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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Streitig ist, ob die entgeltliche Zurverfügungstellung eines Grundstücks für Ausgleichsmaßnahmen nach dem Bundesnaturschutzgesetz der Umsatzsteuer unterliegt.
3Der Kläger (Kl.), der im Hauptberuf als Angestellter tätig ist, bewirtschaftet im Nebenerwerb einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Der Betrieb umfasst u.a. eine Pferdezucht; außerdem bietet der Kl. Reitunterricht an.
4Der Kl. erzielte in den Streitjahren Einnahmen aufgrund eines Vertrages, mit dem er der Gemeinde M ein Grundstück zur Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen nach dem Bundesnaturschutzgesetz zur Verfügung stellte. Der Vertrag mit der Bezeichnung "Vereinbarung über Nutzungsbeschränkung nebst Bestellung einer Dienstbarkeit und Ankaufsverpflichtung" wurde am 27.9.2002 unter notarieller Beurkundung abgeschlossen. In diesem Vertrag, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, war u.a. Folgendes vereinbart:
5§ 1
6(...)
7(2) Der Erschienene zu 1) bewilligt, dass die Gemeine M diese Grundbesitzungen für das Anlegen von Ausgleichsmaßnahmen in Besitz nimmt und für das Anlegen einer mit der Unteren Landschaftsbehörde abgestimmten Ausgleichsmaßnahme verwendet.
8§ 2
9(1) Der Erschienene zu 1) stimmt der durch die Gemeinde M anzulegenden Ausgleichsmaßnahme unwiderruflich und auf Dauer zu.
10(2) Die in der Vorbemerkung genannten Grundstücke werden der derzeitigen Nutzung als Acker für immer entzogen.
11(3) Die erstellte Ausgleichsmaßnahme (extensiv genutztes Grünland und Anlage eines Teiches) ist durch den Eigentümer auf Dauer zu belassen.
12§ 3
13(1) Der Erschienene zu 1) ist damit einverstanden, dass die Gemeinde M die Grundbesitzungen nach formloser Ankündigung zu jeder Zeit, frühestens jedoch am 01.01.2003, für die Anlage der Ausgleichsmaßnahme in Besitz und die Nachbesserung bei evtl. Ausfällen und die Kulturpflege nach der Anlage der Maßnahme vornimmt.
14(2) Die Ausgleichsmaßnahme soll durchgeführt werden gemäß der Vereinbarung mit der Unteren Landschaftsbehörde.
15Gem. § 4 des Vertrages erhielt der Kl. eine einmalige Entschädigung in Höhe von insgesamt 76.306,20 EUR. Die Entschädigung war in zwei Raten zu zahlen, wobei die erste Rate in Höhe von 48.000 EUR im Dezember 2002, die zweite Rate in Höhe von 28.306,20 EUR im Juni 2003 fällig war. Gem. § 7 des Vertrages bedurften Nebenabreden der Schriftform. Gem. § 8 Abs. 3 des Vertrages bewilligte der Kl. der Gemeinde die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zur Sicherung des Rechts zur Durchführung der Ausgleichsmaßnahme.
16§ 8
17(...)
18(2) Auf diesen Grundbesitzungen in der Gesamtgröße von 37.405 qm hat die Gemeinde M das Recht, eine mit der Unteren Landschaftsbehörde abgestimmte Ausgleichsmaßnahme durchzuführen. Die Ausgleichsmaßnahme wird in der Anlage eines extensiv genutzten Grünlandes und Anlage eines Teiches bestehen. Die Gemeinde M ist berechtigt, diese Ausgleichsmaßnahme zu betreiben und die Grundstücke zum Zweck des Betriebs und der Unterhaltung der durchgeführten Ausgleichsmaßnahme zu benutzen und zu betreten. Die Kosten der Unterhalten gehen zu Lasten der Gemeinde M.
