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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Streitig ist, wie ein bebautes Grundstück, das mit einem Erbbaurecht belastet ist, für Zwecke der Schenkungsteuer zu bewerten ist.
3G übertrug der Klägerin am 13.12.2008 unentgeltlich zahlreiche Grundstücke, dazu gehörte u. a. das bebaute und mit einem Erbbaurecht belastete Grundstück A-Straße 1 in O. Für Zwecke der Einheitsbewertung ist das Grundstück als Einfamilienhaus bewertet.
4Der Beklagte verzichtete auf die Anforderung einer Erklärung durch die Klägerin „aufgrund der Vielzahl der Schenkungen und aufgrund dessen, dass die Efin. (gemeint ist die Klägerin) nicht über alle notwendigen Daten verfügte“ (Einspruchsentscheidungen vom 06.07.2010). Die Klägerin reichte auch keine Feststellungserklärungen ein.
5Der Beklagte stellte den Grundbesitzwert auf den 13.12.2008 für Zwecke der Schenkungsteuer anhand der Daten in der Einheitswertakte für das Grundstück auf 56.500 Euro fest.
6Dabei ermittelte der Beklagte den Gebäudewert nach dem Ertragswertverfahren und den Wert des Grund und Bodens ausgehend von den Bodenrichtwerten, die vom Gutachterausschuss der Gemeinde zum Besteuerungszeitpunkt zugrundegelegt worden sind. Da der Gebäudewert im Ertragswertverfahren von 94.255 Euro niedriger war als der Wert für den Grund und Boden von 131.997 Euro, ging der Beklagte für die Ermittlung des Gesamtwerts von 75.404 Euro (80 % von 94.255 Euro) für den Gebäudewert und 56.593 Euro für den Grund und Boden (131.997 Euro ./. 75.404 Euro) aus. Den Grundbesitzwert für das mit einem Erbbaurecht belastete Grundstück stellte er danach auf 56.500 Euro fest. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 13.12.2008 für Zwecke der Schenkungsteuer für die wirtschaftliche Einheit A-Straße 1 vom 07.09.2008.
7Gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 13.12.2008 legte die Klägerin Einspruch ein. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei der Mindestwert nicht anzusetzen. Der Bescheid sei schon wegen des Ansatzes des Mindestwertes gemäß § 146 Abs. 6 Bewertungsgesetz (BewG) und der sich in dem Bescheid anschließenden Aufteilung dieses Mindestwerts in einen Gebäudewert von 80 % des Ertragswerts gem. § 146 Abs. 2 – 5 BewG und einen Anteil von Grund und Boden in Höhe des Differenzbetrages bis zum Mindestwert rechtsfehlerhaft. Zutreffenderweise sei § 148 Abs. 4 Satz 1 BewG als lex specialis bei Erbbaugrundstücken bzw. Erbbaurechten als „Rechtsgrundverweisung“ auf die Bewertungsregelungen für bebaute Grundstücke zu sehen. Im Rahmen der Ermittlung des Gesamtwerts des § 148 Abs. 1 BewG werde das (Erbbau)Grundstück entsprechend seiner Eigenart nach den „normalen“ Verfahren der §§ 145 ff. BewG bewertet. Handele es sich um bebaute (Erbbau) Grundstücke, greife § 148 Abs. 4 Satz 1 1. Halbsatz BewG ein, wonach der Gebäudewert 80 % des nach § 146 Abs. 2 – 5 BewG ermittelten Werts betrage.
8Das heiße nichts anderes, als dass für Zwecke der wegen § 148 Abs. 1 BewG vorzunehmenden Aufteilung des nach allgemeinen Bewertungsregelungen ermittelten Gesamtwertes der Gebäudeanteil 80 % des nach dem für bebaute, unbelastete Grundstücke einschlägigen Bedarfswertverfahrens gemäß § 146 Abs. 2 – 5 BewG betrage. Dies ändere aber nichts daran, dass sich der Gesamtwert nach dem Bedarfswertverfahren bestimme.
