenzverfahren der gemäß § 174 Abs. 2 InsO erfolgten Anmeldung der Forderungen des Klägers von 570.701,22 € als Forderungen aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung widersprochen (§ 175 Abs. 2 InsO), sodass eine entsprechende Feststellung zur Insolvenztabelle nicht erfolgt war. Insoweit wäre bei einer --später mit Beschluss des Amtsgerichts C vom 20.1.2014 erteilten-- Restschuldbefreiung nach § 300 InsO grundsätzlich eine Befreiung der Schwester von den im Insolvenzverfahren nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber den Insolvenzgläubigern eingetreten (§ 286
35InsO). Nicht unter diese Restschuldbefreiung fallen lediglich Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, sofern der Gläubiger die entsprechende Forderung unter Angabe dieses Rechtsgrundes nach § 174 Abs. 2 InsO angemeldet hat (§ 302 Nr. 1 InsO). Um im Wege der Berichtigung nach § 183 InsO eine entsprechende Eintragung in der Insolvenztabelle zu erreichen und somit nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens auch bei Erteilung einer Restschuldbefreiung seine restlichen Forderungen weiterhin geltend und aus der Eintragung in der Tabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil vollstrecken zu können, musste der Kläger den Schuldnerwiderspruch seiner Schwester beseitigen (§ 201 Abs. 2 S. 2 InsO). Hierfür stand im Verfassungsstaat des Grundgesetzes nur der Weg der Klage nach § 184 Abs. 1 InsO zur Verfügung. Das Verfahren wurde auch nicht mutwillig oder leichtfertig geführt, da es durch den Widerspruch seiner Schwester verursacht war. Hinreichende Erfolgsaussichten sind schon deshalb zu bejahen, da die Schwester des Klägers durch Versäumnisurteil des Landgerichts antragsgemäß verurteilt wurde.
36bb. Die danach dem Grunde zwangsläufig erwachsenen Kosten für das Verfahren vor dem Landgericht C sind allerdings nur in Höhe von 4.531,47 € zu berücksichtigen.
37aaa. Dem Kläger sind unmittelbar durch das vor dem Landgericht C geführte Zivilverfahren … O …/09 lediglich Kosten in Höhe von insgesamt 4.951,27 € entstanden, die sich aus den Gerichtskosten in Höhe von 2.868,00 € und den von den Rechtsanwälten D mit Rechnung vom 7.6.2011 nach dem RVG abgerechnete Rechtsanwaltskosten für das gerichtliche Verfahren in Höhe von insgesamt 2.083,27 € zusammensetzen. Die daneben am 7.6.2011 in Rechnung gestellten 2.250,56 € betreffen dagegen die vorherige außergerichtliche Tätigkeit in dieser Angelegenheit (u.a. die dargelegte Aufforderung an die Schwester, den Widerspruch gegen den Rechtsgrund aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung zurückzunehmen). Die hierfür anfallende Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses (VV) war bereits vor Einreichung der Klage entstanden und gezahlt und wäre auch ohne den nachfolgenden Zivilprozess endgültig angefallen. Insoweit handelt es sich nicht um Kosten, die erst durch die Klage vor dem Landgericht C, sondern allenfalls zur Vorbereitung des Prozesses auf eigene Veranlassung des Klägers entstanden sind. Im Übrigen hätte der Kläger diese Kosten auch dadurch vermeiden können, dass er selbst seine Schwester zur Rücknahme des Widerspruchs aufgefordert hätte. Der Senat verkennt nicht, dass diese Geschäftsgebühr - wie in der Rechnung vom 07.06.2010 geschehen- zur Hälfte (hier 0,65) auf die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 31 00 VV von 1,3 anzurechnen war. Dies führt aber nicht dazu, dass es sich auch bei dem angerechneten Teil der Geschäftsgebühr um notwendige Zivilprozesskosten handelt, da ein entsprechender voller Gebührenanspruch für das nachfolgende Klageverfahren aufgrund der vorherigen, bereits abgerechneten und bezahlten Tätigkeit in derselben Angelegenheit nicht mehr bestand. Die Anerkennung der geltend gemachten vollen Verfahrensgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren vor dem Landgericht C entfaltet keine Bindungswirkung für das hier vorliegende Verfahren. Der Senat hat eigenständig zu prüfen, ob und inwieweit unmittelbar durch das Zivilprozessverfahren verursachte notwendige und angemessene Vergütungsansprüche gegeben sind.
38bbb. Die danach unmittelbar durch den Zivilprozess entstandenen notwendigen Prozesskosten i.H.v. 4.951,27 € haben den Kläger lediglich in Höhe von 4.531,47 € bereits im Streitjahr 2009 wirtschaftlich belastet.
39Der Kläger hatte zwar auf den am 7.6.2011 endgültig abgerechneten Rechnungsbetrag von 7.201,83 € in der Angelegenheit „X ./. Y“, die das Verfahren vor dem Landgericht C betraf, bereits am 16.2.2009 einen auf die endgültige Rechnung vom 7.6.2011 angerechneten Betrag von 6.782,03 € überwiesen, sodass in dieser Höhe ein Abfluss von Aufwendungen (§ 11 Abs. 2 EStG) gegeben ist.