19(3) Demgemäß bewilligen der Erschienene zu 1) und beantragt die Gemeinde M die Eintragung vorstehender beschränkt persönlicher Dienstbarkeit zu Gunsten der Gemeinde M auf den Grundstücken Gemarkung M, Flur ..., Grundstück ... und Gemarkung M Flur ..., Flurstück ..., im Range vor den Rechten Abt. III.
20(...)
21Nach § 9 des Vertrages wurde dem Kl. eine Verkaufsoption eingeräumt, nach der er der Gemeinde das Grundstück innerhalb eines Zeitraums von 15 Jahren nach Vertragsschluss zu einem Festpreis von 29.000,00 EUR andienen kann.
22Nach Anlegung der Ausgleichsmaßnahme nutzte der Kl. das Grundstück, indem er die Wiesenflächen düngte und regelmäßig mähte.
23Der Kl. gab für die Streitjahre keine Umsatzsteuererklärungen ab. Im Jahr 2007 wurde eine Betriebsprüfung beim Kl. durchgeführt. Der Betriebsprüfer war der Auffassung, dass der Kl. neben seiner landwirtschaftlichen Betätigung als regelversteuernder Unternehmer tätig geworden war. Der Kl. erzielte nach den Feststellungen des Betriebsprüfers im Jahr 2001 sowie den Streitjahren 2002 und 2003 folgende Einnahmen:
2001 (DM) | 2002 (EUR) | 2003 (EUR) | ||
Reitunterricht | brutto | 15.230,00 | 8.606,87 | 7.776,06 |
netto | 7.419,72 | 6.703,50 | ||
Umsatzsteuer | 1.187,15 | 1.072,56 | ||
Nutzungsbeschränkung | brutto | --- | 48.000,00 | 28.306,20 |
netto | 41.379,31 | 24.401,90 | ||
Umsatzsteuer | 6.620,69 | 3.904,30 |
Pferdezucht (lt. BP Durchschnittssatz-Best.) | 31.000,00 | 22.848,58 | 32.336,81 |
Unter Zugrundelegung der Feststellungen der Betriebsprüfung erging am 21.09.2007 der Bescheid über die Umsatzsteuer 2003 und am 2.10.2007 der Bescheid über die Umsatzsteuer 2002. Hierin wurden allein die Einnahmen des Klägers aus dem Reitunterricht und der Zurverfügungstellung des Grundstücks der Umsatzsteuer unterworfen.
27Die fristgemäß eingelegten Einsprüche des Kl. wurden mit Einspruchsentscheidung vom 18.9.2009 als unbegründet zurückgewiesen.
28Mit der am 20.10.2009 erhobenen Klage wendet sich der Kl. weiterhin gegen Umsatzsteuerbescheide 2002 und 2003. Der Kl. führt unter Bezugnahme auf die bereits im Einspruchsverfahren abgegebenen Stellungnahmen aus, dass es sich bei den Zahlungen der Gemeinde an ihn um eine Entschädigung für die Wertminderung der Grundstücke handele. Die Annahme des Beklagten (Bekl.), es handele sich um eine Gegenleistung für das Dulden oder Unterlassen von Ausgleichsmaßnahmen durch die Gemeinde, sei unzutreffend. Die Grundstücke seien der konventionellen Bewirtschaftung für immer entzogen. Er erleide einen erheblichen Vermögensverlust, der sich auch in dem für den Fall der Andienung vorgesehenen Kaufpreis von nur 29.000,00 EUR zeige. Hilfsweise beruft sich der Kl. darauf, dass die Zahlung der Gemeinde an den Kl. nach § 4 Nr. 12 Buchst. c UStG steuerfrei zu belassen sei. Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Eingriffsverursacher – d.h. vorliegend die Gemeinde – für die Nutzung der Grundstücke zahle, und zwar aufgrund der Einräumung eines dinglichen Rechts. Selbst wenn er anschließend aufgrund weiterer gesonderter Vereinbarungen die Bewirtschaftung der Flächen übernehmen sollte, so sei hierin nicht von vornherein eine Nebenleistung zur Hauptleistung zu erkennen. Vielmehr handele es sich um zwei selbständige Hauptleistungen. Der Kl. beruft sich auf das Urteil des BFH vom 11.5.1995 (Az. V R 4/92, BStBl. II 1995, 610).