9Konsequenterweise führe § 148 Abs. 4 Satz 1 2. Halbsatz BewG im Anschluss aus, dass der verbleibende Teil des Gesamtwerts (= Differenz zu den nach Bedarfswertverfahren gem. § 146 Abs. 2 – 5 BewG) dem Wert des Grund und Bodens entspreche. Mit anderen Worten, der Grund- und Bodenanteil bei bebauten Erbbaugrundstücken betrage 20 % des nach Bedarfswertverfahren ermittelten Wertes.
10Die Rechtsgrundverweisung des § 148 Abs. 4 Satz 1 1. Halbsatz BewG auf das Bedarfswertverfahren des § 146 Abs. 2 – 5 BewG führe dazu, dass in der Regel § 148 BewG in seiner der für den hier streitigen Fall geltenden Fassung von vornherein nicht anzuwenden sei.
11Diese Auffassung decke sich damit, dass der Mindestwert nach § 146 Abs. 6 BewG nach der Gesetzesbegründung zur Neufassung des § 148 BewG nicht Berechnungsgröße geworden sei. Nach dem Wortlaut des § 148 Abs. 4 BewG in seiner hier streitentscheidenden Fassung und der Gesetzesbegründung sei für Zwecke der Bewertung nach § 148 BewG der Mindestwert nicht zu ermitteln.
12Soweit sich der Beklagte zu seiner Rechtsauffassung zum Ansatz des Mindestwerts auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu § 148 BewG a. F. berufen wolle, werde darauf hingewiesen, dass diese Rechtsprechung bereits deshalb für den streitigen Sachverhalt nicht mehr einschlägig sein könne, weil die Gesamtnorm des § 148 BewG in ihrer für den Streitfall anzuwendenden Fassung vollständig – insbesondere auch in systematischer Hinsicht – geändert worden sei.
13Vorsorglich werde daher angemerkt, dass der Feststellungsbescheid rechtsfehlerhaft sein, selbst wenn auf die Bewertung des hier streitigen Erbbaurechts der Mindestwert des § 146 Abs. 6 BewG anzuwenden sei. Denn insoweit müsse gelten, dass der dann anzusetzende Mindestwert gleichzeitig den Gesamtwert i. S. d. § 148 Abs. 1 BewG darstelle. Das bedeute, der Gesamtwert im Sinne des § 148 Abs. 1 BewG würde durch den Mindestwert des § 146 Abs. 6 BewG fingiert. Da aber gem. § 148 Abs. 1 BewG gelte, dass der Gesamtwert des zu bewertenden Erbbaurechts nach den für die jeweilige Grundstücksart einschlägigen Bewertungsmethoden zu ermitteln sei, müsse auch gel-ten, dass die innerhalb einer Bewertungsmethode anzuwendenden Regelungen weiter gelten. Wenn also das Erbbaurecht nach §§ 146, 148 Abs. 1 BewG zu bewerten sei, eine Bewertung nach § 146 Abs. 3 – 5 BewG aber durch den Mindestwert des § 146 Abs. 6 BewG verdrängt werde, dann sei für die Anwendung der Regelungen des § 146 Abs. 2 – 5 BewG innerhalb der Aufteilungsnorm des § 148 Abs. 4 Satz 1 BewG kein Raum. Denn diese könnten zutreffenderweise und sinnlogisch innerhalb des § 148 Abs. 4 Satz 1 BewG nur dann zur Anwendung kommen, wenn der Gesamtwert auch tatsächlich nach § 146 Abs. 2 – 5 BewG ermittelt worden sei.
14Käme es aber dazu, dass der Mindestwert des § 146 Abs. 6 BewG einschlägig würde, und somit die § 146 Abs. 2 – 5 BewG verdränge, dann müsse § 148 Abs. 4 Satz 1 BewG – wenn man den Mindestwert überhaupt unterstellen dürfte – so verstanden werden, dass der Mindestwert zu 80 % auf das Gebäude und zu 20 % auf den Grund und Boden aufzuteilen sei und so den Gesamtwert des § 148 Abs. 1 BewG darstelle. Das heiße, auch dann wenn man den Mindestwert des § 146 Abs. 6 BewG bei der Bewertung von (bebauten) Erbbaurechtsgrundstücken als zulässigen Wertansatz betrachten könne, sei der Feststellungsbescheid rechtsfehlerhaft, weil der Mindestwert in diesem Fall zu 80 % in einen Gebäude- und zu 20 % in einen Grund- und Bodenanteil aufzuteilen wäre, weil für die Anwendung der Regelungen aus § 146 Abs. 2 – 5 BewG kein Raum wäre.
15Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück. Wenn ein Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet sei, sei nach § 148 Abs. 1 BewG bei der Ermittlung des Grundbesitzwertes für die wirtschaftliche Einheit des belasteten Grundstücks und für die wirtschaftliche Einheit des Erbbaurechts von dem Gesamtwert auszugehen, der sich für den Grund und Boden einschließlich der Gebäude vor Anwendung des § 139 BewG ergebe, wenn die Belastung nicht bestünde.
16Diese Vorschrift habe zur Folge, dass bei der Bewertung von mit Erbbaurecht belasteten Grundstücken zunächst ein sog. Gesamtwert nach den Vorschriften der §§ 143, 146 – 150 BewG zu ermitteln sei. Demnach könne – entgegen der Auffassung der Klägerin – gegebenenfalls auch der Mindestwert nach § 146 Abs. 6 BewG anzusetzen sein. Bei den zu bewertenden Grundstücken komme der Mindestwert zum Zuge, da der Wert des Grund und Bodens höher sei als der Wert, der sich aus dem 12,5-fachen der Jahresmiete ergebe.
17Nach § 148 Abs. 2 BewG entfalle der Wert des Grund und Bodens auf die wirtschaftliche Einheit des belasteten Grundstücks.
18Der Gebäudewert entfalle nach § 148 Abs. 3 BewG allein auf die wirtschaftliche Einheit des Erbbaurechts, wenn die Dauer dieses Rechts im Besteuerungszeitpunkt mindestens 40 Jahre betrage oder der Eigentümer des belasteten Grundstücks bei Erlöschen des Erbbaurechts durch Zeitablauf eine den Wert des Gebäudes entsprechende Entschädigung zu leisten habe.
19§ 148 Abs. 4 BewG regele lediglich, wie der zuvor ermittelte Gesamtwert auf den Gebäudewert und auf den Wert des Grund und Bodens aufzuteilen sei. Dabei werde unterschieden, ob es sich um ein Grundstück handele, bei dem der anteilige Grund und Boden gesondert ermittelt worden sei oder nicht.
20Bei der Ermittlung des Gesamtwerts sei im Streitfall der Grund- und Bodenanteil nicht gesondert ermittelt worden, da die Bewertung nach den Vorschriften für das Ertragswertverfahren gem. § 146 BewG erfolgt sei. Die Aufteilung des von dem im Ertragswertverfahren ermittelten Gesamtwerts sei in § 148 Abs. 4 Satz 1 BewG geregelt. Demnach betrage der Gebäudewert 80 % des nach § 146 Abs. 2 – 5 BewG ermittelten Werts und nicht, wie von der Klägerin hilfsweise vertreten, 80 % des Gesamtwerts. Der Gebäudewert sei also unabhängig davon, ob ein Mindestwert zum Zuge komme oder nicht. Dies sei auch nachvollziehbar, da der Gebäudewert für sich betrachtet unabhängig vom Wert des Grund und Bodens sein müsse, auf dem das Gebäude stehe.
21In § 148 Abs. 4 Satz 1 2. Halbsatz BewG sei auch ausdrücklich geregelt, dass der Wert des Grund und Bodens der verbleibende Teil des Gesamtwerts nach Abzug des Gebäudewerts sei. Aus diesem Grund sei zu Recht der Gebäudewert von dem Gesamtwert abgezogen worden, um den Wert des Grund und Bodens zu erhalten.
22Ein niedrigerer gemeiner Wert sei von der Klägerin nicht nachgewiesen, da dieser Nachweis regelmäßig nur durch ein Gutachten des örtlich zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken möglich sei. Ein solches Gutachten habe die Klägerin nicht vorgelegt. Die eigenen Berechnungen der Klägerin ersetzten nicht ein solches Gutachten.
23Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Einspruchsentscheidung vom 06.07.2010.
24Mit der Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und vertieft ihr Vorbringen. Nach ihrer Rechtsauffassung sei vom Mindestwert (131.997 Euro) auszugehen, der auf das Erbbaurecht entfallende Wert betrage davon 20%, das seien 26.000 Euro. Auf die Berechnung im Schriftsatz vom 04.07.2011 wird Bezug genommen.
25Sie führt ergänzend aus, wenn die Bewertung so vorgenommen werde, wie es der Beklagte getan habe, komme es zu einer Erbschaftsteuerbelastung, die nicht durch die regelmäßigen niedrigen Erbbauzinsen gedeckt sei. Die Anwendung des Mindestwerts nach § 148 BewG führe zu einem zu hohen (erbschaft)steuerlichen Wert für die streitgegenständlichen Erbbaugrundstücke. Dies stellt die Klägerin beispielhaft am Grundstück B-Straße 3 dar; wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Schriftsatz vom 24.06.2011.
26Diese Auswirkungen, die alleine aus der Anwendung des Mindestwertes nach § 148 BewG resultierten, führten im Ergebnis dazu, dass der Mindestwert zu einer Erbschaftsteuerlast führe, die konfiskatorische Züge habe, jedenfalls aber nicht mehr mit dem Gleichheitssatz, Artikel 3 Grundgesetz, zu vereinbaren sei, insbesondere dann, wenn man die Bewertung nach § 148 BewG mit anderen Bewertungsmethoden für Grundbesitz, die sich am gemeinen Wert orientierten vergleiche. Der Erbbaugrundbesitz werde mit vergleichbaren Grundbesitzarten verfassungswidrig im Rahmen der Bewertung ungleich behandelt. Hinzu komme, dass die Bewertungsregelungen des BewG in der Fassung nach der Erbschaftsteuerreform auch grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken begegneten. So führten die Regelungen des BewG nach der Fassung des Erbschaftsteuerreformgesetzes dazu, dass in Abhängigkeit von Grundstücksnutzung, Grundstücksart und Steuerart vier verschiedene Bewertungsvorschriften bestünden.
27Die Klägerin führt weiter vertiefend aus, nachdem die Sache mit den Beteiligten erörtert worden ist, dass zwar höchstrichterliche Rechtsprechung zum Verständnis des § 148 Abs. 4 Satz 1 BewG (auf jeden Fall insoweit) nicht vorliege, als dass die Aufteilung von Mindestwerten i. S. d. § 146 Abs. 6 BewG im Bereich des § 148 Abs. 4 Satz 1 BewG erfolgen solle. Demgegenüber werde aber die Rechtsauffassung der Klägerin von den Kommentierungen überwiegend unterstützt. Sie bezieht sich dazu auf folgende Kommentarstellen: Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, 9. bzw. 14. Erglfg. Stand Febr. 2009 bzw. Januar 2001, § 148 Tz 6,9,10 und Schaffner in Kreutziger/Schaffner/Stephany, BewG 2. Aufl. 2009, § 148 Tz 10. Lediglich von Mannek/Blum (in Gürsching/Spenger, Bewertungsrecht, 8. Erglfg. Stand Sept. 2009, § 148 Tz 14) werde mit Hinweis auf den Wortlaut des § 148 Abs. 4 Satz 1 BewG die Auffassung des Beklagten vertreten.