40Mit diesem Betrag wurden aber gemäß § 366 Abs. 2 BGB zunächst die bereits entstandenen und fälligen Gebühren für die außergerichtlichte Tätigkeit (2.250,56 €) getilgt, sodass allenfalls die restlichen 4.531,47 € für die Zahlung der bereits in Rechnung gestellten Gerichtskosten und (künftig entstehende) Rechtsanwaltsgebühren für das Gerichtsverfahren zur Verfügung standen. Im Übrigen waren über den Betrag von 4.531,47 € hinausgehende Kosten im Streitjahr auch noch nicht entstanden, da bei der erst am 29.12.2009 eingegangenen Klage die Terminsgebühr und die Tage- und Abwesenheitsgelder jedenfalls im Streitjahr noch nicht angefallen waren. Auch insoweit kann der laut endgültiger Abrechnung am 7.6.2011 noch offene Betrag von 419,80 nur auf die erst nach dem Streitjahr entstandene Zivilprozesskosten entfallen, sodass insoweit ein Abfluss im Sinne des § 11 Abs. 2 AO bereits im Streitjahr nicht vorliegt.
41cc. Anzurechnende und ggf. über § 175 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) zu berücksichtigende Erstattungen der Schwester sind nicht erfolgt und aufgrund der Insolvenz der Schwester in absehbarer Zeit auch nicht zu erwarten. Auch ist eine Übernahme der Aufwendungen durch eine Rechtschutzversicherung nicht erfolgt.
42dd. Der Berücksichtigung der Prozesskosten steht auch die Neuregelung in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG in der Fassung des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes (AmtshilfeRLUmsG) vom 26.06.2013 (BGBl I 2013, 1809) nicht entgegen. Diese Neuregelung sieht zwar vor, dass Prozesskosten vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen sind, wenn es sich nicht um Aufwendungen handelt, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Nach der Anwendungsvorschrift in § 52 Abs. 1 EStG gilt diese Änderung aber erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2013. Die laut Nichtanwendungserlass des BMF vom 20.2.2011, BStBl I 2011, 1286 mögliche Gesetzesänderung mit Rückwirkung für den Veranlagungszeitraum 2009 wurde vom Gesetzgeber nicht erlassen.
43c) Die zwecks Einleitung eines Strafverfahrens gegen seine Schwester wegen Unterschlagung und Untreue an die Rechtsanwaltskanzlei L und für die Einschaltung des Petitionsausschusses der … Bürgerschaft und das Schreiben an den Senator für Justizminister und Verfassung sowie die Korrespondenz mit verschiedenen Banken an die Rechtsanwälte D gezahlten Anwaltshonorare in Höhe von insgesamt 7.175,07 € sind auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des BFH nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.
44Der Senat kann dabei offen lassen, ob diese Aufwendungen wie vom Kläger vorgetragen der Vorbereitung des Zivilverfahrens (Aufklärung des Sachverhalts; Verschaffung von Beweismitteln durch das Strafverfahren) dienen sollten. Eine Berücksichtigung bei den außergewöhnlichen Belastungen scheidet bereits deshalb aus, weil es sich nicht um Prozesskosten im engeren Sinne handelt. Selbst bei Anwendung des BFH-Urteils in BStBl. II 2011, 1015 liegen keine unausweichlich durch die im Verfassungsstaat des Grundgesetzes gebotene Beschreitung des Rechtswegs entstandenen Aufwendungen vor.
45Die Aufwendungen des Klägers zum Zwecke der Durchsetzung der Einleitung eines Strafverfahrens gegen seine Schwester (Rechnungen der Rechtsanwaltskanzlei L vom 25.02. und 25.6.2009 über 3.445,05 € und 2.000 € sowie der Rechtsanwälte D über 1.213,80 €) waren schon aus dem Grunde nicht zwangsläufig, da der Kläger zur Durchsetzung seiner Rechte nicht gezwungen war, die Einleitung eines Strafverfahrens gegen seine Schwester durchzusetzen. Denn die Feststellung, dass eine Forderung aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung beruht, setzt nicht die vorherige Durchführung eines entsprechenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens bzw. die strafrechtliche Verurteilung der Schwester voraus. Darüber hinaus war insoweit die Beauftragung von Rechtsanwälten auch deshalb nicht unausweichlich, da -anders als für das Gerichtsverfahren vor dem Landgericht - für die Durchsetzung der Einleitung eines Strafverfahrens kein Anwaltszwang besteht und der Kläger den hierfür erforderlichen Schriftverkehr auch selbst hätte führen können.
46Aus den gleichen Gründen sind auch die Aufwendungen für den Schriftverkehr mit den Banken (Rechnung der Rechtsanwälte D vom 16.10.2009 über 516,22 €) nicht zwangsläufig.
472. Die nach alledem bei den außergewöhnlichen Belastungen zu berücksichtigenden Aufwendungen von insgesamt 5.747,47 € (unstreitige Krankheitskosten von 1.210 € sowie die zu berücksichtigenden Zivilprozesskosten von 4.531,47 €) mindern sich um die zumutbare Eigenbelastung nach § 33 Abs. 3 EStG, die im Streitfall 6 v.H. des Gesamtbetrags der Einkünfte in Höhe von 35.478 € laut Steuerbescheid, mithin 2.128 € beträgt, sodass sich insgesamt 3.614 € steuerlich als außergewöhnliche Belastung auswirken.
48Die Berechnung der danach festzusetzenden Einkommensteuer 2009 wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Beklagten übertragen.
493. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO nach dem Verhältnis des Obsiegens/Unterliegens. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.