29Der Kl. beantragt,
30den Umsatzsteuerbescheid 2002 vom 2.10.2007 und den Umsatzsteuerbescheid 2003 vom 21.9.2007, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.9.2009 aufzuheben, hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.
31Der Bekl. beantragt,
32die Klage abzuweisen.
33Er trägt vor, die Duldung nutzungseinschränkender Ausgleichsmaßnahmen aufgrund vertraglicher Verpflichtung sei eine sonstige Leistung, die auch bei Land- und Forstwirten der Regelbesteuerung unterliege. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. c UStG komme auch in den Fällen der grundbuchrechtlichen Sicherung der Nutzungsbeschränkung nicht in Betracht. Der Eingriffsverursacher zahle nicht für das Recht der Grundstücksnutzung, sondern für die Ausgleichsmaßnahme (eine mit Auflagen belastete Ausgleichsfläche). Auch Artikel 13 Teil B Buchstabe b der 6. EG-Richtlinie könne nicht zugunsten des Kl. herangezogen werden. Zwar habe der BFH entschieden, dass auch die Einräumung eines dinglichen Rechts, das dem Inhaber ein Nutzungsrecht an dem Grundstück vermittelt, steuerfrei sei. Jedoch sei eine Grundstücksnutzung nicht der wirtschaftliche Inhalt des hier Gewollten. Wirtschaftlicher Inhalt sei vielmehr die Durchführung der Ausgleichsmaßnahme. Das vom Kl. angeführte Urteil des BFH finde daher keine Anwendung.
34Der Rechtsstreit wurde am 24.11.2010 vor der damaligen Berichterstatterin mit den Beteiligten erörtert. Am 29.3.2012 hat die mündliche Verhandlung vor dem Senat stattgefunden. Auf die Protokolle zum Erörterungstermin und zur mündlichen Verhandlung wird Bezug genommen.
35Entscheidungsgründe:
36Die zulässige Klage ist unbegründet.
37Die Umsatzsteuerbescheide 2002 und 2003 sind rechtmäßig. Der Bekl. ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Kl. durch die Zurverfügungstellung seines Grundstücks an die Gemeinde eine steuerbare sonstige Leistung i.S. der §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 9 UStG erbracht hat. Die Leistung ist nicht nach § 4 Nr. 12 UStG von der Umsatzsteuer befreit und unterliegt auch nicht der Durchschnittssatzbesteuerung gem. § 24 UStG.
38I.
39Der Kl. erbringt auf Grundlage der am 27.9.2002 abgeschlossenen "Vereinbarung über Nutzungsbeschränkung nebst Bestellung einer Dienstbarkeit und Ankaufsverpflichtung" eine steuerbare sonstige Leistung i.S. der §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 9 UStG.
40Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des BFH, der der Senat folgt, liegt eine entgeltliche Leistung, die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar ist und gemäß Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG dem Anwendungsbereich der Steuer unterliegt, vor, wenn zwischen einer Leistung und einem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht und sich dieser Zusammenhang aus einem zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnis ergibt, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die Leistung bildet (vgl. BFH-Urteil vom 11.2.2010 V R 30/08, BFH/NV 2010, 2125 m.w.N.). Zudem muss der Leistungsempfänger als solcher identifizierbar sein. Er muss einen Vorteil erhalten, der einen Kostenfaktor in seiner Tätigkeit bilden könnte und zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt (vgl. BFH-Urteil vom 24.8.2006 V R 19/05, BStBl. II 2007, 187). Bei Leistungen, zu deren Ausführung sich die Vertragsparteien vertraglich verpflichtet haben, liegen die Voraussetzungen für einen Leistungsaustausch im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG grundsätzlich vor (vgl. BFH-Urteil vom 18.12.2008 V R 38/06, BFHE 225, 155; BStBl. II 2009, 749 m.w.N.).