28Die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/2712, 88 f.) entspreche einer Beschreibung des Wortlauts des § 148 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 BewG, begründe diesen aber nicht näher. Auch wenn der Wortlaut und die Gesetzesbegründung für die Rechtsauffassung des Beklagten sprächen, sei diese Rechtsauffassung unzutreffend. Das Wortargument, wonach sich die Wertbestimmung im Rahmen des § 148 BewG alleine aus den Regelungen des § 146 Abs. 4 – 5 BewG heraus ergeben solle, sei nicht abschließend schlüssig. So eröffne der Gesetzgeber in § 148 Abs. 4 BewG selbst den Bezug auf den Gesamtwert, weil § 148 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 BewG laute: „Der verbleibende Teil des Gesamtwertes entspricht dem Wert des Grund und Bodens.“
29Mit anderen Worten: Der Gesetzgeber habe unabhängig von seiner Gesetzesbegründung, die den Gesetzeswortlaut lediglich beschreibe, aber nicht begründe, auch im Rahmen des § 148 Abs. 4 Satz 1 BewG auf den Gesamtwert des § 148 Abs. 1 BewG abstellen wollen. Damit werde auch im Rahmen der nach § 148 Abs. 1 Satz 1 BewG vorzunehmenden Aufteilung in Gebäudewert und Wert des Grund und Bodens in erster Linie der Gesamtwert maßgeblich. Wenn aber der Gesamtwert zu ermitteln sei, dann erfolge dies nach den allgemeinen Bewertungsregelungen der § 138 ff. BewG. Für bebaute Grundstücke bedeute dies, dass sich der Gesamtwert unter Zugrundelegung des gesamten Ertragswertverfahrens ermittele. Bestandteil des gesamten Ertragswertverfahrens sei aber auch der Mindestwert des § 146 Abs. 6 BewG, und zwar nach dem insoweit tatsächlich eindeutigen Willen des Gesetzgebers zwingend: „Der für ein bebautes Grundstück nach dem Absätzen 2 – 5 anzusetzende Wert darf nicht geringer sein....“.
30Die Tatsache, dass der Gesetzgeber diesen Geltungswiderspruch, nämlich zwingende Einbeziehung des Mindestwerts nach § 146 Abs. 6 BewG in das Ertragswertverfahren einerseits und Ausblendung des Mindestwertes nach § 146 Abs. 6 BewG im Bereich des Ertragswertverfahrens bei bebauten Erbbaurechtsgrundstücken andererseits im Bereich der Bewertung vergleichbarer wirtschaftlichen Einheiten vorgenommen habe, wenn er ihn überhaupt gesehen habe, zeige, dass der Gesetzgeber von einem nicht zu rechtfertigenden unterschiedlichen Verständnis des Ertragswertverfahrens im Bereich der Bewertung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten für Zwecke der Schenkung und Erbschaftsteuer ausgehe, das auch nicht durch die Gesetzesbegründung zu rechtfertigen sei.
31So verstehe auch die herrschende Meinung in der Literatur den Verweis in § 148 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 BewG als Gesamtverweis auf das gesamte Ertragsverfahren des § 146 Abs. 2 – 6 BewG.
32Hinzu komme, dass der Gesetzgeber bei Neuordnung des § 148 BewG in seiner hier streitgegenständlichen Fassung (wohl) den Fall nicht gesehen habe, in dem der Mindestwert als Endergebnis des Ertragswertverfahrens aus § 146 BewG zum Gesamtwert i. S. d. § 148 BewG werde, wie dies bei den streitgegenständlichen Erbbaurechten der Fall sei.
33Der Mindestwert sei ein Mindestertragswert bzw. eine nach unten begrenzter Ertragswert. Das bedeute, dass, wie dies die Klägerin vorgenommen habe, 20 % des Mindest(ertrags)wertes auf den Grund und Boden entfallen müssten. De lege ferenda sei er als Berechnungsgröße in § 148 Abs. 4 BewG mit einzubeziehen.
34Die Klägerin beantragt,
35den Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 13.12.2008 für Zwecke der Schenkungsteuer vom 07.09.2009 (StNr. A-Straße 1) und die Einspruchsentscheidung vom 06.07.2010 aufzuheben und den Grundbesitzwert auf 26.000 Euro festzusetzen,
36hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
37Der Beklagte beantragt,
38die Klage abzuweisen,
39hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
40Zur Begründung bezieht er sich auf seine Einspruchsentscheidung.
41Die Berichterstatterin hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Auf das Protokoll über den Erörterungstermin vom 27.06.2011 wird hingewiesen.
42Der Senat hat am 25.04.2013 mündlich verhandelt; auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
43Entscheidungsgründe
44Die Klage ist nicht begründet.
45Der angefochtene Bescheid und die Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Beklagte hat den Grundbesitzwert für das erbbaurechtsbelastete Grundstück zutreffend festgestellt.
46Nach § 148 Abs. 1 BewG ist bei einem mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstück bei der Ermittlung der Grundbesitzwerte für die wirtschaftliche Einheit des belasteten Grundstücks und für die wirtschaftliche Einheit des Erbbaurechts von dem Gesamtwert auszugehen, der sich für den Grund und Boden einschließlich der Gebäude vor Anwendung des § 139 BewG ergäbe, wenn die Belastung nicht bestünde.
47Ausdrücklich regelt § 148 Abs. 1 BewG, dass Gegenstand der Bewertung bei erb-baurechtsbelasteten Grundstücken die beiden wirtschaftlichen Einheiten „Erbbaurecht“ und „belastetes Grundstück“ sind und für die Bewertung deshalb von einem Gesamtwert auszugehen ist (vgl. Mannek/Blum in Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, § 148 Anm. 25 – 28; Schaffner in Kreutziger/Schaffner/Stephany, Bewertungsgesetz, Kommentar, 2. Aufl. 2004, § 148 Rn. 8, 9).
48Der Gesamtwert ist nach den Vorschriften der §§ 143, 146 bis 150 BewG zu ermitteln. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann demzufolge auch der Mindestwert nach § 146 Abs. 6 BewG anzusetzen sein, denn aus der gesetzlichen Regelung ergibt sich an keiner Stelle, dass bei der Bewertung erbbaurechtsbelasteter Grundstücke der Ansatz des Mindestwertes nach § 146 Abs. 6 BewG ausgeschlossen ist.
49Nach § 146 Abs. 6 BewG darf der für ein zu bebauendes Grundstück nach § 146 Abs. 2 bis 5 BewG anzusetzende Wert nicht geringer sein als der Wert, mit dem der Grund und Boden allein als unbebautes Grundstück nach § 145 Abs. 3 BewG zu bewerten wäre. Denn die Bebauung eines Grundstücks wird nach den Vorstellungen, die im BewG ihren Niederschlag gefunden haben, nicht als Wertminderung angesehen, die zu einer Wertminderung des Werts für das Grundstück führt, wenn es unbebaut wäre.
50Da im Streitfall der Mindestwert für das Grundstück höher ist als der nach § 146 BewG im Ertragswertverfahren ermittelte Gebäudewert, kommt grundsätzlich der Mindestwert zur Anwendung.
51Die Aufteilung richtet sich nach § 148 Abs. 4 Satz 1 BewG. Bei nach § 146 BewG zu bewertenden Grundstücken beträgt der Gebäudewert danach 80 Prozent des nach § 146 Abs. 2 bis 5 BewG ermittelten Werts; der verbleibende Teil des Gesamtwerts entspricht dem Wert des Grund und Bodens. Der Gebäudewert beträgt danach 80 Prozent des Ertragswerts nach § 146 Abs. 2 bis 5 BewG und nicht etwa 80 Prozent des Gesamtwerts, der in diesen Fällen dem Mindestwert nach § 146 Abs. 6 BewG entspricht (vgl. Mannek/Blum, a. a. O., § 148 Anm. 41). Dies entspricht der gesetzlichen Regelung in § 148 Abs. 4 1. Halbsatz BewG, der ausdrücklich auf § 146 Abs. 2 bis 5 BewG verweist und nicht etwa auch auf § 146 Abs. 6 BewG. Davon ist auch der Beklagte ausgegangen, denn er hat für Zwecke der Aufteilung 80 Prozent des Wert des Gebäudes angesetzt (80 % von 94.255 Euro = 75.404 Euro).