41Bei Zahlungen aus öffentlichen Kassen kann es jedoch an einem Leistungsaustausch fehlen, wenn die Zahlung lediglich der Förderung der Tätigkeit des Zahlungsempfängers aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen dient und nicht als Gegenwert für eine Leistung des Zahlungsempfängers an den Geldgeber anzusehen ist. Derartige Zahlungen erfolgen zur Förderung des leistenden Unternehmers und nicht im überwiegenden Interesse des Leistungsempfängers. Ein steuerbarer Leistungsaustausch liegt aber auch bei Zahlungen aus öffentlichen Kassen grundsätzlich vor, wenn die Zahlungen erfolgen, um von dem Zahlungsempfänger bestimmte in einem gegenseitigen Vertrag vereinbarte Leistungen zu erhalten (vgl. BFH-Urteile vom 27.11.2008 V R 8/07, BStBl II 2009, 397 und vom 18.12.2008 V R 38/06, BFH/NV 2009, 1328).
42Im vorliegenden Fall ist ein steuerpflichtiger Leistungsaustausch gegeben. Es besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Zurverfügungstellung des Grundstücks durch den Kl. und der Zahlung des Geldbetrages von insgesamt 76.306,20 EUR durch die Gemeinde. Denn der Kl. und die Gemeinde haben sich im Rahmen eines gegenseitigen Vertrages verpflichtet, diese Leistungen im Austausch zueinander zu erbringen.
43Die Zahlungen der Gemeinde M an den Kl. dienen auch nicht der Förderung der Tätigkeit des Kl. aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen. Vielmehr erhält der Kl. die Zahlungen als Vergütung für die Zurverfügungstellung des Grundstücks. Dass die Gemeinde M die vom Kl. erbrachte Leistung gegebenenfalls verwendet, um in anderer Hinsicht strukturpolitische, volkswirtschaftliche oder allgemeinpolitische Zwecke zu verfolgen oder zu fördern, ist für die umsatzsteuerliche Erfassung des Leistungsaustauschverhältnisses zwischen dem Kl. und der Gemeinde M ohne Bedeutung.
44Die in der Zurverfügungstellung des Grundstücks liegende sonstige Leistung des Kl. ist auch in Deutschland steuerbar, §§ 3 Abs. 9, 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG.
45II.
46Die vom Kl. an die Gemeinde M erbrachte sonstige Leistung ist nicht gem. § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG von der Umsatzsteuer befreit.
47§ 4 Nr. 12 Buchst. a UStG befreit die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken und beruht auf der insoweit wortlautgleichen Bestimmung des Art. 13 Teil B Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG. Die Begriffe Vermietung und Verpachtung von Grundstücken verweisen daher nicht auf die §§ 535 ff. BGB, sondern stellen eigenständige Begriffe des Gemeinschaftsrechts dar, die als Tatbestandsmerkmale einer Umsatzsteuerbefreiungsvorschrift eng auszulegen sind (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 6.12.2007 C-451/06, Walderdorff, Slg 2007, I-10637 Rn. 16, 18 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH ist wesentliches Merkmal dieser gemeinschaftsrechtlichen Begriffe "Grundstücksvermietung" bzw. "Grundstücksverpachtung", dass dem Mieter (Pächter) vom Vermieter (Verpächter) eines Grundstücks auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, dieses Grundstück so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen (vgl. z.B. EuGH-Urteile vom 12.6.2003 C-275/01, Sinclair Collis Ltd., Slg. 2003, I-5965 Rdnrn. 22, 25; vom 3.3.2005 C-428/02, Fonden Marselisborg Lystbadehavn, Slg. 2005, I-1527, Rdnrn. 27, 30; vom 6.12.2007 C-451/06, Walderdorff, Slg 2007, I-10637 Rn. 17; BFH-Urteil vom 24.1.2008 V R 12/05, BStBl II 2009, 60, BFH-Urteil vom 12.5.2011 V R 50/10, BFH/NV 2011, 1407).
48Eine Grundstücksvermietung bzw. -verpachtung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Gemeinde hat das Grundstück nicht so in Besitz genommen, als ob sie dessen Eigentümer wäre; weiterhin konnte sie auch nicht jede andere Person von der Nutzung des Grundstücks ausschließen. Gem. § 1 Abs. 2 und § 3 Abs. 1 des notariellen Vertrages nimmt die Gemeinde das Grundstück jeweils nur zeitweise für das Anlegen der Ausgleichsmaßnahmen und eventuelle Nachbesserungen in Besitz. Weiterhin wird der Gemeinde durch § 8 Abs. 2 des Vertrages ein Nutzungs- und Betretungsrecht eingeräumt, welches jedoch ebenfalls auf den Zweck des Betriebs und Unterhaltung der Ausgleichsmaßnahme beschränkt ist. Hieraus ist im Gegenschluss zu folgern, dass das Nutzungs- und Betretungsrecht an dem Grundstück im Übrigen beim Kl. als dem Eigentümer verblieben ist.
49Bestätigt wird dies durch die praktische Vertragsdurchführung. Der Kl. hat das Grundstück in Übereinstimmung mit den Bestimmungen des notariell beurkundeten Vertrages regelmäßig betreten, um die dortigen Wiesen zu düngen und zu mähen. Weder hat der Kl. der Gemeinde die Mäharbeiten in Rechnung gestellt, noch musste der Kl. der Gemeinde ein Entgelt für die Erlaubnis zur diesbezüglichen Nutzung seines Grundstücks zahlen. Dies spricht dafür, dass die Vertragsparteien übereinstimmend davon ausgingen, dass der Kl. über ein eigenes Nutzungs- und Betretungsrecht bezüglich des Grundstücks verfügte.
50Dass der Kl. und die Gemeinde nicht eine vollständige Überlassung des Grundstücks, sondern lediglich eine Nutzungsbeschränkung vereinbaren wollten, zeigt sich auch an der von den Beteiligten gewählten Vertragsbezeichnung, die lautet: "Vereinbarung über Nutzungsbeschränkung nebst Bestellung einer Dienstbarkeit und Ankaufsverpflichtung" (Unterstreichung hinzugefügt). Die von den Vertragsbeteiligten demnach gewollte Nutzungsbeschränkung kann nicht mit der Grundstücksvermietung bzw. -verpachtung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes gleichgesetzt werden.
51Gegen die Annahme einer Grundstücksvermietung bzw. -verpachtung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes spricht weiterhin, dass der Kl. sich verpflichtet hat, die Durchführung der Ausgleichsmaßnahme unwiderruflich und auf Dauer zu dulden. Der damit verbundene endgültige Verlust der teilweisen wirtschaftlichen Herrschaftsmacht über das Grundstück ist mit dem Wesen der Vermietung und Verpachtung als zeitlich beschränkte Gebrauchsüberlassung nicht vereinbar (vgl. FG Münster, Urteil vom 22.11.2011 15 K 698/08, EFG 2012, 274).
52III.
53Eine Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 12 Buchst. c UStG kommt im Streitfall ebenfalls nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift ist zwar u.a. die Bestellung und Ausübung von dinglichen Nutzungsrechten an Grundstücken von der Umsatzsteuer befreit, doch kommt der zugunsten der Gemeinde bestellten Grunddienstbarkeit keine eigenständige umsatzsteuerliche Bedeutung zu, da sie nur der Absicherung der für die Anlage und Erhaltung der Ausgleichsmaßnahmen notwendigen Rechte an dem Grundstück dient (so auch FG Münster, Urteil vom 22.11.2011 15 K 698/08, EFG 2012, 274).