52Nach § 148 Abs. 4 Satz 1 2. Halbsatz BewG errechnet sich der Wert des Grund und Bodens nach dem verbleibenden Teil des Gesamtwerts. Der Gesamtwert ist in diesen Fällen der Mindestwert, von dem der Gebäudewert abzuziehen ist, der mit 80 Prozent des Ertragswerts an § 146 Abs. 2 bis 5 BewG anzusetzen ist. Im Streitfall beträgt der Mindestwert 131.997 Euro, nach Abzug des Werts des Gebäudes von 75.404 Euro verbleibt der auf den Grund und Boden entfallende Wert mit abgerundet 56.500 Euro.
53Diese Ermittlung wird auch vertreten von Mannek/Blum (a. a. O., § 148 Anm. 41 und 42 mit Berechnungsbeispiel) und Halaczinsky (a. a. O., § 148 Anm. 8 mit Berechnungs-beispiel). Halaczinsky weist allerdings zutreffend darauf hin, dass in diesen Fällen die Summe der Werte (Gebäudewert und Summe des Grund und Bodens) höher ist, als der Ertragswert, der für die Ermittlung des Gebäudewerts herangezogen wird (im Streitfall 75.404 Euro und 56.000 Euro = 131.404 Euro gegenüber vollem Gebäudewert 94.255 Euro). Halaczinsky weist aber ebenso zutreffend darauf hin, dass dies nach dem Entwurf des StBereinG 1999 auch so geplant gewesen sei und gegebenenfalls de lege ferenda eine Änderung in Betracht gezogen werden müsse, die den Mindestwert als Berechnungsgröße in § 148 Abs. 4 BewG miteinbeziehe (Halaczinsky (a. a. O., § 148 Anm. 8).
54Soweit sich die Klägerin auf die Kommentierung von Schaffner (a. a. O.) beruft, ist darauf hinzuweisen, dass dort in der ersten Auflage der Kommentierung in Anm. 12 zu § 148 BewG zur Ermittlung beim Ansatz des Mindestwerts ohne weitere Begründung ausgeführt zwar wird, dass von dem Mindestwert 80 % auf das Gebäude und 20 % auf den Grund und Boden entfallen, was der Auffassung der Klägerin entspricht. In der 2. Auflage, 2004 erschienen, wird dies aber korrigiert; danach entfallen von dem gemäß § 146 Abs. 2 bis 6 BewG ermittelten Wert 20 % auf das Gebäude und 80 % auf den Grund und Boden. Aus der Bezugnahme auf den nach § 146 Abs. 2 bis 6 BewG ermittelten Wert wird deutlich, dass auch Schaffner für die Berechnung des auf den Grund und Boden entfallenden Anteils nicht vom Mindestwert ausgeht.
55Die Begründung zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2007 (BT-Drucks. 16/2712, 88) spricht im Übrigen, was die Klägerin auch nicht verkennt, ebenfalls für die vom Beklagten ermittelte Aufteilung; denn zur Begründung des § 148 Abs. 4 BewG wird dort ausgeführt:
56„Die Vorschrift regelt die Ermittlung des Gebäudewertes und des Bodenwertes bei einem bebauten Grundstück. Ist das Grundstück nach § 146 BewG zu bewerten, ergibt sich der Gebäudewert aus dem nach § 146 Abs. 2 bis 5 BewG ermittelten Ertragswert. Dies gilt auch in den Fällen des § 146 Abs. 6 BewG. Der Ansatz mit 80 Prozent des Ertragswerts entspricht bei typisierender Betrachtungsweise dem Gebäudewertanteil des bebauten Grundstücks. Eine vergleichbare Regelung enthält § 149 BewG.“
57Für die von der Klägerin vorgenommene Auslegung der gesetzlichen Vorschriften besteht nach Auffassung des Senats danach kein Raum.
58Soweit die Klägerin vorträgt, es komme bei der Bewertung, wie sie vom Beklagten vorgenommen werde, zu einer Erbschaftsteuer, die gegen das Übermaßverbot verstoße, ist diese Frage nicht im Verfahren der Feststellung des Grundbesitzwertes zu prüfen, sondern gegebenenfalls im Verfahren der Erbschaftsteuerfestsetzung.
59Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
60Die Revision war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO); außerdem erfordert die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des BFH (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).