54IV.
55Der Bekl. hat die Umsätze des Kl. aus der Zurverfügungstellung seines Grundstücks für Ausgleichsmaßnahmen zutreffend dem Regelsteuersatz gem. § 12 Abs. 1 UStG unterworfen. § 24 UStG findet auf diese Umsätze keine Anwendung, da diese nicht im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes gem. § 24 UStG ausgeführt wurden. Die Duldung der Nutzung eines Grundstücks für Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes ist nicht im Dienstleistungskatalog des Anhangs B der Richtlinie 388/77/EWG aufgeführt. Zwar ist dieser Katalog nicht abschließend, jedoch ist die vom Kl. erbrachte Leistung mit den in dem Dienstleistungskatalog aufgeführten Umsätzen auch nicht vergleichbar. Diese Leistung zählt nicht zu dem Kreis derjenigen Dienstleistungen, die "normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion" beitragen, vgl. Art. 25 Abs. 2 fünfter Gedankenstrich i.V.m. Anhang B der Richtlinie 388/77/EWG.
56Der Kläger kann sich für keines der Streitjahre auf die Kleinunternehmerregelung gem. § 19 UStG berufen, da in den jeweiligen Vorjahren die Umsatzgrenze von 16.620 EUR bzw. 17.500 EUR überschritten wurde (vgl. § 19 Abs. 1 UStG in der in den Streitjahren jeweils geltenden Fassung). Im Streitjahr 2002 kann die Kleinunternehmerregelung keine Anwendung finden, weil im Vorjahr 2001 die Umsatzgrenze von 16.620 EUR überschritten wurde. Im Streitjahr 2003 kann die Kleinunternehmerregelung keine Anwendung finden, weil im Vorjahr 2002 die Umsatzgrenze von 17.500 EUR überschritten wurde. Zu Recht hat der Bekl. bei der Berechnung der für § 19 Abs. 1 UStG maßgeblichen Umsätze auch jene Umsätze einbezogen, die er der Durchschnittsbesteuerung gem. § 24 UStG unterworfen hat (vgl. Nieuwenhuis in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 19 Rn. 60).
57V.
58Der Bekl. hat die festgestellten Umsätze des Kl. aus der Zucht von Pferden der Durchschnittssatzbesteuerung gem. § 24 UStG unterworfen. Der Senat hat erhebliche Bedenken, ob diese rechtliche Würdigung unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen Rechtsprechung Bestand haben kann. Hiernach zählen Umsätze im Zusammenhang mit der Zucht von Sportpferden, die von ihren Eigentümern zur Ausübung des Freizeitsports genutzt werden und damit Reitsportzwecken dienen, grundsätzlich nicht zu den Umsätzen im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes i.S. des § 24 UStG; lediglich die Zucht von landwirtschaftlich verwendeten Zucht- oder Arbeitspferden kann der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegen (vgl. BFH-Urteil vom 13.1.2011 V R 65/09, BStBl II 2011, 465, betreffend Pferdepensionshaltung). Trotz dieser Bedenken kann der Senat davon absehen, die Art der Nutzung der vom Kl. gezüchteten Pferde zu ermitteln. Dies erübrigt sich, da die Klage schon aus anderen Gründen in vollem Umfang abzuweisen ist. Eine "Verböserung" zu Lasten des Klägers durch Heraufsetzung der Umsatzsteuer kommt im Klageverfahren nicht in Betracht (Verbot der reformatio in peius).
59VI.
60Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision ist im Hinblick auf das beim BFH unter dem Az. XI R 32/11 anhängige Revisionsverfahren zuzulassen, § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.